Bericht aus Brüssel - Hessische Staatskanzlei
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Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 Vertretung des Landes Hessen bei der Europäischen Union 21, Rue Montoyer, B- 1000 Bruxelles Tel.: 0032.2.739.59.00 Fax: 0032.2.732.48.13 E-mail: hessen.eu@lv-bruessel.hessen.de
Inhaltsverzeichnis Seite Institutionelles 3 Europäisches Parlament 4 Ausschuss der Regionen 8 Wirtschaft 8 Verkehr 11 Energie 12 Forschung 13 Finanzdienstleistungen 14 Finanzen 15 Soziales 19 Umwelt 20 Landwirtschaft 21 Justiz 23 Inneres 25 Bildung und Kultur 28 Information, Kommunikation und Medien 29 EU-Förderprogramme 29 Veranstaltungen 31 Vorschau 33 Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 2
Institutionelles Kommission; Kommissionspräsident Juncker spricht über die „Lage der Union“ Kommissionspräsident Juncker hat am 09.09.2015 vor dem EP in Straßburg das erste Mal in seiner Amtszeit eine „Rede zur Lage der Union“ gehalten. Wie erwartet lag der Schwerpunkt der Rede auf der Flüchtlingsproblematik. Juncker stellte die Grundpfeiler eines neuen Migrationspakets vor. Als weitere Themen sprach er GRI, das Fünf-Präsidenten-Papier zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion, das GBR-Referendum, die Ukraine-Krise und die Klimakonferenz in Paris an. Die Elemente des von Juncker vorgestellten Migrationspakets im Einzelnen: Ein Vorschlag zur Notumsiedlung von 120.000 Personen aus GRI, HUN und ITL, die eindeutig internationalen Schutz benötigen; für DEU bedeutet dies die Aufnahme weiterer 31.443 Flüchtlinge. Unter Berücksichtigung der 40.000 Flüchtlinge, die bereits umgesiedelt werden sollen, ergibt dies insgesamt 160.000 Flüchtlinge. Der Verteilungsschlüssel soll verpflichtend sein. Juncker appellierte an die Mitgliedstaaten, dem Vorschlag auf der außerordentlichen Tagung der Innenminister am 14.09.2015 zuzustimmen; Ein auf Dauer angelegten Umsiedlungsmechanismus für alle Mitgliedstaaten; dieser soll aber nur für Notfallsituationen gelten; Eine gemeinsame europäische Liste sicherer Herkunftsstaaten: Alle Staaten, die die Kopenhagener Kriterien für eine EU-Mitgliedschaft erfüllen, sollen als „sicher“ eingestuft werden. In einem ersten Schritt soll die Liste umfassen: Albanien, Bosnien und Herzegowina, das Kosovo, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro, Serbien und die Türkei; Ein Handbuch zum Thema Rückkehr/Rückführung und ein EU-Aktionsplan, um die Rückkehr/Rückführungsmaßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten zu verbessern; Eine Mitteilung über die öffentliche Auftragsvergabe in der Flüchtlingshilfe; Eine Mitteilung über die externe Dimension der Flüchtlingskrise; Ein Notfallfonds für afrikanische Staaten von 1,8 Mrd. EUR zur Bewältigung der Krisen in der Sahelzone und in der Tschadseeregion, am Horn von Afrika und in Nordafrika; Die Ankündigung eines Gesetzespakets zur legalen Zuwanderung für Anfang 2016, um Möglichkeiten legaler Migration zu schaffen. Mit Bezug auf die Klimakonferenz in Paris machte der Kommissionspräsident Juncker deutlich, man werde im Dezember auf der Klimakonferenz nicht „irgendetwas“ unterschreiben. Europas Priorität sei es, sich mit seinen internationalen Partnern auf ein ambitioniertes, robustes und bindendes globales Klimaabkommen zu einigen. http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-15-5614_en.htm http://ec.europa.eu/priorities/soteu/index_en.htm Kommission; Brief von Kommissionpräsident Juncker an Parlamentspräsident Schulz Ergänzend zur Rede des Kommissionspräsidenten Juncker am 09.09.2015 wandten sich Juncker und Vizepräsident Timmermanns in einem Brief an Parlamentspräsident Schulz und den luxemburgischen Ministerpräsidenten Bettel, der der zurzeit den Vorsitz im Rat innehat. In dem Schreiben erläuterten sie die von der Kommission bis Ende 2016 geplanten weiteren Initiativen zur Umsetzung der zehn Prioritäten der politischen Leitlinien der Juncker-Kommission. Das Schreiben führt zahlreiche Aktionen auf, die die Kommission in Form von Rechtsakten und anderen Initiativen Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 3
bis Ende 2016 ergreifen will. Juncker sprach in seiner am selben Tag in Straßburg gehaltenen Rede zur „Lage der Union“ mit Blick auf den Brief von einer „ambitionierten, konzentrierten und intensiven Gesetzgebungsagenda, die eine enge, effiziente Zusammenarbeit zwischen Kommission, EP und Rat verlange“. Die aufgeführten Maßnahmen werden die Ausgangslage bilden für die Vorbereitung des Arbeitsprogramms der Kommission für 2016. Juncker und Timmermanns kündigen ferner an, dass das neue Arbeitsprogramm weitere Vorschläge auflisten wird, die zurückgezogen werden sollen. Außerdem sollen besonders wichtige Dossiers im Arbeitsprogramm priorisiert und im Gesetzgebungsprozess beschleunigt werden. Das neue Arbeitsprogramm wird eine Liste der vorgeschlagenen prioritären Dossiers enthalten. http://ec.europa.eu/priorities/soteu/docs/letter-of-intent_en.pdf EP; Risiken und Folgen des „Brexit“-Referendums Der Ausschuss für Konstitutionelle Fragen des EP (AFCO) hielt am 03.09.2015 eine Aussprache zu dem für 2016 geplanten Referendum über einen EU-Austritt von GBR. Als externe Gutachter und Impulsgeber wurden zunächst Jean-Claude Piris, ehemaliger Generaldirektor des Juristischen Dienstes des Rates, sowie Charles Grant, Leiter des „Centre for European Reform" in London, angehört. Sowohl die Gutachter als auch die Europaabgeordneten legten in ihren Ausführungen dar, dass das Referendum ein riskantes Unterfangen darstelle, dessen Ausgang bislang völlig ungewiss sei und von einer Vielzahl Faktoren abhänge, die von den auf nationaler Ebene handelnden Akteure kaum steuerbar seien. Wie wirkt sich beispielsweise die aktuelle Flüchtlingsdebatte auf das Referendum aus? Welchen Einfluss hat die Eurokrise? Generaldirektor a.D. Piris schilderte mehrere mögliche Handlungsoptionen, die der von Premierminister Cameron geforderten Reform der EU entgegen kämen: von der Ausarbeitung eines neuen Vertragswerks („unwahrscheinlichste Option“) bis hin zu einzelgesetzlichen Reformen auf EU- Ebene, mit denen Regelungslücken gefüllt würden (z.B. Vollendung des Binnenmarkts) oder Bürokratie abgebaut werde. Letzteres sei wohl die wahrscheinlichste Option, so Piris. Gleichwohl verwies sein Gegenredner Grant auf die Problematik, dass Cameron jeden Ausgang dieses Prozesses als große, grundlegende Reform der EU verkaufen müsse, um die Unterstützung seiner Landsleute für einen Verbleib in der EU zu gewinnen. Von Seiten der MdEP wurde darüber hinaus die Rolle der Oppositionsparteien Labour und UKIP hinterfragt. Labour werde durch das Referendum geradezu gespalten. Um ein besseres Verständnis über die Absichten und das weitere Vorgehen der GBR-Regierung zu erhalten, soll Premierminister Cameron eingeladen werden, den Fragen der MdEP selbst Rede und Antwort zu stehen. Wie MdEP Guy Verhofstadt (ALDE/BEL) eingangs der Sitzung mitteilte, sei bereits am selben Morgen ein Beschluss der Konferenz der Präsidenten (EP-Präsidium und Gruppenvorsitzende) ergangen, Premierminister Cameron zu einer Plenarsitzung nach Straßburg einzuladen. http://www.europarl.europa.eu/committees/de/afco/home.html Europäisches Parlament Plenarsitzung des EP vom 07.-10.09.2015 in Straßburg Jean-Claude Junckers erste Rede zur Lage der Union "Die Flüchtlingskrise hat und muss jetzt höchste Priorität haben." Mit diesen Worten wandte sich Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der Union am 09.09.2015 an die MdEP. Es sei vor allem eine Frage der Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 4
Menschlichkeit und der Menschenwürde. Für Europa sei es zudem eine Frage der historischen Gerechtigkeit. "Wir kämpfen gegen den Islamischen Staat. Aber warum sind wir nicht bereit, die Menschen aufzunehmen, die vor ihm fliehen?" Ein weiterer wichtiger Themenpunkt der Rede des Kommissionspräsidenten war die Krise in GRI: "Es war absolut notwendig zu sagen, dass der Grexit keine Option ist. Es hätte zum Grexit kommen können, wenn wir das nicht klar und deutlich gesagt hätten. Der Grexit war eine theoretische Möglichkeit, aber keine Option." Juncker verwies auf die Mitgliedstaaten Irland, Portugal und Spanien. Diese hätten gezeigt, dass mit der Umsetzung guter Reformen die richtigen Ergebnisse erzielt werden können. Kommissionspräsident Juncker betonte, dass die Wirtschaftskrise noch nicht beendet sei. Dafür müsse das Ziel der Vollbeschäftigung in Europa erreicht werden. Juncker hob die Bedeutung der EU hervor: "Ich weiß, wie schwach Europa wäre, würde die Europäische Union nicht bestehen." (Siehe Beitrag unter „Institutionelles“). Der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber (EVP/DEU) erklärte u.a.: „Wir müssen den Menschen helfen, die an unseren Grenzen anklopfen. Wenn es diesen armen Ländern wie Libanon und Jordanien gelingt, dann muss es dem reichen Europa auch gelingen. Was hier versagt, ist nicht Europa – es ist der nationale Egoismus auf diesem Kontinent!“ Er sagte aber auch: „Im letzten Jahr wurden 2/3 der Asylbewerber nicht anerkannt. Die Menschen erwarten, dass wir Missbrauch bekämpfen. Der Binnenmarkt hat bisher viel Wachstum geschaffen, deshalb sollten wir hier weiter ambitioniert vorangehen!“ Immerhin seien in Europa im vergangenen Jahr 1,65 Millionen Arbeitsplätze geschaffen worden. An GRI gewandt sagte er: „Wer lernen will, wie man Zukunft schafft, soll nach IRL, ESP, PTL schauen. Tsipras hat bewiesen, dass linke Ideologien in diesem Kontinent gescheitert sind und deshalb geht auch die Zustimmung für Podemos zurück“. Der S&D-Fraktionsvorsitzende Gianni Pittella (S&D/ITL) wandte sich an die Kommission und forderte sie dazu auf, Maßnahmen gegen Sozialdumping und Null- Stunden-Verträge in die Wege zu leiten. In Hinblick auf die Flüchtlingskrise forderte Pittella zu Solidarität auf: "Wir müssen die Flüchtlinge willkommen heißen. Die Flüchtlinge, die vor dem Krieg fliehen – die müssen aufgenommen werden.“ Sonst scheitere Europa als Konzept einer Union der Solidarität. Pittella begrüßte Junckers Vorschlag für einen ständigen verpflichtenden Mechanismus für die Verteilung von Flüchtlingen. Dublin müsse überarbeitet werden. Steuern müssten dort bezahlt werden, wo die Renditen erwirtschaftet werden. Er sagte darüber hinaus: „Für uns Sozialisten ist der Zeitpunkt gekommen, dass wir wieder über die Eurobonds sprechen! Wenn wir jetzt nicht handeln, wird die Krise unumkehrbar sein.“ Der ECR-Fraktionsvorsitzende Syed Kamall (ECR/GBR) sagte: „Viele Menschen in dieser Kammer vermischen absichtlich Flüchtlinge und Wirtschaftsmigranten. Regeln müssen eingehalten werden“. Kamall verwies auf die internationale Dimension der Flüchtlingskrise: "Lasst uns gemeinsam Lösungen finden; jedoch nicht nur in der EU Dies ist eine internationale Krise, die braucht eine internationale Reaktion. Einige Länder tun überhaupt nichts. Verschiedene Länder können unterschiedlich helfen. Wir dürfen nicht nur den Tausenden helfen, die es geschafft haben bis zu unseren Küsten. Wir müssen auch in die Strukturen investieren, die es möglich machen, dass diejenigen, die abgelehnt werden, auch wieder zurückgeführt werden. Europa benötigt keinen neuen Eisernen Vorhang. Europa benötigt einen eisernen Willen, um gemeinsam über die Krise zu diskutieren, zusammenzuarbeiten und eine Lösung zu finden." Der ALDE-Fraktionsvorsitzende Guy Verhofstadt (ALDE/BEL) rief: „So geht man mit einer Flüchtlingskrise nicht um. Wir brauchen jetzt eine gemeinsame Verantwortung der EU! Wir behandeln die Flüchtlinge nicht auf die richtige Art und Weise. Es ist nicht eine Krise Europas – es ist eine Krise, weil es an Europa fehlt! Eine Unterscheidung zwischen Migranten und Flüchtlingen ist überhaupt erst dann Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 5
möglich, wenn wir ein europäisches Blue Card-System haben. Wir brauchen eine neue Initiative im Rahmen der UN, um das Blutvergießen in Syrien zu beenden – das ist die einzige nachhaltige Lösung der Krise! Kern des Problems ist das Fehlen eines politischen Willens." Die GUE-Fraktionsvorsitzende Gabi Zimmer (GUE/DEU) sagte, sie unterstütze alle Maßnahmen zur Schaffung von legaler Einwanderung. Eine Quotenregelung dürfe nicht der Familienzusammenführung im Wege stehen. Im Umgang mit GRI seien Tabus gebrochen worden. Demonstrativ sei ein Land erniedrigt worden. Die Kommission sei von den Regierungen „zum Deppen gemacht worden.“ Die Regierungschefs müssten daran gehindert werden, eine nationalistische und kleinkarierte Politik zu verfolgen. Sonst drohe das Ende der Europäischen Union. In einem Punkt übte Zimmer konkrete Kritik am Kommissionspräsidenten. Dieser sei in seiner Ansprache überhaupt nicht auf sozialen Prioritäten eingegangen. Der GRÜNEN-Ko-Fraktionsvorsitzende Phillippe Lamberts (GRÜNE/BEL) sagte an Juncker gerichtet: „Ich bin einverstanden mit dem, was Sie gesagt haben. In diesen schwierigen Zeiten müssen wir den europäischen Geist aufleben lassen. Europa – das ist nicht die Abschottung. Europa – das ist die Offenheit und Solidarität. Wir müssen offen sein für Veränderungen und die Zukunft. Wir müssen Allianzen schmieden, um das wiederaufzubauen, was Europa verloren hat." Der EFDD-Fraktionsvorsitzende Nigel Farage (EFDD/GBR) sagte: „DEU hat letzte Woche erklärt, dass im Grunde jeder kommen kann. Ich muss im Grunde nur den Pass wegwerfen und sagen, ich komme aus Syrien!“ Diese Möglichkeit werde nun auch vom IS genutzt, um Terroristen nach Europa zu schleusen. „Wir müssten verrückt sein, dieses Risiko für unsere Gesellschaft einzugehen." Bezüglich des britischen Referendums sagte Farage: „Wenn wir nicht wieder über unsere Grenzen bestimmen können, werden die Bürger mit Nein stimmen.“ Für die ENF-Fraktion sprach Florian Philippot (ENF/FRA). Er klagte Juncker mit den Worten an: „Sie missachten die Völker und berauben sie ihrer Freiheit. Die Völker wollen Wohlstand, Demokratie und Frieden!“ Darüber hinaus beklagte sich Philippot, Europa habe keinen Druck auf die Golfstaaten ausgeübt, damit diese Flüchtlinge aufnehmen. Er fügte hinzu: "Großunternehmen möchten, dass die Illegalen zu uns kommen." EP fordert Änderung der Dublin-Regeln und humanitäre Visa In einer am 10.09.2015 angenommenen Entschließung begrüßen die Abgeordneten die neuen Kommissionsvorschläge zur Bewältigung des beispiellosen Zustroms von Migranten und Flüchtlingen und erklären sich bereit, mit der Arbeit an den Gesetzesvorschlägen für eine robuste Migrations- und Asylpolitik für die Zukunft zu beginnen. Nachdem sie bereits am Vortag eine Notfallmaßnahme zur Umsiedlung von 40.000 Asylsuchenden innerhalb der EU-Länder gebilligt hatten, begrüßten die Abgeordneten einen zusätzlichen von der Kommission vorgeschlagenen Notfallplan zur Umsiedlung weiterer 120.000 Asylsuchender aus Italien, Griechenland und Ungarn sowie die geplante Einführung eines ständigen Mechanismus zur Abänderung der Dublin-Regelung, die bestimmt, welcher Mitgliedstaat für die Abwicklung der Asylanträge zuständig ist. Das EP fordert einen "fairen, obligatorischen Verteilungsschlüssel", bei dem die Aussichten auf Integration und die Bedürfnisse und die spezifischen Umstände der Asylsuchenden berücksichtigt werden. Das EP will darüber hinaus, dass Mitgliedstaaten Flüchtlinge aus Drittstaaten über ein obligatorisches Neuansiedlungsprogramm aufnehmen, und hält es "für absolut vorrangig, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten sichere und legale Wege für Flüchtlinge schaffen, wie etwa humanitäre Korridore und Visa aus humanitären Gründen". Die Abgeordneten sind der Ansicht, dass der Visakodex geändert werden sollte, indem "speziellere gemeinsame Bestimmungen über Visa Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 6
aus humanitären Gründen eingefügt werden" und fordern die Mitgliedstaaten auf, die Möglichkeit zu schaffen, in ihren Botschaften und Konsulaten Asyl zu beantragen. Gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsländer: Dieser Ansatz sollte nicht das Individualrecht auf Asyl, insbesondere das von Personen, die schutzbedürftigen Gruppen angehören, untergraben, fordern die Abgeordneten in dem Text der Entschließung. Das EP bekräftigt seine Zusage, die "Grenzen innerhalb des Schengen-Raums zu öffnen", und hebt hervor, dass die wirksame Überwachung der Außengrenzen gewährleistet werden muss. Die eigentlichen Ursachen der Migration müssen angegangen werden und sollten Hauptthema auf dem Gipfel von Valletta in Malta am 11.-12. November sein, so der Text der Entschließung. Auch strenge strafrechtliche Sanktionen gegen Menschenhandel und das Schleusen von Menschen seien erforderlich. Das Parlament lobt die Bemühungen von Gruppen der Zivilgesellschaft und von Einzelpersonen in ganz Europa, die in großen Zahlen aktiv werden, um die Flüchtlinge und Migranten zu begrüßen und ihnen zu helfen. Diese Aktionen zeigen "die wirkliche Wahrung der europäischen Werte" und sind "ein Zeichen der Hoffnung für die Zukunft Europas", so die MdEP. Die Entschließung wurde mit einer Mehrheit von 432 - 142 - 57 angenommen. Notfallmaßnahmen zur Umsiedlung von zunächst 40.000 Asylsuchenden aus Italien und Griechenland im Lauf von 2 Jahren in andere Mitgliedstaaten Am 09.09.2015 hat das EP im Rahmen des Berichts Ska Keller (GRÜNE/DEU) befristete Notfallmaßnahmen zur Umsiedlung von zunächst 40.000 Asylsuchenden aus ITL und GRI im Lauf von zwei Jahren in andere Mitgliedstaaten gebilligt. Die legislative Entschließung wurde mit einer Mehrheit von 498 - 158 - 37 angenommen. Um die stark unter Druck stehenden Asylsysteme Italiens und Griechenlands zu entlasten, aber auch "um als wichtiger Testfall in Bezug auf den bevorstehenden Legislativvorschlag für ein ständiges Notfall-Umsiedlungssystem" zu dienen, hat das EP dem Vorschlag zugestimmt, zunächst insgesamt 40.000 Antragsteller aus ITL und GRI im Lauf von zwei Jahren umzusiedeln (24.000 aus ITL und 16.000 aus GRI). Um eine Anpassung an sich schnell ändernde Flüchtlingsströme und Trends im Verlaufe der Anwendung des Notfallplans zu ermöglichen, solle, falls erforderlich, "eine weitere Aufstockung in Betracht gezogen" werden (d.h. innerhalb des vorgesehenen Zeitraums von zwei Jahren). Das EP schlägt vor, dass die Asylsuchenden eine Rangliste von Mitgliedstaaten nach Präferenz aufstellen und ihre Vorlieben begründen sollten, etwa durch Angabe von familiären, sozialen und kulturellen Bindungen, beispielsweise Sprachkenntnisse, früherer Aufenthalt; frühere Ausbildung oder frühere Arbeitserfahrungen. Das EP unterstreicht zudem, dass den unbegleiteten Minderjährigen unter den schutzbedürftigen Personen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Bürgerinitiative zum Recht auf Wasser Am 08.09.2015 verabschiedete das EP mit einer Mehrheit von 363 – 96 – 261 eine Entschließung über die Antwort der Kommission auf die Europäische Bürgerinitiative zum Recht auf Wasser („Right2Water“). Die MdEP zeigten sich enttäuscht, da die Antwort der Kommission aus ihrer Sicht nicht den vorgebrachten konkreten Forderungen Rechnung trage. Die Kommission habe sich lediglich darauf beschränkt, bestehende Zusagen zu bekräftigen (siehe Beitrag unter „Umwelt“). Klonverbot von Nutztieren In einer Abstimmung am 08.09.2015 haben die MdEP im Rahmen des Berichts von Giulia Moi (EFDD/ITL), Renate Sommer (EVP/DEU) den ursprünglichen Vorschlag der Kommission zum Klonverbot von Nutztieren verschärft. Die Richtlinie soll nun für alle Nutztiere gelten, nicht nur für Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen. Die Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 7
Entschließung wurde mit einer Mehrheit von 529 - 120 - 57 angenommen (siehe Beitrag unter „Landwirtschaft“). Ausschuss der Regionen Vom 03.08. bis zum 11.09.2015 fanden im AdR keine Sitzungen statt. Wirtschaft Kommission; Mehrheitsbeteiligung von KKR (USA) an Deutsche Glasfaser (NDL) genehmigt Die Kommission billigte am 02.09.2015 die Beteiligung der amerikanischen Anlagegesellschaft KKR an dem Kabelbetreiber Deutsche Glasfaser mit Sitz in Borken (DEU). Deutsche Glasfaser bietet in DEU Telekommunikationsdienste an und wurde bisher allein von der Anlagegesellschaft Reggeborgh in NDL gehalten. Nach Auskunft von Unternehmensseite sind u.a. Investitionen bis zu 450 Mio. EUR in die Glasfaserinfrastruktur in DEU geplant. http://ec.europa.eu/competition/elojade/isef/case_details.cfm?proc_code=2_M_7723 Eurostat; Fast ein Viertel des weltweiten BIP entfällt auf die EU Nach der am 03.09.2015 veröffentlichten Ausgabe von „EU in the World“ des Statistischen Amts der EU (Eurostat), erwirtschaftete die EU im Jahr 2013 23,7% des weltweiten BIP. Im Vergleich hierzu entfielen auf die USA 22,2%, auf China 12,1% und auf Japan 6,5%. Mit Blick auf diese Wirtschaftsleistung leben in der EU nach Auskunft von Eurostat dahingegen lediglich 7% der Weltbevölkerung. Weiter wird berichtet, die EU habe den zweithöchsten Altenquotienten unter den G20-M. Der Altenquotient stellt das Verhältnis von älteren Menschen (65 Jahre und älter) zu Menschen in erwerbsfähigem Alter (15 – 65 Jahre) dar. Er liegt in der EU bei 27,5% im Vergleich zum „Spitzenreiter“ Japan mit 40,5% und Kanada mit 22,2% welches auf Platz 3 liegt. http://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/6979301/1-03092015-BP- DE.pdf/66086bcb-3853-4c05-9b95-1be07accd0d7 Kommission; Fahrplan zum Thema Fracking veröffentlicht Im August 2015 stellte die Kommission ihren Fahrplan zur Bewertung des Nutzens ihrer Empfehlung 2014/70/EU vom 22.01.2014 zu Mindestgrundsätzen für die Exploration und Förderung von Kohlenwasserstoffen (z.B. Schiefergas) durch Hochvolumen-Hydrofracking online. Es soll nun ca. 18 Monate nach der Veröffentlichung der Empfehlung überprüft werden, inwieweit die Empfehlung aktualisiert werden, oder ob sogar rechtsverbindliche Vorschriften auf den Weg gebracht werden sollten. Auf der Internetplattform der Kommission für bessere Rechtssetzung kann zu diesem Fahrplan „Feedback“ abgegeben werden. http://ec.europa.eu/smart- regulation/roadmaps/docs/2015_env_021_shale_gas_fracking_en.pdf Kommission; Hilfestellung bei der Registrierung von Chemikalien im Rahmen von REACH Der REACH-CLP-Biozid Helpdesk, eine Einrichtung der Auskunftsstelle des Bundes, welche es vergleichbar auch allen anderen Mitgliedstaaten gibt, hat sein Internetangebot für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erweitert. Um die KMUs bei der Registrierung der nach der REACH-Verordnung (EG) Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 8
Nr. 1907/2006 registrierungspflichten Stoffe zu unterstützen, gibt es auf der Homepage zwei neue Rubriken. Zum einen die Rubrik „Erfolgreich Registrieren 2018“, unter welcher Aspekte erläutert werden, welche bei der Registrierung zu beachten sind. Zum anderen die Rubrik „KMU Informationen“, unter welcher vor allem die geringeren Gebühren für KMU dargestellt werden. Weiter wird hier definiert was ein KMU ist und Hilfestellung für die Konsultation eines Beratungsunternehmens gegeben. Dies ist von besonderer Bedeutung, da am 01.06.2018 die letzte Frist vor vorregistrierten „Phase-in-Stoffe“ für das Mengenband 1 bis 100 Tonnen pro Jahr nach Art. 3 Nr. 20 der REACH-Verordnung endet und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) europaweit bis zu 70.000 Registrierungsdossiers erwartet, die zu einem großen Teil von KMU eingereicht werden dürften. http://www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/de/REACH/REACH.html Kommission; Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam Am 04.08.2015 verkündete Handelskommissarin Malmström, dass sich die EU und Vietnam grundsätzlich über ein Freihandelsabkommen zwischen den beiden Volkswirtschaften geeinigt haben. Dieser Einigung seien zweieinhalb Jahre Verhandlungen voraus gegangen. Auf der jetzigen Grundlage seien nur noch einige technische Details und sprachliche Einzelheiten abzuklären, bevor der Text vom Rat und dem EP angenommen werden könnte. Das Abkommen gehe neue Wege im Vergleich zu den bisherigen Abkommen mit Entwicklungsländern und man verspreche sich einen Anschub der Handelsbeziehungen mit dem gesamten südost- asiatischen Raum Die Kommission verspricht sich von dem Abkommen insbesondere Vorteile für die Exporte der EU, da in Vietnam weitere 90 Mio. Konsumenten leben. Allein DEU exportiere Waren im Wert von 2 Mrd. EUR nach Vietnam. http://ec.europa.eu/trade/policy/countries-and-regions/countries/vietnam/ EuG; Strafzahlung gegen Panasonic und Toshiba herabgesetzt Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat am 09.09.2015 in dem Verfahren T-83/13 die Strafen gegen die Unternehmen Panasonic (Japan) und Toshiba (Japan) sowie deren gemeinsames Unternehmen MTPD wegen Beteiligung an zwei Kartellen herabgesetzt. Die Kommission hatte mit Beschluss vom 05.12.2012 Geldbußen in einer Gesamthöhe von 1,47 Mrd. EUR gegen sieben Unternehmen verhängt, die zwischen 1996/1997 und 2006 an einem oder an zwei separaten Kartellen auf dem Markt für Kathodenstrahlenröhren auf dem europäischen Markt beteiligt waren. Die Kartelle betrafen die Röhren für PC-Bildschirme und Farbfernseher. Die Klagen der Unternehmen Samsung SDI (Südkorea), LG Electronics (Südkorea) und Philipps (NDL) gegen die Geldbußen wurden in vollem Umfang vom EuG abgewiesen. Dahingegen hat das EuG die Strafe gegen Panasonic von 157,5 Mio. EUR auf 128,9 Mio. EUR und die gegen Panasonic und MTPD gesamtschuldnerisch verhängte Geldbuße von 7,9 Mio. EUR auf 7,5 Mio. EUR herabgesetzt. Aus Sicht des EuG sei die Kommission ohne Begründung von den von den Unternehmen selbst zur Verfügung gestellten Daten abgewichen. Die gegen Toshiba und MTPD gesamtschuldnerische Geldbuße wurde ebenfalls herabgesetzt. Da die zweimonatige Rechtsmittelfrist noch läuft, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2015-09/cp150097de.pdf EuGH; Mindestlohnvorgabe bei öffentlichen Aufträgen rechtens Der Generalstaatsanwalt Mengozzi vertritt in seinen Schlussanträgen vom 09.09.2015 zur Rechtssache C-115/14 den Standpunkt, dass öffentliche Auftraggeber den Bietern und Nachunternehmern im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe die Zahlung eines Mindestlohns vorschreiben können. In der Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 9
Ausgangsrechtssache wendet sich die RegioPost GmbH & Co. KG gegen den Ausschluss aus einer öffentlichen Ausschreibung, welcher damit begründet wurde, dass sie keine Verpflichtung abgab, ihren Arbeitnehmern einen Mindestlohn von 8,70 EUR zu bezahlen. Zum Zeitpunkt der Ausschreibung gab es in DEU weder den gesetzlichen Mindestlohn, noch einen anwendbaren Tarifvertrag. Das Erfordernis einer solchen Verpflichtung ergab sich aus dem Landestariftreuegesetz (LTTG). Das vorlegende Oberlandesgericht Koblenz bezweifelt, dass ein solches Gesetz mit Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen oder mit Art. 26 der Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge vereinbar ist. Nach Ansicht des Generalanwalts ist aber der Anwendungsbereich der Richtlinie 96/71/EG gar nicht eröffnet. Weiter stehe Art. 26 der Richtlinie 2004/18/EG dem Gesetz und seiner vorliegenden Anwendung nicht entgegen, da die Verpflichtung zur Zahlung eines Mindestlohns, wie es die Richtlinie vorschreibt ein sozialer Aspekt im Bereich der Arbeitsbedingungen ist. http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=167181&pageIndex =0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1116738# EP; Familienunternehmen sollen stärker unterstützt werden Am 08.09.2015 wurde der Initiativbericht über Familienunternehmen in Europa von der Berichterstatterin Angelika Niebler (EVP/DEU) im Plenum angenommen. Danach sollen Familienunternehmen in Zukunft mehr Unterstützung auf europäischer Ebene erfahren. Familienunternehmen würden mehr als 60% der europäischen Unternehmen stellen und damit mehr als 50% der Arbeitsplätz im Privatsektor schaffen. Oftmals stünden Familienunternehmen aufgrund ihrer Struktur vor anderen Herausforderungen als andere Unternehmen. Unter anderem deswegen schlössen jährlich ca. 150.000 Familienbetriebe. Um dem entgegenzuwirken, fordert das EP die Mitgliedstaaten daher unter anderem dazu auf, nationale Regelungen zur Erbschafts-, Schenkungs-, oder Unternehmensbesteuerung so zu gestalten, dass diese keine negativen Konsequenzen für Investitionen und Eigenkapitalfinanzierung haben. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=PV&reference=20150908&sec ondRef=ITEM-005-10&language=DE&ring=A8-2015-0223 EP; Mehr Rechte für urbane Gebiete Am 09.09.2015 wurde der Initiativbericht über die städtische Dimension der EU- Politikfelder von der Berichterstatterin MdEP Kerstin Westphal (S&D/DEU) im Plenum angenommen. Der Bericht führt aus, dass ein Großteil europäischer Gesetzgebung auf kommunaler Ebene angewandt wird. Deshalb begrüßt das EP die Bestrebungen der Kommission, eine neue Städteagenda auszuarbeiten. Es solle gewährleistet werden, dass auch die städtische Ebene früher und besser in die europäische Gesetzgebung involviert wird. Weiter wird vorgeschlagen bei der Kommission eine Anlaufstelle für Städte anzusiedeln um auch eine ausreichende Informationsmöglichkeit der Städte aller Größen zu gewährleisten. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=PV&reference=20150909&sec ondRef=ITEM-008-11&language=DE&ring=A8-2015-0218 Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 10
Verkehr Kommission; Task Force empfiehlt Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht nach dem Absturz des Flugs Germanwings 9525 Am 17.07.2015 legte die Kommission den endgültigen Bericht der von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) geleiteten Task Force zum Absturz des Flugs Germanwings 9525 am 24.03.2015 vor. In dem Bericht werden verschiedene Empfehlungen zur künftigen Vermeidung vorsätzlich herbeigeführter Flugzeugabstürze gegeben. Hierzu gehören u.a. die Grundsätze, dass sich jederzeit zwei Personen im Cockpit aufhalten sollen, dass Piloten vor Aufnahme des Flugdienstes bei einer Fluggesellschaft einer psychologischen Beurteilung unterzogen werden sollen und die Fluggesellschaften stichprobenartig Drogen- und Alkoholscreenings durchführen. In dem Bericht wird weiter empfohlen, die nationale Regulierung sollte sicherstellen, dass ein Ausgleich zwischen der Vertraulichkeit von Patientendaten und der öffentlichen Sicherheit gewährleistet ist. Hierzu fordert der Bericht die Einrichtung einer europäischen flugmedizinischen Datenbank, die mit einer Abschwächung der ärztlichen Schweigepflicht einhergehen müsste, da hierfür die Weitergabe medizinischer Daten erforderlich wäre. Die Kommission kündigte an, die Vorschläge der Task Force eingehend zu prüfen und die auf EU-Ebene erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Sollten neue Rechtsvorschriften erforderlich sein, werde die EASA gebeten, konkrete Vorschläge auszuarbeiten, welche dann ggf. in die Flugsicherheitsvorschriften der EU aufgenommen würden. http://ec.europa.eu/transport/modes/air/news/doc/2015-07-17-germanwings- report/germanwings-task-force-final-report.pdf Kommission; Zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen DEU wegen mangelnder Umsetzung des Funktionalen Luftraumblocks (FAB) Am 16.07.2015 gab die Kommission bekannt, dass sie DEU, BEL, FRA, LUX und NDL gemäß Artikel 258 AEUV eine die mit Gründen versehene Stellungnahme zugesandt und damit die zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet hat. Nach Auffassung der Kommission sind die betroffenen Mitgliedstaaten ihrer Verpflichtung zur Einrichtung des funktionalen Luftraumblocks FABEC (Funktionaler Luftraumblock Zentraleuropa) nicht hinreichend nachkommen. Zwar haben BEL, FRA, DEU, LUX, NDL und die Schweiz zur förmlichen Verwirklichung ihres Luftraumblocks FABEC ein internationales Übereinkommen geschlossen, das am 01.06.2013 in Kraft getreten ist. Die zur Umsetzung der Neuordnung des europäischen Luftraums verfolgten Ziele – Optimierung der Nutzung des Luftraums und der Flugsicherungsdienste – seien bislang im FABEC jedoch nicht erreicht worden, weil die Umsetzung nach Auffassung der Kommission nur schleppend vorankommt. Die beteiligten Mitgliedstaaten haben nun zwei Monate Zeit, um auf die Vorwürfe der Kommission zu reagieren. Andernfalls kann die Kommission Klage vor dem EuGH erheben. http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-15-5356_en.htm EP; Bericht zum Weißbuch Verkehr verabschiedet Das EP hat in seiner Sitzung am 09.09.2015 den Initiativbericht von MdEP Wim van de Camp (EVP/NDL) zur „Umsetzung des Weißbuchs Verkehr von 2011: Bestandsaufnahme und künftiges Vorgehen im Hinblick auf nachhaltige Mobilität“ mit 547 Ja, 125 Nein und 21 Enthaltungen angenommen. Darin begrüßt das EP grundsätzlich die zentralen Ziele des Weißbuchs, insbesondere die angestrebte Verlagerung des Verkehrs hin zu energieeffizienteren Verkehrsmitteln. Die Mobilität müsse von ihren negativen Nebenwirkungen wie Überlastung, Luftverschmutzung, Unfällen und Klimawandel entkoppelt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, seien Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 11
marktbasierte Instrumente, aber auch verbindliche Grenzwerte erforderlich. Auch müsse die europäische Verkehrspolitik auf einer effizienten Ko-Modalität der Verkehrsträger basieren. Gefordert wird eine verstärkte Förderung von Elektromobilität und elektrisch betriebener öffentlicher Verkehrssysteme, gekoppelt mit der Einführung von erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätssektor, wodurch der Elektrifizierung des Schienennetzes, Straßenbahnen, Elektroautos und E-Bikes Priorität eingeräumt wird. Auf dem Gebiet des Luftverkehrs fordert das EP eine Überprüfung der Ordnungs- und Fiskalpolitik der EU, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Luftfahrtindustrie zu stärken und einen lauteren Wettbewerb mit Fluggesellschaften aus Drittstaaten zu gewährleisten. Die Kommission wird daher aufgerufen, jegliche unilateralen EU-Bestimmungen, die den Wettbewerb verzerren, zu überprüfen und abzuschaffen. Für den Bereich des Straßenverkehrs wurde ein Prüfauftrag zur Vereinbarkeit einer europaweiten PKW-Maut mit den EU-Verträgen aufgenommen. Weiteres Petitum des EP ist eine schnelle Umsetzung des vierten Eisenbahnpakets, insbesondere eine schnelle Beseitigung von technischen Barrieren für den grenzüberschreitenden Verkehr sowie von marktabschottenden Regelungen. Zudem sollen lokale und regionale grenzüberschreitende Schienenverkehrsverbindungen revitalisiert werden. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=REPORT&reference=A8-2015- 0246&language=DE Energie Kommission; Öffentliche Konsultation zur Überarbeitung des Beschlusses über zwischenstaatliche Energieabkommen Die Kommission eröffnete am 30.07.2015 eine Konsultation zur Überarbeitung Beschlusses Nr. 994/2012/EU des EP und des Rates vom 25.10.2012 zur Einrichtung eines Mechanismus für den Informationsaustausch über zwischenstaatliche Energieabkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern. Zwar sieht die Kommission in dem vorhandenen Mechanismus eine nützliche Möglichkeit, Informationen über bestehende Abkommen und dort vorhandene Probleme zu erhalten. Um diese Probleme auf dem Weg zur Energieunion zu lösen, reiche der Mechanismus aber nicht aus. Die Konsultationsfrist läuft bis 22.10.2015. https://ec.europa.eu/energy/en/consultations/consultation-review-intergovernmental- agreements-decision Kommission; Neue Vorschriften zum Strommarkt ermöglichen europaweiten Stromhandel Am 24.07.2015 verabschiedete die Kommission die Verordnung (EU) 2015/1222 zu neuen Strommarktvorschriften, die zu einem gut integrierten europäischen Energiebinnenmarkt beitragen sollen. Die Kompetenz hierzu hat die Kommission gem. Art 18 Absatz 3 b und Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 714/2009, wonach sie ermächtigt wird, Leitlinien für den Stromhandel festzulegen. Es handelt sich also um einen delegierten Rechtsakt gem. Art. 290 AEUV. Die neue Verordnung schafft einen umfassenden Rahmen für den Stromhandel in Europa und macht die Marktkopplung europaweit verpflichtend. Die Marktkopplung soll alle Angebote von verschiedenen nationalen Strombörsen für den grenzüberschreitenden Handel bündeln und es ermöglichen, dass diese Angebote grenzüberschreitend optimal zusammengebracht werden. Aus der Marktkoppelung soll sich ausweislich eines Gutachtens, welches die Kommission in Auftrag gegeben hat, für die europäischen Konsumenten ein Einsparpotential von 2,5 bis 4 Mrd. EUR ergeben. Die Verordnung über die Marktkoppelung soll dazu beitragen, den kurzfristigen Stromhandel zu erhöhen. Dies Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 12
werde eine bessere Integration von erneuerbaren Energien in die Netze ermöglichen. Darüber hinaus etablieren die neuen Vorschriften zum Strommarkt ein neues Entscheidungsfindungsverfahren, das eine effektive regionale Kooperation zwischen Netzbetreibern, Strombörsen und Aufsichtsbehörden ermöglichen soll. Die neuen Vorschriften sind am 14.08.2015 in Kraft getreten. http://eur-lex.europa.eu/legal- content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32015R1222&from=DE Kommission; Fahrplan zum Heizen und Kühlen von Gebäuden veröffentlicht Die Kommission hat im Juli 2015 einen Fahrplan zum Heizen und Kühlen von Gebäuden vorgestellt. Sie weist darauf hin, dass die bestehenden Richtlinien zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen 2009/28/EG, über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden 2010/31/EU und zur Energieeffizienz 2012/27/EU überprüft werden sollen. Die Kommission beabsichtige, den Austausch über neue Technologien, Strategien und Innovationen mit den Mitgliedstaaten zu stärken. Momentan werde ca. die Hälfte der benötigten Energie in der EU für das Heizen und Kühlen von Gebäuden verwendet. Der Bedarf hierfür würde lediglich zu 16% aus erneuerbaren Energien und zu 84% aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Momentan liege noch ein zu geringer Fokus auf dem Markt für Beheizung und Kühlung von Gebäuden, welcher oftmals noch ein regionaler sei. Auch hier solle ein Binnenmarkt etabliert werden. Die Kommission plane, weitere Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz zur Erreichung der Klimaziele 2020, 2030 und 2050 zu ergreifen. http://ec.europa.eu/smart- regulation/roadmaps/docs/2015_ener_026_heating_cooling_strategy_en.pdf Forschung Kommission; Jahresbericht Forschung und Innovation 2014 Die Kommission hat am 19.08.2015 ihren Tätigkeitsbericht für die Bereiche Forschung und technologische Entwicklung im Kalenderjahr 2014 vorgelegt. Dieses Jahr war für Forschungsakteure in Europa insofern von besonderer Bedeutung, als es zum einen für den Start des neuen und bislang größten EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation („Horizont 2020“) steht und zum anderen mit dem Amtsantritt der Juncker-Kommission auch der Europäische Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) geschaffen wurde. Aus seinem Gesamtbudget von knapp 80 Mrd. EUR leistet „Horizont 2020“ einen Beitrag zu EFSI in Höhe von 2,2 Mrd. EUR. Der Jahresbericht bilanziert dem neuen Forschungsrahmenprogramm einen insgesamt guten Start. Insbesondere habe die eigens dafür geschaffene IT-Plattform zur Einreichung von Förderanträgen von Anfang an funktioniert. Dabei war die Nachfrage enorm: Für die ersten 100 Aufforderungen zur Antragseinreichung („Calls“) gingen laut Bericht insgesamt 37.000 Projektvorschläge ein, mit Erfolgsquoten zwischen 12% und 14%. Bis April 2015 seien 3.200 Finanzhilfevereinbarungen mit einem Volumen von 5,4 Mrd. EUR unterzeichnet worden. Der Privatsektor hat mit einem Anteil von 31%, gemessen an der Zahl der Teilnehmer, bzw. 28%, was die Höhe der Fördermittel anbelangt, leicht gegenüber dem Siebten Forschungsrahmenprogramm zugelegt (30% bzw. 25%). Laut Bericht sei die EU „auf bestem Wege“, das selbstgesteckte Ziel von 20% KMU-Anteil am Fördervolumen zu erreichen – nähere Angaben zum tatsächlich erreichten KMU- Anteil werden jedoch nicht gemacht. Hinsichtlich der forschungspolitischen Aktivitäten im Berichtszeitraum verweist die Kommission auf ihre Länderspezifischen Empfehlungen (u.a. die an DEU gerichtete Empfehlung einer stärkeren Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 13
Schwerpunktsetzung auf öffentliche Investitionen in Forschung und Innovation). Mit Blick auf 2015 und die kommenden Jahre kündigt die Kommission an, dass „Horizont 2020“ auch weiterhin an den Zielsetzungen der „Europa 2020“-Strategie und ihrer Leitinitiative „Innovationsunion“ sowie an gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen ausgerichtet werde. Die aus den ersten Calls gesammelten Erfahrungen würden bereits in das Arbeitsprogramm 2016/2017 einfließen. Themen wie Internationale Zusammenarbeit, Sozial- und Geisteswissenschaften und Geschlechteraspekte sollen in künftigen Arbeitsprogrammen stärker zum Tragen kommen. http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2015/DE/1-2015-401-DE-F1-1.PDF Finanzdienstleistungen Kommission; Neuregelung zum zentralen Clearing für Zinsderivate Die Kommission hat am 06.08.2015 eine Neuregelung in Form einer delegierten Verordnung erlassen, wonach künftig außerbörslich gehandelte Zinsderivatekontrakte über eine zentrale Gegenpartei (CCP) abgerechnet werden müssen. Eine CCP rechnet Geschäfte zwischen zwei Parteien ab und trägt so dazu bei, das durch den Ausfall einer Partei mögliche Risiko zu verringern. Laut Kommission sei die CCP-Pflicht ein wesentlicher Bestandteil, um die Finanzstabilität zu erhöhen und das Vertrauen in die Märkte zu stärken. Mit der Neuregelung würde zudem den Forderungen des G20-Gipfels 2009 in Pittsburgh entsprochen, bei dem die Staats- und Regierungschefs erhöhte Transparenz bei gleichzeitiger Reduzierung der Risiken auf den Finanzmärkten gefordert hatten. Gemäß aktuellen Statistiken machten Zinsderivate mit knapp 80% den größten Anteil am außerbörslich gehandelten Derivatemarkt aus. Die Kompetenz zum Erlass dieses delegierten Rechtsaktes wurde der Kommission in der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 vom 04.07.2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister übertragen. Die Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft, wenn nicht das EP oder der Rat in diesem Zeitraum Einwände erheben. Die Einführung der Clearingpflicht soll dann schrittweise über einen Zeitraum von drei Jahren erfolgen. http://ec.europa.eu/finance/financial-markets/docs/derivatives/150806-delegated- act_de.pdf EZB; Neue Leitlinie zur Ankurbelung der Kreditvergabe in der Eurozone Um die Kreditvergabe im Euroraum weiter anzukurbeln, hat die Europäische Zentralbank (EZB) am 31.08.2015 eine neue Kategorie notenbankfähiger Sicherheiten in den Sicherheitenrahmen des Eurosystems aufgenommen, sogenannte durch notenbankfähige Kreditforderungen besicherte, nicht marktfähige Schuldtitel („non-marketable debt instruments backed by eligible credit claims (DECCs)“). Durch die veröffentlichte Leitlinie zur Änderung der Leitlinie über die Umsetzung des geldpolitischen Handlungsrahmens (ECB/2015/27) können laut EZB Institute künftig gebündelte Kreditpakete als Sicherheiten hinterlegen, um frisches Zentralbankgeld zu erhalten. Von diesen Änderungen betroffen sind zunächst nur Kredite innerhalb eines Mitgliedstaates der Eurozone und können nicht auf grenzüberschreitende Aktivitäten übertragen werden. Bis zum 02.11.2015 sollen die nationalen Zentralbanken die neue Leitlinie umsetzen. https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2015/html/pr150831_1.en.html Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 14
Eurostat; Inflation im Euroraum verharrt bei 0,2% Am 31.08.2015 veröffentlichte Eurostat eine Schnellschätzung zur jährlichen Inflation im Euroraum für den Monat August. Danach belaufe sich die Teuerungsrate wie bereits im Vormonat auf einen Wert von 0,2%. Nach Schätzungen von Eurostat liege dies primär an den weiter gesunkenen Energiepreisen (Rückgang im August um weitere 7,1%) während die Preise für Nahrungsmittel und Dienstleistungen um jeweils 1,2% gestiegen seien. Die um Energie- und Lebensmittelpreise bereinigte Kerninflationsrate belaufe sich derweil wie im Vormonat auf 1,0%. Um ein stabiles Preisniveau zu gewährleisten geht die EZB von einer mittelfristigen Inflationsrate von knapp unter 2% aus. http://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/6977684/2-31082015-AP- DE.pdf/f3bc79b8-3d29-414e-aa2b-d5e4b4053d00 EZB; Korrektur der Wachstums-Prognosen Nach dem turnusmäßigen Treffen des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB) am 03.09.2015 gab Präsident Draghi bekannt, dass der Leitzinssatz unverändert auf dem Niveau von 0,05% bleibe. Gleichzeitig korrigierte die EZB ihre bisherigen Wachstumsprognosen für die Jahre 2015/16 nach unten: demnach soll die Wirtschaft in den Jahren 2015 und 2016 um lediglich 1,4% bzw. 1,7% wachsen, während die Inflation bei 0,1% bzw. 1,1% liegen soll. Als Gründe für die schwache wirtschaftliche Erholung nannte der EZB-Präsident die Probleme in den Schwellenländern wie China oder Brasilien und die damit verbundene schwächere globale Nachfrage. In der Konsequenz machte Draghi deutlich, dass das bis September 2016 befristete Aufkaufprogramm von Staatsanleihen („quantitative easing“, vgl. BaB 07/2015) bei Bedarf verlängert werde, sollten sich die Inflationsaussichten bis dahin nicht verbessert haben. Gleichzeitig kündigte Draghi an, dass die Obergrenze für den Aufkauf einzelner Anleiheemissionen, wie z.B. Staatsanleihen, von aktuell 25% auf 33% erhöht werde. https://www.ecb.europa.eu/press/pressconf/2015/html/is150903.en.html Finanzen Kommission, Eurostat; Rückgang des saisonbereinigten öffentlichen Defizits im Euroraum und in der EU im ersten Quartal 2015 Am 23.07.2015 veröffentlichte das Statistische Amt der Kommission, Eurostat, eine Statistik zum saisonbereinigten öffentlichen Defizit im Euroraum und in der EU für das erste Quartal 2015. Demnach belief sich das saisonbereinigte öffentliche Defizit (Finanzierungssaldo des Staatssektors) im Verhältnis zum BIP im Euroraum auf 2,3%, ein Rückgang gegenüber 2,5% im vierten Quartal 2014. In der EU belief sich das Defizit im Verhältnis zum BIP auf 2,6%, ein Rückgang gegenüber 2,8% im Vorquartal. Darüber hinaus veröffentlichte Eurostat auch Zahlen bezüglich der staatlichen Einnahmen und Ausgaben im ersten Quartal 2015. Demnach beliefen sich die staatlichen Gesamteinnahmen im Euroraum auf 46,5% des BIP, im Vergleich zu 46,7% im vierten Quartal 2014. Die staatlichen Gesamtausgaben lagen im Euroraum bei 48,7% des BIP, gegenüber 49,2% im Vorquartal. In der EU betrugen die staatlichen Gesamteinnahmen im ersten Quartal 2015 45,0% des BIP, gegenüber 45,4% des BIP im vierten Quartal 2014. Die staatlichen Gesamtausgaben beliefen sich in der EU auf 47,6% des BIP, im Vergleich zu 48,1% im Vorquartal. http://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/6923279/2-23072015-AP- DE.pdf/535af2a7-8ba5-4d6c-a910-0b75a52c2fb5 Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 15
Kommission; Bessere Mehrwertsteuererhebung von den Mitgliedstaaten gefordert Laut Bericht der Kommission vom 04.09.2015 hätten die Mitgliedstaaten bei der Erhebung der Mehrwertsteuer keine signifikanten Verbesserungen erzielen können. Der Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll, Pierre Moscovici, forderte, dies zu ändern. Die Mehrwertsteuer-Erhebungsdaten des Jahres 2013 zeigten laut Bericht, dass sich die Differenz zwischen den erwarteten MwSt.- Einnahmen und dem tatsächlich erhobenen Betrag (die so genannte „Mehrwertsteuerlücke“) gegenüber 2012 nicht verbessert hat. In 15 der untersuchten Mitgliedstaaten, unter anderem in LET, MTL und der SLK, wäre zwar eine Verbesserung erkennbar, doch hätten sich die Zahlen in 11 Mitgliedstaaten, darunter EST und POL, verschlechtert. DEU läge im Mittelfeld (2013 – 11,2%; 2012 – 10,6%). http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/common/publications/stu dies/vat_gap2013.pdf EuGH; Urteil zur Besteuerung von Dividendeneinkünften Am 02.09.2015 entschied der EuGH in der Rechtssache C-386/14. In der Sache wendet sich die Group Steria SCA mit Sitz in Paris (FRA) gegen eine französische Regelung, wonach Dividendeneinkünfte aus inländischen Tochtergesellschaften steuerfrei, jene aus ausländischen Tochtergesellschaften jedoch mit 5% zu versteuern sind. Die unterschiedliche Besteuerung von Dividendeneinkünften der Muttergesellschaften eines steuerlichen Konzerns nach Maßgabe des Ortes der Niederlassung der Tochtergesellschaften verstößt gegen das Unionsrecht. Die streitige französische Regelung benachteiligt die Muttergesellschaften, die in anderen Mitgliedstaaten ansässige Tochtergesellschaften halten, wodurch es für diese Gesellschaften weniger attraktiv werden kann, von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch zu machen und in anderen Mitgliedstaaten Tochtergesellschaften zu gründen. Eine solche unterschiedliche Behandlung beeinträchtigt damit ungerechtfertigt die Niederlassungsfreiheit. http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=9ea7d0f130d5097a961 3f4984072ad22de230e77db07.e34KaxiLc3eQc40LaxqMbN4ObNiKe0?text=&docid= 166763&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=372038 EZB; Direktoriumsmitglied der EZB, Benoît Coeuré, fordert Finanzministerium für den Euroraum Benoît Coeuré, Direktionsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), äußerte sich in einer Rede vom 27.08.2015 bei der „Semaine des Ambassadeurs“, der jährlichen Versammlung aller französischen Botschafter, zur Gegenwart und Zukunft der Euroraums. Es müsse deutlich werden, dass der Euroraum ein unumkehrbares Projekt sei und nicht nur ein System fester Wechselkurse. Der Euro müsse mit einer positiven „Geschichte“ verknüpft und mit den notwendigen Instrumenten ausgestattet werden, wobei zu gewährleisten sei, dass diese demokratisch legitimiert seien. Solidarität dürfte dabei nicht zu einem System dauerhafter Transfers führen, denn dies sei im Gründungsvertrag der Währungsunion nicht vorgesehen. Es ginge darum, einen neuen europäischen Gesellschaftsvertrag zu schaffen, um das im Hinblick auf die Exekutive bestehende Defizit zu beseitigen. Wie bereits der ehemalige Direktor der EZB, Jean-Claude Trichet, habe auch er sich für die Schaffung eines Finanzministeriums für den Euroraum unter der Aufsicht des EP ausgesprochen. Dieses Ministerium könnte dafür zuständig sein, wirtschaftliche Ungleichgewichte und Haushaltsungleichgewichte zu verhindern, Krisen im Eurogebiet zu bewältigen und die im Bericht der fünf Präsidenten anvisierte haushaltspolitische Kapazität zu steuern sowie die Regierungen des Euroraums in internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen zu vertreten. Auf kurze Sicht Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 16
halte er es für wesentlich, die Bankenunion zu vollenden und insbesondere frühzeitig einen gemeinsamen Sicherungsmechanismus für den einheitlichen Abwicklungsfonds sowie die schrittweise Einführung eines europäischen Einlagensicherungssystems zu vereinbaren. Gleichzeitig müsste durch Reformen gewährleistet werden, dass die Wechselbeziehung zwischen der Solvenz von Banken und Staaten ein für alle Mal beseitigt würde. https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2015/html/sp150827.de.html Kommission; Dreijähriges ESM-Stabilitätshilfeprogramm für GRI unterzeichnet Am 19.08.2015 unterzeichnete die Kommission das Memorandum of Understanding (MoU) mit GRI für ein neues Stabilitätshilfeprogramm. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der 2012 in Reaktion auf die weltweite Finanzkrise als „Brandschutzmauer“ Europas errichtet wurde, werde in den kommenden drei Jahren Darlehen in Höhe von bis zu 86 Mrd. EUR an GRI auszahlen können, sofern die Regierung in GRI die im MoU genannten Reformen umsetze und damit grundlegende wirtschaftliche und soziale Herausforderungen angehe. Nach monatelangen intensiven Verhandlungen liegt damit aus Sicht der Kommission ein Programm vor, das dazu beitragen werde, Unsicherheiten zu beseitigen sowie die Wirtschafts- und Finanzlage zu stabilisieren und GRI so dabei helfen wird, zu nachhaltigem Wachstum zurückzukehren, das auf soliden öffentlichen Finanzen, einer gestärkten Wettbewerbsfähigkeit, einem funktionierenden Finanzsektor, neuen Arbeitsplätze und sozialem Zusammenhalt beruhe. Im Einklang mit Artikel 13 des ESM-Vertrags seien im MoU die Reformziele und die zur Freigabe der ESM-Mittel zu erfüllenden Auflagen im Einzelnen aufgeführt. Die Auszahlung der Mittel sei an die Fortschritte bei der Umsetzung geknüpft. Die Umsetzung werde von der Kommission – im Benehmen mit der EZB und nach Möglichkeit zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds – überwacht. Letzterer werde über eine weitere Beteiligung am dritten Paket aber erst im Oktober entscheiden. Die Kommission veröffentlichte begleitend eine Bewertung der sozialen Auswirkungen des Programms. Bei ihrer Analyse ist sie zu dem Schluss gelangt, dass die im Programm vorgesehenen Maßnahmen, wenn sie vollständig und rechtzeitig umgesetzt würden, GRI dabei helfen würden, auf finanziell tragfähige und sozialverträgliche Weise zu Stabilität und Wachstum zurückzukehren. Ebenso würden sie dazu beitragen, den dringendsten sozialen Bedürfnissen und Herausforderungen in GRI gerecht zu werden. Im Fokus der Kommission stünden insbesondere folgende Maßnahmen: schrittweise Einführung eines garantierten Mindesteinkommens und Sicherstellung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung; Gewährleistung, dass die dem Einzelnen abverlangte Anstrengung dem jeweiligen Einkommen angemessen sei; Konzentration der Sparmaßnahmen auf Bereiche, die sich nicht direkt im Portemonnaie des Durchschnittsbürgers bemerkbar machten, z.B. Kürzung der Verteidigungsausgaben oder Beseitigung von Ineffizienzen in verschiedenen Bereichen der öffentlichen Ausgaben; Zurückstellung von Partikularinteressen, z.B. schrittweise Abschaffung von Steuervergünstigungen für Reeder und Landwirte oder Aufhebung einer Vielzahl von Ausnahmeregelungen (etwa bei den Mehrwertsteuersätzen für einige Inseln) oder ungerechtfertigten Subventionen; Stärkung der Rolle der Sozialpartner und Modernisierung des Tarifverhandlungssystems; Bekämpfung von Korruption, Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit; Förderung einer transparenteren und effizienteren öffentlichen Verwaltung, u. a. durch Stärkung der Unabhängigkeit der Steuerverwaltung, Reorganisation von Ministerien und eine engere Verknüpfung zwischen Verdienst und beruflicher Verantwortung. Am 20.08.2015 überwies der ESM die erste Tranche in Höhe von 13 Mrd. EUR an GRI. Weitere 3 Mrd. EUR würde GRI im November, erhalten, wenn bis dahin Reformmaßnahmen („prior actions“) umgesetzt würden. Bericht aus Brüssel 16/2015 vom 11.09.2015 17
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