2020 + Nachhaltiges Europa - UMWELTSCHONEND UND KLIMANEUTRAL - Bund für Umwelt und ...

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2020 + Nachhaltiges Europa - UMWELTSCHONEND UND KLIMANEUTRAL - Bund für Umwelt und ...
Nachhaltiges Europa
2020 +
UMWELTSCHONEND UND KLIMANEUTRAL

Muster für ein operationelles Programm Umwelt (MOPU)
für die EFRE-Förderung 2021 – 2027
2020 + Nachhaltiges Europa - UMWELTSCHONEND UND KLIMANEUTRAL - Bund für Umwelt und ...
IMPRESSUM

Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz e.V. (BUND)
Stand: Dezember 2019
Autorinnen u. Autoren:
Amrei Münster (BUND e.V.),
Arne Bilau (BUND Mecklenburg-Vorpommern)
Kontakt: magnus.wessel@bund.net
Gestaltung und Produktion: Natur & Umwelt GmbH
Illustrationen: Tatiana Davidova/iStockphoto
Druck: dieUmweltDruckerei GmbH
Papier: Circle Offset (Recycling)

Diese Publikation entstand im Rahmen des Projektes
„Nachhaltiges Europa 2020+“, gefördert durch das
Umweltbundesamt und das Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU).
Die Mittelbereitstellung erfolgte auf Beschluss des
Deutschen Bundestages.

Wie möchten uns bei allen bedanken, die durch ihre
Beiträge und Kommentare an diesem Bericht mitge-
wirkt haben. Die Verantwortung für den Inhalt dieser
Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen und Autoren.

2   Nachhaltiges Europa 2020 +
2020 + Nachhaltiges Europa - UMWELTSCHONEND UND KLIMANEUTRAL - Bund für Umwelt und ...
INHALTSVERZEICHNIS

1.   Übergeordneter strategischer Rahmen                                                                        6
     1.1 Anbindung an des Europäische Semester                                                                  8

2.   Nachhaltiges Europa                                                                                        9
     2.1 Sustainable Development Goals (SDGs)                                                                   9
     2.2 Beitrag des EFRE für eine nachhaltige Entwicklung                                                     10

3.   Struktur und Ausgangslage des Musters für ein operationelles Programm Umwelt (MOPU)                       13
     3.1 Aufbau                                                                                                13
     3.2 Herausforderungen für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland                                     13

4.Auswahl von Politischen und Spezifischen Zielen                                                              15
  4.1 Thematische Konzentration                                                                                16
  4.2 Politisches Ziel 1 – ein intelligenteres Europa durch die Förderung eines innovativen und
      intelligenten wirtschaftlichen Wandels                                                                   17
		 4.2.1 Umweltintegration im Politischen Ziel 1                                                               17
  4.3 Politisches Ziel 2 – ein grüneres, CO₂-armes Europa durch Förderung von sauberen
       Energien und einer fairen Energiewende, von grünen und blauen Investitionen, der
       Kreislaufwirtschaft, der Anpassung an den Klimawandel, der Risikoprävention und
       des Risikomanagements                                                                                   22
		 4.3.1 Umweltintegration im Politischen Ziel 2                                                               23
  4.4 	Politisches Ziel 5 – ein bürgernäheres Europa durch die Förderung einer nachhaltigen und
        integrierten Entwicklung von städtischen, ländlichen und Küstengebieten und lokaler Initiativen       30
		 4.4.1 Umweltintegration im Politischen Ziel 5                                                              33

5.Horizontale Integration des Umweltschutzes                                                                  35
  5.1 Klimatracking                                                                                           35
  5.2 Strategische Umweltprüfung (SUP)                                                                        36
  5.3 Auswahl von Vorhaben                                                                                    36
		 5.3.1 Projektauswahlkriterien                                                                              36
		 5.3.2 Wettbewerbsverfahren                                                                                 37
		 5.3.3 EMAS                                                                                                 37
		 5.3.4 Umweltfreundliche Beschaffung und öffentliche Vergabe                                                38
  5.4 Koordinierung mit anderen Fonds                                                                         38
		 5.4.1 Prioritärer Aktionsrahmen (PAF)                                                                      38
  5.5 Partnerschaft                                                                                           39
		 5.5.1 Technische Hilfe (TH)                                                                                40

6.   Fazit                                                                                                    41

7.   Literatur                                                                                                42

                                                                                            Nachhaltiges Europa 2020 +   3
ABKÜRZUNGEN

AEUV         Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
BNE          Bildung für nachhaltige Entwicklung
CBD          Convention on Biological Diversity
CPR          Verordnung über gemeinsame Bestimmungen/Dachverordnung COM (2018) 375
CLLD 	Community-Led Local Development (von der örtlichen Bevölkerung betriebene Maßnahmen
             zur lokalen Entwicklung
ECCP         European Code of Conduct on Partnership
EFRE         Europäischer Fonds für regionale Entwicklung
EG           Europäische Gemeinschaft
ELER         Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums
EMAS         Eco-Management and Audit Scheme
ESF          Europäischer Sozialfonds
EU           Europäische Union
FFH          Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
FuE          Forschung und Entwicklung
IKT          Informations- und Kommunikationstechnologien
iSEK         Integrierte Konzepte der nachhaltigen Stadtentwicklung
ITI          Integrierte territoriale Investitionen
KMU          Kleine und mittlere Unternehmen
LAG          Lokale Aktionsgruppen
LEADER 	Liaison entre actions de développement de l’économie rurale (Verbindung zur Vernetzung von
             Aktionen ländlicher Entwicklung)
LIFE 	Das „L’Instrument Financier pour l’Environnement“ (LIFE) ist ein Finanzinstrument der EU zur
             Förderung von Umweltmaßnahmen in der gesamten EU und in ausgewählten Kandidaten-,
             Beitritts- und Nachbarländern der EU. MOPU Muster für ein Operationelles Programm Umwelt
MFR          Mehrjähriger Finanzrahmen
MOPU         Muster für ein Operationelles Programm Umwelt
NECP         National Energy and Climate Plans (Nationale Energie- und Klimapläne)
OP           Operationelle Programme
PAF          Prioritärer Aktionsrahmen
PAK          Projektauswahlkriterien
PV           Partnerschaftsvereinbarung
PZ           Politische Ziele
RIS 3        Regionale Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung
SDG          Sustainable Development Goals
SDSN         Sustainable Development Solutions Network
SRU          Sachverständigenrat für Umweltfragen
SUP          Strategische Umweltprüfung
SZ           Spezifische Ziele
TH           Technische Hilfe
WBGU         Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
WiSo-Partner Wirtschafts- und Sozialpartner
WRRL         (Europäische) Wasserrahmenrichtlinie

4   Nachhaltiges Europa 2020 +
EINFÜHRUNG

Die Operationellen Programme (OP) sind für die Umsetzung                    Umsetzungsvorschlägen beratend aufzeigen, wie der
der Europäischen Regionalpolitik von zentraler Bedeutung.                   Übergang zu einer kohlenstoffarmen, klimaneutralen, res-
Während die EU-weit geltenden fondsspezifischen Ver-                        sourceneffizienten und die biologische Vielfalt respektie-
ordnungen und die Dachverordnung mit gemeinsamen                            renden Wirtschaft im Einklang mit der UN-Agenda 2030 für
Bestimmungen für alle Fonds (CPR) sowie die nationale                       Nachhaltige Entwicklung umgesetzt werden kann. Es soll
Partnerschaftsvereinbarung (PV) die inhaltlichen Eckpfeiler                 darum gehen, Umwelt- und Klimaschutz idealtypisch um-
der kommenden Förderperiode 2021 bis 2027 definieren,                       zusetzen und dabei die 17 Ziele für nachhaltige Entwick-
geben die OP die Förderinhalte und Zielstellungen für die                   lung (Sustainable Development Goals, SDGs) zu denen sich
praktische Umsetzung in den Bundesländern vor.                              193 Staaten - darunter auch die Europäische Union (EU)
                                                                            und ihre Mitgliedstaaten - bekannt haben, zu erreichen.
Mit dieser zweiten Auflage des aktualisierten Musters für                   Die SDGs zielen darauf, Armut und Hunger in der Welt zu
ein Operationelles Programm Umwelt (MOPU) soll gezeigt                      beenden, Ungleichheiten zu mindern, und unsere Umwelt
werden, wie Umwelt-, Klima- und Naturschutz in der För-                     zu erhalten. Sie zeigen Wege auf, unsere Wirtschaftsweise
derung der regionalen Entwicklung (EFRE-Förderung) ab                       und Lebensbedingungen zu verbessern.
2021 stärker berücksichtigt werden und die EU-Strukturför-
derung über alle Förderbereiche hinweg zu einer nachhal-                    Neben den von der EU-Kommission im Länderbericht für
tigen Entwicklung beitragen kann.                                           Deutschland 2019¹ vorgeschlagenen Investitionsleitlinien
                                                                            (Anhang D) rät das MOPU den Entscheidungsträgern, Maß-
Alle geförderten Investitionen zur Stärkung der Wirtschaft                  nahmen mit klarem Umweltbezug zu wählen. Dabei sind
und im Bereich der Forschung müssen nach Ansicht der                        insbesondere integrative Ansätze gefordert, die Umwel-
Umweltverbände zum ökologischen Wandel der Gesell-                          tund Naturschutz in Verbindung mit nachhaltiger regiona-
schaft und Wirtschaft (sozial-ökologische Transformation)                   ler und städtischer Entwicklung ermöglichen.
beitragen. Ohne Stärkung der ökologischen und sozialen
Aspekte ist eine nachhaltige Entwicklung nicht umsetzbar                    Das MOPU empfiehlt zudem Bottom-up-Ansätze zur Um-
und die bisher praktizierte Fokussierung der Förderung                      setzung der Förderprogramme. Es möchte den CLLDAn-
auf das Ziel des Wirtschaftswachstums wird die Kohäs-                       satz (Community Lead Local Development) der EU-Kom-
ionsprobleme nicht lösen. Zu diesem Zweck muss die                          mission stärken, bei dem Projekte von der örtlichen
Steigerung von Suffizienz und Effizienz mit dem Ziel der                    Bevölkerung betrieben werden. Solcherart Projekte sind
absoluten Absenkung des Energie-, Ressourcen- und Flä-                      i.d.R. besser an die lokalen Bedarfe angepasst und helfen
chenverbrauchs im Vordergrund stehen. Auf diesem Weg                        damit, die Effizienz des Fördermittelansatzes zu erhöhen.
besteht die Chance, die Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten                      Dies hat sich bereits bei der Umsetzung der LEADER-Pro-
schwindender Ressourcen (z.B. Wasser, Boden) etwa durch                     gramme des ELER-Fonds in den vorangegangenen För-
erhöhte Nachfrage nach Öko-Innovationen, zu erhalten                        derperioden gezeigt.
und Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Zugleich müssen
Wege gefunden werden, absolut gesehen weniger Res-                          Insgesamt sollte die Umsetzung einer guten Partnerschaft
sourcen zu verbrauchen.                                                     mit Umwelt-und Naturschutzverbänden in einem OP zum
                                                                            Ausdruck kommen. Damit wird sichergestellt, dass die
Das MOPU beinhaltet die aus Umweltsicht wichtigen Ele-                      Kompetenz der Umweltpartner genutzt und in wichtige
mente und Maßnahmen für die EFRE-OPs der Bundes-                            Gremien, wie den Begleitausschuss, einfließen kann.
länder und möchte mit Praxisbeispielen und innovativen

¹ Länderbericht für Deutschland 2019 im Rahmen des Europäischen Semesters

                                                                                                          Nachhaltiges Europa 2020 +   5
Das MOPU richtet sich an die am Programmierungsprozess
beteiligten Behörden, Umweltverbände sowie Wirtschafts-
und Sozialpartner (WiSo-Partner). Es handelt sich nicht um
eine vollständige Vorlage für ein OP, wie es in den EU-
Verordnungen und den Formatvorlagen der EU-Kommis-
sion verlangt wird. Vielmehr werden die umweltschutzre-
levanten Textteile und Maßnahmen in den relevanten po-
litischen Zielen (PZ), die die EU-Verordnungen vorgeben,
identifiziert. Für jedes PZ werden allgemeine Anforderun-
gen formuliert. Diese sind als Empfehlungen zur Integration
von Umweltund Klimaschutz zu verstehen. Die Vorschläge
orientieren sich hierbei am derzeitigen Verhandlungsstand
für die EFREFörderung ab 2021, d.h. an den im Mai 2018
veröffentlichten Entwürfen der EU-Kommission zur Dach-
verordnung und der EFRE-Verordnung, sowie den diese
Verordnungen betreffenden Positionen des Europäischen
Parlaments vom 13. Februar 2019 und 27. März 2019. Wei-
chen diese voneinander ab, so ist dies entsprechend ge-
kennzeichnet. In einer folgenden Broschüre werden die
Maßnahmenvorschläge konkret den spezifischen Zielen
(SZ) zugeordnet, sobald diese im Trilogverfahren festge-
legt sind.

Die kommende Förderperiode bietet mit den neuen Ver-
ordnungsentwürfen große Chancen, einen ökologischen
Wandel anzustoßen. Die Herausforderung liegt nun darin,
diese Möglichkeiten unter Berücksichtigung der regiona-
len Besonderheiten zu nutzen und Nachhaltigkeit mit wirt-
schaftlichen Zielen in Einklang zu bringen.

6   Nachhaltiges Europa 2020 +
1. ÜBERGEORDNETER STRATEGISCHER RAHMEN

Im Mai 2018 hat die EU-Kommission die Vorschläge für den                     politische Entscheidungsfindung der EU einbezogen werden
mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) sowie den Entwurf des                        müssen und fasst Möglichkeiten der Umsetzung zusammen.
Legislativpakets zur Reform der Strukturpolitik für den neuen                Der EU-Haushalt 2021 bis 2027 ist der letzte Haushaltszyklus
Förderzeitraum vorgestellt. Vorrangiges Ziel bleibt weiterhin                bevor die Klima- und Umweltziele 2030 erreicht werden müs-
das Wirtschaftswachstum und der Ausgleich von sozialen,                      sen. Investitionen, die hier angestoßen werden, sind maßgeb-
wirtschaftlichen und territorialen Disparitäten zwischen den                 lich um den Weg zur Klimaneutralität zu ebnen. Alle EU-Pro-
Mitgliedstaaten. Da der MFR 2021 bis 2027 noch nicht be-                     gramme müssen demnach im Einklang mit den Zielen des
schlossen ist, kann keine abschließende Aussage zur Höhe                     Pariser Klimaschutzabkommens und den UN-Zielen für
und den Vorgaben für den künftigen EFRE-Mitteleinsatz ge-                    nachhaltige Entwicklung stehen. Zudem sollen die Mitglied-
troffen werden. Die Trilogverhandlungen zwischen dem Rat                     staaten den Inhalt ihres nationalen Energie- und Klimaplans
der Europäischen Union, dem Europäischen Parlament und                       (NECP), der im Rahmen der Verordnung über das Governan-
der Europäischen Kommission zu den EU-Verordnungen,                          ce-System für die Energieunion und für den Klimaschutz4 zu
die die Regularien für den Mitteleinsatz vorgeben finden ab                  entwickeln ist, bei ihren Programmen berücksichtigen.
Oktober 2019 statt. Zu den Vorschlägen der EU-Kommission
haben sich Rat und Parlament bereits positioniert.                           Die im Juli 2019 gewählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula
                                                                             von der Leyen hat nun in ihren politischen Leitlinien die Erar-
Primäres Ziel der EU-Kommission ist es, einen einfacheren                    beitung eines „europäischen Grünen Deals“ vorgeschlagen.
und flexibleren EU-Haushalt zu schaffen. Klimawandel und
der weiterhin zunehmende Ressourcenverbrauch erhöhen                         „Ich möchte, dass der Grüne Deal Europas Markenzeichen wird.
den Druck, Maßnahmen für eine nachhaltige Lebens- und                        Er ist Ausdruck unseres Willens, der erste klimaneutrale Konti-
Wirtschaftsweise zu unterstützen. Die Europäische Union hat                  nent der Welt zu werden. Dahinter steht auch ein langfristiges
zudem den Auftrag den Schutz der Umwelt insbesondere                         wirtschaftliches Interesse: Wer zuerst und am schnellsten han-
zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung bei der Aus-                    delt, wird am ehesten von den Möglichkeiten des ökologischen
gestaltung ihres politischen Kurses zu berücksichtigen². Die                 Wandels profitieren. Ich möchte, dass Europa Vorreiter ist. Ich
inhaltlichen Schwerpunkte und die strategische Ausrichtung                   möchte, dass Europa Wissen, Technologien und bewährte Ver-
der EU-Kohäsionspolitik 2014 bis 2020 wurde maßgeblich                       fahren exportiert.“5
durch die Strategie Europa 2020 bestimmt, die auf „intelligen-
tes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ zielt und auf                   In ihren politischen Leitlinien, wie auch in ihrem Vorschlag
europäischer, nationaler und regionaler Ebene ansetzt. Eine                  für die Besetzung der künftigen EU-Kommission, verknüpft
übergreifende Folgestrategie für den Zeitraum nach 2020 hat                  von der Leyen den Klimaschutz eng mit anderen zentralen
die EU-Kommission bislang nicht erarbeitet. Dies behindert                   Politikbereichen, wie der wirtschaftlichen Entwicklung, und
nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des EU-                    schreibt ihm damit einen hohen Stellenwert zu. Die europä-
 Parlaments eine kohärente Herangehensweise innerhalb der                    ische Kohäsionspolitik ist gefordert, einen nachweisbaren
Programme und auch programmübergreifend³. Das im Janu-                       Beitrag für eine ökologisch nachhaltige Wirtschaftsförderung
ar 2019 veröffentlichte Reflexionspapier „Auf dem Weg zu ei-                 zu leisten. Auf deren Instrumente – EFRE und Kohäsions-
nem nachhaltigen Europa bis 2030” zeigt auf, dass SDGs in die                fonds – entfällt zusammen ein Drittel des EU Gesamthaus-

² „Die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung der Unionspolitiken und –maßnahmen insbesondere zur Förderung einer
   nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden“ – Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Artikel 11
³ Research for REGI Committee-The Agenda for Cohesion Policy in 2019-2024: Key issues for the REGI Committee, 2019, http://bit.ly/2Lfv1jG
4
  VERORDNUNG (EU) 2018/1999 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 11. Dezember 2018 über das Governance-System für die Energieunion
   und für den Klimaschutz
5
   Pressemitteilung vom 10.09.2019: Kommission von der Leyen: Eine Union, die mehr erreichen will

                                                                                                                     Nachhaltiges Europa 2020 +   7
halts. Flankierend spielen weitere EU-Umweltstrategien                   Verordnungsvorschlägen fasst die EU-Kommission hier die
(u.a. Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa6, Um-                 Investitionsbereiche, sowie Rahmenbedingungen für eine
weltaktionsprogramm7, EU-Biodiversitätsstrategie8) und                   wirksame Umsetzung der Kohäsionspolitik zusammen.
diverse Umweltstrategien des Bundes und der Länder                       Der Anhang D bildet die Grundlage für die Verhandlungen
eine wichtige Rolle. Exemplarisch sind hier auf der Bun-                 zwischen Deutschland und der EU-Kommission über die
desebene zu nennen: die deutsche Nachhaltigkeitsstra-                    Operationellen Programme (OP) und die Partnerschafts-
tegie – Neuauflage 20169, der Klimaschutzplan 2050, die                  vereinbarung (PV).
Deutsche Anpassungsstrategie an die Folgen des Klima-
wandels, die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt
und das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm II (Pro-
gRess II). Diese Strategien bilden die inhaltlichen Leitplan-
ken für die Operationellen Programme. Gleichzeitig nimmt
der Druck der Zivilgesellschaft (z.B. Fridays for Future) zu.

1.1 Anbindung an des Europäische
     Semester

Gemäß den Vorschlägen der EU-Kommission soll der
EFRE stärker auf das Europäische Semester für die Koor-
dinierung der Wirtschaftspolitik abgestimmt werden. Das
Europäische Semester ist ein Instrument zur Überwa-
chung, Koordinierung und Abstimmung der Haushalts-,
Wirtschafts- und Reformpolitik in den Mitgliedstaaten.
Es soll makroökonomische Ungleichgewichte aufdecken
und den Mitgliedstaaten vor ihren nationalen Haushalts-
verhandlungen politische Leitlinien und Empfehlungen
auf den Weg geben. Aus den Länderberichten und den
länderspezifischen Empfehlungen 2019 ergeben sich die
Schwerpunkte aus Sicht der EU-Kommission. Umweltbe-
lange finden sich in den länderspezifischen Empfehlungen
bislang nur an Rande wider. Aufgrund der Konzentration
auf Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit ist
die Verknüpfung aus Umweltsicht daher kritisch zu sehen.
Der Länderbericht 2019 enthält erstmalig einen Anhang mit
Investitionsleitlinien für die Mittel im Rahmen der Kohäs-
ionspolitik 2021 bis 2027 (Anhang D). Aufbauend auf den

6
   http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/com/com_com(2011)0571_/com_com(2011)0571_de.pdf
7
  http://ec.europa.eu/environment/pubs/pdf/factsheets/7eap/de.pdf
8
   http://ec.europa.eu/environment/nature/biodiversity/strategy/index_en.htm
9
  https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975292/730844/3d30c6c2875a9a08d364620ab7916af6/deutsche-5 5 5 5
   nachhaltigkeitsstrategie-neuauflage-2016-download-bpa-data.pdf?download=1

    8   Nachhaltiges Europa 2020 +
2. Nachhaltiges Europa

2.1. Sustainable Development Goals (SDGs)

Im September 2015 unterzeichneten 193 Staaten die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und deren 17 Ziele für
nachhaltige Entwicklung (SDGs). Die Staats- und Regierungschefs einigten sich damit auf eine konkrete „To-do-Liste für
die Menschen und den Planeten“10. Zusammen mit dem Klimaschutzabkommen von Paris bilden die SDGs den Fahrplan
für die wirtschaftliche, soziale und ökologische internationale Zusammenarbeit.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben sich uneingeschränkt zur Umsetzung der Agenda 2030 Ziele verpflichtet. Die
nationale Umsetzung der SDGs erfolgt in Deutschland mit der 2016 überarbeiten und 2018 aktualisierten deutschen
Nachhaltigkeitsstrategie, die jedoch kein verbindliches Instrument ist. Diese enthält 66 durch Indikatoren unterlegte Ziele,
die sich die Bundesregierung für die Zeit bis 2020, bzw. 2030 gesetzt hat. Nach eigenen Angaben erreicht die Bundes-
regierung bei den Zielvorgaben nicht den Fortschritt, der angebracht wäre um die Ziele bis 2030 zu erreichen. Für 29
Indikatoren der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ist die Zielerreichung nicht in Sicht.

          Abbildung 1: Ziele für nachhaltige Entwicklung (Quelle: 800 hoch 2)

Gemäß des jährlich von der Bertelsmann-Stiftung in Zu-                          Bundesregierung nicht in den zentralen Bereichen um-
sammenarbeit mit dem Sustainable Development So-                                steuert. Der Sachverständigen Rat für Umweltfragen (SRU)
lutions Network (SDSN) erarbeiteten SDG-Reports, ist                            betont in seinem Sondergutachten11, dass der Großteil der
Deutschland zwar bei einigen Zielen auf einem guten Weg,                        Umweltziele voraussichtlich verfehlt werden.
wird aber die Nachhaltigkeitsagenda verfehlen, wenn die

10
    N-Generalsekretär Ban Ki-moon auf dem Gipfeltreffen in New York am 25. September 2015 anlässlich der Verabschiedung
   U
   der Entwicklungsagenda für die Zeit nach 2015 https://www.un.org/press/en/2015/sgsm17111.doc.htm.
11
   SRU Sondergutachten „Demokratisch regieren in ökologischen Grenzen – Zur Legitimation der Umweltpolitik”, 2019.

                                                                                                                           Nachhaltiges Europa 2020 +   9
So werden Tag für Tag bundesweit nach wie vor mehr als
60 Hektar Bodenflächen für Siedlungen und Verkehr
versiegelt – doppelt so viel wie sich die Bundesregierung
zum Ziel gesetzt hat. Der Stickstoffeintrag in der Landwirt-
schaft ist unverändert hoch. Der Anteil der ökologischen
Landwirtschaft ist mit 9,1 Prozent im Jahr 2018 nicht aus-
reichend (Zielwert 2030: 20 Prozent). Die Reduktion der
Treibhausgasemissionen schreitet viel zu langsam voran,
um im Jahr 2050 eine weitgehende Treibhausgasneutrali-
tät zu erreichen. Im Verkehr sind die CO₂-Emissionen ge-
genüber 1990 gar nicht gesunken. Auch beim Schutz der
Biologischen Vielfalt sind bislang keine Fortschritte zu
verzeichnen. Ein Weiter-so gefährdet die Menschen und
ihre natürlichen Lebensgrundlagen und wirkt sich vielfach
negativ auch auf die Wirtschaft und Gesellschaft aus.

                                                                               Abbildung 2: Sustainable Development Report 2019 – Bertelsmann
                                                                               Stiftung und Sustainable Development Solutions Network, 2019

2.2 Beitrag des EFRE für eine                                                 der Kreislaufwirtschaft, der Anpassung an den Klimawan-
    nachhaltige Entwicklung                                                    del, der Risikoprävention und des Risikomanagements“
                                                                               neben dem Ziel eines „intelligenteren Europas” Priorität
Die EU-Strukturförderung bietet enorme Chancen, um den                         eingeräumt. Zwar ist der Anteil der umweltorientierten
Weg hin zu einem nachhaltigen Europa bis 2030 unter dem                        Maßnahmen in den vergangenen Förderzeiträumen von
Grundsatz „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen                       etwa 19 Prozent in 2007 bis 201313 auf ein Drittel in 2014
unseres Planeten”12 zu ebnen. Ziel ist es, Investitionen in die                bis 202014 gestiegen. Diesen Trend gilt es angesichts der
Wirtschaft an die Grundsätze der Ressourcenschonung                            bestehenden ökologischen Herausforderungen Europas
und den Grundsatz des fairen Handelns zu binden.                               zu verstetigen. Vor diesem Hintergrund begrüßen die Um-
                                                                               weltverbände grundsätzlich die Festlegung der EU-Kom-
Die Verordnungsentwürfe fordern, aktiv den Folgen des                          mission, dass künftig mindestens 25 Prozent der gesamten
Klimawandels entgegenzuwirken und zur Umsetzung des                            EU-Ausgaben, zur Verwirklichung der Klimaziele (Climate
Pariser Klimaschutzübereinkommens und der SDGs beizu-                          Mainstreaming, Klimaquote) beitragen sollen. Angesichts
tragen. So wird dem Ziel eines „grüneren, CO₂-armen Eu-                        des Finanzierungsbedarfs in den Bereichen Naturschutz,
ropas durch Förderung von sauberen Energien und einer                          Ökosystemmanagement und Grüne Infrastruktur sollte
fairen Energiewende, von grünen und blauen Investitionen,                      diese Quote jedoch erhöht werden und über Klimaschutz

12
   7. Umweltaktionsprogramm, Europäische Kommission 2014
13
   Untersuchung der EFRE-Förderung in Deutschland 2007 – 2013, WWF, 2010
14
   UBA Texte 77/2019, Stärkung des Umweltschutzes in der EU-Strukturfondsförderung, Abschlussbericht

 10   Nachhaltiges Europa 2020 +
Abbildung 3: Aktueller Status der Umweltziele der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie für 2030. Die Grafik zeigt die Umweltindikatoren der Dt.
Nachhaltigkeitsstrategie und die vom Statistischen Bundesamt vorgenommene Bewertung der Trends im Hinblick auf das Ziel 2030. Indika-
toren, bei denen keine Bewertung vorgenommen wurde, sind nicht dargestellt. Der SRU bezieht sich auf die Einschätzungen der Bundesregi-
erung. Nach Einschätzung des BUND ist der Status einiger Ziele zu hinterfragen. So ist der anhaltende Flächenverbrauch nach wie vor zu hoch
und weit von der Zielerreichung entfernt. Quelle: SRU Sondergutachten “Demokratisch regieren in ökologischen Grenzen - Zur Legitimation
der Umweltpolitik”, 2019

hinausgehen. Die deutschen Umweltverbände fordern,                      tendes Prinzip in den wirtschaftspolitischen und sozialen
dass mindestens 30 Prozent der gesamten Ausgaben, so-                   Maßnahmen der neuen EFRE-Förderperiode sichergestellt
wie 40 Prozent der Vorhaben im EFRE zur Erreichung von                  werden. Ein starker, umfassender Nachhaltigkeitsbegriff
Umweltzielen beitragen.                                                 bezieht sich stets auf das menschliche Handeln innerhalb
                                                                        der ökologischen Grenzen, d.h. die ökologischen Lebens-
Nachhaltige Entwicklung sollte gleichzeitig, so wie in der              grundlagen zu bewahren hat oberste Priorität. In diesem
aktuellen Förderperiode auch, als übergeordnetes und lei-               Rahmen gilt es, die soziale Gerechtigkeit zu verbes-

                                                                                                            Nachhaltiges Europa 2020 +   11
sern und eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung                                 Das bedeutet auch, umwelt- und klimaschädliche Wirkun-
zu befördern. Nach Artikel 176 des EG-Vertrags verfolgt                               gen aller EFRE-geförderten Maßnahmen zu minimieren
der EFRE das Ziel, die wichtigsten regionalen Ungleich-                               und Umwelt- und Ressourcenschonung ganzheitlich in
gewichte in der EU auszubalancieren. Damit sind sowohl                                allen Förderprogrammen zu verankern. Nachhaltigkeit und
wirtschaftliche, soziale als auch ökologische Forderungen                             verantwortlicher Umgang mit den knappen Ressourcen
verbunden, insbesondere in benachteiligten Gebieten.                                  haben längst den Weg ins Bewusstsein der Bevölkerung
Vor diesem Hintergrund gilt es, in den Förderprogram-                                 gefunden. Verbraucher*innen erwarten sowohl ökologisch
men nach intelligenten Lösungen zu suchen, wirtschaft-                                unbedenkliche Produkte wie Produktionsweisen und fa-
liche Entwicklung an den ökologischen Grenzen unserer                                 vorisieren ganz grundsätzlich wirtschaftliches Wachstum
Erde und ganze Wirtschaftszweige an Zukunftsmärkten                                   nach qualitativen Maßstäben. Diese Erwartungen richten
auszurichten. Überdies muss der unkontrollierte Ressour-                              sich an Politik und Wirtschaft.
cenverbrauch gestoppt werden. Mit dem Plan einen euro-
päischen Grünen Deal15 zu entwickeln, greift die gewählte
Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen die-
ses Ziel auf. Die Zukunftsmärkte scheinen die Zeichen der
Zeit verstanden zu haben: Sie beweisen einen eindeutigen
Trend hin zu mehr Ressourcenschonung, Effizienz und zu
innovativen Ansätzen nachhaltiger Wirtschaftsstrukturen.
Stellvertretend seien hier die Potenziale von geschlosse-
nen Stoffkreisläufen und der Kreislaufwirtschaft, Innovatio-
nen im Bereich der erneuerbaren Energien und viele wei-
tere Öko-Innovationen genannt.

Um die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer und mittlerer Un-
ternehmen (KMU) zu stärken, bietet die neue Förderperi-
ode zahlreiche Möglichkeiten, ökologische Innovationen
anzustoßen und neue Märkte im Umweltbereich zu er-
schließen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des geplan-
ten Kohleausstiegs eröffnen sich große Chancen, neue
Technologien zur treibhausgasarmen Erzeugung von Ener-
gie (z. B. Stromnetze, Speichertechnologie, Energieein-
sparung und -erzeugung u. v. m.) und der Steigerung der
                                                                                      Abbildung 4: Die Bundesregierung definiert in ihrer Nachhaltig-
Energieeffizienz zur Marktfähigkeit zu verhelfen. Zukünftig
                                                                                      keitsstrategie als Absolute Grenzen: die Erhaltung der natürlichen
wird es stärker darauf ankommen, Wirtschaftsförderung                                 Lebensgrundlagen in globaler Perspektive und ein Leben in Würde
mit den Prinzipien der Nachhaltigkeit zu verbinden und auf                            für alle (Bundesregierung 2016)

diesem Weg regionale Strukturen krisenfest zu machen.

15
     Politische Leitlinien für die künftige Europäische Kommission 2019 - 2024, Ursula von der Leyen

 12      Nachhaltiges Europa 2020 +
3. STRUKTUR UND AUSGANGSLAGE DES MUSTERS FÜR
    EIN OPERATIONELLES PROGRAMM UMWELT (MOPU)

3.1 Aufbau                                                                        politischen Dialog ersetzt werden, dessen Grundlage die
                                                                                  vom Mitgliedstaat bereitgestellten neuesten Informationen
Jedes Bundesland erstellt ein Operationelles Programm                             und Daten zur Programmdurchführung sind17. Gleichzeitig
(OP) und legt darin die auf die jeweilige Region bezogenen                        sollen alle quantitativen Daten alle zwei Monate elektronisch
Förderschwerpunkte fest. Die OP werden in einem partner-                          übermittelt werden. Dies ermöglicht eine Echtzeitberichter-
schaftlichen Prozess innerhalb der Region sowie mit dem                           stattung. Die Evaluierung erfolgt vor Ort anhand der Indikato-
Mitgliedstaat und der EU-Kommission gemeinsam entwi-                              ren und einer detaillierten Analyse der Relevanz, Effektivität
ckelt. Regionale Akteure, wie Behörden, Umweltverbände,                           und Effizienz der Programme.
sowie Wirtschafts- und Sozialpartner, werden bei der Erar-
beitung einbezogen und beteiligt.                                                 Zur Unterstützung der Programmdurchführung stehen den
                                                                                  Mitgliedstaaten weiterhin Finanzmittel aus der technischen
Spätestens drei Monate nach Einreichung der Partner-                              Hilfe (TH) zur Verfügung.
schaftsvereinbarung (PV) übermitteln die Mitgliedstaaten
die Programme nach Maßgabe des Musters in Anhang V der                            Im Einklang mit dem Grundsatz und den Regelungen der
Dachverordnung (COM (2018) 375 final).                                            geteilten Mittelverwaltung sind die Mitgliedstaaten und
                                                                                  die EU-Kommission für die Verwaltung und Kontrolle der
In jedem Programm wird eine Strategie dargelegt, die auf-                         Programme zuständig und leisten Gewähr hinsichtlich des
zeigt, welchen Beitrag das Programm zu den politischen                            recht- und ordnungsmäßigen Einsatzes der EFRE-Fonds-
Zielen leistet. Das OP muss sich nach der Auffassung der                          mittel.
EU-Kommission im Sinne einer fokussierten Förderung, auf
eine begrenzte Zahl an politischen und spezifischen Zielen                        Eine zentrale Herausforderung für die Programmplanung
konzentrieren. Für eine flexible Durchführung werden in ein-                      ist es, die Fördertatbestände für den ermittelten Bedarf da-
geschränktem Maße Mittelübertragungen zwischen Prioritä-                          hingehend zu strukturieren, dass ein tatsächlicher Mehrwert
ten desselben Programms zulässig sein. Eingangs werden                            erkennbar wird.
in jedem Programm die wichtigsten Herausforderungen zu-
sammengefasst und eine Begründung für die ausgewählten                            3.2 Herausforderungen für eine nach-
politischen Ziele, Prioritäten und spezifischen Ziele geliefert.                       haltige Entwicklung in Deutschland
Für jedes spezifische Ziel werden Output- und Ergebnisin-
dikatoren, Etappenziele, sowie die Zielgruppen angegeben.                         Bei der Ausarbeitung der Programme werden die wichtigsten
                                                                                  Herausforderungen unter Berücksichtigung der länderspe-
Ebenso ist darzulegen, ob die grundlegenden Voraussetzun-                         zifischen Empfehlungen und den von der EU-Kommission
gen erfüllt sind. Auch wird dargestellt mit welchen Maßnah-                       veröffentlichten Investitionsleitlinien für die Kohäsionspolitik,
men die Partner (Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialpartner) in                      aus dem Länderbericht Deutschland16 dargelegt. Darüber
die Ausarbeitung der Programme eingebunden werden.                                hinaus werden die von der EU-Kommission bei der Über-
                                                                                  prüfung der Umsetzung der Umweltpolitik 2019 ermittelten
Um die Leistung und Zielerfüllung der Programme zu unter-                         Herausforderungen für Deutschland hinzugezogen. Aus
suchen, sollen die Mitgliedstaaten Überwachungsausschüs-                          Sicht der Umweltverbände lassen sich für Deutschland fol-
se (Begleitausschüsse) einsetzen. Die jährlichen Durchfüh-                        gende durch den EFRE adressierbare Zukunftsherausforde-
rungsberichte sollen zukünftig durch einen strukturierten                         rungen identifizieren:

16
      NNEX D des Länderberichts für Deutschland 2019 im Rahmen des Europäischen Semesters
     A
     https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/file_import/2019-european-semester-country-report-germany_de.pdf

                                                                                                                   Nachhaltiges Europa 2020 +   13
Die Bedarfsanalyse einer Region sollte sich an den regional
Zukunftsherausforderungen für Deutschland:
                                                              identifizierten Problemfeldern und übergeordneten Ziel-
                                                              setzungen orientieren. In diesem Sinn sollten die Nachhal-
I. Schutz, Erhalt und Verbesserung der
                                                              tigkeitsstrategien der Bundesländer und deren Strategien
    Biodiversität
                                                              zum Schutz biologischer Vielfalt und des Klimas sowie ggf.
      1) Finanzierungslücke im Bereich Naturschutz
                                                              weitere relevante Strategien und Programme in die stra-
      2) Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosys-
                                                              tegischen Ausrichtungen der Förderprogramme einfließen.
          temleistungen
                                                              Nur so kann eine Kohärenz zwischen den Umweltzielen
      3) R eduzierung von Flächenverbrauch und Land-
                                                              der EU und dem Beitrag der Regionen zur Zielerreichung
          schaftszerschneidung durch Wiedervernetzung
                                                              gelingen.
      4) Förderung des Biotopverbunds im Rahmen
          Grüner Infrastruktur
                                                              Grundsätzliche Anforderungen an ein nachhalti-
II. Klimaschutz                                               ges Operationelles Programm
      1) Treibhausgasneutralität bis 2050                     • Interventionen müssen zur Erreichung der Pariser Klima-
      2) Nachhaltige Mobilität                                   ziele und der SDGs beitragen
      3) R esilienzmaßnahmen17, ökosystembasierte            • 40 Prozent der EFRE-Mittel sollten zur Erreichung der Kli-
          Maßnahmen, Hochwasserschutz                            maziele beitragen (Climate mainstreaming)
      4) Unterstützung der Transformation in Kohleregionen   • 30 Prozent der EFRE-Mittel sollten dem politischen Ziel 2
                                                                 zugeordnet werden
III. S
      icherung der Lebensqualität der
     Bürger*innen                                             • Ausgaben dürfen keine negativen Auswirkungen auf das
      1) Verbesserung der Qualität der Oberflächenge-           Klima haben (Climate proofing)
          wässer und des Trinkwassers                         • Ausschluss umwelt- und klimaschädlicher Subventionen
      2) Reduzierung von Luftschadstoffemissionen aus        • Die Maßnahmen und die für ihre Umsetzung vorgesehe-
          dem Verkehr                                            nen Mittelzuweisungen sind in die Nationalen Energie-
      3) Nachhaltige Stadtentwicklung                            und Klimapläne (NECP) aufzunehmen
      4) Lärmschutz                                           • Der Grundsatz ‚Energieeffizienz an erster Stelle‘ muss als
                                                                 horizontaler Grundsatz gelten.
IV. Umweltfreundliche, ressourcenschonende,
     emissionsarme und wettbewerbsfähige                      • Öffentliche Gelder müssen für öffentliche Leistungen ver-
     Kreislaufwirtschaft                                         wendet werden
      1) Energie- und Ressourceneinsparung, sowie            • Umsetzung des Partnerschaftsprinzips und Stärkung der
          drastische Reduktion umweltriskanter Abfälle           Öffentlichkeitsbeteiligung
          jeder Art, insbesondere Einweg-Kunststoffen,
          Verstärkung von Recycling und Aufbau mög-
          lichst geschlossener Stoffkreisläufe
      2) Umweltrelevante Forschung und Entwicklung
          von Öko-Innovationen
      3) Ergänzung von Effizienzsteigerungen durch
          Suffizienzmaßnahmen.

14   Nachhaltiges Europa 2020 +
4. AUSWAHL VON POLITISCHEN UND
   SPEZIFISCHEN ZIELEN

Da die Verhandlungen zur Dachverordnung und der EF-                 wird zunächst auf die politischen Ziele (PZ) Bezug genom-
REVerordnung zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des vor-                men. Wie die untenstehende Tabelle zeigt, unterstützen
liegenden MOPU noch andauern und einige für die Pro-                der Ministerrat und das Europäische Parlament im Grund-
grammplanung relevante Aspekte, wie die Formulierung                satz den Vorschlag der EU-Kommission.
der spezifischen Ziele (SZ) noch nicht abgeschlossen ist,

Politische Ziele der neuen Förderperiode – Positionen der EU Kommission, des Rates der Europäischen Union und
des Europäischen Parlaments zur EFRE-Verordnung

 Vorschlag der EU-Kommission                 Standpunkt des                          Standpunkt des Europäischen
                                             Ministerrates                           Parlaments
 1. ein intelligenteres Europa durch die    1. identisch mit Vorschlag      der    1. 
                                                                                        ein intelligenteres Europa durch Förde-
     Förderung eines innovativen und in-        Kommission                              rung einer innovativen, intelligenten und
     telligenten wirtschaftlichen Wandels                                               integrativen wirtschaftlichen Entwicklung
                                                                                        und Transformation, der regionalen Kon-
                                                                                        nektivität im technologischen Bereich, der
                                                                                        Entwicklung der Informations- und Kom-
                                                                                        munikationstechnologien (IKT) und einer
                                                                                        effizienten öffentlichen Verwaltung

 2. ein grüneres, CO₂-armes Euro-           2. ein grüneres, CO₂-armes, wi-        2. ein grüneres, CO₂-armes und widerstands-
     pa durch Förderung von sauberen             derstandsfähiges Europa durch           fähiges Europa für alle durch Förderung
     Energien und einer fairen Energie-          Förderung von sauberen Ener-            von sauberen Energien und einer fairen
     wende, von grünen und blauen In-            gien und einer fairen Energie-          Energiewende, von grünen und blauen
     vestitionen, der Kreislaufwirtschaft,       wende, von grünen und blauen            Investitionen, der Kreislaufwirtschaft, der
     der Anpassung an den Klimawandel,           Investitionen, der Kreislaufwirt-       Anpassung an den Klimawandel, der Ri-
     der Risikoprävention und des Risiko-        schaft, der Anpassung an den            sikoprävention und des Risikomanage-
     managements                                 Klimawandel, der Risikoprä-             ments
                                                 vention und des Risikomanage-
                                                 ments

 3. ein stärker vernetztes Europa durch     3. identisch mit Vorschlag der         3. 
                                                                                        ein stärker vernetztes Europa durch die
     die Steigerung der Mobilität und der        Kommission                             Steigerung der Mobilität und der regio-
     regionalen IKT-Konnektivität                                                       nalen IKT-Konnektivität (Identisch mit dem
                                                                                        Vorschlag der EU-Kommission)

 4. ein sozialeres Europa, in dem die eu-   4. identisch mit Vorschlag der         4. ein sozialeres und inklusiveres Europa, in
     ropäische Säule sozialer Rechte um-        Kommission                               dem die europäische Säule sozialer Rech-
     gesetzt wird                                                                        te umgesetzt wird (Identisch mit dem Vor-
                                                                                         schlag der EU-Kommission)

 5. ein bürgernäheres Europa durch die      5. 
                                                ein bürgernäheres Europa             5. ein bürgernäheres Europa durch die För-
     Förderung einer nachhaltigen und           durch die Förderung einer               derung einer nachhaltigen und integ-
     integrierten Entwicklung von städti-       nachhaltigen und integrierten           rierten Entwicklung von städtischen, Ge-
     schen, ländlichen und Küstengebie-         Entwicklung aller Gebietskate-          bieten und aller sonstiger Gebiete sowie
     ten und lokaler Initiativen                gorien                                  lokaler Initiativen

                                                                                                      Nachhaltiges Europa 2020 +   15
In diesem MOPU wird bewusst nicht auf alle fünf PZ aus        indikatoren festgelegt. Nach Vorgabe der EU-Kommissi-
der EFRE-Verordnung eingegangen. Die Auswahl wurde            on hat sich die Auswahl der PZ, der SZ und der konkreten
auf Basis der thematischen Konzentration und der besten       Maßnahmen am Bedarf zu orientieren und ist thematisch
Kombinationsmöglichkeiten zum Erreichen der Umwelt-           zu konzentrieren. Deshalb müssen klare Prioritäten gesetzt
ziele getroffen. Demnach fokussiert sich das MOPU auf die     werden. Die EU-Kommission verfolgt zudem das Ziel, ei-
PZ 1, 2, und 5 mit klarem Umweltbezug.                        nen Europäischen Mehrwert mit den Mitteln aus den Struk-
                                                              turfonds zu schaffen und Kohärenz mit anderen Politik-
Das MOPU liefert eine Übersicht von möglichen Maßnah-         maßnahmen der EU zu schaffen – und somit Innovationen
men, die in dem jeweiligen PZ den größten Mehrwert für        anzustoßen und qualitativ bessere Zielwerte zu erreichen.
die Umwelt bieten und wirtschaftliche Ziele mit nachhalti-
ger Entwicklung zukunftsorientiert verbinden. Ausgehend       4.1. Thematische Konzentration
von den in der Programmerstellung identifizierten Bedürf-
nissen ergeben sich für ein Bundesland die entsprechend       Die Thematische Konzentration soll dazu beitragen, die
erforderlichen Maßnahmen für die neue EFRE-Förderperi-        EFRE-Mittel auf die Bereiche zu konzentrieren, die den
ode 2021 bis 2027. Für diese Maßnahmen sollten sich kon-      höchsten Mehrwert schaffen und am stärksten zu den Pri-
krete strategische Ansätze ergeben. Analog dazu gilt: Nicht   oritäten und Zielen beitragen. Mit der thematischen Kon-
alle SZ eines gewählten PZ müssen in einem EFRE-OP auf-       zentration auf die politischen Ziele „intelligenteres Europa“
gegriffen werden. Vielmehr sind die Mittel auf einige weni-   (PZ 1) und „grüneres Europa“ (PZ 2) setzt die EUKommissi-
ge SZ und förderfähige Maßnahmen zu konzentrieren.            on ein wichtiges Zeichen und nimmt den Umweltbereich
                                                              in den Fokus auf. Der höhere Anteil an Maßnahmen im PZ
Wichtig bei der Auswahl der PZ, deren SZ und der dazu-        1 ist zu begrüßen, wenn Umwelt- und Klimainnovationen
gehörigen Maßnahmen ist der kohärente strategische An-        ausreichend Gewicht erhalten. Dringend zu ergänzen ist
satz, der sich durch das OP ziehen muss. Die Ergebnisse       eine verbindliche Vorgabe für das PZ 2 auch für weiter ent-
der EFREFörderpolitik müssen später sicht- und messbar        wickelte Regionen von mindestens 30 Prozent, wie es das
sein. Hierfür sind für jedes SZ vorab Output- und Ergebnis-   Europäische Parlament vorschlägt.

                                         Europäische Kommission             Europäisches Parlament

 Gruppe 1 –                              mindestens 85 % ihrer gesamten      mindestens 50 % ihrer gesamten EFREMittel
                                         EFREMittel dem PZ 1 und dem         auf nationaler Ebene dem PZ 1 und mindes-
 „stärker entwickelte Regionen“
                                         PZ 2 zu, und mindestens 60 %        tens 30 % dem PZ 2
                                         dem PZ 1.

 Gruppe 2 –                              mindestens 45 % ihrer gesamten      mindestens 40 % ihrer gesamten EFREMittel
                                         EFREMittel dem PZ 1 zu, und min-    dem PZ 1 und mindestens 30 % dem PZ 2;
 „Übergangs-regionen“
                                         destens 30 % dem PZ 2.

 Gruppe 3 –                              mindestens 35 % ihrer gesam-        mindestens 30 % ihrer gesamten EFREMittel
                                         ten EFREMittel dem PZ 1 zu, und     dem PZ 1 und mindestens 30 % dem PZ 2.
 „weniger entwickelte Regionen“          mindestens 30 % dem PZ 2.

16   Nachhaltiges Europa 2020 +
4.2 Politisches Ziel 1 – ein intelligenteres                                   Maßnahmen in diesem Förderbereich sind die identifizier-
     Europa durch die Förderung eines                                           ten Inhalte der Strategien für intelligente Spezialisierung
     innovativen und intelligenten wirt-                                        (RIS3 Strategien) eines Bundeslandes (Forschungs- und
     schaftlichen Wandels                                                       Innovationsstrategien). Die Kommission setzt voraus, dass
                                                                                nur Maßnahmen über den EFRE gefördert werden, die sich
Aus Sicht des Umwelt- und Naturschutzes kann dieses                             auch in der Forschungs- und Innovationsstrategie des Lan-
Politische Ziel Öko-Innovationen kräftig voranbringen.                          des widerspiegeln. Die Verankerung von Umwelthemen in
Umweltinnovationen sind der Schlüssel auf dem Weg zu                            den aktuellen RIS3 ist daher essentiell. Bei der Erstellung
einer dekarbonisierten und ressourceneffizienten Green                          dieser Strategien werden Umwelt- und Naturschutzver-
Economy. Innovationen sind dabei nicht rein technisch zu                        bände derzeit jedoch nur selten beteiligt. Angesichts der
verstehen. Auch soziale, strukturelle, ökologische, ökono-                      deutlichen thematischen Konzentration der EFRE-För-
mische und andere Innovationen sind erforderlich, um den                        derung auf dieses PZ und des wichtigen Beitrags von In-
Übergang zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Entwick-                        vestitionen in diesem Bereich auf die Verwirklichung von
lung zu gestalten.                                                              Klimazielen muss hier nachgesteuert werden. Das Partner-
                                                                                schaftsprinzip muss auch in ergänzenden Strategieprozes-
4.2.1 Umweltintegration im Politischen Ziel 1                                   sen umgesetzt werden (siehe hierzu Kapitel 5.5).
Intelligente Spezialisierung
                                                                                Aus dem EFRE werden ferner Tätigkeiten in den Bereichen
Der Wandel zur nachhaltigen Wirtschaftsweise in Europa
                                                                                allgemeine und berufliche Bildung sowie lebenslanges
verlangt von allen Beteiligten erhebliche Anstrengungen.
                                                                                Lernen unterstützt, um einen Beitrag zur Entwicklung von
Die unternehmerische Praxis in kleinen und mittleren Un-
                                                                                Kompetenzen für intelligente Spezialisierung, industriellen
ternehmen (KMU) und die Begleitung und Unterstützung
                                                                                Wandel und Unternehmertum zu leisten.
durch Verwaltung, Behörden und Beratung sollte ebenfalls
Bestandteil der EFRE-Förderung sein.
                                                                                Nutzung der Vorteile der Digitalisierung
Bestehende Öko-innovation harren der Implementierung,                           Einen weiteren Schwerpunkt in diesem PZ sieht die EU-
der Know-How-Transfer und die technische Hilfe (TH) müs-                        Kommission in der Einführung neuer Informations- und
sen ausgebaut werden. Intelligente Spezialisierung stärkt                       Kommunikationstechnologien (IKT) und der Nutzung der
und beschleunigt den Prozess u.a. durch Beratungsleistun-                       Vorteile der Digitalisierung. Dies kann erheblich den Trans-
gen und durch Finanzierung der Implementierung innova-                          fer zwischen öffentlichem und privatem Sektor begüns-
tiver umweltfreundlicher Technologien und Prozesse.                             tigen. Deutschland ist nach Einschätzung der EU-Kom-
                                                                                mission beim Ausbau von Breitbandnetzen, insbesondere
Dieses PZ kann der Umwelt auch nutzen, wenn For-                                in ländlichen Gebieten, wo mehr Investitionen das Pro-
schungsaktivitäten im Bereich Umwelt- und Naturschutz                           duktionswachstum stärken könnten, deutlich in Verzug18.
angesiedelt werden und auf eine nachhaltige, ressour-                           IKT-Maßnahmen sind Bestandteil vieler Strategien zur in-
censchonende Entwicklung zielen. Welche spezifischen                            telligenten Spezialisierung. Digitalisierung kann zu einer
Umweltziele hiervon betroffen sein können, hängt vom tat-                       nachhaltigen Energie-, Verkehrs-, Agrar- oder Ressourcen-
sächlichen Bedarf eines Landes der sich u.a. durch Bezug-                       wende beitragen und als Instrument zur Erreichung der
nahme auf die umweltrelevanten Landesstrategien ablei-                          Nachhaltigkeits- und Klimaziele genutzt werden19, wenn
tet.. Eine weitere Grundvoraussetzung für die Auswahl der                       sie nachhaltig gestaltet wird. Auch wenn vielfach Vorteile

18
     EU Kommission, Das Europäische Semester 2019. Länderbericht Deutschland
19
     Unsere gemeinsame digitale Zukunft, Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), 2019

                                                                                                                      Nachhaltiges Europa 2020 +   17
der IKT beim Ressourcenverbrauch angeführt werden, darf                        in der Bewältigung künftiger Umweltherausforderungen,
dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Einsatz von                        also z. B. im Bereich des Klimawandels, des Natur- und
IKT schon jetzt mit einem immensen Energieverbrauch,                           Umweltschutzes sowie allgemein im Bereich nachhaltiger,
einer Zerstörung der Ökosysteme und steigendem Res-                            ressourcenschonender Entwicklung, knapper Rohstoffe
sourceneinsatz einhergeht. So werden in Deutschland                            und fossiler Energieträger sowie im Bereich des demogra-
jährlich etwa 33 Mio. t CO₂-Emissionen durch den Betrieb                       phischen Wandels (soziale Innovationen). Vor diesem Hin-
des Internets und internetfähiger Geräte verursacht – so                       tergrund sind innovative Produkte und Dienstleistungen
viel wie durch den innerdeutschen Flugverkehr. Das In-                         gefragt, insbesondere auch solche, die sich künftig aus
ternet hat einen Stromverbrauch von 2.200 GWh jährlich                         strengeren Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen und aus
(Vergleich China 5.920 GWh, USA 3.911 GWh im Jahr 2016).                       sich veränderndem Konsumverhalten ergeben werden.
Hinter scheinbar virtuellen Produkten und Dienstleistun-                       Neben der Reduktion von Treibhausgasemissionen ist eine
gen stecken z.T. aufwendige Infrastrukturen. Zudem ist                         anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung (FuE)
der Einfluss von elektromagnetischer Strahlung des Mo-                         zur Anpassung an den Klimawandel erforderlich. KMU, die
bilfunks auf die Gesundheit des Menschen aber auch auf                         auf diese Herausforderungen adäquat reagieren, können
wildlebende Tiere nicht hinreichend geklärt. Daher sollte                      Wettbewerbsvorteile erzielen und sichere Arbeitsplätze
bei möglichen Fördermaßnahmen im Bereich der IKT auf                           bereitstellen.
den Einsatz energieeffizienter und ressourcenschonender
Technologien und Managementsysteme geachtet werden,                            Um dem wachsenden internationalen Wettbewerb stand-
bzw. deren Einsatz in besonderer Weise bspw. über einen                        zuhalten, wird es in Deutschland zunehmend wichtiger, in
finanziellen Bonus gewürdigt werden.                                           sogenannte Zukunftsmärkte zu investieren. Neben einem
                                                                               notwendigen Zuwachs der Forschungsaktivitäten, bspw.
Forschung und Innovation in kleinen und mittle-                                im Bereich der Öko-Innovationen und der Erfassung und
ren Unternehmen                                                                Integration von Ökosystemleistungen, benötigen vor allem
Die EU-Kommission betont im Länderbericht20, dass um-                          KMU Unterstützung bei der Umstellung auf nachhaltige-
fangreichere öffentliche und private Investitionen in eine                     re Wirtschaftsformen und bei der Markteinführung ökolo-
nachhaltige Verkehrs- und Elektrizitätsinfrastruktur für die                   gisch innovativer Produkte bzw. Dienstleistungen. Öko-In-
Erreichung der Klima-, Energie- und Umweltziele von zen-                       novationen sind ein wichtiger Faktor für den Übergang hin
traler Bedeutung sind. Insbesondere kleine und mittlere                        zu einer emissionsarmen Kreislaufwirtschaft. Der EFRE
Unternehmen (KMU) sollten dabei unterstützt werden stär-                       sollte im PZ 1 hierin eine klare Priorität setzen.
ker in Forschung und Innovationen vor allem in die kreis-
lauforientierte und ressourceneffizientere Gestaltung der                      Schließlich gehört hierzu auch die Reduzierung von Emissi-
Wirtschaft, z.B. durch die Förderung von Öko-Innovationen                      onen und Abfall jeder Art, die Entwicklung von langlebigen
sowie nachhaltige Produkte und Produktionssysteme zu                           Produkten, der Aufbau von möglichst geschlossenen Stoff-
investieren.                                                                   kreisläufen und intelligente Recycling- und Upcyclingpro-
                                                                               zesse (intelligentes Produktdesign, das eine abgewandelte
Das PZ 1 sollte sich den künftigen Herausforderungen und                       Weiternutzung von Produkten nach ihrer eigentlichen An-
Chancen für KMU auf den grünen Zukunftsmärkten wid-                            wendungsdauer ermöglicht). Mit einer kreislauforientierten
men, wie auch jenen der Erforschung umweltfreundlicher,                        und ressourceneffizienteren Gestaltung der Wirtschaft,
treibhausgasarmer und ressourcensparender Technolo-                            könnte das PZ 1 eine sehr gute Ergänzung zum PZ 2 dar-
gien und Produktionsverfahren. Diese liegen wesentlich                         stellen.

20
     EU Kommission, Das Europäische Semester 2019. Länderbericht Deutschland

 18     Nachhaltiges Europa 2020 +
Weitere wichtige Maßnahmengebiete: die Erforschung von         • zur Bewältigung der anhaltenden Ressourcenknappheit;
Öko-Innovationen, von Grünen Bioökonomie Infrastruk-           • zur Bewältigung des demographischen Wandels (soziale
turen und vom Wert der Ökosystemleistungen auch im                Innovationen);
volks- und betriebswirtschaftlichen Sinne; Forschung und       • zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende für mehr
Innovationen zum Erhalt und zur Verbesserung der Boden-           Umwelt- und Naturschutz, Klimaschutz, Effizienz und Suf-
qualität und zur Verringerung von Flächenversiegelung             fizienz im Bereich der Energie und/oder Ressourcen;
und Bodenerosion. Wünschenswert wäre darüber hinaus            • zur Schließung von Daten- und Wissenslücken, insbeson-
eine intensivere Erforschung der Schadstoffvermeidung             dere zur Bewertung von Ökosystemdienstleistungen und
und Effizienzsteigerung sowie der Wege zur Dekarboni-             zur Rolle der Biodiversität bei der Unterstützung dieser
sierung im gesamten Produktions- und Anwendungspro-               Leistungen, sowie deren potentiellen Beiträgen zur Ener-
zess von Produkten und Dienstleistungen. Dazu gehört              giewende;
aus sozialpolitischer Sicht auch die Erforschung von fairen,   • zum Erhalt und der Förderung Grüner Infrastruktur inkl.
globalen Handels- und Produktionsbeziehungen. Eine be-            der Umsetzung von Natura 2000;
sondere Stellung sollten wirtschaftsnahe FuE-Vorhaben          • zur Anpassung an den Klimawandel;
erlangen, die interdisziplinär ausgerichtet sind, mit dem      • zur Verringerung der Emissionen von innovativen Produk-
Ziel, negative umwelt- und sozioökonomische Effekte der           ten und Dienstleistungen.
Forschungsaktivitäten und daraus resultierender tech-
nischer Entwicklungen zu untersuchen. Zu vermeiden ist         III. Die geförderten Maßnahmen sollen den bevorstehen-
eine einseitige Schwerpunktsetzung zugunsten der klas-               den ökologischen Transformationsprozess der KMU un-
sischen Technologieforschung unabhängig von deren In-                terstützen.
halten bzw. deren Umweltrelevanz. Technologieförderung
sollte sich vorrangig an den zuvor aufgeführten spezifi-       Zielgruppen und Zielgebiete
schen Themenfeldern orientieren und durch Forschungen          • Verbundforschungsprojekte zwischen Wirtschaft und
ergänzt werden, die sich an den Zielen der nachhaltigen           Forschungsinstitutionen
Entwicklung orientierten.                                      • Private Forschungseinrichtungen
                                                               • Wissenschaftliche Cluster
Allgemeine Anforderungen an die Umweltinteg-                   • Öffentliche und private wissenschaftliche Einrichtungen,
ration im PZ 1:                                                   Universitäten, Fachhochschulen
I. D
    ie Investitionsförderung im PZ 1 sollte sich konsequent   • Kommunen im ländlichen Raum und Städte
   an den Klimazielen im Rahmen des Übereinkommens             • Unternehmen, KMU, Existenzgründer (Gründerunterneh-
   von Paris, der Agenda 2030 und den Nachhaltigkeits-            men), Unternehmensverbände und regionale Cluster
   zielen der Vereinten Nationen, sowie der Förderung des      • Akteure regionaler Wertschöpfungsketten und regionaler
   Ziels der Erhaltung, des Schutzes und der Verbesserung         Vermarktungsstrategien
   der Qualität der Umwelt durch die Union (gemäß Artikel
   11 und Artikel 191 Absatz 1 AEUV) ausrichten.               Ausschlusskriterien
                                                               • Förderung von FuE-Maßnahmen, die bereits aus anderen
II. G
     eförderte Maßnahmen sollten einen erkennbaren Bei-          EU-Programmen geförderte Umweltschutzprojekte kon-
    trag leisten:                                                 terkarieren, bzw. zerstören
• zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen         • Gentechnikforschung und Patentierung von Leben
   (SDGs);                                                     • FuE-Förderung in den Bereichen Nanotechnologien,
• zu den Zielen der CBD und ihrer Umsetzung auf europä-          Kernforschung/ Kernfusion (hier sollte nur Risiko- und
   ischer und nationaler Ebene (EU-Biodiversitätsstrategie        Wirkungsforschung gefördert werden)
   2020 und ihre Fortschreibung und Umsetzung bis 2030);       • Forschung zugunsten industrieller Landwirtschaft (z.B-

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