30-ha-Ziel realisiert - Konsequenzen des Szenarios Flächenverbrauchsreduktion auf 30 ha im Jahr 2020 für die Siedlungsentwicklung - BBSR
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30-ha-Ziel realisiert Konsequenzen des Szenarios Flächenverbrauchsreduktion auf 30 ha im Jahr 2020 für die Siedlungsentwicklung Heft 148 Forschungen
Forschungen Heft 148 30-ha-Ziel realisiert Konsequenzen des Szenarios Flächenverbrauchsreduktion auf 30 ha im Jahr 2020 für die Siedlungsentwicklung Ein Projekt des Forschungsprogramms „Allgemeine Ressortforschung“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), betreut vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).
Forschungen In der Schriftenreihe Forschungen veröffentlicht das Bundes- ministerium für Verkehr, Bau und Stadtwicklung (BMVBS) aus- gewählte Ergebnisse aus der Ressortforschung. IMPRESSUM Herausgeber Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Berlin Wissenschaftliche Begleitung Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn Dr. Fabian Dosch Bearbeitung Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) mbH, Osnabrück (Auftragnehmer) Martin Distelkamp (Leitung) Philip Ulrich Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung (IREUS), Universität Stuttgart (Auftragnehmer) Prof. Dr.-Ing. Stefan Siedentop (Leitung) Katharina Mohr Redaktion Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Bonn Friederike Vogel Bestellungen gabriele.bohm@bbr.bund.de Stichwort: Forschungen Heft 148 Nachdruck und Vervielfältigung Alle Rechte vorbehalten Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. Die vom Auftragnehmer vertretene Auffassung ist Bitte senden Sie uns zwei Belegexemplare zu. nicht unbedingt mit der des Herausgebers identisch. ISSN 1435-4659 (Schriftenreihe) Forschungen Heft 148, ISBN 978-3-87994-480-4 Bonn 2011
Inhalt Kurzfassung 4 Executive Summary 12 1 Aufgabenstellung und methodisches Vorgehen 14 2 Überblick über den Forschungsstand 17 2.1 Vorbemerkungen 17 2.2 Ergebnisse der Literaturrecherche 18 2.3 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 24 3 Zielerreichungsszenarien: Implementation des 30-ha-Ziels 26 3.1 Ziel und Methodik der Top-Down-Modelierung 26 3.2 Ergebnisse der Top-Down-Modelierung 29 4 Wirkungsfolgenabschätzung mit PANTA RHEI REGIO 33 4.1 Grundlagen 33 Das Modell PANTA RHEI REGIO 33 Die Grundszenarien 37 Modellbasierte Ableitung von Konsequenzen einer zielkonformen Flächenverbrauchsreduktion 40 4.2 Wirkungsfolgenabschätzung unter „Status-quo“-Bedingungen 43 Entwicklung der Flächeninanspruchnahme 43 Anpassungserfordernisse für eine Erreichung des Flächenziels 48 Wirkungsfolgenabschätzung einer Zielerreichung 50 4.3 Wirkungsfolgenabschätzung unter „Stagnationsbedingungen“ 57 Entwicklung der Flächeninanspruchnahme 57 Anpassungserfordernisse für eine Erreichung des Flächenziels 59 4.4 Zusammenfassende Bewertung der Wirkungsfolgenabschätzung mit PANTA RHEI REGIO 60 5 Modellierung von Preiswirkungen der Baulandverfügbarkeit 62 5.1 Ziel und Methodik 62 5.2 Ergebnisse zum Bauland- bzw. Immobilienpreis 64 5.3 Ergebnisse zur Bautätigkeit 66 5.4 Fazit 68 6 Zusammenfassende Bewertung: Wirkungen des 30-ha-Ziels 69 Literatur 73 Anhang: Raumabgrenzung nach Raumtyp Lage (Kreisebene) 78
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Grundansatz der Projektbearbeitung 15 Abbildung 2: Untersuchungsdesign 16 Abbildung 3: Vergleich unterschiedlicher Zielerreichungspfade (Ergebnis Schritt 1) 27 Abbildung 4: Täglicher Zuwachs und Gesamtzuwachs der Siedlungs- und Verkehrsfläche bei UBA-Zielerreichungspfad (Ergebnis Schritt 1) 27 Abbildung 5: Anteile der Raumtypen am SuV-Kontingent bis 2020/25 nach unterschiedlichen räumlichen Umlegungsschlüsseln (Ergebnis Schritt 2) 28 Abbildung 6: Anteile der Nutzungsarten am SuV-Kontingent nach Lagetypen bei räumlicher Allokation nach „BeFla“ 2011 bis 2020/25 (Ergebnis Schritt 3) 29 Abbildung 7: Räumliche Verteilung der GF-Flächen-Kontingente (Wohnen und ohne Wohnen) bis 2020 nach dem räumlichen Allokationsschlüssel Bevölkerung 31 Abbildung 8: Räumliche Verteilung der GF-Flächen-Kontingente (Wohnen und ohne Wohnen) bis 2020 nach dem räumlichen Allokationsschlüssel verbleibende Freifläche 31 Abbildung 9: Räumliche Verteilung der GF-Flächen-Kontingente (Wohnen und ohne Wohnen) bis 2020 nach dem räumlichen Allokationsschlüssel BeFla 32 Abbildung 10: PANTA RHEI REGIO – ein umweltökonomisches Modell zur Analyse und Prognose der Flächeninanspruchnahme in Deutschland 34 Abbildung 11: Regionale Einflussfaktoren auf die Flächeninanspruchnahme der Wirtschaft 36 Abbildung 12: Anpassungsreaktionen der regionalen Wohnungsbaumärkte auf einen Bodenpreisanstieg in PANTA RHEI REGIO 40 Abbildung 13: Transmission einer eingeschränkten Verfügbarkeit von Gewerbebauland auf gesamt- wirtschaftlicher Ebene 42 Abbildung 14: Siedlungs- und Verkehrsflächenzuwachs im Status-quo-Szenario 44 Abbildung 15: Regionale Verteilung der Projektionsergebnisse für die Flächeninanspruchnahme Gebäude- und Freiflächen (GF) 47 Abbildung 16: Regionale Verteilung der Anpassungserfordernisse unter Status-quo-Bedingungen 50 Abbildung 17: Auswirkungen des Preisanstiegs für Wohnbauland auf die Wohnbauaktivitäten 53 Abbildung 18: Soziale Implikationen – regionale Perspektive 55 Abbildung 19: Implikationen auf die Bauinvestitionen der Wirtschaftsbereiche (ohne Grundstücks- und Wohnungswesen) 56 Abbildung 20: Siedlungs- und Verkehrsflächenzuwachs im Stagnations-Szenario 57 Abbildung 21: Regionale Verteilung der Projektionsergebnisse für die Flächeninanspruchnahme Gebäude- und Freiflächen unter Stagnationsbedingungen 59
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Schritte der Top-Down-Modellierung 26 Tabelle 2: GF-Flächen-Kontingente (Wohnen und ohne Wohnen) bis 2020 nach unterschiedlichen räumlichen Allokationsschlüsseln 30 Tabelle 3: Rahmendaten des Status-quo-Szenarios 38 Tabelle 4: Rahmendaten des Stagnationsszenarios 39 Tabelle 5: Flächeninanspruchnahme nach offiziellen und bereinigten Daten 45 Tabelle 6: Entwicklung der bundesweiten Flächenzuwächse nach Flächenutzungsarten im Status-quo-Szenario 45 Tabelle 7: Flächeninanspruchnahme Gebäude- und Freiflächen – Anteile der Raumtypen historisch und im Status-quo-Szenario 46 Tabelle 8: Gebäude- und Freiflächen und Bevölkerung – prozentuale Veränderungen historisch und im Status-quo-Szenario 46 Tabelle 9: Erwarteter Zuwachs SuV-Flächen im Status-quo-Szenario in Relation zum maximal zulässigen Flächenzuwachs 48 Tabelle 10: Erwarteter Zuwachs einzelner Flächennutzungsarten im Status-quo-Szenario in Relation zum maximal zulässigen Flächenzuwachs 48 Tabelle 11: Erwarteter Zuwachs GF-Flächen im Status-quo-Szenario in Relation zum maximal zulässigen Flächenzuwachs nach Raumtypen 49 Tabelle 12: Auswirkungen der Baulandverknappung auf die Preise für Wohnbauland bei unterschiedlichen Annahmen zur Preiselastizität 51 Tabelle 13: Auswirkungen des Preisanstiegs für Wohnbauland auf den Wohnbau und die Wohnraum- versorgung 52 Tabelle 14: Auswirkungen des Preisanstiegs für Wohnbauland auf Konsumpreise, Sparen und Konsum- ausgaben eines repräsentativen Haushalts 54 Tabelle 15: Anteil der Konsumausgaben für Wohnungsmieten und Ähnliches an den gesamten Konsum- ausgaben bei unterschiedlichen Haushaltstypen 54 Tabelle 16: Entwicklung der bundesweiten Flächenzuwächse nach Flächenutzungsarten im Stagnations- szenario und Abweichungsanalyse zum Status-quo-Szenario 58 Tabelle 17: Gebäude- und Freiflächen und Bevölkerung – Anteile am Flächenzuwachs und prozentuale Veränderungen im Stagnationsszenario und Vergleich zum Status-quo-Szenario 58 Tabelle 18: Erwarteter Zuwachs SuV-Flächen unter Stagnationsbedingungen in Relation zum maximal zulässigen Flächenzuwachs 60 Tabelle 19: Erwarteter Zuwachs einzelner Flächennutzungsarten unter Stagnationsbedingungen in Relation zum maximal zulässigen Flächenzuwachs 60 Tabelle 20: Herangezogene erklärende Größen für Boden- und Immobilienpreise und Baufertigstellungen sowie ihre hypothetische Wirkungsrichtung 63 Tabelle 21: Überblick über die signifikanten Wirkungen zwischen zu erklärenden und erklärenden Größen – Boden- und Immobilienpreise 66 Tabelle 22: Überblick über die signifikanten Wirkungen zwischen zu erklärenden und erklärenden Größen – Baufertigstellung 67
30-ha-Ziel realisiert Forschungen Heft 148 Kurzfassung Projektziele und Untersuchungsdesign Das 30-ha-Ziel der Nationalen Nachhaltig- ergeben. Aus diesem Vergleich wurden die keitsstrategie, wonach die tägliche Flächen- Dimensionen der erwarteten bundesweiten inanspruchnahme für Siedlungs- und Ver- und regionalen Anpassungserfordernisse kehrszwecke von 129 ha im Jahr 2000 auf für eine Zielerreichung abgeleitet und mög- 30 ha in 2020 reduziert werden soll, hat in liche Wirkungen regionalisiert abgeschätzt Deutschland sehr unterschiedliche Reak- (Abbildung KF 1). tionen ausgelöst. Während die einen auf Zur Beantwortung der Forschungsfragen ökonomische, soziale und ökologische Fol- wurde eine Kombination verschiedener gekosten des Flächenverbrauchs verwei- quantitativer und qualitativer Methoden sen und eine schnelle Trendwende beim eingesetzt, die ein möglichst umfassendes Flächenverbrauch einfordern, befürchten Bild des potenziellen Wirkungsprofils bei andere, dass das 30-Hektar-Ziel über die Erreichen des 30-ha-Ziels bieten. Im Mit- Verknappung baulicher Nutzflächen zu telpunkt stand dabei ein ökonometrisches Boden- und Mietpreissteigerungen sowie Modell (PANTA RHEI REGIO), welches in negativen wachstums- und beschäftigungs- der Lage ist mit Daten auf Landkreisebene politischen Implikationen führen könnte. die wesentlichen Wirkungsbeziehungen der Ziel des Forschungsprojekts war es vor die- relevanten Strukturgrößen der Nachfrage sem Hintergrund, die möglichen Wirkungen nach baulichen Nutzflächen und Angebot- einer Erreichung des 30-ha-Ziels modellge- sparametern (z. B. tatsächliche Flächenver- stützt zu untersuchen. Dazu wurden zwei änderung, Bodenpreise) abzuschätzen. Da Szenarien zur gesellschaftlichen Flächen- mit (PANTA RHEI REGIO) nicht alle als rele- nachfrage unter der Annahme unterschied- vant erachteten Wirkungen modelliert wer- licher ökonomischer und demographischer den konnten, wurden auch umfangreiche Entwicklungen bis zum Jahr 2020 bzw. 2025 Literaturauswertungen und zwei regionale verglichen. Die in den Szenarien erziel- Fallstudien durchgeführt. Mit letzteren wur- ten Projektionsergebnisse wurden Flächen- de die Abhängigkeit der Wohnbautätigkeit kontingenten gegenübergestellt, die sich sowie der Boden- und Immobilienpreise aus einer im Rahmen des Forschungspro- von der Verfügbarkeit von Wohnbauland jekts vorgenommenen Operationalisierung für das Land Niedersachsen und die Region des Flächenziels für verschiedene Regionen Düsseldorf näher untersucht. Abbildung KF 1: Untersuchungsdesign
Kurzfassung Überblick über den Forschungsstand wicklungsflächen negative wachstums- politische Implikationen haben könnten, Die breit angelegte Literaturanalyse verdeut- existieren nach Auffassung der Autoren lichte, dass das Wirkungsspektrum wachs- nicht. tumsbegrenzender Planungsstrategien auf nationaler und/oder regionaler Ebene au- • Weitgehend unbestritten sind dagegen ßerordentlich breit ist. Dadurch weisen die dämpfenden Wirkungen höherer politische Abwägungsprozesse über die Siedlungsdichten auf den Energiever- Einführung diesbezüglicher Instrumente brauch. Mit zunehmender Verdichtung eine außerordentlich hohe Komplexität auf. der Siedlungsstruktur sinkt unter sonst Überschlägig lässt sich der internationale gleichen Bedingungen die motorisierte Forschungsstand in folgenden Aussagen zu- Verkehrsleistung während der Anteil des sammenfassen: öffentlichen Verkehrs an der gesamten Verkehrsleistung steigt. Eine kompakte, • Ein stimulierender Effekt von Verknap- flächensparende Siedlungsentwicklung pungsstrategien auf die Bauland- und verspricht damit einen relevanten Bei- Hauspreise sowie die Mietniveaus (im trag zur Begrenzung verkehrsbedingter Sinne von höheren Preisen) wird in der Energieverbräuche und der Emission von Literatur mehrheitlich bejaht. Negative Klimagasen. soziale Auswirkungen infolge von Preis- steigerungen sind allerdings nur dann zu • Eine flächensparsame Siedlungsentwick- erwarten, wenn gemessen an der Nachfra- lung erbringt weiterhin Entlastungsef- ge eine tatsächliche Knappheit an Bauland fekte für die Finanzierung von Infrastruk- erzeugt wird. Damit kommt der Imple- turleistungen, insbesondere netzbasierter mentation von Instrumenten des Wachs- technischer Basisdienstleistungen. Mit tumsmanagements zentrale Bedeutung zunehmender Verdichtung der Siedlungs- zu. Wird die Einschränkung von bau- struktur sinken unter sonst gleichen Be- lichen Entwicklungsmöglichkeiten außer- dingungen die Pro-Kopf-Kosten für die halb von definierten Gebieten (z. B. in Installation und den Betrieb von Lei- der Kernstadt oder dem Siedlungsraum tungen und Anlagen. Bei der sozialen In- allgemein) über flächenmobilisierende frastruktur wird hingegen nur von einer Maßnahmen innerhalb der Gebiete be- vergleichsweise geringen Elastizität der gleitet, sind negative ökonomische und Kosten gegenüber siedlungsstrukturellen soziale Wirkungen nicht oder in deutlich Eigenschaften ausgegangen. geringerem Umfang zu erwarten. • Eine Eindämmung der Flächeninan- • Als gesichert gilt weiterhin, dass lokale spruchnahme würde darüber hinaus auch oder regionalplanerische Wachstumsbe- zur Schonung natürlicher Böden und ih- grenzungen zu räumlichen Ausweich- res umweltfunktionalen Potenzials bei- reaktionen führen können. Danach verla- tragen. Hier kommt vor allem dem Verlust gern Bauland nachfragende Akteure ihre hochwertiger Agrarböden Bedeutung zu, Nachfrage in angrenzende Regionen bzw. welche häufig in räumlicher Nähe zu den Kommunen, die nicht von Baulandknapp- Siedlungskernen der Agglomerations- heit als Folge planerischer Flächenratio- räume lokalisiert sind und deshalb von nierung betroffen sind. Dies unterstreicht der baulichen Flächeninanspruchnahme die Bedeutung einer überregionalen oder überproportional betroffen sind. gar gesamtstaatlichen Umsetzung von Strategien und Konzepten flächenspar- Insgesamt ergeben sich hieraus zwei we- samer Siedlungsentwicklung. sentliche Schlussfolgerungen. Erstens wird deutlich, dass die politische Bewertung von • Ferner wird in der Literatur mehrheitlich Strategien und Instrumenten zur Begren- darauf verwiesen, dass eine Verdichtung zung des Flächenwachstums mit ausge- der Siedlungsbestände – als Reaktion auf prägten Zielkonflikten konfrontiert ist. Die die Verknappung von Bauland – in Kon- Erreichung des 30-ha-Ziels kann – und dies flikt mit den Wohnpräferenzen privater ist zunächst unabhängig von der Frage, mit Haushalte treten kann. welchen Instrumenten dies erfolgt – mit • Weitgehend ungeklärt sind bislang die positiv zu bewertenden Wirkungen, insbe- Wirkungen planerischer Baulandver- sondere mit Blick auf die Inanspruchnah- knappung auf wirtschaftliche Akteure. me natürlicher Ressourcen, einhergehen. Erkenntnisse, dass eine Unterversorgung Gleichzeitig müssen Risiken konstatiert wer- der Unternehmen mit baulichen Ent- den, die aus möglichen Preissteigerungen
30-ha-Ziel realisiert Forschungen Heft 148 von Bauland und Immobilien resultieren (Katasterfläche) der Landkreise und kreis- und sozial selektive Auswirkungen aufwei- freien Städte in einem Verhältnis von 1 : 1 sen. Vor allem Haushalte, die durch ihr ge- einbezieht. ringes Einkommen ohnehin Probleme beim Schließlich mussten Annahmen getrof- Zugang zu den Wohnungsmärkten haben, fen werden, wie sich die SuV-Kontingente könnten durch eine planerische Bauland- auf die vier Nutzungsarten Gebäude- und verknappung betroffen sein. Freifläche Wohnen, Gebäude- und Frei- Zweitens konnte die Literaturanalyse aber fläche ohne Wohnen, Erholungsflächen auch deutlich machen, dass nicht nur die und Verkehrsflächen verteilen. Der hierfür Frage, ob die Entwicklung von Bauland auf eingesetzte Verteilungsschlüssel setzt sich bislang nicht baulich genutzten Flächen zu einem Drittel aus den Anteilen der Nut- begrenzt wird, sondern auch, wie dies er- zungsarten im Jahr 2008 und zu zwei Drit- folgt, die Richtung und Intensität positiver teln aus der Entwicklung der Nutzungsarten wie negativer Wirkungen bestimmt. Danach zwischen 2000 und 2008 zusammen. Im kommt der Auswahl von Instrumenten und Ergebnis dieser Berechnungen wurden für der Art und Weise ihrer Implementation jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt hohe Bedeutung zu. Die Ergebnisse vieler SuV-Kontingente, differenziert nach Haupt- Studien lassen die Schlussfolgerung zu, dass nutzungsarten, bis 2020 bzw. 2025 ermittelt. eine Strategie flächensparsamer Siedlungs- Diese normativ festgelegten Kontingente entwicklung von flankierenden Maßnah- lassen sich der geschätzten Flächennach- men der Bauland- und Leerstandsmobili- frage gegenüberstellen. sierung im Innenbereich begleitet werden sollte. Dies unterstreicht die Bedeutung von Wirkungsfolgenabschätzung mit PANTA integrierten Steuerungsstrategien, bei denen RHEI REGIO ein überörtliches Wachstumsmanagement begleitet wird von lokalen städtebaulichen Mit der modellbasierten Wirkungsfolgen- und freiraumplanerischen Strategien. abschätzung möglicher ökonomischer und sozialer Konsequenzen einer Flächenver- brauchsreduktion wurde im Rahmen der Zielerreichungsszenarien: Implementation vorliegenden Studie in weiten Teilen wis- des 30-Hektar-Ziels senschaftliches Neuland betreten. Bei der Bevor die möglichen bundesweiten und Bewertung der Analyseergebnisse gilt es zu regionalen Verknappungswirkungen einer beachten, dass die größtenteils negativen Erreichung des 30-Hektar-Ziels untersucht Implikationen von Preissteigerungen nur werden konnten, musste eine Konkretisie- einen Teilaspekt der mit einer Flächenver- rung des Ziels in zeitlicher, räumlicher und brauchsreduktion einhergehenden Folgen sachlicher Hinsicht erfolgen. Die zeitliche darstellen. So gehören beispielsweise das Erreichung des 30-Hektar Ziels orientiert gesamte Feld der ökologischen Wirkungen, sich an dem vom Umweltbundesamt for- aber auch die erwarteten positiven Effekte mulierten Handlungsziel, welches davon im Hinblick auf die Auslastung von sozialer ausgeht, dass sich die tägliche Inanspruch- und technischer Infrastruktur nicht zum nahme von Siedlungs- und Verkehrsfläche Analysehorizont der Wirkungsfolgenab- (SuV) im Jahr 2010 auf 80 ha reduziert hat schätzung mit (PANTA RHEI REGIO) (s. o.). und sich bis 2020 linear auf 30 ha reduzie- Selbiges gilt auch für die möglichen Impli- ren wird. Für die Jahre 2021 bis 2025 wurde kationen einer Reduktion des Zuwachses an in der Untersuchung unterstellt, dass der Verkehrs- und Erholungsflächen. Für eine Flächenverbrauch zunächst konstant bei gesamtpolitische Bewertung gilt es jedoch, 30 ha bleibt. Danach würde sich der SuV-Be- alle mit einer Flächenverbrauchsreduktion stand auf etwa 4,97 Mio. ha bis 2020 und gut verbundenen Wirkungen angemessen zu 5 Mio. ha bis zum Jahr 2025 erhöhen. berücksichtigen. Zur räumlichen Allokation des bundes- Bevor Aussagen zu den derart abgegrenzten weiten Flächenkontingents auf Ebene der Konsequenzen getroffen werden können Landkreise und kreisfreien Städte wurden müssen drei Fragen beantwortet werden: zunächst alternative Verteilungsschlüssel (1) Wie wird sich der Flächenzuwachs in hinsichtlich ihrer regionalen Verteilungs- den kommenden Jahren voraussichtlich wirkungen untersucht. Ausgewählt wurde entwickeln? schließlich ein Verteilungsschlüssel, welcher die Bevölkerungszahl und die Bodenfläche (2) Welche Dimension hat der Anpassungs-
Kurzfassung bedarf für eine Erreichung des 30-Hek- wird, ausgehend von einem bereits deutlich tar-Ziels? reduzierten Niveau, eine weiterhin leicht rückläufige Tendenz der Flächeninanspruch- (3) Wie hoch sind die Preiseffekte auf den nahme erwartet (vgl. Tabelle KF 1). Unter Bodenmärkten, die mit der Erreichung Stagnationsbedingungen wird insbesondere des Ziels einhergehen? bei den Gebäude- und Freiflächen ein noch Bei der Projektion der Flächeninanspruch- deutlich niedrigerer Zuwachs erwartet. nahme wird zwischen zwei unterschied- Solange das 30-ha-Ziel in zeitlicher und lichen Rahmenbedingungen unterschieden: räumlicher Dimension sowie im Hinblick einem Status-quo- und einem Stagnations- auf die Flächennutzungsarten nicht ver- szenario. Das Status-quo-Szenario zeichnet bindlich konkretisiert wird, müssen, um das sich dadurch aus, dass mit einem positiven Ausmaß der Anpassungserfordernisse ab- Außenwanderungssaldo (3,8 Mio. Personen leiten zu können, entsprechende normative im Zeitraum von 2006 bis 2025) und einem Festlegungen aus anderen Quellen herange- Wirtschaftswachstum, welches mittel- bis zogen werden. Um die zweite Frage beant- langfristig größer als 1 % p. a. ist, gerechnet worten zu können, musste also im Rahmen wird. Im Stagnations-Szenario wird hin- der Wirkungsfolgenabschätzung mit (PANTA gegen ein deutlich reduzierter Außenwan- RHEI REGIO) auf die Ergebnisse der Zieler- derungssaldo zugrunde gelegt. Auch die reichungsszenarien (s. o.) zurückgegriffen Wachstumsperspektiven für das BIP sind werden. Unter diesen Voraussetzungen wird mit gut 0,5 % p. a. niedriger als unter Status- für eine Zielerreichung unter Status-quo-Be- quo-Bedingungen. dingungen ein Anpassungsbedarf bei der In- Bezüglich der ersten Frage, nach dem Flä- anspruchnahme von Gebäude- und Freiflä- chenzuwachs in den kommenden Jahren, chen von 8 810 Hektar (4,8 Hektar pro Tag) ist unter Status-quo-Bedingungen davon in den Jahren 2016 bis 2020 projiziert (s. Ta- auszugehen, dass sich die Flächeninan- belle KF 2). Der erwartete Anpassungsbedarf spruchnahme in Deutschland gegenüber fällt in den „sehr zentralen“ und „zentralen“ den historischen Beobachtungen deutlich Regionen Süddeutschlands mit 45 bzw. 48 % reduzieren wird. Selbst wenn der Beitrag gut doppelt so hoch aus wie im Bundes- der Grünanlagen aus der Betrachtung aus- durchschnitt (21 %). Dies gilt beispielsweise geschlossen wird, da es sich hierbei um ei- für weite Teile Nordbadens, das Münchener nen Teil der Erholungsflächen handelt, der Umland und weite Teile Bayrisch-Schwa- aufgrund starker flächenstatistischer Neu- bens. In der Mitte und dem Norden West- zuordnungen derzeit nicht aussagekräftig deutschlands hingegen werden weit über- ist, geht der Zuwachs an Siedlungs- und Ver- durchschnittliche Anpassungserfordernisse kehrsflächen jedoch voraussichtlich bis 2020 fast ausschließlich in zentralen (suburbanen) nicht unter 50 ha pro Tag zurück. Insbeson- Regionen (61 bzw. 75 %) projiziert. Zu nennen dere bei den Verkehrs- und Erholungsflä- sind hier in erster Linie die Rheinschiene süd- chen ist innerhalb des Projektionszeitraums lich von Köln, eine Achse von Ostwestfalen kein deutlicher Rückgang zu erwarten. Für bis ins Oldenburger Land sowie das Umland die Gebäude- und Freiflächen (GF-Flächen) von Hamburg. Zudem zeigt sich ein auf den Tabelle KF 1: Flächenzuwachs in den Jahren 2016 bis 2020 – Projektionsergebnisse von PANTA RHEI REGIO unter Status-quo-Bedingungen unter Stagnations-Bedingungen in ha pro Tag in ha pro Tag Ergebnisse der im Ø der im Ø der modellbasierten Jahre Jahre Flächenprojektion mit 2016 bis 2016 bis PANTA RHEI REGIO in ha 2020 in 2016 in 2020 in ha 2020 in 2016 in 2020 SuV insgesamt 117 500 64,4 68,4 62,7 97 920 53,7 57,9 51,6 SuV ohne Grünanlagen 95 600 52,4 56,3 50,8 76 290 41,8 46,0 39,9 darunter: Gebäude- und Freiflächen 51 100 28,0 31,3 26,7 35 440 19,4 22,8 18,0 Quelle: eigene Berechnungen
30-ha-Ziel realisiert Forschungen Heft 148 ersten Blick erstaunliches Analyseergebnis: systematisch benachteiligen. Unter Stagna- mit 91 % werden die deutlichsten Anpas- tionsbedingungen wandelt sich das Analyse- sungserfordernisse in einem ostdeutschen ergebnis jedoch grundlegend. In diesem Raumtyp erwartet. Hierfür ist jedoch über- Szenario wird damit gerechnet, dass das für wiegend das Berliner Umland verantwort- die GF-Flächen definierte Teilziel sogar un- lich. Für diese Region wird in den zugrunde terschritten wird. Zusätzlicher Anpassungs- liegenden demographischen Vorgaben ein bedarf wird hier erst in einer (sehr) langfris- deutlicher Anstieg der Anzahl der Haushalte tigen Perspektive gesehen. erwartet. Zur Klärung der dritten und letzten Frage, Zusammenfassend lässt sich aus den Ergeb- nach den Preiseffekten auf den Bodenmärk- nissen zweierlei schließen: Erstens wird das ten, wurde die modellbasierte Wirkungs- Flächenziel in denjenigen Regionen, für die folgenabschätzung durch zwei regionale ein überdurchschnittlicher Flächenzuwachs Fallstudien ergänzt. Diese untersuchten, erwartet wird, besonders häufig bezie- inwieweit sich Baulandverknappung auf hungsweise deutlich verfehlt. Zweitens lässt Boden- und Immobilienpreise sowie die sich diese Übereinstimmung auch dahin- Neubautätigkeit auswirkt. Aufgrund der gehend interpretieren, dass die in den Ziel- Vorhaltung von räumlich disaggregierten erreichungsszenarien zugrunde gelegten Daten zur Verfügbarkeit von Bauland auf Verteilungsschlüssel für die Ableitung von Ebene von Landkreisen und Gemeinden regionalisierten Flächenzielen keine Region wurden das Land Niedersachen und der Tabelle KF 2: Nationale und regionale Ergebnisse für die Dimension des Anpassungsbedarfs in den Jahren 2016 bis 2020 bei den Gebäude- und Freiflächen unter Status-quo-Bedingungen unter Stagnations-Bedingungen Gegenüberstellung von projiziertem und maximal Raumtyp Lage zulässigem Flächenzuwachs im Zeitraum 2016 bis 2020 insgesamt sehr zentral zentral peripher sehr peripher insgesamt erwartet in ha 51 090 13 650 21 710 14 340 1 390 34 130 Deutschland max. zulässig in ha 42 270 11 870 13 240 13 950 3 210 40 480 Differenz in Prozent 21 % 15 % 64 % 3% -57 % -16 % Anzahl der Kreise mit Zielverfehlung 210 von 413 53 von 107 93 von 145 61 von 138 3 von 23 129 von 413 differenziert nach vier Großregionen Nord erwartet in ha 9 770 1 380 4 590 3 710 90 6 190 max. zulässig in ha 7 730 1 590 2 630 3 110 400 7 730 Differenz in Prozent 26 % -13 % 75 % 19 % -78 % -20 % Anzahl der Kreise mit Zielverfehlung 31 von 64 2 von 8 18 von 29 11 von 24 0 von 3 18 von 64 Mitte erwartet in ha 14 200 7 460 5 400 1 340 9 820 Westdeutschland max. zulässig in ha 10 610 5 980 3 360 1 270 10 610 Differenz in Prozent 34 % 25 % 61 % 6% nicht besetzt -7 % Anzahl der Kreise mit Zielverfehlung 66 von 122 34 von 68 25 von 40 7 von 14 38 von 122 Süd erwartet in ha 17 000 3 640 7 300 5 780 280 11 460 max. zulässig in ha 12 550 2 510 4 940 4 800 300 12 550 Differenz in Prozent 35 % 45 % 48 % 20 % -7 % -9 % Anzahl der Kreise mit Zielverfehlung 88 von 140 14 von 25 40 von 58 32 von 54 2 von 3 54 von 140 erwartet in ha 10 120 1 170 4 420 3 510 1 020 6 660 Ostdeutschland max. zulässig in ha 11 380 1 790 2 310 4 770 2 510 9 590 Differenz in Prozent -11% -35 % 91 % -26 % -59 % -31 % Anzahl der Kreise mit Zielverfehlung 25 von 87 3 von 6 10 von 18 11 von 46 1 von 17 19 von 87 Quelle: eigene Berechnungen
Kurzfassung Regierungsbezirk Düsseldorf als Fallstu- aber insbesondere auch eine regionale Di- dienregionen ausgewählt. Mit Hilfe von mension. So kann für die vorab angeführ- multiplen Regressionsmodellen wurden ten Regionen mit überdurchschnittlichem verschiedene Wirkungshypothesen über- Anpassungsbedarf bereits bis zum Jahr 2020 prüft. Die Ergebnisse zeigen insgesamt, dass ein Effekt auf die Bodenpreise von teilweise der Hypothese, wonach Boden- oder Immo- deutlich mehr als 10 % nicht ausgeschlos- bilienpreissteigerungen infolge eines knap- sen werden. Soll langfristig ein Niveau des pen Baulandangebotes zu erwarten sind, Gebäude- und Freiflächenwachstums von vorsichtig zugestimmt werden kann. Aller- deutlich unter 20 Hektar pro Tag erreicht dings muss der Einfluss der Baulandverfüg- werden, so erhöht sich der erwartete Effekt barkeit auf den Bodenpreis als eher moderat auf die Baulandpreise erheblich, wie bereits eingestuft werden. Dieser Befund gilt selbst- die Durchschnittswerte in Tabelle KF 3 für verständlich zunächst nur für die beiden den Zeitraum bis 2025 zeigen. Zudem gilt hier betrachteten Fallstudienräume. Inwie- es bei den angeführten Dimensionen zur fern die Ergebnisse verallgemeinert werden Preisreaktion auf den Baulandmärkten zu können, muss an dieser Stelle offen bleiben. beachten, dass die Kreise mit Anpassungs- Auch ist darauf hinzuweisen, dass Ablei- bedarf in der Preissimulation davon profi- tungen dazu, inwieweit eine herbeigeführte tieren können, dass für andere Kreise eine Verknappung tatsächlich Preissteigerungen Zielunterschreitung vorliegt. Die Preisre- hervorruft, zudem dadurch erschwert wer- aktionen würden deutlich höher ausfallen, den, dass keine Zeitreihen analysiert werden wenn jeder Kreis sein Flächenziel einhalten konnten und die Modelle aufgrund der statt- müsste. dessen durchgeführten Querschnittsanalyse grundsätzlich weniger aussagekräftig sind. Für die Baufertigstellungen wurde dagegen Tabelle KF 3: ein valider Zusammenhang zur Baulandver- Auswirkungen der Baulandverknappung auf die Preise für Wohnbauland fügbarkeit nachgewiesen. Mit zunehmender Baulandverfügbarkeit steigt unter sonst durchschnittlicher Baulandpreisanstieg aufgrund der eingeschränkten Flächenverfügbarkeit bei einer Preiselastizität von -0,3 gleichen Bedingungen die Wohnungsbau- leistung, wobei dieser Zusammenhang für Raumtyp Lage bis 2020 bis 2025 den Geschosswohnungsbau ausgeprägter sehr zentral 4,9 % 15,3 % ist als beim Neubau von Ein- und Zweifa- zentral 6,5 % 20,3 % milienhäusern. Eine Erreichung des 30-ha- peripher 4,8 % 15,8 % Ziels führt also möglicherweise zu einer Ver- sehr peripher 1,2 % 5,5 % ringerung der Neubautätigkeit. Gleichzeitig kann aber angenommen werden, dass unter alle Kreise 5,5 % 17,3 % diesen Bedingungen die Mobilisierung von Abweichungen gegenüber dem Status-quo-Szenario in Prozent Bauland im Bestand zunimmt. Inwieweit Quelle: eigene Berechnungen sich also Auswirkungen auf die Preise für Wohnraum ergeben, konnte damit nicht ab- schließend beantwortet werden. Schließlich wurde im Rahmen der modell- Sowohl die regionalen Fallstudien als auch basierten Wirkungsfolgenabschätzung der die wissenschaftliche Literatur zu diesem Frage nachgegangen, mit welchen Implika- Thema belegen, dass von einer Preiselas- tionen des erwarteten Baulandpreiseffekts tizität der Baulandverknappung in Höhe auf (a) die Wohnbautätigkeit und Wohn- von etwa -0,3 auszugehen ist. Wird also raumversorgung, auf (b) das Mietpreisni- beispielsweise in einer Region das Bauland veau und die soziale Nachhaltigkeitsdimen- um 10 % knapper, so erhöht sich dort der sion sowie auf (c) die (sektorale/regionale) Baulandpreis um voraussichtlich 3 %. Kom- Wachstumsdynamik der Volkswirtschaft zu biniert man verschiedene Hypothesen zur rechnen ist. Preisreaktion auf den Bodenmärkten mit den Analyseergebnissen zur Dimension des a) Es zeigt sich, dass die Wohnneubautä- Anpassungsbedarfs für eine Zielerreichung tigkeit im Zeitraum von 2016 bis 2020 unter Status-quo-Bedingungen, so zeigt mit -1,0 bis -1,5 % zwar merklich, aber sich, dass in Folge einer Zielerreichung bis durchaus noch moderat auf die mit zum Jahr 2020 im bundesdeutschen Durch- der Baulandverknappung verbundenen schnitt mit einem Anstieg der Preise für Baulandpreissteigerungen reagieren wür- Wohnbauland um bis zu 5,5 % zu rechnen de. Am deutlichsten, mit -1,1 bis -1,7 %, ist. Die erwarteten Preisreaktionen haben fallen die Reaktionen in den zentralen
10 30-ha-Ziel realisiert Forschungen Heft 148 Räumen aus. Rund 78 % der Bautätigkeits- politisches Handeln wird eine Erreichung minderung entfällt auf Kreise (Regionen), des Nachhaltigkeitsziels nicht möglich sein. in denen die Daten auf eine Wohnungs- Zwar ist davon auszugehen, dass sich die unterversorgung hinweisen. Es kann so- Flächeninanspruchnahme in Deutschland mit nicht ausgeschlossen werden, dass gegenüber den historischen Beobachtungen sich die Situation auf angespannten re- deutlich reduzieren wird. Unter Status-quo- gionalen Wohnungsmärkten verschärft. Bedingungen bleibt der voraussichtliche Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsflächen b) Im Hinblick auf die Auswirkungen auf aber auf absehbare Zeit in einer Größen- das Mietpreisniveau kommen die mo- ordnung von mehr als 50 ha pro Tag. Dass dellbasierten Analysen zu dem Ergebnis, keine niedrigeren Werte erreicht werden, ist dass bis 2020 mit einer Reaktion in Höhe nicht zuletzt auf die erwarteten Entwicklun- von +0,16 bis +0,21 % zu rechnen ist. Be- gen bei den Erholungsflächen (~17 ha pro zogen auf den Durchschnittshaushalt Tag inkl. Grünanlagen / ~5 ha pro Tag ohne bedeutet dies einen Rückgang der Kauf- Grünanlagen) und bei den Verkehrsflächen kraft um 0,02 bis 0,03 %. Die Analyse zeigt (~16 ha pro Tag) zurückzuführen. Betrachtet aber auch, dass es Regionen gibt, für die man hingegen ausschließlich die Gebäude- ein stark überdurchschnittlicher Anpas- und Freiflächen, so zeigen die Ergebnisse, sungsbedarf und damit auch ein stark dass die hohen Flächenzuwächse der Jahre überdurchschnittlicher Bodenpreiseffekt bis etwa 2004 endgültig der Vergangenheit erwartet wird. In diesen Regionen (s. o.) angehören. Folgt man der im Forschungs- ist davon auszugehen, dass die angeführ- vorhaben vorgenommenen sachlichen Auf- ten durchschnittlichen Wirkungen auf teilung des 30-Hektar-Ziels, so verbleibt un- Mietpreisniveau und Kaufkraft um bis zu ter Status-quo-Bedingungen auch bei den fünfmal höher ausfallen können. Zudem Gebäude- und Freiflächen eine Nachhal- zeigen die Analysen, dass die sozialen Im- tigkeitslücke und somit Handlungsbedarf. plikationen für diejenigen Haushalte, die Nur unter deutlich ungünstigeren demogra- einen besonders hohen Teil ihres Kon- phischen und ökonomischen Rahmenbe- sumbudgets auf Wohnungsmieten ver- dingungen (Stagnationsszenario) kann im wenden (z. B. Haushalte mit niedrigem Hinblick auf die Gebäude- und Freiflächen Einkommen, allein Lebende, allein Erzie- davon ausgegangen werden, dass das Ziel hende), deutlicher ausfallen. ohne weitergehendes politisches Handeln c) Die größten Unsicherheiten verbleiben erreicht wird. im Hinblick auf die möglichen Konse- Ein zweites zentrales Ergebnis ist, dass sich quenzen auf die wirtschaftliche Dynamik. eine Politik der Flächenverbrauchsreduk- Zwar konnte modellbasiert nachgewie- tion mit komplexen Zielkonflikten kon- sen werden, dass gesamtwirtschaftlich frontiert sieht. Den positiven Wirkungen betrachtet mit einem leichten Rückgang einer Eindämmung des Flächenverbrauchs der Bauinvestitionstätigkeit der Wirt- wie Einsparungen beim Energieverbrauch schaftsbereiche zu rechnen ist. Ob hier- und bei Infrastrukturaufwendungen stehen mit jedoch auch Einschränkungen bei eine Reihe negativer Effekte gegenüber. In der Produktionsleistung der betroffenen Regionen mit angenommener Baulandver- Unternehmen einhergehen werden, lässt knappung als Folge einer Realisierung des sich nicht abschließend beantworten. Ziels sind steigende Preise für Wohnbauland Auch mögliche Implikationen auf die wahrscheinlich. Die projizierten Dimen- räumliche Verteilung der wirtschaftlichen sionen dieses Anstiegs erscheinen mit durch- Aktivitäten lassen sich auf Grundlage der schnittlich +5,5 % insbesondere bis 2020 zur Verfügung stehenden statistischen noch überschaubar. Zu bedenken ist jedoch Informationen nicht nachweisen. bereits in diesem Zeitraum, dass die räum- liche Verteilung der Baulandpreiseffekte auf eine Verstärkung des Baulandpreisgebirges Schlussfolgerungen und hin deuten. Blickt man noch weiter in die Handlungsempfehlungen Zukunft, so drohen Preiswirkungen, die nur Die empirischen Ergebnisse des Forschungs- schwerlich in Einklang mit wirtschafts- und vorhabens lassen die begründete Schluss- sozialpolitischen Zielsetzungen zu bringen folgerung zu, dass das 30-ha-Ziel der Natio- sind. Mit den Preiseffekten auf den Boden- nalen Nachhaltigkeitsstrategie auch im fort- märkten steigen nicht nur die Kosten des schreitenden demographischen Wandel kein Neubaus von Wohngebäuden mit entspre- „Selbstläufer“ sein wird. Ohne engagiertes chenden negativen Implikationen auf die
Kurzfassung 11 Wohnneubautätigkeit. Die Ergebnisse zei- Instrumenten und der Art und Weise ihrer gen zudem, dass auch erhöhte Mietpreis- Implementation hohe Bedeutung zu. Eine niveaus zu erwarten sind, was zu Benach- Strategie flächensparsamer Siedlungsent- teiligungen für einkommensschwächere wicklung im Außenbereich sollte von flan- Haushalte führen könnte. Einschränkend kierenden Maßnahmen der Baulandmobi- anzumerken ist jedoch, dass einige mög- lisierung im Innenbereich begleitet werden. liche Wirkungen der Flächenverbrauchs- Auf diese Weise kann es gelingen, Knapp- reduktion mit diesem Forschungsvorhaben heitspreise auf den Bauland- und Immo- nicht näher untersucht werden konnten. bilienmärkten zu begrenzen. Dies unter- Diese betreffen die Wirkungen auf die Vor- streicht die Bedeutung von integrierten aussetzungen für Bestandsmobilisierung Steuerungsstrategien, bei denen ein über- sowie vor allem Wirkungszusammenhänge örtliches Wachstumsmanagement begleitet zwischen Baulandverfügbarkeit und (regio- wird von lokalen städtebaulichen und frei- naler) wirtschaftlicher Dynamik. Dies sollte raumplanerischen Strategien. Die enormen in weiterführenden wissenschaftlichen Ana- Innenentwicklungspotenziale auf der einen lysen vertieft werden. und der mittelfristig abnehmende Sied- lungsdruck auf der anderen Seite stellen hier Eine Untersuchung der räumlichen Effekte günstige Rahmenbedingungen dar. des 30-Hektar-Ziels – ausgehend von nor- mativ festgelegten Verteilungsschlüsseln Die politischen Entscheidungsträger in Bund des bundesweiten SuV-Kontingents auf Re- und Ländern sind darüber hinaus gefor- gionen –verdeutlicht, dass mit einer Politik dert, das 30-ha-Ziel zeitlich, räumlich und der Flächenverbrauchsreduktion keine Be- sachlich zu konkretisieren. Erst dann las- nachteiligung peripherer Räume einher- sen sich genauere Aussagen zu regionalen geht. Im Gegenteil, es sind die suburbanen Anpassungserfordernissen und möglichen (zentralen) Kreise, welche den höchsten Re- Verzichtskosten treffen. Die zeitliche Di- duktionserfordernissen ausgesetzt wären, mension ist insofern von Belang, als es aus würde das Ziel konsequent erreicht werden. einer ökologischen Perspektive von nur un- Demgegenüber werden für die ländlichen tergeordneter Bedeutung ist, wie hoch der (peripheren) Räume in weitaus geringerem Flächenverbrauch in einem einzelnen Jahr Umfang Anpassungserfordernisse erwartet. ausfällt. Die Frage muss vielmehr lauten, Die sehr peripheren Räume könnten sogar wie viel Siedlungs- und Verkehrsfläche bis zu mit überschüssigen Flächenkontingenten einem festgelegten Zeitpunkt maximal hin- rechnen. Die Hintergründe dafür liegen im zukommen soll. Eine räumliche Konkretisie- forcierten Schrumpfungsprozess der Be- rung hätte zunächst den informatorischen völkerung in diesen Regionen, welcher sich Effekt, dass regionale bzw. lokale Akteure in dämpfend auf die Bautätigkeit und Bauland- die Lage versetzt werden, ihr flächenwirk- nachfrage auswirkt. sames Handeln im Hinblick auf das Nach- haltigkeitsziel zu bewerten. Die Arbeiten des Die begleitend zu den empirischen Arbei- Projektes haben verdeutlicht, dass alterna- ten durchgeführte systematische Literatur- tive Umlegungsschlüssel des bundesweiten analyse macht zudem deutlich, dass nicht SuV-Kontingents auf Regionen bzw. Land- nur das „Ob“ einer Zielerreichung, sondern kreise erhebliche Unterschiede in den Ver- auch das „Wie“ die Richtung und Intensität teilungseffekten nach sich ziehen. positiver wie negativer Wirkungen bestim- men kann. Danach kommt der Auswahl von
12 30-ha-Ziel realisiert Forschungen Heft 148 Executive Summary Study purpose and approach casting land consumption in the regions of Germany. This empirically based model According to the National Sustainability includes a database for all 413 NUTS-2-Re- Strategy of the Federal Government land gions in Germany and was updated and ad- consumption for urban and transport pur- justed for this study. It is designed to address poses in Germany has to be reduced to the following questions: 30 hectares (ha) per day until 2020. Since the first announcement the pros and cons of this 1) How high will the annually growth of target were subject to controversial discus- settlement area be until 2020? sions among politicians and scientists. So far the economic and social impacts of a re- 2) To what extend will there be need for duced land consumption scenario have not adjustments? been analysed in an integrated way. Against 3) What price effects would occur in a sce- this background, the research project ana- nario where the national goal is achieved? lyses the potential effects of an assumed implementation of effective growth mana- The regional dimension of interdependence gement strategies at national and regional between land consumption and possible levels. Different qualitative and quantitative consequences are of special interest. methods were used to meet the research objectives. Answers to the first question were analysed in a Status-quo scenario in PANTA RHEI REGIO. Scenario of sustainable development The demographic and economic parameters of this scenario are characterised by a high In order to assess the possible local effects national migration surplus and high econo- of shortages in building land the national mic growth (over 1 % price-adjusted GDP- target of 30 ha per day was allocated to the growth rate in the long term). In this scena- county level, with specific adjustments ac- rio land consumption declines to around cording to the reduction path and shares of 60 ha per day in 2020. After resolving inaccu- different land use types within settlements. rate changes in land use, the growth rate of Numerous variables were implemented in a urban areas still exceeds the goal by more model of sustainable development scenarios than 20 ha per day. Even under conditions of (SDS) to analyse different constellations and lower growth rates – economically as well as their effects on the regional allocation of the demographically – the difference compared national goal. The question to be answered to the sustainability target is significant (+10/ by the SDS was: how much building land will +20 ha per day). a single county be able to develop until the year 2020 if we consider a sustainable deve- The second question addresses the dimen- lopment? sions of necessary adjustments. In this context, the analysis focuses on the urban The normative SDS, which was implemented area category “building and adjacent open in a subsequent analysis, assumes a linear area” that makes up 40 % of the total land reduction path from 80 ha in 2010 to 30 ha consumption. The regions exceeding the per day in 2020. According to this method, given quota of the SDS by more than 50 % the total land consumption adds up to 4.97 are mostly regional centres outside the me- million ha until 2020. The regional allocation tropolitan areas, with concentrations in the was calculated by taking into account both south and northwest of Germany. In many regional population and total regional area cases they also show the highest overall land (equally weighted), so that a district with a consumption. In total, over 200 regions fail higher population or a wider area will receive to achieve the goal in the long run. a higher allocation than one with less po- pulation or area. The stock of different area Given the implementation of the national categories as well as their changes is subject 30-ha-target until 2020, land prices are likely to additional refinements of the SDS. to react to a shortage of development sites at around -0.3. Within the Status-quo scenario, the price effect on prices for building land Assessing the impacts with the model would sum up to 5.5 % in 2020. For regions PANTA RHEI REGIO with shortages the price would increase even PANTA RHEI REGIO is an environmental- higher. What would be the economical and economic model for analysing and fore- social consequences of these price-effects?
Executive Summary 13 The simulation with PANTA RHEI REGIO lower rates of land consumption would indicates that residential construction seem rather likely to appear without im- decreases by 1.0 to 1.5 %. From a macro- plementing a growth management strategy. economic perspective the rental price level Another important result of this project is increases by 0.21 %. Although the total effect the identification of some undesirable side on income (up to 0.3 %) is rather marginal, it effects. Next to the various positive effects can be a substantial amount for small house- of reducing land consumption such as less holds with low income. The price-simula- energy consumption or lower costs for in- tion showed no effects on the production in frastructure some negative implications industries and services although a reduction have to be mentioned as well. One example of investments is assumed under status-quo would be increasing prices for real estate and conditions. housing, which can lead to disadvantages for low income groups. In addition, some Modelling price effects on the availability of effects of the growth management strategy building land could not be examined, mainly in terms of In addition to the PANTA RHEI REGIO mo- the effects on economic growth. del, two case studies were taken into con- Another key result of the analysis relates to sideration to analyse the effects of growth the spatial variation of effects, where parti- management strategies on development cularly suburban counties have been shown activities as well as rents, housing prices, to be highly affected by land consumption and real estate prices. For this purpose, mul- reductions. Suburban and rural regions will tiple regression models were set up for two have to reduce Greenfield development regions for which all necessary data were much more than central cities. available at the local level (counties and municipalities). Two hypotheses were pro- Summing up, the project underlines the ved: the first one, which claims a positive importance of an operationalisation of the correlation between the availability of 30-hectares-target in spatial and temporal building land and development activities, terms. Temporal operationalisation means turned out to be true, a strong relationship to define the maximum acceptable land could be shown. The second hypothesis consumption within a specific period of stated that there is a positive correlation time. The spatial operationalisation defines between the availability of developing land the amount of developable land for each and land prices. The analysis showed that county or groups of counties. The results of this assumption is true, but the correlation this process would enable the responsible proved to be very weak. This means that planning authorities to evaluate their real growth management policies might lead to land consumption and to respond to failure. a decrease in housing availability and to an increase in housing prices. At the same time, growth management might support the mobilisation of infill potentials or brownfield sites, which could offset negative effects on affordable housing. Conclusions The empirical conclusions of this research project provide evidence for the fact that land consumption in Germany will de-cre- ase even without growth management po- licies. At the same time, it has been shown that this decrease would not suffice to en- sure the achievement of the 30-hectares- target. The model calculation with a con- sumption of 50 ha per day contradicts the assumption that demographic changes will cause a decrease in land consump- tion below 30 ha per day in any case. Only under extremely pessimistic assumptions of demographic and economic development
14 30-ha-Ziel realisiert Forschungen Heft 148 1 Aufgabenstellung und methodisches Vorgehen Das 30-ha-Ziel der Nationalen Nachhal- • die ökonomischen und sozialen Wir- tigkeitsstrategie, wonach die tägliche Flä- kungen des Flächenverbrauchs wie die cheninanspruchnahme für Siedlungs- und Infrastrukturfolgekosten des „Bauens auf Verkehrszwecke von 129 ha im Jahr 2000 der grünen Wiese“ in Politik und Öffent- auf 30 ha in 2020 reduziert werden soll, hat lichkeit immer noch zu wenig Beachtung im politischen Raum sehr unterschiedliche finden (Preuß/Floeting 2009; Gutsche et Reaktionen ausgelöst. Während auf umwelt- al. 2007; Schiller/Siedentop 2005). und agrarpolitischer Seite breite Zustim- Vor diesem Hintergrund werden systemati- mung anzutreffen ist (Kommission Boden- sche Kosten-Nutzen Betrachtungen gefor- schutz beim Umweltbundesamt 2009; Bund dert, die politische Entscheidungsträger bei für Umwelt und Naturschutz Deutschland Ihrer Zielausformung und Instrumenten- et al. 2006; Rat für Nachhaltige Entwicklung wahl unterstützen. 2004; Umweltbundesamt 2004; Deutscher Bauernverband et al. 2006), mangelt es nicht Widersprüchlich sind auch die Bewer- an kritischen Stimmen. Befragungen zeigen, tungen der realen „Knappheitssituation“ dass nur eine kleine Gruppe von Experten auf den Baulandmärkten und der dadurch die Erreichung des Ziels für realistisch erach- verursachten Preiseffekte. In den letzten tet (siehe z. B. de Haan et al. 2009; Heiland Jahren haben die Wohnbaulandpreise wei- et al. 2006). Im Fall einer tatsächlichen Ver- ter – wenn auch nur noch moderat und knappung von Bauland warnen Kritiker vor regional differenziert – zugenommen, die Boden- und Mietpreissteigerungen (Pfeiffer Gewerbebaulandpreise haben sogar abge- 2005) sowie vor negativen wachstums- und nommen. Gleichzeitig äußert nur noch eine beschäftigungspolitischen Implikationen Minderheit von Gemeinden, von Nachfrage- (Jakubowski/Zarth 2002; Jakubowski/Zarth überhängen beim Bauland betroffen zu sein 2003). Das 30-ha-Ziel bedinge eine einheit- (Bundesamt für Bauwesen und Raumord- liche Verknappung von Bauland unabhängig nung 2007, S. 103 ff.). Bereits früher wurde von der lokal empfundenen Knappheit und die Entwicklung von Baulandmärkten mit den räumlich unterschiedlich ausgeprägten dem Phänomen des „Baulandparadoxons“ Verzichtskosten (Pfeiffer 2005). Befürchtet charakterisiert (Davy 2000), womit gemeint wird auch eine übermäßige Einschränkung ist, dass der fortwährenden Ausweisung der kommunalen Entwicklungsspielräume neuer Bauflächen eine anhaltend unzurei- (Portz 2004) und eine strukturpolitische Be- chende Verfügbarkeit von Baugründstücken nachteiligung des ländlichen Raumes (Blei- gegenübersteht. Auch wird häufig darauf cher 2004). Hinzu tritt der Vorwurf, dass das verwiesen, dass die Kommunen in der Ver- 30-ha-Ziel in seiner konkreten Ausformung gangenheit zum Teil nicht bedarfsgerechte willkürlich ist und auf einer unsicheren sta- Flächen ausgewiesen haben, die dann nicht tistischen Grundlage basiert (siehe hierzu auf eine entsprechende Nachfrage stoßen. exemplarisch Portz 2004). Ziel des Forschungsprojekts war es vor Aus umweltpolitischer Sicht wird demge- diesem Hintergrund, die möglichen Wir- genüber beklagt, dass die Flächeninan- kungen einer Erreichung des 30-ha-Ziels spruchnahme als „schleichendes“, wenig systematisch zu untersuchen. Dazu wur- sichtbares Umweltproblem nach wie vor zu den Szenarien zur gesellschaftlichen Flä- wenig politische Aufmerksamkeit erfährt chennachfrage (in Hektar pro Tag) unter der (siehe z. B. European Environment Agency Annahme abweichender ökonomischer und 2006). Dies liege auch daran, dass demographischer Entwicklungen bis 2020 bzw. 2025 verglichen. Die in den Szena- • sich die siedlungspolitische Diskussion rien erzielten Projektionsergebnisse wurden einseitig auf die Bodenversiegelung als Flächenkontingenten gegenübergestellt, die Indikator negativer Umweltwirkungen sich aus einer Operationalisierung des Flä- der Flächeninanspruchnahme konzent- chenziels für verschiedene Regionen erge- riert, während andere ökologische Wirk- ben. Aus diesem Vergleich lässt sich die Di- faktoren wie die Fragmentierung von mension der erwarteten bundesweiten und Landschaftsräumen hingegen kaum re- regionalen Anpassungserfordernisse für eine flektiert werden (Siedentop 2005), Zielerreichung ableiten.
Aufgabenstellung und methodisches Vorgehen 15 Abbildung 1: Grundansatz der Projektbearbeitung Die in den Szenarien jeweils errechnete Flä- modelliert werden können, wurden auch chennachfrage wird – vorausgesetzt sie wer- umfangreiche Literaturauswertungen und den durch entsprechende Baulandauswei- zwei regionale Fallstudien durchgeführt. Mit sungen durch die Kommunen befriedigt – letzteren wurde die Abhängigkeit der Wohn- hinsichtlich ihrer Wirkungen quantitativ bautätigkeit sowie der Boden- und Immobi- und qualitativ bewertet. Unterstellt wird lienpreise von der Verfügbarkeit von Wohn- dabei einerseits die Abwesenheit weiterge- bauland für das Land Niedersachsen und hender politischer Einflussnahme auf die die Region Düsseldorf näher untersucht. Flächenbereitstellung durch die Kommu- Die inhaltliche Bearbeitung des Projekts nen, andererseits die Ergreifung politischer gliederte sich in vier zentrale Bausteine, Maßnahmen im Falle einer drohenden ausgehend von den oben beschriebenen bundesweiten Verfehlung des 30-ha-Ziels. Ausgangsüberlegungen zur Strukturierung Gegenstand der Bewertung sind die Unter- möglicher Wirkungen. Die vier methodi- schiede in den Wirkungen der Szenarien mit schen Bausteine, die auch die Grundstruk- Blick auf ein breites Zielbündel einer nach- tur dieses Berichts abbilden, beinhalten haltigkeitsorientierten Raumordnungs- und Siedlungspolitik (Abbildung 1). Die Effek- • die literaturgestützte Analyse zu solchen tivität der zur Erreichung des 30-ha-Ziels Wirkungsphänomenen, die im Rah- einzusetzenden politisch-planerischen In- men des Forschungsvorhabens nicht strumente war dagegen nicht expliziter Ge- mit quantitativen Methoden untersucht genstand des Vorhabens. werden können, sei es aus Gründen der Zur Beantwortung der Forschungsfragen Daten- oder Ressourcenverfügbarkeit wurde eine Kombination verschiedener (Kapitel 2 = Literaturrecherche), quantitativer und qualitativer Methoden ein- • die Erstellung von alternativen Szenarien gesetzt, die ein möglichst geschlossenes zur Realisierung des 30-ha-Ziels, bei de- Bild des potenziellen Wirkungsprofils einer nen das bis 2020 bzw. 2025 bundesweite angenommenen Erreichung des 30-ha- Flächenausweisungskontingent mit un- Ziels bieten. Im Mittelpunkt steht dabei ein terschiedlichen Annahmen auf die Re- ökonometrisches Modell (PANTA RHEI gionen und Gemeinden Deutschlands REGIO), welches in der Lage ist mit Daten „umgelegt“ wird (Kapitel 3 = Implemen- auf Landkreisebene die wesentlichen Wir- tation des 30-Hektar-Ziels), kungsbeziehungen der relevanten Struktur- größen der Nachfrage nach baulichen Nutz- • die Durchführung numerischer Modell- flächen und Angebotsparametern (z. B. tat- rechnungen mit PANTA RHEI REGIO sächliche Flächenausweisung, Bodenpreise) mit dem Ziel, die unter Annahme öko- abzuschätzen. Da mit PANTA RHEI REGIO nomischer und demographischer Ent- nicht alle als relevant erachteten Wirkungen wicklungen erwartete Flächeninanspruch-
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