Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung - Neue Justiz
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E 10934 N Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 100 Aus dem Inhalt: Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR 54. Jahrgang Berlin als erneuter Sündenfall? Aktuelle zivilrechtliche Aspekte von Progressions- modellen am Beispiel sog. Marketing- oder Geld- gewinnsysteme Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts Plädoyer für ein einheitliches Berufsrecht Praktische Auswirkungen der Entscheidung des BVerfG zum Schuldrechtsanpassungsgesetz Aus dem Rechtsprechungsteil: – BVerfG: Zur Verfassungsmäßigkeit von Regelungen im Schuldrechtsanpassungsgesetz – BGH: Ersatzansprüche wegen Bergschäden im Gebiet der ehem. DDR – LG Berlin: Zur strafrechtlichen Rehabilitierung bei Verurteilung durch sowjetisches Militärgericht in Deutschland – BVerwG: Zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Sozialhilferecht – VG Dresden: Wirksamkeit von DDR-Verwaltungsakten – BAG: Berücksichtigung von Tätigkeiten in der DDR für Bewährungsaufstieg nach BAT-O NJSeiten 1-56 NOMOS Berlin
In diesem Heft … Herausgeber: AUFSÄTZE S. 1 Prof. Dr. Peter-Alexis Albrecht Universität Frankfurt a.M. Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR Prof. Dr. Marianne Andrae Christoph Schaefgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Universität Potsdam Aktuelle zivilrechtliche Aspekte von Progressionsmodellen Dr. Bernhard Dombek am Beispiel sog. Marketing- oder Geldgewinnsysteme Rechtsanwalt und Notar, Berlin Armin Willingmann und Christine Strauß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer Dr. Uwe Ewald Humboldt-Universität zu Berlin MEINUNG S. 6 Dr. Rainer Faupel Staatssekretär a.D. Berlin als erneuter Sündenfall? Georg Herbert Von Horst Sendler Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Ernst Gottfried Mahrenholz Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts a.D. NEUE RECHTSVORSCHRIFTEN S. 15 Dr. Wolfgang Peller Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts Berlin Günter Renner Prof. Dr. Martin Posch Rechtsanwalt, Jena Karin Schubert Ministerin der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt KURZBEITRÄGE S. 18 Prof. Dr. Jürgen Schwarze Universität Freiburg Plädoyer für ein einheitliches Berufsrecht Prof. Dr. Horst Sendler Anton Braun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Präsident des Praktische Auswirkungen der Entscheidung des BVerfG Bundesverwaltungsgerichts a.D. zum Schuldrechtsanpassungsgesetz Dr. Dr. theol. h.c. Helmut Simon Holger Matthiessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Bundesverfassungsrichter i.R. Praktikerforum: Manfred Walther Zur Revisibilität richterlicher Überzeugungsbildung Rechtsanwalt, Berlin Heiko Artkämper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Dr. Friedrich Wolff Rechtsanwalt, Berlin I N F O R M AT I O N E N S. 21 D O K U M E N TAT I O N S. 25 Regierungsentwurf eines Vermögensrechtsergänzungsgesetzes REZENSIONEN S. 27 Herwig Roggemann: Die internationalen Strafgerichtshöfe Von Gilbert Gornig Mark Pieth/Peter Eigen: Korruption im internationalen Geschäftsverkehr: Bestandsaufnahme, Bekämpfung, Prävention Von Jürgen Marten RECHTSPRECHUNG S. 28 01 Verfassungsrecht 02 Bürgerliches Recht Neue Justiz BVerfG: BGH: Zeitschrift für Rechtsetzung Zur Verfassungsmäßigkeit von Regelungen im Zum Moratorium für Altkredite früherer Treuhand- und Rechtsanwendung Schuldrechtsanpassungsgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 unternehmen (Bultmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 BVerfG: BGH: 54. Jahrgang, S. 1-56 Zur Verfassungsmäßigkeit des Finanzausgleichs- Zur Nichtigkeit eines im Zusammenhang mit gesetzes (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 einer Bestechung abgeschlossenen Architekten- vertrags (Mollnau) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 VerfGH Berlin: NJ 1/00 Gesetz zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe teilweise verfassungswidrig (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 BGH: Umwandlung von LPG in andere Rechtsform (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 I
In diesem Heft … BGH: BVerwG: Redaktion: Zusammenschluss von LPG unter Auflösung Keine Verletzung schützenswerter Rechtsposi- Rechtsanwältin Adelhaid Brandt ohne Abwicklung (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 tionen bei Aufhebung eines ablehnenden (Chefredakteurin) BGH: Restitutionsbescheids (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Barbara Andrä Zur Sittenwidrigkeit eines Vergleichs (Winkler) . . . 42 VG Dresden: Dr. Ralf Poscher BGH: Wirksamkeit von DDR-Verwaltungsakten (hier: Umgemeindungsbeschluss des Kreistags) Redaktionsanschrift: Ersatzansprüche wegen Bergschäden im Gebiet (Lühmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Anklamer Str. 32, 10115 Berlin der ehem. DDR (Vierhuß) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 VG Schwerin: Tel.: (030) 4 42 78 72/-73 BGH: Fax: (030) 4 42 53 14 Besitzschutzmoratorium, Sachenrechtsbereinigung Rechtsprechung des BVerfG zum Arbeitsrecht hinsichtlich MfS-Vorgängen vor 1970 auf e-mail: neuejustiz@aol.com und selbständiges Gebäudeeigentum nach LPG-G (Schramm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Beamtenverhältnis übertragbar (Ls.) . . . . . . . . . . . . 53 Internetadresse: BGH: http://www.nomos.de/nomos/ 05 Arbeitsrecht zeitschr/nj/nj.htm Einstweilige Kaufpreiszahlungspflicht bis zur Genehmigung des Grundstückskaufvertrags . . . . . 45 EuGH: Ausschluss geringfügig Beschäftigter von Erscheinungsfolge: einmal monatlich BGH: jährlichen Sonderzuwendungen als mittelbare Bezugspreis: Zur Verjährung von Zinsen aus Sicherungs- Diskriminierung wegen des Geschlechts Jahresabonnement 189,– DM, grundschulden (Ls.). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 (Weber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 inkl. MwSt., zzgl. Porto und Versand- BGH: BAG: kosten Beschwerde gegen Vorabentscheidung über Berücksichtigung von Tätigkeiten in der den Rechtsweg (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 DDR für Bewährungsaufstieg nach BAT-O Vorzugspreis: (gegen Nachweis) OLG Dresden: (Hantel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 für Studenten jährl. 50,– DM, Voraussetzungen für Verfügungsverbot im inkl. MwSt., zzgl. Porto und Versand- BAG: Wege einstweiligen Rechtsschutzes zugunsten kosten Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall des Restitutionsantragstellers (Fritsche). . . . . . . . . . 46 (hier: Mantel-TV in Systemgastronomie, neue Einzelheft: 16,50 DM, inkl. MwSt., LG Rostock: Bundesländer) (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 zzgl. Porto und Versandkosten Zur Haftung bei progressiver Kundenwerbung BAG: (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Bestellungen beim örtlichen Buch- Keine Anrechnung von Beschäftigungszeiten handel oder direkt bei der NOMOS nach BAT-O bei nicht überführten Teileinrich- Verlagsgesellschaft Baden-Baden. 03 Strafrecht tungen (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Abbestellungen bis jeweils LG Berlin: BAG: 30. September zum Jahresende. Zur strafrechtlichen Rehabilitierung bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Verurteilung durch sowjetisches Militärgericht (hier: Mantel-TV für Großbäckereien in Verlag, Druckerei, Anzeigenver- in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Meckl.-Vorp.) (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 waltung und Anzeigenannahme: Nomos Verlagsgesellschaft LAG Berlin: 04 Verwaltungsrecht Betriebsbedingte Kündigung bei Betriebsstill- Waldseestr. 3-5, 76530 Baden-Baden, Tel.: (0 72 21) 21 04-0 BVerwG: legung und Sozialauswahl (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Fax: (0 72 21) 21 04-27 Zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen LAG Berlin: im Sozialhilferecht (Flint). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Gegenstandswert einer Klage auf Entfernung Urheber- und Verlagsrechte: BVerwG: einer Abmahnung (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Die in dieser Zeitschrift veröffentlich- Keine erneute Anrufung des BVerfG zu Restitutions- ten Beiträge sind urheberrechtlich ausschluss bei Enteignungen auf besatzungs- geschützt. Das gilt auch für die veröf- hoheitlicher Grundlage (hier: wegen Eidesstatt- Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III fentlichten Gerichtsentscheidungen licher Versicherung von Prof. Dr. G. Krause) . . . . . 49 Aktuelle Buchumschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III und ihre Leitsätze; diese sind geschützt, BVerwG: Zeitschriftenübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX soweit sie vom Einsender oder von Zur Teilungsgenehmigung und zur Ermessens- der Redaktion erarbeitet und redigiert entscheidung einer Behörde (Otto) . . . . . . . . . . . . . . 50 worden sind. Kein Teil dieser Zeit- Jahresregister 1999 schrift darf ohne vorherige schriftliche BVerwG: Kein Restitutionsausschluss bei grundstücks- Zustimmung des Verlags verwendet übergreifender Bebauung, sofern schwere werden. Das gilt insbesondere für Ver- Nutzungskonflikte vermeidbar (Gruber) . . . . . . . . . 51 vielfältigungen, Bearbeitungen, Über- Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegt ein Prospekt setzungen, Mikroverfilmungen und BVerwG: der Nomos Verlagsgesellschaft bei. Wir bitten die Einspeicherung und Verarbeitung Zuführung von Stasi-Vermögensgegenständen freundlichst um Beachtung. in elektronischen Systemen. iSd EinigungsV bzw. der 4. DVO/TreuhG (Ls.) . . . 52 ISSN 0028-3231 Redaktionsschluß: 13. Dezember 1999 Beginnend mit dem Jahr 2000 wird auch die Neue Justiz die Regeln der neuen Rechtschreibung übernehmen. Dies macht sich insbesondere erforderlich, weil zwischenzeitlich nicht nur nahezu alle deutschen Zeitungen und Zeitschriften in »Neu-Deutsch« schreiben, sondern mittlerweile auch zahlreiche Gerichte, deren Entscheidungen wir in einem nicht unbeträchtlichen Umfang in unserer Zeitschrift publizieren, zur neuen Rechtschreibung übergegangen sind. Da wollten wir denn Neue Justiz Zeitschrift für Rechtsetzung doch nicht zurückstehen. und Rechtsanwendung 54. Jahrgang, S. 1-56 NJ-Abonnentenservice: Die Volltexte der kommentierten und im Leitsatz abgedruckten Entscheidungen können Sie in der Redaktion unter Angabe der Registrier-Nummer kostenlos bestellen. Fax (0 30) 4 42 53 14 NJ 1/00 II
TERMINE AKTUELLE BUCHUMSCHAU Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Uni- Ralf Poscher (Hrsg.) versität Jena veranstaltet aus aktuellem Anlass am 14. und 15. Januar Der Verfassungstag 2000 zusammen mit dem Hellmuth-Loening-Zentrum für Staats- Reden deutscher Gelehrter zur Feier der Weimarer Reichsverfassung wissenschaften Jena e.V. eine Fachtagung zu dem Thema Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1999 »Rechtsfragen zum Atomausstieg«, 256 S., brosch., 78,– DM auf der namhafte Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft ISBN 3-7890-6334-7 referieren werden. In den Reden zum Jahrestag der Unterzeichnung der Verfassung legten Tagungsort: Aula der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Hauptgebäude, vornehmlich republikanisch gesinnte Redner ein Zeugnis für den häu- Fürstengraben 1, 07743 Jena fig geschmähten Staat ab. Der Band enthält neben einer Einführung in Tagungsgebühr: 50 DM die Thematik 15 ausgewählte Reden prominenter Professoren (u.a. Anmeldung und weitere Informationen: Friedrich-Schiller-Universität, Gustav Radbruch, Ernst Cassirer, Herrmann Heller, Friedrich Meinecke) Prof. Dr. Walter Bayer, Carl-Zeiß-Str. 3, 07743 Jena. Tel.: (03641) 942- und lässt sich daher als Lesebuch zum republikanischen Bildungs- 140, Fax: (03641) 1942-142; e-mail: w.bayer@recht.uni-jena.de, Internet: bürgertum der Weimarer Republik betrachten. http://www.recht.uni-jena.de Hans-Georg Kluge/Boris Wolnicki * Verfassungsgericht des Landes Brandenburg Die Evangelische Akademie Bad Boll veranstaltet vom 21. bis 23. Nomos Verlagsgesellschaft, 2. Aufl., Baden-Baden 1999 Januar 2000 in Zusammenarbeit mit der Deutschen Vereinigung für 378 S., geb., 78,– DM Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen (DVJJ) e.V. und dem Verein ISBN 3-7890-6413-0 für Recht und Gesellschaft e.V. eine Tagung zu dem Thema Der Band dokumentiert die Entwicklung des Landesverfassungs- »Jugend und (ihr) Recht. gerichts von 1995 bis heute und seine – teilweise bundesweit aufsehen- Jugendrechtshäuser und andere Angebote«. erregende – Rechtsprechung. Der Abschnitt über die Verfassungsrich- terinnen und -richter, die Leitsatzzusammenstellung und die im »Die Kriminalität von Kindern und Jugendlichen nimmt unaufhörlich Anhang abgedruckten Rechtsgrundlagen befinden sich sämtlich auf zu. Viele haben kein Gefühl oder Bewusstsein für Recht oder Unrecht.« dem aktuellen Stand. Solche Aussagen werden immer wieder in der Öffentlichkeit gemacht. Sind das bedenkliche Übertreibungen? Wie soll man auf unerwünsch- Rainer Schröder (Hrsg.) tes oder kriminelles Verhalten angemessen und wirksam reagieren? Was leistet das Strafrecht? Was können Jugendrechtshäuser und Zivilrechtskultur der DDR andere Angebote erreichen, was Schulunterricht und Erziehungs- Band 1 berechtigte? Duncker & Humblot, Berlin1999 Diesen Fragen will die Tagung nachgehen. Eingeladen sind: Fachleute 585 S., brosch., 128,– DM aus Schule sowie Jugend- und Sozialarbeit, aus Polizei und Rechts- ISBN 3-428-09742-4 pflege, aus Erziehungs- und Sozialwissenschaft und Kriminologie. Der vorliegende Band entstand im Kontext des Forschungsprojekts Tagungsbeitrag: 105 DM; Unterkunft und Verpflegung (Vollpension) »Zivilrechtskultur in der DDR«. Wie in dem demnächst erscheinenden je nach Zimmerausstattung 100 bis 200 DM Band 2 und dem Tagungsband »Normalität oder Herrschaft« werden Anmeldung und weitere Informationen: Evangelische Akademie Bad die Rahmenbedingungen der Justiz in der DDR dargestellt. Geklärt Boll, Akademieweg 11, 73087 Boll. Tel.: (01764) 79-0, Fax: (07164) 79- werden soll, ob es eine »Normalität« von Konflikten und ihren 440. Lösungen in der DDR gab, ob und wie sich die Ideologie in der Zivilrechtspraxis auswirkte, wie sich das Zivilrecht innerhalb und * außerhalb von Gerichtsverfahren verwirklichte und welche Vorstel- lung von Konflikten der Prozesstheorie und -praxis der DDR zugrunde Das Kommunale Bildungswerk e.V. veranstaltet im Februar 2000 in lag. Berlin folgende Spezialseminare: »Die Vorschriften der Gesamtvollstreckungsordnung und Konkursordnung nach dem In-Kraft-Treten der Insolvenzordnung« Felix Herzog Schwerpunkte: Rechtspflege – Sache des ganzen Volkes? • Anwendung der InsO als Mittel zur Ausfüllung von Regelungslücken Studien zur Ideologie und Praxis der Gesellschaftsgerichte in der DDR der GesO mit dem Schwerpunkt der nachbarschaftlichen Sozialkontrolle durch • Wirkungen der Rückschlagsperren gegenüber Zwangsvollstreckungs- die Schiedskommissionen in den Wohngebieten maßnahmen nach § 7 Abs. 3 GesO und § 88 InsO Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1999 • Gläubigervorrechte in der GesO und in der InsO, insbesondere auch 224 S., brosch., 68,– DM Behandlung öffentlich-rechtlicher Ansprüche ISBN 3-7890-6210-3 • Beendigung des Verfahrens bei Masselosigkeit und Masseunzuläng- Stellten die Gesellschaftsgerichte in der DDR ein beachtenswertes lichkeit nach alten und nach neuem Recht Modell des Umgangs mit Bagatellkriminalität dar? Unter Berücksichti- • Behandlung verspätet angemeldeter Forderungen nach § 14 GesO gung der politischen Lenkung, ideologischen Einbindung und Instru- und nach § 177 InsO mentalisierung durch den sozialistischen Staat erlaubt die Unter- Dozent: Dipl.-Rpfl. Ulrich Keller suchung eine differenzierte Einschätzung der vor der Wende auch im Termin: 17. bis 18.2.2000 Westen viel diskutierten Einrichtungen. »Besonderheiten des Grundstücks- und Grundbuchrechts der neuen Bundes- länder – Grundlagen des Überleitungsrechts mit aktueller Rechtsprechung« Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Schwerpunkte: Zivilprozeßordnung • Grundsätze der Grundstücksnutzung nach dem Recht der DDR mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderen Nebengesetzen • Die Überleitung des Grundstücksrechts C. H. Beck Verlag, 58., neubearb. Aufl., München 1999 • Abwicklung der Bodenreform 2.769 S., in Leinen, 238,– DM • Grundzüge des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes ISBN 3-406-45600-6 • Überleitungsrecht zur Grundstücksnutzung Der Kommentar erfasst und erläutert alle aktuellen Gesetzesänderun- • Grundzüge des MeAnlG und des AnpflEigentG gen sowie wichtige, neuste Rechtsprechung und Lehre. Der Gesetzes- Dozent: Dipl.-Rpfl. Ulrich Keller stand entspricht Okt. 1999, teilweise Anfang 2000. Abgedruckt ist Termin: 24. bis 25.2.2000 bereits der Entwurf des Gesetzes zur Reform der Präsidialverfassung der Seminargebühr: je 280 DM Gerichte v. 23.3.1999. Aktuell behandelt werden u.a. neueste Fragen Weitere Informationen: Kommunales Bildungswerk e.V., Büro Steinbeis- der Anwaltshaftung, Computerfax und digitale Unterschrift des Zentrum, Gürtelstr. 29 a/30, 10247 Berlin. Tel.: (030) 293350-0, Anwalts, das neueste Case law zur Wiedereinsetzung, Versäumnis und Fax: (030) 293350-39. Fax-Abruf aktueller Programminformationen Verkehrsstau, Rechtsberatung über Hotline und die Kritik des BVerfG unter (030) 522942-00 00 00. Internet: http://www.kbw.de zur Zweitschuldnerhaftung. Neue Justiz 1/2000 III
Peter Bülow Michael H. Korinth Recht der Kreditsicherheiten Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren Sachen und Rechte, Personen Kommentierung der §§ 916-945 ZPO C. F. Müller Verlag, 5., neubearb. u. erw. Aufl., Heidelberg 1999 mit Antrags- und Klagemustern für die Arbeitsrechtspraxis 569 S., geb., 178,– DM Rudolf Haufe Verlag, Freiburg 1999 ISBN 3-8114-9916-5 476 S., Hardcover und CD-ROM, 128,– DM Die Neuauflage des Lehrbuchs erfasst die jüngsten Entwicklungen des ISBN 3-448-03996-9 Kreditsicherungsrechts, insbesondere zur Übersichtsproblematik in Der in der Reihe »Berliner Praxiskommentare« erschienene Band bietet der Sicherungstreuhand und zum Bürgschaftsrecht. Darüber hinaus eine umfassende und praxisgerechte Kommentierung des einstweiligen wurden die gesetzlichen Kreditsicherungstypen, Pfandrechte an Rechtsschutzes im Arbeitsrecht. Enthalten sind eine Vielzahl von Mus- unbeweglichen und beweglichen Sachen sowie an Rechten, einfacher tern, Beispielen und taktischen Hinweisen. Im Anhang finden sich die Eigentumsvorbehalt, Bürgschaft, die kautelarischen Kreditsicherun- Streitwerttabelle sowie Auszüge aus dem Arbeitsgerichts- und dem gen sowie die Probleme der Sicherungskollisionen auf den neuesten BetriebsverfassungsG. Die beiliegende CD-ROM mit Prozesskosten- Stand von Rechtsprechung und Literatur gebracht. Eingearbeitet sind Rechner erlaubt eine schnelle und bequeme Übernahme der Antrags- ferner das neue Insolvenzrecht und kreditsicherungsrechtliche Bezüge und Klagemuster für die eigene Textverarbeitung. des VerbrKrG. Harald Hess Horst Müller Insolvenzgeld Praktische Fragen des Wohnungseigentums Kommentierung der §§ 183 ff. SGB III C. H. Beck Verlag, 3., völlig neubearb. Aufl., München 1999 C. F. Müller Verlag, Heidelberg 1999 558 S.,kart., 86,– DM 222 S., geb., 49,80 DM ISBN 3-406-45699-5 ISBN 3-8114-9949-1 Die Neuauflage machte sich vor allem aufgrund der Rechtspre- Mit dem In-Kraft-Treten der InsO am 1.1.1999 hat der Gesetzgeber die chungsentwicklung in ganz wesentlichen Fragen des Wohnungs- Bedeutung des Insolvenzgeldes erheblich erweitert und in den §§ 183 ff. SGB III vollständig neu geregelt. Der Band enthält eine aus- eigentums erforderlich. Sie konzentriert sich auf die bis Ende 1998 führliche und praxisorientierte Kommentierung der neuen Insolvenz- veröffentlichte höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtspre- geldvorschriften und wendet sich in erster Linie an Insolvenzverwal- chung, teilweise auch auf weiterführende jüngere Entscheidungen, ter, Mitarbeiter des Arbeitsamtes, Gewerkschaften und Betriebsräte. und sichert das schnelle Auffinden der zentralen Entscheidungen Die Kommentierung berücksichtigt die Literatur, die in der Übergangs- durch Angabe der Fundstellen in den weit verbreitetsten Zeitschriften. zeit von der Konkurs- und VergleichsO zur InsO erschienen ist. H. Diemer/A. Schoreit/B.-R. Sonnen Sozietätsrecht Jugendgerichtsgesetz Handbuch für rechts-, steuer- und wirtschaftsberatende Gesellschaften Kommentar C. H. Beck Verlag, München 2000 C. F. Müller Verlag, 3., neubearb. Aufl., Heidelberg 1999 620 S., in Leinen, 158,– DM 1.134 S., geb., 178,– DM ISBN 3-406-40103-1 ISBN 3-8114-9901-7 Die praxisnahe Darstellung dieses neuen Handbuchs informiert über Die Neuauflage bringt den Kommentar wieder auf den neuesten Stand. die gesellschafts- und steuerrechtlichen Grundlagen der Gesellschafts- Rechtsprechung einschließlich nicht veröffentlichter Entscheidungen typen, erläutert die konkreten Vor- und Nachteile der einzelnen Rechts- des BGH und Literatur sind bis März 1999 eingearbeitet. Im Anhang formen und ermöglicht die Optimierung bestehender Sozietätsver- finden sich die einschlägigen Nebenvorschriften mit den seit dem träge. Das Handbuch beinhaltet u.a. die Gesellschaft bürgerlichen 1.8.1994 geltenden Richtlinien zum JGG und der Neufassung des SGB Rechts, die Partnergesellschaft, die Gesellschaft mit beschränkter Haf- VIII v. 8.12.1998. Wie bisher erhöhen Tenorierungsvorschläge und tung, den Rechtsformwechsel und das Berufsrecht. Tabellen, eine übersichtliche Gliederung und ein ausführliches Stich- wortverzeichnis den praktischen Nutzen des Werkes. Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.) Jahrhundertwenden 1000 – 2000. Rückblicke in die Zukunft Hans-Werner Reinfried Landesausstellung im Karlsruher Schloss vom 11.12.1999 bis 7.5.2000 Mörder, Räuber, Diebe … Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1999 Psychotherapie im Strafvollzug 368 S., brosch., 39,– DM. ISBN 3-7890-6315-0 problemata 142 Jahrhundertwenden sind Brennspiegel des Denkens zurück und Friedrich Frommann Verlag • Günther Holzboog, Stuttgart1999 voraus, Rückblicke und Zukunftsblicke in einem. Inwieweit sie dies 316 S., brosch., 48,– DM. ISBN 3-7728-1997-4 schon immer waren, ist Thema der Ausstellung und dieses reichhaltig Der Autor beschreibt anhand von 35 kommentierten Fallbeispielen illustrierten Begleitbandes. Neben einführenden Essays von bekannten anschaulich psychotherapeutische Prozesse in geschlossenen und Autoren enthält der Band elf Abschnitte zu allen Jahrhundertwenden offenen Strafanstalten. Er stellt die Ursachen von Delikten, Ansatz- seit dem Jahre 1000. möglichkeiten therapeutischen Handelns sowie die Schwierigkeiten psychosozialer Therapie im Strafvollzug dar. Das Buch vermittelt keine einfachen Rezepte, sondern kann zu eigenen pragmatischen und der Weitere Neuerscheinungen: Realität verpflichteten Lösungen bei der therapeutischen Arbeit mit Gefangenen beitragen. Zur Bedeutung der Landesgrundrechte Materielle und prozessuale Probleme der Grundrechte in den deutschen Michael Kittner/Wolfgang Däubler/Bertram Zwanziger Landesverfassungen. Von Eric Tjarks. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1999. 180 S., brosch., 58,– DM. ISBN 3-7890-6153-0. Kündigungsschutzrecht Kommentar für die Praxis zu Kündigungen und anderen Formen Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts der Beendigung von Arbeitsverhältnissen Band 4: Aktiengesellschaft. Hrsg. von M. Hoffmann-Becking. C. H. Beck Bund-Verlag, 4., überarb. u. akt. Aufl., Frankfurt/M. 1999 Verlag, 2., Aufl., München 1999. 1.316 S., in Leinen, 268,– DM. 2.000 S., geb., 198,–DM. ISBN 3-7663-2579-5 ISBN 3-406-37063-2. Der Kommentar informiert über alle Vorschriften, die sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beziehen. Im Vordergrund steht Arbeitsrecht dabei der Kündigungsschutz, aber auch Befristung, Abfindung und Ratgeber für Beruf, Praxis und Studium. Von Wolfgang Däubler. Bund- Aufhebungsvertrag werden eingehend behandelt. Das in weiten Teilen Verlag, 2., aktual. Aufl., Frankfurt/M. 1999. 344 S., kart., 29,90 DM. grundlegend überarbeitete Werk stellt die Vielzahl der Vorschriften und ISBN 3-7663-2954-5. die umfangreiche Rechtsprechung übersichtlich dar. Die neueste Gesetzgebung ist ebenso eingearbeitet wie die aktuelle Rechtsprechung des BAG und der Instanzgerichte. (ausführliche Rezensionen bleiben vorbehalten) IV Neue Justiz 1/2000
Neue Justiz Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung Chefredakteurin: Rechtsanwältin Adelhaid Brandt Anschrift der Redaktion: Anklamer Straße 32 • 10115 Berlin • Tel. (030) 4427872/73 • Fax (030) 4425314 • e-mail: neuejustiz@aol.com 100 54. Jahrgang • Seiten 1-56 Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR Christoph Schaefgen, Generalstaatsanwalt a.D., Leiter der Zentralstelle zur Unterstützung der historischen Aufarbeitung des DDR-Unrechts, Berlin Am 30.9.1999 hat die Staatsanwaltschaft II bei dem Landgericht Berlin, die 1. mit dem Vorgehen der Angehörigen des MfS gegen sog. Verräter und für alle Ermittlungen zur sog. Regierungs- und Vereinigungskriminalität Feinde der DDR vor oder außerhalb eines justizförmigen Verfahrens, zuständig war, ihre Arbeit beendet. Der Autor zieht Bilanz und geht der Frage 2. mit dem Verhalten der Justiz gegenüber »inneren und äußeren Fein- nach, ob das mit der Strafverfolgung angestrebte Ziel erreicht worden ist und den« in politischen Prozessen und die Tätigkeit der Justiz dem Prozess der deutschen Einheit förderlich war.* 3. mit den Gewalttaten – den Tötungsverbrechen – an der früheren innerdeutschen Grenze. Weitere Vorhaben und Geschehnisse waren insbesondere auch: I. Ausgangslage und Gesamtüberblick – Misshandlung von Häftlingen in Strafanstalten, die zwar nicht syste- matisch erfolgten, deren Verfolgung aber gezielt verhindert wurde, Zehn Jahre nach dem Ende der SED-Diktatur steht die Strafverfolgung – das System der Häftlingsfreikäufe, von in der DDR begangenem, staatlich gelenktem und begünstigtem – Übergriffe von Polizei und MfS auf Demonstranten am 7./8.10.1989, – Zwangsaussiedlungen von DDR-Bürgern aus den Grenzgebieten 1952 Unrecht vor dem Abschluss. Nur noch wenige der eingeleiteten und 1961, Ermittlungsverfahren befinden sich in der staatsanwaltschaftlichen – Zwangsadoptionen, Bearbeitung. Neue Ermittlungsverfahren in nennenswertem Umfang – die geplante Einrichtung von Internierungslagern für politisch miss- sind seit 1999 nicht mehr eingeleitet worden. Es ist äußerst unwahr- liebige Personen, – die Niederschlagung des Aufstandes am 17.6.1953, scheinlich, dass aus dem noch nicht erschlossenen Archivmaterial in – der Einmarsch der Nationalen Volksarmee in die CSSR am 21.8.1968, der Gauck-Behörde unbekannte Staatspraktiken mit strafrechtlicher – die staatlich gelenkte Vergabe von anabolen Substanzen vorwiegend an Relevanz zum Vorschein kommen. Was strafrechtlich noch zu erledi- jugendliche und heranwachsende Leistungssportler ohne medizinische gen ist, befindet sich zum größten Teil jetzt im Zuständigkeitsbereich Indikation und Aufklärung über die Wirkungen, – Wahlfälschungen, der Gerichte. – Versorgungskriminalität der Nomenklaturkader und das Geschäfts- Wie sah die Hinterlassenschaft der DDR aus, mit der sich die bun- gebaren der Kommerziellen Koordinierung unter Leitung von Schalck- desrepublikanische Strafjustiz seit dem 3.10.1990 zu beschäftigen hatte? Golodkowski. Es waren in erster Linie die systembedingten und deshalb auch Nach dem Stand von Anfang 1999 sind etwa 62.000 Ermittlungsver- systematisch vorgenommenen Menschenrechtsverletzungen, die in fahren bundesweit gegen ungefähr 100.000 Beschuldigte eingeleitet die strafrechtlichen Kategorien des Mordes, des Totschlags, der Kör- worden. Davon wurden bisher nur etwa 300 Personen rechtskräftig perverletzung, der Freiheitsberaubung einzuordnen waren. Es waren verurteilt. die Vorkommnisse, die 1961 zur Errichtung der Zentralen Erfassungs- Für Berlin, das die Hauptlast zu tragen hatte und auch die größte stelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter Anlass gaben und die Zahl von Verfahren eingeleitet hatte, nämlich über 20.000, ergibt sich zur Aufnahme von Ermittlungen führten, weil sie nach hiesigem mit Stand 31.8.1999 folgende Gesamtübersicht: Rechtsverständnis strafbares Staatsunrecht waren. Eingänge 21.553 Die DDR war kein Rechtsstaat, sondern eine Diktatur, in der es Erledigungen 21.452 verfassungsrechtlich geschützte Grundrechte, Abwehrrechte gegen Anklagen 419 den Staat, nicht gab. Zur Durchsetzung ihrer Ziele bedienten sich die Einstellungen 21.033 Herrschenden der Institutionen, durch die das staatliche Gewalt- offene Verfahren 101 monopol seinen Ausdruck findet, der Justiz, der Polizei (auch der Geheimpolizei) und des Militärs. Demgemäß beschäftigten wir uns * Wesentlich gekürzte Fassung eines Vortrages, den der Autor am 29.11.1999 an vorwiegend der Hermann-Ehlers-Akademie in Kiel gehalten hat. Neue Justiz 1/2000 1
Aufsätze Schaefgen, Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR Im Bereich: Grenze, Justiz, MfS,* Sonstige Bereiche missliebigen Journalisten, die mundtot gemacht werden sollten, Gesamtzahl der – vorwiegend aus dem Westteil Berlins nach Ostberlin – in der Zeit a) Anklagen (und Strafbefehle) 347 von 1949 bis 1964 wurde vom MfS generalstabsmäßig vorbereitet. b) angeklagten Personen 613 Es wurden Festnahmepläne entwickelt, die auch den Segen der c) rechtskr. verurteilten Personen 171 Hausspitze des MfS hatten. davon zu Freiheitsstrafe 24 Das MfS kannte drei verschiedene Methoden der Entführungen: zu Freiheitsstrafe mit Bewährung 136 Entweder wurden die Opfer unter einem Vorwand – meist unter Ein- zu Geldstrafen 11 schaltung von Verwandten und Freunden – in Grenznähe oder in die * Straftaten im Bereich Grenze, Justiz und MfS aufgeschlüsselt jeweils unter II. bis IV. DDR gelockt oder sie wurden durch Verabreichung von Betäubungs- mitteln in Kaffee oder Weinbrand handlungsunfähig gemacht und Sonstige Bereiche (u.a. Wahlfälschungen, Doping) Stand: 24.9.1999 dann mit einem Auto in den Osten gebracht oder sie wurden zusammengeschlagen und dann im Kofferraum von Autos in die DDR Anklagen 29 verbracht. Uns beschäftigten mehr als 500 derartiger Fälle. davon insgesamt 11 3 wegen Wahlfälschung (W) An strafwürdig erscheinenden innerstaatlichen Maßnahmen zur abgeschlossen 5 wegen Doping (D) angeklagte Personen 49 Bekämpfung von sog. negativ-feindlichen Kräften sind die seit Anfang davon rechtskräftig der 50er Jahre vom MfS organisierte flächendeckende Überwachung abgeschlossen gegen 22 davon 3 W, 15 D des Fernsprech-, Brief- und Paketverkehrs und das Anbringen von davon: Abhöranlagen zu erwähnen. rechtskräftig Verurteilte 13 davon 3 W, 8 D Was die Postkontrolle betrifft, so diente diese nicht nur der nach- zu Freiheitsstrafe mit Bewährung 4 davon 1 W, 2 D Geldstrafe 9 davon 2 W, 6 D richtendienstlichen Kontrolle der Denk- und Handlungsweise der Einstellung nach § 153 a StPO 5 D Bürger der DDR. Den Mitarbeitern des MfS nur intern kundgetane Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO 1 Zielstellung war auch die Stärkung der Volkswirtschaft der DDR. Darin rechtskräftige Freisprüche 3 lag die Aufforderung, Geld und Wertgegenstände aus Briefen und Paketen im grenzüberschreitenden Postverkehr unter dem juristischen Vorwand, deren Ein- oder Ausfuhr verstoße gegen devisen- und zoll- II. Straftaten von Angehörigen des MfS rechtliche Bestimmungen, zu entnehmen. Diese wurden verwertet und der Erlös dem Staatshaushalt zugeführt, ohne dass der Absender 1. Mittel und Methoden des MfS oder der vorgesehene Empfänger der Sendung vorher gehört oder auch nur unterrichtet wurden. Die Postsendungen wurden vernichtet, Das MfS schreckte vor nichts zurück, um Personen, die aus seiner alle Spuren beseitigt. Sicht der DDR geschadet haben oder noch gefährlich werden Wie wenig diese Praxis den Schutz der Rechtsordnung der DDR im konnten, auszuschalten. Hierzu wurden Pläne geschmiedet, die auf Auge hatte und wie stark der fiskalische Effekt der Aktion im Vorder- vorausgegangenen Beobachtungen der Lebensweise, des Umfeldes grund stand, macht der Umstand deutlich, dass auch fehlgeleitete und von Besonderheiten in der Person des Opfers beruhten, an deren Postsendungen, also Sendungen, die offensichtlich nur irrtümlich in Ausarbeitung viele Angehörige des MfS beteiligt waren und mit den Postverkehr der DDR gelangt waren, grundsätzlich aufgrund deren Durchführung sich die Leitung des Ministeriums einverstan- höchster Anordnung dem Postverkehr entzogen und der Verwertung den erklärt hatte. des Inhalts zugeführt wurden. Allein zwischen 1984 und 1989 ver- Ein Beispiel: Im Jahre 1975 flüchtete der NVA-Soldat Werner Weinhold schaffte sich die DDR durch die Plünderung von Postsendungen rund in die Bundesrepublik, nachdem er zwei DDR-Grenzsoldaten getötet 32 Mio. DM. hatte. Weinhold ist deswegen durch ein Gericht der Bundesrepublik Die subtilsten aber auch perfidesten Formen und Methoden staat- verurteilt worden. Ungeachtet dessen wurden im MfS in einem Ope- lichen Terrors, um oppositionelle Bewegungen schon im Keim zu rativvorgang mit der Bezeichnung »Terrorist« Pläne geschmiedet, ersticken, hatte das MfS in seiner Richtlinie Nr. 1/76 entwickelt. Sie Weinhold in der Bundesrepublik umzubringen. In einer sog. Realisie- regelte die Anwendung von Maßnahmen der Zersetzung, deren rungskonzeption, die verschiedene Alternativen zur Erreichung dieses Ziel »die Zersplitterung, Lähmung, Desorganisierung und Isolierung Ziels aufführte, hieß es u.a.: feindlich gesinnter negativer Kräfte« war.2 Als »bewährte anzuwendende Formen der Zersetzung« galten: »Habhaftwerden des ›Terrorist‹ und Vortäuschung eines Selbstmordes …« oder – die systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, des Anse- »Habhaftwerden des ›Terrorist‹ durch Erschießen mittels einer Hand- hens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener feuerwaffe Beretta – schallgedämpft – auf dem Anmarschweg Wohnung– wahrer, überprüfbarer und diskreditierender sowie unwahrer glaub- Arbeitsstelle und nachfolgende Beseitigung von Spuren zu dieser Hand- hafter nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender lungsweise …« Angaben, – die systematische Organisierung beruflicher und gesellschaftlicher In einem Plan zur »Liquidierung« eines bestimmten ehem. Mitarbei- Misserfolge zur Untergrabung des Selbstvertrauens einzelner Personen ters des MfS, der in die Bundesrepublik geflüchtet war, ist zu lesen: – die zielstrebige Untergrabung von Überzeugungen im Zusammenhang mit bestimmten Idealen, Vorbildern usw. und die Erzeugung von Zwei- »Das Gelände ist geeignet, den ›Verräter‹1 unschädlich zu machen und feln an der persönlichen Perspektive, ihn entweder im Teich zu versenken oder, wenn erforderlich, von dort – das Erzeugen von Misstrauen und gegenseitigen Verdächtigungen aus weiter zu transportieren.« bzw. innerhalb von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen. »Bedingt durch das starke Körpergewicht des (Verräters) und andere für eine Rückführung ungünstige Faktoren wird vorgeschlagen, die für ihn vorgesehene Strafe unmittelbar an seinem jetzigen Wohnort zu vollzie- hen und ihn physisch zu vernichten.« Mehr als 50 derartiger Fälle sind bekannt geworden. 1 An dieser Stelle stehen im Originaltext statt des Wortes »Verräter« die Namen der Auch die Entführung/Verschleppung von Agenten westlicher zu liquidierenden Personen. 2 J. Fuchs, Unter Nutzung der Angst. Die »leise« Form des Terrors – Zersetzungs- Geheimdienste, aber auch von Angehörigen des Untersuchungsaus- maßnahmen des MfS in Publikationen des BStU, in: Schriftenreihe BF informiert schusses freiheitlicher Juristen, von politischen Flüchtlingen und 2/1994, S. 4 ff. 2 Neue Justiz 1/2000
Schaefgen, Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR »Bewährte Mittel und Methoden der Zersetzung« waren: III. DDR-Justizunrecht – das Heranführen bzw. der Einsatz von IM, legendiert als Kuriere der Zentrale, Vertrauenspersonen des Leiters der Gruppe, übergeordnete In der DDR wurden schätzungsweise 150.000 bis 200.000 Menschen Personen, Beauftragte von zuständigen Stellen aus dem Opera- aus politischen Gründen verurteilt und eingesperrt.4 In 72 Fällen tionsgebiet, andere Verbindungspersonen usw.; wurde die Todesstrafe verhängt und in 52 Fällen vollstreckt.5 – die Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, Telegramme, Telefonanrufe usw., kompromittierender Fotos, z.B. von stattgefunde- Die Justiz der DDR war qualitativ etwas ganz anderes als das nen oder vorgetäuschten Begegnungen; Justizwesen neuzeitlicher zivilisierter Staaten.6 Sie war nach Absicht, – die gezielte Verbreitung von Gerüchten über bestimmte Personen einer Selbstverständnis und tatsächlicher Funktion das Instrument der Gruppe, Gruppierung oder Organisation. herrschenden Partei – der SED – für die Verwirklichung ihrer politi- Diese Handlungsanweisung war keine abschließende Regelung. In der schen Ziele. Die Richter waren Parteifunktionäre. Richtlinie hieß es vielmehr: Waren es in den Anfangsjahren Einzelweisungen der Partei, so »Diese Mittel und Methoden sind entsprechend den konkreten Bedin- waren es später – verfassungsrechtlich vorgesehene – Richtlinien und gungen des jeweiligen operativen Vorgangs schöpferisch und differen- Beschlüsse des Präsidiums des Obersten Gerichts aber auch mit dem ziert anzuwenden, auszubauen und weiter zu entwickeln.« Generalstaatsanwalt der DDR und dem ZK der SED (Abteilung Staat Nach dieser Richtlinie ist das MfS tausendfach vorgegangen. Durch und Recht) abgestimmte – nicht veröffentlichte, geheime – Orientie- diese »leise Form des Terrors«3 sind menschliche Bindungen und rungen, die Anspruch auf Verbindlichkeit erhoben und den Richtern Menschen seelisch zerstört und psychische Verwüstungen angerichtet das Handeln vorgaben. In Schulungsveranstaltungen für Leitungs- worden. kräfte der Justiz wurde kein Hehl daraus gemacht, dass in der Rechts- verwirklichung das Primat der Politik zu gelten hat. 2. Strafrechtliche Ahndung Markante Stationen dieser 40-jährigen nicht an Wahrheit und Gerechtigkeit orientierten, von der SED gesteuerten und instrumen- Subsumierbar sind die Repressionsmaßnahmen des MfS, die unterhalb talisierten Strafjustiz, die sich durch den undurchsichtigen Begriff der eines Eingriffs in Leben, Gesundheit und Freiheit liegen, allenfalls »sozialistischen Gesetzlichkeit« ein fadenscheiniges juristisches Män- unter die im Recht der Bundesrepublik als Privatklage- und Antrags- telchen umhängte, waren: delikte klassifizierten Tatbestände der Beleidigung, der üblen Nach- – die sog. Waldheimer Prozesse, in denen innerhalb von vier Mona- rede, der Sachbeschädigung, des Hausfriedensbruchs und der Verlet- ten durch von der SED ausgesuchte Richter und Staatsanwälte mehr zung des Briefgeheimnisses. Aus dem Strafrahmen – bis zu einem Jahr als 3.400 Menschen unter Missachtung aller elementaren Verfah- Freiheitsstrafe – wird schon deutlich, dass diese Straftatbestände das rensrechte im Viertelstundentakt zu schwersten Strafen – in 32 Fäl- von Staats wegen auf die Zerstörung von Persönlichkeiten und len zum Tode – verurteilt wurden,7 beruflichen Existenzen angelegte gravierende und massenhafte – die nach stalinistischem Vorbild in den 50er Jahren durchgeführten Unrecht nicht wirklich abdecken und deshalb nur als »Lückenfüller« Schau- und Geheimprozesse zur Säuberung des Staats- und Partei- angewandt werden können. Der Totalitarismus der Gewaltherrschaft apparats, aber auch Prozesse gegen Wirtschaftsfunktionäre und wird auf einzelne konkrete Handlungen reduziert, auf das Maß, auf das Manager privatwirtschaftlicher Unternehmen, Handwerker und das normale Strafrecht angelegt ist. Es ist nicht auszuschließen, dass Bauern, die der Umgestaltung von Staat und Gesellschaft im Wege die Opfer vor der Ohnmacht des Rechtsstaates kapituliert und deshalb standen. Der Ahndung dieser sehr lange zurückliegenden eklatan- die erforderlichen Strafanträge kaum gestellt haben. ten Justizverbrechen stehen, wie wir jetzt feststellen müssen, die Anklagen und Urteile hat es kaum gegeben, weil es unter Beweis- Gesetze der Biologie – Tod und Verhandlungsunfähigkeit – häufig gesichtspunkten schwierig ist, diese Handlungsweisen einzelnen entgegen, Personen auf der Ebene der Befehlsgeber zuzuordnen und weil den – die Aburteilung von Regimegegnern und Abweichlern als »Agenten Untergebenen der Schuldausschließungsgrund des Handelns auf des Monopolkapitalismus«, aber auch vermeintlichen und Spionen Befehl zugute kam. im klassischen Sinne, die in vielen Fällen zu überaus harten Frei- heitsstrafen und auch zum Tode verurteilt worden sind, Straftaten des MfS Stand: 24.9.1999 – Strafprozesse gegen Angehörige der studentischen, religiösen und intellektuellen Opposition, Anklagen 69 – nach dem Mauerbau, vorwiegend nach der Unterzeichnung der davon insgesamt abgeschlossen 45 davon 8 gegen Inhaber hoher KSZE-Schlussakte von Helsinki 1975 die Verfahren gegen flucht- Dienstränge des MfS willige DDR-Bürger, gegen Fluchthelfer und Ausreiseantragsteller; durch Verbindung 3 davon 1 gegen Inhaber eines hohen Dienstranges zahlenmäßig stellen sie den größten Anteil der Ermittlungsverfah- angeklagte Personen 99 (Mehrfach angekl. Personen sind ren wegen Rechtsbeugung. nur einmal aufgeführt, wenn die Verfahren zusammengeführt worden sind.) Die strafrechtliche Aufarbeitung von Justizunrecht in der DDR stellt davon rechtskräftig sich statistisch wie folgt dar: abgeschlossen gegen 67 davon 6 Inhaber hoher Dienst- ränge des MfS davon: rechtskräftig Verurteilte 25 3 J. Fuchs, ebenda. zu Freiheitsstrafe 1 4 A. Märker, Psychische Folgen politischer Inhaftierung in der DDR, in: Politik und zu Freiheitsstrafe mit Bewährung 22 davon 1 x hoher Dienstrang, Zeitgeschichte B 38/95, S. 30; F. Werkentin, Politische Strafjustiz in der Ära 1 Jugendstrafe Ulbricht, Berlin 1995, S. 13, hält Schätzungen, die von 200.000 bis 250.000 zu Geldstrafe 1 Opfern ausgehen, nicht für übertrieben. Verwarnung 1 5 F. Werkentin, in: Justiz im Dienste der Parteiherrschaft, Berlin 1999, S. 184; K.-W. Fricke, Politik und Justiz, Köln 1990, S. 525. Die Zahl der bis heute bewie- Einstellung nach § 153 a StPO 1 senen Todesurteile beläuft sich auf mindestens 205 – vgl. Fricke, Politische Einstellung nach § 153 StPO 4 davon 1 x hoher Dienstrang Strafjustiz im SED-Staat, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (Beilage zur Wochen- Einstellung (Verfahrenshindernis) 4 zeitung »Das Parlament«, B 4/93 v. 22.1.1993, S. 22), vollstreckt wurden mindes- rechtskräftige Freisprüche 21 davon 1 x hoher Dienstrang tens 170 Todesurteile, vgl. BMJ, Ausstellungskatalog »Im Namen des Volkes«, rechtskräftige Nichteröffnungen 6 davon 1 x hoher Dienstrang Leipzig 1994, S. 217. 6 W. Schuller zum Problem der Rechtsbeugung durch DDR-Gerichte, in: DA 1994, Verfahrensabschluss wegen Ver- 1255. handlungsunfähigkeit oder Tod 6 davon 2 x hohe Dienstränge 7 F. Werkentin, aaO (Fn 4), S. 193. Neue Justiz 1/2000 3
Aufsätze Schaefgen, Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR Justizunrecht (Rechtsbeugung) Stand: 24.9.1999 »Am 14.12.1971 flüchteten der 21-jährige Lothar J. und seine Ehefrau, die 20-jährige Jutta J., gemeinsam mit ihrer 11 Monate alten Tochter Heike über das Minenfeld Nr. 27 von Ost nach West. Hierbei trat Jutta J. Anklagen 151 auf eine Mine, durch deren Detonation ihr das rechte Bein in Höhe des davon insgesamt Oberschenkels vollständig abgerissen wurde. Ihr linkes Bein wurde im abgeschlossen gegen 80 21 Angehörige des OG/DDR Bereich der Wade so weit abgetrennt, dass es nur noch durch Hautfetzen 7 Angehörige des GStA/DDR mit dem übrigen Körper verbunden blieb.« 15 Militärrichter/-staatsanwälte 35 Angehörige der Ostberliner Justiz Die – meist jungen – Menschen, die im Kugelhagel der Grenzsoldaten 2 Sonstige starben oder von Minen zerfetzt wurden, waren keine Verbrecher, die durch Verbindung 14 8 Angehörige des OG/DDR die Kontrolle an einem normalen Grenzübergang scheuen mussten und 2 Militärrichter/-staatsanwälte 4 Angehörige der Ostberliner Justiz deshalb den – gefährlichen – Weg über die grüne Grenze suchten. Es angeklagte Pers. 223 (Mehrfach angekl. Personen sind nur einmal waren verzweifelte Menschen, die von ihrem Staat gefangen gehalten aufgeführt, wenn die Verfahren zusammengeführt worden sind.) wurden, ohne ein Leben nach ihren Vorstellungen führen zu können davon rechtskräftig und die »ihre Konzeption des guten und richtigen Lebens, wie immer abgeschlossen gegen 118 23 Angehörige des OG/DDR 6 Angehörige des GStA/DDR diese aussah, selbst um den Preis ihres Todes realisieren wollten«.8 Der 33 Militärrichter/-staatsanwälte Einsatz der Schusswaffe durch die Grenzsoldaten war anfangs nur durch 52 Angehörige der Ostberliner Justiz zentrale ministerielle Dienstvorschriften geregelt und erst 1982 durch 4 Sonstige das sog. Grenzgesetz. In keinem Fall sind gegen die Schützen Gerichts- davon: rechtskräftig verfahren durch die Justiz der DDR eingeleitet worden, auch dann nicht, Verurteilte 27 2 Angehörige des OG/DDR wenn diese den ihnen erteilten Befehl zweifelsfrei überschritten und 3 Angehörige des GStA/DDR gestellte Flüchtlinge regelrecht exekutiert haben. Vielmehr wurde jeder 7 Militärrichter/-staatsanwälte Schütze belobigt und ausgezeichnet, das Geschehen selbst gegenüber 14 Angehörige der Ostberliner Justiz 1 Sonstiger den Angehörigen und Bekannten des Toten häufig vertuscht. zu Freiheitsstrafe 5 1 Angehöriger des OG/DDR Verfolgt wurden seit dem 3.10.1990 nicht nur und nicht in erster 2 Militärrichter/-staatsanwälte Linie die Schützen und Pioniere, die die Minen verlegt haben, sondern 2 Angehörige der Ostberliner Justiz auch und insbesondere die Befehlsgeber in allen militärischen und zu Freiheitsstrafe mit Bewährung 22 1 Angehöriger des OG/DDR politischen Hierarchieebenen bis hinauf zu den Mitgliedern des Polit- 3 Angehörige des GStA/DDR büros, von denen drei auch schon – inzwischen rechtskräftig – verur- 5 Militärrichter/-staatsanwälte teilt worden sind. 12 Angehörige der Ostberliner Justiz 1 Sonstiger Gewalttaten an der Grenze Stand: 15.11.1999 Einstellung nach 3 1 Angehöriger des OG/DDR § 154 StPO 2 Angehörige der Ostberliner Justiz Einstellung nach 2 Militärrichter/-staatsanwälte § 153 a StPO Anklagen: 108 rechtskräftige davon insgesamt Freisprüche 37 6 Angehörige des OG/DDR abgeschlossen gegen 81 3 Mitgl. der politischen Führung 2 Angehörige des GStA/DDR 10 Mitgl. der militärischen Führung 4 Militärrichter/-staatsanwälte 68 Angehörige der Grenztruppen 25 Angehörige der Ostberliner Justiz durch Verbindung 5 4 Mitgl. der militärischen Führung rechtskräftige 1 Angehöriger der Grenztruppen Nichteröffnungen 34 8 Angehörige des OG/DDR angeklagte Personen 242 1 Angehöriger des GStA/DDR davon rechtskräftig 15 Militärrichter/-staatsanwälte abgeschlossen gegen 177 15 Mitgl. der politischen Führung 9 Angehörige der Ostberliner Justiz 30 Mitgl. der militärischen Führung 1 Sonstiger 132 Angehörige der Grenztruppen Verfahrensabschluss 15 23 Angehörige des OG/DDR davon: wegen Verhandlungs- 6 Angehörige des GStA/DDR rechtskräftig 106 7 Mitgl. der politischen Führung unfähigkeit oder Tod 33 Militärrichter/-staatsanwälte Verurteilte 25 Mitgl. der militärischen Führung 52 Angehörige der Ostberliner Justiz 74 Angehörige der Grenztruppen 4 Sonstige zu Freiheitsstrafe 18 6 Mitgl. der politischen Führung 10 Mitgl. der militärischen Führung 2 Angehörige der Grenztruppen zu Freiheitsstrafe 88 1 Mitgl. der politischen Führung mit Bewährung 15 Mitgl. der militärischen Führung 72 Angehörige der Grenztruppen IV. Gewalttaten an der früheren deutsch-deutschen Grenze (davon 23 x Jugendstrafe) rechtskr. Freisprüche 52 1 Mitgl. der militärischen Führung 51 Angehörige der Grenztruppen Nach den bisherigen Erkenntnissen wurde in der Zeit von 1949 bis in Einstellungen 1 Angehöriger der Grenztruppen das Jahr 1989 hinein allein an der innerdeutschen Grenze, die seit (§ 260 Abs. 3 StPO) Herbst 1961 auch vermint war, von Seiten der DDR auf Deutsche rechtskr. Nichteröffnungen 2 Angehörige der Grenztruppen geschossen. Nach unserem jetzigen Wissen sind 264 Menschen durch Verfahrensabschluss 16 8 Mitgl. der politischen Führung wegen Verhandlungs- 4 Mitgl. der militärischen Führung Schusswaffengebrauch, Minen und Selbstschussanlagen getötet und unfähigkeit oder Tod 4 Angehörige der Grenztruppen mehrere hundert Menschen z.T. schwerstverletzt worden. Selbst in der anklagereife Abgaben 156 50 Mitgl. der militärischen Führung nüchternen, auf das strafrechtlich Wesentliche konzentrierten Spra- an örtlich zust. StA 106 Angehörige der Grenztruppen che einer Anklageschrift, die also das, was die Opfer während und nach darin insgesamt beschuldigte Personen 249 76 Mitgl. der militärischen Führung der Tat durchlitten haben, in seinem ganzen Ausmaß nicht einfangen 173 Angehörige der Grenztruppen kann, kommt das erbarmungslose und grausame Vorgehen und die Perversität des Einsatzes von Kriegswaffen gegen unbewaffnete Zivilis- ten noch zum Ausdruck. Dafür nur ein Fall, in dem die Flucht durch 8 R. Alexy, Mauerschützen. Zum Verhältnis von Recht, Moral und Strafbarkeit, Minen und Schusswaffeneinsatz verhindert wurde. Hamburg 1993, S. 23, 29. 4 Neue Justiz 1/2000
Schaefgen, Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR V. Wertung der Ergebnisse der strafrechtlichen Aufarbeitung Bei der innerstaatlichen Verfolgung und Ahndung staatlichen Gewaltmissbrauchs geht es um die Bewährung der Rechtsordnung als Besagen diese Zahlen nun, dass die strafrechtliche Aufarbeitung miss- gesellschaftspädagogische Forderung und damit um Generalpräven- lungen ist oder sogar ein Fehler war? Wenn anhand der Zahlen tion im weitesten Sinne.12 Das, was strafbares Unrecht war und ist muss Zweifel an der Sinnhaftigkeit gehegt werden, muss die Frage nach als solches kenntlich gemacht werden. Und es muss deutlich werden, Alternativen zu einer Strafverfolgung gestellt werden. In den wenigsten dass für dieses Unrecht nicht der Lauf der Geschichte, nicht Systeme Staaten wird nach einem Systemumbruch auf das in Diktaturen und Apparate, sondern Menschen verantwortlich sind und dass es begangene Unrecht mit dem Strafrecht reagiert, in keinem Land so auch für Regierende keinen straffreien Raum gibt. Wenn nach System- stark wie in Deutschland; es hieß deshalb auch, Deutschland habe veränderungen weltweit das staatsgesteuerte Unrecht verfolgt würde, einen Sonderweg beschritten.9 In den lateinamerikanischen Militär- dann würde diese Praxis ihre Wirkung auf andere Staatsführer, die die diktaturen, in Chile, Argentinien, Brasilien, Uruguay und Bolivien Menschenrechte verletzen, auch nicht verfehlen. Die Bestrafung haben Amnestiegesetze verhindert, dass die Verantwortlichen vor schwerer Menschenrechtsverletzungen ist aber nicht nur aus präven- Gericht gestellt wurden. Dies war aber der Preis für den Übergang in die tiven Gründen notwendig. Sie ist auch ein Gebot elementarer Gerech- Demokratie. Die Militärherrscher ermöglichten den friedlichen Über- tigkeit. Sie hat eine schuldausgleichende Funktion und entspricht gang in die Demokratie nur gegen Zusicherung von Straffreiheit. In den insoweit auch dem legitimen Bedürfnis des Opfers nach Sühne der Tat. postkommunistischen Staaten Ost- und Mitteleuropas findet eine Das Wirken der Justiz ist zudem ein Stück praktizierter Rechtsstaat. justizielle Aufarbeitung des kommunistischen Unrechts so gut wie gar Die Opfer müssen erfahren und lernen, dass Gerechtigkeit und Rechts- nicht oder nur punktuell bezogen auf bestimmte Ereignisse und staatlichkeit sich nicht immer entsprechen, dass aber Gerechtigkeit ohne Epochen statt. Dies ist weniger eine Folge einer bewussten Entschei- rechtsstaatliches Verfahren nicht erreichbar ist. Die beschuldigten Staats- dung, eine historische Periode abzuschließen, als vielmehr dem Umstand und Parteifunktionäre der ehem. DDR, die keinen schwereren Belas- geschuldet, dass die Kommunisten nach wie vor in diesen Staaten tungen durch die Verfahren ausgesetzt sind als jeder andere Beschuldigte noch eine große politische Macht haben und dass eine personelle auch, werden gezwungen, sich mit der Vergangenheit zu befassen. Sie Erneuerung in Verwaltung, Polizei und Justiz nicht stattgefunden hat. sollten dies als Chance zur Verarbeitung des Geschehens begreifen. So Ich halte den von der Bundesrepublik Deutschland eingeschlagenen gesehen hat die Justiz hier durchaus die Rolle, durch das ernsthafte Weg auch heute noch für den richtigen. Von einer Amnestie würde Bemühen um Wahrheit und Gerechtigkeit und das Zusammenführen keine friedensstiftende Wirkung ausgehen; andererseits stiftet die von Tätern und Opfern, den Boden für eine Versöhnung mitzubereiten. Strafverfolgung auch keinen erkennbaren Unfrieden. Die Behauptung, Die alle Formen des Systemunrechts umfassende Strafverfolgungs- zwischen den beiden in unterschiedliche militärische und ideologi- tätigkeit muss auch auf dem Hintergrund des weniger konsequenten sche Blöcke eingebundenen Teilen Deutschlands habe ein kalter Bür- Wirkens der deutschen Justiz nach 1945 bei der Verfolgung der bedeu- gerkrieg stattgefunden,10 und nunmehr rechne die siegreiche mit der tend schwerer wiegenden NS-Verbrechen gesehen werden. In den 50er besiegten Partei ab und behindere damit das Zusammenwachsen der Jahren gab es einen faktischen Stillstand der Rechtspflege,13 es kam zur beiden Teile Deutschlands, geht an den Realitäten vorbei. Die straf- Verjährung von Totschlagsdelikten und Gesetzesänderungen, durch die rechtliche Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit hatte einen Ost-West- Schreibtischtäter aus der Ministerialbürokratie von Strafe verschont blie- Bezug nur hinsichtlich der Stasi-Spionage im Westen und der Tätigkeit ben. Schließlich wurde kein Richter oder Staatsanwalt wegen der unter der altbundesrepublikanischen Nachrichtendienste in der ehem. DDR. der NS-Herrschaft verübten Justizverbrechen rechtskräftig verurteilt. Der Strafanspruch der DDR gegen die Mitarbeiter der BRD-Dienste ist Dieses damalige Versagen wird heute von Kritikern der justiziellen durch die Wiedervereinigung weggefallen, während den Angehörigen Aufarbeitung bemüht, um die Verfolgung des SED-Unrechts mit der der HVA weiterhin Strafverfolgung durch die bundesrepublikanische Behauptung zu diskreditieren, die bundesrepublikanische Justiz sei Justiz drohte. Die Gefahr, dass die unterschiedliche Bewertung ein und auf dem rechten Auge blind und das Versagen von damals würde nun desselben nicht auf einem allgemeinen sozialethischen Unwerturteil durch Übereifer bei der Verfolgung von Kommunisten kompensiert. begründeten Verhaltens auch in breiten Kreisen der Bevölkerung Die Zahlen belegen aber, dass von einem unnachsichtigen Verfolgungs- unverstanden bleiben müsse und der Herstellung der inneren Einheit eifer, durch den in der Vergangenheit gemachte Fehler wieder ausge- im Wege stehe, ist durch das BVerfG 11 gebannt worden. Durch diesen glichen werden sollen, keine Rede sein kann. Beschluss von 1995 wurde die Strafverfolgung im Wesentlichen auf die Die heute mit der Verfolgung des SED-Unrechts befasste Juristen- Bestrafung von Bundesbürgern, die im Dienste der Stasi standen, generation sieht sich nicht in der Verantwortung der fragwürdigen beschränkt. In Wirklichkeit ist die justizielle Aufarbeitung ein Teil der Praktiken der damaligen Richter und Staatsanwälte. Für sie besteht Auseinandersetzung weiter Teile der ihrer Menschenrechte beraubten nicht der geringste Anlass zu einer Verletzung ihres gesetzlichen Ver- Bevölkerung Ostdeutschlands mit ihren damaligen Machthabern und folgungsauftrages. Es liegt auf der Hand, dass das damalige Versagen deren Handlangern im Staats- und Parteiapparat. kein Grund sein kann, einen einmal gemachten Fehler zu wieder- Es geht also darum, ob das Strafrecht ein taugliches Mittel ist, diese holen. Im Gegenteil, die gründliche, zeitnahe und umfassende straf- beiden Parteien wieder zusammenzuführen, oder ob das Strafrecht die rechtliche Untersuchung der Geschehnisse ist eine wichtige Lehre aus Spaltung vertieft, das Vertrauen in den Rechtsstaat geschwächt hat. der Geschichte. Diesmal lassen wir, anders als damals wegen der man- Die Ereignisse vom Herbst 1989 erinnern daran, dass sich das Volk gelhaften Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, keinen Nachfrage- aus der staatlichen Umklammerung und Unterdrückung befreit und die bedarf der folgenden Generationen mit allen daraus sich ergebenden Bevölkerung der DDR den Umgang mit der Vergangenheit bestimmt Gefahren für den inneren Frieden entstehen. Die Strafverfolgung ist hat, wozu auch der Einsatz des Strafrechts gehören sollte. Diesen auch unter diesem Aspekt, auch wenn sie hinter den Erwartungen Willen, der – wie wir heute sehen – auf die Verfolgung schwerer zurückgeblieben ist, kein Luxus – keine Ressourcenverschwendung –, Menschenrechtsverletzungen beschränkt war, galt es zu respektieren. sondern eine notwendige Investition in die Zukunft. Er entsprach dem Selbstverständnis der Bundesrepublik. »Man kann nicht die Idee der Menschenrechte zur Grundlage des Staatswesens 9 B. Schlink, NJ 1994, 433 ff. 10 B. Schlink, ebenda, S. 433. machen und gleichzeitig Personen, die sie mit Füßen getreten haben, 11 BVerfG, NJ 1995, 363. straflos ausgehen lassen«, hat Alt-Bundespräsident Roman Herzog im 12 A. Rückerl, NS-Prozesse: Warum erst heute? – Warum noch heute? – Wie lange noch?, in: ders. (Hrsg.), NS-Prozesse nach 25 Jahren Strafverfolgung: Möglich- März 1996 vor der Enquête-Kommission »Überwindung der Folgen der keiten, Grenzen, Ergebnisse, 2. Aufl. 1972, S. 34. SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit« erklärt. 13 L. M. Peschel-Gutzeit, NJ 1995, 450 ff. Neue Justiz 1/2000 5
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