5000 Jahre Kunstgeschichte - Das Ägyptische Museum ein Stern im Kunstareal München - Kulturexpresso

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5000 Jahre Kunstgeschichte - Das Ägyptische Museum ein Stern im Kunstareal München - Kulturexpresso
5000 Jahre Kunstgeschichte –
Das Ägyptische Museum ein
Stern im Kunstareal München
München, Bayern, Deutschland (Kulturexpresso). München ist
eine Stadt, die mich immer wieder in Atmen hält. Habe ich in
anderen Städten ein gutes Orientierungsgefühl, so verlaufe ich
mich dort noch immer und das seit Jahrzehnten. So geschah es
auch als ich das Ägyptisches Museum besuchen wollte, gleich
hinter der Alten Pinakothek soll es sein, dort war ich zudem
schon öfters vorbei gefahren. Doch dann fand ich den Eingang
einfach nicht, sah nur die Hochschule für Fernsehen und Film,
komisch!

Ein Stück aus dem Goldschatz von Nubien und Sudan. © SMÄK,
Foto: M. Franke
5000 Jahre Kunstgeschichte - Das Ägyptische Museum ein Stern im Kunstareal München - Kulturexpresso
Schnell erklärten mir die Studenten, dass das Museum einen
unterirdischen Eingang habe und mir gingen die Augen auf. Fast
war der Eingang so geheimnisvoll wie eine Eingangshalle im
alten Ägypten. Das war so wohl auch gewollt. Architektonisch
ist der Gebäudekomplex des Architekten Peter Böhm ein
Meisterwerk. Am 11. Juni 2013 öffnete es seine Pforten
gegenüber der Alten Pinakothek. Neben Berlin und Hildesheim
zeigt man nun dort eine der wichtigsten Sammlungen ägyptischer
Kunstschätze in Deutschland und das Haus ist zudem das einzige
Museum außerhalb Ägyptens, das ausschließlich ägyptische
Schätze zeigt. Ende Dezember 2013 zeichnete die Münchner
Abendzeitung das Museum mit dem „Stern des Jahres“ in der
Kategorie „Kunst“ aus.

  © 2019, Foto: Midou Grossmann

Dem kann man zustimmen, denn betritt man das Museum über die
breite Rampe, die tief in das Fundament des Gebäudes führt,
gelangt man in einen großen Raum, der an eine Kathedrale
denken lässt. Am Eingang begrüßen schon zwei wunderbare
Kunstwerke den Besucher, quasi wie Wächter stehen dort eine
hohe Horusfigur sowie eine Statue eines Musikers. Diese
eindrucksvolle Sammlung wurde von Herzog Albrecht V. in der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begonnen. Die Entwicklung
ägyptischer Kunst über 5000 Jahre hinweg wird hier sehr
eindrucksvoll gezeigt.
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Die Goldmaske gehört zu den Hauptwerken der Sammlung. ©
2019, Foto: Midou Grossmann

Vom Neuen Reich,
ca. 1532–1070 v. Chr., sind zu sehen: Bildnisse der Pharaonen
Ramses II., Thutmosis III., Echnaton und Hatschepsut,
Löwenkopf aus
Kalkstein, Kopf einer Sphinx Amenophis II., Kniefigur des
Senenmut,
Goldfigur der Teje, Würfelstatue des Bekenchons, Kelch mit der
Namensaufschrift Thutmosis’ III, das älteste Glasgefäß der
Welt
(1450 v. Chr.). Doch auch das alte Reich, ca. 2707–2216 v.
Chr.,
ist vertreten mit der Doppelstatue des Niuserre als junger und
als
alter Mann, einem Köpfchen, das vermutlich Cheops darstellt,
der
Granit-Familiengruppe des Dersenet und Scheintüren aus dem
Grab des
Menes. Eindrucksvoll auch die Sargmaske der Satdjehuti Satibu,
entstanden ca. 1575 v. Chr. Alte Schriften aus dem Totenbuch
sind
digital abrufbar und werden übersetzt anhand eines
Bildschirms, der
unterhalb des Papyrus‘ auf einer Schiene gleitet. Ein Besuch
lohnt
sich allemal, er wirkt entspannend und aufbauend zugleich, man
zeigt
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was Kunst in der Psyche der Menschen bewirken kann und so
etwas
braucht der heutige Mensch gerne immer. Es ist auch
interessant zu
sehen, dass unsere aktuelle Zivilisation nicht unbedingt die
Krone
der Schöpfung zu sein scheint.

Zu Recht darf dieses Museum als weiterer Stern der Kunst im
Münchner Kunstareal bezeichnet werden, das zudem mit
Grünflachen und Cafés zu einer wahrhaftigen Insel der
Inspiration geworden ist.

https://smaek.de

Nicht nur in Herford ist die
Realität … absurder als jeder
Film
Berlin, Herford, Deutschland (Kulturexpresso). Im Marta
Herford läuft eine Ausstellung mit dem Titel „Die Realität …
ist absurder als jeder Film“. In diesem Museum
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für zeitgenössische Kunst, das an sich schon einen Besuch wert
ist und zwischen 2001 und 2005 in der Goebenstraße unweit vom
Bahnhof in Herford gebaut wurde, läuft diese Ausstellung seit
dem 2. März 2019 und noch bis 10. Juni 2019.

Auf der Heimatseite des Museums und auch in einer „Guide“
genannten Broschüre zur Ausstellung wir von Heimat als etwas
gefaselt, das keinen Ort habe.

In einer Einladung zu einer Pressekonferenz am 28. Februar
2019 ist der erste Satz ein Fragesatz, der da lautet: „Was
bedeutet es, in einer Gesellschaft aufzuwachsen, die ‚Heimat‘
nicht fest mit einem Ort verbindet, sondern das Unterwegssein
als identitäts-stiftend erfährt?“

Nun, erstens ist die Gesellschaft ein Ort und zwar einer
konfligierender Interessen, zweitens Heimat sogar eine Seite,
jedenfalls im Weltnetz, und drittens auch in der wirklichen
und nicht nur in der virtuellen Welt ein Ort, in den man
hineingeboren wird. Und selbst diejenigen ohne Haus und Hof,
die zu den fahren Völkern gehören, reise in der Regel in einem
überschaubaren Lebensraum rum.

Das gilt auch für Orte in Israel, die als Wahlheimat gewählt
werden, an denen man sich niederlässt, um sich zu Hause zu
fühlen, ohne dort geboren oder großgeworden zu sein.

In der Ausstellungsbroschüre heißt es zum Staat Israel, dass
er „eine vergleichsweise junge Nation“ sei „und seine Bewohner
… bis heute aus allten Teilen der Welt“ kämen. Mit anderen
Worten: Israel sei keine Heimat, sondern „ein Vielvölker- oder
Nationalitätenstaat, der nicht nur auf einem gemeinsamen
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Territorium basiert, sondern auch mit einer Vielzahl von
Migrationsgeschichten verbunden“ sei.

Wer das für wirres Zeug und Israel für einen Judenstaat hält,
der weiß auch, dass die Realität absurder ist als jeder Film.

Dass die „absurde Sinnsuche“ nur Künstler wie Yael Bartana,
Guy Ben-Ner, Keren Cytter, Omer Fast und Roee Rosen
widerfährt, das ist gut so.

Bewegte Bilder und Ballaballa-Musik, die einer Marter nahe
kommen, bietet dieses Video von Marta TV.

Nie wieder Rodeo – Kritik zum
relativ unkritischen Film
„Der Reiter“
Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Verstanden zu Zeiten,
als der Norden Amerikas noch von Ureinwohnern gesäubert werden
musste, die Einwanderer unter Rodeo das schnelle Einreiten von
Wildpferden und die Arbeit mit dem Lasso, so ist das heute
eine Schauveranstaltung, bei der keine Wildpferde einsetzt
werden, sondern für wenig Geld gekaufte Tiere, die als „nicht
reitbar“ gelten.

Das wird in dem Film „Der Reiter“ zwar nicht thematisiert,
aber auch nicht verheimlicht, aber das Drehbuch und die Kamera
(Joshua James Richards) rotieren um die raue und harte Prüfung
menschlicher Fähigkeiten und um die Frage nach Männlichkeit
und Mut, dem Sieg über die eigene Angst und die des
ängstlichen Fluchttieres, das keine Chance hat – wie die
Ureinwohner Nordamerikas keine Chance gegen die Einwanderer
hatten.

Die   Organisation   PETA   nennt   Rodeo   eine   „billige   und
manipulierte Darstellungen der primitiven menschlichen
Dominanz über Tiere, versteckt hinter einer mageren
Verkleidung als Unterhaltung“. Das dokumentiert der Film, der
als Neo-Western von Hofberichterstattern und solchen, die das
werden wollen, abgefeiert wird, sehr selten. Chloé Zhao, die
sowohl das Drehbuch schrieb als auch Regie führte, wollte wohl
eine Erzählung über den jungen indianischen Pferdetrainer
Brady Blackburn (Brady Jandreau), der in Folge eines
verhängnisvollen Sturzes aus dem Sattel mit einer beinahe
tödliche Kopfverletzung gezwungen ist, das Rodeo aufzugeben.
Mit einer verkrampfenden Hand kann er im Notfall nicht
rechtzeitig vom Pferd springen, aber immerhin noch gemütlich
über die Prärie reiten.

Die Geschichte spiel in einem Indianereservat in South Dakota.
Brady lebt fünf Jahre nach dem Tod seiner Mutter mit seiner
geistig behinderten Schwester und seinem mehr oder minder von
Alkohol abhängigen und nach Glücksspiel süchtigen Vater.
American life also, wie er seltener gezeigt wird.

Das Besondere: die spielen sich alle selbst – der
Hauptdarsteller, die Schwester und der Vater. Auch die anderen
sind Laiendarsteller. Bradys bester Freund Lane Scott, ein
einst erfolgreicher Rodeo-Champion, der seit einem Autounfall
(im Film ist es ein Rodeo-Unfall) körperlich schwer behindert
in einem Pflegeheim wohnt, ist ebenfalls in die Handlung
einbezogen. Auch Cat Clifford spielt Cat Clifford, Terri Dawn
Pourier spielt Terri Dawn Pourier, Tanner Langdeau spielt
Tanner Langdeau und James Calhoon spielt James Calhoon.

Cool? Das fanden zumindest einige Cineasten, sie zeichneten
die Filmemacher und vor allem Chloé Zhao mehrfach aus, obwohl
der Film unkritisch mit dem Rodeo an sich umgeht, als sei das
nur die Hintergrundrauschen oder -geschichte eines jungen
Mannes auf seinem Weg ins Leben, der sich nicht fragt, wer es
ist, aber scheinbar weiß, was er will.

Rodeo ist viel mehr. „Elektroschock-Stäbe, Stäbe mit scharfen
Spitzen, ätzende Salben und anderes Folterwerkzeug, das in den
USA bei Rodeos verwendet wird, um die Tiere zu reizen und in
Wut zu bringen“, sei laut PETRA Tierquälerei. Die oft äußerst
eng geschnürten Flankenriemen sind Folterwerkzeuge, damit die
Tiere, die „Rodeo-Pferde“ bocken.

PETRA verweist zudem auf Dr. C. G. Haber, einem Tierarzt, „der
30 Jahre seines Lebens als Bundesfleischbeschauer in den USA
zubrachte“. Haber sei „in Schlachthäusern tätig“ gewesen und
habe „viele ausrangierte ‚Rodeo-Tiere‘, die zum Schlachten
verkauft worden waren“ gesehen. Er beschrieb die Tiere als „so
extrem mit Quetschungen und blauen Flecken versehen, dass
diese Tiere nur noch am Kopf, Nacken, an Beinen und Bauch Haut
auf dem Fleisch besaßen. Ich habe Tiere gesehen, die sechs bis
acht Rippen vom Rückgrat gebrochen hatten, die ihnen teilweise
sogar die Lunge durchstoßen hatten. Ich habe gesehen, wie sich
sieben bis elf Liter Blut unter der abgelösten Haut gesammelt
hatten.“

Nein, das alles zeigt der unkritische, bisweilen kitschige und
dabei durchaus wirklichkeitsnahe Film nicht.
Filmografische Angaben
Originaltitel: The Rider
Deutscher Titel: Der Reiter
Land: Vereinigte Staaten von Amerika
Jahr: 2017
Regier und Buch: Chloé Zhao
Kamera: Joshua James Richards
Musik: Nathan Halpern
Schnitt: Alex O’Flinn
Länge: 104 Minuten
Altersfreigabe FSK ab 12

Stromer auf den Spuren von
Heinrich           Straumer.
Architektur   erlaufen   und
erfahren in Berlin
Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Heinrich Straumer
(Initialen HS) ist ein deutscher Architekt. Wer schreibt, der
bleibt. Wer baut, auch; bis seine Häuser zerstört sind. Davon
sind wir noch ein gutes Stück weg und Straumer ist guter Grund
zum Stromer zu werden. Seit der Tag-und-Nacht-Gleiche im März,
dem Frühlingsanfang, braucht man wieder Ideen, wohin.
Auch im April liegt der See mal starr und still; denn der
Monat macht, was er will. Das bisschen Schnee im März ist also
kein Scherz. Nee, es ist normal. Doch die Tage werden länger
und dann beginnt die Suche nach Zielen. Ausflugsziele zu
suchen, wenn die Sonne schon scheint, führt manchmal zu
Zeitverlust und Frust. Ist man endlich unterwegs, geht die
Sonne doch schon unter. So oft geschehen in Berlin, wo jeder
Weg eine halbe oder Dreiviertelstunde dauert. Zum Stadtrand
noch länger.

Rundreise zu drei Bauten von Heinrich
Straumer
Mein Vorschlag: Drei Bauten Heinrich Straumers chronologisch
zu folgen: von Frohnau nach Dahlem und zuletzt nach
Charlottenburg zum Messegelände am ICC.

Das kann einen halben Tag, einen Tag (oder, wenn man es
intensiv macht, auch zwei Tage) dauern.

Wem das aus Zeitgründen nicht passt, kann von Dahlem mit der
U-Bahn zum Heidelberger Platz fahren, dort umsteigen in die
Ringbahn S41 Richtung Westkreuz/ Westend/ Jungfernheide und
bis Messe Nord/ ICC fahren; in Fahrtrichtung hinten aussteigen
und oben von den Ostpreußenbrücke am ICC den Funkturm
bewundern. An der Kreuzung ist der Eingang zum
Funkturminnenhof.

Heinrich Straumer – Chemnitz und Berlin
Geboren wurde Heinrich Straumer am 7. Dezember 1876 in
Chemnitz; gestorben ist er am 22. November 1937 in Berlin.

Seine Geburtsstadt Chemnitz wurde nach seinem Tode, dem
Zweiten Weltkrieg, der bedingungslosen Kapitulation und dem
Untergang des Deutschen Reiches am 10. Mai 1953 umbenannt. Die
Gemeinde hieß bis zur Wiedervereinigung 1990 Karl-Marx-Stadt.
Der U-Bahnhof Thielplatz, den er erbaute, wurde auch
umbenannt. Damit muss man leben.
Die kreisfreie Stadt im Südwesten Sachsens war ein gutes
Sprungbrett. 1883, nachdem Deutschland einen aus preußischer
Sicht wichtigen Krieg gewonnen hatte und als Zweites Reich
wieder gegründet worden war, wurde Chemnitz Großstadt. Grund
war die immer weiter geführte Industrialisierung. Ein paar
Jahre vor Straumers Tod erreichte die Einwohnerzahl ihre
Spitze. Das Allzeithoch Anfang der 30er Jahre wird irgendwo
über 360.000 Chemnitzer beziffert. Heute sind es eine knappe
Viertelmillion Menschen. Zum Rückgang beigetragen haben die
80%ige    Zerstörung    der   Chemnitzer     Innenstadt    bei
Bombenangriffen im Februar und März 1945 und die Flucht vieler
aus der DDR in den Westen vor dem Mauerbau im August 1961.

Die Umgewöhnung von einer Großstadt in die Millionenstadt
Berlin und deutsche Reichshauptstadt dürfte Straumer nicht
schwergefallen sein.

Ausgangspunkt der Erkundungsreise auf den
Spuren von Heinrich Straumer: Frohnau
Start ist am S-Bahnhof       Frohnau   (für   Autofahrer   der
Ludolfingerplatz).

Denn hier in Frohnau, seit 1920 Berlin-Frohnau als Teil des
Bezirks Reinickendorf von Groß-Berlin, fing alles an. Der
nördlichste Zipfel Groß-Berlins, das ist im wesentlichen das
„Berlin“ von heute, war um die Jahrhundertwende so gut wie
nicht bebaut. Straumer war 1896 20 Jahre alt, 1900 24. Das
Projekt der Erschließung und Bebauung Frohnaus stand an. Der
Begriff Gartenstadt kursierte, wurde verstanden und hatte
seine Anziehungskraft. Das Bürgertum in der Hauptstadt des
florierenden Deutschen Reiches und seiner Umgebung suchte ein
gutes Leben in guten Häusern mit Garten.

Bevor eine Siedlung entsteht, braucht man erstmal eine
Infrastruktur. Frei nach dem Motto „Aller Anfang ist schwer,
sagte der Dieb und stahl einen Amboss“ musste erst einmal die
Versorgung für die frisch erfundene Elektrizität her.

Zuerst der Strom: Straumers Umspannwerk,
heutzutage mit spannender Musik
Heinrich Straumer baute 1907 das Frohnauer Umspannwerk. Mit
Strom und Verstromung hat das Haus heute nur noch sehr wenig
zu tun. Es ist ein Café. Wer es sehen möchte, kann sich vom
Bahnhof Richtung Osten wenden und vom Zeltinger Platz den
Fürstendamm entlanglaufen. Das letzte Haus auf der linken
Seite ist die Nummer 40.

Kein Zufall, dass das Umspannwerk so weit hinten steht.
Bürgerliches Wohnen dient der Entspannung, um für die Arbeit
Kraft zu sammeln. Den Elektrosmog und das Brummen eines Trafos
(Transformators) braucht niemand in seiner Nähe. Hier endete
Frohnau, dann Berlin, dann auch West-Berlin. Nur wenige Meter
weiter östlich bauten DDR-Maurer 1961 die „Berliner Mauer“.

Zur   Orientierung:   Etwas   nördlich   des   Umspannwerks   am
Fürstendamm steht das Buddhistische Haus, das der eine oder
andere vielleicht einmal besucht hat. Es liegt am Edelhofdamm
ebenfalls zwischen S-Bahnstrecke und B96.

Gleich zu Beginn einkehren hat wenig Sinn. Das Musikcafé
„Transformator“ im Umspannwerk ist mittwochs bis samstags ab
18 Uhr geöffnet. Am 23. März gab es hier ein Jazzkonzert mit
Michael Gechter und HD. Lorenz, bei dem Sabina Saracevic sang.
Am Donnerstag, den 29. März spielt Ro Gebhardt Gitarre.

Straumer schlägt zu: Buche
Doch unsere Architekturwanderung beginnt eigentlich bei den
drei Häusern, die auf dem Titelbild zu sehen sind. Baujahr
1910/1911. Man erreicht sie vom S-Bahnhof Frohnau aus über den
Ludolfingerplatz und den Sigismundkorso.
Warum sind die drei Landhäuser „An der Buche“ so wichtig? Es
waren mehr oder weniger die ersten Häuser in Frohnau und die
Musterhäuser der neuen Siedlung. Sie wurden inmitten der
zukünftigen Stadt oder des Stadtteils errichtet, um sichtbar
zu sein. Noch sichtbarer, weithin gut zu sehen, wurden sie
durch ihre Lage auf einem kleinen Berg. Einer Anhöhe.

Der Straßenname folgt dem beherrschenden Baum, einer Buche.
Sie symbolisiert Kraft und Beständigkeit. Sie ist ein
deutscher Baum und nicht wie die Kiefer oder Kastanie
eingeführt worden. Vor dem Ersten Weltkrieg, der zunächst
jahrzehntelang nur Weltkrieg genannt wurde, hatte Deutschland
ein großes Selbstbewusstsein. Seit einigen Jahren war man mit
Kiautschou und den Karolinen, Deutsch-Ostafrika und -Südwest
sogar Kolonialmacht.

Die Lage der drei Häuser am Berg und später eines vierten
(roten) auf der anderen Straßenseite strahlt zusammen mit der
großen, alten Buche bis heute etwas Faszinierendes aus.

Es handelt sich übrigens nicht um die Originalbuche. Jene
Buche wurde bei Berlins Blockade Brennholz.

Das rechte der drei Straumer-Landhäuser ist das           erste
Frohnauer Haus, das unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Der Garten gleich mit, damit niemand auf die Idee käme (was
bereits geschehen war), das Grundstück zu teilen und auf dem
Hammer Mehrfamilienhäuser zu errichten.

Den ganz eigenen Charakter des Ensembles perfekt machen die
teils bedingte Zugänglichkeit über weit von Straße und
Bürgersteig entfernte Wege und ein alter Brunnen.

Zweiter Punkt der Erkundungsreise: U-
Bahnhof Freie Universität (Thielplatz)
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c1/U-Bahnhof_
Thielplatz_20130704_4.jpg
Oft habe ich vor dem U-Bahnhof Thielplatz gestanden, bin um
ihn herumgelaufen, besonders den nördlichen Ausgang, der von
Straumer gestaltet wurde. Das erste Mal bewusst benutzt habe
ich den Bahnhof 1983. Damals gab es den südlichen Ausgang
schon mit zwei Treppen nach links und rechts, um auf
Straßenniveau zu gelangen. Ich wollte zur Freien Universität
und fuhr anschließend mit dem Bus bis „Im Dol“, um zu Fuß zur
Podbielskiallee zu gelangen.

Zwei Einbahnstraßen flankieren den U-Bahnhof Thielplatz am
Thielpark, der als Teil eines längeren Grünstreifens sich quer
zur Bahnstrecke Richtung Krumme Lanke durch Dahlem zieht.
Vielleicht sollte man sagen, eine Reihe von Parks, denn
südöstlich der Thielallee schließt sich der Triestpark an. Wie
auch immer man das nennen will, man kann mit und ohne Hund
sehr gut vom U-Bahnhof aus einen längeren Spaziergang machen,
vorbei an kleinen Seen beziehungsweise Teichen.

Etwa bis 1945 wurde der Thielpark als Thielplatz bezeichnet.

Wegen der Freien Universität Berlin und ihres Wachstums auf
teilweise über 60.000 Studenten wurde der zweite U-Bahn-
Ausgang gebaut. Das Auditorium maximum (Audimax) der FUB im
Henry-Ford-Bau an der Garystraße ist vom südlichen Ausgang
besser zu erreichen.

Umbenennen – ein Berliner Sport
Wohl auch wegen der vielen „dummen Fragen“ benannte die BVG
den U-Bahnhof „Thielplatz“ am 11. Dezember 2016 „Freie
Universität (Thielplatz)“ um. Die alten Namen werden zum
Verständnis und zur Orientierung der Alteingessenen gern dem
neuen beigefügt.

So heißt der S-Bahnhof auf der Ringbahn zwischen BMW-Zentrale
und ICC statt „Witzleben“, wie das ganze Viertel, heute „Messe
Nord/ ICC“ und kleiner: „Witzleben“. Der Bahnhof „Eichkamp“
hieß fast simultan „Messe Süd/ Eichkamp“. Der neue
Hauptbahnhof, das ist der am Humboldthafen zwischen
Europaplatz und Washingtonplatz, heißt statt „Lehrter
Stadtbahnhof“ „Hauptbahnhof -Lehrter Stadtbahnhof“. Der
Tunnel-S-Bahnhof „Unter den Linden“ heißt jetzt „Brandenburger
Tor“, Unterschrift: „Unter den Linden“. Usw. usf.

Am 12. Oktober ging‘s los
Eröffnet wurde der U-Bahnhof Thielplatz am 12. Oktober 1913.
Gleichzeitig mit acht anderen Bahnhöfen. Von der
Hochbahngesellschaft. Das macht vielleicht auch etwas
verständlicher, warum die U-Bahn nicht unterirdisch fährt. In
der Tat ist „Thielplatz“ ein Einschnittbahnhof mit
Mittelbahnsteig, das heißt man kann vom Bahnsteig aus die
frische Luft genießen und das Tageslicht sehen. Außen halten
die Züge Richtung Krumme Lanke oder Wittenbergplatz und
weiter. Die Linie hieß bereits U2, U1 und U3.
Linienbezeichnungen und -führungen sind kurzlebig. Anfänglich
benutzte man Buchstaben.

Bis 1929 war „Thielplatz“ auch der Endbahnhof, der Endpunkt
der Strecke und insofern doppelt prominent, da in Berlin der
Endbahnhof die Richtungsbezeichnung angibt. Dadurch kennt
jeder die Osloer Straße oder das Rathaus Steglitz.

Zusammenfassung: Reise zur Gegenwart von
Heinrich Straumer
Die Ausflugsziele nach Entstehungszeitraum geordnet:

1907: Berlin-Frohnau, Umspannwerk Fürstendamm 40

1910–1911: Berlin-Frohnau, Landhausgruppe am Berg,
Anschrift/Adresse: An der Buche 17/21 (mit Hans Hermann und
Ludwig Lesser) (siehe Photo)

1912–1913: Berlin-Dahlem, U-Bahnhof Thielplatz mit nördlichem
Stationsgebäude, Vorplatz und Brücke
1924–1926: Berlin-Charlottenburg, Berliner Funkturm auf dem
Messegelände

 Transformation: Konzert in Straumers Umspannwerk. Saarländer
 Ro Gebhardt mit Gitarre in Berlin-Frohnau

Serielle Formation im Museum
Giersch    am    Frankfurter
Museumsufer
Frankfurt am Main, Deutschland (Kulturexpresso). In einer
Villa am Main und also am sogenannten Frankfurter Museumsufer
befindet sich das Museum Giersch, ein vom IT-Kaufmann Giersch
zunächst für seine Sammlung von Gemälden primär Frankfurter
Provenienz des 19. Jahrhunderts gestiftetes und eingerichtetes
Museum. Inzwischen ist das Haus in die Regie der Goethe-
Universität übergegangen.

Pünktlich zum „68er Jubiläum“ greift das Museum ein
Ruhmesblatt der damaligen Zeit auf: Zwischen 1964 und 1968
existierte im sogenannten Studentenhaus (heute politisch
korrekt      Studierendenhaus)       eine     vom     AStA
betriebene/unterstützte    Studiogalerie.   Die   aktuelle
Präsentation im Haus Giersch unter dem Titel „Freiraum der
Kunst“ belegt, dass es damals möglich war, mit geringsten
Mitteln die künstlerische Avantgarde nicht nur Deutschlands,
sondern weltweit zu präsentieren. Da diese Galerie nicht unter
dem Zwang stand, zu verkaufen, konnte sie aus dem Vollen
zeitgenössischer Tendenzen und gutmeinender Leihgeber
schöpfen.Verdankt wird dies vor allem dem Engagement von
Leuten wie Bartels, Roehr und Maenz. Schon 1964 war hier
Arnulf Rainer zu sehen, auch Nam June Paik und Charlotte
Moorman präsentierten hier Fluxus-Bewegung.

Der Höhepunkt:             Serielle         Formationen
(1967)
Die Geschichte der Studiogalerie endet 1968 in den
Studentenunruhen. Zuvor ist es ihr aber geglückt, noch ein
Highlight zu setzen, das fortwirkt: 1967 gibt es die
Ausstellung „Serielle Formation“, die Künstler präsentiert,
die zwar damals noch weitgehend unbekannt waren, heute aber
Weltgeltung haben und zu Zigtausenden bis Hunderttausenden
gehandelt werden: Judd, Marconi, Uecker, Warhol, Vasarely,
Stella, aber auch der zu früh verstorbene Roehr,
Mitorganisator der Präsentation. Der Berichterstatter hatte
die Chance, als Student im zweiten Semester, diese Ausstellung
zu sehen (mehr durch Zufall, denn sie war weder besonders
ausgeschildert noch irgendwie bewacht – jeder konnte
vorbeischauen) und war nachhaltig beeindruckt – bis heute.

Die Präsentation im Museum Giersch bietet auf drei Ebenen
Einblicke in die wichtigsten Ausstellungsprojekte der
Studiogalerie – soweit die Exponate heute noch verfügbar sind.
Auch ohne persönliche Reminiszenzen unbedingt sehenswert.

Freiraum der Kunst (Museum Giersch) 18. März bis 8. Juli 2018
Wieder ein Duo! LA CASA LOBO
– A FILM BY LEÓN & COCÍNA von
Cristóbal León und Joaquín
Cocina gewinnt den Caligari-
Preis für einen Film aus dem
Berlinale-Forum
Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Das Kürzel LOL hat
Konkurrenz bekommen: LCL (LA CASA LOBO). Die Initialen des
Siegerfilms im Forum der 68. Berlinale. Der mit 4000 Euro
dotierte Preis wurde erstmals in einem neuen Format in der
Akademie der Künste Hanseatenweg vergeben. Eine sehr gute
Entscheidung für eine sehr sinnvolle Veranstaltungsaufteilung
– Preisverleihung, Filmvorführung, Publikumsgespräch. Darum
ein Lob an den Veranstalter, der unter anderem durch Fabian
Schauren vertreten wurde, Geschäftsführer des Bundesverbands
kommunale Filmarbeit.

Chile ist im Kommen
Chilenische Kunst (Natalia Urnia), chilenische Lebensmittel
(South Embassy) und großartige Filme wie der bei einer
vorjährigen    Berlinale     gezeigte   Dokumentarfilm     mit
Animationseinlagen „El Buton de Nacar“ weisen immer wieder auf
das erstaunliche lange Land im Süden Südamerikas hin.
Wohl das einzige Land der Welt, wo die Kinder in Fibel und
Schulatlas nie eine Karte des Landes sehen. Was ihnen gezeigt
wird, ist digital – im Sinne von zerstückelt. Meist wird die
geographische Darstellung des langen Lulatschs in drei Teile
zerschnitten und das Zusammenfügen dieser erfolgt im Kopf –
oder gar nicht.

Der große Regisseur von „El Buton de Nacar“ (Perlmuttknopf)
gab zu, dass er im Laufe der Filmarbeiten zum ersten Mal eine
Karte des Landes aus einem Stück gesehen hatte.
Sie wurde aus Leder gefertigt, galt manchen eher als Kunstwerk
und in einer Art Fabrikhalle ausgebreitet.

LA CASA LOBO aus dem Land, wo man,
natürlich begrenzt, unbegrenzte Phantasie
entwickelt
Chiles Grenzen sind wenig umstritten. Mit der Ausnahme von
Feuerland, wo mit Argentinien inzwischen beigelegte
Differenzen bestanden, gibt es aus geographischen Gründen kaum
Grund, sich nicht grün zu sein mit den Nachbarn, deren Zahl
sich obendrein in Grenzen hält.

Deutschland mit seiner flacheren Topographie dagegen hatte mit
Preußen (heute als Ostpreußen bekannt), dem Elsass und Baden,
Holstein, Schleswig und Lauenburg sowie Schlesien durch die
Jahrhunderte immer wieder ein Hin und Her der Grenzziehung mit
Sachsen, Österreich, Dänemark und anderen.

Chile hat im Westen den größten Ozean der Welt, im Osten das
höchste Gebirge Südamerikas. Im Süden ist der Südpol, im
Norden gen Peru Wüste. In dieser „Abgeschiedenheit“ gab es
nichtsdestotrotz Demokratie und Diktatur (Pinochet) und alles
andere. Wichtig wird Chile noch wegen des Kupfers werden, das
wusste schon Ayn Rand in „Atlas shrugged“ 1957.

Pinochet und seine Strafverfolgung ist eines der Themen beim
Gewinner des Panorama-Publikumspreises „The Silence of
others“. Schon aus diesem Grund sollte man den Film sehen. Er
behandelt auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit und deren
juristische Sühne. Unter anderem durch ein Gericht in
Argentinien gegen Verfolgte der Regimes Franco in Spanien,
Pinochet in Chile und anderswo.

LA CASA LOBO – wieder ein preisgekrönter
Stop-Motion-Film
LA CASA LOBO ist ein Stop-Motion-Film, der als Artist-in-
Residence-Projekt über fünf Jahre unter anderem in
verschiedenen Galerien der Welt hergestellt wurde. Ein Stop-
Motion-Film ist im weiteren Sinne ein Animationsfilm. So einer
wie „Isle of Dogs“ von Wes Anderson, der dieses Jahr den
Wettbewerb der 68. Berlinale eröffnete. Und am Samstag einen
Silbernen Bären gewann (Beste Regie).

Herzlichen Glückwunsch an die Mannschaft von La Casa Lobo für
den Caligari-Preis!

Zum Caligari-Preis:

 Meer ohne Wüstenschiffe. „El Mar La Mar“ von Joshua Bonnetta
 und J.P.Sniadecki gewinnt den Caligari-Preis für einen Film
 aus dem Berlinale-Forum

Zur Chilenin Natalia Urnía:

 Mainstream umgarnt. Lateinamerika in der Linienstraße 130:
 Erste Ausstellung „Raue Strömung“ mit Natalia Urnía
„Der Reichstag“ oder ARTE
zeigt   eine   interessante
Geschichte eines „deutschen
Hauses“    von    Regisseur
Christoph Weinert
Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Fast könnte man dem
Regisseur Christoph Weinert bescheinigen, dass er das sauber
hinbekommt, was auch am Schweizer Käse das Besondere ist – die
Löcher. In seinem Film – vornehm Dokudrama genannt – »Der
Reichstag – Geschichte eines deutschen Hauses» – schildert er
die Geschichte des Prunkbaus breit und ausladend. Dieser ist
für ihn Bühne und Spiegelbild der deutschen Geschichte. Alles
schön und gut, geeignet zur Verherrlichung des Wahrzeichens
des nach der Niederwerfung Frankreichs im Krieg 1870/71
erstarkten deutschen Imperialismus. Hinzuzufügen wäre: Der
Sieg über Frankreich war für die Errichtung des Reichstags
auch deshalb bedeutend, weil fünf Milliarden Franc
französische Reparationen in deutsche Taschen und insbesondere
in die Wirtschaft geflossen waren und weil sich das
Kaiserreich ohne weiteres einen Protzbau von 29 Millionen Mark
leisten konnte. Liest man die Inschrift über dem Portal– »Dem
deutschen Volke» – und sieht man die Aufnahmen von der
Wohnungsnot und dem Elend des Berliner Proletariats,
beantwortet sich die Frage von selbst, wem im »deutschen
Volke» der Bau gewidmet ist und wem nicht.

Zurück zu den Löchern im Käse. Trotz der ausführlich erzählten
Geschichte fällt auf, was im Film fehlt. Zum Beispiel wird
berichtet, dass der Reichstag im August 1914 die Kriegskredite
für den Krieg gegen Frankreich und Rußland bewilligte. Nicht
erwähnt wird, dass bei der nächsten Abstimmung am 2. Dezember
1914 einer den Mut hatte, dagegen zu stimmen: Karl Liebknecht.
Wenn schon bestimmten Ereignissen historische Bedeutung
beigemessen werden soll, ist Liebknechts Entschluss
gravierender      als    die    im    Parlament     üblichen
Routineentscheidungen.

Sehr dramatisch wird der Mord an Außenminister Walther
Rathenau im Jahre 1922 geschildert. Die Ermordung Liebknechts
am 15. Januar 1919 wird nicht erwähnt, des Mannes, der als
Politiker ebenfalls und eben auch im Reichstag von
außergewöhnlichem Format war.

Ganz im Sinne der offiziellen Geschichtsschreibung erzählt der
Historiker Wolfram Pyta, Direktor der Forschungsstelle
Ludwigsburg der Universität Stuttgart zur Erforschung der NS-
Verbrechensgeschichte, dass Marinus van der Lubbe als Urheber
des Reichstagsbrands ermittelt und verurteilt worden ist. Bis
heute sei unklar, ob er es allein gewesen sei. Die
Geschichtswissenschaft habe keine evidenten Quellen. Man könne
hinterfragen, ob van der Lubbe Helfer gehabt habe oder
instrumentalisiert worden sei und von wem. Der Vorgang sei
weiterhin unklar und werde es wohl bleiben, sofern nicht neue
Quellen auftauchen. Der Gelehrte deutet nicht einmal an, dass
es Leute gibt, die glauben nachweisen zu können, die SA unter
Federführung Hermann Görings habe den Brand gelegt
(Literaturhinweis: Alexander Bahar und Wilfried Kugel, Der
Reichstagsbrand. Wie Geschichte gemacht wird, Berlin 2001 und
Der Reichstagsbrand – Geschichte einer Provokation, Berlin
2013. Der Papyrossa-Verlag merkt an, dass die Autoren 50.000
Blatt Akten der 1933er Kommission zur Untersuchung des
Reichstagsbrands ausgewertet haben, die in Moskau und in der
DDR lagerten).

Das Kapitel »1945» heißt im Film »Der Untergang». Andere sehen
es als Befreiung vom Faschismus, doch das ist eine Frage des
Standpunkts. Die Rote Armee führte auch auf den Reichstag
einen massiven Angriff, aber eigentlich, meint der Historiker,
war das ein Irrtum der Sowjets. Der Reichstag sei kein
politisches Zentrum mehr gewesen, sondern eine Ruine. Und die
Bilder vom Hissen der roten Flagge auf dem Reichstag wurden
zwei Tage später nachgestellt und mit einer anderen Fahne. Die
erste war am 30. April um 23 Uhr gehisst worden. Na sowas.
Ähnliches wird berichtet vom Hissen der amerikanischen Flagge
auf Guam am 21. Juli 1944 oder auf Iwojima am 23. Februar
1945. Alles falsch!

Oder: Der Architekt Norman Foster erzählt, wie die Bauleute
die Inschriften freigelegt haben, mit denen sich die
sowjetischen Soldaten an Wänden und Säulen des Reichstags
verewigt haben. Das macht neugierig. Was davon heute noch zu
sehen ist, wird nicht gesagt.

Geschichte ist widersprüchlich, und die Geschichtsschreibung
balanciert ständig zwischen den Blickwinkeln der Sieger oder
der Besiegten. Weinert ist den Weg der Anpassung gegangen. Da
kann er nicht anecken. Wo er einen großen Bogen vom
Kaiserreich zum »positiven Symbol für das wiedervereinigte
Deutschland» schlägt, verbirgt sich hinter dem »Zentrum der
politischen Macht in Deutschland» die Wiederherstellung der
ungeteilten Macht des deutschen Imperialismus.

Auch   hier    fällt   wie   in   allen    Geschichtsdokus,
Podiumsdiskussionen, Konferenzen oder Geschichtsbüchern auf,
dass es DDR-Historiker oder marxistische Historiker als
Quellen nicht gibt. Zum Beispiel hatten die Bundeszentrale für
politische Bildung und die Technische Universität Dresden 2013
eine wissenschaftliche Konferenz über »Das System des
Kommunismus» veranstaltet, zu der kein einziger marxistischer
Wissenschaftler eingeladen war. Der Schüler, Leser oder
Zuschauer soll sich zu eigen machen, was die herrschende
Klasse denkt. Dergleichen Filmen ist die Hauptsendezeit
sicher.

Der Reichstag – Geschichte eines deutschen Hauses, Dokudrama
von Christoph Weinert, ARTE/NDR/rbb, Deutschland 2017, 81
Minuten, Erstausstrahlung auf ARTE, Dienstag,19. Dezember,
20.15 Uhr

In   Buttenheim   steht   ein
Hosen-Haus oder Von Löb zu
Levi Strauss, von der Regnitz
in die Neue Welt
Buttenheim, Oberfranken, Deutschland (Kulturexpresso).
Buttenheim? Hosen-Haus? Von Löb zu Levi Strauss? Von der
Regnitz in die Neue Welt?

Buttenheim im Tal der Regnitz
Buttenheim ist eine etwas über 3.500 Einwohner zählende
Gemeinde in Oberfranken, was Besucher beim ersten Anblick kaum
beachten, denn die Straßen wirken wie an diesem sonnigen und
tollen Tag im Wonnemonat Mai 2017 nach unserer Zeitrechnung
(n.u.Z.) ziemlich leer und der Ort verlassen. Buttenheim liegt
zudem im Tal der Regnitz. Die wiederum ist ein beinahe 60
Kilometer langer Fluss, der durch die Vereinigung von Pegnitz
und Rednitz bei Fürth entsteht, um bei Bamberg in den Main zu
münden.

Zurück zu Buttenheim, das laut auskunftsfreudiger und
Auswärtigen gegenüber freundlicher Fremdenführerin Mitte des
sechsten Jahrhunderts n.u.Z. gegründet worden sei soll, war –
wie gehört – bis weit ins 17. Jahrhundert n.u.Z. hinein die
wichtigste Marktgemeinde zwischen Bamberg und, nein, nicht
Fürth, sondern Forchheim.

Dass die Gegend rund um Buttenheim und entlang der Regnitz
weniger Natur- als vielmehr Kulturlandschaft ist, das riecht,
sieht und hört der Reisende aus Klein- und Großstadt, der ins
Grüne wagt zu wollen, oft genug. Parallel zur sich durch die
Landschaft schlängelnden Regnitz, die auf ihrer ganzen Länge
einen Höhenunterschied von über 50 Meter bewältigt, verläuft
überwiegend schnurstracks der Main-Donau-Kanal, die Autobahn
73 und die Bahnstrecke Nürnberg–Bamberg, auf der auch
Hochgeschwindigkeitszüge verkehren. Der zum Ludwig-Donau-Main-
Kanal im Vergleich Neue Kanal verläuft teils in dessen
Flussbett. Im Regnitztal befindet sich auch noch der Regnitz-
Radweg, der als genussreiche Flussradtour zwischen Nürnberg
und Bamberg beworben wird. Doch das steht in einem anderen
Beitrag. Dieser hier dreht sich um:

Ein Hosen-Haus in Buttenheim
Genauer gesagt: das Levi-Strauss-Museum, das im Geburtshaus
von Löb, wie Levi Strauss der Heini der Hose oder Vater der
Blue Jeans ursprünglich hieß, untergebracht ist. Nachdem laut
Wikipedia der Gemeinderat von Buttenheim im Herbst 1987
beschloss, „das denkmalgeschützte Haus an der Marktstraße 33,
das eines der ältesten Bauwerke Buttenheims ist, zu erwerben“
und 1992 „die Renovierung des baufälligen Gebäudes“ begann,
konnte das Museum „im Herbst 2000“ endlich eröffnet werden.
Ende 2011 wurde auch das Gebäude nebenan Teil des Museum,
obwohl es dort vor allem Kaffee, Kuchen und Klamotten zu
kaufen gibt. Weniger kommerziell werden oberen Räume für
Sonderausstellungen und Veranstaltungen genutzt.

Das Levi-Strauss-Museum weiß auf seiner Heimatseite im
Weltnetz über Löb Strauss zu berichten, der am „26.02.1829 als
jüngster Sohn von Hirsch Strauss und seiner Ehefrau Rebecca in
Buttenheim geboren“ wurde. Weite im Text: „Sein Vater betrieb
wie viele fränkische Landjuden einen Hausierhandel mit Tuch
und Kurzwaren, der für die insgesamt neunköpfige Familie
gerade das Nötigste zum Leben abwarf. Im Jahre 1846 starb
Hirsch Strauss nach längerer Krankheit an Tuberkulose. Sein
Tod brachte die Familie in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Deshalb entschied sich die Mutter Rebecca 1848“, als das
Kommunistische Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels
veröffentlicht wurde, „mit den drei jüngsten Kindern nach
Amerika auszuwandern. Dort hatten sich bereits einige Jahre
früher die beiden ältesten Söhne niedergelassen und einen
Textilgroßhandel gegründet.“

Von New York ging 1953 die Reise den jungen Levi weiter
westwärts. Gold und Glück lockten. Strauss erinnerte sich an
früher in Buttenheim und startete fernab der verlassenen
Regnitz „in San Francisco einen Großhandel für Stoffe und
Kurzwaren“ und „alles, was die Goldgräber, Minenarbeiter und
Pioniere des damals noch Wilden Westens benötigten. Zusammen
mit einem Kunden, dem Schneider Jacob Davis aus Reno, der ein
Verfahren für die Verstärkung der strapazierten Stellen von
Hosen mit Nieten erfunden hatte, meldete Levi Strauss 1873
schließlich ein Patent für vernietete Arbeitshosen an.“

Der Kapitalist Levi Strauss
Levi Strauss wurde vom Händler zum Hersteller. Als Bourgeois
der blauen Baumwollhosen für Proletarier wurde er spätestens,
als das Logo mit den zwei Pferden, die vergeblich versuchen,
eine Blue Jeans zu zerreißen, per Lederaufnäher an die Hose
kam, berühmt. Seine Lohnarbeiter kannten den Kapitalisten
Strauss schon früher. Doch daran und an Klassenkämpfe am
Beispiel von Levi Strauss erinnert das Museum in Buttenheim
nicht

Bekannt ist vor allem die 501. Levi Strauss und Compagnie
führte 1890 Bestellnummern für die Einzelhändler ein. Die
kupfervernieteten Overalls erhalten die Nummer 501. Die
Geschichte der Levi’s 501 beginnt, andere wie die der Denim
oder der IPod-Jeans werden später begonnen. Allerlei W-Fragen
werden auf dem Rundgang durchs Museum beantworten, die nach
dem wieso, weshalb, warum weniger.

Auch in dem Museumprojekt mit dem Titel „Von Knechten und
Mägden, Tagelöhnern und Wanderhändlern – Das Leben auf dem
Land im 19. Jahrhundert“ wird alles andere als
Klassenbewusstsein gefördert. Aus klassenkämpferischer Sicht
ist das kleinbürgerliche Museum etwas für Kleingeister, die
sich am bescheidenen Butterheimer Spektakel mit modernster
audiovisueller Technik für Eintritt am geschönten Leben und
Werk des Abhauers Löb Strauss erfreuen und die Waren im Laden
(freier Eintritt) kaufen.

Levi – Buttenheimer Urstoff
Am Ende des Besuches im Levi-Strauss-Museum in Buttenheim
bleibt die Erfahrung, dass in diesem Hosen-Haus kaum kritische
und schon gar nicht wissenschaftliche Erkenntnis reifen kann.
Auch dort sind Hopfen und Malz verloren ist. Immerhin stecken
diese Zutaten mit Wasser und Hefe in den Flaschen mit
Bügelverschluss, auf denen die Wörter Levi und Buttenheimer
Urstoff stehen.

Die Hosen sind zu teuer, aber den Stoff, hinter dem die St.
Georgenbräu Kramer GmbH & Co. KG aus Buttenheim steckt, gönne
ich mir beim restlichen Radeln entlang der Regnitz.

* * *

Geburtshaus Levi Strauss Museum, Marktstraße 31-33, 96155
Buttenheim, Telefon: 0049 (0) 95 45 – 44 26 02, E-Mail: levi-
strauss-museum@buttenheim.de

Öffnungszeiten: Dienstags und donnerstags von 14 bis 18 Uhr,
samstags, sonntags und feiertags von 11 bis 17 Uhr

Klosterurlaub              im
Viervierteltakt – Eintauchen
in die Welt des Gospelgesangs
Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Ist es ein mit Ungestüm
hereinbrechendes Tropengewitter, das sich wie eine Urgewalt
aus Blitz und Donner in mitreißender Energie entlädt? Das
darüber hinaus jeden elektrisiert, der diesem sprühenden
Funkenflug zu nahe kommt? So jedenfalls will es scheinen, wenn
Lerato Sebele ihrem musikalischen Temperament Raum gibt und
dabei ihre klanghelle Stimme mit rhythmischen Körperbewegungen
unterstützt. Wie schon im Hamburger „Lion King“, bei dem sie
in der Rolle der Rafiki gleich zu Beginn die ausgelassene
Stimmung im Auditorium anheizte.

Ihr begeisterndes Engagement ist geblieben, nur der Ort ist
ein anderer. Es ist das Karmelitenkloster Springiersbach in
der Südeifel, nur wenige Kilometer entfernt von der Mosel
zwischen Cochem und Traben-Trarbach. Normalerweise ein Ort der
Besinnlichkeit und der Stille, der inneren Einkehr und der
Kontemplation.     Nur   nicht   in   diesen    Tagen   mit
Ausnahmecharakter, an denen die ruhigen Stellen nur noch in
den Randbereichen der stattlichen Klosteranlage zu finden
sind.

Musikalische Kabinettstückchen

                                  Außenfassade der Rokoko-
                                  Klosterkirche. © 2010,
                                  Foto: Dr. Bernd Kregel

Stattdessen schwungvoller und spontan mitreißender
Gospelgesang, der selbst bei geschlossenen Türen und nur
leicht angekippten Fenstern den Weg nach draußen findet.
Klänge, die einer anderen Welt zu entstammen scheinen, zu der
Lerato Sebele nun ihrem zwanzigköpfigen Chor Tür und Tor
öffnen will. Es sind nicht die bekannten Stücke, wie sie von
den Südstaaten-Baumwollfeldern Nordamerikas ihren Siegeszug
durch die ganze Welt angetreten haben.

Vielmehr sind es vor allem die kleinen unbekannten
Kostbarkeiten, die die Sängerin aus ihrer südafrikanischen
Heimat mitgebracht hat. Musikalische Kabinettstückchen,
durchweg dreistimmig gesetzt, die christlichen Glauben und
christliches Leben auf eine unkomplizierte Weise mit geradezu
entwaffnender Schlichtheit reflektieren und kommentieren.
Einige auf Englisch, andere in der Zulu-Sprache, Schnalzlaute
inbegriffen.

Wir-Gefühl
Und dabei bilden die Sänger – es sind in der überwiegenden
Mehrzahl Sängerinnen – nicht einmal einen Chor im
herkömmlichen Sinn. Was sie verbindet ist die Freude am
gemeinsamen Gesang, und die hat sie aus allen Teilen
Deutschlands hierher zusammen geführt, um sich auf das
Experiment eines musischen Urlaubs im Kloster einzulassen. Ein
Wagnis?

Noch kurz nach der Begrüßung der Gruppe durch Pater Felix, den
Geistlichen Leiter des Exerzitien- und Bildungshauses „Carmel
Springiersbach“, ist – man sieht es den versonnenen Gesichtern
an – das Eis noch nicht gebrochen. Jeder für sich muss erst
einmal ankommen am neuen Ort des Geschehens. Das weiß
natürlich auch die Chorleiterin, die ohne große Vorrede sofort
einen Versuch startet, bei den im Kreis um sie herum sitzenden
Individuen ein gemeinsames Wir-Gefühl aufzubauen.

Gefühl der ausgelasenheit

Gospel-Chor mit Lerato
Sebele. © 2010, Foto: Dr.
Bernd Kregel
Da erweist sich das von ihr in die Runde geworfene „Halleluja,
praise celebrate rejoice in the name of the Lord“ als ein
wahres Zaubermittel, das schnell ein erstes Lächeln auf den
Gesichtern entstehen lässt. Ein Trend der anhält und in den
nächsten Tagen zu einem Gefühl der Ausgelassenheit
heranwächst, das Distanzen überwindet und im dreistimmigen
Chorgesang Gemeinsamkeit schafft: „Have you heard of the city,
the streets are paved with gold!“ Ein schlichter,
hoffnungsvoller Text, der schon bald zur Chor-Hymne
heranreift, die bei jeder Gelegenheit mit Eifer – unterstützt
durch Mimik und Gestik – erschallt.

Sehr zur Freude der einheimischen Jugend und der zahlreichen
Gäste im Ort, die von außen rhythmisch mitklatschen und sich
bereits auf ein abschließendes Konzert in der barocken mit
schmucken Rokoko-Elementen ausgestatteten Klosterkirche
freuen. Anfangs als Projekt noch Besorgnis erregend, doch dann
immer motivierender, anspornender, ohne dass die Freude am
unbefangenen Gesang dadurch beeinträchtigt würde.

Zufriedenes Lächeln
Der Lockerung dienen auch Wanderungen in die nähere Umgebung,
wobei natürlich die Mosel mit ihren kleinen Winzerorten
unterhalb der hoch aufsteigenden Weinberge am meisten
imponiert. Erinnert nicht auch der nun mit der Weinernte zu
erwartende Gärungsprozess der Trauben an die Entwicklung, wie
sie gerade im Chor stattfindet, wo sich mit der Zeit
irgendwann einmal ein ausgereiftes und genießbares Ergebnis
einstellt?

Noch unterbricht Lerato Sebeles Stimme ab und zu mit
kritischen Anmerkungen den Gesang. Doch bei „Schlagern“ wie
dem wehmütigen bis lustigen „Achiwiwiwi Buya Sithandwa“, das
von einer Frau vom Lande handelt, die ungeduldig auf die
Rückkehr ihres Mannes aus Johannesburg wartet, huscht nun
wieder ein zufriedenes Lächeln über ihr stets hellwaches
Gesicht. Gospel-Urlaub im Kloster? Kaum jemand zweifelt in
diesem Stadium noch daran, dass dies die richtige Entscheidung
für ihn war.

Einüben in Achtsamkeit

                                  Sonntagsmesse   in   der
                                  Klosterkirche
                                  Springiersbach. © 2010,
                                  Foto: Dr. Bernd Kregel

Auch der Gedankenaustausch kommt nicht zu kurz, entweder
abends bei einem Moselwein im geräumigen Gewölbekeller des
Klosters oder zum Sonnenuntergang bei einem Bier in der
Dreibank-Sitzecke unweit der Kirchenfassade. Einige
Teilnehmerinnen berichten von einschlägigen Erfahrungen, die
sie bereits an anderen Orten in Deutschland mit dem
Klosterurlaub gemacht haben: zum Beispiel mit dem liturgischen
Gesang der Gregorianik in der Allgäuer Benediktinerabtei
Ottobeuren.

Andere wiederum schwören auf Wellness-Klosterwochen im
Bayerischen Wald und dabei besonders auf die Stressbewältigung
durch angeleitetes Einüben in „Achtsamkeit“. Oder auf
Besinnungstage in Niederaltaich an der Donau, wo Bogenschießen
und Atemübungen dazu dienen sollen, sich körperlich und mental
neu zu entdecken.
Optimales Mischungsverhältnis
Urlaub im Kloster demnach als Alternative zu Sonne und Strand,
zu Bergen und Seen? Niemand von denen mit SKR-Klostererfahrung
will dies so stehen lassen. Vielmehr sehen sie in der Mischung
von Einkehr und Klosterumwelt, von Kultur und Natur, ein
optimales Mischungsverhältnis mit persönlichem Gewinn für
Körper, Seele und Geist.

Und natürlich, wie nun hier in Springiersbach, für die eigene
Stimme. Das Konzert in der Klosterkirche steht nun unmittelbar
bevor, und das Vertrauen in die stimmlichen Fähigkeiten ist
bei allen enorm gewachsen. „Mögen sie nur kommen!“ meint man
in den Augen der Workshop-Teilnehmer zu lesen. Und dass ein
jeder von ihnen eine gehörige Portion an Erinnerung und Können
mit nach Haus nimmt, daran zweifelt nun niemand mehr.

Infos Klosterurlaub:
SKR   Studien-Kontakt-Reisen,    Web:   www.skr.de,   E-Mail:
info@skr.de
Karmelitenkloster                           Springiersbach,
Web: www.karmelitenorden.de/klosterspringiersbach.html

Unterstützungshinweis:
Die Recherche wurde unterstützt von SKR-Reisen.
Neukölln, meine Perle oder
„Überlegen in Neukölln“ von
Rosa von Praunheim und Markus
Tiarks – und mit Juwelia
Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Neukölln war einst eine
eigene Stadt, die vor etwas über 100 Jahren noch den Namen
Rixdorf trug. Das alte Rixdorf wurde von Tempelrittern
gegründet, die in Tempelhof ihre Häuser hatten. Nach den
Templern ging`s bergab. Heute hausen dort Muselmanen.

Doch um die Geschichte der Stadt, die vor knapp 100 Jahren
Teil von Groß-Berlin wurde, dreht sich der Film „Überleben in
Neukölln“, für den Rosa von Praunheim und Markus Tiarks Regie
führten, nicht. Im Mittelpunkt „steht Stefan Stricker, der
sich Juwelia nennt und seit vielen Jahren eine Galerie in
Berlin-Neukölln betreibt“, lese ich in der Pressemitteilung
der Rische & Co. PR“ vom 26. Oktober 2017. Weiter heißt es
darin, dass Juwelia in ihre Galerie „an den Wochenenden Gäste“
einladen würde, denen sie schamlos aus ihrem Leben erzählen
und poetische Lieder vorsingen würde. „Juwelia war ihr Leben
lang arm und sexy. Sie ist Clown, Philosoph und
Überlebenskünstler und immer noch ein Geheimtipp. Neben
Juwelia treffen wir die 89-jährige Frau Richter, die im Alter
von 50 Jahren nach Neukölln zog, um hier mit einer Frau
glücklich zu werden. Wir treffen den androgynen kubanischen
Sänger und Tänzer Joaquin la Habana, der mit seinem Mann
zusammenlebt. Wir treffen Mischa Badasyan aus Russland, einen
Performancekünstler, der es sich zur Pflicht machte, ein Jahr
lang jeden Tag mit einem anderen Mann Sex zu haben. Und wir
begegnen der syrischen Sängerin Enana, die nach ihrer
dramatischen Flucht nach Berlin hofft, ein freieres Leben
führen zu können, als Frau und als Lesbe. Patsy l‘Amour la
Love   veranstaltet    die  „Polymorphia“     Party-   und
Diskussionsreihe und bezeichnet sich selbst als Polittunte.“

Doch dann ist in der Pressemitteilung doch noch von Neukölln
als einem „armen, proletarischen Bezirk mit viel Kriminalität“
die Rede. „Vor zehn Jahren kamen wegen der billigen Mieten“
noch „die Künstler“, doch „seit fünf Jahren entwickelt sich
Neukölln zum Hipster-Bezirk und Mekka für Spekulanten“. In
gewisser Weise dürfte der Film also „ein Zeugnis“ dieses
„Teils von Berlin“ sein, „der bald seine Künstler, die sich
die Mieten nicht mehr leisten können, vertreiben wird“.
Selbstverständlich vertreibt nicht ein Teil von Berlin. Die
Eigentümer der Häuser und Wohnungen treiben die Preise für ihr
Eigentum, dass sie vermieten oder verpachten in die Höhe. Das
ist etwas anderes. In dem Film wird es darum ganz sicher nicht
gehen. Es geht nur um „queere Überlebenskünstler
unterschiedlicher Herkunft und sexueller Gesinnung“. Schade
eigentlich.

Wer an der Kinostartpremiere von „Überlegen in Neukölln“
teilnehmen möchte, der möge am 23. November 2017 zu 20 Uhr ins
Berliner Moviemento kommen. Regie und Protagonisten (Juwelia,
José Promis, Kandis Williams, Rixdorfer Perlen, Wilfriede
Richter, Markus Tiarks, Mischa Badasyan, Lothar Wiese, Joaquin
La Habana, Siboney La Habana, Bernhard Beutler, Dani Alor,
Ala, Zaitonnah, Aydin Akin, Marcel Weber, LCavaliero Mann,
Patsy l’Amour laLove und Enana Alassar) der Doku sollen
anwesend sein. Am 25. November 2017 werde laut Veranstalter
„die Filmvorführung im Berliner Wolf-Kino umrahmt von einer
Geburtstagsfeier Rosa von Praunheims, zu der auch die
Protagonisten des Films, Juwelia und Joaquin La Habana,
auftreten werden“. Viel Glück zum Geburtstag!
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