31: Women Exhibition Concept after Marcel Duchamp, 1943 - Daimler Art ...
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Anni Albers (D), Leonor Antunes (P), Ilit Azoulay (IL), Anna Beothy Steiner (AT-HU), Amit Berlowitz (USA), Madeleine Boschan (D), Max Cole (USA), Mary Corse (USA), Dadamaino (I), Ulrike Flaig (D), Andrea Fraser (USA), Dominique Gonzalez-Foerster (F), Beate Günther (D), Marcia Hafif (USA), Isabell Heimerdinger (D), Tamara K.E. (GEO), Sonia Khurana (IND), Kazuko Miyamoto (J), Charlotte Moorman (USA), Zanele Muholi (ZA), Nnenna Okore (AUS), Annu Palakunnathu Matthew (GB), Silke Radenhausen (D), Berni Searle (ZA), Lerato Shadi (ZA), Efrat Shvily (IL), Natalia Stachon (PL), Katja Strunz (D), Adejoke Tugbiyele (NIG/USA), Amalia Valdés (CHL), Andrea Zittel (USA)
31: Women Exhibition Concept after Marcel Duchamp, 1943 Werke der Daimler Art Collection 1930–2020 29. Februar 2020 — 7. Februar 2021 Kuratorin Renate Wiehager 1
Inhalt ›31: Women‹. Eine Einleitung 6 Renate Wiehager Minimalism and After 17 Politische, poetische und persönliche Revisionen Friederike Horstmann Geometrien, Proportionen, 23 Harmonien Zwischen Abstraktion und zeitgenössischem Living Space Maria Radke Untergründig, unheimlich, 31 intuitiv, unbewusst Sarah Maske Hybride, Transkulturalität 37 und Neuentwürfe Postkolonial-feministische Positionen Nadine Isabelle Henrich Körper Zyklen Identitäten 46 Renate Wiehager Werkliste 52 Amit Berlowitz, Yasmin, 2011 Inkjet-Print auf Alu-Dibond, Acrylglas, 55 × 83 cm 2 3
Ilit Azoulay, At the Appearance of Things, 2011 Inkjet-Print auf Alu-Dibond, Acrylglas, 68 × 108 cm 4 5
Renate Wiehager ›31: Women‹ Eine Einleitung Mit der Ausstellung ›31: Women‹ knüpft die Daimler Perspektiven der zeitgenössischen Kunst in über Art Collection an zwei bahnbrechende Präsenta raschenden Konstellationen und thematischen tionen in Peggy Guggenheims New Yorker Galerie Inszenierungen zusammen. Art of This Century an, ›Exhibition by 31 Women‹, 1943, und ›The Women‹, 1945. Initiiert und kurati ›31: Women‹ ist Teil eines größeren, für den Zeit ert wurde diese von Guggenheims Freund und raum März 2020 bis Februar 2021 geplanten Berater, dem Künstler Marcel Duchamp. Es waren Projekts der Daimler Art Collection. Dieses um Annu Palakunnathu Matthew, An Indian from India – Portfolio II, 2007 die ersten Ausstellungen in den USA in diesem fasst – die Berliner Ausstellung im Daimler Con Inkjet-Print auf Legion Concorde Rag Papier, Portfolio, 10 Teile, je 30,5 × 40,6 cm Umfang, die sich ausschließlich auf Künstlerinnen temporary ergänzend und begleitend – weiterhin fokussierten. Die Frauen repräsentierten eine die Publikation ›Duchamp und die Frauen. Freund gende Geschichtsklitterung zu betreiben. Dies ist Gallery der Columbia University New York. Kura junge Generation aus 11 verschiedenen Nationen. schaft, Kooperation, Netzwerk‹ sowie eine Vor einer von mehreren Subtexten unserer Ausstel tiert von Denise Murrell, wurde ›Black Models: Inhaltlich trafen Vertreterinnen des Surrealismus tragsreihe. Rund 60 Frauen, die zwischen etwa lung ›31: Women‹. Einige weitere Subtexte sollen From Géricault to Matisse‹ im Sommer 2019 vom auf abstrakte Malerinnen, dadaistisch beeinflusste 1900 und heute als Künstlerinnen, Autorinnen, nachfolgend in dieser Einleitung kurz umrissen Pariser Musée d’Orsay übernommen und noch Künstlerinnen und unbekannte, jüngere Positionen Galeristinnen, Kunstsammlerinnen, Verlegerinnen werden: einmal umfassend erweitert. Während New York der Zeit. oder Designerinnen ihre Zeit geprägt haben, ausschließlich weibliche schwarze Modelle in den werden im Rahmen dieses Projekts vorgestellt. • die Sammlungsstrategie der Daimler Art Collec Bildern der Moderne thematisierte und so eine Im Rückbezug auf dieses wichtige Gründungsdo tion bezogen auf weibliche Protagonistinnen der Engführung der kritischen Debatte aus feministi kument feministischer Kunstgeschichte 1943/45 Ausstellungen zur Rolle der Frau in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts; scher Perspektive erreichte, weitete Paris die verdichtet die Ausstellung ›31: Women‹ mit rund Kunsthistorie, aktuelle Revisionen und • die Ausstellungen ›Exhibition by 31 Women‹ und Untersuchung auf schwarze Menschen beiderlei 60 Werken der Daimler Art Collection zwei lang Kontroversen ›The Women‹ in der Galerie Peggy Guggenheim Geschlechts aus. Für manche Kritikerinnen und fristig entwickelte Schwerpunkte der Sammlung: Für das Jahr 2019 ist eine bemerkenswerte Ver New York 1943, kokuratiert von Marcel Kritiker eine Schwächung der Diskussion durch der Fokus auf weibliche Protagonistinnen der dichtung von Revisionen, Diskussionen und Kon Duchamp, als ein Gründungsdokument feminis Popularisierung. Gleichwohl wurde in den beglei Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts einerseits, troversen zu verzeichnen, die die Rolle der Frau als tischer Kunstgeschichte; tenden Kritiken immer wieder formuliert, dass für Recherchen und Projekte seit 2016 zu Duchamp/ Objekt und Subjekt der Kunsthistorie betreffen. • der weitere Horizont der Recherchen und Pro alle Betrachter*innen, die der Argumentation kuratorischer Praxis/Readymade andererseits. Bücher, Ausstellungen und Onlineforen haben sich jekte der Daimler Art Collection seit 2016 zu dieser Ausstellungen gefolgt seien, die berühmten Unsere Schau ›31: Women‹ beginnt historisch mit – einerseits – mit der Exklusion von Frauen aus Duchamp/kuratorischer Praxis/Readymade. Werke des 19. Jahrhunderts – Édouard Manets Werken aus der Tradition von Bauhaus und Kon den Netzwerken und Traditionsbildungen der • Abschließend werden die Schwerpunkte unserer Olympia, 1863, oder Théodore Géricaults Le Rade kreter Kunst, führt weiter zu europäischen und Kunst befasst und die Rolle der Museen bezogen aktuellen Ausstellung ›31: Women‹ knapp zu au de la Méduse [Das Floß der Medusa],1818–19, amerikanischen Tendenzen aus Zero und Minima auf die Diskriminierung weiblicher Ästhetik einer sammengefasst. nie mehr in gleicher Weise angesehen und bespro lismus und erweitert dann den Horizont um jünge kritischen Analyse unterzogen. Auf der anderen chen werden könnten, wie es bislang der Fall war. re Künstlerinnen aus Indien, Südafrika, Nigeria, Seite wurde diskutiert, wie denn die Beiträge von ›Posing Modernity: The Black Model from Manet Was war geschehen? Den Kuratorinnen in New Israel, Chile, USA u. a. Ländern. Die Ausstellung Künstlerinnen auf neuem Niveau inkludiert werden and Matisse to Today‹ war der Titel einer im York und Paris war es durch intensive Recherchen bringt frühe feministische Tendenzen mit globalen könnten, ohne eine dann doch wieder herabwürdi Herbst 2018 eröffneten Schau an der Wallach Art gelungen, vielen schwarzen Modellen, die in den 6 7
großen Chor der männlichen Moderne und Gegen Kritik in dem Sinne, dass nun die Künstler sich wartskunst bleiben? Die Statistiken zur Präsenz diskriminierenden Maßnahmen ausgesetzt sehen und Bewertung von Künstlerinnen im aktuellen würden. Unerwartet waren auch nachdrücklich Kunstdiskurs lassen Zweifel aufkommen. Im Jahr geäußerte Befürchtungen und Vorwürfe seitens zehnt 2008–2018 waren nur elf Prozent der Neu Vertreterinnen von Museum und Kunstkritik, diese erwerbungen für US-amerikanische Museen und Maßnahme sei bei weitem nicht ausreichend, das Sammlungen der Kunst von Frauen gewidmet.2 strukturelle Ungleichgewicht zu kompensieren.4 Isabell Heimerdinger, Interior #20, Interior #21, 2000 Digitale C-Prints, Diasec, je 120 × 160 cm Letzteres Faktum leitet über zu einer aktuell Die Erwerbungsstrategie der Daimler Art geführten Diskussion hinsichtlich der Frage, wie Collection seit 2001 Gemälden als Bedienstete, Kindermädchen, Blu Nachbarn bekommen. Die Ausstellungsdisplays konsequent zeitgenössische Museen ihre Samm Zwei frühe Kataloge der 1977 gegründeten Samm menverkäuferinnen oder Sklaven dargestellt wer der Räume zeigen 360 Grad Perspektiven mit lungsstrategien, zumindest temporär, neu ausrich lung machen rückblickend – hier bezogen auf die den, ihre historischen Namen wiederzugeben. Themen quer durch die Medien, Kulturen und ten könnten, um das krasse Ungleichgewicht Inklusion von Künstlerinnen – die Entwicklung der Damit wurde jedoch nicht nur den Dargestellten kunsthistorischen Traditionen. Da zugleich der hinsichtlich der Präsenz von Künstlerinnen und Daimler Art Collection bis zu jenem Zeitpunkt ihre historische Individualität zurückgegeben. Erwartungshaltung des Publikums hinsichtlich der Künstlern in musealen Sammlungen in Balance zu nachvollziehbar. ›Von Arp bis Warhol‹5 (1992) Vielmehr rückten dahinterliegende soziale, klas Orientierung entlang der ikonischen Hauptwerke bringen? stellte 75 Künstler vor – und eine Frau: Christa senspezifische und historische Fakten in eine zu begegnen war, sind über die kommenden Jahre Vorläufer war 2013 die Pennsylvania Academy of Näher. Der zweite Katalog, ›Geometrie als Ge qualitativ neue Perspektive und: die strategische kontinuierliche Umhängungen geplant, um neue the Fine Arts: Das Museum erzielte mit dem Ver stalt‹6 , 1999, präsentierte etwa 50 Positionen, Blindheit der Kunsthistorie selbst fand sich plötz historische Konstellationen und Kunsthistorie als kauf eines Bildes von Edward Hopper einen Erlös darunter nur vier Künstlerinnen: Lydia Dona, lich im überhellen Licht der Öffentlichkeit.1 Prozess mit permanent sich wandelnden Wertun von rund 40 Mio. Dollar und reinvestierte den Verena Loewensberg, Karin Sander, Yuko Shirai gen und Erkenntnissen kritisch zu thematisieren. Betrag seither in den schwerpunktmäßigen Erwerb shi. Diese Statistik – geschätzt darf man für die Eine nicht minder kontrovers und international von Werken internationaler, schwarzer und quee Zeit vor dem Jahr 2000 von einer Berücksichti geführte Debatte wurde im Spätsommer 2019 im Wichtige Vertreterinnen der Moderne und der rer Künstlerinnen wie auch schwarzer Künstler, gung weiblicher Kunst von etwa fünf Prozent Zuge der Neueröffnung des Museum of Modern Gegenwartskunst können nun im MoMA den die ebenso markant unterrepräsentiert sind. Eine ausgehen – spiegelt durchaus die Haltung vieler Art, New York, durch die Neuordnung der Hän prominenteren Künstlern auf Augenhöhe begeg Vorreiterrolle in diesem Sinne hat auch die Dia Art musealer und öffentlicher Sammlungen der Zeit gung, die damit verbundene Revision historischer nen: Louise Bourgeois’ Skulptur Quarantania I, Foundation, New York, gespielt, initiiert wesent wider und führt plakativ vor Augen, dass die Zu Stilabfolgen und die Neubewertung der Rolle der 1947–53, sowie ein Hauptwerk der schwarzen lich durch Jessica Morgan, die Chefkuratorin seit rückhaltung oder Ignoranz gegenüber Künstlerin Künstlerinnen im 20. Jahrhundert ausgelöst. Das US-amerikanischen Malerin Faith Ringgold, Ameri 2015: Seither wurden für die vordem massiv nen bis weit in das ausgehende 20. Jahrhundert MoMA hat in den letzten Jahrzehnten immer wie can People Series #20, 1967, und Pablo Picassos männlich dominierte Sammlung bedeutende Werk durchgesetzt wurde. der versucht, die rund einhundertjährige Orientie Les Demoiselles d’Avignon, 1907, können vis-à-vis gruppen erworben und ausgestellt von Hanne rung einer weiß-männlich-westlichen Kunstge neue Lesarten entfalten. Henri Matisse’ L’Atelier Darboven, Michelle Stuart, Mary Corse, Dorothy Aktuell umfasst die Daimler Art Collection rund schichtsschreibung über Themenausstellungen, rouge, 1908, findet in Alma Woodsey Thomas’ Rockburne, Charlotte Posenenske oder Nancy 650 Künstler*innen, davon ca. 170 Künstlerinnen, Publikationen und neue Schwerpunkte der Samm Fiery Sunset, 1973, ein dialogisches Gegenüber. Holt.3 ihre Präsenz liegt bei ca. 25 Prozent – eine deutli lungspräsentation zu hinterfragen. Mit der Neuer Die Nachbarschaft von Wilfredo Lams Bild The che Steigerung, aber es ist gleichwohl noch ein öffnung stehen nun eine grundlegende Revision Jungle, 1943, und Maya Derens/Talley Beattys Im Herbst 2019 nun zog das Baltimore Museum of weiter Weg zu gehen. Mit dem Wechsel der der kuratorischen Verantwortung des Museums experimentellem Tanzfilm A Study in Choreography Art eine hitzig geführte Kontroverse auf sich: Der Sammlungsleitung 20017 wurde ein strategischer und eine Rekontextualisierung der jüngeren Kunst for Camera, 1945, kann Erkenntnisse hinsichtlich Direktor Christopher Bedford hatte aus der weit Schwerpunkt auf die Einbeziehung von Künstlerin öffentlich zur Diskussion. der Umsetzung existenzieller Erfahrung im Ver gehend maskulin dominierten Museumssammlung nen gelegt und es fanden im Verlauf weniger Jahre Entgegen der Tradition, die Raumabfolgen im hältnis von Figur, Raum, Zeit eröffnen. Werke von Künstlern wie Andy Warhol oder Robert bedeutende Einzelwerke bzw. Werkgruppen von Marschtritt der Kunst-Ismen separiert und in Die kritische Frage bleibt: Werden die Werke der Rauschenberg veräußert und verkündet, den Erlös Vertreterinnen der internationalen Nachkriegs Reihe zu halten, haben die Meisterwerke des Künstlerinnen – dekontextualisiert und in affirma 2020 in Werke von Künstlerinnen zu reinvestieren. avantgarden und der aktuellen Kunst Eingang in MoMA jetzt überraschend neue Nachbarinnen und tive Bezüge versetzt – nur Begleitstimmen im Überraschend kam nicht nur harsche männliche die Sammlung: in den frühen 2000er-Jahren waren 8 9
dies Dadamaino (I), Sylvie Fleury (CH), Gail Has eine ungewöhnliche Beleuchtung, Sound-Effekte tings (AUS), Isabell Heimerdinger (D), Tamara K.E. und vor allem zahlreiche ungewöhnliche Präsenta (GE), Sarah Morris (USA), Charlotte Posenenske tionsformen für die ausgestellten Objekte.8 (D), Elaine Sturtevant (USA), Simone Westerwinter (D), Andrea Zittel (USA) etc. Ab 2003 folgten Marcel Duchamp ist auch Ideengeber und Kokura Werke weiterer international renommierter Künst tor der ersten Ausstellung in Peggy Guggenheims lerinnen wie Jane Alexander (ZA), Leonor Antunes Galerie, die sich ausschließlich auf weibliche (P), Jo Baer (USA), Hanne Darboven (D), Ulrike Vertreterinnen der Avantgarde fokussiert: ›Exhibi Flaig (D), Andrea Fraser (USA), Beate Günther (D), tion by 31 Women‹ (5.–31. Januar 1943).9 Zwei Silke Radenhausen (D), Berni Searle (ZA), Pamela Ausstellungen, die Duchamp gesehen haben könn Singh (IND), Katja Strunz (D), in jüngerer Zeit te, mögen hier Vorbildfunktion gehabt haben: beispielsweise Bethan Huws (UK), Cao Fei (CHN) 1934 hatte Katherine S. Dreier – US-amerikani oder Iman Issa (ET) und viele andere. Es sind sche Kunstsammlerin und Feministin, Freundin Werke und Künstlerinnen, die teilweise auch in Duchamps und Partnerin vieler gemeinsamer Amit Berlowitz, Beach (Aus der Serie Awakening), 2011, HD Video Film, 5:34 min unserer aktuellen Ausstellung ›31: Women‹ wieder Projekte – mit Werken der Sammlung der Société vertreten sind und in neuen, überraschenden Anonyme 13 Malerinnen in New York vorgestellt Konstellationen diskutiert werden können. Für das unter dem Titel ›From Impressionism to Abstrac Jahr 2020 haben wir uns u. a. auf Erwerbungen tion. 13 Women Painters from France, Germany, 7. Juli). Viele der nun insgesamt 33 Teilnehmerin usw. –, wurden erstmals als eigenständige Akteu von Künstlerinnen schwarzafrikanischer Herkunft Belgium, Norway, Poland and the United States‹.10 nen waren bereits in der ersten Ausstellung dabei, rinnen auf dem Feld der Kultur wahrgenommen. fokussiert, die ebenfalls in dieser Schau vorge In Paris war 1937 eine erste Ausstellung eröffnet jedoch verlagert Guggenheim dieses Mal den Nach den Errungenschaften für Frauen in Kunst, stellt werden: Zanele Muholi (ZA), Nnenna Okore worden, die ausschließlich Künstlerinnen vorstell Schwerpunkt von surrealistischen hin zu den Kultur und sozialen Bereichen zu Beginn des (AUS), Lerato Shadi (ZA) und Adejoke Tugbiyele te, in diesem Fall aus Europa, ›Les Femmes artis abstrakten Tendenzen der Zeit mit neuen Namen 20. Jahrhunderts hatte es bedingt durch das Erstar (USA). tes d’Europe exposent au Musée du Jeu de Pau wie Nell Blaine, Louise Bourgeois, Lee Krasner, ken faschistischer Politik in Europa, rechter Ge me‹ (11.–28. Februar).11 Charmion von Wiegand und Catherine Yarrow.13 sinnungen und die Umwälzungen des Zweiten Welt ›31: Women‹ Marcel Duchamp, Peggy Peggy Guggenheim stellte 1943 vorwiegend Ver Diese bahnbrechenden Ausstellungen zu den krieges einen Rückfall in eine durch und durch Guggenheim und das Jahr 1943 treterinnen des Surrealismus vor wie Leonora künstlerischen Vertreterinnen der Avantgarde ließ maskulin dominierte Gesellschaft gegeben, Am 13. Juli 1941 verließ Peggy Guggenheim Carrington, Leonor Fini, Valentine Hugo, Meret die Peggy Guggenheim Collection in Venedig 1997 die sich auch massiv auf das Kunstsystem aus Europa Richtung New York auf der Flucht vor mög Oppenheim und Dorothea Tanning; abstrakte mit der Ausstellung ›Art of This Century: The wirkte.15 In diesem Umfeld waren die Ausstellungen lichen Repressionen durch die deutsche Besat Malerei von Irene Rice Pereira, Hedda Sterne und Women‹ noch einmal Revue passieren.14 von Peggy Guggenheim, die nicht nur als Mitglied zung in Frankreich. Im Juni 1942 erhielt Marcel Sophie Taeuber-Arp; es waren Bilder und Objekte einer in den USA weit bekannten Unternehmer Duchamp sein Visum für die Ausreise und wohnte, von Djuna Barnes, Xenia Cage, Frida Kahlo, Suzy Man kann die Bedeutung dieser beiden ›Women‹- familie einen großen Namen trug, sondern über in New York angekommen, zunächst in Peggy Frelinghuysen, Louise Nevelson und Elsa von Ausstellungen in ihrer Zeit 1943/45 und vor allem dies auch als Galeristin erfolgreich war, ein star Guggenheims Apartment in der East 51st Street. Freytag-Loringhoven zu sehen; und schließlich für den US-amerikanischen Kontext nicht hoch kes Signal. Die beiden waren seit 1938 befreundet, Duchamp auch unbekannte, jüngere Künstlerinnen wie genug einschätzen. Für viele Künstlerinnen waren hatte die US-amerikanische Kunstmäzenin für die Gypsy Rose Lee, Peggy Guggenheims Schwester die Präsenz in Guggenheims renommierter Gale An zwei weitere Aspekte muss hier erinnert wer Ausrichtung ihrer Galerie in London und den Hazel McKinley und ihre Tochter Pegeen Vail rie, die Aufmerksamkeit von Presse und Öffent den. Bereits seit den 1920er-Jahren hatte Peggy Aufbau ihrer Kunstsammlung in Paris beraten. Im Guggenheim.12 lichkeit und der Kontakt zu Duchamp und seinem Guggenheim Künstlerinnen und Autorinnen ihres Oktober 1942 eröffnete Guggenheim ihr Galerie- kulturellen Netzwerk ein Sprungbrett für ihre Umfelds finanziell und ideell unterstützt: Berenice Museum Art of This Century in der New Yorker Die große Aufmerksamkeit, die die Ausstellung weitere Karriere. Die Partnerinnen berühmter Abbott, Djuna Barnes, Natalie Barney, Emma West 57th Street Nummer 30. Die große Attrakti ›Exhibition by 31 Women‹ bei Presse und Öffent Künstler der Zeit, die hier ausstellten – Xenia Goldman oder Mina Loy.16 Zusätzlich zu den on ist die extravagante Innenausstattung von lichkeit fand, veranlasst Peggy Guggenheim 1945 Cage, Jacqueline Lamba (die Frau von André Künstlerinnen, die 1943 und 1945 vorgestellt Friedrich Kiesler: organisch mäandernde Wände, zu einer Folgeausstellung: ›The Women‹ (12. Juni– Breton), Kay Sage (verheiratet mit Yves Tanguy) wurden, stellte Peggy Guggenheim junge Künst 10 11
Mit den Worten von Martica Sawin: »Ob durch porary Berlin. Die walisische Konzeptkünstlerin Die Publikation fokussiert die künstlerischen, Zufall oder einer Intention folgend – Guggenheim Bethan Huws hatte hierfür ein ortsbezogenes kulturellen und gesellschaftspolitischen Leistun war in der Tat eine Konstrukteurin von Geschich Projekt sowie ein Künstlerbuch mit exemplari gen der vorgestellten Frauen, die oftmals tonange te.«18 Und man darf in diesem Kontext ergänzen: schen Arbeiten aus der Sammlung konzipiert.21 bende Figuren der frühen Moderne des 20. Jahr Sie hatte in Marcel Duchamp einen Gesprächs Mit der Ausstellung ›Der Duchamp-Effekt. Ready hunderts waren. Entsprechend den Intentionen partner, der sie in der Ausrichtung auf eine anti- made. Werke aus der Daimler Art Collection zu der Herausgeberinnen spielen gängige Klischees hierarchische, genderübergreifende Ausstellungs- Gast in der Kunsthalle Göppingen‹ (2016/17) wie die Nacherzählung erotischer Beziehungen, und Förderpolitik energisch und intelligent wurde in einem zweiten Schritt der historischen der Topos von Schöpfer und Muse oder die Auf unterstützte. Bedeutung des ›Konzepts Readymade‹ nachgegan deckung psychologischer Motive in dem Buch keine gen. Die Thematik wird 2020 im Daimler Contem Rolle (wenngleich einige wenige der porträtierten 100 Jahre Readymade, Duchamp, porary Berlin mit ›31: Women‹ erneut aufgegriffen. Frauen durchaus zeitweise auch eine Liebesbezie weibliche Avantgarden 1900 bis heute: Für die organisatorische Umsetzung dieser Aus hung zu Duchamp pflegten.) Jüngere Projekte, Publikationen und stellungen danke ich dem Kernteam der Daimler Für die Werkentwicklung wie für spezifische künst Recherchen der Daimler Collection Art Collection, Susanne Bronner, Monika Daubner, lerische Werkentscheidungen waren für Duchamp Den Anstoß für die Ausstellung ›31: Women‹ Claudia Grimm und vor allem, in Berlin, Kathrin die oft über Jahrzehnte gepflegten Verbindungen Mary Corse, Black Painting, 1986 gaben 2016 begonnene und gemeinsam mit der Hatesaul, unseren Doktorandinnen Wiebke Hahn mit Frauen besonders bedeutsam. Das Buch stellt Glasmikrokugeln in Acryl auf Leinwand Duchamp-Expertin Katharina Neuburger verfolgte (bis 2019), Nadine Isabelle Henrich (2017-20) und diese Frauen erstmals mit Blick auf das biografi 207 × 139,7 × 3,8 cm Recherchen für ein Symposium und eine Publikati Sarah Maske (2019) sowie Maria Radke als Prakti sche und kulturelle Umfeld Duchamps vor – von on der Daimler Art Collection. Unter dem Thema kantin (2019/20). seinen Jugendjahren bis zu seinem Tod im Jahr lerinnen der Zeit auch in ihrem ›Spring Salon for ›Duchamp als Kurator‹ wurden die kuratorischen 1968 – und macht die Leser*innen mit den kultu Young Artists‹ vor und neun Künstlerinnen erhiel Aktivitäten Duchamps in den Blick genommen und Begleitend zu ›31: Women‹ erscheint, ebenfalls in rellen Zirkeln und künstlerischen Bewegungen ten in ihrer Galerie Einzelausstellungen. Diese ihre Relevanz für sein künstlerisches Werk unter Kooperation mit Katharina Neuburger, die Publi bekannt, in deren Umfeld die vorgestellten Frauen Fakten haben die feministische Kunstkritik zu der sucht.19 kation ›Marcel Duchamp und die Frauen. Freund aktiv waren und auf die sie ihrerseits prägenden Einschätzung geführt, dass Peggy Guggenheim zu Aus diesen Recherchen heraus und umfänglich schaft, Kooperation, Netzwerk‹.22 Die Publikation Einfluss nahmen. den wichtigsten Impulsgeber*innen weiblicher erweitert ist 2019 eine erste Publikation entstan eröffnet eine ungewöhnliche Perspektive auf den Neben Kurzbiografien zu rund 65 Frauen aus dem Kunst in ihrer Zeit zu zählen ist – ganz entgegen den (Text: Wiehager), welche in chronologischer ›Jahrhundertkünstler‹ Marcel Duchamp. Anhand Umfeld Marcel Duchamps liegt der Schwerpunkt der Rolle der skandalträchtigen Femme fatale, in Folge Duchamps kuratorische Aktivitäten bezogen kunstwissenschaftlicher Essays und biografischer des Buches bei 15 ausführlichen Essays zu Leit der sie üblicherweise wahrgenommen wird: auf Ausstellungen, Sammlungen und Publikationen Porträts zu rund 80 Protagonistinnen von der figuren der frühen Moderne und Wortführerinnen vorstellt.20 frühen Moderne bis in die 1960er-Jahre, die eines qualitativ neuen Feminismus, mit welchen »Während Art of This Century für viele Künstlerin- Leben und Werk von Duchamp geprägt haben, Duchamp persönlich eng verbunden war bzw. nen ein energetisierender Ausgangspunkt war, 100 Jahre Readymade: Duchamps erste schriftli werden wesentliche Initiativen und Kooperationen deren Werk er bewunderte. Die wichtigsten diente sie im theoretischen Sinne auch als Bühne che Nennung des Begriffs ›Readymade‹ 1916 diskutiert, die seine künstlerischen Projekte Lebensstationen und Werke der Frauen werden für einen Diskurs über Geschlechterfragen, der bis sowie die erste Ausstellung von Fountain 1917 in begleitet und angeregt haben. Ergänzend werden vorgestellt, jedoch immer mit einem Fokus auf heute andauert. Wenn Guggenheims Einfluss auf New York waren der Anlass, 2016/17 dem Kon Texte von Frauen ins Deutsche übersetzt und biografische Koinzidenzen bezogen auf Duchamp die Kunst des 20. Jahrhunderts diskutiert wird, zept des Readymade in der Daimler Art Collection zugänglich gemacht, die bisher nur an entlegener und konzeptuelle Kooperationen. Die Essays haben die dramatischen und anekdotischen weitergehende theoretische wie auch ausstel Stelle auffindbar bzw. lediglich in französischer widmen sich u. a.: Louise Arensberg / Djuna Geschichten oft Vorrang vor den Tatsachen. Ob es lungspraktische Fundierungen zu geben. ›On the oder englischer Sprache verfügbar waren. Der Barnes / Gabrielle Buffet-Picabia / Katherine S. uns gefällt oder nicht, Peggy Guggenheim mit ihren Subject of the Readymade, or Using a Rembrandt Band zeichnet das gesellschaftliche und kulturelle Dreier / Suzanne Duchamp / Peggy Guggenheim verrückten Brillen, ausgefallenen Statements und as an Ironing Board. Arbeiten aus der Daimler Art Wirken der Frauen nach, die als Sammlerinnen, / Mina Loy / Maria Martin / Louise Norton / seifenopernartigen Memoiren steht im Zentrum Collection ausgewählt von Bethan Huws anlässlich Galeristinnen, Künstlerkolleginnen und Autorin Mary Reynolds / Carrie, Florine und Ettie Stett dieses transitorischen Moments für amerikanische 100 Jahre Readymade‹ war der Titel der ersten nen ihre Zeit in Europa und den USA mitgeprägt heimer / Elsa von Freytag-Loringhoven / Beatrice Künstlerinnen.«17 diesbezüglichen Ausstellung im Daimler Contem haben. Wood. 12 13
Die Schwerpunkte des Buches werden außerdem dender Aspekt angenommen werden. Als unheim 2019, https://news.artnet.com/womens-place-in-the-art- by_31_Women [July 28, 2019]: 9. Weiterhin waren vertreten: world/case-studies-how-four-museums-are-taking-radical- Meraud Guevara, Anne Harvey, Buffie Johnson, Jacqueline in einer öffentlichen Vortragsreihe in Berlin wäh lich bezeichnet Freud Dinge oder Situationen, die measures-to-admit-more-women-artists-into-the-art-historical- Lamba Breton, Aline Meyer Liebman, Milena Pavlović-Barili, rend der Laufzeit der Ausstellung ›31: Women‹ vertraut und bekannt sind, zugleich aber das canon-1654717. Barbara Reis, Kay Sage Tanguy, Gretchen Schoeninger, Sonja vorgestellt. Gefühl der Ängstlichkeit auslösen. Sekula, Esphyr Slobodkina, Julia Thecla und Maria Helena 4 Brian Boucher, »Facing Pushback From the Left and Right, the Vieira da Silva. Sechs Künstlerinnen werden unter den Aspekten Baltimore Museum’s Director Defends His Decision to Buy Only Women’s Art in 2020«, 12. Dezember 2019, https:// 13 Siobhan M. Conaty. »Art of This Century: A Transitional Konstellationen und Themen der aktuellen ›Hybride, Transkulturalität und Neuentwürfe‹ news.artnet.com/art-world/baltimore-museum-women- Space for Women«, in American Women Artists, 1935–1970: Ausstellung ›31: Women‹ vorgestellt: Sonia Khurana (IND), Zanele Muholi art-1730058. Gender, Culture, and Politics, hrsg. von Helen Langa und Paula Wisotzki, (London: Routledge, 2016), 25–40. Guggenheims Ich referiere im weiteren die Konstellationen von (ZA), Annu Palakunnathu Matthew (GB), Berni 5 Von Arp bis Warhol. Sammlung Daimler-Benz. Hrsg. von der Ausstellung ›The Women‹ war ursprünglich als Kooperation Künstlerinnen und Werken, wie sie sich für die Searle (ZA), Lerato Shadi (ZA), Adejoke Tugbiyele Daimler-Benz AG (Stuttgart: Gerd Hatje 1992). mit der David Porter Gallery, Washington, DC, geplant, was Besucherinnen und Besucher unserer Ausstellung (USA). Künstlerische Positionen, die sich mit 6 Geometrie als Gestalt. Strukturen der modernen Kunst von jedoch aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen Albers bis Paik. Werke aus der Sammlung DaimlerChrysler. Guggenheim und Porter nicht realisiert wurde. Porter organi- ›31: Women‹ im Rundgang erschließen können. Postkolonialismus, Feminismus und einer zeitge Hrsg. von Fritz Jacobi. Ausst. Kat. Neue Nationalgalerie Berlin sierte unter dem gleichen Titel – ›The Women‹ – eine eigene ›Minimalism and After – politische, poetische und nössischen Perspektive auf Identitätspolitiken und (Berlin: Staatliche Museen, 1999). Wanderausstellung, die auf ihrer ersten Station in Washington vom 10. bis zum 30. Juni 1945 zu sehen war. persönliche Revisionen‹ ist der Auftakt der Aus Genderkonstruktionen auseinandersetzen, bilden 7 Bis 2000 wurde die Daimler Art Collection von Hans Baumgart geleitet, seit 2001 von der Autorin dieses Beitrags. 14 Siobhan M. Conaty, Hrsg., Art of This Century: The Women, stellung umschrieben. Vorgestellt werden Konstel folglich einen zentralen Aspekt dieses Teils. Ausst. Kat., Pollock-Krasner House und Study Center, East lation von künstlerischen Arbeiten, die sich auf Der Rundgang durch die Ausstellung schließt mit 8 Jennifer Gough-Cooper/Jacques Caumont: »Ephemerides on Hampton, NY (New York: Stony Brook Foundation / Solomon and about Marcel Duchamp and Rrose Sélavy: 1887–1968«, unterschiedliche Weise mit den Umbrüchen in der einer Konstellation von acht Künstlerinnen unter R. Guggenheim Foundation, 1997). in Marcel Duchamp: Work and Life, hrsg. von Pontus Hultén, Kunst der 1960er-Jahre auseinandersetzen. Der dem Thema: ›Körper Zyklen Identitäten‹. Diskutiert Pontus, Ausst. Kat., (Cambridge, MA: MIT Press, 1993, o. S., 15 Siobhan M. Conaty hat noch in den 1990er-Jahren mit 20. Oktober 1942; vgl. auch Annette Seemann: Peggy Guggen- Künstlerinnen sprechen können, die 1943 bzw. 1945 an den Minimalismus mit seiner perfekten Formenspra werden die Werke von Ulrike Flaig (D), Beate heim: Ich bin eine befreite Frau (Düsseldorf: Econ & List Verlag Ausstellungen in der Guggenheim-Galerie beteiligt waren und che wird in den Werken von Marcia Hafif (USA), Günther (D), Isabell Heimerdinger (D), Tamara K.E. 1998), 238–243; Francine Prose, Peggy Guggenheim: The von einer »dominanten Macho-Attitüde« in den USA in dieser Shock of the Modern (New Haven, CT: Yale University Press Zeit gesprochen haben. Conaty 2016, wie Anm. 13, 35 [Übers. Kazuko Miyamoto (J), Efrat Shvily (IL), Natalia (GE), Charlotte Moorman (USA), Nnenna Okore 2015) 134–139; Mary V. Dearborn. Ich bereue nichts! Das d. A.]. Stachon (PL) und Katja Strunz (D) einer kritischen (AUS), Berni Searle (ZA) und Adejoke Tugbiyele außergewöhnliche Leben der Peggy Guggenheim, übersetzt von 16 Dearborn 2005, wie Anm. 8, 18, 64, 116, 160, 171, 175, 236, Revision unterzogen. (NIG/USA). Hier eröffnet sich ein denkbar breites Cornelia Panzacchi (Bergisch Gladbach: Gustav Lübbe Verlag, 348. 2005), 281–285. Ein zweiter Schwerpunkt widmet sich ›Geometri Spektrum zugleich kontroverser und sich ergän 17 Conaty 2016, wie Anm. 13, 37 [Übers. d. A.]. 9 Peggy Guggenheim, Ich habe alles gelebt: Autobiographie, en, Proportionen, Harmonien. Zwischen Abstrakti zender Themen: feminine Archetypen, kosmische übersetzt von Eva Malsch, 10. Aufl. (Bergisch-Gladbach: 18 Martica Sawin, Surrealism in Exile and the Beginning of the on und zeitgenössischem Living Space‹ und bringt Rhythmen und Zyklen individuellen Lebens, Tanz Gustav Lübbe Verlag 2008), 420; Dearborn 2005, wie Anm. New York School. Cambridge, MA: MIT Press 1995), 236 die Künstlerinnen Anni Albers (D), Ilit Azoulay (IL), 8, 293, 296; Salean A. Maiwald, »Peggy Guggenheim«, in [Übers. d. A.]. und Aggression, Krieg und Verwundung, Identi Sammeln nur um zu besitzen? Berühmte Kunstsammlerinnen Anne Beothy Steiner (AT-HU), Mary Corse (USA), tätswechsel und Rollenspiele. 19 Renate Wiehager und Katharina Neuburger, Hrsg., Duchamp von Isabella d’Este bis Peggy Guggenheim (Berlin: AvivA 2000), als Kurator. Duchamp as Curator (Köln: Snoeck, 2017), 14–15, Andrea Fraser (USA), Silke Radenhausen (D), 276–279. 393–411. Die Publikation kann online bestellt werden: Amalia Valdés (RCH), Andrea Zittel (USA) zusam 10 From Impressionism to Abstraction, Clubhaus der American https://art.daimler.com/publication/duchamp-als-kurator/. Women’s Association New York (14. November–8. Dezember men. Mit den abstrakten Begriffen von Geometrie, Anmerkungen 1934). Auf ihrer zweiten Station wurde die Schau im Wads- 20 Renate Wiehager. Marcel Duchamp. Das kuratorische Werk (Köln: Snoeck, 2019). Die Publikation kann online bestellt Proportion, Raum und Harmonie verbunden sind 1 Für eine Zusammenfassung der Diskussion siehe etwa: Emily worth Atheneum in Hartford, Connecticut, gezeigt (13. Dezem- werden: https://art.daimler.com/publication/marcel- nicht minder bedeutsame inhaltliche und gesell Butterfield-Rosen. »The Modern Woman«, in: Artforum 58, ber 1934–30. Januar 1935); vgl. auch Katherine S. Dreier/ duchamp-das-kuratorische-werk/. No. 2 (Oktober 2019), 188-201. Marcel Duchamp, Hrsg. Collection of the Société Anonyme: schaftspolitische Setzungen – von den Utopien Museum of Modern Art 1920 (New Haven, CT: Yale University 21 Renate Wiehager/Dieter Association Paris, Hrsg., On the 2 Julia Halperin/Charlotte Burns, »Museums Claim They’re der frühen Moderne bis zu aktuellen institutions Paying More Attention to Female Artists. That’s an Illusion«, Art Gallery, for the Association of Fine Arts, 1950) 211. Subject of the Readymade or Using a Rembrandt as an Ironing Board: Arbeiten aus der Daimler Art Collection ausgewählt von kritischen und feministischen Fragestellungen. 19. September 2019, https://news.artnet.com/womens- 11 Zu sehen war ein Spektrum mit 500 Werken von mehr als Bethan Huws anlässlich 100 Jahre Readymade. (Berlin: Daimler place-in-the-art-world/womens-place-art-world-muse- 100 Künstlerinnen; vgl. hierzu den zugehörigen Ausstellungs- ›Untergründig, unheimlich, intuitiv, unbewusst‹ ist Contemporary 2016) Die Publikation kann online bestellt ums-1654714. Julia Halperin/Charlotte Burns, »Female Artists katalog: Musée du Jeu de Paume, Hrsg, Les Femmes artistes werden: https://art.daimler.com/publication/on-the-subject- der folgende Schwerpunkt der Ausstellung um Represent Just 2 Percent of the Market. Here’s Why—and How d’Europe exposent au Musée du Jeu de Paume (Paris: Musée of-the-ready-made-or-using-a-rembrandt-as-an-ironing-board/. schrieben, mit Arbeiten von Amit Berlowitz (USA), That Can Change«, 19. September 2019, https://news.artnet. du Jeu de Paume / Musée des écoles étrangères contempo- com/womens-place-in-the-art-world/female-artists-represent- raines, 1937). 22 Renate Wiehager und Katharina Neuburger, Marcel Duchamp Madeleine Boschan (D), Dadamaino (I) und Domi just-2-percent-market-heres-can-change-1654954. und die Frauen. Freundschaft, Kooperation, Netzwerk (Köln: 12 Vgl. Kate Buckley. Peggy Guggenheim and the Exhibition by nique Gonzalez-Foerster (F). Sigmund Freuds 3 Julia Halperin/Charlotte Burns: »Case Studies: How Four 31 Women (Senior Thesis, Maryland Institute College of Art, Snoeck 2020). Konzept des ›Unheimlichen‹, welches er 1919 in Museums Are Taking Dramatic Measures to Admit More Herbst 2010), 9. https://www.researchgate.net/publica- Women Artists into the Art Historical Canon«, 19. September tion/303688428_Peggy_Guggenheim_and_The_Exhibition_ einem Artikel entwickelte, könnte als ein verbin 14 15
Friederike Horstmann Minimalism and After Politische, poetische und persönliche Revisionen Marcia Hafif, Kazuko Miyamoto, Efrat Shvily, Natalia, Stachon, Katja Strunz Natalia Stachon, Visions and Revisions 13, 2019, Set von 4 Zeichnungen Buntstift auf Papier, aufgezogen auf Alu-Dibond, gerahmt, je 56 × 42 cm Der Rundgang durch die Ausstellung ›31: Women‹ aspekte und Bedingungen des Bildes. Ihr erstes eröffnet mit einer Konstellation von künstlerischen Kapitel ›Pencil on Paper‹ ist der Zeichnung gewid Arbeiten, die sich auf unterschiedliche Weise mit met. Ihm liegt ein rationales, auf sich selbst bezo den Umbrüchen in der Kunst der 1960er-Jahre genes Konzept mit primär technischen Handlungs auseinandersetzen: Der Minimalismus mit seiner anweisungen zugrunde: »Papier und Bleistift sind perfekten Formensprache wird in den Werken von das Grundmaterial, vertikale Bleistiftstriche, 0,64– Marcia Hafif, Kazuko Miyamoto, Efrat Shvily, Nata 1,27 lang, Koh-I-Noor HB, wiederholen sich über lia Stachon und Katja Strunz einer kritischen das ganze Blatt. Die Arbeit wurde in der linken Revision unterzogen. Von den abstrakten Avant oberen Ecke begonnen und endete in der unteren garden vielfach angeregt soll die Fülle an künstle rechten Ecke, wenn die ganze Seite ›beschrieben‹ rischen Perspektiven konturiert und dabei Einlas war.«1 Die Blätter Pencil on Paper: February 7, 1974 sungen in politische, poetische und persönliche und Pencil on Paper: March 2, 1974 der Daimler Umformungen freigelegt werden. Art Collection bezeichnen den Tag der Arbeit und füllen sich mit kurzen, dicht nebeneinander Die US-amerikanische Künstlerin Marcia Hafif gesetzten Bleistiftlinien. Sie sind zwar nach einer gehört zu den Vertreterinnen der analytischen strengen Vorgabe fortgeführt, schließen aber Kunst, die selbstreferenziell um die Sprache der unweigerlich kleine, individuelle Akzentuierungen malerischen und zeichnerischen Mittel kreist. ein, da die Striche von Hand gezeichnet sind und Ihr 1978 im ›Artforum‹ publizierter Aufsatz ›Begin sich dem agogischen Fluss des Schreibens weder ning Again‹ ist nicht nur eine Bestandsaufnahme entziehen können noch wollen: »Die Bedeutung der Methoden und Materialien der traditionellen dieser Striche und folglich des Bildes ergibt sich westlichen Malerei, sondern er formuliert einen aus der Art der Organisation der Striche zusam konzeptuellen Ansatz: Die elementaren Aus men mit der persönlichen Note der Künstlerin.«2 drucksmöglichkeiten der Kunst – also die künstle Diese subjektive Spur ist auch eine Differenz rischen Mittel, Pinselführung, Oberfläche, Bild zur Minimal Art, mit der Hafif viele Faktoren – format – stehen zur Disposition und werden ganz Besinnung auf medialen Eigensinn des Materials, grundsätzlich in einzelnen Kapiteln mit puristi Purismus der Mittel, Einfachheit der Geste – teilt. schen Aufgabenstellungen untersucht. Diese Neuerfindung unter analytischen Direktiven be Eine weitere Position, die geometrische Präzision ginnt 1972: Über wechselnde Prämissen und und Perfektion der Minimal Art durch eine sub Natalia Stachon, A Plot of Undiscovered Ground 01, 2019 mittels radikaler Reduktion befragen die jeweili jektive Signatur in Frage stellt, wird im ersten Stahl, Edelstahl, Neon gen Kapitel ihres später nüchtern betitelten Lang Ausstellungsraum von der japanischen Künstlerin Ca. 100 × 700 × 70 cm zeitprojektes ›Inventory‹ unterschiedliche Einzel Kazuko Miyamoto vertreten: Während die 16 17
Efrat Shvily, Rehavia 2, 5, 2009 Beide Silbergelatineabzug, je 43 × 58 cm deutlicher hervor. Das geometrische Formenvoka dessen innere Geografie u. a. in Else Lasker-Schü bular inspirierte Miyamoto zu einer gleichnamigen lers erzählerischem Hauptwerk ›Das Hebräerland‹ ›String Construction‹, die sie 1978 im PS1 präsen und in Gershom Scholems Autobiografie ›Von tierte. Als zeichnerischen Ausgriff in die dritte Berlin nach Jerusalem‹ skizziert wird. Shvilys Dimension spannen die in Boden und Wand veran Bilder dokumentieren das Verblühen des einst kerten Baumwollfäden einen höchst komplexen, mals bildungsbürgerlichen Viertels, zeigen eine Kazuko Miyamoto, GO, 1971 ephemeren Hohlkörper auf – eine Fadenkaskade von üppiger Vegetation überwucherte und vom Acryl, Kreide auf Leinwand, 176 × 187,5 cm in schrägen Winkeln, die als eine dreidimensionale Verfall bedrohte Architektur. Wie von einer Patina Zeichnung im Raum verwirrende, visuelle Effekte sind die ruinösen Gebäude von wild wuchernden minimalistische Kunst so unpersönlich wie mög vergrößerten Ausschnitt des Bretts, bei welchem erzeugt. Je nach Blickwinkel sieht die verräumlich Blättern, Büschen und Bäumen überzogen. Die vor lich sein oder erscheinen wollte, indem sie indu die schwarzen Kreise an allen Rändern ange te Zeichnung anders aus, der Grad an Opazität mehr als 90 Jahren angelegten Pflanzen der Grün strielle Materialien und Fertigungsweisen einsetz schnittenen sind und die Gitterstruktur nahezu und Sättigung zwischen den filigranen Fäden flächen machen sich selbstständig, erzeugen ein te, bereichert Miyamoto eine strenge Systematik völlig besetzen. Nicht nur das serielle Prinzip der variiert, wodurch optisch changierende Schimmer Gefühl von schauerromantischer Vergänglichkeit um kleine Irregularitäten und künstlerische Hand Minimal Art wird von Miyamoto durch Irregularitä entstehen, die für Miyamotos Werk charakteris und können gleichermaßen für das sinnbildhafte schrift. In ihrer Arbeit Go, 1971, verunmöglicht ten konterkariert, auf inhaltlicher Ebene führt sie tisch sind. Verschwinden einer geistigen Lebensform stehen. eine freihändige Kohlezeichnung eine gleichmäßi die Regelhaftigkeiten des Go-Spiels mittels einer Ohne die Titelinformation der Fotografien blieben ge Wiederholung der Kreise auf einer rasterförmi unmöglichen Spielsituation ad absurdum. Andere fotografische Recherchen im urbanen Shvilys Schwarzweißfotografien von dichtem gen Fläche. Die einzelnen Kreise sind individuali Serielle Modulation und Modifikation bestimmen Raum unternimmt die israelische Künstlerin Efrat Buschwerk und bröckelnden Fassaden unbe siert, variieren in ihrer Größe und ihre Konturen auch ihre Fadenskulpturen, die eng mit Miyamotos Shvily mit ihren Schwarzweißfotografien. Der Titel stimmbar ortlos und poetisch verunklärt. sind teilweise verschmiert oder verlaufen. Das fotografischen Milieustudien im urbanen Raum Rehavia bezieht sich auf einen Stadtteil gleichen großformatige Gemälde bezieht sich auf das zusammenhängen: In ihrer früheren Fotoserie Namens im Westen Jerusalems, der nach dem Zitathaft greifen die Arbeiten von Natalia Stachon gleichnamige Strategiespiel, das ursprünglich Archways to Cellar, 1977, dokumentierte Miyamoto Vorbild Berliner Gartenvororte vom Architekten auf das materiale und formale Inventar der aus China stammt, zunächst in und dann auch eine Reihe von Kellereingängen in den New Yorker Richard Kauffmann als Gartenstadt in den frühen 1960er-Jahre zurück. Im ihrem Werk lassen sich außerhalb Ostasien Beliebtheit erlangte. Auf Stadtteilen Bowery und Lower East Side – Gegen 1920er-Jahren konzipiert wurde. Rechavia war das die bis heute nachwirkenden Umbrüche in der einem Brett mit 19 × 19 Feldern legen zwei den, die in den 1970er-Jahren einen schlechten deutsch-jüdische Jerusalem, Hauptstadt der Jeckes, Kunst der frühen Moderne bis zur Minimal Art Spieler*innen abwechselnd ihre Steine in Weiß Ruf hatten. Die Keller dienten in der Regel als die aus unterschiedlichsten Beweggründen ins aufzeigen: Jenseits von mathematischer Dreidi und Schwarz auf die leeren Kreuzungspunkte Lagerhäuser für Geschäfte, die hauptsächlich von Land gekommen waren: aus zionistischer Selbst mensionalität wird Raum hier als »Empfindung, als eines Gitters. Ziel des Spiels ist es, Steine des marginalisierten Migrant*innen betrieben wurden. behauptung oder in der Folge ihrer Flucht vor Zwischenraum, als atmosphärisches Volumen« Gegners einzukreisen und so möglichst große Durch die nüchterne Schwarzweißfotografie tritt eskalierenden Entrechtungen und Deportationen konzeptualisiert.3 Die Serie Visions and Revisions, Territorien mit Steinen der eigenen Farbe zu die grafische Struktur der konzentrischen Back in Nazi-Deutschland. ›Grunewald im Orient‹ nann 2018/19, reflektiert bildräumliche Energien im erobern. Miyamotos Leinwand zeigt einen extrem steinbögen über den bodentiefen Schächten ten Bewohner*innen wie Besucher*innen Rechavia, klassischen Medium der Zeichnung. Sie zeigt 18 19
Institutionen, an denen Gesellschaft verhandelt nen Elemente im Raum wahrnehmbar: Metall wird – Akademien, Parlamente, Universitäten, versus Neon, Stabilität versus Labilität, Abgren Theater und Museen. Stachon nutzt Farbe, nicht zung versus Offenheit. um mit ihr einen Realismus darzustellen, sondern um eine Künstlichkeit durch leuchtendes, unwirk Eine Aneignung und Neuformulierung verschiede lich wirkendes Schwarzlicht offensiv zur Schau zu ner abstrakter Strömungen kann im Werk von stellen: Alle Innenräume sind von einem neonfar Katja Strunz freilegt werden: Rein formal lassen benen, durchaus bedrohlichem Blaulicht erfüllt, sich ihre Arbeiten als skulpturale Objekte und welches vereinzelt durch intensiv strahlende Collagen beschreiben, die sich im weitesten Sinn Spektralfarben gebrochen wird. Visions and Revi auf die Formensprache des Konstruktivismus und sions entwirft eine irreale Welt, in der stellenweise der Minimal Art beziehen – wenn auch mit kleinen fluoreszierende Farben förmlich explodieren und Abweichungen, Fehlern und Störmomenten, die die Grenze von Fiktion und Wirklichkeit offenge als methodische Brüche irritieren. Bereits Ende halten wird. Die Farben verdichten sich nicht mehr der 1990er-Jahre findet Strunz mit den sogenann zu Oberflächenfarben, sondern werden zu atmo ten ›Faltarbeiten‹ zu ihrer charakteristischen sphärischen Affektfarben. Die Institution tritt hier Formensprache. Gefundenes Holz, Metall und in einem artifiziellen Setting in Erscheinung, als andere Versatzstücke aus hinterlassenem Stadt- Katja Strunz, Ohne Titel, 2001 Katja Strunz, Konfiguration 4, 2005 potenzieller Aushandlungsort des Sozialen, für und Wohnmobiliar, ebenso vergilbte Magazin- und Holz, schwarze Farbe Eisen oxidiert und pulverbeschichtet 214 × 140 × 28,5 cm 90 × 90 × 30 cm Zuweisung und Bestätigung von Rollen, für den Buchseiten bilden Ausgangspunkte für Plastiken Kampf um Wahrnehmung und Durchsetzung von und Papierarbeiten. Elegante Wandobjekte Interessen. Diese sozialen Schauplätze sind in kommunizieren mit Assemblagen aus Müll mit Strunz) Anders als bei Smithsons Serie der Crystal onen, sondern Teil einer Strategie der Sichtbarma Stachons Zeichnungen menschenleer. Ohne indivi gebogenen Formen aus Schrott. Für ihre Structures sind Strunz’ stereometrische, kantige chung von verschiedenen Zeitdimensionen. Das duelle Subjekte stehen die Räume zur Disposition, Wandobjekte nutzt sie natürliche Materialien wie Körper jedoch nicht aus technoiden Materialien Prinzip der Gegenstandslosigkeit wird im Werk von sind Möglichkeitsräume. Auch der Titel der Arbeit Holz und Metall, die sie zu fächerartigen Objekten wie Spiegel, Stahl und Plexiglas zusammenge Strunz zugunsten eines narrativen Gehalts aufge formuliert eine offene Konstellation, in welche mit scharf aneinander gekanteten Elementen setzt, sondern aus marodem, furniertem oder hoben. Treffend charakterisiert Strunz ihre Ar Latenz, Vorläufigkeit und Prozessualität eingelas formt. In Auseinandersetzung mit dem Werk des lackiertem Holz – nicht zuletzt, um Reflektionen beitsweise als ›Collagieren‹: »Collagieren als sen sind. US-amerikanischen Minimal- und Land Art-Künst zu vermeiden und Smithsons Vorstellung eines Prinzip der Unterbrechung, der Zusammenführung In der raumgreifenden Neon-Installation A Plot of lers Robert Smithson beginnt Strunz mit einer unendlich gespiegelten Raumes (»the universe is a von Ungleichzeitigem, Verlorenem, Flüchtigem Undiscovered Ground, 2020, erinnern die aufge Serie von prismenartigen Wandobjekten mit viel hall of mirrors«; »reflections reflecting reflections«. aktualisiert verbrauchtes Material durch das neue reihten Metallständer an Personenleitsysteme, die fältigen, sich auflösenden Fluchtpunkten: Bei der R. Smithson) zu konterkarieren. In-Beziehung-Setzen. [...] Es entsteht eine Art auch in den Fluren, Foyers oder Räumen auf den großen Wandkompositionen Ohne Titel, 2001, Beim Wandobjekt Konfiguration 4, 2005, rekurrie zweite Gegenwart des Vergangenen.« Zeichnungen existieren könnten. Alltäglich markie verkanten sich extrem spitzwinkelige Holzelemen ren die beiden kubenförmigen Hohlkörper aus ren solcherlei Absperrungen temporäre Grenzen te zu ziehharmonikaartig zusammengepressten pulverbeschichtetem Eisen in Form und Oberflä und regulieren menschliche Bewegungen. Unter Flächen. Die Faltung rückt Flächen zueinander; sie chenbehandlung auf die Minimal Objekte der Anmerkungen stützt durch den Titel eröffnet die Arbeit ein brei verdichtet den Raum. Mit dem Phänomen der 1960er-Jahre. Das auf ihnen lastende, im rechten 1 Marcia Hafif: »The Inventory – Anmerkungen«, in: dies.: From tes assoziatives Spektrum: Losgelöst aus ihrer Faltung ist auch eine veränderte Zeiterfahrung im Winkel gefaltete Eisenblech ist ein ›Objet trouvé‹, the Inventory, hrsg. von Sabine Fehlemann, Ausst. Kat., Kunst- und Kulturverein Wuppertal, Von der Heydt-Kunsthalle, eigentlichen Funktionalität umgrenzen die Ständer Maschinenzeitalter verbunden: »Durch die Erfin das durch seine Oxidation den aseptischen ›Look‹ Wuppertal-Barmen 1994, S. 29–48, hier: S. 29. einen fiktiven Raum, eröffnen szenische Qualitä dung des Autos hat der Mensch Zeit gewonnen, der Minimal Art verunreinigt und deren intendierte 2 Marcia Hafif: »Getting on with painting«, in: Art in America, ten und loten als Versuchsanordnung einen (Hand aber der Raum ist geschrumpft – wir verlieren ihn. ›Zeitlosigkeit‹ mit der ›Zeitlichkeit‹ des Materials April 1981, S. 132–139. lungsspiel)Raum aus. Widersprüchliche Eigen Der französische Philosoph Paul Virilio hat das kombiniert. Die Überführung historischer Formen, 3 Vgl.: Renate Wiehager: Räume – Bühnen – Risse. Überlegungen zum Werk von Natalia Stachon, in: dies./Christian Ganzenberg schaften werden sowohl durch die eingesetzten ›tellurische Kontraktion‹ genannt ... Darauf will ich Materialien und Konzepte in neue Bezugssysteme (Hrsg.): Natalia Stachon, Köln 2013, S. 123–129, hier: S. 123. Materialen als auch über die Beziehung der einzel hinaus: ein Faltung verkleinert den Raum.« (Katja ist kein bloßes Anknüpfen an künstlerische Traditi 20 21
Maria Radke Geometrien, Proportionen, Harmonien Zwischen Abstraktion und zeitgenössischem Living Space Anni Albers, Ilit Azoulay, Anne Beothy Steiner, Mary Corse, Andrea Fraser, Silke Radenhausen, Amalia Valdés, Andrea Zittel Der nachfolgende Essay betrachtet die Werke von Spaniens, Arts and Crafts oder Orphismus spielen sieben Künstlerinnen unserer Ausstellung, aus vier ebenso in die Werke hinein wie Traditionen aus Generationen, unter den Aspekten von Geometrie, Bauhaus, Suprematismus, Futurismus, Konstrukti Proportion, Raum und Harmonie. Mit diesen ab vismus, ›Light and Space Movement‹ oder Minima strakten Begriffen verbunden sind nicht minder lismus. bedeutsame inhaltliche und gesellschaftspoliti sche Setzungen – von den Utopien der frühen Living Spaces, musealisierte Räume, Moderne bis zu aktuellen institutionskritischen Architektur versus Natur und feministischen Fragestellungen. Andrea Zittel hat seit den 1990er-Jahren ein plas Der Ursprung des Wortes Geometrie bedeutet tisches, benutzbares Alphabet auf das Wesentli ›Landvermessung‹ oder ›Erdmaße‹. Die klassische che reduzierter Raumentwürfe konzipiert. Für ihr Elementargeometrie wurde früher unter dem A-Z Pit Bed wurde ein nachtblauer Teppich als Begriff der ›Raumlehre‹ unterrichtet. Hier spielen Basis definiert, auf welchem die Skulptur als Begriffe wie Winkel, Fläche, Volumen, Proportio minimalistische Raumform steht, welche Betrach nen eine Rolle oder auch komplexere Größen wie terinnen und Betrachter einlädt, Platz zu nehmen, Kurven und Kegelschnitte. Aus einer solchen zu relaxen, zu diskutieren oder Videos anzuschau etymologischen Perspektive heraus und mit Rück en. Seit 1992 kreiert Zittel sogenannte ›Living bezug auf die Formenlehre der ›elementaren‹ Units‹. Sie sind auf 4–5 qm reduziert und verste Geometrie könnte man sagen, dass die Flächen hen sich als eine Antwort auf beengte amerikani ordnungen und architektonischen Räume in den sche Wohnverhältnisse. Die Möbelentwürfe von Bildern von Albers, Azoulay, Beothy und Valdés, Alexander Rodtschenko und Wladimir Tatlin aus oder die plastischen Konstruktionen und minima den frühen 1920er-Jahren sind für sie Vorbilder, listischen Entwürfe von Radenhausen und Zittel die ebenfalls die Ideen von Praktikabilität und künstlerisches wie kunsthistorisches Terrain Funktionalität in erschwingliche Entwürfe für den ›vermessen‹. Denn die Künstlerinnen stellen sich Massengeschmack umzusetzen suchten.1 Zittels mit ihren Entwürfen und Formen, mit den gewähl A-Z Pit Bed verbindet Außenform – ein abgerunde ten Materialien und Nutzungsaspekten in zum Teil tes Rechteck – und Binnenraum – ein begehbarer weit zurückreichende Traditionen: historische Kreis – zu einer offenen Raum-im-Raum-Struktur. Architektur- und Webmuster Südamerikas und Der Zugang an einer Schmalseite kann symbolisch wie körperlich erfahrbar werden als einladende Silke Radenhausen, Grammar of Ornament: Nineveh & Geste und Öffnung der Kunst zum Besucher hin.2 Persia, 1997, Leinwand, maschinengewaschen, unge- färbt und maschinengefärbt, auf Keilrahmen gespannt 6 Teile, je 140 × 140 cm 22 23
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