5000 Jahre Kunstgeschichte - Das Ägyptische Museum ein Stern im Kunstareal München - Kulturexpresso
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
5000 Jahre Kunstgeschichte – Das Ägyptische Museum ein Stern im Kunstareal München München, Bayern, Deutschland (Kulturexpresso). München ist eine Stadt, die mich immer wieder in Atmen hält. Habe ich in anderen Städten ein gutes Orientierungsgefühl, so verlaufe ich mich dort noch immer und das seit Jahrzehnten. So geschah es auch als ich das Ägyptisches Museum besuchen wollte, gleich hinter der Alten Pinakothek soll es sein, dort war ich zudem schon öfters vorbei gefahren. Doch dann fand ich den Eingang einfach nicht, sah nur die Hochschule für Fernsehen und Film, komisch! Ein Stück aus dem Goldschatz von Nubien und Sudan. © SMÄK, Foto: M. Franke
Schnell erklärten mir die Studenten, dass das Museum einen unterirdischen Eingang habe und mir gingen die Augen auf. Fast war der Eingang so geheimnisvoll wie eine Eingangshalle im alten Ägypten. Das war so wohl auch gewollt. Architektonisch ist der Gebäudekomplex des Architekten Peter Böhm ein Meisterwerk. Am 11. Juni 2013 öffnete es seine Pforten gegenüber der Alten Pinakothek. Neben Berlin und Hildesheim zeigt man nun dort eine der wichtigsten Sammlungen ägyptischer Kunstschätze in Deutschland und das Haus ist zudem das einzige Museum außerhalb Ägyptens, das ausschließlich ägyptische Schätze zeigt. Ende Dezember 2013 zeichnete die Münchner Abendzeitung das Museum mit dem „Stern des Jahres“ in der Kategorie „Kunst“ aus. © 2019, Foto: Midou Grossmann Dem kann man zustimmen, denn betritt man das Museum über die breite Rampe, die tief in das Fundament des Gebäudes führt, gelangt man in einen großen Raum, der an eine Kathedrale denken lässt. Am Eingang begrüßen schon zwei wunderbare Kunstwerke den Besucher, quasi wie Wächter stehen dort eine hohe Horusfigur sowie eine Statue eines Musikers. Diese eindrucksvolle Sammlung wurde von Herzog Albrecht V. in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begonnen. Die Entwicklung ägyptischer Kunst über 5000 Jahre hinweg wird hier sehr eindrucksvoll gezeigt.
Die Goldmaske gehört zu den Hauptwerken der Sammlung. © 2019, Foto: Midou Grossmann Vom Neuen Reich, ca. 1532–1070 v. Chr., sind zu sehen: Bildnisse der Pharaonen Ramses II., Thutmosis III., Echnaton und Hatschepsut, Löwenkopf aus Kalkstein, Kopf einer Sphinx Amenophis II., Kniefigur des Senenmut, Goldfigur der Teje, Würfelstatue des Bekenchons, Kelch mit der Namensaufschrift Thutmosis’ III, das älteste Glasgefäß der Welt (1450 v. Chr.). Doch auch das alte Reich, ca. 2707–2216 v. Chr., ist vertreten mit der Doppelstatue des Niuserre als junger und als alter Mann, einem Köpfchen, das vermutlich Cheops darstellt, der Granit-Familiengruppe des Dersenet und Scheintüren aus dem Grab des Menes. Eindrucksvoll auch die Sargmaske der Satdjehuti Satibu, entstanden ca. 1575 v. Chr. Alte Schriften aus dem Totenbuch sind digital abrufbar und werden übersetzt anhand eines Bildschirms, der unterhalb des Papyrus‘ auf einer Schiene gleitet. Ein Besuch lohnt sich allemal, er wirkt entspannend und aufbauend zugleich, man zeigt
was Kunst in der Psyche der Menschen bewirken kann und so etwas braucht der heutige Mensch gerne immer. Es ist auch interessant zu sehen, dass unsere aktuelle Zivilisation nicht unbedingt die Krone der Schöpfung zu sein scheint. Zu Recht darf dieses Museum als weiterer Stern der Kunst im Münchner Kunstareal bezeichnet werden, das zudem mit Grünflachen und Cafés zu einer wahrhaftigen Insel der Inspiration geworden ist. https://smaek.de Nicht nur in Herford ist die Realität … absurder als jeder Film Berlin, Herford, Deutschland (Kulturexpresso). Im Marta Herford läuft eine Ausstellung mit dem Titel „Die Realität … ist absurder als jeder Film“. In diesem Museum
für zeitgenössische Kunst, das an sich schon einen Besuch wert ist und zwischen 2001 und 2005 in der Goebenstraße unweit vom Bahnhof in Herford gebaut wurde, läuft diese Ausstellung seit dem 2. März 2019 und noch bis 10. Juni 2019. Auf der Heimatseite des Museums und auch in einer „Guide“ genannten Broschüre zur Ausstellung wir von Heimat als etwas gefaselt, das keinen Ort habe. In einer Einladung zu einer Pressekonferenz am 28. Februar 2019 ist der erste Satz ein Fragesatz, der da lautet: „Was bedeutet es, in einer Gesellschaft aufzuwachsen, die ‚Heimat‘ nicht fest mit einem Ort verbindet, sondern das Unterwegssein als identitäts-stiftend erfährt?“ Nun, erstens ist die Gesellschaft ein Ort und zwar einer konfligierender Interessen, zweitens Heimat sogar eine Seite, jedenfalls im Weltnetz, und drittens auch in der wirklichen und nicht nur in der virtuellen Welt ein Ort, in den man hineingeboren wird. Und selbst diejenigen ohne Haus und Hof, die zu den fahren Völkern gehören, reise in der Regel in einem überschaubaren Lebensraum rum. Das gilt auch für Orte in Israel, die als Wahlheimat gewählt werden, an denen man sich niederlässt, um sich zu Hause zu fühlen, ohne dort geboren oder großgeworden zu sein. In der Ausstellungsbroschüre heißt es zum Staat Israel, dass er „eine vergleichsweise junge Nation“ sei „und seine Bewohner … bis heute aus allten Teilen der Welt“ kämen. Mit anderen Worten: Israel sei keine Heimat, sondern „ein Vielvölker- oder Nationalitätenstaat, der nicht nur auf einem gemeinsamen
Territorium basiert, sondern auch mit einer Vielzahl von Migrationsgeschichten verbunden“ sei. Wer das für wirres Zeug und Israel für einen Judenstaat hält, der weiß auch, dass die Realität absurder ist als jeder Film. Dass die „absurde Sinnsuche“ nur Künstler wie Yael Bartana, Guy Ben-Ner, Keren Cytter, Omer Fast und Roee Rosen widerfährt, das ist gut so. Bewegte Bilder und Ballaballa-Musik, die einer Marter nahe kommen, bietet dieses Video von Marta TV. Nie wieder Rodeo – Kritik zum relativ unkritischen Film „Der Reiter“ Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Verstanden zu Zeiten, als der Norden Amerikas noch von Ureinwohnern gesäubert werden musste, die Einwanderer unter Rodeo das schnelle Einreiten von
Wildpferden und die Arbeit mit dem Lasso, so ist das heute eine Schauveranstaltung, bei der keine Wildpferde einsetzt werden, sondern für wenig Geld gekaufte Tiere, die als „nicht reitbar“ gelten. Das wird in dem Film „Der Reiter“ zwar nicht thematisiert, aber auch nicht verheimlicht, aber das Drehbuch und die Kamera (Joshua James Richards) rotieren um die raue und harte Prüfung menschlicher Fähigkeiten und um die Frage nach Männlichkeit und Mut, dem Sieg über die eigene Angst und die des ängstlichen Fluchttieres, das keine Chance hat – wie die Ureinwohner Nordamerikas keine Chance gegen die Einwanderer hatten. Die Organisation PETA nennt Rodeo eine „billige und manipulierte Darstellungen der primitiven menschlichen Dominanz über Tiere, versteckt hinter einer mageren Verkleidung als Unterhaltung“. Das dokumentiert der Film, der als Neo-Western von Hofberichterstattern und solchen, die das werden wollen, abgefeiert wird, sehr selten. Chloé Zhao, die sowohl das Drehbuch schrieb als auch Regie führte, wollte wohl eine Erzählung über den jungen indianischen Pferdetrainer Brady Blackburn (Brady Jandreau), der in Folge eines verhängnisvollen Sturzes aus dem Sattel mit einer beinahe tödliche Kopfverletzung gezwungen ist, das Rodeo aufzugeben. Mit einer verkrampfenden Hand kann er im Notfall nicht rechtzeitig vom Pferd springen, aber immerhin noch gemütlich über die Prärie reiten. Die Geschichte spiel in einem Indianereservat in South Dakota. Brady lebt fünf Jahre nach dem Tod seiner Mutter mit seiner geistig behinderten Schwester und seinem mehr oder minder von Alkohol abhängigen und nach Glücksspiel süchtigen Vater. American life also, wie er seltener gezeigt wird. Das Besondere: die spielen sich alle selbst – der Hauptdarsteller, die Schwester und der Vater. Auch die anderen sind Laiendarsteller. Bradys bester Freund Lane Scott, ein
einst erfolgreicher Rodeo-Champion, der seit einem Autounfall (im Film ist es ein Rodeo-Unfall) körperlich schwer behindert in einem Pflegeheim wohnt, ist ebenfalls in die Handlung einbezogen. Auch Cat Clifford spielt Cat Clifford, Terri Dawn Pourier spielt Terri Dawn Pourier, Tanner Langdeau spielt Tanner Langdeau und James Calhoon spielt James Calhoon. Cool? Das fanden zumindest einige Cineasten, sie zeichneten die Filmemacher und vor allem Chloé Zhao mehrfach aus, obwohl der Film unkritisch mit dem Rodeo an sich umgeht, als sei das nur die Hintergrundrauschen oder -geschichte eines jungen Mannes auf seinem Weg ins Leben, der sich nicht fragt, wer es ist, aber scheinbar weiß, was er will. Rodeo ist viel mehr. „Elektroschock-Stäbe, Stäbe mit scharfen Spitzen, ätzende Salben und anderes Folterwerkzeug, das in den USA bei Rodeos verwendet wird, um die Tiere zu reizen und in Wut zu bringen“, sei laut PETRA Tierquälerei. Die oft äußerst eng geschnürten Flankenriemen sind Folterwerkzeuge, damit die Tiere, die „Rodeo-Pferde“ bocken. PETRA verweist zudem auf Dr. C. G. Haber, einem Tierarzt, „der 30 Jahre seines Lebens als Bundesfleischbeschauer in den USA zubrachte“. Haber sei „in Schlachthäusern tätig“ gewesen und habe „viele ausrangierte ‚Rodeo-Tiere‘, die zum Schlachten verkauft worden waren“ gesehen. Er beschrieb die Tiere als „so extrem mit Quetschungen und blauen Flecken versehen, dass diese Tiere nur noch am Kopf, Nacken, an Beinen und Bauch Haut auf dem Fleisch besaßen. Ich habe Tiere gesehen, die sechs bis acht Rippen vom Rückgrat gebrochen hatten, die ihnen teilweise sogar die Lunge durchstoßen hatten. Ich habe gesehen, wie sich sieben bis elf Liter Blut unter der abgelösten Haut gesammelt hatten.“ Nein, das alles zeigt der unkritische, bisweilen kitschige und dabei durchaus wirklichkeitsnahe Film nicht.
Filmografische Angaben Originaltitel: The Rider Deutscher Titel: Der Reiter Land: Vereinigte Staaten von Amerika Jahr: 2017 Regier und Buch: Chloé Zhao Kamera: Joshua James Richards Musik: Nathan Halpern Schnitt: Alex O’Flinn Länge: 104 Minuten Altersfreigabe FSK ab 12 Stromer auf den Spuren von Heinrich Straumer. Architektur erlaufen und erfahren in Berlin Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Heinrich Straumer (Initialen HS) ist ein deutscher Architekt. Wer schreibt, der bleibt. Wer baut, auch; bis seine Häuser zerstört sind. Davon sind wir noch ein gutes Stück weg und Straumer ist guter Grund zum Stromer zu werden. Seit der Tag-und-Nacht-Gleiche im März, dem Frühlingsanfang, braucht man wieder Ideen, wohin.
Auch im April liegt der See mal starr und still; denn der Monat macht, was er will. Das bisschen Schnee im März ist also kein Scherz. Nee, es ist normal. Doch die Tage werden länger und dann beginnt die Suche nach Zielen. Ausflugsziele zu suchen, wenn die Sonne schon scheint, führt manchmal zu Zeitverlust und Frust. Ist man endlich unterwegs, geht die Sonne doch schon unter. So oft geschehen in Berlin, wo jeder Weg eine halbe oder Dreiviertelstunde dauert. Zum Stadtrand noch länger. Rundreise zu drei Bauten von Heinrich Straumer Mein Vorschlag: Drei Bauten Heinrich Straumers chronologisch zu folgen: von Frohnau nach Dahlem und zuletzt nach Charlottenburg zum Messegelände am ICC. Das kann einen halben Tag, einen Tag (oder, wenn man es intensiv macht, auch zwei Tage) dauern. Wem das aus Zeitgründen nicht passt, kann von Dahlem mit der U-Bahn zum Heidelberger Platz fahren, dort umsteigen in die Ringbahn S41 Richtung Westkreuz/ Westend/ Jungfernheide und bis Messe Nord/ ICC fahren; in Fahrtrichtung hinten aussteigen und oben von den Ostpreußenbrücke am ICC den Funkturm bewundern. An der Kreuzung ist der Eingang zum Funkturminnenhof. Heinrich Straumer – Chemnitz und Berlin Geboren wurde Heinrich Straumer am 7. Dezember 1876 in Chemnitz; gestorben ist er am 22. November 1937 in Berlin. Seine Geburtsstadt Chemnitz wurde nach seinem Tode, dem Zweiten Weltkrieg, der bedingungslosen Kapitulation und dem Untergang des Deutschen Reiches am 10. Mai 1953 umbenannt. Die Gemeinde hieß bis zur Wiedervereinigung 1990 Karl-Marx-Stadt.
Der U-Bahnhof Thielplatz, den er erbaute, wurde auch umbenannt. Damit muss man leben. Die kreisfreie Stadt im Südwesten Sachsens war ein gutes Sprungbrett. 1883, nachdem Deutschland einen aus preußischer Sicht wichtigen Krieg gewonnen hatte und als Zweites Reich wieder gegründet worden war, wurde Chemnitz Großstadt. Grund war die immer weiter geführte Industrialisierung. Ein paar Jahre vor Straumers Tod erreichte die Einwohnerzahl ihre Spitze. Das Allzeithoch Anfang der 30er Jahre wird irgendwo über 360.000 Chemnitzer beziffert. Heute sind es eine knappe Viertelmillion Menschen. Zum Rückgang beigetragen haben die 80%ige Zerstörung der Chemnitzer Innenstadt bei Bombenangriffen im Februar und März 1945 und die Flucht vieler aus der DDR in den Westen vor dem Mauerbau im August 1961. Die Umgewöhnung von einer Großstadt in die Millionenstadt Berlin und deutsche Reichshauptstadt dürfte Straumer nicht schwergefallen sein. Ausgangspunkt der Erkundungsreise auf den Spuren von Heinrich Straumer: Frohnau Start ist am S-Bahnhof Frohnau (für Autofahrer der Ludolfingerplatz). Denn hier in Frohnau, seit 1920 Berlin-Frohnau als Teil des Bezirks Reinickendorf von Groß-Berlin, fing alles an. Der nördlichste Zipfel Groß-Berlins, das ist im wesentlichen das „Berlin“ von heute, war um die Jahrhundertwende so gut wie nicht bebaut. Straumer war 1896 20 Jahre alt, 1900 24. Das Projekt der Erschließung und Bebauung Frohnaus stand an. Der Begriff Gartenstadt kursierte, wurde verstanden und hatte seine Anziehungskraft. Das Bürgertum in der Hauptstadt des florierenden Deutschen Reiches und seiner Umgebung suchte ein gutes Leben in guten Häusern mit Garten. Bevor eine Siedlung entsteht, braucht man erstmal eine Infrastruktur. Frei nach dem Motto „Aller Anfang ist schwer,
sagte der Dieb und stahl einen Amboss“ musste erst einmal die Versorgung für die frisch erfundene Elektrizität her. Zuerst der Strom: Straumers Umspannwerk, heutzutage mit spannender Musik Heinrich Straumer baute 1907 das Frohnauer Umspannwerk. Mit Strom und Verstromung hat das Haus heute nur noch sehr wenig zu tun. Es ist ein Café. Wer es sehen möchte, kann sich vom Bahnhof Richtung Osten wenden und vom Zeltinger Platz den Fürstendamm entlanglaufen. Das letzte Haus auf der linken Seite ist die Nummer 40. Kein Zufall, dass das Umspannwerk so weit hinten steht. Bürgerliches Wohnen dient der Entspannung, um für die Arbeit Kraft zu sammeln. Den Elektrosmog und das Brummen eines Trafos (Transformators) braucht niemand in seiner Nähe. Hier endete Frohnau, dann Berlin, dann auch West-Berlin. Nur wenige Meter weiter östlich bauten DDR-Maurer 1961 die „Berliner Mauer“. Zur Orientierung: Etwas nördlich des Umspannwerks am Fürstendamm steht das Buddhistische Haus, das der eine oder andere vielleicht einmal besucht hat. Es liegt am Edelhofdamm ebenfalls zwischen S-Bahnstrecke und B96. Gleich zu Beginn einkehren hat wenig Sinn. Das Musikcafé „Transformator“ im Umspannwerk ist mittwochs bis samstags ab 18 Uhr geöffnet. Am 23. März gab es hier ein Jazzkonzert mit Michael Gechter und HD. Lorenz, bei dem Sabina Saracevic sang. Am Donnerstag, den 29. März spielt Ro Gebhardt Gitarre. Straumer schlägt zu: Buche Doch unsere Architekturwanderung beginnt eigentlich bei den drei Häusern, die auf dem Titelbild zu sehen sind. Baujahr 1910/1911. Man erreicht sie vom S-Bahnhof Frohnau aus über den Ludolfingerplatz und den Sigismundkorso.
Warum sind die drei Landhäuser „An der Buche“ so wichtig? Es waren mehr oder weniger die ersten Häuser in Frohnau und die Musterhäuser der neuen Siedlung. Sie wurden inmitten der zukünftigen Stadt oder des Stadtteils errichtet, um sichtbar zu sein. Noch sichtbarer, weithin gut zu sehen, wurden sie durch ihre Lage auf einem kleinen Berg. Einer Anhöhe. Der Straßenname folgt dem beherrschenden Baum, einer Buche. Sie symbolisiert Kraft und Beständigkeit. Sie ist ein deutscher Baum und nicht wie die Kiefer oder Kastanie eingeführt worden. Vor dem Ersten Weltkrieg, der zunächst jahrzehntelang nur Weltkrieg genannt wurde, hatte Deutschland ein großes Selbstbewusstsein. Seit einigen Jahren war man mit Kiautschou und den Karolinen, Deutsch-Ostafrika und -Südwest sogar Kolonialmacht. Die Lage der drei Häuser am Berg und später eines vierten (roten) auf der anderen Straßenseite strahlt zusammen mit der großen, alten Buche bis heute etwas Faszinierendes aus. Es handelt sich übrigens nicht um die Originalbuche. Jene Buche wurde bei Berlins Blockade Brennholz. Das rechte der drei Straumer-Landhäuser ist das erste Frohnauer Haus, das unter Denkmalschutz gestellt wurde. Der Garten gleich mit, damit niemand auf die Idee käme (was bereits geschehen war), das Grundstück zu teilen und auf dem Hammer Mehrfamilienhäuser zu errichten. Den ganz eigenen Charakter des Ensembles perfekt machen die teils bedingte Zugänglichkeit über weit von Straße und Bürgersteig entfernte Wege und ein alter Brunnen. Zweiter Punkt der Erkundungsreise: U- Bahnhof Freie Universität (Thielplatz) https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c1/U-Bahnhof_ Thielplatz_20130704_4.jpg
Oft habe ich vor dem U-Bahnhof Thielplatz gestanden, bin um ihn herumgelaufen, besonders den nördlichen Ausgang, der von Straumer gestaltet wurde. Das erste Mal bewusst benutzt habe ich den Bahnhof 1983. Damals gab es den südlichen Ausgang schon mit zwei Treppen nach links und rechts, um auf Straßenniveau zu gelangen. Ich wollte zur Freien Universität und fuhr anschließend mit dem Bus bis „Im Dol“, um zu Fuß zur Podbielskiallee zu gelangen. Zwei Einbahnstraßen flankieren den U-Bahnhof Thielplatz am Thielpark, der als Teil eines längeren Grünstreifens sich quer zur Bahnstrecke Richtung Krumme Lanke durch Dahlem zieht. Vielleicht sollte man sagen, eine Reihe von Parks, denn südöstlich der Thielallee schließt sich der Triestpark an. Wie auch immer man das nennen will, man kann mit und ohne Hund sehr gut vom U-Bahnhof aus einen längeren Spaziergang machen, vorbei an kleinen Seen beziehungsweise Teichen. Etwa bis 1945 wurde der Thielpark als Thielplatz bezeichnet. Wegen der Freien Universität Berlin und ihres Wachstums auf teilweise über 60.000 Studenten wurde der zweite U-Bahn- Ausgang gebaut. Das Auditorium maximum (Audimax) der FUB im Henry-Ford-Bau an der Garystraße ist vom südlichen Ausgang besser zu erreichen. Umbenennen – ein Berliner Sport Wohl auch wegen der vielen „dummen Fragen“ benannte die BVG den U-Bahnhof „Thielplatz“ am 11. Dezember 2016 „Freie Universität (Thielplatz)“ um. Die alten Namen werden zum Verständnis und zur Orientierung der Alteingessenen gern dem neuen beigefügt. So heißt der S-Bahnhof auf der Ringbahn zwischen BMW-Zentrale und ICC statt „Witzleben“, wie das ganze Viertel, heute „Messe Nord/ ICC“ und kleiner: „Witzleben“. Der Bahnhof „Eichkamp“ hieß fast simultan „Messe Süd/ Eichkamp“. Der neue
Hauptbahnhof, das ist der am Humboldthafen zwischen Europaplatz und Washingtonplatz, heißt statt „Lehrter Stadtbahnhof“ „Hauptbahnhof -Lehrter Stadtbahnhof“. Der Tunnel-S-Bahnhof „Unter den Linden“ heißt jetzt „Brandenburger Tor“, Unterschrift: „Unter den Linden“. Usw. usf. Am 12. Oktober ging‘s los Eröffnet wurde der U-Bahnhof Thielplatz am 12. Oktober 1913. Gleichzeitig mit acht anderen Bahnhöfen. Von der Hochbahngesellschaft. Das macht vielleicht auch etwas verständlicher, warum die U-Bahn nicht unterirdisch fährt. In der Tat ist „Thielplatz“ ein Einschnittbahnhof mit Mittelbahnsteig, das heißt man kann vom Bahnsteig aus die frische Luft genießen und das Tageslicht sehen. Außen halten die Züge Richtung Krumme Lanke oder Wittenbergplatz und weiter. Die Linie hieß bereits U2, U1 und U3. Linienbezeichnungen und -führungen sind kurzlebig. Anfänglich benutzte man Buchstaben. Bis 1929 war „Thielplatz“ auch der Endbahnhof, der Endpunkt der Strecke und insofern doppelt prominent, da in Berlin der Endbahnhof die Richtungsbezeichnung angibt. Dadurch kennt jeder die Osloer Straße oder das Rathaus Steglitz. Zusammenfassung: Reise zur Gegenwart von Heinrich Straumer Die Ausflugsziele nach Entstehungszeitraum geordnet: 1907: Berlin-Frohnau, Umspannwerk Fürstendamm 40 1910–1911: Berlin-Frohnau, Landhausgruppe am Berg, Anschrift/Adresse: An der Buche 17/21 (mit Hans Hermann und Ludwig Lesser) (siehe Photo) 1912–1913: Berlin-Dahlem, U-Bahnhof Thielplatz mit nördlichem Stationsgebäude, Vorplatz und Brücke
1924–1926: Berlin-Charlottenburg, Berliner Funkturm auf dem Messegelände Transformation: Konzert in Straumers Umspannwerk. Saarländer Ro Gebhardt mit Gitarre in Berlin-Frohnau Serielle Formation im Museum Giersch am Frankfurter Museumsufer Frankfurt am Main, Deutschland (Kulturexpresso). In einer Villa am Main und also am sogenannten Frankfurter Museumsufer befindet sich das Museum Giersch, ein vom IT-Kaufmann Giersch zunächst für seine Sammlung von Gemälden primär Frankfurter Provenienz des 19. Jahrhunderts gestiftetes und eingerichtetes Museum. Inzwischen ist das Haus in die Regie der Goethe- Universität übergegangen. Pünktlich zum „68er Jubiläum“ greift das Museum ein Ruhmesblatt der damaligen Zeit auf: Zwischen 1964 und 1968 existierte im sogenannten Studentenhaus (heute politisch korrekt Studierendenhaus) eine vom AStA betriebene/unterstützte Studiogalerie. Die aktuelle Präsentation im Haus Giersch unter dem Titel „Freiraum der
Kunst“ belegt, dass es damals möglich war, mit geringsten Mitteln die künstlerische Avantgarde nicht nur Deutschlands, sondern weltweit zu präsentieren. Da diese Galerie nicht unter dem Zwang stand, zu verkaufen, konnte sie aus dem Vollen zeitgenössischer Tendenzen und gutmeinender Leihgeber schöpfen.Verdankt wird dies vor allem dem Engagement von Leuten wie Bartels, Roehr und Maenz. Schon 1964 war hier Arnulf Rainer zu sehen, auch Nam June Paik und Charlotte Moorman präsentierten hier Fluxus-Bewegung. Der Höhepunkt: Serielle Formationen (1967) Die Geschichte der Studiogalerie endet 1968 in den Studentenunruhen. Zuvor ist es ihr aber geglückt, noch ein Highlight zu setzen, das fortwirkt: 1967 gibt es die Ausstellung „Serielle Formation“, die Künstler präsentiert, die zwar damals noch weitgehend unbekannt waren, heute aber Weltgeltung haben und zu Zigtausenden bis Hunderttausenden gehandelt werden: Judd, Marconi, Uecker, Warhol, Vasarely, Stella, aber auch der zu früh verstorbene Roehr, Mitorganisator der Präsentation. Der Berichterstatter hatte die Chance, als Student im zweiten Semester, diese Ausstellung zu sehen (mehr durch Zufall, denn sie war weder besonders ausgeschildert noch irgendwie bewacht – jeder konnte vorbeischauen) und war nachhaltig beeindruckt – bis heute. Die Präsentation im Museum Giersch bietet auf drei Ebenen Einblicke in die wichtigsten Ausstellungsprojekte der Studiogalerie – soweit die Exponate heute noch verfügbar sind. Auch ohne persönliche Reminiszenzen unbedingt sehenswert. Freiraum der Kunst (Museum Giersch) 18. März bis 8. Juli 2018
Wieder ein Duo! LA CASA LOBO – A FILM BY LEÓN & COCÍNA von Cristóbal León und Joaquín Cocina gewinnt den Caligari- Preis für einen Film aus dem Berlinale-Forum Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Das Kürzel LOL hat Konkurrenz bekommen: LCL (LA CASA LOBO). Die Initialen des Siegerfilms im Forum der 68. Berlinale. Der mit 4000 Euro dotierte Preis wurde erstmals in einem neuen Format in der Akademie der Künste Hanseatenweg vergeben. Eine sehr gute Entscheidung für eine sehr sinnvolle Veranstaltungsaufteilung – Preisverleihung, Filmvorführung, Publikumsgespräch. Darum ein Lob an den Veranstalter, der unter anderem durch Fabian Schauren vertreten wurde, Geschäftsführer des Bundesverbands kommunale Filmarbeit. Chile ist im Kommen Chilenische Kunst (Natalia Urnia), chilenische Lebensmittel (South Embassy) und großartige Filme wie der bei einer vorjährigen Berlinale gezeigte Dokumentarfilm mit Animationseinlagen „El Buton de Nacar“ weisen immer wieder auf das erstaunliche lange Land im Süden Südamerikas hin.
Wohl das einzige Land der Welt, wo die Kinder in Fibel und Schulatlas nie eine Karte des Landes sehen. Was ihnen gezeigt wird, ist digital – im Sinne von zerstückelt. Meist wird die geographische Darstellung des langen Lulatschs in drei Teile zerschnitten und das Zusammenfügen dieser erfolgt im Kopf – oder gar nicht. Der große Regisseur von „El Buton de Nacar“ (Perlmuttknopf) gab zu, dass er im Laufe der Filmarbeiten zum ersten Mal eine Karte des Landes aus einem Stück gesehen hatte. Sie wurde aus Leder gefertigt, galt manchen eher als Kunstwerk und in einer Art Fabrikhalle ausgebreitet. LA CASA LOBO aus dem Land, wo man, natürlich begrenzt, unbegrenzte Phantasie entwickelt Chiles Grenzen sind wenig umstritten. Mit der Ausnahme von Feuerland, wo mit Argentinien inzwischen beigelegte Differenzen bestanden, gibt es aus geographischen Gründen kaum Grund, sich nicht grün zu sein mit den Nachbarn, deren Zahl sich obendrein in Grenzen hält. Deutschland mit seiner flacheren Topographie dagegen hatte mit Preußen (heute als Ostpreußen bekannt), dem Elsass und Baden, Holstein, Schleswig und Lauenburg sowie Schlesien durch die Jahrhunderte immer wieder ein Hin und Her der Grenzziehung mit Sachsen, Österreich, Dänemark und anderen. Chile hat im Westen den größten Ozean der Welt, im Osten das höchste Gebirge Südamerikas. Im Süden ist der Südpol, im Norden gen Peru Wüste. In dieser „Abgeschiedenheit“ gab es nichtsdestotrotz Demokratie und Diktatur (Pinochet) und alles andere. Wichtig wird Chile noch wegen des Kupfers werden, das wusste schon Ayn Rand in „Atlas shrugged“ 1957. Pinochet und seine Strafverfolgung ist eines der Themen beim Gewinner des Panorama-Publikumspreises „The Silence of
others“. Schon aus diesem Grund sollte man den Film sehen. Er behandelt auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit und deren juristische Sühne. Unter anderem durch ein Gericht in Argentinien gegen Verfolgte der Regimes Franco in Spanien, Pinochet in Chile und anderswo. LA CASA LOBO – wieder ein preisgekrönter Stop-Motion-Film LA CASA LOBO ist ein Stop-Motion-Film, der als Artist-in- Residence-Projekt über fünf Jahre unter anderem in verschiedenen Galerien der Welt hergestellt wurde. Ein Stop- Motion-Film ist im weiteren Sinne ein Animationsfilm. So einer wie „Isle of Dogs“ von Wes Anderson, der dieses Jahr den Wettbewerb der 68. Berlinale eröffnete. Und am Samstag einen Silbernen Bären gewann (Beste Regie). Herzlichen Glückwunsch an die Mannschaft von La Casa Lobo für den Caligari-Preis! Zum Caligari-Preis: Meer ohne Wüstenschiffe. „El Mar La Mar“ von Joshua Bonnetta und J.P.Sniadecki gewinnt den Caligari-Preis für einen Film aus dem Berlinale-Forum Zur Chilenin Natalia Urnía: Mainstream umgarnt. Lateinamerika in der Linienstraße 130: Erste Ausstellung „Raue Strömung“ mit Natalia Urnía
„Der Reichstag“ oder ARTE zeigt eine interessante Geschichte eines „deutschen Hauses“ von Regisseur Christoph Weinert Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Fast könnte man dem Regisseur Christoph Weinert bescheinigen, dass er das sauber hinbekommt, was auch am Schweizer Käse das Besondere ist – die Löcher. In seinem Film – vornehm Dokudrama genannt – »Der Reichstag – Geschichte eines deutschen Hauses» – schildert er die Geschichte des Prunkbaus breit und ausladend. Dieser ist für ihn Bühne und Spiegelbild der deutschen Geschichte. Alles schön und gut, geeignet zur Verherrlichung des Wahrzeichens des nach der Niederwerfung Frankreichs im Krieg 1870/71 erstarkten deutschen Imperialismus. Hinzuzufügen wäre: Der Sieg über Frankreich war für die Errichtung des Reichstags auch deshalb bedeutend, weil fünf Milliarden Franc französische Reparationen in deutsche Taschen und insbesondere in die Wirtschaft geflossen waren und weil sich das Kaiserreich ohne weiteres einen Protzbau von 29 Millionen Mark leisten konnte. Liest man die Inschrift über dem Portal– »Dem deutschen Volke» – und sieht man die Aufnahmen von der Wohnungsnot und dem Elend des Berliner Proletariats, beantwortet sich die Frage von selbst, wem im »deutschen
Volke» der Bau gewidmet ist und wem nicht. Zurück zu den Löchern im Käse. Trotz der ausführlich erzählten Geschichte fällt auf, was im Film fehlt. Zum Beispiel wird berichtet, dass der Reichstag im August 1914 die Kriegskredite für den Krieg gegen Frankreich und Rußland bewilligte. Nicht erwähnt wird, dass bei der nächsten Abstimmung am 2. Dezember 1914 einer den Mut hatte, dagegen zu stimmen: Karl Liebknecht. Wenn schon bestimmten Ereignissen historische Bedeutung beigemessen werden soll, ist Liebknechts Entschluss gravierender als die im Parlament üblichen Routineentscheidungen. Sehr dramatisch wird der Mord an Außenminister Walther Rathenau im Jahre 1922 geschildert. Die Ermordung Liebknechts am 15. Januar 1919 wird nicht erwähnt, des Mannes, der als Politiker ebenfalls und eben auch im Reichstag von außergewöhnlichem Format war. Ganz im Sinne der offiziellen Geschichtsschreibung erzählt der Historiker Wolfram Pyta, Direktor der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart zur Erforschung der NS- Verbrechensgeschichte, dass Marinus van der Lubbe als Urheber des Reichstagsbrands ermittelt und verurteilt worden ist. Bis heute sei unklar, ob er es allein gewesen sei. Die Geschichtswissenschaft habe keine evidenten Quellen. Man könne hinterfragen, ob van der Lubbe Helfer gehabt habe oder instrumentalisiert worden sei und von wem. Der Vorgang sei weiterhin unklar und werde es wohl bleiben, sofern nicht neue Quellen auftauchen. Der Gelehrte deutet nicht einmal an, dass es Leute gibt, die glauben nachweisen zu können, die SA unter Federführung Hermann Görings habe den Brand gelegt (Literaturhinweis: Alexander Bahar und Wilfried Kugel, Der Reichstagsbrand. Wie Geschichte gemacht wird, Berlin 2001 und Der Reichstagsbrand – Geschichte einer Provokation, Berlin 2013. Der Papyrossa-Verlag merkt an, dass die Autoren 50.000 Blatt Akten der 1933er Kommission zur Untersuchung des Reichstagsbrands ausgewertet haben, die in Moskau und in der
DDR lagerten). Das Kapitel »1945» heißt im Film »Der Untergang». Andere sehen es als Befreiung vom Faschismus, doch das ist eine Frage des Standpunkts. Die Rote Armee führte auch auf den Reichstag einen massiven Angriff, aber eigentlich, meint der Historiker, war das ein Irrtum der Sowjets. Der Reichstag sei kein politisches Zentrum mehr gewesen, sondern eine Ruine. Und die Bilder vom Hissen der roten Flagge auf dem Reichstag wurden zwei Tage später nachgestellt und mit einer anderen Fahne. Die erste war am 30. April um 23 Uhr gehisst worden. Na sowas. Ähnliches wird berichtet vom Hissen der amerikanischen Flagge auf Guam am 21. Juli 1944 oder auf Iwojima am 23. Februar 1945. Alles falsch! Oder: Der Architekt Norman Foster erzählt, wie die Bauleute die Inschriften freigelegt haben, mit denen sich die sowjetischen Soldaten an Wänden und Säulen des Reichstags verewigt haben. Das macht neugierig. Was davon heute noch zu sehen ist, wird nicht gesagt. Geschichte ist widersprüchlich, und die Geschichtsschreibung balanciert ständig zwischen den Blickwinkeln der Sieger oder der Besiegten. Weinert ist den Weg der Anpassung gegangen. Da kann er nicht anecken. Wo er einen großen Bogen vom Kaiserreich zum »positiven Symbol für das wiedervereinigte Deutschland» schlägt, verbirgt sich hinter dem »Zentrum der politischen Macht in Deutschland» die Wiederherstellung der ungeteilten Macht des deutschen Imperialismus. Auch hier fällt wie in allen Geschichtsdokus, Podiumsdiskussionen, Konferenzen oder Geschichtsbüchern auf, dass es DDR-Historiker oder marxistische Historiker als Quellen nicht gibt. Zum Beispiel hatten die Bundeszentrale für politische Bildung und die Technische Universität Dresden 2013 eine wissenschaftliche Konferenz über »Das System des Kommunismus» veranstaltet, zu der kein einziger marxistischer Wissenschaftler eingeladen war. Der Schüler, Leser oder
Zuschauer soll sich zu eigen machen, was die herrschende Klasse denkt. Dergleichen Filmen ist die Hauptsendezeit sicher. Der Reichstag – Geschichte eines deutschen Hauses, Dokudrama von Christoph Weinert, ARTE/NDR/rbb, Deutschland 2017, 81 Minuten, Erstausstrahlung auf ARTE, Dienstag,19. Dezember, 20.15 Uhr In Buttenheim steht ein Hosen-Haus oder Von Löb zu Levi Strauss, von der Regnitz in die Neue Welt Buttenheim, Oberfranken, Deutschland (Kulturexpresso). Buttenheim? Hosen-Haus? Von Löb zu Levi Strauss? Von der Regnitz in die Neue Welt? Buttenheim im Tal der Regnitz Buttenheim ist eine etwas über 3.500 Einwohner zählende Gemeinde in Oberfranken, was Besucher beim ersten Anblick kaum beachten, denn die Straßen wirken wie an diesem sonnigen und tollen Tag im Wonnemonat Mai 2017 nach unserer Zeitrechnung (n.u.Z.) ziemlich leer und der Ort verlassen. Buttenheim liegt
zudem im Tal der Regnitz. Die wiederum ist ein beinahe 60 Kilometer langer Fluss, der durch die Vereinigung von Pegnitz und Rednitz bei Fürth entsteht, um bei Bamberg in den Main zu münden. Zurück zu Buttenheim, das laut auskunftsfreudiger und Auswärtigen gegenüber freundlicher Fremdenführerin Mitte des sechsten Jahrhunderts n.u.Z. gegründet worden sei soll, war – wie gehört – bis weit ins 17. Jahrhundert n.u.Z. hinein die wichtigste Marktgemeinde zwischen Bamberg und, nein, nicht Fürth, sondern Forchheim. Dass die Gegend rund um Buttenheim und entlang der Regnitz weniger Natur- als vielmehr Kulturlandschaft ist, das riecht, sieht und hört der Reisende aus Klein- und Großstadt, der ins Grüne wagt zu wollen, oft genug. Parallel zur sich durch die Landschaft schlängelnden Regnitz, die auf ihrer ganzen Länge einen Höhenunterschied von über 50 Meter bewältigt, verläuft überwiegend schnurstracks der Main-Donau-Kanal, die Autobahn 73 und die Bahnstrecke Nürnberg–Bamberg, auf der auch Hochgeschwindigkeitszüge verkehren. Der zum Ludwig-Donau-Main- Kanal im Vergleich Neue Kanal verläuft teils in dessen Flussbett. Im Regnitztal befindet sich auch noch der Regnitz- Radweg, der als genussreiche Flussradtour zwischen Nürnberg und Bamberg beworben wird. Doch das steht in einem anderen Beitrag. Dieser hier dreht sich um: Ein Hosen-Haus in Buttenheim Genauer gesagt: das Levi-Strauss-Museum, das im Geburtshaus von Löb, wie Levi Strauss der Heini der Hose oder Vater der Blue Jeans ursprünglich hieß, untergebracht ist. Nachdem laut Wikipedia der Gemeinderat von Buttenheim im Herbst 1987 beschloss, „das denkmalgeschützte Haus an der Marktstraße 33, das eines der ältesten Bauwerke Buttenheims ist, zu erwerben“ und 1992 „die Renovierung des baufälligen Gebäudes“ begann, konnte das Museum „im Herbst 2000“ endlich eröffnet werden. Ende 2011 wurde auch das Gebäude nebenan Teil des Museum,
obwohl es dort vor allem Kaffee, Kuchen und Klamotten zu kaufen gibt. Weniger kommerziell werden oberen Räume für Sonderausstellungen und Veranstaltungen genutzt. Das Levi-Strauss-Museum weiß auf seiner Heimatseite im Weltnetz über Löb Strauss zu berichten, der am „26.02.1829 als jüngster Sohn von Hirsch Strauss und seiner Ehefrau Rebecca in Buttenheim geboren“ wurde. Weite im Text: „Sein Vater betrieb wie viele fränkische Landjuden einen Hausierhandel mit Tuch und Kurzwaren, der für die insgesamt neunköpfige Familie gerade das Nötigste zum Leben abwarf. Im Jahre 1846 starb Hirsch Strauss nach längerer Krankheit an Tuberkulose. Sein Tod brachte die Familie in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Deshalb entschied sich die Mutter Rebecca 1848“, als das Kommunistische Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels veröffentlicht wurde, „mit den drei jüngsten Kindern nach Amerika auszuwandern. Dort hatten sich bereits einige Jahre früher die beiden ältesten Söhne niedergelassen und einen Textilgroßhandel gegründet.“ Von New York ging 1953 die Reise den jungen Levi weiter westwärts. Gold und Glück lockten. Strauss erinnerte sich an früher in Buttenheim und startete fernab der verlassenen Regnitz „in San Francisco einen Großhandel für Stoffe und Kurzwaren“ und „alles, was die Goldgräber, Minenarbeiter und Pioniere des damals noch Wilden Westens benötigten. Zusammen mit einem Kunden, dem Schneider Jacob Davis aus Reno, der ein Verfahren für die Verstärkung der strapazierten Stellen von Hosen mit Nieten erfunden hatte, meldete Levi Strauss 1873 schließlich ein Patent für vernietete Arbeitshosen an.“ Der Kapitalist Levi Strauss Levi Strauss wurde vom Händler zum Hersteller. Als Bourgeois der blauen Baumwollhosen für Proletarier wurde er spätestens, als das Logo mit den zwei Pferden, die vergeblich versuchen, eine Blue Jeans zu zerreißen, per Lederaufnäher an die Hose kam, berühmt. Seine Lohnarbeiter kannten den Kapitalisten
Strauss schon früher. Doch daran und an Klassenkämpfe am Beispiel von Levi Strauss erinnert das Museum in Buttenheim nicht Bekannt ist vor allem die 501. Levi Strauss und Compagnie führte 1890 Bestellnummern für die Einzelhändler ein. Die kupfervernieteten Overalls erhalten die Nummer 501. Die Geschichte der Levi’s 501 beginnt, andere wie die der Denim oder der IPod-Jeans werden später begonnen. Allerlei W-Fragen werden auf dem Rundgang durchs Museum beantworten, die nach dem wieso, weshalb, warum weniger. Auch in dem Museumprojekt mit dem Titel „Von Knechten und Mägden, Tagelöhnern und Wanderhändlern – Das Leben auf dem Land im 19. Jahrhundert“ wird alles andere als Klassenbewusstsein gefördert. Aus klassenkämpferischer Sicht ist das kleinbürgerliche Museum etwas für Kleingeister, die sich am bescheidenen Butterheimer Spektakel mit modernster audiovisueller Technik für Eintritt am geschönten Leben und Werk des Abhauers Löb Strauss erfreuen und die Waren im Laden (freier Eintritt) kaufen. Levi – Buttenheimer Urstoff Am Ende des Besuches im Levi-Strauss-Museum in Buttenheim bleibt die Erfahrung, dass in diesem Hosen-Haus kaum kritische und schon gar nicht wissenschaftliche Erkenntnis reifen kann. Auch dort sind Hopfen und Malz verloren ist. Immerhin stecken diese Zutaten mit Wasser und Hefe in den Flaschen mit Bügelverschluss, auf denen die Wörter Levi und Buttenheimer Urstoff stehen. Die Hosen sind zu teuer, aber den Stoff, hinter dem die St. Georgenbräu Kramer GmbH & Co. KG aus Buttenheim steckt, gönne ich mir beim restlichen Radeln entlang der Regnitz. * * * Geburtshaus Levi Strauss Museum, Marktstraße 31-33, 96155
Buttenheim, Telefon: 0049 (0) 95 45 – 44 26 02, E-Mail: levi- strauss-museum@buttenheim.de Öffnungszeiten: Dienstags und donnerstags von 14 bis 18 Uhr, samstags, sonntags und feiertags von 11 bis 17 Uhr Klosterurlaub im Viervierteltakt – Eintauchen in die Welt des Gospelgesangs Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Ist es ein mit Ungestüm hereinbrechendes Tropengewitter, das sich wie eine Urgewalt aus Blitz und Donner in mitreißender Energie entlädt? Das darüber hinaus jeden elektrisiert, der diesem sprühenden Funkenflug zu nahe kommt? So jedenfalls will es scheinen, wenn Lerato Sebele ihrem musikalischen Temperament Raum gibt und dabei ihre klanghelle Stimme mit rhythmischen Körperbewegungen unterstützt. Wie schon im Hamburger „Lion King“, bei dem sie in der Rolle der Rafiki gleich zu Beginn die ausgelassene Stimmung im Auditorium anheizte. Ihr begeisterndes Engagement ist geblieben, nur der Ort ist ein anderer. Es ist das Karmelitenkloster Springiersbach in der Südeifel, nur wenige Kilometer entfernt von der Mosel zwischen Cochem und Traben-Trarbach. Normalerweise ein Ort der Besinnlichkeit und der Stille, der inneren Einkehr und der
Kontemplation. Nur nicht in diesen Tagen mit Ausnahmecharakter, an denen die ruhigen Stellen nur noch in den Randbereichen der stattlichen Klosteranlage zu finden sind. Musikalische Kabinettstückchen Außenfassade der Rokoko- Klosterkirche. © 2010, Foto: Dr. Bernd Kregel Stattdessen schwungvoller und spontan mitreißender Gospelgesang, der selbst bei geschlossenen Türen und nur leicht angekippten Fenstern den Weg nach draußen findet. Klänge, die einer anderen Welt zu entstammen scheinen, zu der Lerato Sebele nun ihrem zwanzigköpfigen Chor Tür und Tor öffnen will. Es sind nicht die bekannten Stücke, wie sie von den Südstaaten-Baumwollfeldern Nordamerikas ihren Siegeszug durch die ganze Welt angetreten haben. Vielmehr sind es vor allem die kleinen unbekannten Kostbarkeiten, die die Sängerin aus ihrer südafrikanischen Heimat mitgebracht hat. Musikalische Kabinettstückchen, durchweg dreistimmig gesetzt, die christlichen Glauben und christliches Leben auf eine unkomplizierte Weise mit geradezu entwaffnender Schlichtheit reflektieren und kommentieren.
Einige auf Englisch, andere in der Zulu-Sprache, Schnalzlaute inbegriffen. Wir-Gefühl Und dabei bilden die Sänger – es sind in der überwiegenden Mehrzahl Sängerinnen – nicht einmal einen Chor im herkömmlichen Sinn. Was sie verbindet ist die Freude am gemeinsamen Gesang, und die hat sie aus allen Teilen Deutschlands hierher zusammen geführt, um sich auf das Experiment eines musischen Urlaubs im Kloster einzulassen. Ein Wagnis? Noch kurz nach der Begrüßung der Gruppe durch Pater Felix, den Geistlichen Leiter des Exerzitien- und Bildungshauses „Carmel Springiersbach“, ist – man sieht es den versonnenen Gesichtern an – das Eis noch nicht gebrochen. Jeder für sich muss erst einmal ankommen am neuen Ort des Geschehens. Das weiß natürlich auch die Chorleiterin, die ohne große Vorrede sofort einen Versuch startet, bei den im Kreis um sie herum sitzenden Individuen ein gemeinsames Wir-Gefühl aufzubauen. Gefühl der ausgelasenheit Gospel-Chor mit Lerato Sebele. © 2010, Foto: Dr. Bernd Kregel
Da erweist sich das von ihr in die Runde geworfene „Halleluja, praise celebrate rejoice in the name of the Lord“ als ein wahres Zaubermittel, das schnell ein erstes Lächeln auf den Gesichtern entstehen lässt. Ein Trend der anhält und in den nächsten Tagen zu einem Gefühl der Ausgelassenheit heranwächst, das Distanzen überwindet und im dreistimmigen Chorgesang Gemeinsamkeit schafft: „Have you heard of the city, the streets are paved with gold!“ Ein schlichter, hoffnungsvoller Text, der schon bald zur Chor-Hymne heranreift, die bei jeder Gelegenheit mit Eifer – unterstützt durch Mimik und Gestik – erschallt. Sehr zur Freude der einheimischen Jugend und der zahlreichen Gäste im Ort, die von außen rhythmisch mitklatschen und sich bereits auf ein abschließendes Konzert in der barocken mit schmucken Rokoko-Elementen ausgestatteten Klosterkirche freuen. Anfangs als Projekt noch Besorgnis erregend, doch dann immer motivierender, anspornender, ohne dass die Freude am unbefangenen Gesang dadurch beeinträchtigt würde. Zufriedenes Lächeln Der Lockerung dienen auch Wanderungen in die nähere Umgebung, wobei natürlich die Mosel mit ihren kleinen Winzerorten unterhalb der hoch aufsteigenden Weinberge am meisten imponiert. Erinnert nicht auch der nun mit der Weinernte zu erwartende Gärungsprozess der Trauben an die Entwicklung, wie sie gerade im Chor stattfindet, wo sich mit der Zeit irgendwann einmal ein ausgereiftes und genießbares Ergebnis einstellt? Noch unterbricht Lerato Sebeles Stimme ab und zu mit kritischen Anmerkungen den Gesang. Doch bei „Schlagern“ wie dem wehmütigen bis lustigen „Achiwiwiwi Buya Sithandwa“, das von einer Frau vom Lande handelt, die ungeduldig auf die Rückkehr ihres Mannes aus Johannesburg wartet, huscht nun wieder ein zufriedenes Lächeln über ihr stets hellwaches Gesicht. Gospel-Urlaub im Kloster? Kaum jemand zweifelt in
diesem Stadium noch daran, dass dies die richtige Entscheidung für ihn war. Einüben in Achtsamkeit Sonntagsmesse in der Klosterkirche Springiersbach. © 2010, Foto: Dr. Bernd Kregel Auch der Gedankenaustausch kommt nicht zu kurz, entweder abends bei einem Moselwein im geräumigen Gewölbekeller des Klosters oder zum Sonnenuntergang bei einem Bier in der Dreibank-Sitzecke unweit der Kirchenfassade. Einige Teilnehmerinnen berichten von einschlägigen Erfahrungen, die sie bereits an anderen Orten in Deutschland mit dem Klosterurlaub gemacht haben: zum Beispiel mit dem liturgischen Gesang der Gregorianik in der Allgäuer Benediktinerabtei Ottobeuren. Andere wiederum schwören auf Wellness-Klosterwochen im Bayerischen Wald und dabei besonders auf die Stressbewältigung durch angeleitetes Einüben in „Achtsamkeit“. Oder auf Besinnungstage in Niederaltaich an der Donau, wo Bogenschießen und Atemübungen dazu dienen sollen, sich körperlich und mental neu zu entdecken.
Optimales Mischungsverhältnis Urlaub im Kloster demnach als Alternative zu Sonne und Strand, zu Bergen und Seen? Niemand von denen mit SKR-Klostererfahrung will dies so stehen lassen. Vielmehr sehen sie in der Mischung von Einkehr und Klosterumwelt, von Kultur und Natur, ein optimales Mischungsverhältnis mit persönlichem Gewinn für Körper, Seele und Geist. Und natürlich, wie nun hier in Springiersbach, für die eigene Stimme. Das Konzert in der Klosterkirche steht nun unmittelbar bevor, und das Vertrauen in die stimmlichen Fähigkeiten ist bei allen enorm gewachsen. „Mögen sie nur kommen!“ meint man in den Augen der Workshop-Teilnehmer zu lesen. Und dass ein jeder von ihnen eine gehörige Portion an Erinnerung und Können mit nach Haus nimmt, daran zweifelt nun niemand mehr. Infos Klosterurlaub: SKR Studien-Kontakt-Reisen, Web: www.skr.de, E-Mail: info@skr.de Karmelitenkloster Springiersbach, Web: www.karmelitenorden.de/klosterspringiersbach.html Unterstützungshinweis: Die Recherche wurde unterstützt von SKR-Reisen.
Neukölln, meine Perle oder „Überlegen in Neukölln“ von Rosa von Praunheim und Markus Tiarks – und mit Juwelia Berlin, Deutschland (Kulturexpresso). Neukölln war einst eine eigene Stadt, die vor etwas über 100 Jahren noch den Namen Rixdorf trug. Das alte Rixdorf wurde von Tempelrittern gegründet, die in Tempelhof ihre Häuser hatten. Nach den Templern ging`s bergab. Heute hausen dort Muselmanen. Doch um die Geschichte der Stadt, die vor knapp 100 Jahren Teil von Groß-Berlin wurde, dreht sich der Film „Überleben in Neukölln“, für den Rosa von Praunheim und Markus Tiarks Regie führten, nicht. Im Mittelpunkt „steht Stefan Stricker, der sich Juwelia nennt und seit vielen Jahren eine Galerie in Berlin-Neukölln betreibt“, lese ich in der Pressemitteilung der Rische & Co. PR“ vom 26. Oktober 2017. Weiter heißt es darin, dass Juwelia in ihre Galerie „an den Wochenenden Gäste“ einladen würde, denen sie schamlos aus ihrem Leben erzählen und poetische Lieder vorsingen würde. „Juwelia war ihr Leben lang arm und sexy. Sie ist Clown, Philosoph und Überlebenskünstler und immer noch ein Geheimtipp. Neben Juwelia treffen wir die 89-jährige Frau Richter, die im Alter von 50 Jahren nach Neukölln zog, um hier mit einer Frau glücklich zu werden. Wir treffen den androgynen kubanischen Sänger und Tänzer Joaquin la Habana, der mit seinem Mann zusammenlebt. Wir treffen Mischa Badasyan aus Russland, einen Performancekünstler, der es sich zur Pflicht machte, ein Jahr lang jeden Tag mit einem anderen Mann Sex zu haben. Und wir begegnen der syrischen Sängerin Enana, die nach ihrer dramatischen Flucht nach Berlin hofft, ein freieres Leben führen zu können, als Frau und als Lesbe. Patsy l‘Amour la Love veranstaltet die „Polymorphia“ Party- und
Diskussionsreihe und bezeichnet sich selbst als Polittunte.“ Doch dann ist in der Pressemitteilung doch noch von Neukölln als einem „armen, proletarischen Bezirk mit viel Kriminalität“ die Rede. „Vor zehn Jahren kamen wegen der billigen Mieten“ noch „die Künstler“, doch „seit fünf Jahren entwickelt sich Neukölln zum Hipster-Bezirk und Mekka für Spekulanten“. In gewisser Weise dürfte der Film also „ein Zeugnis“ dieses „Teils von Berlin“ sein, „der bald seine Künstler, die sich die Mieten nicht mehr leisten können, vertreiben wird“. Selbstverständlich vertreibt nicht ein Teil von Berlin. Die Eigentümer der Häuser und Wohnungen treiben die Preise für ihr Eigentum, dass sie vermieten oder verpachten in die Höhe. Das ist etwas anderes. In dem Film wird es darum ganz sicher nicht gehen. Es geht nur um „queere Überlebenskünstler unterschiedlicher Herkunft und sexueller Gesinnung“. Schade eigentlich. Wer an der Kinostartpremiere von „Überlegen in Neukölln“ teilnehmen möchte, der möge am 23. November 2017 zu 20 Uhr ins Berliner Moviemento kommen. Regie und Protagonisten (Juwelia, José Promis, Kandis Williams, Rixdorfer Perlen, Wilfriede Richter, Markus Tiarks, Mischa Badasyan, Lothar Wiese, Joaquin La Habana, Siboney La Habana, Bernhard Beutler, Dani Alor, Ala, Zaitonnah, Aydin Akin, Marcel Weber, LCavaliero Mann, Patsy l’Amour laLove und Enana Alassar) der Doku sollen anwesend sein. Am 25. November 2017 werde laut Veranstalter „die Filmvorführung im Berliner Wolf-Kino umrahmt von einer Geburtstagsfeier Rosa von Praunheims, zu der auch die Protagonisten des Films, Juwelia und Joaquin La Habana, auftreten werden“. Viel Glück zum Geburtstag!
Sie können auch lesen