Zeitgerechtes Impfen bei Kindern und Jugendlichen
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Konsensuspapiere Monatsschr Kinderheilkd 2022 · 170:261–272 https://doi.org/10.1007/s00112-021-01295-6 Angenommen: 28. Juli 2021 Zeitgerechtes Impfen bei Kindern Online publiziert: 7. September 2021 © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von und Jugendlichen Springer Nature 2021 Stellungnahme der Kommission für Infektionskrankheiten Redaktion A. Borkhardt, Düsseldorf und Impffragen der Deutschen Akademie für Kinder- und S. Wirth, Wuppertal Jugendmedizin (DAKJ), Mai 2021 Hans-Iko Huppertz1 · Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DAKJ) 1 Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e. V., Berlin, Deutschland Zusammenfassung Für diese Stellungnahme werden verfügbare Daten zu den Impfzeitpunkten bei einigen Standardimpfungen von Kindern und Jugendlichen analysiert und bewertet. Bei den meisten dieser Impfungen sind die Impfquoten bei Einschulung auf einem befriedigenden Niveau. Alle Impfungen erfolgen jedoch bei einer großen Zahl von Kindern später als empfohlen, und Impfserien werden oftmals nicht im empfohlenen Zeitrahmen abgeschlossen. Einige Kinder erhalten manche Impfungen gar nicht. Die Impfquoten weisen große regionale Unterschiede auf. Das hat verschiedene Konsequenzen. Kinder sind einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt, und Herdenschutz stellt sich spät oder nicht ausreichend ein, wie am Beispiel von Pertussis, Masern und Rotaviren gezeigt wird. Gründe für eine verzögerte Impfteilnahme sind vielfältig. Sie liegen zum einen in den Lebensverhältnissen der Familien sowie persönlichen Vorbehalten und Sorgen der Eltern. Entscheidend ist in besonderer Weise die Einstellung des impfenden Arztes. Die Kommission macht Vorschläge zum zeitgerechten Impfen von Kindern und Jugendlichen. Die üblichen Impfroutinen in den Praxen müssen überdacht werden und dringend besser an die Empfehlungen angepasst werden. Die Barrieren für die Teilnahme an einer Impfung sollten niedrig sein, der Zugang so einfach wie möglich. Schlüsselwörter Standardimpfungen bei Kindern · Masern · HPV · Pertussis · Impfberatung Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und Einleitung: Bedeutung des im Alter von 15 Monaten abgeschlos- weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Problems sen werden. Auch Impfungen bei älteren Personenbezeichnungen gelten geschlechter- Kindern und Jugendlichen sowie Indika- unabhängig. Es ist eine wichtige ärztliche Aufgabe, tionsimpfungen für bestimmte Personen Die Mitglieder der Kommission für Infekti- onskrankheiten und Impffragen der Deutschen Kindern und Jugendlichen alle für sie sollen zeitgerecht angesprochen und ver- Akademie für Kinder- und Jugendmedizin empfohlenen Impfungen zeitgerecht an- abreicht werden [1]. werden am Beitragsende gelistet. zubieten. Das betrifft sowohl Standard- Junge Säuglinge sind aufgrund des un- als auch Indikationsimpfungen. Zur Ver- zureichenden oder nachlassenden Nest- meidung von Immunitätslücken sollen bei schutzes durch Infektionserreger gefähr- allen Säuglingen die Standardimpfungen det, die entweder häufig und hoch konta- gemäß STIKO frühzeitig mit 6 Wochen giös (wie Rotaviren, Bordetella pertussis (Rotavirus), zwei Monaten (DTaP-IPV-HBV- oder Masernviren) oder vom Immunsys- Hib und Pneumokokken) sowie 11 Mona- tem nicht sicher kontrollierbar sind (wie die ten (MMR, Varizellen) (. Tab. 1) begonnen, bekapselten Bakterien Haemophilus in- ohne Verzögerungen durchgeführt und fluenzae Typ b (Hib), Meningo- und Pneu- QR-Code scannen & Beitrag online lesen inkl. der 2. MMR/V-Impfung zeitgerecht mokokken). Ziel einer zeitgerechten Imp- Monatsschrift Kinderheilkunde 3 · 2022 261
Konsensuspapiere Tab. 1 Allgemein empfohlene, frühestmögliche Impfzeitpunkte ausgewählter Standardimpfungen. (Nach STIKO[1]) Alter Impfung Grund für eine frühzeitige Impfung 6 (–8) Wochen Rotaviren Schwere Verläufe und viele Hospitalisierungen bei Säuglingen [2] (6 Wochen –) Pertussis Schwere Verläufe und viele Hospitalisierungen bei Säuglingen [2, 3] 2 Monate (DTaP-IPV-HBV-Hib)-Impfung Haemophilus influenzae Typ b, Pneumokokken Schwere Verläufe bei Säuglingen und Kleinkindern möglich [2] (6–) 11 Monate Masern Hohe Krankheitszahlen und Komplikationsraten bei Ausbrüchen im Säug- (MMR/V oder MMRV) lings- und Kleinkindalter [2, 4, 5] (9–) 11 Monate Varizellen Hohe Krankheitszahlen und Komplikationen bei jungen Kindern 11 Monate 3. DTaP-IPV-HBV-Hib- und Pneumokokkenimpfung Wichtig, um Immunitätslücken wegen nachlassendem Schutz zu vermeiden 9 Jahre HPV (humane Papillomaviren) Hohe Effektivität der Impfung bei jungen Kindern fung ist, Säuglingen und Kleinkindern zum Impfdokument sind Impfserien oft dritte mit 11 Monaten verabreicht wer- frühestmöglichen Zeitpunkt einen Schutz unvollständig. Weitere Nachteile sind, den (2 + 1-Schema). Fehlende Impfungen vor diesen Erregern zu verschaffen. dass Impfungen erst einige Jahre können jederzeit nachgeholt werden. Laut Im Folgenden werden aktuelle Daten nach dem eigentlich empfohlenen den bis 2020 gültigen Empfehlungen soll- zu den tatsächlichen Impfzeitpunkten für Impfzeitpunkt erfasst werden und te die erste Impfung mit zwei, die zweite einige Standardimpfungen und bekann- Impfungen, die nach Einschulung mit drei und die dritte mit vier Monaten te Erkrankungszahlen im frühen Kindesal- erfolgen, nicht beurteilt werden erfolgen, die vierte Impfung zwischen 11 ter vorgestellt. Neben Querschnittsunter- können. und 14 Monaten (3 + 1-Schema). suchungen (z. B. KiGGS, Schuleingang), die – KV-Daten: Daten zu den abgerechneten Die Daten aus der KV-Impfsurveil- eine Beschreibung der Vollständigkeit der Impfleistungen aller kassenärztlichen lance zeigen, hier beispielhaft für die Hib- Impfteilnahme erlauben, können mithilfe Vereinigungen werden seit März 2020 Impfung des Jahrgangs 2016 (. Tab. 2; der Abrechnungsdaten für die Krankenkas- nach IfSG § 13 (5) ans RKI gemeldet . Abb. 1), dass mit zwei Monaten nur sen tatsächliche Impfzeitpunkte für ver- und zentral ausgewertet. Das setzt 33,3 % der Kinder die erste Impfung er- schiedene Alterskohorten sowie regional die seit 2004 bestehende „KV-Impf- halten. Mit vier Monaten haben 15,1 % differenziert beurteilt werden. surveillance“ fort. Datengrundlage und mit sechs Monaten 60,2 % der Kin- sind die Abrechnungsdaten der KV zu der alle drei empfohlenen Impfungen Messmethoden und Daten- Impfleistungen, quartalsweise über- erhalten. Die Grundimmunisierung fängt grundlage [6] mittelt. Hier werden nur gesetzlich im ersten Lebensjahr bei zwei von drei Versicherte erfasst, das sind (mit gewis- Kindern sehr viel später an als von der Zur flächendeckenden Bestimmung der sen regionalen Unterschieden) etwa STIKO vorgesehen und wird bei 70 % nicht Impfquoten bei Kindern und Jugendlichen 85 % der Bevölkerung. Es werden keine innerhalb des empfohlenen Zeitrahmens stehen zwei unterschiedliche Methoden Impfungen von anderen Anbietern abgeschlossen. zur Verfügung: Impfraten können bei den registriert (ÖGD, Betriebsärzte, Kliniken Mit 15 Monaten haben 96 % der Kin- Schuleingangsuntersuchungen oder auf o. a.). Unter Berücksichtigung dieser der eine, 89,7 % (Spannweite auf KV-Ebe- Grundlage der kassenärztlichen Abrech- Begrenzungen können Impfquoten in ne: 86,6–92,6 %) drei Impfungen mit DPT- nungsdaten (KV-Daten) erfasst werden. jeder Altersgruppe, bundesweit und basierten Kombinationsimpfstoffen erhal- – Schuleingangsuntersuchungen: Seit regional bestimmt werden; es lassen ten; hier sieht man keine Änderung seit 2001 werden nach IfSG § 34 (11) Daten sich die Vollständigkeit der erhalte- dem Jahrgang 2008. 6,5 % der Kinder, die zu den Impfungen bei Schuleingang nen Impfungen, Impfzeitpunkte und eine erste DPT erhalten haben, haben kei- bundeseinheitlich erhoben und in den -abstände ableiten. ne dritte Impfung mit 15 Monaten (sog. Bundesländern und am RKI zusam- Abbruchquote) [7]. mengefasst. Datengrundlage sind die Impfzeitpunkte und Erkran- 78 % der Kinder haben mit 24 Mona- vorgelegten Impfpässe. So kann eine kungszahlen für einzelne ten eine abgeschlossene Impfserie gegen komplette Kohorte von Kindern beur- Infektionserreger DTaP-Polio und Hib (. Abb. 1). Die Impf- teilt werden. Es besteht die Möglichkeit quoten steigen bis zur Einschulung auf der Intervention; Impflücken können Sechsfachimpfung (Diphtherie, weit über 90 % der Kinder, ausgenommen geschlossen werden. Damit wird die Tetanus , Pertussis, Polio IPV, Hib, in Baden-Württemberg und Bremen; hier Impfteilnahme in Bezug auf einzelne Hepatitis B), erste Lebensjahre waren 2018 die Impfquoten unter 90 % [7]. Impfstoffe bestimmt. Fazit: Die Impfquoten gegen DTaP-Polio Limitationen: Impfpässe liegen meist Allgemeines und Hib sind bei jungen Kindern inakzep- nur bei 90 % der Kinder vor. Vermutlich Grundimmunisierung: Seit 2020 soll die tabel niedrig. Die Impfungen ziehen sich werden die Impfquoten überschätzt; erste Impfung im Alter von zwei Mona- über einen langen Zeitraum hin und erfol- bei Kindern mit einem fehlenden ten, die zweite mit vier Monaten, und die gen zu spät. Sie werden zwar bis zur Ein- 262 Monatsschrift Kinderheilkunde 3 · 2022
Tab. 2 Kumulative Impfquoten der Hib-Impfung für die 1., 2., 3. und 4. Impfung nach dem 3 + 1- und 100 % nach der vierten Impfdosis ge- Schema. Geburtsjahrgang 2016. (Daten aus der RKI-Impfsurveillance, freundlicherweise zur Ver- schätzt (3 + 1-Schema) [14]. fügung gestellt von Thorsten Rieck, RKI, 2020) . Abb. 3 zeigt die hohen Erkrankungs- Impfalter in Monaten 1. Dosis 2. Dosis 3. Dosis (3 + 1) 4. Dosis (3 + 1) zahlen mit Pertussis in den ersten sechs 2 33,3 %a – – – Monaten während der letzten Jahre. 3 68,6 % 23,3 %a – – Gleichzeitig sind die die tatsächlichen 4 86,0 % 56,6 % 15,1 %a – Impfzeitpunkte aufgeführt. diese erfolgen 6 91,0 % 83,5 % 60,2 % – häufig zu spät, um einem nennenswer- 12 94,4 % 92,3 % 84,8 % 6,9 %a ten Teil der Kinder einen Immunschutz 14 – – – 31,4 %a im ersten halben Jahr zu ermöglichen 18 – – – 61,1 % (hier mit drei Impfdosen nach dem 3 + 1- 24 – – – 74,6 % Schema). So haben 80 % der Kinder erst a Empfohlene Impfzeitpunkte für die 1. bis 4. Impfung mit vier Monaten eine und mit sechs Monaten zwei Impfdosen erhalten, das ist deutlich nach dem Krankheitsgipfel der schulung teilweise nachgeholt, aber auch alle Altersgruppen beträgt 11 bis 40 Er- ersten sechs Monate. zu diesem Zeitpunkt bestehen noch rele- krankungen/100.000 Einwohner. Insbesondere um den Schutz von jun- vante Impflücken. Junge Kinder sind un- Die mittlere Inzidenz bei Säuglingen gen Säuglingen zu verbessern, hat die nötig lange einer Infektionsgefahr ausge- zwischen 2014 und 2018 lag bei 50 Er- STIKO in den letzten Jahren die Pertus- setzt, in einem Lebensabschnitt, in dem krankungen/100.000 Kinder unter einem sisimpfempfehlungen immer wieder an- sie ein besonders hohes Risiko für schwe- Jahr. Am häufigsten erkrankten Säuglinge gepasst [3]. Dazu gehört die Impfemp- re, impfpräventable Krankheiten wie z. B. in den ersten sechs Monaten (. Abb. 3). fehlung für Erwachsene [15], vor allem Pertussis haben. Man muss jedoch von einer hohen Un- auch bei beruflicher Indikation [16], seit Die Zahl der Kinder, die mit 15 Monaten tererfassung ausgehen [11]. Auch bei Ju- 2004 die Cocoon-Strategie (Impfung der drei Impfungen erhalten haben („DTP3“) gendlichen ist die Inzidenz mit ca. 22 Er- Haushaltsangehörigen eines Neugebore- ist ein international genutztes, wichtiges krankungen/100.000 Einwohner hoch [2]. nen vor oder nach der Geburt) und seit Kriterium, um die Qualität eines Routine- Zwischen 2014 und 2019 traten bei 2020 die Impfung Schwangerer im letzten Impfsystems zu beurteilen. Die Zahl der Säuglingen im Mittel 444 Erkrankungen/ Trimenon [17]. Damit sollen insbesondere Kinder, die mit 15 Monaten eine DTP, je- Jahr auf. 72,5 % dieser Kinder waren un- Erkrankungsfälle in den ersten Lebensmo- doch noch keine drei Impfungen erhalten geimpft, von den geimpften hatten 44 % naten reduziert werden, die auftreten kön- haben, ist mit 6,5 % in Deutschland sehr bis dato nur eine Dosis erhalten. Bei Kin- nen, bevor ein belastbarer Immunschutz hoch. Ziel der WHO ist eine Abbruchra- dern unter drei Monaten traten im Mittel des Kindes aufgebaut ist. te von weniger als 5 % in der WHO-Euro- 109 Erkrankungen/Jahr auf. Bei Säuglin- Fazit: Die Pertussisimpfungen bei Säug- Region [8]. gen zwischen drei und elf Monaten gab lingen erfolgen zu spät, ca. 40 % der sechs es im Mittel 239 Erkrankungen/Jahr; von Monate alten Kinder haben noch kei- Pertussis diesen Kindern hatten 58 % keine und 23 % nen oder nur einen partiellen Impfschutz Keuchhusten ist eine häufige Infektions- nur eine Impfung [12]. Diese Zahlen be- (. Tab. 2). Die Impfserien werden oft erst krankheit, verursacht durch Bordetella legen, wie entscheidend ein frühzeitiger nach dem zweiten Geburtstag abgeschlos- pertussis. Wegen eines zeitlich begrenzten Abschluss der Impfserie ist. sen. Zum Schutz der jungen Säuglinge ist Immunschutzes sowohl nach Impfung als Dies wird auch durch eine ESPED-Er- in der Kinderarztpraxis die zeitgerechte auch nach durchgemachter Erkrankung hebung unterstrichen [13]: Es werden vie- Durchführung der Impfungen mit 2, 4 und tritt Keuchhusten in allen Altersgrup- le stationäre Behandlungen und schwe- 11 Monaten notwendig, um eine Vielzahl pen auf. Die Weiterverbreitung erfolgt re Verläufe vor allem bei Säuglingen be- von schweren Pertussiserkrankungen im überwiegend durch Jugendliche und Er- schrieben. Dies waren überwiegend nicht 1. Lebensjahr zu verhindern. Kinder- und wachsene mit unzureichendem eigenen altersgerecht geimpfte Kinder. Es wurde Jugendärzte und Frauenärzte sind gefragt, Schutz [9]. Schwere, auch tödliche Ver- auch die Effektivität der Impfstoffe ge- wenn es um die Impfung von Schwan- läufe und Komplikationen treten meist schätzt: Die Effektivität von abgeschlosse- geren und die Umsetzung der Cocoon- bei Säuglingen auf: darunter sind Kin- nen Impfungen betrug 96,6 %; eine parti- Strategie um und nach der Geburt geht. der mit Apnoen und Bradykardien, einer elle Impfung mit zwei Dosen zeigte schon leukämoiden Lymphozytose [10] oder einen Schutzeffekt mit einer Effektivität Rotavirus dystelektatischen Pneumonien. Mehr als von 78,3 %. Eine aktuelle Studie aus der Die Impfung wird seit 2013 von der STIKO die Hälfte der in den ersten fünf Le- Schweiz kommt zu ähnlichen Ergebnis- empfohlen. Die KV-Daten zeigen eine bensmonaten erkrankten Kinder werden sen: Die Effektivität des Pertussisimpfstof- nur zögerliche Umsetzung dieser Empfeh- stationär behandelt ([2]; . Abb. 2). fes wird auf 42,1 % nach der ersten, 83,9 % lung. Die Impfquoten steigen nur langsam, Seit 2013 besteht eine bundesweite nach der zweiten, 98,2 % nach der dritten 78,5 % des Jahrgangs 2015 erhielten ei- Meldepflicht. Die jährliche Inzidenz über ne Rotavirusimpfung bis zum Alter von Monatsschrift Kinderheilkunde 3 · 2022 263
Konsensuspapiere in den Impfquoten sind dabei gerade bei Verteilung 3. Impfstoffdosis (2+1) Verteilung 4. Impfstoffdosis (3+1) der MMR-Impfung auf der einen Seite sehr kumulave Impfquote 1. Dosis kumulave Impfquote 2. Dosis deutlich, auf der anderen Seite (auch bei kumulave Impfquote 3. Dosis (3+1) kumulave Impfquote 4. Dosis (3+1) Berücksichtigung der abweichenden Impf- empfehlung in Sachsen) rational nicht be- 20 100 gründbar. 18 90 Die STIKO empfiehlt zurzeit die erste 16 80 Masern-Impfung (ebenso wie Mumps, Rö- teln und Varizellen) für Kinder im Alter von kumulave Impfquote in % 14 70 11 Monaten, die 2. Impfung mit einem Ab- Verteilung in % 12 60 stand von ≥4 Wochen, spätestens jedoch 10 50 mit 15 Monaten [1]. Im Alter von 15 Monaten haben 83,5 % 8 40 der Kinder im Bundesgebiet (Spannweite 6 30 auf Kreisebene: 59,1–94,6 %) eine 1. MMR- 4 20 Impfung erhalten [7]. Damit wird das Ziel 2 10 des Nationalen Masernaktionsplans [19] verfehlt, im Alter von 15 Monaten eine 0 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Impfquote von 95 % für die 1. Masern- Impfalter in Monaten impfung zu erreichen. Daten aus der RKI-Impfsurveillance Im Alter von 24 Monaten haben nur 69,9 % der Kinder (Geburtsjahrgang 2016) Abb. 1 8 Kumulative Impfquote für die Hib-Impfung in den ersten 24 Lebensmonaten für die 1., 2., 3. eine 2. MMR-Impfung erhalten (Spanne auf und abschließende 4. Impfstoffdosis des 3 + 1-Impfschemas und der 3. abschließenden Impfstoffdo- Kreisebene: 42,0–87,1 %). Die Impfquoten sis des 2 + 1-Impfschemas sowie Verteilung der Impfzeitpunkte der abschließenden Impfstoffdosen, steigen in den folgenden Jahren weiter Geburtsjahrgang 2016. (Daten der RKI-Impfsurveillance, zur Verfügung gestellt von Thorsten Rieck, an. Zum Zeitpunkt der Einschulung haben RKI, 2020) 91,1 % der Kinder eine 2. Impfung erhal- ten. Bis zum Alter von 72 Monaten haben 32 Lebenswochen, 68,5 % sind vollständig 665 vollständig und zeitgerecht geimpften 95,2 % der Kinder eine Impfung und 88,7 % geimpft (KV-Surveillance, [18]). Es gibt Kindern ging man von Impfdurchbrüchen 2 Impfungen; 4,8 % haben gar keine Ma- erhebliche regionale Unterschiede. Bei aus, von diesen wurden 247 (37 %) statio- sernimpfung erhalten (. Abb. 4). vielen Kindern sind die Impfserien nicht när behandelt. In allen Alterskohorten gibt es erhebli- vollständig. Fazit: Nach wie vor müssen viele Kin- che regionale Unterschiede bezüglich der Von den geimpften Kindern erhalten der stationär wegen Rotavirus-Infektionen Teilnahme und des Zeitpunktes der MMR- 91,2 % die erste Impfung zeitgerecht, d. h. behandelt werden, ein großer Teil dieser Impfungen. bis zum Alter von 12 Wochen; ca. 9 % der Krankenhausaufenthalte hätte durch eine Hochgerechnet auf die Altersgruppe Dosen werden später verabreicht. Damit rechtzeitige Rotavirus-Impfung verhindert (Jahrgang 2012) haben ca. 83.000 Kinder erhöht sich für diese Kinder das Risiko für werden können. Nicht wenige Kinder er- mit 72 Monaten noch keinen ausreichen- Invaginationen. halten die 1. Impfung entgegen der Emp- den Masernschutz, darunter sind mindes- Die Folgen dieser zögerlichen Umset- fehlung nach der 12. Lebenswoche, wo- tens 35.000 Kinder ohne Impfung [7]. Ziel zung sind deutlich: 2019 wurden bundes- durch das Risiko für eine Invagination als des Masernaktionsplanes ist, dass 95 % der weit 36.974 Fälle mit Rotavirus-Gastroen- Impfkomplikation bzw. koinzidierendes Er- Kinder beiEinschulungzweimal gegen Ma- teritis gemeldet [2]. Die Zahl der Erkran- eignis steigt. sern geimpft sind, auch das wird verfehlt. kungen hat seit 2008 abgenommen, dieser In den letzten 10 Jahren kam es immer Trend hatte sich im Jahr 2018 nicht fortge- Masern wieder zu zeitlich begrenzten, regionalen setzt, die Erkrankungszahlen stiegen 2019 Auch bei der MMR-Impfung besteht erheb- bis bundesweiten Masernausbrüchen mit wieder an. 29 % der Erkrankungen traten licher Handlungsbedarf. Dass seit mehre- teilweise sehr hohen Fallzahlen. Dabei wa- bei Kindern
100% 90% Relativer Anteil an Hospitalisierungen (%) 80% 70% 60% (n=3.138) 50% 40% 30% 20% 10% 0% 0 6 12 18 24 30 36 42 Lebensalter (Monate) zu Beginn der Pertussiserkrankung Abb. 2 8 Anteil der hospitalisierten Kinder mit Pertussis in % an allen erkrankten Kindern. Blau: Hospitalisierung wegen Per- tussis, dunkel: anderer Aufnahmegrund. n = 3138 Kinder, Meldezeitraum 2014–2018. (IfSG-Meldedaten vom Robert Koch- Institut, Bild aus Heininger [3]) 300 100,0 HPV (humane Papillomaviren) Die HPV-Impfung wird seit 2007 für Mäd- 90,0 chen empfohlen, seit 2014 für das Alter 250 80,0 Fallzahl Pertussiserkrankte von 9 bis 14 Jahren mit der Möglichkeit kumulative Impfquote in % 70,0 der Nachholimpfung bis zum 18. Geburts- 200 60,0 tag. Seit 2018 wird die Impfung auch für Jungen im gleichen Alter empfohlen. 150 50,0 HP-Virensind weitverbreitet. Meist bald 40,0 nach Aufnahme der sexuellen Aktivität 100 kommt es zu einer Infizierung. Dabei kann 30,0 20,0 es zeitgleich zu einer Infektion mit meh- 50 reren HPV-Typen kommen. Meist sind es 10,0 transiente Infektionen. Einige Typen kön- 0 0,0 nen in der Schleimhaut/Haut persistieren 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Alter in Monaten kumulative Fallzahlen Pertussis und zu malignen Tumoren (insbes. Hoch- kumulative Impfquote 1. Dosis risikotypen HPV 16 und 18) oder zu Ge- kumulative Impfquote 2. Dosis nitalwarzen (v. a. HPV 6 und 11) führen [20]. Abb. 3 8 Vergleich der Pertussisfallzahlen mit Impfraten im 1. Lebensjahr. Balken: kumulative Fall- Jährlich erkranken in Deutschland zahl der Pertussiserkrankten von 0 bis 12 Monaten nach IfSG im Meldezeitraum 2014–2018, n =1546 ca. 6250 Frauen und ca. 1600 Männer an Kinder. (Meldedaten aus RKI nach [12]). Linien: kumulative Impfquoten gegen Hib im ersten Jahr, Jahr- gang 2016, 3 + 1-Schema. gelbe Linie: kumulative Impfquote 3. Dosis (3+1 Schema). (Daten aus der HPV-bedingten Karzinomen im Bereich KV Impfsurveillance, T. Rieck; . Tab. 2) der Zervix, Vagina, Vulva, des Penis, am Anus und Oropharynx [21]. Es sterben etwa 1500 Frauen mit Zervixkarzinom ten, welche keine maternalen Masernan- Impflücken von älteren Kindern, Jugendli- in Deutschland pro Jahr. Die Zahl der tikörper mehr aufweisen, nur durch Her- chen und Erwachsenen müssen dringend Frauen mit Präkanzerosen an der Zer- denschutz in ihrer Umgebung indirekt vor geschlossenwerden, einerseits zum Schutz vix (zervikale intraepitheliale Neoplasie) Masern geschützt werden können. Kinder dieser Personen selbst und andererseits, ist um ein Vielfaches höher. Viele dieser ab 11 Monaten müssen zeitgerecht und um einen Gemeinschaftsschutz für Kinder meist jungen Frauen erhalten eine Koni- vollständig geimpft werden, um Infektio- im ersten Lebensjahr u. a. aufzubauen. sation, mit anschließend höherem Risiko nen in dieser Altersgruppe zu verhindern. für Frühgeburten. Monatsschrift Kinderheilkunde 3 · 2022 265
Konsensuspapiere 100 90 80 70 Impfquote in % 60 1. Masernimpfung 50 2. Masernimpfung 40 30 20 10 0 0 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30 33 36 39 42 45 48 51 54 57 60 63 66 69 72 Alter in Monaten Abb. 4 8 Impfquote mit mindestens einer und zwei Masernimpfungen; Alter 0 bis 72 Monate; Geburtsjahrgang 2012. Die grauen Bereiche zeigen die empfohlenen Impfalter an. (Aus Rieck et al. [7]; mit freundlicher Erlaubnis von T. Rieck, A. Siedler, RKI) Abb. 5 8 Masernerkrankungen/100.000 Einwohner nach Alter in Jahren und Geschlecht von 2015–2019. (Robert Koch-Insti- tut: SurvStat@RKI 2.0, https://survstat.rki.de, Abfragedatum: 29.08.2020) Eine HPV-Impfung schützt sehr effek- eine signifikante Reduktion der Inzidenz nes Risiko für ein invasives Zervixkarzinom tiv vor der Erstinfektion mit den im Impf- von CIN2 bis zu invasiven Zervixkarzino- bei geimpften Frauen [24]. stoff enthaltenen HPV-Typen. Populations- men nach Implementierung der Impfung Die Effektivität der Impfung ist am bezogene Studien zeigen eine Reduktion und Impfraten von 50 % oder mehr (Über- höchsten vor einer ersten möglichen der Prävalenz von genitalen Infektionen sicht in [22, 23]). Neue Langzeitdaten aus HPV-Infektion. Untersuchungen zur Dauer mit den Hochrisikotypen, eine signifikan- Schweden belegen ein erheblich gesunke- des Impfschutzes zeigen einen über viele te Reduktion der anogenitalen Warzen und Jahre bestehenden Schutz nach Impfung. 266 Monatsschrift Kinderheilkunde 3 · 2022
Abb. 6 8 HPV-Impfquote in Prozent bei Mädchen nach Alter. Dargestellt sind die Anteile mit begonnener und abgeschlos- sener HPV-Impfserie. Stand: Dezember 2014 vs. 2018. (Bild aus Rieck et al. [7], mit freundlicher Genehmigung von T. Rieck, A. Siedler, RKI) Jugendliche zwischen 10 und 14 Jahren suchungen besser erreichbar. Alles in allem ganisieren. Eine wesentliche Rolle für die haben darüber hinaus höhere Antikörper- ist die Inanspruchnahme der HPV-Impfung Änderung bei Impfquoten bei zugewan- antworten auf die HPV-Impfung als ältere aber weiterhin gering. Die Abbruchrate ist derten Kindern spielt unmittelbar die Zu- Jugendliche. Das waren Argumente, um hoch. Es gibt erhebliche regionale Unter- wanderungsdynamik. So sinken die Impf- 2014 den empfohlenen frühesten Impf- schiede. Jüngere Kinder erhalten noch re- quoten im Zusammenhang mit erhöhter zeitpunkt auf das Alter 9 Jahre vorzuziehen lativ selten eine Impfung in einem Alter, Zuwanderung bei Einschulung von nicht [25]. in dem die Effektivität der Impfung am in Deutschland geborenen Kindern seit Angesichts der hohen präventiven höchsten ist. Verlässliche Impfquoten bei 2012 kontinuierlich [27, 28]. Mangelnde Wirksamkeit der Impfstoffe und der seit männlichen Jugendlichen in Deutschland Kenntnisse der deutschen Sprache gehen weit über 10 Jahren bestehenden Impf- sind noch nicht bekannt. häufig mit einer verzögerten Impfteilnah- empfehlung sind die Impfquoten nach me einher [27]. Damit werden die Barrie- wie vor zu niedrig. Daten aus der KV- Gründe für zu spät erfolgende ren hoch, einen Termin zur Impfung oder Impfsurveillance ergeben für 2018 eine Impfungen einen Folgetermin zu vereinbaren. Ein wei- bundesweite Impfquote für eine voll- terer wichtiger Grund einer Verzögerung ständige HPV-Impfquote bei 15-jährigen Gründe für eine verzögerte Impfteilnah- des Impfstartes bei jungen Säuglingen ist Mädchen von 43 %, mit einer großen me sind vielfältig (. Tab. 3). Sie können eine fehlende Krankenversicherung. Dann Spannweite (Kreisebene: 15,7–76,9 %) [7]. in den Lebensverhältnissen der Familien sind zwar manchmal subsidiär Impfungen Mädchen unter 18 Jahren waren 2018 nur oder in persönlichen Vorbehalten und Sor- im ÖGD möglich, aber das führt unwei- zu 51,1 % vollständig geimpft. Von den 18- gen der Eltern liegen. Am wichtigsten sind gerlich zur weiteren Verschiebung. jährigen Frauen, die schon einmal geimpft die Einstellungen des impfenden Arztes. wurden, hatten 19 % die Impfserie nicht Persönliche Gründe abgeschlossen. Es zeigt sich seit 2014 Soziale und familienbezogene ein deutlicher Anstieg der Impfraten bei Gründe Die meisten impfpräventablen Erkrankun- jüngeren Jugendlichen und Kindern ([7]; gen sind weniger häufig als früher, somit . Abb. 6). Auch die Zahl der vollständigen Umzüge der Familien im frühen Kindesal- oftmals nicht mehr sichtbar, und damit Impfserien ist angestiegen. ter, häufige Wechsel der betreuenden kin- sind deren Risiken nicht im Alltag präsent. Fazit: Wahrscheinlich wirken sich das der- und jugendärztlichen Praxis, Migrati- Manche Eltern sorgen sich daher weniger 2014 gesenkte Impfalter und das im Alter on oder Flucht sind einige Gründe für ei- um die zu vermeidenden Krankheiten, son- von 9 bis 14 Jahren auf 2 Impfdosen (ab Al- ne verzögerte Inanspruchnahme von Imp- dern darum, ihr Kind schon in einem so ter 15 Jahre: 3 Dosen) reduzierte Impfsche- fungen [26]. Familien mit vielen Kindern jungen Alter impfen zu lassen, oder sie ma positiv auf die Impfraten aus. Auch sind oder hohen familiären Belastungen haben haben Bedenken wegen banaler Infektio- die jüngeren Kinder über Vorsorgeunter- eher Schwierigkeiten, ihre Termine zu or- nen oder Unpässlichkeiten und verschie- Monatsschrift Kinderheilkunde 3 · 2022 267
Konsensuspapiere Tab. 3 Einflussfaktoren auf eine zeitgerechte Impfteilnahme Der Anteil zeitgerecht geimpfter Kinder Soziale und familien- Persönliche Faktoren Arztbezogene Faktoren sollte als wichtiger Qualitätsindikator in bezogene Faktoren jeder Kinder- und Jugendarztpraxis ein- Umzüge Erste Impfung als Hürde Einstellung des impfenden Arztes geführt werden. Geburt außerhalb Bedenken wegen Alter Organisation des Praxisablaufes Das Impfen sollte in allen Altersgrup- Deutschlands pen einfach sein; mögliche Barrieren müs- Sprachkenntnisse Risikowahrnehmung Schulung der Mitarbeiter sen identifiziert und abgebaut werden. So Geschwisterzahl Vertrauen in Impfung (Effekti- Wissen um und Vermeidung von kann man z. B. für Schulkinder und Ju- vität und Sicherheit) falschen Kontraindikationen gendliche Impfungen ohne vorherige Ter- Fehlende Versicherung Aufwand für eine Impfung minvereinbarung anbieten. Erinnerungs- Einfluss von Peergruppe systeme sind sinnvoll (Recall, z. B. über die und Familie kostenlose Praxis-App „Mein Kinder- und Social Media Jugendarzt“ des BVKJ). Die Praxis-EDV soll- te zur Bestimmung der praxisspezifischen Impfraten und Impfzeitpunkte in der Lage ben Impftermine [29–31]. Dabei spielt der anstehende Impfungen nicht aktiv ange- sein. Das ist auch eine wichtige Anwen- Einfluss der Peergruppe und der Familie sprochen, oder es wird vergessen, an diese dungsoption für die künftige elektronische eine große Rolle [32, 33]. Eine fundier- zu erinnern [37]. Impfungen werden nicht Patientenakte, verbunden mit dem elek- te Aufklärung der Eltern über Zweck von zeitgerecht angeboten, bei Bedenken der tronischen Impfausweis. Impfungen im frühen Alter des Kindes ist Eltern werden Kinder rasch als nichtimpf- Alle Mitarbeiter der Praxis sollen die daher sehr wichtig. Gerade die erste Imp- fähig eingestuft (falsche Kontraindikatio- Impfzeitpunkte kennen, die Impfausweise fung wird von Eltern als eine besorgniser- nen), Empfehlungen werden nicht beach- kontrollieren und selbstständig Eltern auf regende Hürde angesehen [34]. Wie diese tet, Impfstoffe werden „off label“ ohne Zu- fehlende oder ausstehende Impfungen an- Impfung abläuft, wie die Eltern sich mit lassung eingesetzt. Manche Ärzte lehnen sprechen. Dazu ist ein Wissen über falsche ihren Sorgen verstanden fühlen, und wie einzelne bis hin zu allen Impfungen ab. Kontraindikationen wichtig, etwa Schnup- sie die erste Impfung erleben, bestimmt Impfquoten und die Zeitpunkte für die fen und Husten, s. dazu die Ausführungen auf lange Zeit ihre weiteren Einstellungen Impfungen sind oft kleinräumig sehr un- der STIKO [1] und der DAKJ-Kommission zu Impfungen. terschiedlich. Das hängt weniger mit den für Infektionskrankheiten und Impffragen Kommunikation und Ablauf der ersten Einstellungen der Eltern als vielmehr mit [31]. Jeder Arztbesuch sollte zur Vervoll- Impfunghabenauf denmöglichstvollstän- denen der impfenden Ärzte zusammen. ständigung des Impfschutzes genutzt wer- digen Impfschutz von Kindern in Deutsch- Deren Einstellungen sind eng mit den re- den: Wird ein Kind beispielsweise mit ei- land einen wesentlich höheren Effekt als gionalen Impfquoten assoziiert [38]. nem banalen Infekt oder für Reise-, Sport- die Impflücken, die von wenigen Familien oder andere Bescheinigungen in der Praxis ausgehen, die einzelne oder alle Impfun- Ansatzpunkte, um zeitgerechte vorgestellt, kann man bei der Gelegenheit gen ablehnen. Inanspruchnahme von Impfungen prüfen, ob Impfungen anstehen und diese zu unterstützen möglichst sofort anbieten. Erkannte Impf- Arztbezogene Faktoren lücken können damit geschlossen werden. Es gibt eine Reihe von Ansatzpunkten, Alle Vorsorgeuntersuchungen sollen zur Die Primärversorger haben die Schlüssel- um Kinder, insbesondere Säuglinge, zeit- Überprüfung des Impfstatus, zur Impfbe- rolle für eine zeitgerechte Teilnahme an gerecht zu impfen [39]. ratung und zum Ergänzen von Impfungen Impfungen [35]. Die Einstellung des imp- 2020 hat die STIKO mit dem neuen genutzt werden. fenden Arztes, die Organisation des ge- 2 + 1-Schema die Impfzeitpunkte eindeu- Die Primärversorger sind die wichtigs- samten Praxisablaufes und ein funktionie- tig definiert; die Impfungen sollen mit 2, ten Ansprechpartner und Berater für Fa- rendes Impfmanagement, in das auch die 4 und 11 Monaten erfolgen. Das gleiche milien in allen gesundheitlichen Dingen, Praxismitarbeiter eingebunden sind, sind gilt für die MMRV-Impfungen, die im Alter insbesondere zu Fragen um alle Impfun- entscheidend. Der Umgang mit falschen von 11 und 15 Monaten erfolgen sollen. gen. Beim Gespräch mit den Eltern ist eine Kontraindikationen ist wichtig [31]. Die Abläufe in der Praxis sollen so ge- vertrauensvolle Atmosphäre wichtig [34, Meist werden eingespielte Praxisrouti- plant werden, dass routinemäßig Eltern 40]. Es dient der Aufklärung zu den Risi- nen und Arbeitsabläufe die Impfzeitpunk- die frühestmöglichen Impftermine erhal- ken durch impfpräventable Erkrankungen, te bestimmen. Vielfach erfolgen Vorsor- ten und zeitgerechtes Impfen Standard ist. den Zielen von zeitgerechten Impfungen, geuntersuchungen ohne das gleichzeitige So kann etwa gleich bei der U3 (mit 4 Wo- der Auflösung von Mythen und unterstützt Schließen von Impflücken. Auch andere chen) ein Impftermin für die 9. Lebens- die Entscheidungsfindung der Eltern. Kin- Möglichkeiten zur Vervollständigung des woche vereinbart werden, oder der Ter- der mit banalen Infektionen, subfebrilen Impfschutzes werden nicht ausreichend min für die U6 wird immer mit 11 Mona- Temperaturen (
Tab. 4 Koordinierung von Impfterminen und Vorsorgeuntersuchungen – Ein Praxisbeispiel befriedigenden Niveau. Bei allen Impfun- Alter Vorsorge Impfung gen sieht man jedoch, dass die empfohle- Neugeborenes U1, U2 Indikationsimpfung: Haushaltsmitglieder: Impfstatus nen Alterszeitpunkte bei einer großen Zahl Hepatitis B prüfen und gegebenenfalls von Kindern nicht eingehalten werden, die ergänzen: MMR, Pertussis Impfungenverzögerterfolgenund Impfse- 4 Wo U3 – Haushaltsmitglieder impfen, falls rien oft nicht im empfohlenen Zeitrahmen noch nicht geschehen abgeschlossen werden. Einige Kinder er- Impftermin vereinbaren halten manche Impfungen gar nicht. Das 2 Monate (U4) 1. DTPa-HepB-Hib-IPV, Haushaltsmitglieder impfen, falls Pneumokokken- und noch nicht geschehen hat vielschichtige Konsequenzen. Rotavirus-Impfungen – Durch eine verspätet einsetzende 3 Monate U4 2. Rotavirus-Impfung – Grundimmunisierung sind junge 4 Monate – 2. DTPa-HepB-Hib-IPV- – Kinder einer erhöhten Infektionsgefahr und Pneumokokken- ausgesetzt. Das ist kein theoretisches Impfung (Rota) Risiko, wie die hohen Fallzahlen von 11 Monate U6 3. DTPa-HepB-Hib-IPV- Mindestabstand beachtena Pertussis und Masern insbesondere bei und Pneumokokken jungen Kindern demonstrieren. 11 Monate – 1. MMR/Varizellen – – Unvollständige Impfserien führen zu (14)–15 Monate – 2. MMRV; MenC Mindestabstand beachtenb einem unzureichenden Schutz und 5 Jahre U9 TdaP – können oft nicht oder nur mit gerin- 5 bis 6 Jahre Schul- Schulein- – Überprüfung und Beratung des gerer Effektivität nachgeholt werden, eingangsunter- gangsun- Impfstatus des Einschulkindes so etwa bei Rotaviren, Pneumokokken suchung, ÖGD tersuchung und der Eltern, ggf. Impfangebot und HPV. Auch hier sind die Folgen ein 9 Jahre U 11 HPV 2-mal; Abstand 6 Monate ungenügender Impfschutz und eine 12 Jahre J1 TdaP-IPV Fehlende Impfungen ergänzen hohe Krankheitslast auf Bevölkerungs- 17 Jahre J2 – Fehlende Impfungen ergänzen ebene. Bei allen Vorsorgeuntersuchungen U4–J2 sollen Impfausweise überprüft und fehlende Impfungen – Das Potenzial einer HPV-Impfung wird nachgeholt werden! nicht ausgeschöpft, wenn die Impfung a Zwischen der 2. und 3. DTPa-HepB-Hib-IPV- und Pneumokokken-Impfung sollten mindestens 6 Mo- zu spät gegeben wird, in einem Alter, nate liegen b in dem bei einigen Jugendlichen schon Die zweite MMR-V kann frühestens 4 Wochen nach der ersten gegeben werden Infektionen aufgetreten sind. – Internationale Anstrengungen zur dass unter diesen Umständen kein zusätz- nahme, sehr effektiv) oder Impfprojekte in Elimination oder Eradikation von licher Schaden entstehen kann, keine ver- Schulen organisieren (aufwendig). Erregern (Masern, Polio) werden durch stärkten Nebenwirkungen zu befürchten Einige regionale Maßnahmen können niedrige Impfquoten unterlaufen. sind und auch die Wirksamkeit der Imp- ebenfalls die Impfteilnahme beeinflussen: Diese haben, da meist internationale fung nicht beeinträchtigt ist [40]. Im ÖGD sind aufgrund der Daten aus den und nationale Zielvereinbarungen Ein guter Zeitpunkt für die Komplet- Einschulungsuntersuchungen die Impfra- bestehen, damit auch internationale tierung von Impfserien ist die Aufnahme ten kleinräumig bekannt. In gemeinsamen Konsequenzen. des Kindes in eine Kindertageseinrichtung. Treffen mit ÖGD und Praxen können diese Gemäß IfSG § 34 (10a) müssen Eltern bei vorgestellt und diskutiert werden. Impfquoten und die Impfzeitpunkte sind Aufnahme des Kindes die Bescheinigung Sinnvoll sind auch regionale Fortbil- oft lokal sehr unterschiedlich. Hier sind ei- einer altersgerechten Impfberatung vor- dung und Treffen mit den Hebammen und ne regionale Analyse und Diskussion not- legen. Somit sind ein Arztgespräch und den Fachkräften der Frühen Hilfen. Projek- wendig. Dies hängt weniger mit den Ein- damit die Möglichkeit eines Impftermins te mit Impfinformationen für werdende stellungen der Eltern als vielmehr mit de- auch „außer der Reihe“ in dem Alter si- Eltern in Geburtskliniken oder vor der Ge- nen der impfenden Ärzte zusammen. De- chergestellt, in dem die Exposition zu In- burt in der Schwangerschaftsvorbereitung ren Einstellungen sind eng mit den lokalen fektionserregern durch Aufnahme in die können hilfreich sein [42]. Impfquoten assoziiert [38]. Gemeinschaftsbetreuung erheblich steigt. Niedrige Impfquoten oder verspätete Bei Jugendlichen führt die Teilnahme Stellungnahme der Kommission Impfungen in kleinen Regionen führen lo- an der J1 zu einer eindeutigen Erhöhung kal zu einem reduzierten Gemeinschafts- der Teilnahme an der HPV-Impfung [41]. In dieser Stellungnahme werden verfüg- schutz und können Ausgangspunkte für Aber auch andere Maßnahmen sind er- bare Daten zu Impfzeitpunkten bei Stan- größere Ausbrüche, etwa mit Masern oder forderlich: Der Zugang zu den Impfungen dardimpfungen von Kindern und Jugend- Pertussis, sein. muss sehr einfach und unkompliziert sein, lichen dargelegt. Bei den meisten die- Die zeitgerechte Umsetzung von Impf- z. B. kann man Impfungen ohne Vortermin ser Impfungen sind die Impfquoten zwar empfehlungen schützt den Einzelnen und für Schulkinder anbieten (einfache Maß- zum Zeitpunkt der Einschulung auf einem sorgt für eine bestmögliche Vermeidung Monatsschrift Kinderheilkunde 3 · 2022 269
Konsensuspapiere impfpräventabler Erkrankungen in der Be- 9. Liese J (2005) Pertussis bei Jugendlichen und Korrespondenzadresse Erwachsenen: AktuellerStandderImpfprävention. völkerung. Diesen Konsens in der Ärzte- Monatsschr Kinderheilkd 153(9):845–853. https:// schaft dauerhaft und auch regional sicher- Prof. Dr. med. Hans-Iko Huppertz doi.org/10.1007/s00112-005-1218-y Deutsche Akademie für Kinder- und 10. Kunze A, Laping N, von Knoop A, Knuf M zustellen, ist eine notwendige Aufgabe der Jugendmedizin e. V. (2019) Pertussis mit Hyperleukozytose bei jungen ärztlichen Selbstverwaltung. Chausseestr. 128/129, 10115 Berlin, Säuglingen: Gefahr einer lebensbedrohlichen Die übliche Impfroutine in den Praxen Deutschland Infektionskrankheit. Monatsschr Kinderheilkd. muss überdachtwerdenund dringend bes- kontakt@dakj.de https://doi.org/10.1007/s00112-019-0696-2 11. Schielke A, Takla A, von Kries R, Wichmann O, ser an die Empfehlungen angepasst wer- Hellenbrand W (2018) Marked underrepor- den. Die Barrieren für die Teilnahme an ting of pertussis requiring hospitalization in einer Impfung sollten niedrig sein, Impf- infants as estimated by capture-recapture me- Mitglieder der Kommission für Infektionskrank- thodology, Germany, 2013–2015. Pediatr Infect termine auch unabhängig von anderen heiten und Impffragen der Deutschen Akade- Dis J 37(2):119–125. https://doi.org/10.1097/INF. Terminen angeboten werden. mie für Kinder- und Jugendmedizin. Prof. Dr. 0000000000001698 U. Heininger (Basel; Sprecher der Kommission); 12. AG 6-fach-Impfung (DTaP-IPV-Hib-HepB) der Alle am Impfprozess Beteiligten, etwa Dr. H. Grundhewer (Berlin; federführend); Prof. Dr. Ständigen Impfkommission (STIKO) (2020) Wis- Praxismitarbeiter/-innen und Arzt/Ärztin M. Knuf (Worms); Dr. A. Iseke (Münster); Prof. Dr. senschaftlicheBegründungfürdieEmpfehlungzur sollen mögliche Impfhindernisse, wie etwa C. Korenke (Oldenburg); Prof. Dr. A. Müller (Bonn); Dr. Grundimmunisierung gegen Diphtherie, Tetanus, U. von Both (München). Pertussis, Poliomyelitis, Haemophilus influenzae falsche Kontraindikationen, kennen und Typ b und Hepatitis B mit dem 6-fach-Impfstoff entsprechend fundiert adressieren kön- im Säuglingsalter nach dem 2+1-Impfschema. nen. Einhaltung ethischer Richtlinien Epidemiol Bull. https://doi.org/10.25646/6955 Das Gespräch mit den Eltern soll in einer 13. Wirsing von König CH (2016) Pertussis- Interessenkonflikt. H.-I. Huppertz gibt an, dass kein Komplikationen bei Kindern und Jugend- vertrauensvollen Atmosphäre stattfinden, Interessenkonflikt besteht. lichen (1.1.1997–31.12.2000). http://www. den Sinn frühzeitiger Impfungen erläutern esped.uni-duesseldorf.de/esped/resources/ und über Mythen aufklären. Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine files/Pertussis1997-2000%20WvKoenig.pdf. Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Zugegriffen: 15.9.2019 Jugendliche müssen direkt angespro- Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort 14. Mack I, Erlanger TE, Lang P, Sinniger P, Perisa D, chen werden. Für sie sind besondere angegebenen ethischen Richtlinien. Heininger U (2020) Dose-dependent effective- Maßnahmen erforderlich, um die Rate ness of acellular pertussis vaccine in infants: a population-based case-control study. Vacci- an HPV-Impfungen sowie das Bewusst- ne 38(6):1444–1449. https://doi.org/10.1016/j. sein für einen vollständigen Impfschutz Literatur vaccine.2019.11.069 (Nachhol- und regelmäßige Auffrischimp- 15. STIKO (2009) Zusätzliche Pertussis-Impfung im 1. Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert Erwachsenenalter als Tdap-Kombinationsimp- fungen) zu steigern, wie z. B. das Angebot fung bei der nächsten fälligen Td-Impfung – Koch-Institut (2020) Empfehlungen der Ständigen von Vorsorgeuntersuchungen (U 11, J1) Impfkommission beim Robert Koch-Institut – Empfehlung und Begründung. Epidemiol Bull und ein unkomplizierter Zugang zu den 2020/2021. Epidemiol Bull. https://doi.org/10. 31:299–311 25646/7083 16. STIKO (2009) Erweiterung der beruflichen Indika- Impfungen. tionen für eine Pertussis-Impfung. Epidemiol Bull 2. Robert Koch-Institut (2020) Infektionsepidemio- Eine regionale Kooperation mit dem logisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten 31:311–313 ÖGD zur Diskussion der aktuellen regiona- für 2019 Datenstand: 1. März 2020. Berlin 17. AG Pertussis der Ständigen Impfkommission 3. Heininger U (2020) Pertussis (Keuchhusten). (STIKO) (2020) Wissenschaftliche Begründung für len Impfquoten kann ein wirksames Mittel die Empfehlung der Pertussisimpfung mit einem Monatsschr Kinderheilkd 168(8):747–759. https:// sein, die zeitgerechte Teilnahme zu verbes- doi.org/10.1007/s00112-020-00941-9 Tdap-Kombinationsimpfstoff in der Schwanger- sern. 4. Matysiak-Klose D (2013) Hot Spot: Epidemiologie schaft. Epidemiol Bull 14:3–34. https://doi.org/10. der Masern und Röteln in Deutschland und Europa. 25646/6584 In den Praxen sollen praxisspezifische 18. Robert Koch-Institut (2020): VacMap. http://www. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Impfzeitpunkte und Impfraten als Quali- Gesundheitsschutz 56(9):1231–1237. https://doi. vacmap.de Zugriff: 1.5.2020 tätsindikatoren erfasst werden. org/10.1007/s00103-013-1799-x 19. Bundesministerium für Gesundheit (2015) Na- 5. Robert Koch-Institut (2015) Berliner Masernaus- tionaler Aktionsplan 2015–2020 zur Elimina- bruch 2014/2015 – Stationär im Otto-Heub- tion der Masern und Röteln in Deutschland. Fazit für die Praxis ner-Centrum für Kinder- und Jugendmedizin https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ der Charité behandelte Patienten. Epidemiol fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/ 4 Viele der Impfungen bei Kindern und Ju- Broschueren/Aktionsplan_Masern_Roeteln.pdf Bull 47/48:499–506. https://doi.org/10.17886/ gendlichen erfolgen zu spät und/oder EPIBULL-2015-018 Zugegriffen: 20.3.2017 werden nicht zeitgerecht abgeschlossen. 6. Siedler A, Rieck T (2020) Erhebung von Impfquoten 20. Robert Koch-Institut (2018) RKI-Ratgeber Humane 4 Dadurch sind Kinder und Jugendliche ei- im Kindes- und Jugendalter in Deutschland – Die Papillomviren. Epidemiol Bull 27:255–259. https:// nem unnötig hohen Infektionsrisiko aus- RKI Impfsurveillance und ihr neues Publikations- doi.org/10.17886/EPIBULL-2018-033 gesetzt. format. Epid Bull 32/33:3–8. https://doi.org/10. 21. Robert Koch-Institut (Hrsg) und die Gesellschaft 25646/7020 der epidemiologischen Krebsregister in Deutsch- 4 Erkrankungshäufungen von Rotavirusin- 7. Rieck T, Feig M, Wichmann O, Siedler A (2020) land e. V. (Hrsg) (2019) Krebs in Deutschland für fektionen, Pertussis, Masern, Varizellen 2015/2016 Bd. 12. Berlin. ISBN 978-3-89606-298-7 u. a. sind auf fehlenden oder nichtzeitge- Impfquoten von Kinderschutzimpfungen in Deutschland – aktuelle Ergebnisse aus der RKI- 22. AWMF (2020) Impfprävention HPV-assoziierter rechten Impfschutz zurückzuführen. Neoplasien S3 Leitlinie – Langfassung – Register Impfsurveillance. Epid Bull 32/33:9–27. https:// 4 Die jeweilige Praxisroutine sollte dahin- doi.org/10.25646/7027 Nr.: 082-002. https://www.awmf.org/leitlinien/ gehend überprüft werden, ob sie zeit- 8. WHO Europe (2014): European Vaccine Action detail/ll/082-002.html. Zugegriffen: 20. 8. 2020 gerechte Impfungen insbesondere bei Plan 2015–2020, https://www.euro.who.int/ 23. Osmani V, Klug SJ (2021) HPV-Impfung zur Prä- Säuglingen, um den ersten Geburtstag en/health-topics/disease-prevention/vaccines- vention von Genitalwarzen und Krebsvorstufen – und bei Jugendlichen priorisiert. and-immunization/publications/2014/european- Evidenzlage und Bewertung. Bundesgesundheits- vaccine-action-plan-20152020-2014 270 Monatsschrift Kinderheilkunde 3 · 2022
Abstract bl. https://doi.org/10.1007/s00103-021-03316-x Timely vaccination in children and adolescents. Statement of the 24. Lei J et al (2020) HPV vaccination and the committee for infectious diseases and vaccination questions of the risk of invasive cervical cancer. N Engl J Med 383(14):1340–1348. https://doi.org/10.1056/ German Academy for Pediatric and Adolescent Medicine (DAKJ), May NEJMoa1917338 2021 25. AG HPV der Ständigen Impfkommission (STIKO), Takla A, Wiese-Posselt M, Harder T, Wichmann O This expert statement presents an analysis and evaluation of available data on the (2018) Wissenschaftliche Begründung für die timing of some standard childhood and adolescent vaccinations in Germany. For most Empfehlung der HPV-Impfung für Jungen im Alter of these vaccinations, coverage at school entry is at a satisfactory level; however, in von 9 bis 14 Jahren. Epidemiol Bull 26:233–250. https://doi.org/10.17886/EpiBull-2018-032 a large number of children the start of vaccinations is delayed and vaccination series are 26. Poethko-Müller C, Kuhnert R, Gillesberg Lassen S, frequently not completed within the recommended time. Some children only receive Siedler A (2019) Durchimpfung von Kindern und isolated or no vaccinations. Rates vary widely from one region or town to another. This Jugendlichen in Deutschland: Aktuelle Daten aus has several consequences. Children are at increased risk of infection and herd immunity KiGGS Welle 2 und Trends aus der KiGGS-Studie. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung is insufficient, as shown for pertussis, measles, and rotaviruses. There are various Gesundheitsschutz 62(4):410–421. https://doi. reasons for a delayed start of childhood vaccinations. First, there is a direct association org/10.1007/s00103-019-02901-5 with the living conditions of the respective families; parents’ personal reservations 27. Bettge S, Oberwöhrmann S (2018) Grundaus- wertung der Einschulungsdaten in Berlin 2017. and concerns (hesitancy) constitute additional important reasons for delayed start of Gesundheitsberichterstattung Berlin. https:// vaccinations; however, the most important factor is the personal attitude of doctors. www.berlin.de/sen/gesundheit/_assets/service/ The committee proposes practical suggestions for the implementation of timely publikationen/gesundheitsberichterstattung/ vaccination of children and young people. There is an urgent need to reconsider veroeffentlichungen/grundauswertungen/2019- 02-18-grundauswertung_esu_2017_endfas- the current vaccination routine in ambulatory care and adapt it to the committee’s sung.pdf. Zugegriffen: 8.2.2019 recommendations. Barriers for participating in routine vaccination should be low with 28. Wichmann O (2019) Der Europäische Impfakti- access granted in the easiest manner. onsplan – Ziele und Strategien. 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Bundeszentrale für gesundheitliche heit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Health. https://doi.org/10.1186/s12889-018- Aufklärung, Köln Schleswig-Holstein(Hrsg)(2019):Berichtsbandzur 5724-y 30. Betsch C, Sachse K (2013) Debunking vaccination 6. Nationalen Impfkonferenz 2019: Impfstrategien myths: Strong risk negations can increase im Kontext internationaler Herausforderungen. perceived vaccination risks. Health Psychol Hamburg, S 125–126 32(2):146 37. Klett-Tammen CJ, Krause G, von Lengerke T, 31. Bartmann P et al (2013) Banale Infektionen – keine Castell S (2016) Advising vaccinations for the Kontraindikation für Impfungen. Monatsschr elderly: a cross-sectional survey on differences Kinderheilkd 161(8):735–737. https://doi.org/10. between general practitioners and physician 1007/s00112-013-2955-y assistants in Germany. BMC Fam Pract. https://doi. 32. Betsch C, Ulshöfer C, Renkewitz F, Betsch T org/10.1186/s12875-016-0502-3 (2011) The influence of narrative v. statistical 38. Weigel M, Weitmann K, Rautmann C, Schmidt J, information on perceiving vaccination risks. Med Bruns R, Hoffmann W (2014) Impact of physicians’ Decis Making 31(5):742–753. https://doi.org/10. attitude to vaccination on local vaccination 1177/0272989X11400419 coverageforpertussisandmeaslesinGermany.Eur 33. BetschC(2013)DieRolledesInternetsbeiderElimi- J Public Health 24(6):1009–1016. https://doi.org/ nation von Infektionskrankheiten: Zum Manage- 10.1093/eurpub/cku013 ment von Wahrnehmungen und Fehlwahrneh- 39. Betsch C, Breuer C, Hacker J, Happe K, Hecker M, mungen. Bundesgesundheitsblatt Gesundheits- NationaleAkademiederWissenschaftenLeopoldi- forschung Gesundheitsschutz 56(9):1279–1286. na und Akademie der Wissenschaften in Hamburg https://doi.org/10.1007/s00103-013-1793-3 (Hrsg.) (2019): Gemeinsam Schutz aufbauen. Ver- 34. 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