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Monatsbericht des BMF Oktober 2018
Editorial Editorial Monatsbericht des BMF September 2018 auf der Grundlage eines Gesetzentwurfes der Bun- desregierung beraten. Neben dem Sozialen Woh- nungsbau sollen die Grundgesetzänderungen vor allem Finanzhilfen des Bundes für Investitionen der Länder in die (digitale) Bildungsinfrastruktur und Betreuungsangebote verfassungsrechtlich er- möglichen. Eine kluge Finanzpolitik schafft durch gezielte Investitionen die Voraussetzungen für den gesellschaftlichen Wohlstand der Zukunft. Der von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vor- gelegte Entwurf des „Familienentlastungsgeset- zes“ wird derzeit in Bundestag und Bundesrat be- raten. Unser besonderes Augenmerk liegt auf einer Liebe Leserinnen, liebe Leser, spürbaren Stärkung der verfügbaren Einkommen von Familien. Das Kindergeld wird in einem ers- Wohnen ist eine der wichtigsten sozialen Fragen ten Schritt um 10 Euro im Monat steigen; Kinder- unserer Zeit. Für viele Bürgerinnen und Bürger und Grundfreibetrag werden erhöht. Darüber hi- wird es immer schwerer, bezahlbaren Wohnraum naus werden die Effekte der kalten Progression zu finden – sei es zur Miete oder als Eigentum. Des- ausgeglichen, damit Arbeitnehmerinnen und Ar- halb stellt der Bund in den nächsten Jahren deut- beitnehmer auch „netto“ von den Lohnerhöhun- lich mehr Geld als bisher für den Sozialen Woh- gen profitieren. Diese für 2019 und 2020 vorgesehe- nungsbau bereit, fördert den Eigentumserwerb nen Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von von Familien und unterstützt den privat finanzier- rund 9,8 Mrd. Euro (volle Jahreswirkung) kommen ten Bau neuer Mietwohnungen steuerlich. Auf dem insbesondere Familien zugute. Im Ergebnis stärken Wohngipfel am 21. September hat die Bundesregie- wir die verfügbaren Einkommen aller Familien. Die rung darüber hinaus ein umfangreiches Maßnah- größte relative Wirkung erzielen wir aber ganz be- menpaket für mehr und bezahlbaren Wohnraum wusst bei mittleren Familieneinkommen. Darüber sowie den besseren Schutz von Mieterinnen und hinaus plant die Bundesregierung Verbesserungen Mietern vorgestellt. beim Kinderzuschlag und auch bei den Leistun- gen für Bildung und Teilhabe, u. a. beim Schulstar- Insbesondere der Soziale Wohnungsbau spielt bei terpaket. Wir wollen, dass Kinder unabhängig vom der Schaffung bezahlbaren Wohnraums eine wich- Elternhaus die gleichen Chancen auf gesellschaft- tige Rolle. Damit deutlich mehr Sozialwohnungen liche Teilhabe erhalten und ihre Fähigkeiten entwi- gebaut werden, unterstützt der Bund die Länder ckeln können. bis 2021 mit zusätzlich 2,5 Mrd. Euro. Mit diesen Finanzmitteln können über 100.000 zusätzliche Sozialwohnungen geschaffen werden. Damit der Bund nach 2019 den Ländern Geld für den Sozia- len Wohnungsbau zweckgebunden zur Verfügung stellen kann, bedarf es einer Änderung des Grund- gesetzes. Die notwendigen Grundgesetzänderun- Wolfgang Schmidt gen werden derzeit von Bundestag und Bundesrat Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 3
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Analysen und Berichte____________________________________________7 Ein moderner Haushalt für Europa_______________________________________________________________________ 8 Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs___________________________________________________________________ 15 Statistiken über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern________________________________________ 20 Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage____________________________25 Überblick zur aktuellen Lage_____________________________________________________________________________ 26 Konjunkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht______________________________________________________ 27 Steuereinnahmen im September 2018___________________________________________________________________ 34 Entwicklung des Bundeshaushalts bis einschließlich September 2018____________________________________ 38 Entwicklung der Länderhaushalte bis einschließlich August 2018________________________________________ 43 Finanzmärkte und Kreditaufnahme des Bundes__________________________________________________________ 46 Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik_____________________________________________________________ 61 Aktuelles aus dem BMF__________________________________________65 Termine_________________________________________________________________________________________________ 66 Publikationen___________________________________________________________________________________________ 67 Hinweise auf Ausschreibungen__________________________________________________________________________ 68 Statistiken und Dokumentationen_______________________________71 Übersichten zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 72 Übersichten zur Entwicklung der Länderhaushalte_______________________________________________________ 73 Gesamtwirtschaftliches Produktionspotenzial und Konjunkturkomponenten des Bundes________________ 73 Kennzahlen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 74
Analysen und Berichte Ein moderner Haushalt für Europa 8 Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs 15 Statistiken über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern 20
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Oktober 2018 Ein moderner Haushalt für Europa ●● Europa braucht einen modernen und zukunftsfesten Haushalt. Angesichts der aktuellen Herausforderungen und des Ausscheidens des Vereinigten Königreichs als einem der größten Beitragszahler werden die derzeit laufenden Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrah- men 2021-2027 vermutlich die schwierigsten in der Geschichte der Europäischen Union. ●● Die Europäische Kommission schlägt eine Erhöhung der Ausgaben in zukunftsorientierten Bereichen – Bildung, Forschung, Innovation, Jugend, Schutz der Außengrenzen, Sicherheit/ Verteidigung und Migration – vor. Das Volumen der größten Ausgabenbereiche, der Agrar- und Kohäsionspolitik, soll auf rund 60 % statt bisher 71 % der Gesamtausgaben reduziert werden. Auf der Finanzierungsseite sind zusätzlich neue Eigenmittel vorgesehen. ●● Die vorgeschlagene Neuausrichtung geht grundsätzlich in die richtige Richtung, führt aber nicht weit genug. Der Ruf nach „frischem Geld“ mag einigen als bequemer Weg erscheinen. Gerade das BMF muss die Finanzierbarkeit im Blick behalten. Das BMF spricht sich deshalb für eine noch stärkere Modernisierung des Haushalts aus. Herausforderungen Inhalt der Kommissions vorschläge Die Entwicklungen der vergangenen Jahre haben deutlich gemacht, dass die Finanzen der Europä- Auf diese Herausforderungen will die Europäi- ischen Union (EU) grundsätzlich reformiert wer- sche Kommission mit ihren Vorschlägen für einen den müssen. Die aktuellen Herausforderungen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021-2027 re- (u. a. Migration, Verteidigung, Sicherheit, Erhöhung agieren. Dieser umfasst neben der MFR-Verord- der Wettbewerbsfähigkeit) führen vor Augen, dass nung u. a. 37 Ausgabenprogramme sowie Vor- im EU-Haushalt zu viele Mittel für liebgewonnene schläge für ein reformiertes Eigenmittelsystem. Ausgabenbereiche gebunden sind. Gleichzeitig feh- len Mittel für Aufgaben, die auf der europäischen Ebene effizienter angegangen werden können. Zu- dem entsteht mit dem Ausscheiden eines der größ- ten Beitragszahler eine erhebliche jährliche Finan- zierungslücke im zweistelligen Milliardenbereich. 8
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 Abbildung 1 Mehrjähriger Finanzrahmen 2021-2027 gemäß Vorschlag der Europäischen Kommission in Mio. € Analysen und Berichte 85.287 187.370 Binnenmarkt, Innovation und 123.002 Digitales Kohäsion und Werte (Strukturpolitik) 27.515 34.902 Natürliche Ressourcen und Umwelt Migration und Grenzmanagement 1.279.408 Sicherheit und Verteidigung Nachbarschaft und die Welt (Außenpolitik) 378.920 Verwaltung 442.412 Quelle: Europäische Kommission Volumen Vereinigten Königreich angesetzt ist, so handelt es sich beim Vorschlag der Europäischen Kommission Die Europäische Kommission schlägt einen Anstieg um einen Anstieg von rund 24 % (circa 244 Mrd. €). des Gesamtvolumens der sogenannten Mittel für Verpflichtungen (MfV) gegenüber dem aktuellen In Bezug auf die für die Eigenmittelabführungen MFR 2014-2020 um rund 18 % (circa 192 Mrd. €) auf aus dem Bundeshaushalt relevante Größe der so- 1.279 Mrd. € vor. Das entspricht 1,11 % des Brutto- genannten Mittel für Zahlungen (MfZ) schlägt die nationaleinkommens (BNE), also der Wirtschafts- Europäische Kommission ein Gesamtvolumen leistung der 27 EU-Mitgliedstaaten (EU-27-BNE). von 1.246 Mrd. € vor (1,08 % des EU-27-BNE). Dies Hinzu kommen weitere 30 Mrd. € für Ausgaben au- entspricht einem Anstieg von 220 Mrd. € (+21 %). ßerhalb des MFR. Damit liegt das vorgeschlagene Hinzu kommen wiederum 30 Mrd. € außerhalb Gesamtvolumen bei insgesamt 1.309 Mrd. € (1,14 % der MFR-Obergrenzen. Das vorgeschlagene Ge- des EU-BNE). Rechnet man den Teil der EU-Aus- samtvolumen für die MfZ liegt damit bei insgesamt gaben heraus, der aktuell für Programme im 1.276 Mrd. € (1,11 % des EU-BNE). 9
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 Mittel für Verpflichtungen Tabelle 1 in Mrd. € Mittel für Verpflichtungen MFR 2014-2020 MFR 2021-2027 in Mrd. € EU 28 EU 27 I. Binnenmarkt, Innovation und Digitales 126 187 II. Kohäsion und Werte (Strukturpolitik) 394 442 III. Natürliche Ressourcen und Umwelt 420 379 IV. Migration und Grenzmanagement 10 35 V. Sicherheit und Verteidigung 2 28 VI. Nachbarschaft und die Welt (Außenpolitik) 66 1231 VII. Verwaltung 70 85 Gesamt 1.087 1.279 Europäischer Entwicklungsfonds (EEF, ohne African Peace Facility) 28 - Gesamt inklusive EEF 1.115 1.279 1 Inklusive EEF (ohne African Peace Facility). Quelle: Europäische Kommission Nach ersten vorläufigen Berechnungen würden die Gleichzeitig schlägt die Europäische Kommission jährlichen Abführungen Deutschlands an die EU deutliche Steigerungen bei den Ausgaben für Bin- durch den Kommissionsvorschlag um durch- nenmarkt, Bildung, Forschung, Innovation und schnittlich etwa 15 Mrd. € steigen. Aber bereits Digitales, Migration und Grenzschutz, Sicherheit eine Beibehaltung der aktuellen Begrenzung des und Verteidigung sowie EU-Außenpolitik (Nach- EU-Haushalts bei rund 1 % des EU-27-BNE hätte barschaft und die Welt) vor. Hierzu sollen wesent- eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung der Mit- liche Außeninstrumente zusammengeführt und gliedstaaten zur Folge. Allein die Beiträge Deutsch- unter Einbeziehung des Europäischen Entwick- lands zum EU-Haushalt würden dadurch um lungsfonds in den EU-Haushalt integriert werden. durchschnittlich etwa 10 Mrd. € steigen. Zudem möchte die Europäische Kommission den Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (sogenannter Juncker-Plan) und sämtliche Finanz Entwicklung der Ausgabenseite instrumente im EU-Haushalt zu einem sogenann- ten InvestEU Fund zusammenführen. Der Anteil „traditioneller“ Ausgabenbereiche (Ag- rarpolitik, Strukturfonds) ginge nach dem Kom- missionsvorschlag zurück (von über 70 % auf Reform der Strukturpolitik rund 60 %). Dies liegt allerdings mehr an ei- ner Aufstockung des Gesamtvolumens des MFR Die Europäische Kommission schlägt – nicht zu- (+192 Mrd. €) als an einer substantiellen Kürzung letzt einem deutschen Anliegen folgend – außer- dieser Bereiche. Bei der Agrarpolitik würde die dem vor, im Rahmen des sogenannten Europäi- Mittelausstattung um circa 41 Mrd. € sinken, für schen Semesters (Teil der wirtschaftspolitischen die Strukturfonds bliebe sie in etwa unverändert. Koordinierung auf europäischer Ebene) identi- In Deutschland wären im Bereich der Struktur- fizierte strukturelle Herausforderungen für Mit- politik zwar voraussichtliche Kürzungen zu ver- gliedstaaten bei der Programmierung der Europä- zeichnen (circa 8 %). Der Hauptgrund dafür sind ischen Strukturfonds stärker zu berücksichtigen. allerdings die positive wirtschaftliche Gesamtent- Zusätzlich enthält der Vorschlag weitere eigenstän- wicklung und die daraus resultierende sinkende dige Instrumente: Bedürftigkeit. 10
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 ●● Reform Support Programme mit einem Ge- größten Instrumenten der Strukturpolitik festge- samtvolumen von 25 Mrd. € über 7 Jahre, be- stellt, dem Europäischen Fonds für die regionale stehend aus Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds. Analysen und Berichte Insbesondere hier werde bei der Auswahl und Be- ¡¡ einem sogenannten Reform Delivery Tool gleitung der Projekte weiterhin wenig ergebnisori- zur Unterstützung von Strukturreformen, entiert vorgegangen. ¡¡ einer Konvergenz-Fazilität zur Unterstüt- Hier gilt es, die Verwendung der EU-Gelder auf zung des Eurobeitritts, den Prüfstand zu stellen, wobei auch die Volu- menfrage kein Tabu sein darf. Ein Abbau des Zah- ¡¡ einer Ausweitung des bestehenden Instru- lungsrückstands ist hier auch deshalb angezeigt, ments zur Bereitstellung technischer Hilfe. da dieser zusätzlich zu den künftigen Ausgaben im MFR 2021-2027 abbezahlt und von den Mitglied- ●● Europäische Investitionsstabilisierungsfunk- staaten finanziert werden muss. tion (EISF), bestehend aus ¡¡ einem durch den EU-Haushalt abgesi- Unterstützung nationaler Strukturreformen cherten Darlehensvolumen von 30 Mrd. € Um die vielen Milliarden Euro an EU-Struk zur Unterstützung öffentlicher Investiti- turfördermitteln wirksamer einzusetzen, sol onen der Mitgliedstaaten, um sogenannte len die Strukturfonds enger mit der wirt asymmetrische Schocks abzufedern und schaftspolitischen Koordinierung verknüpft werden, die im Rahmen des sogenannten Eu ¡¡ einer Ergänzung um Zinssubventionen. ropäischen Semesters erfolgt. Dafür sollen die Strukturfonds stärker auf Umsetzung so Insbesondere die europäische Strukturförderung genannter länderspezifischer Empfehlungen sollte tatsächlich stärker auf die Umsetzung länder- des Rates ausgerichtet werden. Hierzu hat die spezifischer Empfehlungen ausgerichtet werden, Europäische Kommission Vorschläge vorge um nationale Strukturreformen zu unterstützen. legt. Die Ansätze gehen grundsätzlich in die Die begrenzten EU-Mittel müssten sehr viel geziel- richtige Richtung. Allerdings sollte auf eine ter eingesetzt werden, um nachhaltig wirtschaft- konsequente Ausgestaltung geachtet werden, liche Aufholprozesse zu ermöglichen. So würde was derzeit intensiv auf europäischer Ebene der EU-Haushalt auch einen stärkeren Beitrag zur diskutiert wird. wirtschaftlichen Stabilität der EU leisten. Ein weiteres Anzeichen für die Reformbedürftigkeit Entwicklung der Einnahmenseite der Strukturpolitik ist die schleppende Abrufquote der vorhandenen EU-Mittel in diesem Bereich. Anders als in nationalen Haushalten werden im Eine aktuelle Studie im Auftrag des Europäischen EU-Haushalt die Ausgaben immer vollständig Parlaments weist darauf hin, dass Ende 2017 EU- durch Beitragsabrufe bei den Mitgliedstaaten aus- weit lediglich 11 % der vorgesehenen Mittel aus- geglichen. Eine Kreditaufnahme ist in den EU-Ver- gezahlt worden waren. Dies führt zu einem Zah- trägen nicht vorgesehen. Die Ausgaben aus dem lungsrückstand von mittlerweile rund 270 Mrd. €, EU-Haushalt werden hauptsächlich aus den so- was auch vom Europäischen Rechnungshof (ERH) genannten Eigenmitteln finanziert. Diese be- kritisiert wird. Die Mittel seien zwar zugesagt, wür- stehen u. a. aus den traditionellen Eigenmitteln den aber nicht abgerufen. Oft mangele es an geeig- (TEM: Zölle), Mehrwertsteuer-Eigenmitteln sowie neten Projekten. Der ERH hat außerdem in einem BNE-Eigenmitteln und werden bis auf die sonsti- aktuellen Sonderbericht Mängel bei den beiden gen Einnahmen (u. a. Bußgelder und Strafen) von 11
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 Abbildung 2 Eigenmittel 2017 in Mio. € 23.596 78.620 BNE-Eigenmittel Mehrwertsteuer-Eigenmittel 20.459 Traditionelle Eigenmittel (Zölle und Zuckerabgaben) Überschuss des Vorjahres, Steuern von 16.947 EU-Beamten und Geldbußen Quelle: Europäische Kommission den Mitgliedstaaten gezahlt. Für die Finanzierung ●● Einführung drei neuer Eigenmittelkategorien: gilt eine Gesamtobergrenze von derzeit 1,20 % des BNE aller Mitgliedstaaten. Dies stellt somit die ab- 1. Anteil basierend auf den jeweiligen natio- solute Obergrenze für mögliche Ausgaben des nalen Einnahmen aus dem Europäischen EU-Haushalts dar. Emissionshandelssystem, Der Vorschlag der Europäischen Kommission be- 2. nationaler Beitrag, der auf nicht recycelte inhaltet u. a. folgende Änderungen auf der Einnah- Verpackungsabfälle aus Kunststoff be- menseite des EU-Haushalts: rechnet wird, ●● Erhöhung der Eigenmittelobergrenze 3. Beitrag, der sich am Anteil des jeweiligen auf 1,29 % des EU-27-BNE für die Mittel für Mitgliedstaats an der Gemeinsamen Konso- Zahlungen, u. a. lidierten Körperschaftsteuer-Bemessungs- grundlage (GKKB) bemisst. ¡¡ zur Schaffung der WWU-Stabilisierungs- funktion und Die Europäische Kommission geht davon aus, dass diese neuen Eigenmittelkategorien 22 Mrd. € pro ¡¡ der Integration des Europäischen Entwick- Jahr zur Finanzierung des EU-Haushalts beitra- lungsfonds. gen könnten. Zusätzlich sollen zukünftig Anteile der bisher den nationalen Notenbanken zustehen- ●● Reform des Mehrwertsteuer-Eigenmittels und den Gewinne der Europäischen Zentralbank (soge- Erhöhung des Abrufsatzes nannte Seigniorage-Einkünfte) die oben genannten 12
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 Zinssubventionen im Rahmen der Wirtschafts- Verfahren und Zeitplan und Währungsunion (WWU) finanzieren. Schließ- lich sollen die bisher Deutschland, Dänemark, den Der Rat beschließt die von der Europäischen Kom- Analysen und Berichte Niederlanden, Schweden und Österreich gewähr- mission vorgeschlagene MFR-Verordnung ein- ten Rabatte abgeschafft und durch sogenannte stimmig nach Zustimmung des Europäischen Par- Pauschalrabatte ersetzt werden, die bis 2025 dann laments. Die Bundesregierung wird im Rat durch vollständig auslaufen würden. das federführende Auswärtige Amt vertreten. Die Sitzungen des Rates werden vorbereitet durch Das BMF als Federführer innerhalb der Bundesre- den Ausschuss der Ständigen Vertreter in Brüssel gierung für den Bereich der EU-Eigenmittel setzt (AStV). Der AStV wiederum wird unterstützt durch sich in den Verhandlungen zu den Eigenmittelvor- eine horizontale Arbeitsgruppe (Ad hoc Working schlägen der Europäischen Kommission für eine Party) zum MFR. Diese Arbeitsgruppe berät insbe- Vereinfachung des Eigenmittelsystems ein. Das be- sondere horizontale Fragen sowie solche zur Mit- stehende Finanzierungssystem funktioniert gut. telausstattung der einzelnen Ausgabenprogramme. Es gewährleistet eine gerechte Lastenteilung ins- besondere durch die BNE-Eigenmittel, die an die Die Rechtsgrundlagen für die 37 Ausgabenpro- Wirtschaftskraft eines jeden Mitgliedstaates an- gramme (sogenannte Sektorverordnungen) werden knüpfen. Das BMF begrüßt daher den Ansatz der im Übrigen in den zuständigen Ratsarbeitsgruppen Europäischen Kommission, die BNE-Eigenmittel beraten und anschließend im ordentlichen Gesetz- als Fundament der Einnahmenseite des EU-Haus- gebungsverfahren mit qualifizierter Mehrheit im halts zu bewahren. Auch die Zielsetzung der Euro- Rat unter Mitentscheidung des Europäischen Par- päischen Kommission, das Finanzierungssystem laments beschlossen. einfacher, gerechter und transparenter zu gestal- teten, wird vom BMF geteilt. Aus Sicht des BMF Der das Eigenmittelsystem der EU regelnde Eigen- würde man diesen Zielen mit der Abschaffung der mittelbeschluss wird zunächst im Rat einstimmig auf der Mehrwertsteuer basierenden Eigenmittel nach Anhörung des Europäischen Parlaments an- näher kommen. Auch bei der Prüfung der von der genommen. Anschließend müssen alle Mitglied- Europäischen Kommission vorgeschlagenen neuen staaten gemäß ihren jeweiligen verfassungsrecht- Eigenmittelkategorien wird sich das BMF daran lichen Vorschriften dem Eigenmittelbeschluss orientieren, ob das Eigenmittelsystem damit einfa- zustimmen. Diese Zustimmung erfolgt in Deutsch- cher, gerechter und transparenter wird. land durch ein Gesetz des Bundestags unter Betei- ligung des Bundesrats. Bundesminister Scholz hat zudem beim Minis- tertreffen im Juni 2018 in Luxemburg mit seinem Die Europäische Kommission möchte die MFR-Ver- französischen Kollegen Bruno le Maire den ande- handlungen möglichst vor der Wahl zum nächs- ren Finanzministern der an der verstärkten Zu- ten Europäischen Parlament im Frühjahr 2019 sammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten einen abschließen. Neustart der Gespräche zur Einführung einer Fi- nanztransaktionssteuer (FTT) vorgeschlagen. Um die Verhandlungen über eine Einführung einer FTT Unterschiedliche Interessenlage zu beschleunigen und weitere Mitgliedstaaten für die verstärkte Zusammenarbeit zu gewinnen, ha- Die Verhandlungen sind von vielfältigen und oft- ben sie eine Einführung einer EU-weiten FTT auf mals widerstreitenden Interessen geprägt. Wäh- Basis des existierenden französischen Modells ins rend unter den Mitgliedstaaten die Empfänger von Gespräch gebracht und vorgeschlagen, die dadurch hohen Fördergeldern im Agrar- und Kohäsionsbe- generierten Einnahmen zur Finanzierung europäi- reich Kürzungen ablehnen, werden diese von an- scher Ausgaben zu verwenden. deren Mitgliedstaaten gerade gefordert, um die 13
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 Brexit-Lücke auszugleichen und im Gegenzug eine der Europäischen Kommission vorgeschlagene Stärkung der neuen Prioritäten zu finanzieren. Eine Volumen von 1,11 % des EU-27-BNE würde für Reihe von Mitgliedstaaten erklärt sich bereit, die ei- Deutschland zu durchschnittlichen jährlichen Bei- genen Beiträge zu erhöhen, andere lehnen dies bis- trägen von rund 45 Mrd. € führen. Das ist realistisch her kategorisch ab. Innerhalb der verschiedenen nicht darstellbar. Da auch schon ein MFR-Volumen Politikbereiche hat nahezu jeder Mitgliedstaat un- in Höhe von 1,0 % des EU-27-BNE eine erhebliche terschiedliche Interessenschwerpunkte. Deutsch- finanzielle Mehrbelastung der Mitgliedstaaten zur land kann mit seiner moderaten Position hier die Folge hat, können nicht alle Wünsche erfüllt wer- Funktion eines Brückenbauers einnehmen. den. Gleichwohl sind die Vorschläge der Europäi- schen Kommission ein erster wichtiger Schritt im Sodann ist auch das Europäische Parlament zu be- Verhandlungsprozess, der nun deutlich an Fahrt rücksichtigen, das dem MFR am Ende zustimmen aufgenommen hat. muss und beim Eigenmittelbeschluss angehört wird. Es fordert für den nächsten MFR ein Volumen Neben Beratungsbedarf zum Volumen wird die Zu- von 1,3 % des EU-27-BNE und lehnt Kürzungen bei stimmungsfähigkeit des Pakets für das BMF am der Agrar- und Strukturpolitik – auch infolge des Ende auch davon abhängen, ob ein inhaltlicher Ausscheidens des Vereinigten Königreichs – ab. Neuanfang gelingt. Denn eine finanzielle Stärkung Neue Prioritäten sollen vollständig durch zusätzli- der EU kann kein Selbstzweck sein. Sie steht in ei- che Mittel finanziert werden. nem Bedingungszusammenhang mit einer erfolg- reichen Modernisierung des EU-Haushalts. Fazit Die EU-Finanzen müssen noch stärker auf die ak- tuellen gemeinsamen Herausforderungen der EU, Zukunftsthemen und europäischen Mehrwert ausgerichtet werden. Die Gesamthöhe des MFR wird vor dem Hintergrund der Gesamtqualität des MFR-Pakets und der Möglichkeit einer fairen Las- tenteilung („Rabatte“) zu beurteilen sein. Das von 14
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Oktober 2018 Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs Analysen und Berichte ●● Umsatzsteuerbetrug tritt in vielen Facetten auf. Er reicht von der unterlassenen Erklärung und/ oder Zahlung der Umsatzsteuer über den Missbrauch des Vorsteuerabzugsrechts bis hin zu soge- nannten Umsatzsteuerkarussellen. Die voranschreitende Digitalisierung eröffnet neue Möglich- keiten für betrügerische Aktivitäten. ●● Bund und Länder gehen in gemeinsamer Verantwortung mit verschiedenen Maßnahmen zur Sicherung des Steueraufkommens gegen den Umsatzsteuerbetrug vor. ●● Auch die europäische Verwaltungszusammenarbeit zur Verhinderung von Umsatzsteuerbetrug wurde verstärkt, indem beispielsweise die Rechtsgrundlagen für den europaweiten Informati- onsaustausch ausgebaut wurden, damit grenzüberschreitende Prüfungsmaßnahmen intensi- viert werden können. Zudem findet die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs auf europäischer Ebene bei der Schaffung neuer EU-Rechtsakte als maßgebliches gemeinsames Ziel Berücksichti- gung. Einleitung steuerehrlicher Unternehmen vor Wettbewerbs- verzerrungen gehen Bund und Länder in gemein- Umsatzsteuerbetrug verursacht Steuerausfälle und samer Verantwortung gegen den Umsatzsteuerbe- mindert dadurch das Umsatzsteueraufkommen trug vor. Sie wirken permanent und konsequent in den öffentlichen Haushalten. Dieses betrug im darauf hin, dass dieser durch gesetzgeberische und Jahr 2017 rund 226 Mrd. €. Umsatzsteuer wird seit organisatorische Maßnahmen weiter eingedämmt nunmehr 100 Jahren erhoben und hat sich seit- wird. Besondere Herausforderungen ergeben sich dem zu einer der wesentlichsten steuerlichen Ein- aktuell durch die zunehmende Digitalisierung al- nahmequellen entwickelt. Das Umsatzsteuerauf- ler Lebensbereiche, wodurch auch neue Möglich- kommen dient der Finanzierung der vielfältigen keiten für Umsatzsteuerbetrug eröffnet werden. staatlichen Aufgaben (wie der inneren Sicherheit, Umsatzsteuerbetrug tritt in vielen Facetten auf: Er Infrastruktur, Gesundheit, dem Sozialwesen, der reicht von der unterlassenen (vollständigen) Erklä- Bildung, etc.). Die ursprüngliche Höhe des Steuer- rung und/oder Zahlung der Umsatzsteuer über den satzes von 0,5 % im Jahr 1918 wurde aufgrund des Missbrauch des Vorsteuerabzugsrechts bis hin zu steigenden staatlichen Finanzierungsbedarfs regel- sogenannten Umsatzsteuerkarussellen, bei denen mäßig bis auf aktuell 19 % erhöht. Im Vergleich der mehrere Akteure in einen betrügerischen (Han- Länder der Europäischen Union (EU) liegt der Re- dels-)Kreislauf eingebunden sind und zusammen- gelsteuersatz zur Umsatzsteuer in Deutschland da- wirken. Effiziente Kontrollmechanismen und ein mit in der unteren Hälfte.1 reibungsloser Informationsaustausch im Rah- men einer gut funktionierenden Zusammenarbeit Zur Sicherung der Staatseinnahmen, zur Gewähr- der zuständigen Behörden auf nationaler und in- leistung von Steuergerechtigkeit und zum Schutz ternationaler Ebene sowie gesetzgeberische Maß- nahmen wirken diesen Gegebenheiten entgegen. Mit der zunehmenden Digitalisierung nimmt auch 1 Vergleiche „Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2017“, BMF, Ausgabe 2018, S. 49 unter der Umsatzsteuerbetrug durch Aktivitäten über http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20181021 das Internet (Handel und Dienstleistungen) stark 15
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs Oktober 2018 zu. Dabei bilden Landesgrenzen keine Barrieren, EG). Diese ist in das nationale Recht umgesetzt wor- sodass sich die Bekämpfung des Umsatzsteuerbe- den, weswegen auch vom weitgehend „harmoni- trugs noch stärker international aufstellen muss. sierten“ Umsatzsteuerrecht in der EU gesprochen wird. Organisation der Umsatz steuerbetrugsbekämpfung im Der Begriff „Mehrwertsteuer“ wird vor allem im europäischen Gemein BMF schaftsrecht und in vielen Landessprachen anderer EU-Mitgliedstaaten verwendet (z. B. Die Anforderungen an eine wirksame Bekämpfung englisch VAT – „Value Added Tax“; franzö des Umsatzsteuerbetrugs im nationalen und inter- sisch TVA – „Taxe sur la Valeur Ajoutée“). In nationalen Bereich sind gestiegen. Um diesen best- Deutschland ist er die umgangssprachliche möglich zu entsprechen, sind im BMF die entspre- Bezeichnung für die Umsatzsteuer. chenden Zuständigkeiten in einem neuen Referat „Umsatzsteuer-Kontrolle und -Betrugsbekämp- fung – national und international“ zusammenge- Eine Richtlinie führt worden. Die personellen Ressourcen wurden stellt einen der EU-Rechtsakte im Sinne des dafür erhöht. Art. 288 des Vertrags über die Arbeitswei se der Europäischen Union (AEUV) dar, der Die zahlreichen bereits laufenden Maßnahmen zur grundsätzlich der Umsetzung ins nationale Verhinderung und Bekämpfung des Umsatzsteuer- Recht bedarf, um in dem jeweiligen EU-Mit betrugs2 werden von dieser Einheit fortgeführt und gliedstaat Anwendung zu finden. weiterentwickelt. Zudem wird eine stärker fokus- sierte Befassung mit der Betrugsbekämpfung im Bereich der Umsatzsteuer ermöglicht. Rechtsetzungsvorschläge der EU-Kommission werden im Rat der EU diskutiert, wobei das BMF Die Zusammenführung der nationalen und in- die Bundesregierung hier – wie in vielen weiteren ternationalen Zuständigkeiten der Umsatzsteuer- Gremien auf europäischer Ebene – vertritt. Diese betrugsbekämpfung in einem eigenen Referat im Diskussionen erfolgen stets auch unter dem Ge- BMF ermöglicht die durchgängige Prozessgestal- sichtspunkt, ob sie zu einer verbesserten Betrugs- tung, die für eine effektive Betrugsbekämpfung in bekämpfung beitragen können. globaler, europäischer und bundesstaatlicher Hin- sicht erforderlich ist. Im Bereich der Verwaltungszusammenarbeit und des umsatzsteuerlichen Informationsaustauschs im europäischen Kontext ist die Verordnung des Internationale Schwerpunkte Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungs- behörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Die grundlegenden Rahmenregelungen des Um- Gebiet der Mehrwertsteuer (VO (EU) Nr. 904/2010) satzsteuerrechts sind solche des Gemeinschafts- von besonderer Bedeutung. rechts, insbesondere die Mehrwertsteuersystem- richtlinie (MwStSystRL, Richtlinie Nr. 2006/112/ Eine Verordnung 2 Siehe hierzu Monatsberichte des BMF vom 23. April 2009 stellt einen EU-Rechtsakt im Sinne des sowie 21. Juli 2014, die die verschiedenen Maßnahmen zur Art. 288 AEUV dar, der in allen EU-Mitglied Betrugsbekämpfung erläutern. Sie finden die Artikel unter http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/201810221 und staaten unmittelbar Anwendung findet. http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/201810222 16
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs Oktober 2018 Beim Vorgehen gegen die zunehmend grenzüber- Eurofisc-Verbindungsbeamte noch weiter verbes- schreitenden betrügerischen Aktivitäten spielt die sern und beschleunigen soll. Die nationale Um- Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten bei der setzung von Eurofisc erfolgt in enger Abstimmung Analysen und Berichte Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs eine ent- zwischen Bund und Ländern durch den deutschen scheidende Rolle. Gerade den grenzüberschreiten- Verbindungsbeamten beim Bundeszentralamt für den Informationsaustausch, z. B. über das Mehr- Steuern (BZSt) und den von den Ländern bestimm- wertsteuerinformationsaustauschsystem (MIAS), ten Stellen. oder das Ersuchen um Prüfungsmaßnahmen in einem anderen EU-Mitgliedstaat, gegebenenfalls Die EU-Finanzminister haben durch Beschluss abgestimmt mit eigenen Ermittlungen bis hin zu vom 2. Oktober 2018 verschiedenen Änderungen multilateralen gleichzeitigen Prüfungen, ermög- dieser Verordnung zugestimmt, die künftig eine licht diese Verordnung schon heute. noch weitergehende Zusammenarbeit erlauben. Die wichtigsten Neuerungen umfassen Im Rahmen von MIAS ●● die grundsätzlich verpflichtende Durchführung stellen sich die EU-Mitgliedstaaten In bestimmter behördlicher Ermittlungen, soweit formationen zu den grenzüberschreiten mindestens zwei EU-Mitgliedstaaten darum den EU-Umsätzen ihrer Unternehmer zur ersuchen. Eine Ablehnung ist nur in engen Verfügung. Grenzen möglich. ●● die Einführung eines neuen Amtshilfeinstru- Im Hinblick auf gemeinsame Maßnahmen aller ments, der „gemeinsam durchgeführten be- EU-Mitgliedstaaten zur Betrugsbekämpfung ist be- hördlichen Ermittlungen“. Dadurch besteht sonders das als Frühwarnsystem angelegte Netz- für Beamte der EU-Mitgliedstaaten die Mög- werk „Eurofisc“ hervorzuheben. In verschiedenen lichkeit, an Ermittlungen in einem anderen spezialisierten Arbeitsbereichen tauschen Verbin- EU-Mitgliedstaat teilzunehmen, beispielsweise dungsbeamte aus den EU-Mitgliedstaaten sowie Durchsuchungen gemeinsam durchzuführen. seit kurzem auch aus Norwegen3 gezielte Informa- tionen zu grenzüberschreitendem Umsatzsteuer- ●● den Austausch von Daten aus Einfuhrzollan- betrug aus. Dabei handelt es sich sowohl um ope- meldungen. rative als auch um generelle Informationen, z. B. Erkenntnisse zu neuen Betrugsmodellen. So kön- ●● die Gewährung des Zugangs zu Kfz-Zulas- nen erste Prüfungsansätze für innergemeinschaft- sungsdaten der EU-Mitgliedstaaten. liche betrügerische Umsätze erlangt werden. Der- zeit entwickelt die EU-Kommission zudem ein ●● die Ausweitung der Aufgaben von „Eurofisc“. IT-Programm, das die Aufdeckung von grenz Unter anderem ist eine Zusammenarbeit mit überschreitendem Umsatzsteuerbetrug durch Europol (Europäische Polizeibehörde) und OLAF („Office Européen de Lutte Anti-Fraude“, Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung) 3 Vergleiche Übereinkunft zwischen der Europäischen Union vorgesehen, indem „Eurofisc“ von diesen und dem Königreich Norwegen über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, die Betrugsbekämpfung und EU-Einrichtungen Informationen anfordern die Beitreibung von Forderungen auf dem Gebiet der kann und diese mit den anderen EU-Mitglied- Mehrwertsteuer (ABl. L 195 vom 1. August 2018, S. 3); in staaten über das Eurofisc-Netzwerk teilt. Kraft seit 1. September 2018 (vergleiche ABl. L 199/1 vom 7. August 2018). 17
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs Oktober 2018 Nationale Schwerpunkte Zu den weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen, die den Umsatzsteuerbetrug erschweren, gehören Die in der Vergangenheit geschaffenen Maßnahmen insbesondere zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern sowie des nationalen Informa- ●● die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für tionsaustauschs wurden in den vergangenen Jah- den länderübergreifenden Abruf und die Ver- ren weiter vorangetrieben und verbessert. Die Län- wendung von Daten zur Verhütung, Ermittlung der sind national für die Erhebung und Kontrolle und Verfolgung von Steuerverkürzungen. Voll- der Umsatzsteuer zuständig (Art. 108 Grundgesetz). zugsdefizite im Besteuerungsverfahren können Nur durch frühzeitige und effektive Kontrollen ist dadurch reduziert werden.4 eine erfolgreiche Bekämpfung des Umsatzsteuer- betrugs möglich. Umsatzsteuer-Sonderprüfungen ●● ein Beschluss der Bundesregierung vom 1. Au- und unangekündigte Umsatzsteuer-Nachschauen gust 2018 über einen BMF-Gesetzentwurf (Ge- (z. B. bereits zu Beginn unternehmerischer Tätig- setz zur Vermeidung von Umsatzsteueraus- keiten) stellen bewährte Mittel dar, um prüfungs- fällen beim Handel mit Waren im Internet würdige Sachverhalte schnell aufzuklären. Der und zur Änderung weiterer steuerlicher Vor- Zentralen Koordinierungsstelle beim BZSt kommt schriften), mit dem gegen den Umsatzsteuer- hierbei eine besondere Bedeutung zu. Über diese betrug beim Handel mit Waren über elektro- erfolgt die länderübergreifende Koordinierung von nische Marktplätze vorgegangen werden soll. Prüfungsmaßnahmen (Umsatzsteuer-Sonderprü- Danach sollen ab Anfang des Jahres 2019 Be- fungen und Steuerfahndungsprüfungen). Nach- treiber elektronischer Marktplätze bestimmte teile aufgrund eines länderüberschreitenden Zu- Daten der Verkäufer für die Prüfung durch ständigkeitswechsels und daraus resultierende die Steuerbehörden erfassen und unter be- Informationsdefizite können so vermieden wer- stimmten Voraussetzungen selbst haftbar den. Unterstützt durch IT-Verfahren werden alle werden, wenn für Lieferungen über ihren Betrugsfälle im Bereich der Umsatzsteuer bundes- Marktplatz keine Umsatzsteuer entrichtet weit erfasst, ausgewertet und Risikoprofile erstellt. wurde. Der nationale Gesetzgeber schafft damit Dadurch wird ein einheitlicher Informationsstand bereits zwei Jahre vor Inkrafttreten einer ver- aller eingesetzten Prüfer und zuständigen Finanz- bindlichen europäischen Regelung eine Norm behörden gewährleistet. Auch die Zusammenarbeit im Umsatzsteuergesetz gegen Steuerhinter- zwischen den Steuerbehörden und der Zollverwal- ziehung im Onlinehandel. In Abstimmung tung wird stetig intensiviert. mit den Ländern hat die Bundesregierung zudem ein Informationsblatt zu umsatzsteu- Neben dieser Fokussierung auf eine stärkere ver- erlichen Pflichten für nicht in der EU ansäs- waltungsinterne Vernetzung erfolgt auch die Steu- sige Unternehmer entwickelt. Dieses wurde erfestsetzung zunehmend automatisiert. Bereits in verschiedenen Sprachfassungen an Markt- vor zehn Jahren wurde mit der Einführung der platzbetreiber, Verbände und Botschaften mit elektronischen Bilanz ein erster Schritt in diese der Bitte um Veröffentlichung an geeigneter Richtung getan. Bei der Aufdeckung von steuerre- Stelle übermittelt. Ziel dieses Informations- levanten Sachverhalten im Hinblick auf eine Hin- blatts ist es, den betreffenden Personenkreis terziehung der Umsatzsteuer werden unterstüt- zend auch elektronische Systeme eingesetzt, z. B. zur Feststellung steuerlich relevanter Aktivitäten 4 Vergleiche hierzu Monatsbericht des BMF vom 21. April 2018 zur konsequenten Bekämpfung des Steuerbetrugs, der von Unternehmern auf Verkaufsplattformen im trickreichen Steuervermeidung und der Geldwäsche unter Internet. http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20181024 18
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs Oktober 2018 auf die bestehenden steuerlichen Pflichten hin- Fazit zuweisen und ein entsprechendes Problembe- wusstsein zu erzielen.5 Umsatzsteuerliche Betrugsmethoden sind vielfäl- Analysen und Berichte tig und passen sich schnell neuen Handelsstruk- ●● das vom Rat der EU im Dezember 2017 ver- turen an, die insbesondere die fortschreitende Di- abschiedete umsatzsteuerliche „Digitalpaket“ gitalisierung mit sich bringt. Es bedarf deshalb sieht ab dem Jahr 2021 die Möglichkeit vor, Be- einer steten Fort- und Weiterentwicklung der ge- treiber elektronischer Marktplätze unter be- setzgeberischen und organisatorischen Maßnah- stimmten Voraussetzungen zum Schuldner der men zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs. Umsatzsteuer bei Lieferungen aus Drittländern Häufig sind Betrugskonstruktionen im Umsatz- zu machen. steuerrecht grenzüberschreitend angelegt, um die Aufdeckung durch die nationalen Behörden zu er- schweren. Deswegen ist es wichtig, entsprechende Das „Digitalpaket” Maßnahmen gegen Umsatzsteuerbetrug einerseits haben die EU-Finanzminister am 5. De gemeinschaftlich mit den anderen EU-Mitglied- zember 2017 beschlossen. Es beinhal staaten anzugehen und andererseits auch natio- tet Änderungen der MwStSystRL so nal, in Deutschland gemeinsam mit den Ländern, wie der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 tätig zu werden. Nur so können betrügerische Ak- und der Durchführungsverordnung (EU) tivitäten verhindert werden, die die nationalen Nr. 282/2011 des Rates.6 Damit soll die Um Haushaltsmittel mindern und den Wettbewerb satzbesteuerung im Bereich des E-Com verzerren. Die Ausweitung der Zusammenarbeit merce im Bereich B2C (Business to Consu der EU-Mitgliedstaaten untereinander sowie das mer, d. h. Umsätze von Unternehmern an Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen Verbraucher) weiter vereinfacht werden. beim Handel mit Waren im Internet und zur Än- derung weiterer steuerlicher Vorschriften sind ak- tuell wichtige Maßnahmen im Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug. 5 Siehe hierzu die Webseite des BMF unter http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20181025 6 Siehe hierzu Richtlinie (EU) Nr. 2017/2455, VO (EU) Nr. 2454/2017 sowie VO (EU) Nr. 2459/2017. 19
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Oktober 2018 Statistiken über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern ●● Die Statistiken über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern bestätigen die nach wie vor hohe Filterwirkung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens nach der Abgabenordnung. Weniger als 1,8 % der Einsprüche führen zu einer Klage. ●● Im Berichtszeitraum (2013 bis 2017) konnte der Bestand der am Jahresende unerledigten Einsprü- che um circa 1,6 Mio. Einsprüche auf nunmehr circa 2,3 Mio. Einsprüche abgebaut werden. ●● Die Einspruchseingänge sind seit einigen Jahren rückläufig. Während im Kalenderjahr 2013 noch rund 4 Mio. Einsprüche in den Finanzämtern eingegangen sind, ist diese Zahl bis 2017 auf 3,2 Mio. Einsprüche gesunken. Rechtsweg in Steuersachen Statistiken zur Einspruchsbearbeitung Jedem, der glaubt, durch den Staat in seinen Rech- ten verletzt zu sein (z. B. durch einen fehlerhaften Gegenstand der Steuerbescheid), steht nach Artikel 19 Absatz 4 des Einspruchsstatistiken Grundgesetzes der Weg zu den Gerichten offen. Das BMF erstellt jährlich eine Einspruchsstatistik Grundsätzlich können die Finanzgerichte nicht und veröffentlicht sie auf seinen Internetseiten.3 unmittelbar angerufen werden. Vielmehr ist im Re- Darüber hinaus hat das BMF in verschiedenen Mo- gelfall zunächst Einspruch bei der Finanzbehörde natsberichten die Statistikdaten für die Jahre 2009 einzulegen. Hierdurch wird der Verwaltung Ge- bis 2016 veröffentlicht.4 legenheit gegeben, den Steuerfall noch einmal zu überprüfen, bevor sich das Gericht mit der Ange- Diese Statistiken erfassen allerdings nur die bei den legenheit befasst. Die meisten Rechtsstreitigkeiten Finanzämtern eingegangenen Einsprüche, nicht erledigen sich bereits im Einspruchsverfahren, das aber Einsprüche, die bei anderen Finanzbehörden somit eine hohe Filterwirkung hat (mehr siehe un- erhoben werden, insbesondere ter „Statistik zur Klageerhebung“). ●● beim Bundeszentralamt für Steuern, Die gesetzlichen Grundlagen für das Einspruchs- verfahren ergeben sich aus den §§ 347 bis 367 der ●● bei den Familienkassen und Abgabenordnung (AO).1 Verwaltungsanweisun- gen hierzu enthält der Anwendungserlass zur ●● bei den Behörden der Zollverwaltung. Abgabenordnung.2 3 Abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20181033 1 Abrufbar unter www.gesetze-im-internet.de 4 Zuletzt im Monatsbericht September 2017 für das Jahr 2016. 2 Abrufbar unter Der Monatsbericht ist abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20181032 http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20181034 20
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Statistiken über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern Oktober 2018 Früher wurden in der Statistik Abgaben und Über- aufgrund der Umstellung während des Kalender- nahmen saldierend bei den Eingängen sowie sons- jahres zudem mit unterschiedlichen statistischen tige Bestandskorrekturen (beispielsweise nach Verfahren gearbeitet. Analysen und Berichte Aufdecken fehlerhafter Einträge in den Rechtsbe- helfslisten) entweder ebenfalls saldierend bei den Ferner wurde seit dem Jahr 2014 die Erledigungs- Eingängen oder durch eine Anpassung des An- art „Auf andere Weise“ aufgenommen. Hierunter fangsbestands berücksichtigt. Seit dem Jahr 2013 fallen beispielsweise Verfahren, in denen sich eine enthält die Einspruchsstatistik die Rubrik „Saldo angefochtene Außenprüfungsanordnung vor ei- aus Übernahmen, Abgaben, Storni und sonstigen ner Entscheidung über den Einspruch mit Been- Bestandskorrekturen“. „Abgaben“ können nicht digung der Außenprüfung erledigt hat, sowie Fälle, nur darauf beruhen, dass sich die örtliche Zustän- in denen sich ein mit einem Einspruch beantragter digkeit des Finanzamts (z. B. durch einen Wechsel Lohnsteuer-Freibetrag (§ 39a Einkommensteuer- des Wohnsitzes oder des Ortes der Geschäftslei- gesetz) im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht mehr tung) geändert hat, sondern auch auf einem Wech- auswirken kann. Früher wurden diese – zahlenmä- sel der sachlichen Zuständigkeit, wie z. B. im Fall ßig unbedeutenden – Fälle in der Einspruchsstatis- der Übernahme der Verwaltung der Kraftfahrzeug- tik uneinheitlich berücksichtigt. steuer durch die Hauptzollämter. Wie bereits im Jahr 2016 enthält die Position „Sons- Einspruchsstatistiken der tige Bestandskorrekturen“ auch im Jahr 2017 solche Jahre 2013 bis 2017 Korrekturen, die aufgrund der Vereinheitlichung der Datenhaltung und der automationsunterstütz- Für die vergangenen fünf Jahre hat das BMF die in ten Bearbeitung von Rechtsbehelfen in mehre- Tabelle 1 aufgelisteten Daten veröffentlicht. ren Ländern erforderlich waren. Zum Teil wurde 21
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Statistiken über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern Oktober 2018 Einspruchsstatistiken der Jahre 2013 bis 2017 Tabelle 1 2013 2014 2015 2016 2017 Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil Gesamt in % Gesamt in % Gesamt in % Gesamt in % Gesamt in % Unerledigte Einsprüche am 4.024.325 - 3.907.650 - 2.883.112 - 2.551.162 - 2.397.750 - 1. Januar des Jahres Eingegangene Einsprüche 4.231.429 - 3.467.424 - 3.456.326 - 3.322.249 - 3.245.945 - Veränderung gegenüber +2,2 - -18,1 - -0,3 - -3,9 - -2,3 - Vorjahr (in %) Erledigte Einsprüche 4.230.080 - 4.233.922 - 3.766.445 - 3.428.875 - 3.345.773 - Veränderung gegenüber +16 - +0,1 - -11,0 - -9,0 - -2,4 - Vorjahr (in %) davon erledigt durch: Rücknahme des Einspruchs 956.356 22,6 813.225 19,2 844.730 22,4 769.897 22,5 740.490 22,1 Abhilfe 2.717.941 64,2 2.869.287 67,8 2.430.520 64,5 2.175.785 63,5 2.142.166 64 Einspruchsentscheidung 455.199 10,8 523.095 12,4 454.247 12,1 452.238 13,2 433.640 13 Teil-Einspruchsentscheidung 100.584 2,4 18.195 0,4 23.732 0,6 18.671 0,5 15.092 0,5 Auf andere Weise .. .. 10.120 0,2 13.216 0,4 12.284 0,4 14.385 0,4 Saldo aus Übernahmen, -118.024 - -258.040 - -21.831 - -46.786 - -25.827 - Abgaben, Storni und sonstigen Bestandskorrek turen Unerledigte Einsprüche am 3.907.650 - 2.883.112 - 2.551.162 - 2.397.750 - 2.272.125 - 31. Dezember des Jahres Veränderung gegenüber -2,9 - -26,2 - -11,5 - -6,0 - -5,2 - Vorjahr (in %) Quelle: Die Daten wurden auf Grundlage von Meldungen der obersten Finanzbehörden der Länder vom BMF zusammengestellt. Eingegangene Einsprüche eine Pfändung. Daten hierzu liegen dem BMF nicht vor. Nachdem in den Jahren 2012 und 2013 ein Anstieg der erhobenen Einsprüche zu verzeichnen war, ist die Zahl der eingelegten Einsprüche in den Jah- Erledigte Einsprüche ren 2014 bis 2017 auf nunmehr circa 3,2 Mio. pro Jahr zurückgegangen. Die Zahl der im Jahr 2017 erledigten Einsprüche hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 2,4 % ver- Eine Aussage darüber, wie häufig Bescheide der mindert. Sie liegt aber weiterhin über der Zahl Finanzämter mit einem Einspruch angefochten der Eingänge desselben Jahres, sodass der Bestand werden, ist jedoch nicht möglich. Hierzu müsste der unerledigten Einsprüche zum Jahresende er- bekannt sein, wie viele Verwaltungsakte die Fi- neut um 5,2 % abgebaut werden konnte (siehe nanzämter jährlich erlassen, da mit dem Einspruch Abschnitt 3). nicht nur Steuerbescheide angefochten werden können, sondern auch sonstige Verwaltungsakte, Die Verteilung auf die Erledigungsarten „Rück- wie beispielsweise die Ablehnung einer Stundung, nahme“, „Abhilfe“, „Einspruchsentscheidung ohne eines Steuererlasses oder einer Aussetzung der Teil-Einspruchsentscheidung“ und „Teil-Ein- Vollziehung, die Anordnung einer Außenprüfung, spruchsentscheidung“ und ab 2014 auf die Erledi- die Festsetzung eines Verspätungszuschlags oder gungsart „Auf andere Weise“ (siehe „Gegenstand 22
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Statistiken über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern Oktober 2018 der Einspruchsstatistik“) ist weitgehend konstant. § 367 Abs. 2b AO abgeschlossen werden können, Die Daten zu den Erledigungsarten lassen aber nur was dann kein Erledigungsfall im Sinne der Statis- bedingt Rückschlüsse darauf zu, wie häufig die mit tik ist. Diese Zählweise ändert jedoch nichts daran, Analysen und Berichte dem Einspruch angefochtenen Bescheide fehler- dass nach Erlass einer Teil-Einspruchsentschei- haft waren. Hierzu ist Folgendes zu beachten: dung das Einspruchsverfahren weiter (wenn auch in beschränktem Umfang) anhängig bleibt. ●● Abhilfen (hierauf entfallen circa zwei Drittel der erledigten Einsprüche) beruhen häufig da- rauf, dass erst im Einspruchsverfahren Steuer- Anfangsbestand und Endbestand erklärungen abgegeben, Aufwendungen gel- tend gemacht oder belegt werden. Außerdem Der Bestand der zum 31. Dezember 2017 anhängi- kann Einsprüchen, die im Hinblick auf anhän- gen Einspruchsverfahren konnte im Vergleich mit gige gerichtliche Musterverfahren eingelegt den Vorjahren weiter abgebaut werden. Er wurde wurden, durch Aufnahme eines Vorläufigkeits- seit dem 31. Dezember 2013 um circa 1,6 Mio. Ein- vermerks in den angefochtenen Steuerbe- sprüche auf nunmehr circa 2,3 Mio. Einsprüche scheid abgeholfen worden sein. Des Weiteren reduziert. kann eine Abhilfe auch darauf beruhen, dass der Steuerbürger seinen ursprünglichen Ein- Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, spruchsantrag nach einer Erörterung mit dem dass alle diese Einsprüche auch „bearbeitungsreif“ Finanzamt eingeschränkt hat. waren. Vielmehr waren von den vorgenannten zum Jahreswechsel anhängigen Einsprüchen ●● Die Rücknahme des Einspruchs (circa ein Fünftel der erledigten Einsprüche) deutet zu- ●● zum 31. Dezember 2017 insgesamt nächst darauf hin, dass der angefochtene Be- 1.181.811 Einspruchsverfahren, scheid fehlerfrei war und der Sachbearbeiter im Finanzamt Fragen zum Steuerbescheid mit ●● zum 31. Dezember 2016 insgesamt dem Steuerbürger im Einspruchsverfahren ge- 1.233.952 Einspruchsverfahren, klärt hat. Einer Einspruchsrücknahme kann aber auch ein Änderungsbescheid vorange- ●● zum 31. Dezember 2015 insgesamt gangen sein, der dem Antrag des Steuerbürgers 1.291.038 Einspruchsverfahren, teilweise entsprochen hat. ●● zum 31. Dezember 2014 insgesamt ●● Auch in einer Einspruchsentscheidung (circa 1.528.142 Einspruchsverfahren und ein Zehntel der erledigten Einsprüche) kann dem Antrag des Steuerbürgers teilweise ent- ●● zum 31. Dezember 2013 insgesamt sprochen worden sein. 2.346.299 Einspruchsverfahren Teil-Einspruchsentscheidungen (§ 367 Abs. 2a AO) nach § 363 Abs. 1 AO ausgesetzt oder ruhten gemäß werden in der Statistik als Erledigungsfall behan- § 363 Abs. 2 AO. Häufig bedeutet dies, dass über delt, da die Verwaltung davon ausgeht, dass inso- die im Einspruchsverfahren streitigen Rechtsfra- weit die Einspruchsverfahren in den meisten Fäl- gen wegen vorgreiflicher Gerichtsentscheidungen len später durch eine Allgemeinverfügung nach noch nicht entschieden werden konnte. 23
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