4 Agrarpolitik und Agrarförderung - Deutscher Bauernverband eV
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04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.1 EU-Agrarhaushalt / Mehrjähriger Finanzrahmen 4 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.1 EU-Agrarhaushalt / Mehrjähriger Finanzrahmen 111 4.2 Weiterentwicklung der GAP nach 2020 118 4.3 GAP-Förderung und Umweltleistungen 122 4.4 Förderung ländlicher Räume 128 4.5 Bundesagrarhaushalt und Agrarsubventionen 132 110
4.1 EU-Agrarhaushalt / Mehrjähriger Finanzrahmen 04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.1 EU-Agrarhaushalt / Mehrjähriger Finanzrahmen EU-Haushalt 2020: EU-Haushalt 2020 kurzgefasst 164,1 Milliarden Euro Der EU-Haushalt des Jahres 2020 Der EU-Haushalt für das Jahr 2020 hat ein Volumen von 164,1 Milliar- umfasste nach den Beschlüssen den Euro. von Rat und Parlament vom 19. November 2019 zunächst 153,6 Einnahmen: Milliarden Euro an Zahlungser- • 76 % Beiträge der Mitgliedstaaten entsprechend ihrem Brutto- mächtigungen, gegenüber 2019 sozialprodukt sind das 3,4 Prozent mehr. Zah- • 10 % Mehrwertsteuer-Abgaben lungsermächtigungen sind Mittel, • 11 % Zölle auf Waren aus Drittländern, Agrarzölle, Zuckerabgaben die im Haushaltsjahr tatsächlich • 3 % übrige Einnahmen für Ausgaben zur Verfügung ste- hen. Die in EU-Haushaltsplänen Ausgaben: ebenfalls veranschlagten Mittel für • 28 % Agrarausgaben: Direktzahlungen und Marktmaßnahmen Verpflichtungen (Verpflichtungs- • 8 % Entwicklung des ländlichen Raumes („2. Säule“) ermächtigungen) geben an, bis zu • 47 % Struktur- und Kohäsionspolitik, Forschung etc. welcher Höhe die EU im jeweiligen • 10 % Externe und interne Politikbereiche (Gemeinsame Außen- Jahr Ausgaben beschließen kann. und Sicherheitspolitik, humanitäre Hilfe, Unionsbürgerschaft, Sie waren für das Haushaltsjahr besondere Instrumente) 2020 zunächst auf 168,7 Milliarden • 6 % Verwaltungsausgaben Euro veranschlagt worden, ge- Quelle: Europäische Kommission genüber Vorjahr plus 1,5 Prozent. Vor allem Corona bedingt sind bis Ende Oktober 2020 insgesamt 10 Nachtragshaushalte verabschiedet worden. Dadurch sind die Zah- lungsermächtigungen im EU-Haus- benbereich im Brüsseler Etat ist die vor allem weil noch der Beschluss halt 2020 auf 164,1 Milliarden Euro Struktur- und Wirtschaftsförderung des Mehrjährigen Finanzrahmens gestiegen. mit 77,6 Milliarden Euro. Für das (MFR) ausstand. Unter der Haushaltsrubrik „Nach- Haushaltsjahr 2021, erstmals ohne haltiges Wachstum, natürliche das Vereinigte Königreich, sollen Direktzahlungen dominieren Ressourcen“ fallen 2020 bei den die Zahlungsermächtigungen auf Agrarhaushalt Zahlungsermächtigungen 40,6 166,1 Milliarden Euro ansteigen Milliarden Euro auf Direktzahlun- (gegenüber Vorjahr + 1,2 Prozent). 2020 entfallen 72 Prozent der gen und 2,5 Milliarden Euro auf Rat und Parlament hatten sich auf EU-Agrarausgaben von 57,0 Milli- Marktmaßnahmen. 13,1 Milliarden diesen Haushalt mit der Kommissi- arden Euro auf Direktzahlungen, Euro sind für die ländliche Entwick- on bis Ende November (Redaktions- 5 Prozent auf Agrarmarktaus- lung vorgesehen. Größter Ausga- schluss) noch nicht einigen können, gaben, 23 Prozent kommen der 111
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.1 EU-Agrarhaushalt / Mehrjähriger Finanzrahmen Anteil des Agrarbudgets geht weiter zurück Während die Gesamtausgaben der EU ansteigen, geht das darin ent- haltende Budget für Direktzahlun- gen und Marktmaßnahmen zurück. Dessen Anteil am EU-Gesamt- budget (einschl. Mittel außerhalb des MFR, Verpflichtungsermächti- gungen) ist von 31 Prozent in der Förderperiode 2007-2013 auf rund 28 Prozent in der Förderperiode 2014-2020 zurückgegangen. Nach Ländlichen Entwicklung zu Gute. EU-Agrarausgaben für die Markt- den Beschlüssen des Europäischen 1991 wurden noch 91 Prozent der stützung spielen die Exporterstat- Rates zum MFR 2021-2027 geht der EU-Agrarausgaben für die Markt- tungen seit Mitte 2013 keine Rolle Agraranteil weiter auf knapp 24 stützung (Exporterstattungen, mehr. Im Jahr 1993 betrugen die Prozent zurück. Lagerhaltung) verwendet. Kehrsei- Exporterstattungen noch über 10 Die scheinbare Agrarlastigkeit des te dieser Entwicklung ist, dass die Milliarden Euro. EU-Haushaltes hat ihre Gründe. Bis Landwirtschaft in relativ hohem heute ist die Gemeinsame Agrarpo- Maße von den Direktzahlungen litik der einzige voll gemeinschaft- abhängig geworden ist. Unter den lich finanzierte Politikbereich. Dies erklärt den relativ hohen Anteil des Agrarbereichs am EU-Haus- halt. Im Durchschnitt zahlt jeder EU-Bürger 22 Cent am Tag für die EU-Agrarpolitik mit ihren Direkt- zahlungen und Marktmaßnahmen als Beitrag für gesunde, sichere Nahrungsmittel, eine vielfältige Kulturlandschaft und intakte länd- liche Räume. Deutschland größter Netto- zahler Ohne Berücksichtigung der Finan- zierung der EU-Verwaltungsausga- ben hat Deutschland nach zuletzt für 2019 vorliegenden Angaben rund 14,3 Milliarden Euro weniger aus dem EU-Haushalt bekommen als es darin eingezahlt hat. Das 112
4.1 EU-Agrarhaushalt / Mehrjähriger Finanzrahmen 04 Agrarpolitik und Agrarförderung Deutscher Nettotransfer wird ansteigen Der Bruttobeitrag Deutschlands an die EU lag 2019 bei 25,8 Milliarden Euro, nach Abzug der Rückflüsse liegt der Nettobeitrag 14,3 Milliarden Euro. Durch den Austritt des Vereinigten König- reiches als bislang bedeutendem Nettozahler werden die Netto- beiträge Deutschlands ab 2021 deutlich steigen. Der deutsche Anteil an der Finanzierung des EU-Haushalts steigt von derzeit 21 auf voraussichtlich 24 Prozent in der neuen Finanzperiode. sind 0,41 Prozent des deutschen Bruttonationaleinkommens (BNE). Der deutsche Beitragsanteil am EU-Haushalt betrug 2019 20,9 Prozent. Gemessen daran fällt der Anteil der EU-Rückflüsse mit 9,1 Prozent relativ bescheiden aus. Mit anderen Worten: Von jedem Euro, den Deutschland in die Brüsseler Kasse gibt, erhält es nur 44 Cent zurück. Etwas günstiger sieht es bei den Ausgaben zur „Gemeinsamen Agrarpolitik“ (GAP, einschließlich „Ländliche Entwicklung“) aus. Den deutschen Leistungen zur GAP in Höhe von etwa 12,0 Milliarden Euro standen 2019 Rückflüsse von 6,1 Milliarden Euro gegenüber. Polen größter Nettoempfänger Zu den großen Nettoempfängern zählen die mittel- und osteuropäi- schen Länder sowie Griechenland, Portugal und Spanien. Polen ver- buchte 2019 in absoluten Zahlen 113
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.1 EU-Agrarhaushalt / Mehrjähriger Finanzrahmen Mitgliedstaaten der EU insgesamt jedes Jahr zusätzlichen Wohlstand von 643 Milliarden Euro bescheren. Davon entfallen 132 Milliarden Euro oder 21 Prozent auf Deutsch- land. Werden neben dem Binnen- markt auch die Zollfreiheit, der Schengen-Raum, Handelsabkom- men und der Euro berücksichtigt, erhöht sich der Wohlstandsgewinn in der EU auf jährlich 940 Milli- arden Euro. Davon entfallen auf Deutschland rund 170 Milliarden Euro (18 Prozent). mit 12,0 Milliarden Euro den den Exportmöglichkeiten der Wirt- Begrenzung der EU-Ausgaben größten Überschuss, das entspricht schaft nieder. durch den Mehrjährigen etwa 2,4 Prozent des polnischen Finanzrahmen (MFR) Bruttonationaleinkommens. Die EU-Mitgliedschaft erhöht Differenz zwischen Ein- und Aus- Wohlstand Der Mehrjährige Finanzrahmen zahlungen lässt allerdings nicht (MFR) gibt den Rahmen für die unmittelbar darauf schließen, wel- Ein internationales Forscherteam jährlichen EU-Haushalte vor, die ches Land letztlich von der Politik unter der Leitung des Institutes für zwischen Kommission, Rat und der Union am meisten profitiert. Weltwirtschaft (IfW) hat berechnet, Parlament ausgehandelt werden. Die Vorteile etwa des Binnenmark- dass die gegenseitige Anerkennung Mit diesem Verfahren soll vermie- tes schlagen sich in den nationalen von Standards und die Angleichung den werden, dass es jedes Jahr zu Steuereinnahmen oder auch in der Regeln im Binnenmarkt den heftigem Streit über die Finanzen kommt. 80 Prozent der EU-Mittel werden von nationalen oder regio- nalen Regierungen verausgabt. Die meisten von der EU finanzierten Projekte werden von den Mitglied- staaten ausgewählt und verwaltet. 114
4.1 EU-Agrarhaushalt / Mehrjähriger Finanzrahmen 04 Agrarpolitik und Agrarförderung Mehrjähriger Finanzrahmen 2021-2027 Nach viertägigen Beratungen hatte sich der Europäische Rat am 21. Juli auf den Mehrjährigen Finanz- rahmen (MFR) 2021-2027 ein- schließlich Konjunktur- und Inves- titionsprogramm gegen die Folgen der Corona-Krise verständigt. Mit 386,7 Milliarden Euro fallen die vorgesehenen GAP-Ausgaben no- minal gegenüber 2020 (x 7) etwas höher aus (+ 1,1 Prozent). Der ur- sprüngliche MFR-Kommissionsvor- schlag vom 2. Mai 2018 sah hierfür nur 365,0 Milliarden Euro vor (- 4,6 Prozent). Die darin enthaltenen Mittel für Direktzahlungen gehen allerdings um 1,0 Prozent zurück, wegen der externen Konvergenz (Angleichung der Direktzahlungen unter den Mitgliedstaaten) für Deutschland sogar um 2,0 Prozent. Die Mittel der 2. Säule steigen nach dem Ratsbeschluss nominal um 2,9 Prozent auf 95,6 Milliarden Euro, für Deutschland sogar um 5,1 Prozent auf 8,6 Milliarden Euro. Der ursprüngliche Kommissionsvor- schlag sah für die 2. Säule nur 78,8 Milliarden Euro vor (- 15,3 Prozent). vermindern sich die vier Förderele- mente der Direktzahlungen wie Kürzungssatz der Direktzahlun- die Basisprämie, die Greeningprä- gen 2020 bei 1,45 Prozent mie, der Zuschlag für die ersten Hektare (Umverteilungsprämie) Für die Direktzahlungen des und der Junglandwirtezuschlag. Antragsjahres 2020 ergibt sich Auf dieser Basis der einzelnen für die deutsche Landwirtschaft Förderelemente berechnet sich ein zunächst eine Kürzung gegenüber Direktzahlungsvolumen je Betrieb. Vorjahr durch die zusätzliche Dann erfolgt auf Basis der Ergeb- Umschichtung von 1,5 Prozent der nisse der „Finanziellen Disziplin“ 1. Säule-Mittel zugunsten der 2. und damit unter Berücksichtigung Säule (75 Millionen Euro). Dadurch des MFR-Beschlusses und aktu- 115
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.1 EU-Agrarhaushalt / Mehrjähriger Finanzrahmen eller Haushaltsverhältnisse eine Kürzung der Direktzahlungen über 2.000 Euro je Betrieb. Der Kür- zungssatz liegt bei rund 2,9 Pro- zent. Zurückerstattet und mit der Kürzung verrechnet werden rund 1,5 Prozent der Direktzahlungsmit- tel aus den nicht ausgeschöpften Agrarkrisenmitteln, so dass sich die Netto-Kürzung im Antragsjahr 2020 auf gerundet 1,45 Prozent beläuft. Neuer Mechanismus bei der „Agrarkrisenreserve“ Im Rahmen des Agrarbudgets gibt es für die „Agrarkrisenreserve“ künftig einen neuen Mechanismus. Danach werden nicht ausgegebene Mittel der Agrarkrisenreserve über 450 Millionen Euro auf das nächste Haushaltsjahr übertragen. Werden Mittel der Agrarkrisenreserve in Anspruch genommen, wird die Agrarkrisenreserve im folgenden Haushaltsjahr zunächst aus nicht genutzten Mitteln für Marktmaß- nahmen und zweckgebundenen Einnahmen wieder aufgefüllt. Reicht dies nicht aus, greift der Mechanismus der „Finanziellen Disziplin“, verbunden mit einer Kürzung der Direktzahlungen. Um den Fonds für die Agrarkrisen- reserve über 450 Millionen Euro in 2023 erstmalig aufzufüllen, sollen in 2022 ungenutzte Mittel der bisherigen Agrarkrisenreserve übertragen werden. Der bisherige Mechanismus der direkten Kopp- lung der Agrarkrisenmittel mit den Direktzahlungen entfällt. 116
4.1 EU-Agrarhaushalt / Mehrjähriger Finanzrahmen 04 Agrarpolitik und Agrarförderung Funktionsweise der „Finan- ziellen Disziplin“ Die Gewährung der Direktzah- lungen (Betriebsprämien) gegen Jahresende erfolgt aus dem EU-Haushalt des Folgejahres. Die Haushaltsjahre beginnen jeweils am 16. Oktober. Die so genannte „Finanzielle Disziplin“ kommt dann zur Anwendung, wenn die Prognosen für die Finanzierung der Direktzahlungen und der marktbezogenen Ausgaben er- kennen lassen, dass die entspre- chende finanzielle Obergrenze des MFR überschritten wird. Sie führt grundsätzlich zu einer Kürzung der Direktzahlungen an die Landwirte. Abschließende Entscheidungen 10. November bleibt das Gesamt- zum MFR stehen noch aus volumen für MFR und Corona-Fi- nanzpaket unverändert. Allerdings Dem Beschluss des Europäischen sollen auf Drängen des Parlaments Rates muss allerdings auch das 15 Milliarden Euro im Zeitraum Europäische Parlament zustimmen. 2021-2027 zusätzlich für „zu- Die Unterhändler der EU-Mitglied- kunftsorientierte EU-Programme“ staaten und des Europäischen (u.a. Erasmus, Bildung, Forschung, Parlaments hatten sich am 10. Gesundheit) ausgegeben und zum November 2020 auf den MFR 2021- einen aus Kartellbußen, die sonst 2027 sowie auf das Corona-Wie- an die Mitgliedstaaten geflossen deraufbaupaket geeinigt. Auf Basis wären (12,5 Milliarden Euro), und dieser Einigung sollten EP und Rat zum anderen durch Nutzung von noch im November entsprechen- Margen einzelner Haushaltsrubri- de Beschlüsse fassen. Dazu aber ken (2,5 Milliarden Euro) finanziert kam es bislang nicht (Redaktions- werden. Die Haushaltsrubrik, die schluss Ende November). Grund die GAP betrifft, ist davon nicht ist der Streit mit den Regierungen betroffen. in Ungarn und Polen. Nach dem Kompromiss der Unterhändler vom 117
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.2 Weiterentwicklung der GAP nach 2020 4.2 Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 EU-Agrarpolitik seit 1992 – wirte seitdem Direktzahlungen, Gewährleistung der Ernährungssi- Abkehr von der Markt- und die seit 2005 grundsätzlich von der cherheit, b) die Stärkung von Um- Preisstützung Produktion entkoppelt sind und weltpflege und Klimaschutz und c) flächenbezogen gewährt werden die Stärkung der ländlichen Gebie- Seit Gründung der Europäischen (siehe Kapitel 4.3). Ergänzend te. Insgesamt sind neun spezifische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) werden Fördermaßnahmen für die Ziele der GAP vorgesehen. Diese verfolgt die „Gemeinsame Agrar- Landwirtschaft und den ländlichen reichen von der Sicherung der politik“ (GAP) das Ziel, die Ver- Raum in der „2. Säule“ der GAP landwirtschaftlichen Einkommen sorgung mit Nahrungsmitteln zu angeboten (siehe Kapitel 4.4). und der Verbesserung der Wettbe- gewährleisten und die Einkommen werbsfähigkeit über die Stärkung der Landwirte zu sichern. Seit der der Position der Landwirte in der Drei allgemeine und neun Uruguay-Runde 1992 der Welt- Lebensmittel-Wertschöpfungskette spezifische Ziele der GAP handelsorganisation (WTO) sind bis hin zu Klimaschutz und Erhalt nach 2020 auch Agrarprodukte den internati- der biologischen Artenvielfalt. Im onalen Regeln des Warenhandels 2018 hat die EU-Kommission ihre Fokus stehen auch die ländliche unterworfen. Deshalb wurden Vorschläge für die GAP nach 2020 Entwicklung und junge Landwirte. Preisstützung und Regulierung der vorgelegt. Darin nennt sie drei all- Agrarmärkte durch Marktordnun- gemeine Ziele: a) die Förderung ei- Neues „Umsetzungsmodell“ – gen Schritt für Schritt aufgegeben. ner intelligenten, krisenfesten und Mehr nationale Verantwortung Im Gegenzug bekommen die Land- diversifizierten Landwirtschaft zur Mit ihrem Vorschlag für ein neu- es „Umsetzungsmodell“ will die EU-Kommission die Umsetzung europäischer Ziele stärker in die Verantwortung der Mitgliedstaaten geben. Detailregelungen werden künftig von den Mitgliedstaaten festgelegt. Allerdings will die Kommission die Ergebnisse ihrer Förderpolitik systematischer erfas- sen. Im Rahmen der vorgesehenen künftigen „Ergebnisorientierung“ der GAP soll ein System von ge- meinsamen Indikatoren zur konti- nuierlichen Nachweisführung von jährlichen Umsetzungsergebnissen und zur Überprüfung langfristiger Wirkung der GAP-Förderung eta- bliert werden. 118
4.2 Weiterentwicklung der GAP nach 2020 04 Agrarpolitik und Agrarförderung Ein „GAP-Strategieplan“ je Mitgliedstaat Kernelemente der Verordnungsvorschläge der EU-Kommission zur GAP nach 2020 Die EU-Staaten sollen für die Ge- meinsame Agrarpolitik nach 2020 • Das Zwei-Säulen-Modell der GAP soll beibehalten werden. In der einen nationalen „GAP-Strategie- 1. Säule sollen Direktzahlungen zur Unterstützung landwirtschaftli- plan“ erarbeiten, der beide Säulen cher Einkommen, zur Risikoabsicherung und zum Ausgleich höherer der GAP umfasst. Auf Grundlage ei- EU-Standards fortgeführt werden. In der 2. Säule sollen die EU-Staaten ner SWOT-Analyse (Stärken-Schwä- weiterhin die Möglichkeit haben, gezielte Förderprogramme für Land- chen-Chancen-Risiken-Analyse) wirtschaft und ländliche Räume umzusetzen. sollen sektor- bzw. gebietsbezo- • Die Mitgliedstaaten erarbeiten nationale Strategiepläne für alle Förder- gene Handlungsbedarfe und Stra- maßnahmen der beiden Säulen der GAP. tegien sowie die zu ergreifenden • In der 1. Säule soll es künftig weiter die bekannten Komponenten Maßnahmen einschließlich För- Basisprämie, Umverteilungsprämie (Zuschlag für die ersten Hektare), derkriterien festgelegt werden. Mit Junglandwirteprämie (mindestens 2 Prozent der Direktzahlungsmittel) und die Möglichkeit für gekoppelte Prämien (maximal 10 Prozent bzw. dem „GAP-Strategieplan“ sollen die im Einzelfall maximal 13 Prozent plus 2 Prozent für Eiweißpflanzen) EU-Staaten ferner ihre Ansätze zur geben. Vereinfachung und Modernisierung • Hinzu kommt in der 1. Säule eine für die Landwirte freiwillige Prämie der GAP-Förderung darlegen. Für für einjährige umwelt- und klimawirksame Maßnahmen („Eco-Scheme“- föderal organisierte Länder wie Maßnahmen). Deutschland ist der „GAP-Strate- • Die Direktzahlungen sollen künftig an mehr einzuhaltende Bedingun- gieplan“ eine besondere Heraus- gen geknüpft werden („erweiterte Konditionalität“). forderung, den unterschiedlichen • Die EU-Kommission schlägt eine größenabhängige Ausgestaltung der regionalen Anforderungen gerecht Direktzahlungen ab 60.000 Euro sowie eine Kappung ab 100.000 Euro zu werden. Wenn auf EU-Ebene pro Betrieb und Jahr unter Anrechnung von Löhnen vor. eine Einigung über die GAP-Reform • Zwischen 1. Säule und 2. Säule sollen die EU-Staaten bis zu 15 Prozent erfolgt ist, wird das Bundesland- der Mittel umschichten können. Darüber hinaus sollen bis zu 2 bzw. 15 wirtschaftsministerium in 2021 Prozent der Direktzahlungsmittel zur Förderung von Junglandwirten den Strategieplan in Abstimmung bzw. für spezifische Umwelt- und Klimamaßnahmen von der 1. Säule in mit den Ländern finalisieren und die 2. Säule umgeschichtet werden können. Bundesgesetze zur Gestaltung • Die Höhe der Direktzahlungen je Hektar soll zwischen den EU-Staaten der Direktzahlungen vorlegen. weiter angeglichen werden (externe Konvergenz). Dannach folgt in 2022 das Ge- • Maßnahmen in der 2. Säule sollen die EU-Staaten in den jeweiligen nehmigungsverfahren durch die „GAP-Strategieplänen“ auf Basis von 8 sogenannten Interventionstypen EU-Kommission. umsetzen (z.B. Benachteiligte Gebiete, Investitionen, Risikomanage- ment, Junglandwirteförderung, Wissenstransfer und Innovation, Maß- nahmen für Umwelt, Klima und Tierwohl etc.). „Grüne Architektur“ der GAP muss stimmig sein Quelle: EU-Kommission Nach den Vorschlägen der EU-Kommission sollen die Direkt- zahlungen künftig an eine „erwei- terte Konditionalität“ gebunden werden. Danach sollen die Anfor- 119
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.2 Weiterentwicklung der GAP nach 2020 derungen aus Cross Compliance angehoben und um die bisherigen „Greening“-Bedingungen erweitert werden. Die Einhaltung dieser sogenannten „Baseline“ ist Vor- aussetzung zur Gewährung der „Basisprämie“. Für die Landwirte führen diese zusätzlichen Auflagen zu einer teilweisen „Entwertung“ der bisherigen Direktzahlungen. Neu: Eco-Schemes Zu der neuen „Grünen Architektur“ gehören nach den Kommissions- vorschlägen ferner sogenannte „Eco-Schemes“ in der 1. Säule der GAP (freiwillige, einjährige flä- chenbezogene Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen, AUKM). Fortge- führt werden AUKM in der 2. Säule der GAP (freiwillig, mehrjährig). Jeweils müssen die hier gestellten Anforderungen über die „Konditio- nalität“ hinausgehen. Die flächen- bezogene „Eco-Scheme“-Prämie soll entweder als zusätzliche Pauschale zur Basisprämie oder als Zahlung zum Ausgleich der Kosten und Einkommensverluste gewährt werden können. Aus Sicht der EU-Kommission muss das Gesamtbild der „Grünen Architek- tur“ aus erweiterter Konditionalität, Eco-Schemes und 2. Säule-Maßnah- men eine stimmige Antwort auf die nationalen/regionalen Herausfor- derungen geben. 120
4.2 Weiterentwicklung der GAP nach 2020 04 Agrarpolitik und Agrarförderung Trilogverhandlungen im Herbst/Winter 2020/21 Im Oktober 2020 haben das Euro- päische Parlament und der Agrar- ministerrat ihre Positionen zu den Kommissionsvorschlägen von 2018 gefasst. Darin stimmen sie dem Kommissionvorschlägen grundsätz- lich zu, verlangen aber zusätzliche Mindestvorgaben für die Aufteilung der Direktzahlungen in der ersten Säule der GAP, insbesondere bei den neuen Eco-Schemes. Außerdem fordern Rat und Parlament Modifi- kationen bei der Konditionalität für die Direktzahlungen. Im November 2020 hatten die Trilogverhand- lungen von Rat, Parlament und Kommission über die GAP-Ver- ordnungen begonnen. Mit einem Abschluss wird im Frühjahr 2021 gerechnet. Verzögerte politische Entschei- dungen – Übergangsregelung 2021/22 Die Entscheidungen im Rat und im EU-Parlament über die künftige GAP, andere Politikbereiche und über den Mehrjährigen Finanzrah- men 2021-2027 haben sich verzö- gert, so dass die neue GAP-Förde- rung einschließlich der nationalen Umsetzung nicht rechtzeitig 2021 in Kraft treten kann. EU-Kommis- sion, Rat und Parlament haben sich auf Übergangsregelungen für zwei Jahre geeinigt. Damit beginnt die neue GAP-Förderung erst ab 2023. 121
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.3 GAP-Förderung und Umweltleistungen 4.3 GAP-Förderung und Umweltleistungen Ausrichtung auf gesellschaftliche Anforderungen stattfinden. Unter- schiede in den Direktzahlungen je Hektar zwischen den EU-Staaten wurden bis 2020 um ein Drittel vermindert. Seit 2019 erhalten Landwirte in allen EU-Staaten ein Mindestniveau von 196 Euro je Hektar (einschließlich „Greening“). Von der Angleichung profitieren vor allem die baltischen Staaten und Rumänien. Weniger Direktzahlungen – Erhöhte Umschichtung von 6 Prozent Durch die Angleichung zwischen den EU-Staaten und durch die allgemeine Kürzung des EU-Agrar- budgets stehen den Landwirten in Deutschland knapp 8 Prozent weniger Direktzahlungsmittel zur Verfügung (Vergleich 2019 zu 2013). Durch die national be- schlossene Umschichtung von 4,5 Prozent und ab 2020 und 2021 von jeweils 6 Prozent der Direktzah- lungsmittel in die 2. Säule gehen den deutschen Landwirten weitere Direktzahlungsmittel von 225 bzw. 300 Millionen Euro jährlich Gemeinsame Agrarpolitik 2014 Danach wird der Kurs der Marktori- verloren. Die Bundesländer haben bis 2020 entierung der Landwirtschaft fort- erklärt, die Mittel zweckgebunden gesetzt. Mit dem „Greening“ (d.h. für die Förderung einer nachhalti- 2013 hatten sich Rat, Europäisches Erhalt von Dauergrünland, Bereit- gen Landwirtschaft zu verwenden. Parlament und EU-Kommission stellung von Ökologischen Vor- auf die EU-Agrarpolitik für den rangflächen, Fruchtartenvielfalt) Zeitraum bis 2020 verständigt. in der 1. Säule sollte eine weitere 122
4.3 GAP-Förderung und Umweltleistungen 04 Agrarpolitik und Agrarförderung Vereinfachung der Gemein- samen Agrarpolitik Seit 2018 kann auf die umfangrei- chen Nachweis- und Dokumen- tationspflichten zum „Aktiven Landwirt“ verzichtet werden. Bei den europäischen und nationalen Regelungen zum Erhalt von Dau- ergrünland sind die Vorgaben aber komplizierter geworden. In einer digital und geodaten-basierten Be- antragung von flächenbezogenen Prämien wird mittelfristig großes Vereinfachungspotenzial gesehen. Cross Compliance von EU-Agrarzahlungen Mit „Cross-Compliance“, auch Auflagenbindung genannt, sind die EU-Direktzahlungen an die Landwirte seit der Agrarreform von 2003 an die Erfüllung von Auflagen im Bereich Umweltschutz, Lebens- mittelsicherheit, Tier- und Pflan- zengesundheit und Tierschutz sowie an den Erhalt der Flächen in gutem Bewirtschaftungs- und Umweltzustand gebunden. Im internationalen Vergleich setzt die EU damit hohe Standards. Die Cross-Compliance-Regelungen umfassen 13 Einzelvorschriften über die Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) und 7 Regelungen zur Erhaltung land- wirtschaftlicher Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ), mit denen u.a. Bodenerosion vermieden, die Beseitigung von Landschaftselementen verhindert, aus der Erzeugung genommene 123
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.3 GAP-Förderung und Umweltleistungen Relativ wenig Landschafts- elemente und Randstreifen im Greening-System Die auf rund 8 Prozent angestie- gene, aber nach wie vor relativ geringe Beantragung von Land- schaftselementen lässt sich zu großen Teilen mit bürokratischen Hemmnissen erklären. Ein positi- ves Beispiel, weil bürokratiearm, ist dagegen die Beantragung von Landschaftselementen in Schles- wig-Holstein: Dort wird ein Großteil der Ökologischen Vorrangflächen über Landschaftselemente wie Hecken und Gräben erbracht. Im übrigen Bundesgebiet liegt der Anteil deutlich darunter. Auch vor- Flächen begrünt und Gewässer ökologischen Gewichtungsfaktoren handene Randstreifen werden von geschützt werden sollen. Landwirte entspricht dies 715.000 Hektar ÖVF. Landwirten oft nicht als ÖVF ange- sind also nicht nur durch Fachrecht, Damit wurde das Mindestmaß von geben, weil sie mit förderrechtli- sondern nochmals über das Förder- 5 Prozent Ökologischer Vorrang- chen Risiken verbunden sind. recht an die Einhaltung von Aufla- fläche bezogen auf die beantragte gen aus einem von circa 100 Seiten Ackerfläche um gut ein Fünftel Auswirkungen des Greening umfassenden Katalog gebunden. überschritten. Die Ökologischen auf die Flächennutzung Verstöße führen zu Kürzungen bzw. Vorrangflächen wurden 2020 zu Sanktionen der EU-Gelder. Den etwa 43 Prozent über die Variante Angaben des Statistischen Bundes- Cross-Compliance-Verpflichtungen Zwischenfrüchte bzw. Untersaaten amtes zeigen deutliche Auswirkun- unterliegen auch die Zahlungen für erbracht. Danach folgen Ackerbra- gen der Greening-Förderung auf flächen- und tierbezogene Maß- che mit anteilig etwa 26 Prozent die Nutzung landwirtschaftlicher nahmen der 2. Säule (u.a. Agrar- und Leguminosen mit 13 Prozent. Flächen. Danach ist seit 2014 die umweltmaßnahmen, Ausgleichszu- Ein Aufwärtstrend ist bei Brachen Leguminosenfläche (Ganzpflan- lage, Förderung Öko-Landbau). als sogenannte Bienenweiden zu zen und Hülsenfrüchte) um die verzeichnen. Davon wurden 2020 gut Hälfte auf fast 560.000 Hek- Zwischenfrüchte, Untersaaten Ackerflächen im Umfang von tar angestiegen (4,8 Prozent des und Brachen sind wichtigste 22.600 Hektar angelegt, das sind 20 Ackerlandes), haben sich die aus Ökologische Vorrangflächen Prozent mehr als im Vorjahr. der ackerbaulichen Nutzung her- ausgenommenen Flächen mit über In 2020 haben die Landwirte in 360.000 Hektar fast verdoppelt Deutschland Ökologische Vorrang- (3,1 Prozent des Ackerlandes), hat flächen (ÖVF) beim „Greening“ im der Zwischenfruchtanbau um fast Umfang von 1,38 Millionen Hektar die Hälfte auf gut 1,7 Millionen angegeben, nach Anwendung der Hektar zugenommen (14,9 Prozent 124
4.3 GAP-Förderung und Umweltleistungen 04 Agrarpolitik und Agrarförderung GAP-Direktzahlungen 2020 in Deutschland: Vier Förder- elemente in der 1. Säule • Basisprämie: 173,16 Euro/ha • Greeningprämie: 84,74 Euro/ha • Zuschlag für die ersten Hek- tare (Umverteilungsprämie): 50,82 Euro/ha für die ersten 30 Hektar; 30,49 Euro/ha für die Hektare 31 bis 46 • Junglandwirtezuschlag: 44,27 Euro/ha für bis zu 90 Hektar Quelle: BMEL des Ackerlandes) und konnte die Dauergrünlandfläche nicht nur erhalten, sondern um rund 80.000 Begrenzte Koppelung der gen führen kann. Im EU-Durch- Hektar ausgedehnt werden (+ 2 Direktzahlungen schnitt sind rund 10 Prozent der Prozent). Direktzahlungen gekoppelt. Auf Drängen vieler EU-Staaten sind Kleinerzeugerregelung zur an die Produktion gekoppelte Zah- Bundeseinheitliche Flächen- Vereinfachung lungen weiterhin in begrenztem prämie und Zuschlag für erste Umfang möglich. Bis zu 13 Prozent Hektare Landwirte konnten 2015 einmalig des nationalen Finanzrahmens für in ein vereinfachtes Antragsverfah- Direktzahlungen können hierfür In den Jahren 2017 bis 2019 erfolg- ren im Rahmen der sogenannten verwendet werden. Dazu können te die bundesweite Angleichung Kleinerzeugerregelung wech- bis zu 2 Prozent für die Förderung der Basisprämie. Der Zuschlag für seln. Mit der damit verbundenen des Eiweißpflanzenanbaus ge- die ersten Hektare (Umverteilungs- Freistellung von Cross Compliance, währt werden. Mit Ausnahme von prämie) gilt seit 2014. Eine betrieb- dem „Greening“ und dem Regime Deutschland werden gekoppelte liche Degression der Direktzahlun- der Zahlungsansprüche ist der An- Zahlungen in allen EU-Staaten vor gen findet wegen des Zuschlags für spruch auf Direktzahlungen für den allem in den Bereichen Rinderer- die ersten Hektare in Deutschland Kleinerzeuger auf jährlich maximal zeugung, Milchvieh, Schaf- und Zie- nicht statt. 1.250 Euro begrenzt. In 2019 waren genhaltung sowie im Pflanzenbau rund 24.200 Landwirte als Kleiner- angeboten, was auf den Erzeuger- zeuger angemeldet. märkten zu Wettbewerbsverzerrun- 125
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.3 GAP-Förderung und Umweltleistungen Viele EU-Umweltstandards sind weltweit einzigartig Eine ganze Reihe von EU-Stan- dards und Auflagen hat in Drittländern wie Australien, Neuseeland, USA, Brasilien, Kanada oder die Ukraine keine Entsprechung. Dazu gehören das Greening der GAP, die Auflagen aus der neuen Düngeverordnung oder aus der EU-Pflanzenschutzgesetz- gebung oder Cross Complian- ce-Vorgaben im Rahmen der EU-Direktzahlungen. ges öffentliches Gut sind die in der EU vergleichsweise hohen Umwelt- und Erzeugungsstandards. Diese machen die inländische Erzeugung gegenüber der Produktion aus Mitwettbewerbsländern außerhalb der EU teurer. Das HFFA Research Institut in Berlin hat berechnet, welche Kosten mit den relativ hohen EU-Anforderungen für die deutsche Landwirtschaft verbun- den sind. Studie über die Kosten der EU-Standards Zuschlag für Junglandwirte Junglandwirteförderung zu Grunde gelegte Fläche beträgt 1,15 Millio- In der HFFA-Studie werden unter Einen Prämienzuschlag können nen Hektar „Mehrkosten“ sowohl Steigerungen alle Landwirte unter 40 Jahre er- von Produktionskosten als auch halten, die erstmals einen landwirt- Minderungen von Erlösen erfasst, Direktzahlungen als Ausgleich schaftlichen Betrieb übernehmen. und zwar vor allem bei Produkti- für hohe gesellschaftliche Der Zuschlag wird 5 Jahre lang onsstandards mit Umweltbezug. Anforderungen gewährt. Dafür werden in Deutsch- Nicht erfasst sind dagegen Stan- land etwa 44 Euro je Hektar für In der öffentlichen Diskussion dards und Auflagen, deren Kosten bis zu 90 Hektar gezahlt. Im Jahr über die Gemeinsame Agrarpolitik sich nur schwer oder gar nicht 2020 haben rund 29.900 Betriebe (GAP) geht es besonders um den erfassen lassen. Unterschiedliche Anträge auf Junglandwirteförde- Grundsatz „öffentliches Geld für Sozialstandards blieben in der rung gestellt. Die der beantragten öffentliche Leistungen“. Ein wichti- Studie unberücksichtigt. 126
4.3 GAP-Förderung und Umweltleistungen 04 Agrarpolitik und Agrarförderung Wettbewerbsnachteil der Hohe Inanspruchnahme von 1,8 Milliarden Euro jährlich bedeu- deutschen Landwirtschaft von Agrarumweltmaßnahmen ten. gut 4 Milliarden Euro Nach Ergebnissen des ELER-Mo- Positive Einstellung der Bürger Die berücksichtigten EU-Standards nitoring nahmen in 2019 land- zur GAP und Auflagen sind für die deutsche wirtschaftliche Betriebe auf etwa Landwirtschaft mit Kosten von rund 5,0 Millionen Hektar freiwillig an Eine große Mehrheit der EU-Bürger 5,3 Milliarden Euro oder 315 Euro Agrarumwelt- und Klimaschutz- ist der Ansicht, dass alle Bewohner je Hektar verbunden. Nur etwa 1,2 maßnahmen teil. Dort wirtschaf- der Gemeinschaft von der Gemein- Milliarden Euro oder 69 Euro je ten diese Betriebe besonders samen Agrarpolitik (GAP) profitie- Hektar würden an entsprechenden umwelt- und klimaschonend und/ ren. Bei einer Eurobarometer-Um- Kosten anfallen, wenn in der EU oder fördern die Biodiversität. Für frage aus Oktober 2020 gaben vergleichbare Wettbewerbsbedin- dadurch entstehende höhere Kos- dies rund drei Viertel aller 27.000 gungen wie in wichtigen Wettbe- ten und/oder niedrigere Erträge Befragten an. Laut Kommission werbsländern außerhalb der EU zahlten EU, Bund und Länder in zeigen die Ergebnisse im Vergleich gelten würden. Damit haben die 2019 etwas mehr als 900 Millio- zur vorangegangenen Umfrage im deutschen Landwirte gegenüber ih- nen Euro. Darunter fällt auch der Jahr 2017, dass mittlerweile mehr ren Berufskollegen im Wettbewerb Öko-Landbau mit den Umstellungs- EU-Bürger die GAP kennen. Dies und bei offenen Märkten einen und Beibehaltungsprämien. 2019 wurde aktuell von 73 Prozent der Nachteil von 4,1 Milliarden Euro brachten EU, Bund und Länder Befragten bejaht; vor drei Jahren oder 246 Euro je Hektar. dafür 303 Millionen Euro auf. Im waren es noch sechs Prozentpunk- Zuge der laufenden Verhandlun- te weniger. Von diesen Probanden gen um die GAP-Reform zeichnet glaubten in 2020 wiederum 76 sich ein Umfang der Eco-Schemes Prozent, dass die GAP allen Bür- von mindestens 20 Prozent ab. Dies gern und nicht nur den Landwirten würde in Deutschland ab 2023 eine zugutekomme. Dieser Wert hatte Verdoppelung des Budgets für im Jahr 2017 noch 15 Prozentpunk- Agrarumweltmaßnahmen auf ca. te darunter gelegen. 127
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.4 „Zweite Säule“ – Förderung ländlicher Räume 4.4 „Zweite Säule“ – Förderung ländlicher Räume Die „zweite Säule“ der Gemein- samen Agrarpolitik (GAP) Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union ist auf die Förderung der Land- wirtschaft und der ländlichen Räume ausgerichtet. Aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) werden die EU-Direktzahlungen und EU-Markt- maßnahmen in der „ersten Säule“ der GAP finanziert, siehe Kapitel 4.3. Aus dem Europäischen Land- wirtschaftsfonds für die Entwick- lung des ländlichen Raums (ELER) wird die „zweite Säule“ der GAP finanziert. Die 2. Säule fördert u.a. Investitionen in der Landwirtschaft, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und den Strukturwandel abzufedern. Mit Agrarumweltmaß- nahmen und der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete soll eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen si- chergestellt werden. Viele weitere Maßnahmen haben die Förderung ländlicher Infrastrukturen im Fo- kus. Bundesländer entscheiden Im Vergleich zur 1. Säule, wo die EU die Finanzierung zu 100 Prozent trägt, müssen die EU-Mittel der 2. Säule grundsätzlich mit nationa- len öffentlichen Mitteln von Bund und Ländern ergänzt werden. Die 128
4.4 „Zweite Säule“ – Förderung ländlicher Räume 04 Agrarpolitik und Agrarförderung Umsetzung der Förderung der Ländlichen Entwicklung (2. Säule) liegt in Deutschland in der Zu- ständigkeit der Bundesländer. Die Förderschwerpunkte der einzelnen Bundesländer sind unterschiedlich. Eingang in die Länderprogram- me finden auch Maßnahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufga- be „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK), siehe Kapitel 4.5. Unabhängig von der Maßnahmenfinanzierung durch EU, Bund und/oder Land, für den einzelnen Fördernehmer vor Ort sind ausschließlich die Förderbe- stimmungen seines Bundeslandes maßgebend. GAP-Strategieplan löst ELER- Programme ab Die Bundesländer haben bisher in ihren Programmen zur ländlichen Entwicklung (Entwicklungspro- gramme Ländlicher Raum, EPLR) die konkreten Fördermaßnahmen und deren Dotierung festgelegt. Die Europäische Kommission hat diese genehmigt. Wesentliche Teile der Gemeinschaftsaufgabe „Ver- besserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) wurden von der EU-Kommission als soge- nannte Nationale Rahmenregelung (NRR) genehmigt. Die Länder-Pro- SWOT-Analyse (Stärken-Schwä- Durchführungskompetenz für die gramme nehmen darauf Bezug. Im chen-Chancen-Risiken-Analyse). 2. Säule-Maßnahmen unverändert Prinzip gilt dies auch für die neue Auf der SWOT-Analyse bauen dann bei den Bundesländern liegt, mit Förderperiode, die nach zwei Über- die „Analyse der Bedarfe“ und die der Konsequenz, dass der Natio- gangsjahren erst in 2023 beginnen zu ergreifenden Maßnahmen (In- nale Strategieplan Deutschlands wird. Der von der EU geforderte terventionen) auf. Maßnahmen der 13 Unterkapitel mit den Länder- Nationale GAP-Strategieplan 1. Säule bleiben weiterhin in der programmen umfassen wird. Die umfasst Maßnahmen der 1. und Regelungskompetenz des Bundes, Bundesländer setzen mit den ihnen 2. Säule. Ausgangspunkt ist eine während die Ausgestaltungs- und zugeteilten EU-Mitteln (ELER) und 129
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.4 „Zweite Säule“ – Förderung ländlicher Räume ELER-Förderung als Kofinanzierung Der maximale EU-Kofinanzie- rungssatz an den öffentlichen Ausgaben einer ELER-Maßnah- me beträgt bislang 53 Prozent (Basissatz) und geht nach zwei Übergangsjahren in der neuen Förderperiode ab 2023 auf 43 Prozent zurück. Für Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen ein- schließlich der Ökolandbauför- derung gilt bisher ein maximaler EU-Kofinanzierungssatz von 75 Prozent, ab 2023 von 80 Prozent. Als „Übergangsregionen“ haben die meisten Gebiete in den neuen Bundesländern sowie die Regie- Bundesmitteln (GAK) sowie den kamen insgesamt gut 1,1 Milliar- rungsbezirke Lüneburg und neu gebotenen Ländermitteln ihre den Euro EU-Mittel aus der Um- Trier einen besonderen Förder- eigenen Prioritäten. Die Bundeslän- schichtung der Direktzahlungen status: Sie können ihre EU-Kofi- der können auch ohne finanzielle aus der ersten Säule in die 2. Säule. nanzierungssätze ab 2023 auf bis Beteiligung der EU ELER-konforme Eine nationale Kofinanzierung ist 60 Prozent anheben, bislang bis 75 Prozent. Für umgeschichtete und im Nationalen Strategieplan für diese Umschichtungsmittel EU-Mittel aus der 1. Säule gilt die aufgeführte Maßnahmen durchfüh- nicht zwingend erforderlich. Ausnahme, dass deren Einsatz ren (nationale top ups). nicht mit nationalen Mitteln Künftig mehr Mittel für 2. Säule- kofinanziert werden muss. Mittelvolumen für 2014-2020 Maßnahmen bei 2,4 Milliarden pro Jahr Mit 8,598 Milliarden Euro stehen In Deutschland standen in der För- Deutschland in der Förderperiode derperiode 2014-2020 knapp 16,9 2021-2027 gut 5 Prozent mehr Milliarden Euro aus öffentlichen EU-Mittel für Maßnahmen der 2. Mitteln (EU, Bund und Länder) für Säule zur Verfügung. Niedrigere Schwerpunkt liegt auf der die Förderung der ländlichen Ent- EU-Kofinanzierungssätze wer- Förderung von Ökosystemen wicklung zur Verfügung. Das waren den zu einer Bindung von mehr durchschnittlich rund 2,4 Milliar- nationalen Mitteln führen. Der In der Förderperiode 2014-2020 den Euro pro Jahr. Ausgangspunkt Gesamtumfang an Mitteln für 2. wurden 43 Prozent der ELER-Mittel bilden rund 8,3 Milliarden Euro aus Säule-Maßnahmen wird aber erst für Agrarumwelt- und -klimamaß- dem ELER. Diese EU-Mittel wurden im Laufe des Jahres 2021 festste- nahmen einschließlich Ökolandbau mit rund 4,7 Milliarden Euro von hen, wenn national über Mitteilum- und die Ausgleichszulage aufge- Bund und Ländern kofinanziert. schichtungen von der 1. Säule und wandt. Zweitwichtigste Förderprio- Einige Länder setzten über die die Ausgestaltung der Eco-Schemes rität stellt die Förderung der ländli- ELER-Programme hinaus zusätzli- der 1. Säule entschieden worden chen Entwicklung dar (27 Prozent). che Mittel in Höhe von zusammen ist. Die Förderung der Wettbewerbs- gut 2,7 Milliarden Euro ein. Hinzu fähigkeit von land- und forstwirt- 130
4.4 „Zweite Säule“ – Förderung ländlicher Räume 04 Agrarpolitik und Agrarförderung schaftlichen Betrieben spielt dage- gen mit einem Ausgabenanteil von 17 Prozent eine eher untergeord- nete Rolle, auch im EU-Vergleich. Die Mittel für den Ökolandbau und LEADER haben sich im Vergleich zur Förderperiode 2007-2013 in etwa verdoppelt. Noch stärker als in der Vergangenheit divergieren die Förderschwerpunkte der Bun- desländer. Sie ergeben sich aus den regionalen Gegebenheiten und den jeweiligen politischen Entwick- lungszielen. Verwendung der Umschich- tungsmittel Die 1,1 Milliarden Euro Umschich- tungsmittel aus der 1. Säule (2014- 2020) wurden nach dem Beschluss der Agrarminister vom November 2013 für Maßnahmen in der Land- wirtschaft eingesetzt, z.B. für die Stärkung von Grünlandstandorten, zur Förderung natürlich benachtei- ligter Gebiete (24 Prozent über alle Länderprogramme), Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen (41 Prozent), Ökolandbau (13 Prozent) und tiergerechte Haltungsverfah- ren (4 Prozent). Die Umschich- tungsmittel sind in 2020 und 2021 jeweils von 4,5 auf 6,0 Prozent der Direktzahlungen erhöht worden. Sie stehen für Maßnahmen der 2. Säule erst in den jeweiligen Folge- jahren zur Verfügung und machen jährlich 300 Millionen Euro aus. 131
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.5 Bundesagrarhaushalt und Agrarsubventionen 4.5 Bundesagrarhaushalt und Agrarsubventionen Unmittelbare Betroffenheit der Landwirtschaft durch Corona Auch viele landwirtschaftliche Betriebe waren vom Corona-Lock- down im Frühjahr 2020 und zum Teil auch im November 2020 durch massive Umsatzeinbußen betroffen. Dazu gehören neben bestimmten Sonderkulturbe- trieben insbesondere Anbieter von Urlaub auf dem Bauernhof, von Reiterferien, Lernort Bau- ernhof-Betriebe, Erzeuger von Verarbeitungskartoffeln, Zier- pflanzenbetriebe, Binnenfischer, die ihren Absatz hauptsächlich in der Gastronomie haben, sowie Winzer, die ihren Hauptumsatz mit Gastronomieverkauf bzw. mit Präsenzverkostungen für Grup- penreisen machen. Etwa 10.000 Betriebe hatten im Frühjahr 2020 Antrag auf Soforthilfen gestellt und als Verlust-Teilausgleich rund 80 Millionen Euro von Bund und Ländern erhalten. Kräftiger Anstieg des Bundes- mehr. Der Zuwachs geht im We- agrarhaushalts in 2021 sentlichen auf die Einführung des Investitions- und Zukunftspro- Wie der Bundeshaushalt 2020 ist gramms Landwirtschaft 2021-2024 Investitions- und Zukunftspro- auch der Bundeshaushalt 2021 von („Bauernmilliarde“) sowie auf die gramm Landwirtschaft der historischen Ausnahmesituation zweite und letzte Tranche des der weltweiten Corona-Pandemie Corona-Konjunkturpakets (Inve- Die Regierungskoalition hatte am geprägt. Er sieht Ausgaben über stitionsförderung Stallbau und 28. Januar 2020 eine Milliarde Euro 498,2 Milliarden Euro vor. Für den Konjunkturmaßnahmen Wald und zusätzliche Bundesmittel („Bauern- darin enthaltenen Bundesagrar- Holz) zurück (+547 Mio. Euro). milliarde“) über die Jahre 2021 bis haushalt (Einzelplan 10) sind 7,676 2024 für die Anpassung der Land- Milliarden Euro vorgesehen. Das wirtschaft an das neue Düngerecht sind gegenüber dem Vorjahr 654 vereinbart. Als Investitions- und Millionen Euro oder 9,3 Prozent Zukunftsprogramm Landwirtschaft 132
4.5 Bundesagrarhaushalt und Agarsubventionen 04 Agrarpolitik und Agrarförderung (IuZ) sollen über die Jahre 2021 bis 2024 vor allem Investitionen in Lagerung, Ausbringungstechnik und Aufbereitung von Wirtschafts- düngern gefördert werden. Die Antragstellung erfolgt über die Landwirtschaftliche Rentenbank. Die Förderung beträgt grundsätz- lich 40 Prozent der förderfähigen Kosten. Für den investiven Teil des IuZ stehen über den Vierjahreszeit- raum 816 Millionen Euro Bundes- mittel zur Verfügung. Weitere 140 Millionen Euro, pro Jahr 35 Millio- nen Euro, dienen der Stärkung des GAK-Sonderrahmenplans Insekten- schutz. Die übrigen 44 Millionen Euro des IuZ sind zur Mittelauf- stockung bei der Innovationsförde- rung und bei der „Digitalisierung der Landwirtschaft“ vorgesehen. Konjunkturpaket und Inves- titionsprogramm Stallumbau Im Rahmen des von der Regie- rungskoalition am 3. Juni 2020 beschlossenen Corona-Konjunktur- paktes steht der Land- und Forst- wirtschaft in 2020 und 2021 ein Förderbetrag von einer weiteren Milliarde Euro zur Verfügung. Da- von entfallen 300 Millionen Euro auf das „Investitionsförderpro- gramm Stallumbau“, das in einem ersten Schritt seit September 2020 die Förderung von Stallumbauten in der Sauenhaltung im Fokus hat. Die Förderung des Umbaus von Schweinemast- und Ferkelauf- zuchtställen soll folgen. 133
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.5 Bundesagrarhaushalt und Agrarsubventionen Konjunkturpaket und Förde- rung der Forst- und Holzwirt- schaft Von der einen Milliarde Euro für die Land- und Forstwirtschaft aus dem Corona-Konjunkturpaket ent- fallen weitere 700 Millionen Euro auf die Forst- und Holzwirtschaft. Davon wiederum entfallen 100 Millionen Euro auf die Förderung von klimafreundlichem Bauen mit Holz und 100 Millionen Euro auf das Investitionsprogramm Wald und Holz (Förderung moderner Forsttechnik über die Landwirt- schaftliche Rentenbank). Schließ- lich werden 500 Millionen Euro als flächenbezogene Waldprämie zur Unterstützung des Privat- und Kommunalwaldes (7,7 Millionen Hektar). Da jeder zweite Landwirt in Deutschland Wald besitzt – zusammen 1,4 Millionen Hektar, ergibt sich hieraus auch eine Un- terstützung der Landwirtschaft. Die Antragstellung erfolgt elektronisch über die Fachagentur Nachwach- sende Rohstoffe (FNR). Unabhängig vom Konjunkturpaket erfolgt die in 2019 beschlossene GAK-Förderung zur „Förderung von Maßnahmen zur Bewältigung der durch Extremwetterereignisse verursachten Folgen im Wald“. Zusammen mit den Länder-Kofi- nanzierungsmitteln sind hierfür für die vier Jahre 2020 bis 2023 knapp 800 Millionen Euro vorgesehen. 134
4.5 Bundesagrarhaushalt und Agarsubventionen 04 Agrarpolitik und Agrarförderung Aufwuchs der Mittel in der Agrarsozialpolitik Der Regierungsentwurf zum Bun- desagrarhaushalt 2021 erfährt durch gesetzlich bedingte Mehr- ausgaben auch eine Steigerung in der Agrarsozialpolitik (+ 98 Millionen Euro). Ein Einmal-Zu- schuss an die Landwirtschaftliche Krankenkasse über 30 Millionen Euro aus dem „Gesundheitsfonds“ für entstandene Mehrausgaben infolge der Corona-Pandemie steht im Etat des Bundesgesundheitsmi- nisteriums und ist nicht Bestandteil des Bundesagrarhaushalts. Der Haushaltstitel „Tierwohl“, mit dem in 2020 im Wesentlichen die An- dem Klimaschutzgesetz stehen Boden und den Moorbodenschutz. schaffung von Narkosegeräten (Iso- sowohl im Bundesagrarhaushalt In der mittelfristigen Finanz- flurannarkose) in der Sauenhaltung als auch in der Regie des Energie- planung bis 2024 sind für die unterstützt wurde, entfällt in 2021 und Klimafonds (EKF) mehr Mittel Land- und Forstwirtschaft jährliche (- 28 Millionen Euro). für Klima schützende Maßnahmen EKF-Mittel zwischen 192 und 216 im Agrarbereich bereit. Millionen Euro geplant. Mittelaufstockung auch durch Koalitionsvertrag 2018 und Energie- und Klimafonds mit Weitere GAK-Mittelaufstockung „Klimamittel“ zusätzlichen Mitteln Nachdem die GAK-Bundesmittel in Die im Koalitionsvertrag der Bun- Aus dem Energie- und Klimafonds 2020 kräftig aufgestockt worden desregierung für die laufende (EKF) stehen dem Bundeslandwirt- sind, fällt die Steigerung in 2021 Legislaturperiode vereinbarten schaftsministerium 2021 190 Mil- vergleichsweise gering aus. Maß- 1,5 Milliarden Euro Mehrausgaben lionen Euro zur Verfügung (2020 70 gebend für den Zuwachs um rund für Landwirtschaft und ländliche Millionen Euro), um die Anpassun- 26 Millionen Euro in 2021 ist die Räume erhöhen den Bundesagrar- gen der Land- und Forstwirtschaft Aufstockung des Sonderrahmen- haushalt in den Jahren 2019 bis an den Klimawandel wirksam plans Insektenschutz mit Mitteln 2022. Diese Mittel werden schwer- zu flankieren. Damit werden das des Investitions- und Zukunftspro- punktmäßig für die Gemeinschafts- Bundesprogramm Energieeffizienz gramms Landwirtschaft (IuZ). aufgabe GAK, die Modernisierung in Landwirtschaft und Gartenbau der Tierhaltung einschließlich mit 42 Millionen Euro und der GAK 2020: Rund 1,8 Milliarden Tierwohllabel sowie für die Auf- Waldklimafonds mit 30 Millionen Euro Bundes- und Ländermittel stockung der Bundesmittel für die fortgeführt. Erstmals sind Mittel Landwirtschaftliche Unfallversi- eingeplant für die energetische Im Rahmen der Bund-Länder-Ge- cherung verwendet. Mit den 2019 Nutzung von Wirtschaftsdünger, meinschaftsaufgabe „Verbesserung beschlossenen „Klimamitteln“ nach den Humuserhalt und -aufbau im der Agrarstruktur und des Küsten- 135
04 Agrarpolitik und Agrarförderung 4.5 Bundesagrarhaushalt und Agrarsubventionen ses von 45 Millionen Euro, in der Alterssicherung der Landwirte von 56 Millionen Euro. Der Bundeszu- schuss zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung bleibt mit 177 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr unverändert. Ab 2022 ist hierfür nur noch ein Zuschuss von 100 Millionen Euro vorgesehen. In der Altershilfe der Landwirte be- trug die Zahl der Beitragszahler im 1. Quartal 2020 178.500. Ein Jahr zuvor waren es noch 185.500. Von der Personenzahl her ähnlich stark zurück ging die Zahl der Renten- empfänger, und zwar von 582.200 auf 577.900. Die Beiträge der Land- wirte betragen 2020 536 Millionen Euro. Gegenüber dem Vorjahr sind das 15 Millionen Euro weniger. Mit 2,359 Milliarden Euro waren die Bundesmittel mehr als viermal so hoch wie die Beitragszahlungen. Der Strukturwandel in der Land- wirtschaft führt dazu, dass die Zahl der Beitragszahler auch in der Krankenversicherung der Landwir- te weiter sinkt, von 2019 auf 2020 um rund 3.400. Zugleich sinkt aber auch die Zahl der Altenteiler um 8.500 Personen. Um ein ähnliches schutzes“ (GAK) stellten Bund und 55 Prozent sind Agrarsozial- Beitragsniveau wie in der allge- Länder 2020 1,792 Milliarden Euro ausgaben meinen gesetzlichen Sozialversi- bereit. Bund und Länder teilen sich cherung sicherzustellen, wird auch die Ausgaben im Verhältnis 60 zu Vom Bundesagrarhaushalt 2021 weiterhin der Einsatz von Bundes- 40 (Küstenschutz 70 zu 30). Aus entfallen 55 Prozent auf Sozialaus- mitteln für erforderlich gehalten. Sicht der Landwirtschaft haben die gaben (4,2 Milliarden Euro), um die einzelbetrieblichen Maßnahmen strukturwandelbedingten Defizite Alterssicherung der Landwirte einen besonders hohen Stellen- in der Alterssicherung und Kran- wert, darunter die Agrarinvestiti- kenversicherung der Landwirte Der Einheitsbetrag in der Alters- onsförderung, die Agrarumwelt- auszugleichen. In der Krankenver- sicherung der Landwirte wurde maßnahmen und die Ausgleichszu- sicherung der Landwirte erfolgen seit 1999 schrittweise erhöht, in lage für benachteiligte Gebiete. 2021 gesetzlich vorgegebene den alten Ländern von monatlich Aufstockungen des Bundeszuschus- 167 Euro (1999) auf monatlich 261 136
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