Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen
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Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 05. März 2021) Liebe Partner des Tourismus NRW e.V., sehr geehrte Damen und Herren, die Corona-Krise hat auch die nordrhein-westfälische Tourismusbranche mit voller Wucht getroffen. Mit dem erneuten Update des Living Papers zur Corona-Krise möchten wir einen Überblick über die aktuelle Situation, aber auch einen Ausblick in die Zukunft liefern, um Ihnen eine Grundlage für weitere Entscheidungen zu bieten. Die vorliegenden Kurzinformationen wurden mit Unterstützung der dwif-Consulting GmbH erstellt. Grundlage für die folgenden Ausführungen sind der dwif-Corona-Kom- pass die Veröffentlichungen im Rahmen des Sparkassen-Tourismusbarometers Westfalen-Lippe sowie die Marktforschungsin- strumente des Tourismus NRW e.V. Bleiben Sie gesund! Ihr Team des Tourismus NRW e.V. TOURISMUS IN NORDRHEIN-WESTFALEN STARK VON DEN AUSWIRKUNGEN DER CORONA-PANDE- MIE BETROFFEN: ÜBERNACHTUNGSRÜCKGÄNGE VON ÜBER 46 PROZENT IN 2020 Knapp 25 Mio. Übernachtungen in gewerblichen Betrie- von Veranstaltungen mit 26 Prozent (-19 % im Vergleich ben weniger als im Vorjahr (-46,5 %). Das ist die Bilanz zum Vorjahr) und beim Shopping mit 14 Prozent (-4 %) für den Zeitraum Januar bis Dezember 2020 in Nord- die stärksten Rückgänge. Dagegen waren der Aufenthalt rhein-Westfalen. Dabei reichte die Spanne von -33 Pro- in der Natur (44 %, +11 %), Spazieren gehen (36 %, +14 zent im Sauerland bis –63 Prozent in der Region Düssel- %) und Wandern (26 %, +10 %) absolut im Trend. Auch dorf und Kreis Mettmann. Damit ist die Tourismusbran- hier waren die positiven Ausschläge in Nordrhein-West- che in Nordrhein-Westfalen noch einmal stärker von den falen jeweils höher als im Bundesvergleich. Trotz Corona Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen als der weiterhin Top ist in Nordrhein-Westfalen der Besuch von Bundesdurchschnitt mit einem Minus von -39 Prozent. kulturellen/historischen Sehenswürdigkeiten. Die große Bedeutung des Städtetourismus, von (Groß- )Veranstaltung im Leisure-Segment, der Messen und Ta- Der Wettbewerbsvergleich zeigt: In den Küstendestina- gungen an den MICE-Standorten und der vielen auslän- tionen fallen die Nachfragerückgänge moderater als in dischen Gäste sind Begründungsansätze. anderen Destinationstypen aus, lokal gab es teilweise so- gar Zuwächse durch die Sommersaison. Die Städte ver- Diesen Trend bestätigen auch die Zahlen des GfK Desti- lieren weiter überdurchschnittlich. Blickt man auf den nation Monitor für Nordrhein-Westfalen im Tourismus- Zeitverlauf von Lockdown und Lockerungen im Jahr jahr 2019/2020. So ist das Übernachtungsvolumen bei 2020, so ist mittlerweile auch für 2021 eine ähnliche Sai- Kurzreisen bis drei Übernachtungen und insbesondere sonkurve bei einem möglichen Re-Start im Deutschland- bei Geschäftsreisen am stärksten zurückgegangen. Bei Tourismus ab Frühjahr 2021 zu erwarten. den Anlässen für Geschäftsreisen brachen die Mes- sen/Ausstellungen, Tagungen/Kongresse sowie die Die Fragmentierung und Segmentierung im Tourismus Events mit jeweils über 50 Prozent am stärksten ein. Der halten weiterhin an. Nach wie vor kristallisieren sich die Besuch von Kunden und Niederlassungen ging dagegen Destinations- und Betriebstypen allgemein sowie die da- nur um rund ein Drittel zurück. mit verbundene Angebots- und Gästestruktur vor Ort als entscheidende Faktoren für die Stärke der Auswirkungen Die Flächendestinationen mit ihren Outdoor-Angeboten der Corona-Pandemie heraus. und höheren Anteilen der Vorsorge- und Rehakliniken wirkten stabilisierend. Bei den Aktivitäten im Urlaubsrei- semarkt zeigt der GfK Destination Monitor beim Besuch Seite 1 Tourismus NRW e.V. 05.03.2021
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 05. März 2021) Was bedeutet das für Betriebe und Destinationen? aber auch als Stärkung der Branche nach innen ist wün- – Berücksichtigen Sie das veränderte Buchungsverhal- schenswert. ten. Bauen Sie so viel Flexibilität wie möglich ein, pas- – Stellen Sie sich schon jetzt auf den erneuten Re-Start sen Sie ggf. Stornobedingungen an, geben Sie Sicher- ein, aber auch auf die Möglichkeit, weiterhin wechseln- heit und setzen Sie auf Hygienemaßnahmen vor Ort. der Einschränkungen und Lockerungen im Verlauf der – Kundenbindungsmaßnahmen nehmen weiter an Be- nächsten Monate. deutung zu. Die erste Recovery-Phase hat gezeigt, wie groß der Wunsch nach Reisen ist. Fast 70 Mrd. Euro Verlust in den Destinationen in – Nachfrageseitig sind bislang keine Signale für eine mit- Deutschland durch die Auswirkungen des Coronavirus telfristige Verhaltensänderung im Vergleich zur Zeit im Zeitraum März bis Dezember 2020 vor der Corona-Pandemie zu beobachten. Stellen Sie Nach exklusiven Berechnungen des dwif beläuft sich der sich daher auf einen zunehmenden Wettbewerb ein. Umsatzausfall in den Destinationen in Deutschland für – Sicherheit und transparente Kommunikation mit und den Zeitraum März bis Dezember 2020 auf 68,7 Mrd. für Besucher*innen, Beschäftigte, Bevölkerung und Be- Euro. Der Tages- und der Übernachtungstourismus sind triebe sind das A und O im weiteren Verlauf der davon insgesamt fast gleichermaßen betroffen. Das ent- Corona-Pandemie. sprach wöchentlichen Umsatzeinbußen in Höhe von – Stärken Sie die Lobbyarbeit im Tourismus. Ein vereintes knapp 1,6 Mrd. Euro. Wir-Gefühl als Signal an Politik und übrige Wirtschaft, Nachfrageeinbußen im Tourismus in Nordrhein-Westfalen durch die Corona-Pandemie – Jahr 2020 Gewerbliche Übernachtungen Januar bis Dezember 2020 in Nordrhein-Westfalen 28,5 ÜN-Volumen (Mio.) -46,5 Veränderung im Vergleich zu 2019 (%) Münsterland HERKUNFT NRW 2,4 Teutoburger Wald Inland Ausland -40,2 -42,1 % -63,1 % 4,5 -35,4 Niederrhein Ruhrgebiet 1: Düsseldorf und 2: Köln und Rhein- 2,6 3,6 Kreis Mettmann Erft-Kreis Sauerland -43,3 2,3 3,4 -50,0 4,5 -62,5 -56,9 1 -32,8 3 4 3: Bergisches 4: Bergisches 2 0,5 Städtedreieck Land Siegen- 0,4 0,9 1,8 -38,1 Wittgenstein 1,5 Eifel und Region -49,6 -47,0 Aachen -43,3 -52,9 Bonn und Rhein- Sieg-Kreis Quelle: dwif März 2021, Daten Destatis/Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen Perspektive für das Frühjahr und den Sommer 2021 2021 wichtig, sofern mit Blick auf das Infektionsgesche- Insgesamt bleibt die Marktentwicklung durch Reisewar- hen realistisch. Denn durch die Lockdown-Monate Ja- nungen, Lockdown und Ängste potenzieller Reisender je- nuar und Februar starten viele Destinationen und damit doch sehr labil. Die derzeit fehlende echte Perspektive Betriebe in Nordrhein-Westfalen bereits wieder mit ei- führt zu einer zusätzlichen Unsicherheit bei Anbieter*in- nem Minus von 10 bis 15 Prozent (gemessen am Über- nen ebenso wie bei Nachfrager*innen für die Planungen nachtungsvolumen in einem Normaljahr) in das Touris- in den kommenden Monaten. Dabei wäre aus touristi- musjahr 2021. scher Sicht ein schrittweiser Saisonstart ab Frühjahr Die deutschen Bergregionen und einmal mehr die Städte stehen vor besonderen Herausforderungen durch den Seite 2 Tourismus NRW e.V. 05.03.2021
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 01. März 2021) aktuellen Lockdown. Das gilt mit Blick auf die Marktan- etwas höhere Bedeutung des Incoming-Tourismus (in ei- teile dieser Monate und die im Vergleich zum Gesamtjahr nem Normaljahr) in den Wintermonaten. Entsprechend stärker sind die Auswirkungen des derzeitigen Lock- durch die Pandemie abgefragt. Ergebnis: Innerhalb der downs in Destinationen mit hohem Incoming-Anteil zu nächsten 12 Monate liegt Nordrhein-Westfalen bei ei- spüren. nem Wert von 2.7. Dies ist eine nur leichte Verringerung des Interesses – und das trotz der skizzierten Strukturen Verhalten optimistisch stimmen die Suchanfragen und rund um Städte, Veranstaltungen etc. Mit Blick auf die Buchungen für das Tourismusjahr 2020. Ob HomeToGo nächsten drei Jahre liegt der Wert bei 2,9 und zeigt somit oder HRS, alle sprechen von deutlichen Steigerungen im Veränderungen durch die Corona-Pandemie, eine gute Vergleich zum Vorjahr. Besonders gefragt sind Wasser, Grundlage also für den Re-Start des Tourismus in Nord- Natur, Ferienhäuser/-wohnungen und – endlich wieder – rhein-Westfalen. Städte. Die Lust auf Reisen ist also weiterhin vorhanden und Kreditinstitute berichten von gestiegenen Sparquo- Nach wie vor praktisch zum Erliegen gekommen sind der ten und entsprechend vorhanden Budgets auf Nachfra- für Nordrhein-Westfalen wichtige MICE-Markt sowie geseite. das Incoming-Geschäft. Mit echten Schritten in Richtung Erholung ist hier wohl erst ab Herbst 2021 zu rechnen, Aufschlüsse über die künftigen Potenziale von Destinati- während die Nachfrage nach kleineren Seminaren und onen und Veränderungen durch die Corona-Pandemie Tagungen sowie Hybridveranstaltungen früher wieder gibt die Studie Destination Brand 2020. Hier wurden auf anspringen dürfte. einer Skala von „5 = deutlich vergrößert“ bis „1 = deutlich verringert“ die Veränderungen des Besuchsinteresses Orientierungswerte zum Nachfrageausfall in den Monaten Januar und Februar 2021 auf Basis eines Normaljahres Durchschnittliche gewerbliche Übernachtungen in den Monaten Januar und Februar 2017 bis 2019 in Nordrhein-Westfalen 7,46 ÜN-Volumen (Mio.) 13,7 Anteil ÜN am Gesamtjahr (%) Münsterland HERKUNFT NRW 0,54 Teutoburger Wald Inland Ausland 12,5 13,5 14,2 0,93 13,1 Anteil ÜN am Gesamtjahr Niederrhein Ruhrgebiet 0,58 1,04 DESTINATIONSTYPEN DEUTSCHLAND Sauerland 11,9 14,0 1,05 Städte 12,9 1 15,9 3 Mittelgebirge 12,1 Flach-/Hügelland 10,5 4 2 0,11 Seen 8,9 Siegen- 0,33 14,0 Wittgenstein 0,41 Eifel und Region Aachen 10,3 12,8 Bonn und Rhein- Sieg-Kreis 1: Düsseldorf und 2: Köln und Rhein- 3: Bergisches 4: Bergisches Kreis Mettmann Erft-Kreis Städtedreieck Land 0,95 1,17 0,14 0,22 14,8 14,2 14,7 13,1 Lesebeispiel: In der Region Münsterland wurden in den Monaten Januar und Februar zwischen 2017 und 2019 jährlich durchschnittlich 0,54 Millionen Übernachtungen getätigt. Der Marktanteil der Übernachtungen für diese Monate an einem Normaljahr liegt in der Region Münsterland laut amtlicher Statistik bei 12,5 Prozent. Dieser Wert gibt somit eine Orientierung für die maximal zu erwartenden Corona-bedingten Nachfrageausfälle im Januar/Feb- ruar, hochgerechnet auf das Gesamtjahr und nach aktuellem Stand. Quelle: dwif März 2021, Daten Destatis/Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen Seite 3 Tourismus NRW e.V. 05.03.2021
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 01. März 2021) lag der Zimmererlös im Lockdown-Monat Januar 2021 SCHLAGLICHTER AUF DIE BETRIEBLICHE sogar um 87 Prozent niedriger als im Vorjahresmonat. EBENE Gastgewerbe Rückgänge bei den angebotenen Kapazitäten zeigen, Insgesamt hat sich die finanzielle Lage der Hotelbetriebe dass selbst im Sommer 2020 einige Anbietende nicht verschlechtert. Laut der aktuellen DEHOGA-Blitzum- wieder an den Markt gegangen sind. So lag der Rückgang frage vom Januar 2021 ist der Umsatz der befragten Be- der Zahl der Schlafgelegenheiten in Nordrhein-Westfa- triebe im Gesamtjahr 2020 um durchschnittlich 43 Pro- len im Juli 2020 bei -7,9 Prozent (bundesweit: -5,5 %), im zent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Die zuneh- Lockdown-Monat November sogar bei -13,0 Prozent. Al- mende Verunsicherung über die Zukunft verstärkt das lerdings ist noch nicht abschließend zu bewerten, was negative Stimmungsbild. Mittlerweile sehen sich drei temporäre Effekte sind und wo es sich tatsächlich um Viertel der gastgewerblichen Betriebe in ihrer Existenz dauerhafte Schließungen handelt (u. a. aufgrund des Aus- gefährdet. Im November 2020 lag der Wert noch bei 60 setzens der Insolvenzantragspflicht). Befragungen des Prozent. dwif im Rahmen des Sparkassen-Tourismusbarometers Westfalen-Lippe schon aus dem Dezember 2020 zeigen Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe stehen durch jedoch zunehmende Marktaustritte insbesondere in den die Auswirkungen der Corona-Pandemie massiv unter Segmenten Gastronomie und Eventanbieter. Im Beher- Druck. Ihre betriebswirtschaftliche Situation hat sich im bergungsgewerbe ist noch kein klarer Trend erkennbar. Zuge des neuerlichen Lockdowns weiter verschärft. Häu- fig hilft erst die Kombination aus Hilfsprogrammen, dem Ob der Re-Start nach der Wiedereröffnung genauso gut Aufzehren der Liquidität bis zur Kündigung von Vorsor- gelingt wie im späten Frühjahr 2020, ist unklar. In der geverträgen und weiteren Überbrückungskrediten bei dwif-Gastgewerbeumfrage gab fast die Hälfte der Be- der Existenzsicherung. Viele Betriebe werden also mit triebe an, dass sie länger als 12 Monate benötigen wer- höheren Schulden aus der Corona-Krise kommen, was den, bis sie wieder das Nachfrageniveau aus 2019 errei- die Branche vor weitere Herausforderungen wie stetige chen. Andersherum ausgedrückt, ist etwas mehr als die Investitionen stellen wird. Hälfte der Betriebe optimistisch, dass eine Erholung in- nerhalb eines Jahres möglich sein wird. Hier spiegelt sich Blickt man auf die aktuellen Zahlen der sozialversiche- erneut die unterschiedlich starke standortbezogene Be- rungspflichtig Beschäftigten im Gastgewerbe in Nord- troffenheit wider. rhein-Westfalen, so schlagen sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie auch hier zunehmend nieder: Die Jah- Freizeitwirtschaft resergebnisse 2020 der Bundesagentur für Arbeit weisen Die Freizeitwirtschaft ist durch die Lockdowns weiterhin 7 Prozent weniger Beschäftigte als ein Jahr zuvor aus hart getroffen. Doch wie im Gastgewerbe, gilt es auch (bundesweit auf dem gleichen Niveau). Und je länger die hier genauer hinzuschauen: Saisonbetriebe sind vom fehlenden Perspektiven im Tourismus wirken, desto zweiten Lockdown kaum beeinträchtigt. Outdoor-Ein- mehr Betriebe gehen von Abwanderungen von Personal richtungen wie Landschaftsattraktionen und Zoos/Tier- in andere Branchen aus. Gleichzeitig sinken die angebo- parks kommen sogar am besten durch die Krise, zumin- tenen Ausbildungsstellen und steigen trotzdem die unbe- dest was das Minus bei den Besucherzahlen anbelangt. setzten Ausbildungsstellen. Das ist ein klares Frühwarn- Je nach Freizeitsegment liegen die Rückgänge weit ge- signal für den touristischen Arbeitsmarkt, der kurz- und spreizt zwischen -6 und -70 Prozent. Eine dwif-Umfrage mittelfristig auf eine Verschärfung des Arbeits- und Fach- im Rahmen der Sparkassen-Tourismusbarometer Anfang kräftemangels zusteuert, stark beschleunigt durch die Dezember zeigte: Jede fünfte Freizeit- und Kultureinrich- Auswirkungen der Corona-Pandemie. tung sah sich mitten im zweiten Lockdown in ihrer Exis- tenz bedroht. Und auch kommunale Einrichtungen gera- Ein weiterer Kurzfristindikator ist die Entwicklung auf ten zunehmend unter Druck, können mittlerweile aber dem Hotelmarkt. Im Zeitraum Januar bis Dezember 2020 auch auf Hilfsprogramme zugreifen. Nachdenklich mit verzeichnete die Hotellerie in Nordrhein-Westfalen laut Blick auf die Attraktivität und Erlebnisqualität stimmt die STR-Global (Schwerpunkt Stadt- und Kettenhotellerie) Aussage der Einrichtungen, dass über die Hälfte geplante einen Rückgang von 62 Prozent beim Zimmererlös (Re- Investitionen verschieben oder ganz streichen muss. vPAR). Neben den Stadtstaaten, Bayern und Hessen ist Nordrhein-Westfalen bundesweit am stärksten betrof- fen. Während die durchschnittliche Zimmerrate „nur“ um gut 13 Prozent auf 90,4 Euro fiel, war es schlicht die Nachfrage, die fehlte. Die durchschnittliche Auslastung 2020 lag bei 30,5 Prozent (2019: 69,9 %). Ganz aktuell Seite 4 Tourismus NRW e.V. 05.03.2021
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 01. März 2021) Was bedeutet das für die Betriebe und Destinationen? (Zulieferer, Versicherungen, Energieversorger und IT- – Stellen Sie sich kurz- bis mittelfristig auf fortlaufende Dienstleister, Einkaufsgemeinschaften etc.). Einschränkungen ein. – Beherbergungsgewerbe: Stellen auch Sie Ihr Ge- – Sichern Sie primär die Liquidität des Betriebes durch schäftsmodell und Ihre Zielgruppen auf den Prüfstand, gutes Kennzahlenmanagement und Gesprächen mit beispielsweise durch (Teil-)Umstellung auf Langzeit- der Bank und dem Steuerbüro. Vermietung, Zielgruppendifferenzierung von Tagungs- – Nutzen Sie die Zeit weiterhin für strategische Überle- hotels etc. gungen, Produktentwicklungen und (sofern Mittel vor- handen) für Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen. Weitere Daten und bundesweite Wettbewerbsverglei- – Binden Sie Ihre Fachkräfte an sich durch gute, häufige che rund um Umsatzausfälle den Übernachtungs- und und transparente Mitarbeiter*innen-Kommunikation Tagestourismus sowie die Segmente des Gastgewerbes – Erstellen Sie jetzt schon ein Konzept für mögliche und der Freizeitwirtschaft sind im dwif-Corona-Kompass erste/eingeschränkte Öffnungsschritte unter www.dwif.de/news-events/corona-kompass.html – Prüfen Sie weitere Einsparpotenziale oder handeln Sie zu finden. Verlängerungen von Übergangskonditionen aus rückläufig waren die zurückgelegten Distanzen bei Ta- TAGESREISEN IN NORDRHEIN-WESTFALEN ALS gesausflügen auf durchschnittlich 36 Kilometer, vergli- WICHTIGER STABILISATOR FÜR DIE BETRIEBE chen mit anderen Bundesländern aufgrund der hohen Er- Der Tagestourismus ist ein milliardenschweres Standbein lebnisvielfalt in Nordrhein-Westfalen ohnehin recht im Tourismus in Nordrhein-Westfalen und wichtig für niedrig. eine kontinuierliche Auslastung vieler Einrichtungen und Anbieter. Die größten Veränderungen im Vergleich zu einem Nor- maljahr sind bei den Aktivitäten festzustellen. Normaler- Eine Sonderauswertung des dwif-Tagesreisenmonitors weise spielen Restaurantbesuche, Shoppingausflüge und im Auftrag des Tourismus NRW e.V. zeigt: 2020 wurden Veranstaltungsbesuche im Tagesreisenmarkt in Nord- rund 590 Mio. Tagesreisen in und nach Nordrhein-West- rhein-Westfalen eine überdurchschnittliche starke Rolle. falen unternommen. Das entspricht einem Minus von Aufgrund der Restriktionen und Lockdowns sind diese 22 Prozent (bundesweit: -19 %). Gut 90 Prozent der Ta- Aktivitäten deutlich zurückgegangen. Gewinner 2020 gesreisenden kommen aus Nordrhein-Westfalen. Hier waren Spazierfahrten und insbesondere Ausflüge rund gab es im Vergleich zu 2019 kaum Veränderungen. Leicht um die Outdooraktivitäten Radfahren und Wandern. Aktivitäten bei Tagesausflügen in Nordrhein-Westfalen 2020 (Mehrfachnennungen möglich, Angaben in Prozent, Akti- vitäten in Gruppen aggregiert, Pfeile = Veränderung im Vergleich zu 2019) Sehenswürdigkeiten/ 36% Besuch von Verwandten und Bekannten 15% Freizeiteinrichtungen 26% Erholungs-/Spazierfahrt, Nichts bestimmtes 14% Wandern/Radfahren 24% Besuch von Restaurants, Cafés, Bars, etc. 8% Veranstaltungen, Aufführungen etc. 23% Shopping-Aktivitäten 7% Wellness, Thermen, Baden/Schwimmen (inkl. Seen und Freibäder) 17% Landschafts-/Naturattraktionen 5% Ausübung von Sportarten Quelle: dwif 2021, Datenquelle dwif-Tagesreisenmonitor 2020, Sonderauswertung für Nordrhein-Westfalen Die bundesweite Entwicklung der Tagesausflüge nach Aber: Auch in der Re-Start-Phase ist mit einer Verlage- Kalenderwochen lässt zudem Rückschlüsse auf Erwar- rung auf „naturnahe Aktivitäten“ und Tagesausflüge im tungen in der anstehenden Re-Start-Phase zu: Dabei näheren Wohnumfeld zu rechnen. So verzeichneten Ta- wurde eine schnelle Regenerationsgeschwindigkeit mit gesausflüge mit den Aktivitäten Wandern oder Radfah- Kompensationseffekten aus dem Übernachtungstouris- ren 2020 insgesamt sogar einen absoluten Nachfragezu- mus im Juli, August und September 2020 festgestellt. wachs von 25 Prozent, während die Zahl von Seite 5 Tourismus NRW e.V. 05.03.2021
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 01. März 2021) Shopping-Ausflügen um 20 Prozent zurückging und der – Gastronomie mit schneller Regenerationsphase, leichte Besuch von Veranstaltungen um 64 Prozent einbrach. Überkompensation in einzelnen Regionen, Standorten Das mindert die Wertschöpfungseffekte. Das Ausflugs- und je nach Betrieb möglich verhalten – bezogen auf Motive und Aktivitäten – im No- – Shopping mit schneller Regeneration, Überkompensa- vember/Dezember2020 war zudem vergleichbar mit tion bei der Höhe der Wertschöpfung zu erwarten Trends im Frühjahrs-Lockdown. – Sehenswürdigkeiten/Kulturangebote mit langsamer Regeneration, keine Überkompensation (z. B. weiterhin Die Perspektiven für den Re-Start 2021: Besucherbeschränkungen) – Outdoor-Aktivitäten während der Lockdowns häufig – Veranstaltungen auch nach dem Re-Start noch über einzige Möglichkeit für Ausflüge; auch in der ersten Re- Monate hinweg weit unterdurchschnittlich (durch Be- Start-Phase überdurchschnittlich stark schränkungen, Vorlauf für Planungen etc.) Niveau privater Tagesausflüge pro Kopf und Kalenderwoche 2020 Quelle: dwif 2021, Datenquelle dwif-Tagesreisenmonitor 2020 2020 eine Urlaubsreise von mindestens fünf Tagen un- DIE CORONA-PANDEMIE UND DAS REISEVER- ternommen – zum Vergleich: 1990 waren es 52 Prozent. HALTEN – AKTUELLE EINSCHÄTZUNGEN 2020 hat nicht nur das Alltags- und Arbeitsleben durch- Eines zeichnet sich in den letzten Monaten ganz klar ab: einandergewirbelt, sondern für viele auch die Reisepläne. Die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen. Ur- Viele Reisen wurden auf Nahziele in Deutschland umge- laubsreisen bleiben für die Deutschen ein bucht oder auch ganz gestrichen. Von eingeschränkten unverzichtbarer Teil der Lebensqualität. Die persönliche Reisemöglichkeiten fühlen sich die Menschen genauso wirtschaftliche Situation wird größenteils als stabil stark betroffen, wie von fehlenden sozialen Kontakten. wahrgenommen, was ist eine gute Voraussetzung für Laut Stiftung für Zukunftsfragen hat jeder zweite Deut- 2021 ist. sche das Reisen 2020 vermisst. Nur 37 Prozent und da- mit so wenige wie seit Jahrzehnten nicht mehr, haben Seite 6 Tourismus NRW e.V. 05.03.2021
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 01. März 2021) Beliebte Urlaubsarten und -aktivitäten: naturnah, aktiv Reiseplanung und Buchung – kurzfristig und mit flexib- Mit Blick auf das Reiseziel scheint wie schon in der len Stornobedingungen Restart-Phase nach dem ersten Lockdown in Kurzfristige Buchungen und flexible Umbuchungs- und Deutschland der Urlaub in der Natur der Favorit für 2021 Stornierungsmöglichkeiten, damit Reisepläne unkompli- zu sein. So geben jeweils knapp zwei Drittel der ziert angepasst werden können, sind 2021 für die Kun- Befragten in einer Studie von HomeToGo an, Strände den wichtiger denn je. Eine Studie von Booking.com und Nationalparks bzw. Ziele in der Natur besuchen zu macht deutlich, dass sich vor allem die Erwartungen be- wollen. Der Trend zu Urlaub in der Natur ist nicht neu, züglich Transparenz und Flexibilität weiter erhöhen. durch die Corona-Pandemie hat er allerdings noch einmal – So ist für mehr als jeden Zweiten die Möglichkeit zur Fahrt aufgenommen. kostenlosen Stornierung der Buchung und für 27 Pro- zent der Befragten die Flexibilität bezüglich Datenän- Insgesamt hat sich an der Reihenfolge der Urlaubs- derungen unabdingbar. präferenzen der Deutschen allerdings wenig geändert. – Knapp zwei Drittel der Befragten glauben zudem, dass Strandurlaube stehen nach wie vor ganz oben auf der Buchungsplattformen ihre Optionen diesbezüglich Wunschliste. Vor allem Städtereisen werden weiterhin noch transparenter gestalten müssen. stark von der Entwicklung im Kultur- und Veranstaltungs- sektor abhängig sein. Doch von Seiten der Der Informationsbedarf vor der Reise ist gestiegen. 17 Nachfragenden besteht Hoffnung. Denn immerhin ca. Prozent der Befragten der Reiseanalyse haben einen jeder vierte Befragte zieht laut einer Studie von deutlich höheren Informationsbedarf als in Normaljah- DERTOUR einen Städteurlaub in diesem Jahr in Betracht. ren. Nicht-touristische Quellen gewinnen aufgrund der aktuellen Situation bei der Reiseplanung an Bedeutung. 2020 fand mehr als jede zweite Urlaubsreise der Deut- Über coronabedingte Hygienemaßnahmen am Urlaubs- schen im eigenen Land statt. Der Anteil ist damit so groß ziel informieren sich 45 Prozent über eine Suchmaschine wie zuletzt in den 1970er Jahren. Eine kürzere Anreise oder einen Reiseblog, an zweiter Stelle folgt das Auswär- und damit auch eine schnellere Rückreise im Falle eines tige Amt (31 %). 28 Prozent informieren sich diesbezüg- Lockdowns waren hier aus Gästesicht große Vorteile. lich beim Reisebüro/-veranstalter und 26 Prozent vor Auch die Reiseziele für 2021 zeigen ganz klar die gleiche Ort. Generell ist das Internet dabei die wichtigste Infor- Tendenz: mationsquelle. Umso wichtiger ist es, den eigenen Con- – Einen Urlaub innerhalb des eigenen Landes plant jeder tent aktuell und transparent zu halten. dritte Deutsche. Zum Vergleich: Im Vorjahr war es noch jeder Vierte (Stiftung für Zukunftsfragen). Hygienemaßnahmen haben hohe Priorität – Eine Auswertung der Suchanfragen des Buchungspor- Auch wenn Reisen nach dem Lockdown wieder möglich tals HomeToGo für das Jahr 2021 zeigt, dass sogar 44 sind, werden uns Hygienemaßnahmen wie Abstandsre- Prozent der Suchen auf ein Reiseziel in Deutschland geln, Maskenpflicht und Desinfektion noch längere Zeit entfallen (Vorjahr: 28 %). begleiten. Hygienevorkehrungen am Reiseziel sind für die – Reisen ins europäische Ausland planen je nach Studie Wahl der Urlaubsdestination 2021 mitentscheidend. zwischen 32 und 52 Prozent, Fernreisen 12 bis 16 Pro- – Rund ein Drittel der Befragten einer Studie im Auftrag zent. von DERTOUR bezeichneten im Dezember 2020 vor- bildliche Schutzmaßnahmen und deren Umsetzung als Eine Veränderung der grundsätzlichen Verhaltensmuster maßgeblichen Faktor. ist nicht abzulesen. Letztlich entscheiden derzeit schlicht – Beim Aufenthalt vor Ort spielen Gesundheit und Hygi- Ein- und Ausreisebestimmungen, Quarantänevorschrif- ene für die (potenziellen) Reisenden eine wichtige ten etc. die Zielgebietswahl. Der Sommer 2021 sollte also Rolle. Über die Hälfte der Befragten einer Studie von in vielen Destinationen auch in Nordrhein-Westfalen gut Booking.com gibt an, bei Reisen mehr Vorkehrungen gebucht sein – zumindest was den Leisure-Markt angeht treffen zu wollen. Die Verfügbarkeit von Hygieneange- – vorausgesetzt es erfolgen im Frühjahr die erhofften boten/-produkten kann auch die Unterkunftsentschei- schrittweisen Lockerungen. Spannend ist die Frage, was dung beeinflussen. 58 Prozent der Reisenden wollen wiederum ab 2022 passiert, wenn attraktive Zielgebiete eine Unterkunft eher buchen, wenn solche Produkte im Ausland wieder verfügbar sind, aber auch ausländi- angeboten werden und 50 Prozent, wenn die umge- sche Gäste wieder freier nach Deutschland reisen kön- setzten Hygienerichtlinien hervorgehoben sind. nen. Belastbare quantifizierbare Prognosen sind hier der- Eine Studie der Allianz Partners zeigt, dass eine gute me- zeit noch nicht möglich, aber schon jetzt ist absehbar, dizinische Versorgung vor Ort, die Möglichkeit, größere dass der Wettbewerb zwischen den Destinationen um Gruppen/andere Gäste zu meiden sowie allgemein der die Gäste mit zunehmender Normalisierung noch einmal Sicherheitsaspekt bei Reisen deutlich wichtiger gewor- zunehmen wird. den ist als vor der Pandemie. Seite 7 Tourismus NRW e.V. 05.03.2021
Aktuelle Einschätzungen zu den Auswirkungen der Corona-Krise im Tourismus in Nordrhein-Westfalen (Stand: 01. März 2021) Weitere Informationen rund um Corona unter: www.touristiker-nrw.de/corona-virus Silvia Raueiser Projektleiterin Hochschulkooperationen, Stellungnahmen raueiser@nrw-tourismus.de Mehr zur Tourismus NRW Marktforschung: www.touristiker-nrw.de/marktforschung Christian Stühring Bereichsleiter Umsetzung Landestourismusstrategie, Unternehmensentwicklung und Marktforschung stuehring@nrw-tourismus.de Ann-Christin Ingenlath Referentin Marktforschung ingenlath@nrw-tourismus.de Anne Schriefers Referentin Marktforschung schriefers@nrw-tourismus.de Tel.: 0211/91320-545, Tourismus NRW e.V., Völklinger Str. 4, 40219 Düsseldorf Seite 8 Tourismus NRW e.V. 05.03.2021
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