Expedition Wissenschaft und Kunst 2012 2018 - Hanse ...

Die Seite wird erstellt Levi Schulz
 
WEITER LESEN
Expedition Wissenschaft und Kunst 2012 2018 - Hanse ...
Expedition
Wissenschaft und Kunst
2012 - 2018
Expedition Wissenschaft und Kunst 2012 2018 - Hanse ...
Expedition
Wissenschaft und Kunst
2012 - 2018

Hanse-Wissenschaftskolleg
Institute for Advanced Study
Expedition Wissenschaft und Kunst 2012 2018 - Hanse ...
2
Expedition Wissenschaft und Kunst 2012 2018 - Hanse ...
Inhaltsverzeichnis

4 | Vorwort                      14 | Rolf Giegold
     Karin Lochte, Reto Weiler        Einsame Inseln

6 | Zwei Pole – eine Mission     18 | Nathalie Grenzhaeuser
     Sabine Adler                     Metamorphosen

10 | Die Rückseite des Wissens   22 | Judith Neunhaeuserer
     Monica Meyer-Bohlen              Polarforschungsrituale

                                 26 | Julia Schnittger
                                      Gedächtnisverlust

                                 30 | Nicole Schuck
                                      Natur-Kapital

                                 34 | Shonah Trescott
                                      Drawn Into the Light

                                                               3
Expedition Wissenschaft und Kunst 2012 2018 - Hanse ...
Vorwort

     Wissenschaft und Kunst mit ihrer               Vor diesem Hintergrund gab es zwischen
     definitorischen und metaphorischen Kraft       dem Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK) und
     eröffnen dem Menschen immer wieder             dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-
     unbekannte Räume. Der Blick zurück zeigt       Zentrum für Polar- und Meeresforschung,
     ein stetiges Wechselverhältnis der beiden,     Bremerhaven (AWI) Überlegungen, wie man
     ein sich Nähern und Entfernen, wobei im        die Stärken der beiden Institutionen bündeln
     Allgemeinen Phasen der gegenseitigen           könnte, um entsprechende Voraussetzungen
     Nähe als besonders produktiv eingeschätzt      zu schaffen. Aus diesen Überlegungen heraus
     werden. Die Verschmelzung von bildlicher und   ist das Projekt »Expedition Wissenschaft
     analytischer Herangehensweise im Ringen um     und Kunst« entstanden. Im Rahmen dieses
     ein Verständnis komplexer Zusammenhänge        Projektes erhalten ausgewählte Künstler die
     wird gerade heute als erfolgversprechend       Möglichkeit, sich im besten Sinne des Wortes
     angesehen und entsprechend eingefordert.       zu einer»Expedition« aufzumachen und die
     Dies aber wiederum bedeutet, dass              oben erwähnten Berührungspunkte zwischen
     Voraussetzungen geschaffen werden              Wissenschaft und Kunst zu orten und sie in
     müssen, die gegenseitige Nähe der in           der ihnen eigenen Bildsprache zu vermitteln.
     Wissenschaft und Kunst tätigen Personen        Dazu bietet das Projekt drei Phasen an.
     erst ermöglichen. Eine Nähe, die es erlaubt,   In einer ersten Phase, während der die
     in die unterschiedlichen Arbeitsprozesse       Künstlerin oder der Künstler am HWK
     und Erkenntnisformen des jeweilig anderen      als Artist in Residence residiert, werden
     einzutauchen, und die durch den fremden        im Austausch mit den Fellows und den
     Blick des andern die Berührungspunkte          Wissenschaftlern am AWI das künstlerische
     aufdeckt und diese produktiv in der eigenen    Konzept inhaltlich ausgestaltet und
     Arbeit umsetzt.                                die Vorbereitungen zum Besuch einer
                                                    Forschungsstation des AWI getroffen. Dieser

4
Expedition Wissenschaft und Kunst 2012 2018 - Hanse ...
Besuch findet in der zweiten Phase statt. Je    mit der Unterstützung von AWI und HWK auf
nach Verfügbarkeit geht es dabei um einen       eine in mehrfacher Hinsicht spannende Reise
ein- bis zweimonatigen Aufenthalt auf einer     begeben konnten und deren Eindrücke sich in
Forschungsstation in der Arktis respektive      dieser Broschüre wiederfinden.
Antarktis oder um einen mehrwöchigen
Aufenthalt auf einem Forschungsschiff. In der   Wir möchten uns bei allen bedanken, die diese
dritten Phase, verbunden wieder mit einem       Expeditionen möglich gemacht haben. Bei
Aufenthalt am HWK, wird an der Umsetzung        dem Künstlerischen Beirat des HWK, bei allen
des künstlerischen Konzeptes gearbeitet,        Personen am AWI und am HWK, die bei der
Zwischenresultate werden den Fellows            Vorbereitung und der damit verbundenen,
vorgestellt und mit diesen besprochen. In       aufwendigen Logistik mitgewirkt haben und        Prof. Dr. Dr. Karin Lochte
manchen Fällen schließt sich eine öffentliche   bei den Fellows für ihre Gesprächsbereitschaft   war von 2007 bis 2017
Präsentation an, sei es im AWI, HWK, einer      und natürlich bei den Künstlerinnen und          Direktorin des Alfred-
Galerie oder einem Museum.                      Künstlern für ihren Mut, auf diese Expedition    Wegener-Instituts,
                                                zu gehen.                                        Helmholtz-Zentrum
In einer gemeinsamen Ausschreibung von                                                           für Polar- und
AWI und HWK wurde das Projekt »Expedition       Wir wünschen Ihnen, dass Sie beim Lesen und      Meeresforschung,
Wissenschaft und Kunst« öffentlich              Schauen etwas von der doppelten Faszination      Bremerhaven (AWI).
gemacht und zur Bewerbung eingeladen.           einer »Expedition Wissenschaft und Kunst«
Aus den Bewerbungen wurden geeignete            erfahren mögen.                                  Prof. Dr. Reto Weiler
Kandidaten durch eine Jury ausgewählt und                                                        ist seit 2008
zur Vorstellung eingeladen. Und so können                                                        Rektor des Hanse-
wir Ihnen nun heute eine Gruppe von sechs       Karin Lochte ​​​​​​​​      Reto Weiler           Wissenschaftskollegs
Expeditionsteilnehmern vorstellen, die sich     Delmenhorst, 27. April 2018                      (HWK).

                                                                                                 5
Expedition Wissenschaft und Kunst 2012 2018 - Hanse ...
Zwei Pole – eine Mission

    Das Projekt          Wer kooperiert, kommt weiter als derjenige,    Stärken der Wissenschaft in ihrer faktischen
                         der alleine agiert, lehrt die Evolutions-      Autorität und dem überlebensnotwendigen
    »Expedition
                         theorie. Das gilt für Arten ebenso wie für     Vorantreiben des wissenschaftlich-
  Wissenschaft           Institutionen und gesellschaftliche Gruppen.   technischen Fortschritts, kann die Kunst mit
                         Insofern ist die 2012 ins Leben gerufene       Emotionalität, Freiheit von Sachzwängen
und Kunst« eint
                         Zusammenarbeit im Projekt »Expedition          und einem großen Publikumsinteresse
Rationalität und         Wissenschaft und Kunst« zwischen dem           fesseln. Beides zusammen ergibt jene
Emotionalität –          Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum     zukunftsweisende Mischung aus Rationalität
                         für Polar- und Meeresforschung (AWI) und       und Emotionalität, die für das Vorankommen
   mit dem Ziel,         dem Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK)            bei der gesamtgesellschaftlichen Lösung der
  die Folgen des         nicht hoch genug zu würdigen.                  komplexen Klimaprobleme möglicherweise
                                                                        entscheidend ist.
 Klimawandels
                         Geht es im Ergebnis dieses Gemeinschafts-
   aufzuzeigen.          projekts doch zentral um die Kommunikation     Seit August 2009 gehören Artists in
                         eines der drängendsten Probleme unserer        Residence zum festen Bestandteil des
                         Zeit – den Klimawandel und seine Folgen.       HWK. Dass Künstlern über einen längeren
                         Anders als mit fachinternen Kommuni-           Zeitraum und am gleichen Ort die
                         kationsstrategien bietet die Einbeziehung      Chance geboten wird, in direkten
                         von Künstlern die Chance, die gravierenden     Austausch mit internationalen Fellows des
                         Veränderungen unseres Planeten auf             HWK zu kommen, ist insbesondere dem
                         überraschende und ungewohnte Weise             Rektor des Hanse-Wissenschaftskollegs,
                         in die Öffentlichkeit zu tragen. Liegen die    Prof. Dr. Reto Weiler, zu verdanken.

                   6
Expedition Wissenschaft und Kunst 2012 2018 - Hanse ...
Als Neurowissenschaftler war er schon        Dass seit 2012 auch das Alfred-Wegener-
aus fachlicher Sicht stets ein überzeugter   Institut Projektpartner ist und ausgewählten
Verfechter des interdisziplinären Denkens,   Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit
und als leidenschaftlicher Kunstliebhaber    gibt, als Artists in Residence neben dem
und -sammler ist er mit den Besonderheiten   theoretischen Austausch auf dem Campus
künstlerischer Strategien und Heran-         in Delmenhorst praktische Erfahrungen
gehensweisen im Vergleich mit den            auf den AWI-Stationen in der Antarktis,
Naturwissenschaften vertraut.                auf Spitzbergen, Helgoland oder Sylt zu
                                             sammeln, ist in dieser Form einzigartig in
So rief er 2009 auch das Projekt »art        der Bundesrepublik.
in progress« ins Leben. Als Institute for
Advanced Study bietet das HWK seither        Hier bietet sich für Künstler die rare
Bildenden Künstlerinnen und Künstlern mit    Gelegenheit, auf engstem Raum mit
einem bis zu sechsmonatigen Fellowship       Wissenschaftlern zu leben, sie bei der
die großartige Möglichkeit, frei von         Arbeit zu begleiten, ihre Sichtweisen
Alltagszwängen mit Wissenschaftlern          und Arbeitsmethoden kennenzulernen.
in den Dialog zu treten und an einem         Andere Länder wie Großbritannien
künstlerischen Projekt zu arbeiten. Der      oder die USA fördern schon länger den
Ansatz »living and working together«         intensiven Austausch von Künstlern und
hat innerhalb der seit den 1990er Jahren     Wissenschaftlern in den Polarregionen,
stetig wachsenden Initiativen, Kunst         um auf diese Weise neue Wege zur Lösung
und Wissenschaft einander näher zu           der vom Menschen verursachten stetigen
bringen, einen Alleinstellungscharakter      Klimaerwärmung einzuschlagen.
in Deutschland.

                                                                                            7
Expedition Wissenschaft und Kunst 2012 2018 - Hanse ...
Dass es seit 2012 auch in Deutschland eine         die künstlerische Qualität und Freiheit,
    vergleichbare Initiative gibt, ist als wichtiger   sondern die Instrumentalisierung der Kunst
    Schritt im globalen Bemühen um eine                zu Abbildungszwecken in den Mittelpunkt
    Reduktion der Treibhausgasemissionen zu            rückt.
    werten.
                                                       Alle Mitglieder des Künstlerischen Beirats
    Der Künstlerische Beirat des HWK darf              arbeiteten ehrenamtlich, widmeten ihre freie
    die Initiative des Hanse-Wissenschafts-            Zeit dem Projekt und trafen sich in der Regel
    kollegs seit vielen Jahren mit kunstwissen-        einmal pro Jahr zur Jurysitzung.
    schaftlicher Kompetenz unterstützen und
    beratend tätig sein. Bei der Zusammen-             Besonders der Kuratorin des Künstler-
    setzung des Beirats wurde darauf                   programms, Dr. Monica Meyer-Bohlen, ist es
    geachtet, externe Persönlichkeiten                 gelungen, viele international renommierte
    zu gewinnen, die Expertise in den für              Künstler ans HWK zu holen. Ihr Engagement
    das Gemeinschaftsprojekt wichtigen                 war entscheidend für die erfolgreiche
    Grenzbereichen zwischen Kunst und                  Umsetzung des Projekts. Aus mehreren
    Wissenschaft vorweisen können – sei es,            hundert Bewerbungen für »Expedition
    indem sie entsprechende Erfahrungen im             Kunst und Wissenschaft« konnten vom
    Ausstellungsbetrieb haben oder direkt an           Künstlerischen Beirat seit 2012 schließlich
    der Schnittstelle Kunst und Wissenschaft           sechs Kandidaten gekürt werden. Ihre
    tätig sind. Damit wurde auch einem der             Forschungsreisen mit dem AWI konnten
    Hauptbedenken von Künstlern, sich an               die Künstler dann am HWK dank des
    Kunst- und Wissenschaftsprojekten zu               Stipendiums vor- und nachbereiten.
    beteiligen, entgegengewirkt: Dass nicht

8
Expedition Wissenschaft und Kunst 2012 2018 - Hanse ...
Die Auswahl fiel der Jury nicht immer          am AWI und am HWK aber noch etwas
leicht, da es eine große Zahl interessanter    Anderes, Wichtiges geleistet: »Wie unter-
und geeigneter Bewerber gab. Letztendlich      schiedlich die Wege auch sind, denen
entschied die Stimm-Mehrheit, und              sie folgen, Kunst und Wissenschaft sind
der Künstlerische Beirat sprach eine           miteinander verwandt und verbinden uns
entsprechende Empfehlung an den Rektor         mit dem Universalen«, so der renommierte
des HWK aus.                                   Kurator und Kulturmanager Jean-Baptiste Joly.

Viele spannende Kunstprojekte sind aus         Und weiter: »Kunst, Wissenschaft und
der »Expedition Wissenschaft und Kunst«        Philosophie sind die ultimativen Waffen
hervorgegangen. Sie wurden in Museen,          gegen Ideologie, Aberglauben und
Kunstvereinen oder anderen öffentlichen        Gemeinplätze.« Genau diese Waffen sind
Institutionen ausgestellt. Damit wurde         heute wichtiger denn je.
ein wichtiger Anstoß gegeben, einer
breiten Öffentlichkeit einen anderen Blick     Sabine Adler
auf die Regionen des längst nicht mehr
ewigen Eises oder anderer klimarelevanter      Dr. Sabine Adler ist Mitglied im Vorstand der
Meeresregionen zu vermitteln und dabei         ERES-Stiftung und Vorsitzende vom Künstlerischen
Sinne und Gefühle der Betrachter zu treffen.   Beirat des HWK

In Zeiten von Fake News und gefühlten
Wahrheiten hat die fruchtbare Zusammen-
arbeit von Künstlern und Wissenschaftlern

                                                                                                  9
Die Rückseite des Wissens

Das Schaffen         Die von alters her und bis heute geführten     oder der Besuch von Forschungsstationen
                     Debatten über Wechselbeziehungen               ermöglicht. Durch die daraus erwachsende
 von Welten
                     zwischen Kunst und Wissenschaft entwi-         direkte Begegnung mit Wissenschaft
in Kunst und         ckeln sich gegenwärtig in unterschiedlichen    vermögen sich die Künstlerinnen
                     Formaten zu zunehmend intensiven               und Künstler von wissenschaftlichen
Wissenschaft
                     Dialogen, die in der Zusammenschau ein         Fragestellungen inspirieren zu lassen und
                     neues Licht auf die geistige Situation         diese in sinnlich-ästhetische Arbeiten zu
                     unserer Zeit werfen. In ihnen spiegeln sich    transformieren. Damit eröffnen sich für
                     die Herausforderungen, die eine komplexer      beide Seiten Möglichkeiten neuer Horizonte
                     werdende Welt an bildliche und theoretische    der - auch öffentlichen - Wahrnehmung.
                     Erkenntnis gleichermaßen stellt.
                                                                    Ungeachtet propagierter Unterschiede
                     Für die Kunst stellt Natur als Inspirations-   und Gemeinsamkeiten von Kunst und
                     quelle nach wie vor eine zentrale Kategorie    Wissenschaft, von denen ein Anschwellen
                     dar.                                           einschlägiger Literatur eindrucksvoll Zeugnis
                                                                    gibt, speisen sie sich beide aus einem
                     Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2012      Ursprung. In anthropologischem, nicht in
                     das Konzept für das gemeinsame Projekt         verwandtschaftlichem Sinn, gelten beide
                     »Expedition Wissenschaft und Kunst«            auf unterschiedliche Ziele gerichteten
                     des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-       Tätigkeiten des Menschen seit der Antike
                     Zentrum für Polar- und Meeresforschung,        als ebenbürtig. Naturwissenschaftlerinnen
                     Bremerhaven (AWI) und des Hanse-               und Naturwissenschaftler wie auch
                     Wissenschaftskollegs (HWK) entwickelt.         Künstlerinnen und Künstler sind
                     In diesem Rahmen wird Künstlerinnen und        kontinuierlich auf der Suche nach dem
                     Künstlern die Teilnahme an Expeditionen        Neuen und schaffen jeweils eigene Welten.

               10
Die einen suchen nach Erklärungen in der        in der Form des Begriffs. Aber schließlich
Begrifflichkeit von Wissen, die anderen sehen   wird sich bei vollendeter Erscheinung ja auch
das Sichtbarmachen von Unsichtbarem als         die begriffliche Fassung finden müssen, und
ihre Aufgabe.                                   beide werden schließlich vereint zusammen
                                                wirken.«
So stehen sich einerseits wissenschaftliches
Erkenntnisstreben als Suche nach intersub-      In diesem Sinn eröffnen sich in unserem
jektivem Wissen und andererseits die            gemeinsamen Projekt »Expedition
Produktion individueller Wissensweisen, die     Wissenschaft und Kunst« gemeinsame
über einen Wissensausschnitt hinausweisen,      Themenfelder in Extremsituationen.
gegenüber.                                      Wissenschaftliche Erkenntnisse werden in
                                                künstlerische Reflexion transzendiert und
Hermann von Helmholtz sieht Kunst               der sinnlichen Wahrnehmung eines breiten
und Wissenschaft um ihre jeweilige              Publikums ästhetisch geöffnet.
Wahrheitssuche bemüht, wobei er letztlich
auf ihre Zusammenführung hofft: »Kunst          Dem Künstlerpaar Shonah Trescott
und Wissenschaft sind ja in allen äußeren       und Osvaldo Budet geht es um
Beziehungen und in der Methodik der Arbeit      grundlegende kritische Reflexionen der
sehr verschiedene Gebiete; sonst muss ich       Lebensbedingungen auf der Erde und deren
doch sagen, dass ich von der tiefen inneren     ästhetische Manifestation in Malerei, Film
Verwandtschaft der Kunst und Wissenschaft       und Fotografie. Insbesondere seit ihrem
überzeugt bin. Auch die Kunst sucht uns         Aufenthalt auf der französisch-deutschen
Wahrheiten zu verkünden, psychologische         Arktis-Forschungsbasis AWIPEV leisten sie
Wahrheiten, wenn auch in ganz anderer           nicht nur einen Beitrag zur gegenwärtigen
Form sinnlicher Erscheinungen und nicht         Debatte um den Klimawandel, den die

                                                                                                11
naturwissenschaftliche Begrifflichkeit          fotografischen Bildern wie denen der dort
     allein in der öffentlichen Wahrnehmung          erlebten totalen Sonnenfinsternis.
     nicht bewirken kann. Beeindruckende             Thematisch ähnlich übergreifend geht
     fotografische Bilder der beiden Künstler        Judith Neunhaueserer vor, die sich als
     von zurückgelassenen Relikten eines             eine der Künstlerinnen auf der Neumayer-
     längst verlassenen Kohlebergwerks zeugen        Station III des AWI in der Antarktis aufhielt.
     von weit zurückliegender menschlicher           Die Polarforschung vor Ort, das heißt die
     Achtlosigkeit gegenüber der Natur.              aktuelle Arbeit der Wissenschaftlerinnen
                                                     und Wissenschaftler, wie auch der
     Die Faszination, die die arktische Forschung    Südpol als Ort für Spekulationen und als
     im Zusammenhang mit Landschaft auf              Bezugspunkt für inzwischen als irrational
     Nathalie Grenzhaeuser ausübt, drückt            geltende Phantasien, dienen der Künstlerin
     sich in ihren künstlerischen Fotografien        als Inspirationsquelle für ihre Arbeit. In
     aus, die ebenfalls während ihres Arktis-        Kombination fiktionaler Elemente mit
     Aufenthalts in Ny-Ålesund entstanden sind.      wissenschaftlichen Forschungsinstrumenten
     In diesen Bildern verbindet sich die Realität   geht sie mit aktuellen Messgeräten
     wissenschaftlicher Forschung mit der            und Methoden der Erforschung längst
     existenziellen Form von Landschaft als Eis,     überkommener (Verschwörungs-) Theorien
     Kälte, Stille und Klang.                        nach. In diesem Sinn fokussiert die
                                                     Künstlerin einen ganzheitlichen Blick auf
     Der Künstlerin gelingen metaphorische           unterschiedliche Räume menschlichen
     Visualisierungen, die das Sichtbare             Denkens und Handelns und auf
     atmosphärisch mit dem Unsichtbaren              Gegenstände, die sich jedem Versuch einer
     verbinden; eindrücklich zu sehen in             logischen Analyse widersetzen.

12
Literatur

                                                                                               Cassirer, Ernst
                                                                                                  ( 2. verbesserte Auflage
                                                                                                  2007): Versuch über den
                                                                                                  Menschen. Einführung
                                                                                                  in eine Philosophie der
                                                                                                  Kultur, Hamburg, Felix
Ein beeindruckendes Symbol für               Dafür spenden seitdem ausgewählte
                                                                                                  Meiner, Philosophische
die Engführung unterschiedlicher             Künstler und Wissenschaftler aller                   Bibliothek Bd. 488
Wissenskulturen und die Erweiterung          Disziplinen ein Buch ihrer Wahl.                  Friese, Peter, Boulboulle,
der wissenschaftlichen Zugangsweise                                                               Guido, Witzgall, Susanne
zur Welt schuf last but not least der        Das Künstlerbuch, das Judith Neunhaueserer           (Hg., Ausstellungskatalog
Künstler Lutz Fritsch bereits im Jahr 2005                                                        Weserburg 2007):
                                             als Resultat ihres Antarktis-Projekts
                                                                                                  Say it isn´t so
mit der »Bibliothek im Eis«, die mit der     publiziert, wird als nächstes Werk in die
                                                                                                  Naturwissenschaften
Unterstützung des AWI in der Antarktis       »Bibliothek im Eis« seinen Eingang finden.           im Visier der Kunst,
installiert wurde.                                                                                Heidelberg, Kehrer Verlag
                                             Auf diese Weise werden ganz konkret               Parzinger, Hermann, Aue,
Als Folge intensiver Diskussionen des        Grenzen unterschiedlicher Denkräume                  Stefan, Stock, Günter
Künstlers mit den Wissenschaftlern                                                                (2014): ArteFakte: Wissen
                                             überschritten und zusammengeführt, die
                                                                                                  ist Kunst. Kunst ist
der Neumayer-Station über Sehen und          ein überaus anregendes Hineindenken
                                                                                                  Wissen. Reflexionen
Empfinden, über Erfahren und Messen,         in wissenschaftliche Forschung aus                   und Praktiken
entwickelte sich ein Dialog zwischen         künstlerischer Perspektive und umgekehrt             wissenschaftlich-
Kunst und Wissenschaft, den Lutz Fritsch     ermöglichen.                                         künstlerischer
fortsetzen wollte. Daraus entstand sein                                                           Begegnungen. Bielefeld,
Gebäude auf dem Eis, das in hundert Metern                                                        transcript Verlag
                                             Monica Meyer-Bohlen
                                                                                               Witzgall, Susanne
Entfernung von der wissenschaftlichen
                                                                                                  (2003): Kunst nach
Forschungsstation ein Ort zum Nachdenken     Dr. Monica Meyer-Bohlen ist freie Kuratorin und
                                                                                                  der Wissenschaft.
über Natur, Umwelt und Zivilisation          Mitglied im Künstlerischen Beirat des HWK            Zeitgenössische Kunst
wurde. Damit erfand der Künstler einen                                                            im Diskurs mit den
symbolischen Raum für die komplementäre                                                           Naturwissenschaften,
Sicht auf die Welt.                                                                               Nürnberg, Verlag für
                                                                                                  moderne Kunst

                                                                                                  13
Rolf Giegold

      Fellowship                            Ergebnisse des Fellowships
      »Expedition Wissenschaft und Kunst«   wurden präsentiert:

      Einsame Inseln
                                            2015     Saarländisches Künstlerhaus

      03. September 2013 – 31. März 2014             Saarbrücken
                                            2015     Arbeitnehmerkammer Bremerhaven
      post@rolfgiegold.de                   2016     Galeria AT, Poznán
      www.rolfgiegold.de
                                            Publiziert in: studioblau 15,
                                            Saarländisches Künstlerhaus Saarbrücken (Hg.),
                                            Saarbrücken 2016, ISBN 978-3-945126-27-1

14
Einsame Inseln

           Betrachtet man die Umstände und                Dennoch ist die Frage nach den Bedürfnissen
           Bedingungen des Überwinterns auf               des Einzelnen bzw. der Kleingruppe in der
           einer über Monate von der Außenwelt            Isolation nach wie vor akut. Wie lebt es sich
           abgeschnittenen Forschungsstation              auf lebensfeindlichem Terrain? Was braucht
           historisch, so fällt der Paradigmenwechsel     der Mensch und wie gestaltet er selbst seine
           des letzten Jahrzehnts auf, der v. a.          Welt, die getrennt ist von Zivilisation, von
           durch die rasante Entwicklung der              gewohnten Alltagsprozessen und deren
           Kommunikationsmedien die Konditionen           Rhythmus?​​​​​​​
           vor Ort stark beeinflusst hat. Betrachtet
           man zudem die Entwicklung der logistischen
           Möglichkeiten, die nicht zuletzt den Bau der
           2009 fertig gestellten Neumayer-Station III
           bedingt haben, so sind Lebens- und Arbeits-
           räume der heutigen Überwinterer mit denen
           vor 20 Jahren kaum mehr vergleichbar.

                                                                                                          15
16
Day By Day (2014)
Videoinstallation [39’50]
Konzept & Realisation: Rolf Giegold
Schnitt: Claus Larsen
Musik: Elisabeth Zündel

                                      17
Nathalie Grenzhaeuser

     Fellowship                                  Präsentationen
     »Expedition Wissenschaft und Kunst«

     Metamorphosen - Klimaphänomene und          2018 Sketches & Black Ice, in der Reihe

     Landschaftsräume aus künstlerischer Sicht         screen spirit continued Nr.21,
                                                       Städtische Galerie Bremen

     27.01.2015 – 12.03.2015                     2017 The Arctic Series Projektion, Arctic

     Vorbereitungsphase                                Council Event der Embassy of the
                                                       United States, Berlin
     17.08.2015 - 15.12.2015
                                                 2017 Ideal und Wirklichkeit, mit Benjamin
     Realisation der Arbeiten am HWK
                                                       Vogel, Galerie Wolfstaedter,
     06.01.2016 - 06.02.2016                           Frankfurt Main
     Vorbereitung und Realisation der ersten     2017 Coincidence, Galerie Christa Burger,
     Ausstellung in der Städtischen Galerie            München (solo)
     Delmenhorst                                 2016 Higher Altitudes, Galeria Maria E. Hayo,
                                                       Fototeca de Cuba, Havanna, Cuba (solo)
     www.grenzhaeuser.com                        2016 The Arctic Series – Part II,
     grenzhaeuser@gmx.de                               Kunsthalle Bremerhaven (solo)
                                                 2016 The Arctic Series – Part I,
                                                       Städtische Galerie Delmenhorst (solo)

                                                 Publikation
                                                 The Arctic Series, Publikation, herausgegeben
                                                 von Dr. Annett Reckert, Städtische Galerie
                                                 Delmenhorst in Kooperation mit der
                                                 Kunsthalle Bremerhaven.

18
Metamorphosen - Klimaphänomene
und Landschaftsräume aus künstlerischer Sicht

           Die Berliner Künstlerin Nathalie        Ihr Projekt mit dem Titel »Meta-        wie beispielsweise die totale
           Grenzhaeuser arbeitet im Medium         morphosen - Klimaphänomene              Sonnenfinsternis am 20. März,
           der Fotografie. Die Orte und            und Landschaftsräume aus                die Polarlichter, Stürme sowie das
           Regionen, die sie aufsucht, befinden    künstlerischer Sicht«, widmete          Phänomen des Arctic Haze.
           sich oftmals in einem Prozess           sich der arktischen Forschung im
           anthropogener Veränderung. In           21. Jahrhundert, mit dem Fokus          Viele Arbeiten sind in enger
           ihrer Arbeit setzt sie sich mit deren   auf der Atmosphären- und                Zusammenarbeit mit Dr. Christoph
           besonderer Entwicklung, Topografie      Klimaforschung. Im Zuge dieser          Ritter, Atmosphärenforscher und
           und Gestalt auseinander und spürt       vierten Reise auf den Archipel          Jürgen Gräser, Techniker am AWI
           den Vorstellungen und inneren           entstanden neben Bildserien             Potsdam, auf der AWIPEV Station
           Bildern nach, mit denen wir diesen      erstmals auch filmische und             realisiert worden. Die Arbeiten
           begegnen und wie jene unsere            skulpturale Arbeiten. Diese setzen      konnten in unterschiedlichen
           Wahrnehmung beeinflussen. Nach          sich neben dem Klimaaspekt              Ausstellungen präsentiert werden.
           sechswöchiger Vorbereitungsphase        mit mikroskopischen Prozessen           Im Mai 2016 erschien unter dem Titel
           im März und April 2015, während         auseinander, die Rhythmus und           The Arctic Series eine umfangreiche
           ihres HWK/AWI-Fellowships               Materialität von Schnee und             Publikation, die von der Städtischen
           »Expedition Wissenschaft und            Eis im Prozess des Schmelzens           Galerie Delmenhorst in Kooperation
           Kunst«, war sie drei Wochen zu          thematisieren, wie die Arbeiten zu      mit der Kunsthalle Bremerhaven
           Gast auf der internationalen            Black Ice. Ihre Bildserie Coincidence   herausgegeben wurde. Sie enthält
           Wissenschaftsbasis AWIPEV in            hingegen untersucht den Einfluss        Texte von neun Autoren aus Kunst
           Ny-Ålesund auf dem arktischen           astronomischer, meteorologischer        und Wissenschaft zu den Arbeiten,
           Inselarchipel Spitzbergen.              und klimarelevanter Phänomene,          welche im Rahmen von Nathalie
                                                   die Grenzhaeusers Aufenthalt            Grenzhaeusers Fellowship realisiert
                                                   auf der Station geprägt haben,          wurden.

                                                                                                                  19
Aus der Serie Coincidence: Eclipse 1, 2016   Geodetic Observatory, 2016 und Lidar Atmospheric
und Zeppelin Laboratory, je 120 x 160 cm     Observatory, 2016, je 41 x 55,3 cm
Lidar Backscatter, 2015, 120 x 160 cm
Judith Neunhaeuserer

     Fellowship
     »Expedition Wissenschaft und Kunst«

     Polarforschungsrituale. Eine künstlerische
     Rekonstruktion wissenschaftlicher Prozesse

     06. Oktober 2017 – 30. April 2018

     judithneunhaeuserer.info
     judith.neun@yahoo.de

22
Polarforschungsrituale. Eine künstlerische
Rekonstruktion wissenschaftlicher Prozesse

            Modelle von der und für die Welt nachzu-      Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,
            vollziehen und in ihren Formensprachen        routinierte Abläufe, verwendete Geräte
            aufzugreifen, ist ein zentrales Anliegen      und alltägliche Umgebung, beobachtet
            der Kunst von Judith Neunhaeuserer.           und daraus Gegenstände, Materialien
            Dabei interessieren sie vor allem formale     und Tätigkeitsmuster extrahiert. Im
            Überschneidungen unterschiedlicher            Ausstellungsraum kehren sie in einer
            Bereiche, die in ihrer gesellschaftlichen     Mischung aus Imitation und Verfremdung
            Ausdifferenzierung zunächst vielleicht        wieder: So würde ein Regal voll gläserner
            sogar gegensätzlich scheinen. Ihr             Eisbohrkerne auf deren archivarische
            Projekt am Hanse-Wissenschaftskolleg          Funktion verweisen, ein Wetterballon
            basiert auf der Annahme, dass heute           seine Botschaft bei jedem Atemzug
            Naturwissenschaften das Instrumentarium       entfalten. Eine Orientierungsleine könnte
            zur Welterklärung bereitstellen. Die auf      zur Kunst hinführen oder ringförmige
            der Neumayer-Station III in der Antarktis     Leuchtstoffröhren Halo-Effekte im Auge der
            stattfindenden Forschungsvorgänge bilden      Betrachterin oder des Betrachters erzeugen.
            den Fundus, dem einzelne skulpturale
            Elemente für eine raumgreifende               Außerdem entsteht eine Publikation, die
            Installation entnommen werden. Diese          in der Tradition klassischer Logbücher
            trägt ritualhaften Charakter und soll zum     einen Erlebnisbericht enthält, der aber,
            Setting für eine entsprechende, performativ   um fiktionale Passagen ergänzt, seine
            ausgeführte Handlung werden. Bei der          Leserschaft im Unklaren lässt über
            Expedition in Kooperation mit dem Alfred-     tatsächliche und imaginierte Erfahrungen
            Wegener-Institut werden die Arbeit der        der Antarktis.

                                                                                                        23
Eingang zur Spuso,
     Tusche auf Papier,
     55 x 65 cm, 2018

24
Blick aus der
Bibliothek im Eis,
analoge Fotografie
(Dia), 2017

  25
Julia Schnittger

      Fellowship                               Präsentationen
      »Expedition Wissenschaft und Kunst«

      Gedächtnisverlust                        28.06.2016
                                               »InBetween« im Kunstpavillon,

      27.01.2015 – 12.03.2015                  Hanse-Wissenschaftskolleg Delmenhorst

      Vorbereitungsphase am HWK Delmenhorst
                                               27.09.2016
      05.01.2016 - 13.02.2016
                                               »InBetween« im Museum of Natural
      Rechercheexpedition mit dem AWI zur
                                               Sciences in Brüssel anlässlich der Konferenz
      Neumayer-Station III in der Antarktis
                                               von EU-PolarNet
      01.03.2016 - 30.07.2017                  Towards the 1.5°C climate goal contributions
      Nachbereitungsphase am HWK Delmenhorst   of polar research

      juschnittger@gmail.com
      www.juliaschnittger.com

26
Gedächtnisverlust

           »Gedächtnisverlust« ist der Arbeitstitel        Kontraste nivelliert sind und Orientierung
           des Musiktheaterprojektes, das die              unmöglich ist. Ein sich scheinbar unendlich
           Bühnenbildnerin und Künstlerin Julia            weit ausdehnendes weißes Universum, in
           Schnittger im Rahmen des Projektes              dem weder sichtbar ist, woher man kommt,
           »Expedition Wissenschaft und Kunst« am          noch wohin man sich bewegt. Gerät man in
           Hanse-Wissenschaftskolleg begonnen hat.         ein »Whiteout«, wird empfohlen, ruhig zu
           Ein Bohrkern aus antarktischem Eis, wie         bleiben, sich nicht vom Fleck zu bewegen
           ein schimmernder durchscheinender               und erst weiterzugehen, wenn der Spuk
           Zauberstab, ein Zeittunnel für Klimaforscher.   vorbei ist. Bleibt die Frage, ob man sich am
           Für den Laien ist nichts sichtbar von der in    gleichen Ort wiederfindet, an dem man
           ihm gespeicherten Vergangenheit, die weit       stand, als der weiße Vorhang sich schloss
           hineinreicht in die Klimageschichte des         oder ob sich ein völlig unbekanntes Bild
           Planeten. Gespeicherte Vergangenheit, die       eröffnet, wenn der Vorhang beginnt, sich zu
           nur überlebensfähig ist in Kälte; so leicht    lichten. Gedächtnisverlust als Zäsur.
           zum Verschwinden zu bringen mitsamt
           all den eingeschlossenen Geschichten.           Das Projekt »Expedition Wissenschaft und
           Gedächtnisverlust, verlorene Vergangenheit,     Kunst« bot mir die einmalige Chance, mit
           die uns nichts mehr erzählen wird über die      Wissenschaftlern vor Ort im Gespräch über
           Zukunft. Als optisches Sinnbild schien mir      ihre Arbeit herauszufinden, wie sie dem
           der »Whiteout« dem Gedächtnisverlust            Eis Informationen über die Geschichte der
           verwandt.                                       Erdatmosphäre entreißen und was das schon
                                                           gesammelte Wissen über die Vergangenheit
           Der »Whiteout«, dieses optische Phänomen,       uns über die Zukunft verraten kann.
           bei dem man sich in einem weißen Raum           Aufnahmegerät, Kamera, Papier und Bleistift
           ohne Horizont zu bewegen scheint, Boden         waren dabei mein »Gedächtnis«
           und Himmel in eins verschwimmen,

                                                                                                          27
InBetween, mixed     Links: Museum of Natural    Rechte Seite: Hanse-
     media Installation   Sciences Brussels,          Wissenschaftskolleg,
                          Conference of EU-PolarNet   Kunstpavillon, Juli 2016
                          September 2016

28
29
Nicole Schuck

      Fellowship                            Präsentationen
      »Expedition Wissenschaft und Kunst«

      Natur-Kapital                         Einzelausstellungen wie auf der Insel
                                            Helgoland und im Geo-Museum in Münster

      24. Januar – 31. Juli 2017            und Gruppenausstellungen, die jeweiligen
                                            Termine werden auf der Webseite von
      www.nicoleschuck.de                   Nicole Schuck angekündigt.
      n.schuck@gmx.de

30
Natur-Kapital

           Im Fokus des Projektes von Nicole Schuck       Diesen Fragen und weiteren Aspekten ist
            am HWK und am AWI auf Helgoland               Nicole Schuck primär zeichnerisch auf der
           steht die Inwertsetzung der Meeresfauna        Spur. Helgoland ist ein komplexes Ökosystem
           mittels Bewertungs- und Monetarisierungs-      im »Kleinen«, das sich aufgrund seiner
           methoden.                                      Größe in seinen Zusammenhängen und
                                                          Einflüssen gut erforschen lässt. Biodiversität,
           Wie werden Bewertungssysteme für               Artenverschiebungen und Besonderheiten
           Meerestiere der Nordsee festgelegt?            – etwa der blaue Hummer – können hier
           An welchen Kriterien orientiert sich die       unmittelbar beobachtet werden.
           Wissenschaft hier? Welche technischen
           Mittel kommen dabei zum Einsatz?               Aus den potenziellen Meerestieren wählt
           Ist das »Wissen« der Tiere relevant für        Nicole Schuck einzelne aus, die ihr speziell
           ihre Inwertsetzung? Beispielsweise die         interessant erscheinen und die sie unter
           Schwarmintelligenz bei Fischen, wie wertvoll   selbst entwickelten Aspekten analysiert,
           ist dieses »Wissen«? Welchen Nutzen            um ihren Wert / Nutzen zu bestimmen.
           ziehen wir daraus? Wie werden stetige und      Die aktuelle wissenschaftliche Forschung
           plötzliche potenzielle Veränderungen von       bezüglich der jeweiligen Tiere, ihrer
           Lebensräumen oder Lebensgemeinschaften         Lebensbedingungen und des In-Bezug-Seins
           – wie Umwelt- und Klimaveränderungen –         mit ihrem Umfeld stellt sie ihrer eigenen
           mit in die Bewertung einbezogen? Haben die     Feldforschung gegenüber.
           Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
           ein »persönliches« Wertesystem?

                                                                                                            31
Helgoland April / Juni 2017   Rechts: Zeichnung Homarus gammarus, Bleistift auf Papier, 29,7 x 42 cm, 2017

            32
33
Shonah Trescott

     Shonah Trescott, Osvaldo Budet         Shonah Trescott and Osvaldo Budet were
     Fellowship                             both Artists in Residence in 2008 at the
     »Expedition Wissenschaft und Kunst«    ‘Leipzig International Art Program’ in Leipzig,
                                            Germany. Since then they have collaborated
     Drawn Into the Light
                                            together on several projects and in
                                            2011 - 2012 Shonah Trescott and Osvaldo
     03. September 2011 – 26. Januar 2012
                                            Budet were both Fellows at the Hanse-
                                            Wissenschaftskolleg Institute for Advanced
     shonahtrescott@hotmail.com
                                            Study, Delmenhorst, Germany. In the spring
     www.walterotero.com/shonah-trescott
                                            of 2012 Shonah Trescott and Osvaldo Budet
                                            spent one month at the AWIPEV-Koldewey
                                            Station in Ny-Ålesund, Svalbard as the
                                            first artists for the project »Expedition
                                            Wissenschaft und Kunst«, a collaboration
                                            between the HWK and the AWI. Currently
                                            Shonah Trescott and Osvaldo Budet are
                                            based in New York City (NYC). They exhibit
                                            internationally with Galerie Eigen+Art
                                            Germany, Walter Otero Gallery, Puerto Rico,
                                            and Dominik Mersch Gallery, Australia.

34
I seemed to vow to
Drawn Into the Light
                                                                                                               myself that some
                                                                                                               day I would go to
                                                                                                               the region of ice
                                                                                                               and snow and go
            The Arctic is recorded to be warming roughly       political dimensions of the changing polar
            twice as fast as the global average. It is where   environments stressed by human activity.        on and on till I
            we perceive the vastness and severity of the       Through drawing, painting, photography          came to one of the
            wilderness imbued with romantic notions            and film, their project Drawn Into the
            of the ‘sublime’. Yet the Arctic of today is at    Light weaves a visual story, exploring their    poles of the earth,
            the forefront of a modern paradox; yielding        interests with the idea that the landscape is   the end of the axis
            proof that we have summoned destructive            a construct or reflection of our culture and
                                                                                                               upon which this
            forces we cannot recall. Through these             interests of the system we inhabit.
            lands, above and below the surface presents                                                        great round ball
            a remarkable story of twentieth century            The opportunity and the experience of
                                                                                                               turns.
            man’s struggle against the elements and            »Expedition Wissenschaft und Kunst« has
            our present technocratic society’s challenge       profoundly impacted both Shonah Trescott’s      Ernest Shackleton
            to fathom the speed and implications of            and Osvaldo Budet’s work respectively and
            this changing place. In conjunction with           as they continued to explore in their work
            the Hanse-Wissenschaftskolleg Institute for        the probing places and intersections of
            Advanced Study and the Alfred-Wegener-             science and art. Shonah Trescott is currently
            Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und         working on a project addressing the global
            Meeresforschung, Bremerhaven (AWI), Shonah         issues of climate change and the ocean in
            Trescott and Osvaldo Budet embarked                collaboration with scientists, policy makers
            on a month long expedition as Artists in           and lawyers in North America. And she
            Residence to the AWIPEV Koldewey Base-             has been working with the department of
            Arctic Research Base in Ny-Ålesund, Svalbard       education in NYC in developing creative
            as the first artists of the collaborative          curricula in art/ science. Osvaldo Budet’s
            »Expedition Wissenschaft und Kunst«                recent work is addressing environmental
            project. Here the artists lived and engaged        issues and climate change in the third world
            with the community and the scientists              in relation to climate migration.
            working there to respond to the physical and
                                                                                                               35
36
37
Impressum

     Herausgeber
     Der Rektor des                         Gestaltung
     Hanse-Wissenschaftskollegs,            Christiane Marwecki
     Prof. Dr. Reto Weiler
                                            Druck
     Redaktion                              Druckhaus Köhler + Bracht
     Heidi Müller-Henicz                    GmbH & Co. KG
     Presse und Öffentlichkeit
     Hanse-Wissenschaftskolleg

     Bildredaktion
     Heidi Müller-Henicz

     Copyright Bilder der Künstler          Hanse-Wissenschaftskolleg
     Seiten 16-17 © Rolf Giegold            Lehmkuhlenbusch 4
     Seiten 20-21 © Nathalie Grenzhaeuser   27753 Delmenhorst
     Seiten 22-25 © Judith Neunhaeuserer    Germany
     Seiten 28-29 © Julia Schnittger
     Seite 30 © Foto Beat Brogle            Telefon +49 (0) 4221 9160 100
     Seiten 32-33 © Nicole Schuck           info@h-w-k.de
     Seiten 36-27 © Shonah Trescott         www.h-w-k.de

38
Lehmkuhlenbusch 4
27753 Delmenhorst
Tel: +49 4221 9160-100
www.h-w-k.de
info@h-w-k.de
Sie können auch lesen