ADHS - September 2020 Dr. Ronnie Gundelfinger Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie Universität Zürich

 
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ADHS - September 2020 Dr. Ronnie Gundelfinger Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie Universität Zürich
ADHS

                                               17. September 2020

                         Dr. Ronnie Gundelfinger
        Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie Universität Zürich

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Hyperkinetische Störungen/ADHS

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Epidemiologie

Zahlen sind stark abhängig von
Definition (HKS oder ADHS, 1 : 10)
Methode der Untersuchung (Fragebogen, Lehrer und/oder Eltern)
Alter der untersuchten Kinder

Richtzahlen
2%                   für Vorschulkinder
5–7 %                für Schulkinder
3–4 %                für Erwachsene

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Epidemiologie 2

Geschlechterverhältnis:

ADHS                      m:f             3:1–7:1

ADS                       m:f             2:1–3:1

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Unser tägliches Brot

  An der Poliklinik Zürich und den Regionalstellen des KJPD wurden im
      Jahr 2015

  4038 Kinder und Jugendliche betreut.

  Davon waren 2232 Neuanmeldungen und 1806 weiter betreute Fälle.

  Bei 23,7 % der Fälle war die Diagnose eine ADHS.

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Ein Syndrom- viele Namen

§ Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung
§ Hyperkinetisches Syndrom                                                          HKS
§ Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung                                     ADHS
§ Attention Deficit Hyperactivity Disorder                                          ADHD
§ Aufmerksamkeitsdefizit-Störung                                                    ADS
§ Attention Deficit Disorder                                                        ADD
§ Infantiles Psychoorganisches Syndrom                                              POS

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ADHS

        §       Unaufmerksamkeit
        §       Hyperaktivität
        §       Impulsivität

        §       Früher Beginn
        §       Situationsunabhängige und zeitstabile Verhaltensauffälligkeiten

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Infantiles POS

Ursprünglich eine medizinische Diagnose, die aber nur in der Schweiz
   verbreitet war.

Infantiles POS im Sinn der IV (GG 404) ist ein versicherungs-
   medizinisches Konstrukt und keine medizinische Diagnose.

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Infantiles POS

Angeborene Störung von Verhalten, Antrieb und Konzentration

•       Störung des Erfassens (Wahrnehmung)
•       Störung der Merkfähigkeit (Gedächtnis)
•       Störung der Emotionen

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Diagnose

Kategoriale Diagnose  Dimensionale Diagnose

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Psychiatrische Diagnose

•       Beobachtbare Verhaltensauffälligkeiten
•       Keine messbaren Veränderungen
•       Keine Biomarker

Medizinische Diagnose, die immer eine Ursache der beobachteten oder
gemessenen Veränderungen (z.B. Fieber, Schmerz, Atemnot …..) sucht.

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Die Diagnose einer ADHS

ist nicht wie bei Masern oder einem Beinbruch (kategorial)

sondern wie bei Blutdruck, Cholesterin oder Körpergewicht (dimensional)

Die Werte oder auch Eigenschaften (Ablenkbarkeit, Impulsivität ….) sind
   kontinuierlich verteilt. Es gibt keine klare Grenze zwischen Normalität
   und Pathologie.

Die Beeinträchtigung entsteht aus der Interaktion zwischen spezifischem
   Verhalten und Umgebungsanforderungen.

                                      «ADHS-Spektrum-Störung»

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Symptomatik

Symptome situationsübergreifend (Kindergarten/Schule, Familie,
  Freizeit, Untersuchungssituation)

Abnormes Ausmass für Entwicklungsstand

Beginn vor dem 7. Lebensjahr
   – Im DSM-5 vor 12. LJ

Mindestens seit 6 Monaten

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Definition
        Kernsymptome Aufmerksamkeitsstörung

   1       Ist häufig unaufmerksam gegenüber Details oder macht Sorgfaltsfehler bei
           Schularbeiten oder anderen Arbeiten/Tätigkeiten

   2      Kann die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spiel häufig nicht aufrecht
          erhalten

   3      Scheint häufig nicht zu hören, was gesagt wird

   4
          Führt häufig Aufträge nicht durch oder erfüllt häufig Schularbeiten, oder andere
          Pflichten oder Aufgaben am Arbeitsplatz nicht (nicht wegen oppositionellem Verhalten
          oder weil Erklärungen nicht verstanden werden)

   5      Kann Aufgaben und Aktivitäten nicht organisieren oder strukturieren

   6       Vermeidet häufig oder hat einen starken Widerwillen gegen Aufgaben, die
           geistiges Durchhaltevermögen erfordern (z.B. Hausaufgaben)

   7       Wird häufig durch äussere Reize leicht abgelenkt

   8       Verliert häufig Gegenstände, die für bestimmte Aufgaben oder Aktivitäten
           notwendig sind, z.B. Schulaufgaben, Bleistifte, Spielsachen oder Werkzeuge

   9
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           Vergisst häufig Dinge im täglichen Ablauf
Definition
        Kernsymptome Hyperaktivität

  1            Zappelt mit Händen oder Füßen oder windet sich auf
               seinem Sitz

  2            Verläßt seinen Platz während des Unterrichts oder in
               anderen Situationen, in denen Sitzenbleiben erwartet wird

  3            Läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in
               denen dies unpassend ist. (Bei Jugendlichen oder
               Erwachsenen ist nur ein Gefühl innerer Unruhe vorhanden)

  4            Ist häufig beim Spiel übermäßig laut oder hat
               Schwierigkeiten, sich leise zu beschäftigen

                  Zeigt ein anhaltendes Muster exzessiver motorischer
  5
Seite
                  Aktivität, das durch die soziale Umgebung oder durch
                  Aufforderungen nicht durchgreifend beeinflußbar ist
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Definition
        Kernsymptome mangelnde Impulskontrolle

    1         Platzt häufig mit Antworten heraus, bevor Fragen zu Ende
              gestellt sind

    2         Kann häufig nicht in einer Reihe warten oder bei Spielen
              oder Gruppensituationen warten, bis er/sie an der Reihe
              ist

    3         Unterbricht oder stört andere häufig (z.B. platzt in die
              Unterhaltung oder Spiele anderer)

    4
Seite
                 Redet häufig übermäßig viel, ohne angemessen auf
                 soziale Beschränkungen zu reagieren
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Neuropsychologische Modelle zur
    ADHS

•      Gestörte Selbstregulation (Inhibitionshemmung) Barkley

•      Aufmerksamkeitsstörung

•      Adaptationsmodell

•      Motivationale Modelle (Zeitfaktor, Verstärker)

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Selbstregulation

•       Inhibition und Selbstkontrolle

•       Zeit Management

•       Arbeitsorganisation und Problemlösung

•       Emotionale Selbstregulation

•       Selbst - Motivation

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Ursachen

   Zusammenwirken von

 • genetischen Faktoren
 • prä- und perinatalen Risikofaktoren
 • ungünstigen Umweltbedingungen

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Funktionelle Untersuchungen

       •     Die Veränderung der Gehirnaktivität während
             einer Aufgabe

       •     Eine Inhibition z.B eine NoGo -Aufgabe erfordert
             eine besondere Aktivität

       •     Die Fähigkeit zur inhibitorischen Kontrolle
             unterliegt einem Entwicklungsprozess

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Hirnelektrische Dysfunktion

     EEG / Ereigniskorrelierte Potentiale

     ® Defizite in der Verhaltensinhibition

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EEG/Ereigniskorrelierte Potentiale (NoGo: P3a)

                  4
                      ADHD without MPH
                      controls
                      HKS with MPH
                  3
                                              *
 amplitude / µV

                  2

                  1

                                          Segment 3

                  0       100       200     300       400   500     600
                                          time / ms

                                                                  (Seifert et al., 2003)
EEG/Ereigniskorrelierte Potentiale
                 4
                     ADHD without MPH
                                         (NoGo: P3a)
                     controls
                     HKS with MPH
                 3
                                               *
amplitude / µV

                 2

                 1

                                           Segment 3

                 0       100       200       300       400   500       600
                                           time / ms

                                                                   (Seifert et al., 2003)
Falsche Entscheidungen

     40 Jugendliche mit und ohne ADHS

     Lernspiel mit Bildern und Belohnungen, Untersucht mit fMRT und EEG

     Medialer präfrontaler Kortex:
     Wichtig, wenn aus mehreren Optionen ausgewählt und aus Fehlern
     gelernt werden muss

     Jugendliche mit ADHS treffen häufiger ungünstige Entscheidungen

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Ätiologie

     •    genetische Disposition
     •    hirnelektrische Dysfunktion
     •    hirnanatomische Besonderheiten

     →             sprechen, dafür dass ADHS eine
                   neurobiologisch begründete Erkrankung ist

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1.       Liegt eine bedeutsame Aktivitäts- und
                  Aufmerksamkeitsstörung vor und wie wirkt sie
                  sich im Alltag des Kindes aus?

         2.       Sind die beobachteten Symptome Ausdruck
                  einer ADHS im engeren Sinn oder sind sie
                  durch andere Ursachen erklärbar
                  (Differentialdiagnose)?

         3.       Sind alle Probleme des Kindes durch die
                  ADHS begründet oder bestehen zusätzliche
                  Störungen (Komorbidität)?

         4.       Welche Massnahmen sind geeignet, das Kind
                  wirkungsvoll zu unterstützen?

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Die Untersuchung

     •    Das Gespräch
           – mit Eltern
           – mit Fachpersonen wie Lehrer, Kindergärtnerinnen,
             Kinderärztinnen
           – mit dem Kind (altersabhängig)

     •    Die direkte Beobachtung
           – des Kindes, in freien und strukturierten Situationen
           – der Eltern – Kind - Interaktion

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Fragebögen und Beurteilungsskalen

                 Eltern                                              Lehrer

     •    ADHD-Checklisten                                       ADHD-Checklisten

     •    Conners Parent Rating Scale                         Conners Teacher Rating Scale

     •    Child Behaviour Check List                            Teacher Rating Form
          (CBCL)                                                (TRF)

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Beurteilungsskalen

     •    Vorteile
           – Erfassung von längerfristigem und kontextunabhängigem
             Verhalten
           – Information durch wichtige Bezugspersonen
           – Erfassung auch seltener Verhaltensweisen, die nicht direkt
             beobachtet werden können
           – Quantifizierung von Verhalten
           – Vergleichsmöglichkeiten bei vorliegender Normierung
           – Vielfach psychometrisch überprüft
           – Kostengünstige und effektive Informationsgewinnung
           – Informationen bei fremdsprachigen Eltern

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Die Untersuchungssituation

     •    1:1 Situation, die viel Zuwendung, Aufmerksamkeit und Verstärkung
          durch Lob garantiert

     •    Neue Situation (Personen, Ort, Spielsachen, Aufgaben) erhöht das
          Interesse und die Aufmerksamkeit

     •    Meist ruhige, ablenkungsarme Umgebung

     •    hochstrukturierte Aufgaben, zB Tests, erleichtern dem Kind die
          Mitarbeit

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KITAP

        Instruktion:
        „Drücke so
        schnell wie
        möglich auf die
        Taste, wenn die
        Fledermaus
        erscheint.
        Drücke nicht,
        wenn die
        Katze
        erscheint.“
Die erweiterte Untersuchung

     •    Ein Schulbesuch (evtl. ein Home Video)

     •    Spezifische Tests
           – Neuropsychologie (Exekutive Funktionen)
           – Schulleistung
           – Motorik

     •    Technische Untersuchungen
           – EEG, MRI, Genetische Untersuchung, Labortests

     •    Gezielte Abklärung begleitender psychischer Störungen

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1.       Liegt eine bedeutsame Aktivitäts- und
                  Aufmerksamkeitsstörung vor und wie wirkt sie
                  sich im Alltag des Kindes aus?

         2.       Sind die beobachteten Symptome Ausdruck
                  einer ADHS im engeren Sinn oder sind sie
                  durch andere Ursachen erklärbar
                  (Differentialdiagnose)?

         3.       Sind alle Probleme des Kindes durch die
                  ADHS begründet oder bestehen zusätzliche
                  Störungen (Komorbidität)?

         4.       Welche Massnahmen sind geeignet, das Kind
                  wirkungsvoll zu unterstützen?

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Differentialdiagnose ADHS

     •    Entwicklungsbedingte Hyperaktivität als normale
          Verhaltensvariante, insbesondere bei Kleinkindern

     •    situative motorische Unruhe und Konzentrationsstörung

     •    Anpassungsstörung

     •    Störungen des Sozialverhaltens

     •    Angststörungen

     •    Affektstörungen

     •    Deprivations- / Bindungsstörungen

     •    Schlafstörungen

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Doch nur eine Entwicklungsstörung?

     •    2 Studien mit grossen Zahlen untersuchen Zusammenhang
          zwischen Alter und ADHS – Diagnosen.

     •    2 Gruppen: Kinder, die am Anfang und Kinder, die am Ende des
          Jahres geboren sind.

     •    ADHS Häufigkeit der jüngeren Kinder                 8,4 %
     •    ADHS Häufigkeit der älteren Kinder                  5,1 %

     •    Reifung, schulische Erwartungen und ADHS (ähnliche??)
          Symptome

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Anpassungsstörung

            Kann man bei einem Kind, dessen Eltern sich gerade scheiden
            lassen, eine zuverlässige ADHS – Diagnose stellen?

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Spezifische Ursachen

     •    Nahrungsmittelintoleranzen

     •    Bleiexposition

     •    Pränatale Alkoholexposition

     •    Pränatale Nikotinexposition

     •    Nebenwirkungen von Medikamenten

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Fötales Alkohol-Syndrom

     •    14 – 30 % der Frauen konsumieren während der Schwangerschaft
          Alhohol,
          davon 1 – 3 % als „binge drinking“

     •    30 – 600 Kinder mit FAS pro Jahr in der Schweiz

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1.       Liegt eine bedeutsame Aktivitäts- und
                  Aufmerksamkeitsstörung vor und wie wirkt sie
                  sich im Alltag des Kindes aus?

         2.       Sind die beobachteten Symptome Ausdruck
                  einer ADHS im engeren Sinn oder sind sie
                  durch andere Ursachen erklärbar
                  (Differentialdiagnose)?

         3.       Sind alle Probleme des Kindes durch die
                  ADHS begründet oder bestehen zusätzliche
                  Störungen (Komorbidität)?

         4.       Welche Massnahmen sind geeignet, das Kind
                  wirkungsvoll zu unterstützen?

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Komorbidität

                                               MTA Studie
                            ADHS

                     11%
                      Tic          40%
              14%
                               Störung mit
          Störung des
                            oppositionellem
          Sozialverhal-
                              Trotzverhalten
              tens      4%
                     Stimmung

                      34%
                      Angst
Komorbidität
                                          Schwedische Schulkinder

 Entwicklungsstörungen                 Psychiatrische Störungen

              ADHS                               ADHS

       13%
     Geistige          40%                                  33%
   Retardierung Lese-Rechtschreib-            7%
                                            Asperger         Tic
                     störung

          47%                                   60%
      Motorische                            Störung mit
     Koordinations-                       oppositionellem
       störungen                           Trotzverhalten

           Stimmungs- und Angststörungen nicht enthalten

                                                             Kadesjö und Gillberg 2001
Noch ein Problem

Was ist eigentlich der Zusammenhang zwischen ADHS und ADS?

Sind das wirklich Subtypen der gleichen Störung?

Eine major und eine minor Variante?

Vieles spricht dagegen: Andere Geschlechtsverteilung, andere Art von
   Aufmerksamkeitsstörung (verträumt abgelenkt), anderes
   Grundtempo (hypoaktiv, langsam), andere komorbide Störungen,
   andere Prognose

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1.       Liegt eine bedeutsame Aktivitäts- und
                  Aufmerksamkeitsstörung vor und wie wirkt sie
                  sich im Alltag des Kindes aus?

         2.       Sind die beobachteten Symptome Ausdruck
                  einer ADHS im engeren Sinn oder sind sie
                  durch andere Ursachen erklärbar
                  (Differentialdiagnose)?

         3.       Sind alle Probleme des Kindes durch die
                  ADHS begründet oder bestehen zusätzliche
                  Störungen (Komorbidität)?

         4.       Welche Massnahmen sind geeignet, das Kind
                  wirkungsvoll zu unterstützen?

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Multimodale Behandlung

•     Information und Beratung für Eltern, Kind und Schule
      (Psychoedukation)

•     Für das Kind
       – Verhaltenstherapie
       – Pharmakotherapie
       – Evtl. spezifische Fördertherapie
       – Evtl. spezifische schulische Massnahmen
       – Nur bei klarer Indikation Psychotherapie
       – Evtl. Gruppentherapie
       – Evtl. Neurofeedback

•     Falls indiziert: Erziehungsberatung oder Familientherapie

•     Viele alternative, aber noch ungenügend untersuchte
      Behandlungsansätze
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ADHS und Umfeld

•     Ein Kind mit ADHS lebt immer in einem hochspezifischen Umfeld

•     Dieses Umfeld beeinflusst die Symptomatik des Kindes
•     Die Symptomatik des Kindes beeinflusst das Umfeld

•     Deshalb muss das Umfeld in den Behandlungsprozess einbezogen
      werden.

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Typische Muster

•     Teufelskreis aus Kritik und Versagen
•     Teufelskreis aus Überengagement und Unselbstständigkeit
•     Muster: Resignation, Ausstossung
•     Muster: Chaos (ADHS – Familie)

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ADHS und Umfeld

Man muss damit rechnen, dass es in der Familie noch andere ADHS-
Betroffene gibt

• Eltern mit und ohne ADHS
• Geschwister mit und ohne ADHS

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Aktive Eltern – Bestandteile

MODUL 1: ADHS – Psychoedukation & Problemlösung

•     Sitzung 1: ADHS – Was ist das?; Problemsituationen „Alltägliche
      Probleme“ à Auswahl eines Problems, welches die Eltern in den
      nächsten Wochen angehen wollen
•     Sitzung 2: ADHS – Was sind die Ursachen?; Stärken und Probleme
      der Eltern im Umgang mit ihrem Kind
•     Sitzung 3: ADHS – Ein Störungsmodell (Teufelskreis); Wege aus
      dem Teufelskreis
•     Sitzung 4: ADHS – Die Behandlung; Wie geht es weiter?
•     Sitzung 5: Zeit zum Fragen, Wiederholen und Austausch

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Aktive Eltern – Bestandteile

MODUL 2: ADHS – Familie

•     Sitzung 1: Regeln, Aufforderungen & Bitten; Rückblick auf die
      letzten 4 Wochen – Wiederholung
•     Sitzung 2: Familienregeln; Spass- und Spielzeit – Förderung
      positiver Familieninteraktionen
•     Sitzung 3: Positive und Negative Konsequenzen; Durchsetzen von
      Familienregeln (MEMO-Karte, Rituale, Tages- oder
      Wochenstrukturplan; Familienrat)
•     Sitzung 4: Auftanken und Ruhe finden; Wie geht es weiter?
•     Sitzung 5: Zeit zum Fragen, Wiederholen und Austausch

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Aktive Eltern – Bestandteile

MODUL 3: ADHS- Operante Verfahren (Token, Auszeit)

•     Sitzung 1: Rückblick à Erfahrungen in den letzten Wochen; Prinzip
      des Punkteplans I
•     Sitzung 2: Prinzip des Punktplans II; Entwicklung eines eigenen
      Punkteplans
•     Sitzung 3: Fehler und Fallen im Punkteplan; Prinzip der Auszeit
•     Sitzung 4: Veränderungen und Beendigung des Punkteplans; Quiz
•     Sitzung 5: Zeit zum Fragen, Wiederholen und Austausch

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Entscheidung für die Medikation

•     Leidensdruck, Schweregrad der Symptomatik
•     Kooperationsbereitschaft von Eltern und Kind
•     Auswirkung auf Selbstwertgefühl und Selbstwahrnehmung des
      Kindes

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Medikamente

•     Stimulanzien
       – Methylphenidat
           • Ritalin, Ritalin SR, Ritalin LA
           • Concerta
           • Medikinet
           • Fokalin
       – Dexamphetamin
           • Elvanse
•     Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
           • Strattera
•     alpha2A-adrenerger Rezeptor-Agonist
           • Intuniv

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Wirkungen der Stimulanzien

•     Auf Kognition:
       – Erhöhung der Aufmerksamkeit
       – Minderung der Ablenkbarkeit und Impulsivität

•     Auf Motorik:
       – Minderung der Hyperaktivität
       – Verbesserung der Handschrift

•     Auf Beziehung:
       – Verminderung der Peer-Konflikte
       – Verbesserung der Schulsituation
       – Entspannung in der Familie

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Nebenwirkungen

•     Häufig
       – Appetithemmung
       – Einschlafstörung
       – Leichte Bauch- oder Kopfschmerzen
       – Leichte Stimmungsschwankungen
•     Selten
       – Sozialer Rückzug, depressive Verstimmung
       – Übelkeit, Schwindelgefühl
       – Auslösen oder Verstärken von Tics

        Neue Resultate zu NW bei intensiver Langzeitbehandlung (über die
        Pubertät hinaus): Verminderte Endgrösse (- 4 cm)
                          Erhöhtes Gewicht (+ 4,5 kg)
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Neue Aspekte der Medikamentenwirkung

Unfälle sind die häufigste Todesursache im Kinder- und Jugendalter!

Kinder und Jugendliche (6 – 19j) mit ADHD und Medikamenten haben
   signifikant weniger schwere Unfälle als unbehandelte Jugendliche.
Behandelte Kinder und Jugendliche haben in Zeiten, in denen sie das
   Medikament einnehmen, signifikant weniger schwere Unfälle als in
   Zeiten, in denen sie das Medikament nicht nehmen.

Behandelte junge Erwachsene haben in Zeiten, in denen sie das
  Medikament einnehmen, signifikant bessere Resultate bei
  Eintrittsprüfungen als in Zeiten, in denen sie das Medikament nicht
  nehmen.
Behandelte Erwachsene haben weniger Verkehrsunfälle und weniger
  Delikte.
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Durchführung der Medikation

•     Information von Kind, Eltern und Lehrern
•     Medizinische Ausgangsuntersuchung
•     Individuelle Dosisgestaltung
•     Regelmässige Überprüfung der Effekte
•     Medizinische Kontrolluntersuchungen (Grösse, Gewicht, Puls,
      Blutdruck)
•     Motivationsgespräche (v.a. bei Jugendlichen)
•     Medikamentenpause in (grossen?) Ferien
•     Absetzversuche

Ohne regelmässige Begleitung brechen bis zu die Hälfte der Familien
oder der Jugendlichen die medikamentöse Behandlung ab.

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Alternative Behandlungsansätze

•     Neurofeedback
•     Aufmerksamkeitstraining am PC

•     3-Omega-Fettsäuren

•     Kinesiologie, Craniosacraltherapie,
•     Diäten
•     ………………….

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Psychoedukation

                  Was können Eltern & Lehrer / Erzieher tun?

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… und alle ziehen an einem Strang!!

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Die wichtigen Fragen                                Peter Jensen

          •    Fühlt sich dieses Kind von seinen Eltern geliebt?
          •    Hat dieses Kind einen besten Freund oder eine beste Freundin?
          •    Hat dieses Kind Fähigkeiten oder Talente, auf die es stolz ist?
          •    Fühlt sich das Kind zu Hause und in seinem Umfeld sicher?
          •    Bekommt es ausser der Grundversorgung alles, was es für eine
               gute soziale, emotionale und kognitive Entwicklung braucht?

          •    Fühlt sich das Kind von seinen Lehrpersonen akzeptiert und
               gefördert?
          •    Fühlt sich das Kind in der Gruppe seiner Mitschüler und
               Mitschülerinnen wohl?

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Literatur

          Steinhausen, Rothenberger, Döpfner (Hrg.),Handbuch ADHS
          Kohlhammer 2010

          ADHS in der Schule, ELPOS 2015
          (bestellen über www.elpos.ch)

          Barkley, Das grosse ADHS Handbuch für Eltern, Huber 2010

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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