PROMOTION (POPULARISIERUNG) DES NATIONAL- UND GLOBALKULTURERBES DURCH DIE ARBEIT DES KUNSTBÜCHERFONDS UND DER GALERIE "ATRIUM" DER STADTBIBLIOTHEK ...

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Mirjana Savić,
Bibliothekarin - Beraterin, Kunsthistorikerin
mirjanasvc@yahoo.com

                     PROMOTION (POPULARISIERUNG) DES
                     NATIONAL- UND GLOBALKULTURERBES
           DURCH DIE ARBEIT DES KUNSTBÜCHERFONDS UND
       DER GALERIE „ATRIUM“ DER STADTBIBLIOTHEK BELGRAD
                                          (1994-2011)

    Im alten Hauptstadtteil Serbiens, die an geschichtlicher Vergangenheit reich ist, am Ort wo
sich die Fürst Michael-Straße mit der Kalemegdan Festung (Burgplatz) trifft und wo
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in der Fürst Michael-Straße wie in den Büchern
verflochten werden, befindet sich die Stadtbibliothek, die eine echte Heimat nicht nur für Bücher
sondern auch für Kunst und Kultur ist.

    Die Stadtbibliothek Belgrad ist die grösste öffentliche Leihstadtbibliothek in Serbien mit
einem Bestand von über zwei Millionen Büchern. Nach ihrer Grundfunktion ist sie vor allem an
die zahlreichen Leser gewandt und nach kulturellen Programm-Veranstaltungen ist sie eine der
Kulturinstitutionen mit den meisten Aktivitäten in der Stadt.

    In der Stadtbibliothek Belgrad befindet sich ein besonderer Kunstfonds, der voriges Jahr
das 30. Jahr seit seiner Gründung vollendete. Darin werden die Bücher im Bereich
Bildende Kunst, angewandte Kunst, Fotografie, Film, Theater und Musik aufbewahrt.

    Die Bibliothekare des Kunstfonds üben die multidisziplinäre Tätigkeit seit seiner Gründung
aus. Neben der Ausübung der Hauptbibliothek- und Informationstätigkeit im Lesesaal, in dem
sie die Informationen über den Bücherfonds im Bereich der Kunst geben und die Benutzer
fachmännisch beraten, die Vorschläge geben und auf Fachliteratur verweisen, organisieren die
Bibliothekare als Redakteure die kulturell-künstlerischen Bildungsprogramme, die sie auf der
Tribüne Kunst veranstalten. Diese Tribüne stellt das multidisziplinäre Massenmedien-Zentrum
dar, wo die Experten und die serbische breitere Öffentlichkeit (Publikum) versammelt werden
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und über die Kunst diskutieren.
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Neben der Vorstellung der neuen Bücher, organisieren sie die Vorträge, Konzerte und
erledigen die Geschäfte der Kustoden in der Galerie ATRIUM (sie organisieren und eröffnen die
Ausstellungen, schreiben die Katalogtexte). Die Programme beziehen sich inhaltich auf den
Kunstbestand und seine Präsentation und Vermittlung.

    Die Bibliothekare-Kustoden der Galerie ATRIUM haben eine grosse Anzahl an
selbstständigen Ausstellungen von renommierten einheimischen und ausländischen Künstlern
gegen Fachwort der Kunsttheoretiker erfolgreich organisiert. Neben den Ausstellungen der
bildenden Kunst sind auch die Literatur- und Jubiläumsausstellungen organisiert, die den
Schriftstellern und ihren Büchern gewidmet wurden. Alle Ausstellungen wurden von den
Massenmedien gut begleitet. Einige einheimische Ausstellungen gastierten im Aussland. In der
Galerie ATRIUM werden 16-20 Ausstellungen jährlich organisiert.

In der Galerie Atrium haben folgende ausländische Künstler ihre Kunstwerke ausgestellt: Die
italienische Malerin Angela de Cata, Professorin an dem Institut Storia del arte in Rom, der
Schweizer Künstler – Grafiker Jean Pierre Humbert, aus Fribourg; die rumänischen Maler Ion
und Dana Mercia Miklaus aus Temisoara, sowie der italienische Fotograf Sandro Veltini mit
seinem Museumsprojekt „Bergwerk Senj“, das im Rahmen des Regionalprogramms für das
Kultur- und Naturerbe Südosteuropas durch den Europarat gefördert wurde und seiner
Ausstellung: Zeit und Leute, dann die indische Künstlerin Skarlett Baptista mit der Ausstellung:
das unvergessliche Indien. Im Rahmen der internationalen Veranstaltung und der Werkstatt
Real presence 2010 wurde die Fotoausstellung Wartend auf das Ende der Welt des
amerikanischen Fotografes und Professors an der Universität in Kalifornien Richard Ross
organisiert.

       Im Lesesaal des Kunstfonds befindet sich die Gedenkbibliothek der hervorragenden
Kunsthistorikerin Prof. Dr. Katarina Ambrozic, die im Jahr 2005 als separate Einheit errichtet
worden ist. Sie verfügt über 3200 Bibliothekseinheiten. Darin sind enthalten: Bücher im Bereich
Kunstgeschichte und Literatur, verschiedene Künstlermonografien, dann allgemeine Kunst-
geschichte, ausländische Bücher sowie auch Bücher und Kataloge, die Katarina als Geschenk
auf verschiedenen Reisen und bei Besuchen erhalten hat.

    Hier befindet sich auch ihr persönliches Archiv – Dokumentation in acht Ordnern, das
Kritiken, Essays, Referate und Kataloge für den Zeitraum vom 1949 bis 1994 beinhaltet sowie
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veröffentlichte und nicht veröffentlichte Werke, Fotografien und ein Gemälde - ihr jugendliches
Portrait, das im Jahr 1947 die Malerin Gordana Jovanovic gemacht hat.

    Als hervorragende Kunsthistorikerin und Kunsttheoretikerin, langjährigeKustodin und
Beraterin im Nationalmuseum in Belgrad hat sie zahlreiche Ausstellungen und Kongresse im In-
und Ausland organisiert, indem sie mit ihren professionellen Projekten und Ausstellungen
jugoslawische Kunst im Ausland präsentiert und populär gemacht hat. Ihre wissenschaftlichen
Forschungen der jugoslawischen, serbischen und europäischen Kunst sind von Bedeutung. Sie
haben die serbische Wissenschaft stark geprägt. Sie hat mehrere Bücher geschrieben, die
Monografie über Nadežda Petrović, Studien über Rista Stijović und Milan Konjović. Sie war
Gründerin und Mitarbeiterin der Galerie Milan Konjović in Sombor, Mitglied, Sekretärin und
Präsidentin der Jugoslawischen Sektion der internationalen Vereinigung der Kunstkritiker
(AICA), die erste Sekretärin des Verbandes Jugoslawien-Frankreich (1946-1948).

   Sie ist Trägerin von zahlreichen einheimischen und ausländischen Auszeichnungen. Für
ihre Arbeit im Bereich Kunst und Wissenschaft ist sie mit dem Orden mit Silberstreifen für
Verdienste für das Volk im Jahr 1986 ausgezeichnet worden. Sie ist Trägerin des Preises der
Kultur-Unterrichtsgemeinschaft Serbien „Zlatni Beočug“ /Goldener Kreis/ für dauernden Beitrag
zur Kultur der Stadt Belgrad im Jahr 1997 und auch Trägerin von zwei ausländischen
Annerkennungen: Ordre des Artes et des Lettres – Orden und Ehrenzeichen für Künste und
Literatur - Frankreich – Kulturpreis im Jahr 1984. Auch wurde ihr der spanische Orden Isabellas
der Katholischen für Verdienste um Kunst und Wissenschaft im Jahr 1986 verliehen. Die
Vereinigung von Künstlern der angewandten Künste hat ihr im Jahr 2002 den Preis für das
Lebenswerk als Beitrag zur Entwicklung der angewandten Künste und Design verliehen und
eine Strasse in Belgrad, in der Zvezdara Gemeinde, führt ihren Namen.

    Katarina Ambrozic hat die Tribüne Kunst aktiv unterstützt, auf der sie die Vorträge gehalten
hat. Sie hat die Tribüne der internationalen Vereinigung der Kunstkritiker geführt (und in der
Arbeit   der   Galerie   Atrium   mitgewirkt.)   Aus   dieser   erfolgreichen   und   langjährigen
Zusammenarbeit mit den Bibliothekaren-Kunsthistorikern ergab sich Katarinas Wunsch, ihre
Bibliothek der Stadtbibliothek Belgrad zu schenken.

    Nach ihrem Wunsch haben die Erben und die Stadtbibliothek Belgrad post mortem den
Prestigepreis 2007 etabliert. Das ist ein Preis, der nach Professorin Dr. Katarina Ambrozic
benannt wurde und seit 2008 jedes Jahr an Studenten mit besten Leistungen in der Abteilung
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der Kunstgeschichte der Philosophischen Fakultät in Belgrad verliehen wird. Neben dem
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Geldpreis im Betrag von 3000 (drei tausend) Euro im Dinargegenwert, hat der Gewinner, die
Gelegenheit nach Paris zu reisen, bzw. eine Studienreise zu machen. Er ist nach dem Rückkehr
dazu verpflichtet, einen Vortrag mit dem Thema seiner Forschungsarbeit auf die Tribüne Kunst
zu halten.

       Im Kunstfonds befindet sich auch die Gedenk-Sammlung von Miroljub Todorovic. Die
Sammlung ist im Jahr 2005 entstanden und beinhaltet 120 Bibliothekseinheiten zum Thema
Signalismus, und zwar vor allem Monographische Publikationen in serbischer Sprache, die im
Zeitaum vom 1965 bis 2014 gedruckt sind. Diese Sammlung wird kontinuierlich ergänzt.

       Miroljub Todorovic ist der Gründer und Theoretiker des Signalismus, der serbischen
(jugoslawischen)    Neoavantgarde-Kunstbewegung. Das ist eine interdisziplinäre         Kunst-
bewegung, die internationalen Charakter hat und die literarisches und kulturelles Erbe negiert.
Sie besteht auf Experiment in der Realisierung von etwas Neuem. Die Zeitschrift Signal (1970-
73) hat viele Anhänger aus dem Land und der Welt gesammelt und den Künstlern - Vertretern
des Signalismus die Affirmation als Konzept und der Bewegung der Planetaren-Kunst
ermöglicht. An dieser Bewegung haben folgende jugoslawische Künstler teilgenommen: Marina
Abramović, Neša Paripović, Zoran Popović, Milivoje Pavlović und andere.

       In der Bibliothek befinden sich sieben Skizzen – Entwürfe für das Wappen der Stadt
Belgrad des Autors ĐorĎe Čarapić aus 1931. Die Skizzen sind in der Technik Tempera-Farben
auf dem kaschierten Papier gemacht. Sie haben dokumentar-kunsthistorischen Wert und leisten
einen großen Beitag zur Nationalheraldik. Man weiß, dass der Autor langjähriger Sekretär der
Kanzlei für königliche Orden in dem Zeitraum vom 1908 bis 1935 und Mitglied des
Fachausschusses für die Vorbereitung des ersten öffentlichen Wettbewerbes für das Wappen
der Stadt Belgrad war.

       Der Kunstfonds der Stadtbibliothek Belgrad bewahrt im Fundus eine wertvolle
Kunstkollektion von über 450 Kunstwerken, Gemälden, Skulpturen, Grafiken und Zeichnungen
auf.    Den grössten Teil der Sammlung machen die Werke aus, die die Künstler nach der
veranstalteten Ausstellung in der Galerie Atrium geschenkt haben.

       Im Kunstfonds befindet sich auch eine Sammlung von Kunstwerken der bekanntesten
serbischen Künstler des 20. und 21. Jahrhunderts, sowie der ausländischen Künstler, die nach
der stattgefundenen Ausstellung „Sie haben geschenkt“...anlässlich des Jubiläums des
zwanzigjährigen Bestehens und der Arbeit der Galerie Atrium als Geschenke gestiftet wurden.
Der Kunstfonds der Stadtbibliothek ist mit dieser Ausstellung um 41 Kunstwerke reicher
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geworden.
Diese Kollektion stellt einen bedeutenden Nachlass für die Zukunft dar. Sie wird von einem
entsprechenden Katalog begleitet, in dem sich neben den Angaben über die Künstler und ihren
Fotografien auch die Fotografien der geschenkten Kunstwerke befinden. Diese Sammlung ist
noch nicht digitalisiert. Man arbeitet daran.

        Die Präsentation des Weltkulturerbes – Welt – Mosaik verschiedener Kulturen –

    Der Kunstfonds der Stadtbibliothek Belgrad hat mit dem mexikanischen Nationalmuseum
der Aquarelle „Alfredo Guati Roho“ aus Mexiko Stadt zusammengearbeitet. Die Direktorin
dieses weltweit einzigartigen Museums, Beatris Gaminde hat einen Vortrag über das Museum
in der Stadtbibliothek gehalten und die Kunstwerke, die sich in ihm befinden, präsentiert. Aus
diesem Anlass wurde in der Galerie Atrium eine Ausstellung von Aquarellen der mexikanischer
Künstler organisiert. Von da an wurden beim jährlichen „Tag der Aquarelle”, den die Autorin
Leposava Sibinović Milošević kuratiert, in jedem zweiten Jahr auch Arbeiten mexikanischer
Künstler gezeigt.

    Der Kunstfonds hatte auch eine gute Zusammenarbeit mit der Galerie Contrast aus Friburg,
Schweiz, mit der Galerie De Niro aus Mazedonien und mit der Gesellschaft Der Heilige Berg
Athos und der Aromunengesellschaft. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem französischen
Kulturzentrum hat die Veranstaltung internationale Tage der Frankophonie stattgefunden. Prof.
Dr. Catherine Horel, Historikerin aus Paris gastierte auf der Tribüne Kunst und der französische
Künstler Bernard Berthois Rigal mit seiner Ausstellung. Im Rahmen der Tage der Frankophonie
sind auch die Ausstellungen „Künstler sein in Paris”, „Pariser Vertikale I und II ”organisiert.

     Der Kunstfonds hat auch an der Organisation folgender Veranstaltungen mitgewirkt: Tage
des Europäischen Kulturerbes, Nacht der Museen, Belgrader Tage und Weltmusiktag Fete de la
musique, die von 2001 bis 2012 jedes Jahr am 21. Juni auf dem Platz vor der Bibliothek
stattfanden. Konzerte der klassischen Musik wurden im Kunstfonds und dem Römischen Saal
organisiert.

    Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit mit dem deutschen Goethe-Institut (2002),
bzw. im Rahmen des interkulturellen Dialogs der Bibliothek mit dem Institut, hat der Kunstfonds
die Ausstellung des deutschen Literatur-Nobelpreisträgers und Künstlers Günter Grass unter
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dem Titel Über Zeichnen und Schreiben in der Galerie Atrium organisiert.
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Mehrere Jahrzehnte der Präsentation und Promotion der Kulturunterschiedenheit, dh. des
National- und Globalkulturerbes ist Eckstein der Arbeit des Kunstfonds und der Galerie Atrium.
Die Bibliothekare und Bibliothekarinnen des Kulturfonds – Kustoden der Galerie ATRIUM haben
mit ihrer Arbeit zur Promotion des National- und Globalkulturerbes beigetragen und auch dazu,
dass die Galerie der Stadtbibliothek Belgrad ein unverzichtbarer Bestandteil der kulturellen Mitte
der serbischen Hauptstadt geworden ist.

    Im Rahmen der Bibliothek entwickelte sich die Dokumentar- und Ausstellungspraxis, die im
Lesesaal, zum Lesen und Lernen die zahlreichen wertvollen Kultur- und Künstlerinhalte,
Debatten und Diskussionen über historische und moderne Kulturen, hiesige und ausländische
angeboten hat. Mit solcher Praxis ist eine Symbiose des Bildes und des Buches, bzw. des
geschriebenen Wortes und der Visualdarstellung, bzw. der Kunst und der Kultur versprochen.

    Die Ausstellung als Medium der Präsentation von Leben, Interessen, Werten, Geschmack,
Wissen und Politik einer Mitte ist in diesem Raum ausgeführt. Retrospektiv gesehen zeugt die
Galerie Atrium von dramatischen, konfliktvollen und kontradiktorischen Krisenzeiten in der
Gesellschaft, Kultur und Kunst des Europas in Transition, aber auch von Absichten der Suche
nach Ausweg, Lösungen und Präsentierung der komplexen und menschlich wichtigen
Schaffungseingriffe in der bildenden Kunst, Literatur, Historiographie und in den zahlreichen
Kulturpraxen und Produktionen.

    Dies ist mein bescheidener Beitrag zum dreißigsten Jahrestag der Gründung des
Kunstfonds und der Galerie Atrium.

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