Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung - Neue Justiz

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E 10934

N
Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung

        100
                        Aus dem Inhalt:

                        Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts
                        in der DDR
        54. Jahrgang
                        Berlin als erneuter Sündenfall?
                        Aktuelle zivilrechtliche Aspekte von Progressions-
                        modellen am Beispiel sog. Marketing- oder Geld-
                        gewinnsysteme
                        Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts
                        Plädoyer für ein einheitliches Berufsrecht
                        Praktische Auswirkungen der Entscheidung des
                        BVerfG zum Schuldrechtsanpassungsgesetz

                        Aus dem Rechtsprechungsteil:
                        – BVerfG: Zur Verfassungsmäßigkeit von Regelungen
                          im Schuldrechtsanpassungsgesetz
                        – BGH: Ersatzansprüche wegen Bergschäden im
                          Gebiet der ehem. DDR
                        – LG Berlin: Zur strafrechtlichen Rehabilitierung
                          bei Verurteilung durch sowjetisches Militärgericht
                          in Deutschland
                        – BVerwG: Zur Abgrenzung von Einkommen und
                          Vermögen im Sozialhilferecht
                        – VG Dresden: Wirksamkeit von DDR-Verwaltungsakten
                        – BAG: Berücksichtigung von Tätigkeiten in der DDR
                          für Bewährungsaufstieg nach BAT-O

        NJSeiten 1-56                                  NOMOS Berlin
In diesem Heft …

Herausgeber:
                                        AUFSÄTZE                                                                                                                                                                            S. 1
Prof. Dr. Peter-Alexis Albrecht
Universität Frankfurt a.M.            Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR
Prof. Dr. Marianne Andrae             Christoph Schaefgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Universität Potsdam                   Aktuelle zivilrechtliche Aspekte von Progressionsmodellen
Dr. Bernhard Dombek                   am Beispiel sog. Marketing- oder Geldgewinnsysteme
Rechtsanwalt und Notar, Berlin        Armin Willingmann und Christine Strauß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Präsident der
Bundesrechtsanwaltskammer
Dr. Uwe Ewald
Humboldt-Universität zu Berlin          MEINUNG                                                                                                                                                                             S. 6
Dr. Rainer Faupel
Staatssekretär a.D.                   Berlin als erneuter Sündenfall?
Georg Herbert                         Von Horst Sendler
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Ernst Gottfried
Mahrenholz
Vizepräsident des
Bundesverfassungsgerichts a.D.          NEUE RECHTSVORSCHRIFTEN                                                                                                                                                         S. 15
Dr. Wolfgang Peller
                                      Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts
Berlin
                                      Günter Renner
Prof. Dr. Martin Posch
Rechtsanwalt, Jena
Karin Schubert
Ministerin der Justiz des
Landes Sachsen-Anhalt                   KURZBEITRÄGE                                                                                                                                                                    S. 18
Prof. Dr. Jürgen Schwarze
Universität Freiburg                  Plädoyer für ein einheitliches Berufsrecht
Prof. Dr. Horst Sendler               Anton Braun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Präsident des                         Praktische Auswirkungen der Entscheidung des BVerfG
Bundesverwaltungsgerichts a.D.        zum Schuldrechtsanpassungsgesetz
Dr. Dr. theol. h.c. Helmut Simon      Holger Matthiessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Bundesverfassungsrichter i.R.         Praktikerforum:
Manfred Walther                       Zur Revisibilität richterlicher Überzeugungsbildung
Rechtsanwalt, Berlin                  Heiko Artkämper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Dr. Friedrich Wolff
Rechtsanwalt, Berlin

                                        I N F O R M AT I O N E N                                                                                                                                                        S. 21

                                        D O K U M E N TAT I O N                                                                                                                                                         S. 25
                                      Regierungsentwurf eines Vermögensrechtsergänzungsgesetzes

                                        REZENSIONEN                                                                                                                                                                     S. 27
                                      Herwig Roggemann: Die internationalen Strafgerichtshöfe
                                      Von Gilbert Gornig
                                      Mark Pieth/Peter Eigen: Korruption im internationalen Geschäftsverkehr:
                                      Bestandsaufnahme, Bekämpfung, Prävention
                                      Von Jürgen Marten

                                        RECHTSPRECHUNG                                                                                                                                                                  S. 28
                                       01 Verfassungsrecht                                                                               02 Bürgerliches Recht
Neue Justiz                           BVerfG:                                                                                            BGH:
Zeitschrift für Rechtsetzung          Zur Verfassungsmäßigkeit von Regelungen im                                                         Zum Moratorium für Altkredite früherer Treuhand-
und Rechtsanwendung                   Schuldrechtsanpassungsgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . 28                                 unternehmen (Bultmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
                                      BVerfG:                                                                                            BGH:
54. Jahrgang, S. 1-56                 Zur Verfassungsmäßigkeit des Finanzausgleichs-                                                     Zur Nichtigkeit eines im Zusammenhang mit
                                      gesetzes (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39            einer Bestechung abgeschlossenen Architekten-
                                                                                                                                         vertrags (Mollnau) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
                                      VerfGH Berlin:

NJ 1/00                               Gesetz zur Teilprivatisierung der Berliner
                                      Wasserbetriebe teilweise verfassungswidrig
                                      (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
                                                                                                                                         BGH:
                                                                                                                                         Umwandlung von LPG in andere Rechtsform
                                                                                                                                         (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

                                                                                                                                                                                                                                        I
In diesem Heft …

BGH:                                                                                                 BVerwG:                                                                                         Redaktion:
Zusammenschluss von LPG unter Auflösung                                                              Keine Verletzung schützenswerter Rechtsposi-                                                    Rechtsanwältin Adelhaid Brandt
ohne Abwicklung (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                       42   tionen bei Aufhebung eines ablehnenden                                                          (Chefredakteurin)
BGH:                                                                                                 Restitutionsbescheids (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52                      Barbara Andrä
Zur Sittenwidrigkeit eines Vergleichs (Winkler) . . .                                           42   VG Dresden:                                                                                     Dr. Ralf Poscher
BGH:                                                                                                 Wirksamkeit von DDR-Verwaltungsakten
                                                                                                     (hier: Umgemeindungsbeschluss des Kreistags)                                                    Redaktionsanschrift:
Ersatzansprüche wegen Bergschäden im Gebiet
                                                                                                     (Lühmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52          Anklamer Str. 32, 10115 Berlin
der ehem. DDR (Vierhuß) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                           42
                                                                                                     VG Schwerin:                                                                                    Tel.: (030) 4 42 78 72/-73
BGH:                                                                                                                                                                                                 Fax: (030) 4 42 53 14
Besitzschutzmoratorium, Sachenrechtsbereinigung                                                      Rechtsprechung des BVerfG zum Arbeitsrecht
                                                                                                     hinsichtlich MfS-Vorgängen vor 1970 auf                                                         e-mail: neuejustiz@aol.com
und selbständiges Gebäudeeigentum nach LPG-G
(Schramm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             44   Beamtenverhältnis übertragbar (Ls.) . . . . . . . . . . . . 53                                  Internetadresse:
BGH:                                                                                                                                                                                                 http://www.nomos.de/nomos/
                                                                                                      05 Arbeitsrecht                                                                               zeitschr/nj/nj.htm
Einstweilige Kaufpreiszahlungspflicht bis zur
Genehmigung des Grundstückskaufvertrags . . . . .                                               45   EuGH:
                                                                                                     Ausschluss geringfügig Beschäftigter von                                                        Erscheinungsfolge: einmal monatlich
BGH:
                                                                                                     jährlichen Sonderzuwendungen als mittelbare                                                     Bezugspreis:
Zur Verjährung von Zinsen aus Sicherungs-
                                                                                                     Diskriminierung wegen des Geschlechts                                                           Jahresabonnement 189,– DM,
grundschulden (Ls.). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                    45
                                                                                                     (Weber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    54   inkl. MwSt., zzgl. Porto und Versand-
BGH:                                                                                                 BAG:                                                                                            kosten
Beschwerde gegen Vorabentscheidung über                                                              Berücksichtigung von Tätigkeiten in der
den Rechtsweg (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                     45   DDR für Bewährungsaufstieg nach BAT-O
                                                                                                                                                                                                     Vorzugspreis: (gegen Nachweis)
OLG Dresden:                                                                                         (Hantel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   54   für Studenten jährl. 50,– DM,
Voraussetzungen für Verfügungsverbot im                                                                                                                                                              inkl. MwSt., zzgl. Porto und Versand-
                                                                                                     BAG:
Wege einstweiligen Rechtsschutzes zugunsten                                                                                                                                                          kosten
                                                                                                     Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
des Restitutionsantragstellers (Fritsche). . . . . . . . . .                                    46   (hier: Mantel-TV in Systemgastronomie, neue                                                     Einzelheft: 16,50 DM, inkl. MwSt.,
LG Rostock:                                                                                          Bundesländer) (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              56   zzgl. Porto und Versandkosten
Zur Haftung bei progressiver Kundenwerbung                                                           BAG:
(Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   47
                                                                                                                                                                                                     Bestellungen beim örtlichen Buch-
                                                                                                     Keine Anrechnung von Beschäftigungszeiten                                                       handel oder direkt bei der NOMOS
                                                                                                     nach BAT-O bei nicht überführten Teileinrich-                                                   Verlagsgesellschaft Baden-Baden.
 03 Strafrecht                                                                                      tungen (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       56   Abbestellungen bis jeweils
LG Berlin:                                                                                           BAG:                                                                                            30. September zum Jahresende.
Zur strafrechtlichen Rehabilitierung bei                                                             Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Verurteilung durch sowjetisches Militärgericht                                                       (hier: Mantel-TV für Großbäckereien in                                                          Verlag, Druckerei, Anzeigenver-
in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47                  Meckl.-Vorp.) (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            56   waltung und Anzeigenannahme:
                                                                                                                                                                                                     Nomos Verlagsgesellschaft
                                                                                                     LAG Berlin:
 04 Verwaltungsrecht                                                                                Betriebsbedingte Kündigung bei Betriebsstill-
                                                                                                                                                                                                     Waldseestr. 3-5, 76530 Baden-Baden,
                                                                                                                                                                                                     Tel.: (0 72 21) 21 04-0
BVerwG:                                                                                              legung und Sozialauswahl (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . .                           56
                                                                                                                                                                                                     Fax: (0 72 21) 21 04-27
Zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen                                                            LAG Berlin:
im Sozialhilferecht (Flint). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                      48   Gegenstandswert einer Klage auf Entfernung                                                      Urheber- und Verlagsrechte:
BVerwG:                                                                                              einer Abmahnung (Ls.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                    56   Die in dieser Zeitschrift veröffentlich-
Keine erneute Anrufung des BVerfG zu Restitutions-                                                                                                                                                   ten Beiträge sind urheberrechtlich
ausschluss bei Enteignungen auf besatzungs-                                                                                                                                                          geschützt. Das gilt auch für die veröf-
hoheitlicher Grundlage (hier: wegen Eidesstatt-                                                      Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III         fentlichten Gerichtsentscheidungen
licher Versicherung von Prof. Dr. G. Krause) . . . . .                                          49   Aktuelle Buchumschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III                              und ihre Leitsätze; diese sind geschützt,
BVerwG:                                                                                              Zeitschriftenübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX                           soweit sie vom Einsender oder von
Zur Teilungsgenehmigung und zur Ermessens-                                                                                                                                                           der Redaktion erarbeitet und redigiert
entscheidung einer Behörde (Otto) . . . . . . . . . . . . . .                                   50                                                                                                   worden sind. Kein Teil dieser Zeit-
                                                                                                     Jahresregister 1999                                                                             schrift darf ohne vorherige schriftliche
BVerwG:
Kein Restitutionsausschluss bei grundstücks-
                                                                                                                                                                                                     Zustimmung des Verlags verwendet
übergreifender Bebauung, sofern schwere                                                                                                                                                              werden. Das gilt insbesondere für Ver-
Nutzungskonflikte vermeidbar (Gruber) . . . . . . . . .                                         51                                                                                                   vielfältigungen, Bearbeitungen, Über-
                                                                                                     Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegt ein Prospekt                                              setzungen, Mikroverfilmungen und
BVerwG:
                                                                                                     der Nomos Verlagsgesellschaft bei. Wir bitten                                                   die Einspeicherung und Verarbeitung
Zuführung von Stasi-Vermögensgegenständen
                                                                                                     freundlichst um Beachtung.
                                                                                                                                                                                                     in elektronischen Systemen.
iSd EinigungsV bzw. der 4. DVO/TreuhG (Ls.) . . .                                               52
                                                                                                                                                                                                     ISSN 0028-3231

                                                                                                                                                                                                     Redaktionsschluß:
                                                                                                                                                                                                     13. Dezember 1999

                Beginnend mit dem Jahr 2000 wird auch die Neue Justiz die Regeln der neuen
                Rechtschreibung übernehmen. Dies macht sich insbesondere erforderlich, weil
                zwischenzeitlich nicht nur nahezu alle deutschen Zeitungen und Zeitschriften in
                »Neu-Deutsch« schreiben, sondern mittlerweile auch zahlreiche Gerichte, deren
                Entscheidungen wir in einem nicht unbeträchtlichen Umfang in unserer Zeitschrift
                publizieren, zur neuen Rechtschreibung übergegangen sind. Da wollten wir denn
                                                                                                                                                                                                     Neue Justiz
                                                                                                                                                                                                     Zeitschrift für Rechtsetzung
                doch nicht zurückstehen.                                                                                                                                                             und Rechtsanwendung

                                                                                                                                                                                                     54. Jahrgang, S. 1-56

NJ-Abonnentenservice:
Die Volltexte der kommentierten und im Leitsatz abgedruckten Entscheidungen können Sie in
der Redaktion unter Angabe der Registrier-Nummer kostenlos bestellen. Fax (0 30) 4 42 53 14                                                                                                          NJ 1/00
II
TERMINE                                                 AKTUELLE BUCHUMSCHAU
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Uni-           Ralf Poscher (Hrsg.)
versität Jena veranstaltet aus aktuellem Anlass am 14. und 15. Januar      Der Verfassungstag
2000 zusammen mit dem Hellmuth-Loening-Zentrum für Staats-                 Reden deutscher Gelehrter zur Feier der Weimarer Reichsverfassung
wissenschaften Jena e.V. eine Fachtagung zu dem Thema                      Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1999
                   »Rechtsfragen zum Atomausstieg«,                        256 S., brosch., 78,– DM
auf der namhafte Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft        ISBN 3-7890-6334-7
referieren werden.                                                         In den Reden zum Jahrestag der Unterzeichnung der Verfassung legten
Tagungsort: Aula der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Hauptgebäude,    vornehmlich republikanisch gesinnte Redner ein Zeugnis für den häu-
Fürstengraben 1, 07743 Jena                                                fig geschmähten Staat ab. Der Band enthält neben einer Einführung in
Tagungsgebühr: 50 DM                                                       die Thematik 15 ausgewählte Reden prominenter Professoren (u.a.
Anmeldung und weitere Informationen: Friedrich-Schiller-Universität,       Gustav Radbruch, Ernst Cassirer, Herrmann Heller, Friedrich Meinecke)
Prof. Dr. Walter Bayer, Carl-Zeiß-Str. 3, 07743 Jena. Tel.: (03641) 942-   und lässt sich daher als Lesebuch zum republikanischen Bildungs-
140, Fax: (03641) 1942-142; e-mail: w.bayer@recht.uni-jena.de, Internet:   bürgertum der Weimarer Republik betrachten.
http://www.recht.uni-jena.de
                                                                           Hans-Georg Kluge/Boris Wolnicki
                                   *                                       Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
Die Evangelische Akademie Bad Boll veranstaltet vom 21. bis 23.            Nomos Verlagsgesellschaft, 2. Aufl., Baden-Baden 1999
Januar 2000 in Zusammenarbeit mit der Deutschen Vereinigung für            378 S., geb., 78,– DM
Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen (DVJJ) e.V. und dem Verein         ISBN 3-7890-6413-0
für Recht und Gesellschaft e.V. eine Tagung zu dem Thema                   Der Band dokumentiert die Entwicklung des Landesverfassungs-
                         »Jugend und (ihr) Recht.                          gerichts von 1995 bis heute und seine – teilweise bundesweit aufsehen-
                Jugendrechtshäuser und andere Angebote«.                   erregende – Rechtsprechung. Der Abschnitt über die Verfassungsrich-
                                                                           terinnen und -richter, die Leitsatzzusammenstellung und die im
»Die Kriminalität von Kindern und Jugendlichen nimmt unaufhörlich
                                                                           Anhang abgedruckten Rechtsgrundlagen befinden sich sämtlich auf
zu. Viele haben kein Gefühl oder Bewusstsein für Recht oder Unrecht.«      dem aktuellen Stand.
Solche Aussagen werden immer wieder in der Öffentlichkeit gemacht.
Sind das bedenkliche Übertreibungen? Wie soll man auf unerwünsch-
                                                                           Rainer Schröder (Hrsg.)
tes oder kriminelles Verhalten angemessen und wirksam reagieren?
Was leistet das Strafrecht? Was können Jugendrechtshäuser und              Zivilrechtskultur der DDR
andere Angebote erreichen, was Schulunterricht und Erziehungs-             Band 1
berechtigte?                                                               Duncker & Humblot, Berlin1999
Diesen Fragen will die Tagung nachgehen. Eingeladen sind: Fachleute        585 S., brosch., 128,– DM
aus Schule sowie Jugend- und Sozialarbeit, aus Polizei und Rechts-         ISBN 3-428-09742-4
pflege, aus Erziehungs- und Sozialwissenschaft und Kriminologie.           Der vorliegende Band entstand im Kontext des Forschungsprojekts
Tagungsbeitrag: 105 DM; Unterkunft und Verpflegung (Vollpension)           »Zivilrechtskultur in der DDR«. Wie in dem demnächst erscheinenden
je nach Zimmerausstattung 100 bis 200 DM                                   Band 2 und dem Tagungsband »Normalität oder Herrschaft« werden
Anmeldung und weitere Informationen: Evangelische Akademie Bad             die Rahmenbedingungen der Justiz in der DDR dargestellt. Geklärt
Boll, Akademieweg 11, 73087 Boll. Tel.: (01764) 79-0, Fax: (07164) 79-     werden soll, ob es eine »Normalität« von Konflikten und ihren
440.                                                                       Lösungen in der DDR gab, ob und wie sich die Ideologie in der
                                                                           Zivilrechtspraxis auswirkte, wie sich das Zivilrecht innerhalb und
                                   *                                       außerhalb von Gerichtsverfahren verwirklichte und welche Vorstel-
                                                                           lung von Konflikten der Prozesstheorie und -praxis der DDR zugrunde
Das Kommunale Bildungswerk e.V. veranstaltet im Februar 2000 in            lag.
Berlin folgende Spezialseminare:
»Die Vorschriften der Gesamtvollstreckungsordnung und Konkursordnung
nach dem In-Kraft-Treten der Insolvenzordnung«                             Felix Herzog
Schwerpunkte:                                                              Rechtspflege – Sache des ganzen Volkes?
• Anwendung der InsO als Mittel zur Ausfüllung von Regelungslücken         Studien zur Ideologie und Praxis der Gesellschaftsgerichte in der DDR
  der GesO                                                                 mit dem Schwerpunkt der nachbarschaftlichen Sozialkontrolle durch
• Wirkungen der Rückschlagsperren gegenüber Zwangsvollstreckungs-          die Schiedskommissionen in den Wohngebieten
  maßnahmen nach § 7 Abs. 3 GesO und § 88 InsO                             Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1999
• Gläubigervorrechte in der GesO und in der InsO, insbesondere auch        224 S., brosch., 68,– DM
  Behandlung öffentlich-rechtlicher Ansprüche                              ISBN 3-7890-6210-3
• Beendigung des Verfahrens bei Masselosigkeit und Masseunzuläng-          Stellten die Gesellschaftsgerichte in der DDR ein beachtenswertes
  lichkeit nach alten und nach neuem Recht                                 Modell des Umgangs mit Bagatellkriminalität dar? Unter Berücksichti-
• Behandlung verspätet angemeldeter Forderungen nach § 14 GesO             gung der politischen Lenkung, ideologischen Einbindung und Instru-
  und nach § 177 InsO                                                      mentalisierung durch den sozialistischen Staat erlaubt die Unter-
Dozent: Dipl.-Rpfl. Ulrich Keller                                          suchung eine differenzierte Einschätzung der vor der Wende auch im
Termin: 17. bis 18.2.2000                                                  Westen viel diskutierten Einrichtungen.
»Besonderheiten des Grundstücks- und Grundbuchrechts der neuen Bundes-
länder – Grundlagen des Überleitungsrechts mit aktueller Rechtsprechung«   Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann
Schwerpunkte:                                                              Zivilprozeßordnung
• Grundsätze der Grundstücksnutzung nach dem Recht der DDR                 mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderen Nebengesetzen
• Die Überleitung des Grundstücksrechts                                    C. H. Beck Verlag, 58., neubearb. Aufl., München 1999
• Abwicklung der Bodenreform                                               2.769 S., in Leinen, 238,– DM
• Grundzüge des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes                           ISBN 3-406-45600-6
• Überleitungsrecht zur Grundstücksnutzung
                                                                           Der Kommentar erfasst und erläutert alle aktuellen Gesetzesänderun-
• Grundzüge des MeAnlG und des AnpflEigentG
                                                                           gen sowie wichtige, neuste Rechtsprechung und Lehre. Der Gesetzes-
Dozent: Dipl.-Rpfl. Ulrich Keller
                                                                           stand entspricht Okt. 1999, teilweise Anfang 2000. Abgedruckt ist
Termin: 24. bis 25.2.2000                                                  bereits der Entwurf des Gesetzes zur Reform der Präsidialverfassung der
Seminargebühr: je 280 DM                                                   Gerichte v. 23.3.1999. Aktuell behandelt werden u.a. neueste Fragen
Weitere Informationen: Kommunales Bildungswerk e.V., Büro Steinbeis-       der Anwaltshaftung, Computerfax und digitale Unterschrift des
Zentrum, Gürtelstr. 29 a/30, 10247 Berlin. Tel.: (030) 293350-0,           Anwalts, das neueste Case law zur Wiedereinsetzung, Versäumnis und
Fax: (030) 293350-39. Fax-Abruf aktueller Programminformationen            Verkehrsstau, Rechtsberatung über Hotline und die Kritik des BVerfG
unter (030) 522942-00 00 00. Internet: http://www.kbw.de                   zur Zweitschuldnerhaftung.

Neue Justiz 1/2000                                                                                                                             III
Peter Bülow                                                               Michael H. Korinth
Recht der Kreditsicherheiten                                              Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren
Sachen und Rechte, Personen                                               Kommentierung der §§ 916-945 ZPO
C. F. Müller Verlag, 5., neubearb. u. erw. Aufl., Heidelberg 1999         mit Antrags- und Klagemustern für die Arbeitsrechtspraxis
569 S., geb., 178,– DM                                                    Rudolf Haufe Verlag, Freiburg 1999
ISBN 3-8114-9916-5                                                        476 S., Hardcover und CD-ROM, 128,– DM
Die Neuauflage des Lehrbuchs erfasst die jüngsten Entwicklungen des       ISBN 3-448-03996-9
Kreditsicherungsrechts, insbesondere zur Übersichtsproblematik in         Der in der Reihe »Berliner Praxiskommentare« erschienene Band bietet
der Sicherungstreuhand und zum Bürgschaftsrecht. Darüber hinaus           eine umfassende und praxisgerechte Kommentierung des einstweiligen
wurden die gesetzlichen Kreditsicherungstypen, Pfandrechte an             Rechtsschutzes im Arbeitsrecht. Enthalten sind eine Vielzahl von Mus-
unbeweglichen und beweglichen Sachen sowie an Rechten, einfacher          tern, Beispielen und taktischen Hinweisen. Im Anhang finden sich die
Eigentumsvorbehalt, Bürgschaft, die kautelarischen Kreditsicherun-        Streitwerttabelle sowie Auszüge aus dem Arbeitsgerichts- und dem
gen sowie die Probleme der Sicherungskollisionen auf den neuesten         BetriebsverfassungsG. Die beiliegende CD-ROM mit Prozesskosten-
Stand von Rechtsprechung und Literatur gebracht. Eingearbeitet sind       Rechner erlaubt eine schnelle und bequeme Übernahme der Antrags-
ferner das neue Insolvenzrecht und kreditsicherungsrechtliche Bezüge      und Klagemuster für die eigene Textverarbeitung.
des VerbrKrG.
                                                                          Harald Hess
Horst Müller                                                              Insolvenzgeld
Praktische Fragen des Wohnungseigentums                                   Kommentierung der §§ 183 ff. SGB III
C. H. Beck Verlag, 3., völlig neubearb. Aufl., München 1999               C. F. Müller Verlag, Heidelberg 1999
558 S.,kart., 86,– DM                                                     222 S., geb., 49,80 DM
ISBN 3-406-45699-5                                                        ISBN 3-8114-9949-1
Die Neuauflage machte sich vor allem aufgrund der Rechtspre-              Mit dem In-Kraft-Treten der InsO am 1.1.1999 hat der Gesetzgeber die
chungsentwicklung in ganz wesentlichen Fragen des Wohnungs-               Bedeutung des Insolvenzgeldes erheblich erweitert und in den
                                                                          §§ 183 ff. SGB III vollständig neu geregelt. Der Band enthält eine aus-
eigentums erforderlich. Sie konzentriert sich auf die bis Ende 1998
                                                                          führliche und praxisorientierte Kommentierung der neuen Insolvenz-
veröffentlichte höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtspre-
                                                                          geldvorschriften und wendet sich in erster Linie an Insolvenzverwal-
chung, teilweise auch auf weiterführende jüngere Entscheidungen,
                                                                          ter, Mitarbeiter des Arbeitsamtes, Gewerkschaften und Betriebsräte.
und sichert das schnelle Auffinden der zentralen Entscheidungen
                                                                          Die Kommentierung berücksichtigt die Literatur, die in der Übergangs-
durch Angabe der Fundstellen in den weit verbreitetsten Zeitschriften.
                                                                          zeit von der Konkurs- und VergleichsO zur InsO erschienen ist.

H. Diemer/A. Schoreit/B.-R. Sonnen                                        Sozietätsrecht
Jugendgerichtsgesetz                                                      Handbuch für rechts-, steuer- und wirtschaftsberatende Gesellschaften
Kommentar                                                                 C. H. Beck Verlag, München 2000
C. F. Müller Verlag, 3., neubearb. Aufl., Heidelberg 1999                 620 S., in Leinen, 158,– DM
1.134 S., geb., 178,– DM                                                  ISBN 3-406-40103-1
ISBN 3-8114-9901-7                                                        Die praxisnahe Darstellung dieses neuen Handbuchs informiert über
Die Neuauflage bringt den Kommentar wieder auf den neuesten Stand.        die gesellschafts- und steuerrechtlichen Grundlagen der Gesellschafts-
Rechtsprechung einschließlich nicht veröffentlichter Entscheidungen       typen, erläutert die konkreten Vor- und Nachteile der einzelnen Rechts-
des BGH und Literatur sind bis März 1999 eingearbeitet. Im Anhang         formen und ermöglicht die Optimierung bestehender Sozietätsver-
finden sich die einschlägigen Nebenvorschriften mit den seit dem          träge. Das Handbuch beinhaltet u.a. die Gesellschaft bürgerlichen
1.8.1994 geltenden Richtlinien zum JGG und der Neufassung des SGB         Rechts, die Partnergesellschaft, die Gesellschaft mit beschränkter Haf-
VIII v. 8.12.1998. Wie bisher erhöhen Tenorierungsvorschläge und          tung, den Rechtsformwechsel und das Berufsrecht.
Tabellen, eine übersichtliche Gliederung und ein ausführliches Stich-
wortverzeichnis den praktischen Nutzen des Werkes.                        Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.)
                                                                          Jahrhundertwenden 1000 – 2000. Rückblicke in die Zukunft
Hans-Werner Reinfried                                                     Landesausstellung im Karlsruher Schloss vom 11.12.1999 bis 7.5.2000
Mörder, Räuber, Diebe …                                                   Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1999
Psychotherapie im Strafvollzug                                            368 S., brosch., 39,– DM. ISBN 3-7890-6315-0
problemata 142                                                            Jahrhundertwenden sind Brennspiegel des Denkens zurück und
Friedrich Frommann Verlag • Günther Holzboog, Stuttgart1999               voraus, Rückblicke und Zukunftsblicke in einem. Inwieweit sie dies
316 S., brosch., 48,– DM. ISBN 3-7728-1997-4                              schon immer waren, ist Thema der Ausstellung und dieses reichhaltig
Der Autor beschreibt anhand von 35 kommentierten Fallbeispielen           illustrierten Begleitbandes. Neben einführenden Essays von bekannten
anschaulich psychotherapeutische Prozesse in geschlossenen und            Autoren enthält der Band elf Abschnitte zu allen Jahrhundertwenden
offenen Strafanstalten. Er stellt die Ursachen von Delikten, Ansatz-      seit dem Jahre 1000.
möglichkeiten therapeutischen Handelns sowie die Schwierigkeiten
psychosozialer Therapie im Strafvollzug dar. Das Buch vermittelt keine
einfachen Rezepte, sondern kann zu eigenen pragmatischen und der          Weitere Neuerscheinungen:
Realität verpflichteten Lösungen bei der therapeutischen Arbeit mit
Gefangenen beitragen.                                                     Zur Bedeutung der Landesgrundrechte
                                                                          Materielle und prozessuale Probleme der Grundrechte in den deutschen
Michael Kittner/Wolfgang Däubler/Bertram Zwanziger                        Landesverfassungen. Von Eric Tjarks. Nomos Verlagsgesellschaft,
                                                                          Baden-Baden 1999. 180 S., brosch., 58,– DM. ISBN 3-7890-6153-0.
Kündigungsschutzrecht
Kommentar für die Praxis zu Kündigungen und anderen Formen                Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts
der Beendigung von Arbeitsverhältnissen                                   Band 4: Aktiengesellschaft. Hrsg. von M. Hoffmann-Becking. C. H. Beck
Bund-Verlag, 4., überarb. u. akt. Aufl., Frankfurt/M. 1999                Verlag, 2., Aufl., München 1999. 1.316 S., in Leinen, 268,– DM.
2.000 S., geb., 198,–DM. ISBN 3-7663-2579-5                               ISBN 3-406-37063-2.
Der Kommentar informiert über alle Vorschriften, die sich auf die
Beendigung des Arbeitsverhältnisses beziehen. Im Vordergrund steht        Arbeitsrecht
dabei der Kündigungsschutz, aber auch Befristung, Abfindung und           Ratgeber für Beruf, Praxis und Studium. Von Wolfgang Däubler. Bund-
Aufhebungsvertrag werden eingehend behandelt. Das in weiten Teilen        Verlag, 2., aktual. Aufl., Frankfurt/M. 1999. 344 S., kart., 29,90 DM.
grundlegend überarbeitete Werk stellt die Vielzahl der Vorschriften und   ISBN 3-7663-2954-5.
die umfangreiche Rechtsprechung übersichtlich dar. Die neueste
Gesetzgebung ist ebenso eingearbeitet wie die aktuelle Rechtsprechung
des BAG und der Instanzgerichte.                                          (ausführliche Rezensionen bleiben vorbehalten)

IV                                                                                                                          Neue Justiz 1/2000
Neue Justiz
Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung

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                                                                                                                                           100
                                                                                                                              54. Jahrgang • Seiten 1-56

Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR
Christoph Schaefgen, Generalstaatsanwalt a.D., Leiter der Zentralstelle zur Unterstützung
der historischen Aufarbeitung des DDR-Unrechts, Berlin

Am 30.9.1999 hat die Staatsanwaltschaft II bei dem Landgericht Berlin, die      1. mit dem Vorgehen der Angehörigen des MfS gegen sog. Verräter und
für alle Ermittlungen zur sog. Regierungs- und Vereinigungskriminalität            Feinde der DDR vor oder außerhalb eines justizförmigen Verfahrens,
zuständig war, ihre Arbeit beendet. Der Autor zieht Bilanz und geht der Frage   2. mit dem Verhalten der Justiz gegenüber »inneren und äußeren Fein-
nach, ob das mit der Strafverfolgung angestrebte Ziel erreicht worden ist und      den« in politischen Prozessen und
die Tätigkeit der Justiz dem Prozess der deutschen Einheit förderlich war.*     3. mit den Gewalttaten – den Tötungsverbrechen – an der früheren
                                                                                   innerdeutschen Grenze.
                                                                                Weitere Vorhaben und Geschehnisse waren insbesondere auch:
I. Ausgangslage und Gesamtüberblick                                             – Misshandlung von Häftlingen in Strafanstalten, die zwar nicht syste-
                                                                                  matisch erfolgten, deren Verfolgung aber gezielt verhindert wurde,
Zehn Jahre nach dem Ende der SED-Diktatur steht die Strafverfolgung             – das System der Häftlingsfreikäufe,
von in der DDR begangenem, staatlich gelenktem und begünstigtem                 – Übergriffe von Polizei und MfS auf Demonstranten am 7./8.10.1989,
                                                                                – Zwangsaussiedlungen von DDR-Bürgern aus den Grenzgebieten 1952
Unrecht vor dem Abschluss. Nur noch wenige der eingeleiteten
                                                                                  und 1961,
Ermittlungsverfahren befinden sich in der staatsanwaltschaftlichen              – Zwangsadoptionen,
Bearbeitung. Neue Ermittlungsverfahren in nennenswertem Umfang                  – die geplante Einrichtung von Internierungslagern für politisch miss-
sind seit 1999 nicht mehr eingeleitet worden. Es ist äußerst unwahr-              liebige Personen,
                                                                                – die Niederschlagung des Aufstandes am 17.6.1953,
scheinlich, dass aus dem noch nicht erschlossenen Archivmaterial in
                                                                                – der Einmarsch der Nationalen Volksarmee in die CSSR am 21.8.1968,
der Gauck-Behörde unbekannte Staatspraktiken mit strafrechtlicher               – die staatlich gelenkte Vergabe von anabolen Substanzen vorwiegend an
Relevanz zum Vorschein kommen. Was strafrechtlich noch zu erledi-                 jugendliche und heranwachsende Leistungssportler ohne medizinische
gen ist, befindet sich zum größten Teil jetzt im Zuständigkeitsbereich            Indikation und Aufklärung über die Wirkungen,
                                                                                – Wahlfälschungen,
der Gerichte.
                                                                                – Versorgungskriminalität der Nomenklaturkader und das Geschäfts-
   Wie sah die Hinterlassenschaft der DDR aus, mit der sich die bun-              gebaren der Kommerziellen Koordinierung unter Leitung von Schalck-
desrepublikanische Strafjustiz seit dem 3.10.1990 zu beschäftigen hatte?          Golodkowski.
   Es waren in erster Linie die systembedingten und deshalb auch                Nach dem Stand von Anfang 1999 sind etwa 62.000 Ermittlungsver-
systematisch vorgenommenen Menschenrechtsverletzungen, die in                   fahren bundesweit gegen ungefähr 100.000 Beschuldigte eingeleitet
die strafrechtlichen Kategorien des Mordes, des Totschlags, der Kör-            worden. Davon wurden bisher nur etwa 300 Personen rechtskräftig
perverletzung, der Freiheitsberaubung einzuordnen waren. Es waren               verurteilt.
die Vorkommnisse, die 1961 zur Errichtung der Zentralen Erfassungs-               Für Berlin, das die Hauptlast zu tragen hatte und auch die größte
stelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter Anlass gaben und die          Zahl von Verfahren eingeleitet hatte, nämlich über 20.000, ergibt sich
zur Aufnahme von Ermittlungen führten, weil sie nach hiesigem                   mit Stand 31.8.1999 folgende Gesamtübersicht:
Rechtsverständnis strafbares Staatsunrecht waren.                                             Eingänge             21.553
   Die DDR war kein Rechtsstaat, sondern eine Diktatur, in der es                             Erledigungen         21.452
verfassungsrechtlich geschützte Grundrechte, Abwehrrechte gegen                               Anklagen                 419
den Staat, nicht gab. Zur Durchsetzung ihrer Ziele bedienten sich die                         Einstellungen        21.033
Herrschenden der Institutionen, durch die das staatliche Gewalt-                              offene Verfahren         101
monopol seinen Ausdruck findet, der Justiz, der Polizei (auch der
Geheimpolizei) und des Militärs. Demgemäß beschäftigten wir uns                   * Wesentlich gekürzte Fassung eines Vortrages, den der Autor am 29.11.1999 an
vorwiegend                                                                          der Hermann-Ehlers-Akademie in Kiel gehalten hat.

Neue Justiz 1/2000                                                                                                                                           1
Aufsätze                                                             Schaefgen, Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR

Im Bereich: Grenze, Justiz, MfS,* Sonstige Bereiche                                        missliebigen Journalisten, die mundtot gemacht werden sollten,
Gesamtzahl der                                                                             – vorwiegend aus dem Westteil Berlins nach Ostberlin – in der Zeit
a) Anklagen (und Strafbefehle)       347                                                   von 1949 bis 1964 wurde vom MfS generalstabsmäßig vorbereitet.
b) angeklagten Personen              613                                                   Es wurden Festnahmepläne entwickelt, die auch den Segen der
c) rechtskr. verurteilten Personen   171                                                   Hausspitze des MfS hatten.
   davon zu Freiheitsstrafe           24                                                      Das MfS kannte drei verschiedene Methoden der Entführungen:
   zu Freiheitsstrafe mit Bewährung 136                                                    Entweder wurden die Opfer unter einem Vorwand – meist unter Ein-
   zu Geldstrafen                     11                                                   schaltung von Verwandten und Freunden – in Grenznähe oder in die
* Straftaten im Bereich Grenze, Justiz und MfS aufgeschlüsselt jeweils unter II. bis IV.   DDR gelockt oder sie wurden durch Verabreichung von Betäubungs-
                                                                                           mitteln in Kaffee oder Weinbrand handlungsunfähig gemacht und
Sonstige Bereiche (u.a. Wahlfälschungen, Doping)                     Stand: 24.9.1999      dann mit einem Auto in den Osten gebracht oder sie wurden
                                                                                           zusammengeschlagen und dann im Kofferraum von Autos in die DDR
Anklagen                                     29                                            verbracht. Uns beschäftigten mehr als 500 derartiger Fälle.
davon insgesamt                              11      3 wegen Wahlfälschung (W)
                                                                                              An strafwürdig erscheinenden innerstaatlichen Maßnahmen zur
abgeschlossen                                        5 wegen Doping (D)
angeklagte Personen                          49                                            Bekämpfung von sog. negativ-feindlichen Kräften sind die seit Anfang
davon rechtskräftig                                                                        der 50er Jahre vom MfS organisierte flächendeckende Überwachung
abgeschlossen gegen                          22      davon 3 W, 15 D                       des Fernsprech-, Brief- und Paketverkehrs und das Anbringen von
davon:                                                                                     Abhöranlagen zu erwähnen.
rechtskräftig Verurteilte                    13      davon 3 W, 8 D                           Was die Postkontrolle betrifft, so diente diese nicht nur der nach-
zu Freiheitsstrafe mit Bewährung              4      davon 1 W, 2 D
Geldstrafe                                    9      davon 2 W, 6 D                        richtendienstlichen Kontrolle der Denk- und Handlungsweise der
Einstellung nach § 153 a StPO                 5      D                                     Bürger der DDR. Den Mitarbeitern des MfS nur intern kundgetane
Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO            1                                            Zielstellung war auch die Stärkung der Volkswirtschaft der DDR. Darin
rechtskräftige Freisprüche                    3                                            lag die Aufforderung, Geld und Wertgegenstände aus Briefen und
                                                                                           Paketen im grenzüberschreitenden Postverkehr unter dem juristischen
                                                                                           Vorwand, deren Ein- oder Ausfuhr verstoße gegen devisen- und zoll-
II. Straftaten von Angehörigen des MfS                                                     rechtliche Bestimmungen, zu entnehmen. Diese wurden verwertet
                                                                                           und der Erlös dem Staatshaushalt zugeführt, ohne dass der Absender
1. Mittel und Methoden des MfS                                                             oder der vorgesehene Empfänger der Sendung vorher gehört oder
                                                                                           auch nur unterrichtet wurden. Die Postsendungen wurden vernichtet,
Das MfS schreckte vor nichts zurück, um Personen, die aus seiner                           alle Spuren beseitigt.
Sicht der DDR geschadet haben oder noch gefährlich werden                                     Wie wenig diese Praxis den Schutz der Rechtsordnung der DDR im
konnten, auszuschalten. Hierzu wurden Pläne geschmiedet, die auf                           Auge hatte und wie stark der fiskalische Effekt der Aktion im Vorder-
vorausgegangenen Beobachtungen der Lebensweise, des Umfeldes                               grund stand, macht der Umstand deutlich, dass auch fehlgeleitete
und von Besonderheiten in der Person des Opfers beruhten, an deren                         Postsendungen, also Sendungen, die offensichtlich nur irrtümlich in
Ausarbeitung viele Angehörige des MfS beteiligt waren und mit                              den Postverkehr der DDR gelangt waren, grundsätzlich aufgrund
deren Durchführung sich die Leitung des Ministeriums einverstan-                           höchster Anordnung dem Postverkehr entzogen und der Verwertung
den erklärt hatte.                                                                         des Inhalts zugeführt wurden. Allein zwischen 1984 und 1989 ver-
  Ein Beispiel: Im Jahre 1975 flüchtete der NVA-Soldat Werner Weinhold                     schaffte sich die DDR durch die Plünderung von Postsendungen rund
in die Bundesrepublik, nachdem er zwei DDR-Grenzsoldaten getötet                           32 Mio. DM.
hatte. Weinhold ist deswegen durch ein Gericht der Bundesrepublik                             Die subtilsten aber auch perfidesten Formen und Methoden staat-
verurteilt worden. Ungeachtet dessen wurden im MfS in einem Ope-                           lichen Terrors, um oppositionelle Bewegungen schon im Keim zu
rativvorgang mit der Bezeichnung »Terrorist« Pläne geschmiedet,                            ersticken, hatte das MfS in seiner Richtlinie Nr. 1/76 entwickelt. Sie
Weinhold in der Bundesrepublik umzubringen. In einer sog. Realisie-                        regelte die Anwendung von Maßnahmen der Zersetzung, deren
rungskonzeption, die verschiedene Alternativen zur Erreichung dieses                       Ziel »die Zersplitterung, Lähmung, Desorganisierung und Isolierung
Ziels aufführte, hieß es u.a.:                                                             feindlich gesinnter negativer Kräfte« war.2
                                                                                           Als »bewährte anzuwendende Formen der Zersetzung« galten:
    »Habhaftwerden des ›Terrorist‹ und Vortäuschung eines Selbstmordes …«
    oder                                                                                   – die systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, des Anse-
    »Habhaftwerden des ›Terrorist‹ durch Erschießen mittels einer Hand-                      hens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener
    feuerwaffe Beretta – schallgedämpft – auf dem Anmarschweg Wohnung–                       wahrer, überprüfbarer und diskreditierender sowie unwahrer glaub-
    Arbeitsstelle und nachfolgende Beseitigung von Spuren zu dieser Hand-                    hafter nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender
    lungsweise …«                                                                            Angaben,
                                                                                           – die systematische Organisierung beruflicher und gesellschaftlicher
In einem Plan zur »Liquidierung« eines bestimmten ehem. Mitarbei-                            Misserfolge zur Untergrabung des Selbstvertrauens einzelner Personen
ters des MfS, der in die Bundesrepublik geflüchtet war, ist zu lesen:                      – die zielstrebige Untergrabung von Überzeugungen im Zusammenhang
                                                                                             mit bestimmten Idealen, Vorbildern usw. und die Erzeugung von Zwei-
    »Das Gelände ist geeignet, den ›Verräter‹1 unschädlich zu machen und                     feln an der persönlichen Perspektive,
    ihn entweder im Teich zu versenken oder, wenn erforderlich, von dort                   – das Erzeugen von Misstrauen und gegenseitigen Verdächtigungen
    aus weiter zu transportieren.« bzw.                                                      innerhalb von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen.
    »Bedingt durch das starke Körpergewicht des (Verräters) und andere für
    eine Rückführung ungünstige Faktoren wird vorgeschlagen, die für ihn
    vorgesehene Strafe unmittelbar an seinem jetzigen Wohnort zu vollzie-
    hen und ihn physisch zu vernichten.«

Mehr als 50 derartiger Fälle sind bekannt geworden.                                          1 An dieser Stelle stehen im Originaltext statt des Wortes »Verräter« die Namen der
  Auch die Entführung/Verschleppung von Agenten westlicher                                     zu liquidierenden Personen.
                                                                                             2 J. Fuchs, Unter Nutzung der Angst. Die »leise« Form des Terrors – Zersetzungs-
Geheimdienste, aber auch von Angehörigen des Untersuchungsaus-                                 maßnahmen des MfS in Publikationen des BStU, in: Schriftenreihe BF informiert
schusses freiheitlicher Juristen, von politischen Flüchtlingen und                             2/1994, S. 4 ff.

2                                                                                                                                                      Neue Justiz 1/2000
Schaefgen, Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR

»Bewährte Mittel und Methoden der Zersetzung« waren:                             III. DDR-Justizunrecht
– das Heranführen bzw. der Einsatz von IM, legendiert als Kuriere der
  Zentrale, Vertrauenspersonen des Leiters der Gruppe, übergeordnete             In der DDR wurden schätzungsweise 150.000 bis 200.000 Menschen
  Personen, Beauftragte von zuständigen Stellen aus dem Opera-                   aus politischen Gründen verurteilt und eingesperrt.4 In 72 Fällen
  tionsgebiet, andere Verbindungspersonen usw.;                                  wurde die Todesstrafe verhängt und in 52 Fällen vollstreckt.5
– die Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, Telegramme,
  Telefonanrufe usw., kompromittierender Fotos, z.B. von stattgefunde-              Die Justiz der DDR war qualitativ etwas ganz anderes als das
  nen oder vorgetäuschten Begegnungen;                                           Justizwesen neuzeitlicher zivilisierter Staaten.6 Sie war nach Absicht,
– die gezielte Verbreitung von Gerüchten über bestimmte Personen einer           Selbstverständnis und tatsächlicher Funktion das Instrument der
  Gruppe, Gruppierung oder Organisation.                                         herrschenden Partei – der SED – für die Verwirklichung ihrer politi-
Diese Handlungsanweisung war keine abschließende Regelung. In der                schen Ziele. Die Richter waren Parteifunktionäre.
Richtlinie hieß es vielmehr:                                                        Waren es in den Anfangsjahren Einzelweisungen der Partei, so
  »Diese Mittel und Methoden sind entsprechend den konkreten Bedin-              waren es später – verfassungsrechtlich vorgesehene – Richtlinien und
  gungen des jeweiligen operativen Vorgangs schöpferisch und differen-           Beschlüsse des Präsidiums des Obersten Gerichts aber auch mit dem
  ziert anzuwenden, auszubauen und weiter zu entwickeln.«                        Generalstaatsanwalt der DDR und dem ZK der SED (Abteilung Staat
Nach dieser Richtlinie ist das MfS tausendfach vorgegangen. Durch                und Recht) abgestimmte – nicht veröffentlichte, geheime – Orientie-
diese »leise Form des Terrors«3 sind menschliche Bindungen und                   rungen, die Anspruch auf Verbindlichkeit erhoben und den Richtern
Menschen seelisch zerstört und psychische Verwüstungen angerichtet               das Handeln vorgaben. In Schulungsveranstaltungen für Leitungs-
worden.                                                                          kräfte der Justiz wurde kein Hehl daraus gemacht, dass in der Rechts-
                                                                                 verwirklichung das Primat der Politik zu gelten hat.
2. Strafrechtliche Ahndung                                                          Markante Stationen dieser 40-jährigen nicht an Wahrheit und
                                                                                 Gerechtigkeit orientierten, von der SED gesteuerten und instrumen-
Subsumierbar sind die Repressionsmaßnahmen des MfS, die unterhalb                talisierten Strafjustiz, die sich durch den undurchsichtigen Begriff der
eines Eingriffs in Leben, Gesundheit und Freiheit liegen, allenfalls             »sozialistischen Gesetzlichkeit« ein fadenscheiniges juristisches Män-
unter die im Recht der Bundesrepublik als Privatklage- und Antrags-              telchen umhängte, waren:
delikte klassifizierten Tatbestände der Beleidigung, der üblen Nach-             – die sog. Waldheimer Prozesse, in denen innerhalb von vier Mona-
rede, der Sachbeschädigung, des Hausfriedensbruchs und der Verlet-                  ten durch von der SED ausgesuchte Richter und Staatsanwälte mehr
zung des Briefgeheimnisses. Aus dem Strafrahmen – bis zu einem Jahr                 als 3.400 Menschen unter Missachtung aller elementaren Verfah-
Freiheitsstrafe – wird schon deutlich, dass diese Straftatbestände das              rensrechte im Viertelstundentakt zu schwersten Strafen – in 32 Fäl-
von Staats wegen auf die Zerstörung von Persönlichkeiten und                        len zum Tode – verurteilt wurden,7
beruflichen Existenzen angelegte gravierende und massenhafte                     – die nach stalinistischem Vorbild in den 50er Jahren durchgeführten
Unrecht nicht wirklich abdecken und deshalb nur als »Lückenfüller«                  Schau- und Geheimprozesse zur Säuberung des Staats- und Partei-
angewandt werden können. Der Totalitarismus der Gewaltherrschaft                    apparats, aber auch Prozesse gegen Wirtschaftsfunktionäre und
wird auf einzelne konkrete Handlungen reduziert, auf das Maß, auf das               Manager privatwirtschaftlicher Unternehmen, Handwerker und
das normale Strafrecht angelegt ist. Es ist nicht auszuschließen, dass              Bauern, die der Umgestaltung von Staat und Gesellschaft im Wege
die Opfer vor der Ohnmacht des Rechtsstaates kapituliert und deshalb                standen. Der Ahndung dieser sehr lange zurückliegenden eklatan-
die erforderlichen Strafanträge kaum gestellt haben.                                ten Justizverbrechen stehen, wie wir jetzt feststellen müssen, die
  Anklagen und Urteile hat es kaum gegeben, weil es unter Beweis-                   Gesetze der Biologie – Tod und Verhandlungsunfähigkeit – häufig
gesichtspunkten schwierig ist, diese Handlungsweisen einzelnen                      entgegen,
Personen auf der Ebene der Befehlsgeber zuzuordnen und weil den                  – die Aburteilung von Regimegegnern und Abweichlern als »Agenten
Untergebenen der Schuldausschließungsgrund des Handelns auf                         des Monopolkapitalismus«, aber auch vermeintlichen und Spionen
Befehl zugute kam.                                                                  im klassischen Sinne, die in vielen Fällen zu überaus harten Frei-
                                                                                    heitsstrafen und auch zum Tode verurteilt worden sind,
Straftaten des MfS                                          Stand: 24.9.1999     – Strafprozesse gegen Angehörige der studentischen, religiösen und
                                                                                    intellektuellen Opposition,
Anklagen                              69
                                                                                 – nach dem Mauerbau, vorwiegend nach der Unterzeichnung der
davon insgesamt abgeschlossen         45     davon 8 gegen Inhaber hoher            KSZE-Schlussakte von Helsinki 1975 die Verfahren gegen flucht-
                                             Dienstränge des MfS                    willige DDR-Bürger, gegen Fluchthelfer und Ausreiseantragsteller;
durch Verbindung                        3    davon 1 gegen Inhaber eines
                                             hohen Dienstranges                     zahlenmäßig stellen sie den größten Anteil der Ermittlungsverfah-
angeklagte Personen                     99     (Mehrfach angekl. Personen sind      ren wegen Rechtsbeugung.
       nur einmal aufgeführt, wenn die Verfahren zusammengeführt worden sind.)   Die strafrechtliche Aufarbeitung von Justizunrecht in der DDR stellt
davon rechtskräftig                                                              sich statistisch wie folgt dar:
abgeschlossen gegen                   67     davon 6 Inhaber hoher Dienst-
                                             ränge des MfS
davon:
rechtskräftig Verurteilte             25                                           3 J. Fuchs, ebenda.
zu Freiheitsstrafe                     1                                           4 A. Märker, Psychische Folgen politischer Inhaftierung in der DDR, in: Politik und
zu Freiheitsstrafe mit Bewährung      22     davon 1 x hoher Dienstrang,             Zeitgeschichte B 38/95, S. 30; F. Werkentin, Politische Strafjustiz in der Ära
                                             1 Jugendstrafe                          Ulbricht, Berlin 1995, S. 13, hält Schätzungen, die von 200.000 bis 250.000
zu Geldstrafe                          1                                             Opfern ausgehen, nicht für übertrieben.
Verwarnung                             1                                           5 F. Werkentin, in: Justiz im Dienste der Parteiherrschaft, Berlin 1999, S. 184;
                                                                                     K.-W. Fricke, Politik und Justiz, Köln 1990, S. 525. Die Zahl der bis heute bewie-
Einstellung nach § 153 a StPO          1                                             senen Todesurteile beläuft sich auf mindestens 205 – vgl. Fricke, Politische
Einstellung nach § 153 StPO            4     davon 1 x hoher Dienstrang              Strafjustiz im SED-Staat, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (Beilage zur Wochen-
Einstellung (Verfahrenshindernis)      4                                             zeitung »Das Parlament«, B 4/93 v. 22.1.1993, S. 22), vollstreckt wurden mindes-
rechtskräftige Freisprüche            21     davon 1 x hoher Dienstrang              tens 170 Todesurteile, vgl. BMJ, Ausstellungskatalog »Im Namen des Volkes«,
rechtskräftige Nichteröffnungen        6     davon 1 x hoher Dienstrang              Leipzig 1994, S. 217.
                                                                                   6 W. Schuller zum Problem der Rechtsbeugung durch DDR-Gerichte, in: DA 1994,
Verfahrensabschluss wegen Ver-
                                                                                     1255.
handlungsunfähigkeit oder Tod           6    davon 2 x hohe Dienstränge            7 F. Werkentin, aaO (Fn 4), S. 193.

Neue Justiz 1/2000                                                                                                                                                   3
Aufsätze                                                       Schaefgen, Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR

Justizunrecht (Rechtsbeugung)                                  Stand: 24.9.1999       »Am 14.12.1971 flüchteten der 21-jährige Lothar J. und seine Ehefrau,
                                                                                      die 20-jährige Jutta J., gemeinsam mit ihrer 11 Monate alten Tochter
                                                                                      Heike über das Minenfeld Nr. 27 von Ost nach West. Hierbei trat Jutta J.
Anklagen                     151                                                      auf eine Mine, durch deren Detonation ihr das rechte Bein in Höhe des
davon insgesamt                                                                       Oberschenkels vollständig abgerissen wurde. Ihr linkes Bein wurde im
abgeschlossen gegen            80     21 Angehörige des OG/DDR                        Bereich der Wade so weit abgetrennt, dass es nur noch durch Hautfetzen
                                       7 Angehörige des GStA/DDR                      mit dem übrigen Körper verbunden blieb.«
                                      15 Militärrichter/-staatsanwälte
                                      35 Angehörige der Ostberliner Justiz          Die – meist jungen – Menschen, die im Kugelhagel der Grenzsoldaten
                                       2 Sonstige                                   starben oder von Minen zerfetzt wurden, waren keine Verbrecher, die
durch Verbindung               14      8 Angehörige des OG/DDR                      die Kontrolle an einem normalen Grenzübergang scheuen mussten und
                                       2 Militärrichter/-staatsanwälte
                                       4 Angehörige der Ostberliner Justiz          deshalb den – gefährlichen – Weg über die grüne Grenze suchten. Es
angeklagte Pers.               223     (Mehrfach angekl. Personen sind nur einmal   waren verzweifelte Menschen, die von ihrem Staat gefangen gehalten
                   aufgeführt, wenn die Verfahren zusammengeführt worden sind.)     wurden, ohne ein Leben nach ihren Vorstellungen führen zu können
davon rechtskräftig                                                                 und die »ihre Konzeption des guten und richtigen Lebens, wie immer
abgeschlossen gegen          118      23 Angehörige des OG/DDR
                                       6 Angehörige des GStA/DDR                    diese aussah, selbst um den Preis ihres Todes realisieren wollten«.8 Der
                                      33 Militärrichter/-staatsanwälte              Einsatz der Schusswaffe durch die Grenzsoldaten war anfangs nur durch
                                      52 Angehörige der Ostberliner Justiz          zentrale ministerielle Dienstvorschriften geregelt und erst 1982 durch
                                       4 Sonstige                                   das sog. Grenzgesetz. In keinem Fall sind gegen die Schützen Gerichts-
davon:
rechtskräftig                                                                       verfahren durch die Justiz der DDR eingeleitet worden, auch dann nicht,
Verurteilte                    27      2 Angehörige des OG/DDR                      wenn diese den ihnen erteilten Befehl zweifelsfrei überschritten und
                                       3 Angehörige des GStA/DDR                    gestellte Flüchtlinge regelrecht exekutiert haben. Vielmehr wurde jeder
                                       7 Militärrichter/-staatsanwälte              Schütze belobigt und ausgezeichnet, das Geschehen selbst gegenüber
                                      14 Angehörige der Ostberliner Justiz
                                       1 Sonstiger                                  den Angehörigen und Bekannten des Toten häufig vertuscht.
zu Freiheitsstrafe              5      1 Angehöriger des OG/DDR                        Verfolgt wurden seit dem 3.10.1990 nicht nur und nicht in erster
                                       2 Militärrichter/-staatsanwälte              Linie die Schützen und Pioniere, die die Minen verlegt haben, sondern
                                       2 Angehörige der Ostberliner Justiz          auch und insbesondere die Befehlsgeber in allen militärischen und
zu Freiheitsstrafe
mit Bewährung                  22      1 Angehöriger des OG/DDR                     politischen Hierarchieebenen bis hinauf zu den Mitgliedern des Polit-
                                       3 Angehörige des GStA/DDR                    büros, von denen drei auch schon – inzwischen rechtskräftig – verur-
                                       5 Militärrichter/-staatsanwälte              teilt worden sind.
                                      12 Angehörige der Ostberliner Justiz
                                       1 Sonstiger                                  Gewalttaten an der Grenze                                 Stand: 15.11.1999
Einstellung nach                3      1 Angehöriger des OG/DDR
§ 154 StPO                             2 Angehörige der Ostberliner Justiz
Einstellung nach                2        Militärrichter/-staatsanwälte
§ 153 a StPO                                                                        Anklagen:                     108
rechtskräftige                                                                      davon insgesamt
Freisprüche                    37      6 Angehörige des OG/DDR                      abgeschlossen gegen            81      3 Mitgl. der politischen Führung
                                       2 Angehörige des GStA/DDR                                                          10 Mitgl. der militärischen Führung
                                       4 Militärrichter/-staatsanwälte                                                    68 Angehörige der Grenztruppen
                                      25 Angehörige der Ostberliner Justiz          durch Verbindung                5      4 Mitgl. der militärischen Führung
rechtskräftige                                                                                                             1 Angehöriger der Grenztruppen
Nichteröffnungen               34      8 Angehörige des OG/DDR                      angeklagte Personen           242
                                       1 Angehöriger des GStA/DDR                   davon rechtskräftig
                                      15 Militärrichter/-staatsanwälte              abgeschlossen gegen           177     15 Mitgl. der politischen Führung
                                       9 Angehörige der Ostberliner Justiz                                                30 Mitgl. der militärischen Führung
                                       1 Sonstiger                                                                        132 Angehörige der Grenztruppen
Verfahrensabschluss            15     23 Angehörige des OG/DDR                      davon:
wegen Verhandlungs-                    6 Angehörige des GStA/DDR                    rechtskräftig                 106      7 Mitgl. der politischen Führung
unfähigkeit oder Tod                  33 Militärrichter/-staatsanwälte              Verurteilte                           25 Mitgl. der militärischen Führung
                                      52 Angehörige der Ostberliner Justiz                                                74 Angehörige der Grenztruppen
                                       4 Sonstige                                   zu Freiheitsstrafe             18      6 Mitgl. der politischen Führung
                                                                                                                          10 Mitgl. der militärischen Führung
                                                                                                                           2 Angehörige der Grenztruppen
                                                                                    zu Freiheitsstrafe             88      1 Mitgl. der politischen Führung
                                                                                    mit Bewährung                         15 Mitgl. der militärischen Führung
                                                                                                                          72 Angehörige der Grenztruppen
IV. Gewalttaten an der früheren deutsch-deutschen Grenze                                                                    (davon 23 x Jugendstrafe)
                                                                                    rechtskr. Freisprüche          52      1 Mitgl. der militärischen Führung
                                                                                                                          51 Angehörige der Grenztruppen
Nach den bisherigen Erkenntnissen wurde in der Zeit von 1949 bis in
                                                                                    Einstellungen                1           Angehöriger der Grenztruppen
das Jahr 1989 hinein allein an der innerdeutschen Grenze, die seit                  (§ 260 Abs. 3 StPO)
Herbst 1961 auch vermint war, von Seiten der DDR auf Deutsche                       rechtskr. Nichteröffnungen   2           Angehörige der Grenztruppen
geschossen. Nach unserem jetzigen Wissen sind 264 Menschen durch                    Verfahrensabschluss         16         8 Mitgl. der politischen Führung
                                                                                    wegen Verhandlungs-                    4 Mitgl. der militärischen Führung
Schusswaffengebrauch, Minen und Selbstschussanlagen getötet und
                                                                                    unfähigkeit oder Tod                   4 Angehörige der Grenztruppen
mehrere hundert Menschen z.T. schwerstverletzt worden. Selbst in der                anklagereife Abgaben       156        50 Mitgl. der militärischen Führung
nüchternen, auf das strafrechtlich Wesentliche konzentrierten Spra-                 an örtlich zust. StA                  106 Angehörige der Grenztruppen
che einer Anklageschrift, die also das, was die Opfer während und nach              darin insgesamt
                                                                                    beschuldigte Personen      249        76 Mitgl. der militärischen Führung
der Tat durchlitten haben, in seinem ganzen Ausmaß nicht einfangen
                                                                                                                          173 Angehörige der Grenztruppen
kann, kommt das erbarmungslose und grausame Vorgehen und die
Perversität des Einsatzes von Kriegswaffen gegen unbewaffnete Zivilis-
ten noch zum Ausdruck. Dafür nur ein Fall, in dem die Flucht durch                    8 R. Alexy, Mauerschützen. Zum Verhältnis von Recht, Moral und Strafbarkeit,
Minen und Schusswaffeneinsatz verhindert wurde.                                         Hamburg 1993, S. 23, 29.

4                                                                                                                                          Neue Justiz 1/2000
Schaefgen, Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR

V. Wertung der Ergebnisse der strafrechtlichen Aufarbeitung                    Bei der innerstaatlichen Verfolgung und Ahndung staatlichen
                                                                            Gewaltmissbrauchs geht es um die Bewährung der Rechtsordnung als
Besagen diese Zahlen nun, dass die strafrechtliche Aufarbeitung miss-       gesellschaftspädagogische Forderung und damit um Generalpräven-
lungen ist oder sogar ein Fehler war? Wenn anhand der Zahlen                tion im weitesten Sinne.12 Das, was strafbares Unrecht war und ist muss
Zweifel an der Sinnhaftigkeit gehegt werden, muss die Frage nach            als solches kenntlich gemacht werden. Und es muss deutlich werden,
Alternativen zu einer Strafverfolgung gestellt werden. In den wenigsten     dass für dieses Unrecht nicht der Lauf der Geschichte, nicht Systeme
Staaten wird nach einem Systemumbruch auf das in Diktaturen                 und Apparate, sondern Menschen verantwortlich sind und dass es
begangene Unrecht mit dem Strafrecht reagiert, in keinem Land so            auch für Regierende keinen straffreien Raum gibt. Wenn nach System-
stark wie in Deutschland; es hieß deshalb auch, Deutschland habe            veränderungen weltweit das staatsgesteuerte Unrecht verfolgt würde,
einen Sonderweg beschritten.9 In den lateinamerikanischen Militär-          dann würde diese Praxis ihre Wirkung auf andere Staatsführer, die die
diktaturen, in Chile, Argentinien, Brasilien, Uruguay und Bolivien          Menschenrechte verletzen, auch nicht verfehlen. Die Bestrafung
haben Amnestiegesetze verhindert, dass die Verantwortlichen vor             schwerer Menschenrechtsverletzungen ist aber nicht nur aus präven-
Gericht gestellt wurden. Dies war aber der Preis für den Übergang in die    tiven Gründen notwendig. Sie ist auch ein Gebot elementarer Gerech-
Demokratie. Die Militärherrscher ermöglichten den friedlichen Über-         tigkeit. Sie hat eine schuldausgleichende Funktion und entspricht
gang in die Demokratie nur gegen Zusicherung von Straffreiheit. In den      insoweit auch dem legitimen Bedürfnis des Opfers nach Sühne der Tat.
postkommunistischen Staaten Ost- und Mitteleuropas findet eine                 Das Wirken der Justiz ist zudem ein Stück praktizierter Rechtsstaat.
justizielle Aufarbeitung des kommunistischen Unrechts so gut wie gar        Die Opfer müssen erfahren und lernen, dass Gerechtigkeit und Rechts-
nicht oder nur punktuell bezogen auf bestimmte Ereignisse und               staatlichkeit sich nicht immer entsprechen, dass aber Gerechtigkeit ohne
Epochen statt. Dies ist weniger eine Folge einer bewussten Entschei-        rechtsstaatliches Verfahren nicht erreichbar ist. Die beschuldigten Staats-
dung, eine historische Periode abzuschließen, als vielmehr dem Umstand      und Parteifunktionäre der ehem. DDR, die keinen schwereren Belas-
geschuldet, dass die Kommunisten nach wie vor in diesen Staaten             tungen durch die Verfahren ausgesetzt sind als jeder andere Beschuldigte
noch eine große politische Macht haben und dass eine personelle             auch, werden gezwungen, sich mit der Vergangenheit zu befassen. Sie
Erneuerung in Verwaltung, Polizei und Justiz nicht stattgefunden hat.       sollten dies als Chance zur Verarbeitung des Geschehens begreifen. So
   Ich halte den von der Bundesrepublik Deutschland eingeschlagenen         gesehen hat die Justiz hier durchaus die Rolle, durch das ernsthafte
Weg auch heute noch für den richtigen. Von einer Amnestie würde             Bemühen um Wahrheit und Gerechtigkeit und das Zusammenführen
keine friedensstiftende Wirkung ausgehen; andererseits stiftet die          von Tätern und Opfern, den Boden für eine Versöhnung mitzubereiten.
Strafverfolgung auch keinen erkennbaren Unfrieden. Die Behauptung,             Die alle Formen des Systemunrechts umfassende Strafverfolgungs-
zwischen den beiden in unterschiedliche militärische und ideologi-          tätigkeit muss auch auf dem Hintergrund des weniger konsequenten
sche Blöcke eingebundenen Teilen Deutschlands habe ein kalter Bür-          Wirkens der deutschen Justiz nach 1945 bei der Verfolgung der bedeu-
gerkrieg stattgefunden,10 und nunmehr rechne die siegreiche mit der         tend schwerer wiegenden NS-Verbrechen gesehen werden. In den 50er
besiegten Partei ab und behindere damit das Zusammenwachsen der             Jahren gab es einen faktischen Stillstand der Rechtspflege,13 es kam zur
beiden Teile Deutschlands, geht an den Realitäten vorbei. Die straf-        Verjährung von Totschlagsdelikten und Gesetzesänderungen, durch die
rechtliche Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit hatte einen Ost-West-         Schreibtischtäter aus der Ministerialbürokratie von Strafe verschont blie-
Bezug nur hinsichtlich der Stasi-Spionage im Westen und der Tätigkeit       ben. Schließlich wurde kein Richter oder Staatsanwalt wegen der unter
der altbundesrepublikanischen Nachrichtendienste in der ehem. DDR.          der NS-Herrschaft verübten Justizverbrechen rechtskräftig verurteilt.
Der Strafanspruch der DDR gegen die Mitarbeiter der BRD-Dienste ist            Dieses damalige Versagen wird heute von Kritikern der justiziellen
durch die Wiedervereinigung weggefallen, während den Angehörigen            Aufarbeitung bemüht, um die Verfolgung des SED-Unrechts mit der
der HVA weiterhin Strafverfolgung durch die bundesrepublikanische           Behauptung zu diskreditieren, die bundesrepublikanische Justiz sei
Justiz drohte. Die Gefahr, dass die unterschiedliche Bewertung ein und      auf dem rechten Auge blind und das Versagen von damals würde nun
desselben nicht auf einem allgemeinen sozialethischen Unwerturteil          durch Übereifer bei der Verfolgung von Kommunisten kompensiert.
begründeten Verhaltens auch in breiten Kreisen der Bevölkerung              Die Zahlen belegen aber, dass von einem unnachsichtigen Verfolgungs-
unverstanden bleiben müsse und der Herstellung der inneren Einheit          eifer, durch den in der Vergangenheit gemachte Fehler wieder ausge-
im Wege stehe, ist durch das BVerfG 11 gebannt worden. Durch diesen         glichen werden sollen, keine Rede sein kann.
Beschluss von 1995 wurde die Strafverfolgung im Wesentlichen auf die           Die heute mit der Verfolgung des SED-Unrechts befasste Juristen-
Bestrafung von Bundesbürgern, die im Dienste der Stasi standen,             generation sieht sich nicht in der Verantwortung der fragwürdigen
beschränkt. In Wirklichkeit ist die justizielle Aufarbeitung ein Teil der   Praktiken der damaligen Richter und Staatsanwälte. Für sie besteht
Auseinandersetzung weiter Teile der ihrer Menschenrechte beraubten          nicht der geringste Anlass zu einer Verletzung ihres gesetzlichen Ver-
Bevölkerung Ostdeutschlands mit ihren damaligen Machthabern und             folgungsauftrages. Es liegt auf der Hand, dass das damalige Versagen
deren Handlangern im Staats- und Parteiapparat.                             kein Grund sein kann, einen einmal gemachten Fehler zu wieder-
   Es geht also darum, ob das Strafrecht ein taugliches Mittel ist, diese   holen. Im Gegenteil, die gründliche, zeitnahe und umfassende straf-
beiden Parteien wieder zusammenzuführen, oder ob das Strafrecht die         rechtliche Untersuchung der Geschehnisse ist eine wichtige Lehre aus
Spaltung vertieft, das Vertrauen in den Rechtsstaat geschwächt hat.         der Geschichte. Diesmal lassen wir, anders als damals wegen der man-
   Die Ereignisse vom Herbst 1989 erinnern daran, dass sich das Volk        gelhaften Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, keinen Nachfrage-
aus der staatlichen Umklammerung und Unterdrückung befreit und die          bedarf der folgenden Generationen mit allen daraus sich ergebenden
Bevölkerung der DDR den Umgang mit der Vergangenheit bestimmt               Gefahren für den inneren Frieden entstehen. Die Strafverfolgung ist
hat, wozu auch der Einsatz des Strafrechts gehören sollte. Diesen           auch unter diesem Aspekt, auch wenn sie hinter den Erwartungen
Willen, der – wie wir heute sehen – auf die Verfolgung schwerer             zurückgeblieben ist, kein Luxus – keine Ressourcenverschwendung –,
Menschenrechtsverletzungen beschränkt war, galt es zu respektieren.         sondern eine notwendige Investition in die Zukunft.
Er entsprach dem Selbstverständnis der Bundesrepublik. »Man kann
nicht die Idee der Menschenrechte zur Grundlage des Staatswesens              9 B. Schlink, NJ 1994, 433 ff.
                                                                             10 B. Schlink, ebenda, S. 433.
machen und gleichzeitig Personen, die sie mit Füßen getreten haben,          11 BVerfG, NJ 1995, 363.
straflos ausgehen lassen«, hat Alt-Bundespräsident Roman Herzog im           12 A. Rückerl, NS-Prozesse: Warum erst heute? – Warum noch heute? – Wie lange
                                                                                noch?, in: ders. (Hrsg.), NS-Prozesse nach 25 Jahren Strafverfolgung: Möglich-
März 1996 vor der Enquête-Kommission »Überwindung der Folgen der                keiten, Grenzen, Ergebnisse, 2. Aufl. 1972, S. 34.
SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit« erklärt.                       13 L. M. Peschel-Gutzeit, NJ 1995, 450 ff.

Neue Justiz 1/2000                                                                                                                                          5
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