ALICE IM WUNDERLAND nach Lewis Carroll mit Musik von Wolfgang Böhmer - Euer Wunschweihnachtsmärchen in der Bearbeitung von Carsten Kochan ...
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ALICE IM WUNDERLAND Euer Wunschweihnachtsmärchen in der Bearbeitung von Carsten Kochan nach Lewis Carroll mit Musik von Wolfgang Böhmer
2 Inhaltsverzeichnis 1 Das Stück: »Alice im Wunderland« ................................................................................................. 4 1.1 Der Autor: Lewis Carroll .......................................................................................................... 4 1.2 Die »wahre« Alice: Alice Pleasance Liddell ............................................................................. 5 1.3 »Der Aufruhr der Regeln« (Christan Enszensberger über Lewis Carroll) ................................ 6 2 Die Wiesbadener Inszenierung........................................................................................................ 8 2.1 Die Besetzung .......................................................................................................................... 8 2.2 Die Biographien des Inszenierungsteam ................................................................................. 9 2.3 Interview mit dem Regisseur Carsten Kochan ...................................................................... 11 3 Hintergrundinformationen zum Stück .......................................................................................... 12 3.1 Fun Facts ................................................................................................................................ 12 3.2 »Immer dem Hasen nach« (Peter Kümmel, DIE ZEIT, Nr. 27/2015) ..................................... 14 4 Der Stückauszug ........................................................................................................................... 18 5 Vor- und Nachbereitung ................................................................................................................ 20 5.1 Vorbereitung ......................................................................................................................... 20 5.2 Nachbereitung ....................................................................................................................... 23 6 Teeparty mit spielerischer Nachbereitung .................................................................................... 24 Impressum und Quellenangaben .......................................................................................................... 28 Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
3 Sehr geehrte Pädagog*innen, liebe Eltern, liebe Interessierte, vergangene Spielzeit konnten alle für ihr liebstes »Wunschweihnachtsmärchen 2018« ab- stimmen. Zur Wahl standen »Kleiner König Kalle Wirsch«, »Das tapfere Schneiderlein« und »Alice im Wunderland«. Mit großer Mehrheit hat sich unsere Alice durchgesetzt, so dass Sie dieses Jahr »Alice im Wunderland« auf der großen Bühne bestaunen dürfen. Diese Materialmappe soll Sie darin unterstützen, sich und Ihre Gruppe auf den Theaterbe- such einzustimmen. Sie beinhaltet Hintergrundinformationen über die Romanvorlage »Alice im Wunderland« und die Wiesbadener Theaterfassung. Außerdem haben wir für Sie einige Anregungen und Vorschläge für die Vor- und Nachbereitung Ihres Theaterbesuchs zusam- mengestellt. Wenn Sie Fragen zur Materialmappe, zum Stück oder anderer Art haben, so setzen Sie sich gerne mit uns in Verbindung. Wir empfehlen »Alice im Wunderland«. « ab 6 Jahren. Wir wünschen Ihnen einen wunderbaren Theaterbesuch und freuen uns über jede Rückmel- dung, Anregung oder Meinung. Viel Spaß im Theater! JUST – Junges Staatstheater Wiesbaden Christian-Zais-Straße 3 Tel. +49 (0) 611.132 272 just@staatstheater-wiesbaden.de Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
4 1 Das Stück: »Alice im Wunderland« 1.1 Der Autor: Lewis Carroll Lewis Carroll wurde am 27. Januar 1832 in Daresbury unter seinem bürgerlichen Namen Char- les Lutwidge Dodgson geboren und starb am 14.01.1898 in Guildford. Er ist der Sohn eines umfas- send gebildeten Landpfarrers und besuchte das Christ Church College in Oxford. Nach dem Ab- schluss arbeitete er dort ab 1854 als Mathematikleh- rer; daneben beschäftigte er sich intensiv mit Foto- grafie und Literatur. Um 1881 gab er seine Lehrtätigkeit auf und widmete sich ganz dem Schreiben. Neben einigen Werken über mathematische Themen stammen von ihm Denksportaufgaben, Logikrätsel, Gedichte sowie phantastische Geschichten. Für die kleine Tochter seines Dekans, Alice Pleasance Liddell, schrieb er seine erste Alice-Geschichte, die er ihr 1864 auf den Weihnachtstisch legte. 1865 erschien »Alice im Wunderland« (Alice’s Adventures in Wonderland) als Buch. 1872 folgte die Fort- setzung »Alice hinter den Spiegeln« (Through the Looking-Glass). Außer den Alice-Büchern schrieb Dodgson eine Vielzahl von Gedichten, unter ande- rem die Erzählung in Versen »The Hunting of the Snark«, verfasste Bücher für Kin- der zum Thema Logik und mathematische Rätsel, veröffentlichte den zweibändigen Roman »Sylvie und Bruno«, und schrieb außerdem Briefe und seine Tagebücher, die mittlerweile auch veröffentlicht wurden. Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
5 1.2 Die »wahre« Alice: Alice Pleasance Liddell Alice Pleasance Liddell wurde am 4. Mai 1852 geboren. Sie war die Tochter des Dekans des Christ Church College in Oxford, wo auch Charles Dodgson (Lewis Carroll) als Ma- thematiklehrer tätig war. Dodgson traf die kleine Alice, weil er in seiner Freizeit gerne fotografierte und eines Ta- ges vom Garten der Liddells ein Foto vom Turm der Ka- thedrale machen wollte. Alice und zwei ihrer Schwestern verbrachten in ihrer Kindheit sehr viel Zeit mit Charles Dodgson, der sie nicht nur fotografierte, sondern auch ei- nes Tages, bei einer Bootsfahrt, die Geschichte von Alice im Wunderland für sie erfand. Später schrieb Dodgson die Ge- schichte auf, illustrierte sie selbst und schenkte sie Alice zu Weihnachten. Als Alice älter wurde, hatte sie kaum noch Kontakt zu ihrem Kindheitsfreund Charles Dodgson. Lange war sie in den Prinz Leopold, den vierten Sohn von Königin Victoria verliebt, der in Christ Church studierte. Jedoch durften die beiden nicht heiraten, denn Alice war nicht adelig. Einige Zeit später heiratete Alice einen anderen Christ-Church- Studenten, Reginald Hargreaves. Die beiden bekamen drei Söhne: Alan, Rex und Caryl. Im Alter von 73 Jahren wurde Alice Witwe und be- schloss, einiges aus ihrem Besitz zu verkaufen, darunter auch das von Mr. Dodgson angefertigte Alice-Buch. Sie überließ es Sotheby’s Auktionshaus in London, wo es für 15.400 £ an den amerikanischen Antiquar Rosenbach ver- steigert wurde. Zu ihrem 80. Geburtstag wurde Alice nach New York eingeladen, um den 100. Geburtstag von Lewis Carroll zu feiern – dort hielt sie Reden, eröffnete Ausstel- Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
6 lungen, wurde zum Ehrendoktor der Columbia University ernannt und durfte nach all den Jahren ihre Alice-Ausgabe noch einmal ansehen. Sie starb am 15. November 1934 und wurde in Lyndhurst begraben. 1.3 »Der Aufruhr der Regeln« (Christan Enszensberger über Lewis Carroll) Charles Lutwidge Dodgson war der bürgerliche Name des Autors, der beiden Bü- chern über das kleine Mädchen Alice – und bürgerlich, wenn je eines, war das Leben, das er geführt hat. Aber in diesen Geschichten wechselte er Namen und Gestalt: als Lewis Carrol lebt er im Gedächtnis der Nachwelt fort, unter seinen zwei Vornamen also, die er ein wenig abänderte und miteinander vertauschte; und folgerichtig zeigt er sich in seinen Geschichten von einer vertraulicheren Seite, die hinter dem Dozen- ten der Mathematik und Logik am Christ Church College in Oxford keiner so leicht vermutet hätte. Unter seinen Kollegen galt er als höflicher, gutmütiger und eigen- brötlerischer Mensch; seine Studenten sahen in ihm einen pedantischen und im gan- zen ziemlich langweiligen Lehrer. Nur unter Kindern, unter seinen, so schien es, ein- zigen Freunden, wurde er auf einmal zu einem Gefährten voller Witz und Ausgelas- senheit, zu einem Erzähler von unerschöpflicher Einfallskraft. Für ein Kind, für sei- nen ›einzigen Liebling‹ Alice Pleasance Liddell, hat er denn auch seine erste Alice- Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
7 Geschichte, Alice’s Adventures Underground, aufgeschrieben, um sie ihr in seiner ge- stochenen Handschrift 1864 auf den Weihnachtstisch zu legen. Dass diese Geschichte von mehr als privatem Interesse sein könnte, hat er sich an- fangs nicht träumen lassen; es bedurfte viel guten Zuredens, bevor er sie 1865 unter dem Titel Alice in Wonderland veröffentlichte; und auch die Fortsetzung, Through the Looking-Glass, and What Alice Found There, die 1872 erschien, hat er mehr im Gedächt- nis an seine kleine Freundin geschrieben als für ein Publikum, von dem er sich ganz falsche Vorstellungen machte. Denn noch zu seinen Lebzeiten sind beide Bücher zu einem ungeheuren Erfolg geworden: sie lagen in den englischen Kinderzimmern und auf den Lesetischen des Athenaeum Club, sie wurden gelesen von Königin Victoria wie von Oscar Wilde; die Reihe der Neudrucke und Volksausgaben riss nicht mehr ab; und ihr Lob steht in der Times nicht weniger zu lesen als in den Zeitschriften der französischen Surrealisten Aragon und Breton. Der Erklärungen sind viele; doch ist die häufigste Auskunft, durch ihren ›englischen Humor‹ seien die Geschichten von Alice so beliebt geworden, zugleich die magerste; und erst ein genauerer Blick zeigt, was es damit auf sich hat. Carrolls Bücher handeln von der Gesellschaft. Hier, und fast nur hier, besteht Alice ihre Abenteuer; ihr wahrer Schauplatz ist das Parkett; der Kampf geht um die Schicklichkeit, die Waffe ist das Wort. Die Hinrichtungen der Herzkönigin sind nur Spaß; die wahren Exekutionen finden im Gespräche statt. In den Ländern, die Alice durchwandert, stirbt man die Tode der Verlegenheit und des Verstummenmüssens; man wird nicht ermordet, sondern mundtot gemacht; und nicht die Gurgel wird einem abgeschnitten, wohl aber die Antwort. Unversehens wird Alice in einen Irrgarten, in ein Vexierspiegelka- binett des schicklichen Verhaltens geraten, und sie bewährt sich darin schöner als je ein ins Elend verschlagener Märchenprinz. […]1 1 (Enzensberger, Christian: Nachwort – Der Aufruhr der Regeln. In: Carroll, Lewis: Alice im Wunder- land. 1973. S.129-138.) Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
8 2 Die Wiesbadener Inszenierung 2.1 Die Besetzung Inszenierung Carsten Kochan Ausstattung Claudia Weinhart Musik Wolfgang Böhmer Dramaturgie Anika Bardós Choreographie Jessica Krüger / Annabelle Mirzwa Licht Klaus Krauspenhaar Musikalische Einstudiereung Frank Bangert Theaterpädagogik Dirk Schirdewahn Regieassistenz Nora Kühnlein Inspizienz Elke Opitz / Laura Feth Alice Jessica Krüger Das weiße Kaninchen Sophie Pompe Die blaue Raupe / Die Herzkönigin Annabelle Mierzwa Dideldum / Herzkarte 123 Alena Üresin Dideldei / Herzkarte 0815 Nathalie Trost Die Grinsekatze Deryl Kenfack Der Hutmacher Thomas Zimmer Der Schnapphase / Herzkarte 7 ¾ Elina Gostischew Die Haselmaus / Herzbube Maurice Falz Die falsche Suppenschildkröte / Grace Izekor Omoregie Humpty Dumpty Technische Gesamtleitung Dominik Maria Scheiermann | Technischer Inspektor Robert Klein | Leitung der Dekorationswerkstätten Sven Hansen | Technische Produktionsleitung Karin Bodenbach | Technische Einrichtung René Landgraf | Toneinrichtung Hannes Bitter- sohl, Jonas Hagen | Leitung der Tonabteilung Stephan Cremer | Leiterin der Requisite Si- mone Eck | Requisiteneinrichtung Jenny Frühmesser, Rebekka Klaucke, Andreas Schubert, Ilka Wolff | Chefmaskenbildnerin Katja Illy |Maske Kirsten Roser, Wiebke Bartelt | Leiterin der Kostümabteilung Anna Hostert | Obergewandmeister Jürgen Rauth | Gewandmeister Damen Claudia Dirkmann, Nina Schramm | Gewandmeister Herren Walter Legenbauer, Viktoria Reich | Putzmacherei Elisabeth Taylor | Schuhmacherei Theoharis Simeonidis | Rüstmeister Michael Hertling, Joachim Kutzer | Herstellung der Dekorationen und Kostüme in den Werkstätten des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden. Aufführungsdauer: 1 Stunde und 35 Minuten (inklusive Pause nach ca. 40 Minuten) Geeignet für Schülerinnen und Schüler ab 6 Jahren Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
9 2.2 Die Biographien des Inszenierungsteam Der Regisseur Carsten Kochan Nach mehreren Jahren in der freien Theaterszene und anschließenden Festengagements am Theater Bielefeld und am Hans Otto Theater Potsdam war der in Essen geborene Carsten Kochan als freiberufli- cher Schauspieler und Regisseur tätig. Er inszenierte u. a. an Theatern wie Hans Otto Theater Potsdam, Südthüringisches Staatstheater Meinin- gen, Pfalztheater Kaiserslautern, Theater Rudolstadt und Landestheater Innsbruck. Von 2012 bis 2014 war er zudem Stellvertretender Intendant, Regisseur und Chefdramaturg am Lan- destheater Eisenach. Von 2014 bis 2018 war er Leiter des Jungen Staatstheaters Wiesbaden und inszeniert im JUST, im Schauspiel und Oper. Mit Beginn der Spielzeit 2018/2019 ist Cars- ten Kochan Künstlerischer Produktionsleiter des Schauspiels und des Jungen Staatstheaters am Hessischen Staatstheater Wiesbaden und arbeitet weiterhin als Regisseur und Schauspie- ler. Der Komponist Wolfgang Böhmer Geboren 1959 in Westfalen. Komponist und Ak- teur in der legendären Berliner Underground- Musicaltruppe »COLLEGE OF HEARTS«. Arbei- ten u.a. am Deutschen Theater, Berliner Ensem- ble, Maxim-Gorki-Theater, Komödie am Ku- damm in Berlin und Staatstheater Wiesbaden. Zentrum der Aktivität wurde dann die NEU- KÖLLNER OPER in Berlin. Zusammen mit dem Autor und Regisseur Peter Lund entstanden eine Reihe sehr erfolgreicher Musicals, die weniger dem amerikanischen Musical, als mehr der europäischen Musikkomödie bzw. Operette verpflichtet waren. Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
10 Die Ausstatterin Claudia Weinhart Claudia Weinhart studierte Architektur an der TU München sowie Szenografie an der FH Ro- senheim und der HFF München. Von 1998 bis 2000 war sie als Ausstattungs- assistentin an der Bayerischen Staatsoper enga- giert. Es folgten Gastassistenzen bei den Bregen- zer Festspielen, der Staatsoper Unter den Linden in Berlin, dem Theater an der Wien und der Nederlandse Opera in Amsterdam. Seit 2002 ist Claudia Weinhart freiberufliche Bühnen- und Kostümbildnerin. Sie arbeitet unter anderem am Pfalztheater Kaiserslautern, am Lan- destheater Eisenach, am Nordharzer Städtebundtheater in Quedlinburg und an der Oper Breslau sowie am Hessischen Staatstheater Wiesbaden und an der Bayerischen Staatsoper in München. Als Ausstattungsleiterin des Opernloft in Hamburg erhielt sie 2009 für das Büh- nenbild von »Die Perlenfischer« den Rolf-Mares-Preis der Hamburger Theater. Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
11 2.3 Interview mit dem Regisseur Carsten Kochan Hast Du selber für das Wunschweihnachtsmärchen 2018 abgestimmt? Und verrätst Du uns wofür? Nein, ich habe nicht mit abgestimmt! Was ist der größte Unterschied zwischen der ursprünglichen Alice-Geschichte von Carroll und Deiner Version? Meine Version beinhaltet nur einen Bruchteil der Geschichten und Figuren, die sich sonst in der Originalerzählung von Caroll tummeln. Die Geschichten und Figuren, die im Theaterstück vorkommen, werden größtenteils dann auch so erzählt, wie es im Buch steht. Bis auf eine Ausnahme. Im Buch ist es der Herzbube, dem der Prozess gemacht wird. Im Theaterstück steht Humpty Dumpty vor Gericht. Wer ist Deine Lieblingsfigur bei »Alice im Wunderland«? Wieso? Eindeutig die Haselmaus. Alle anderen Figuren stehen unter Stress, sind überge- schnappt oder es droht ihnen Böses. Die Haselmaus hingegen ist tiefenentspannt, kann überall und wann sie will schlafen und es hat keine Konsequenz für sie. TRAUMHAFT! Hast Du ein Lieblingszitat in »Alice im Wunderland«? Auf die mehrfach gestellte Frage der blauen Raupe: »Wer bist du?«, antwortet Alice dann endlich in einem kurzen Moment der Erkenntnis: »Ich bin ich!« Was können die Zuschauer*innen aus der Wunderwelt mit in ihre eigene Welt neh- men? Man sollte sich nicht einreden lassen, dass Träumen (ob bei Tag oder Nacht) unnöti- ge Zeitverschwendung sei. Nur so entsteht auch Kreativität. Denn, wir sind ja alle ein wenig verrückt. Wenn du eine Sache aus dem Wunderland mit in die richtige Welt nehmen könntest, welche wäre das? Der reich gedeckte Tisch der Teegesellschaft. Aber bitte mit richtigen Kuchen und Torten. Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
12 3 Hintergrundinformationen zum Stück 3.1 Fun Facts o Übersetzungen Alice’s Adventures in Wonderland wurde in mehr als 170 Sprachen übersetzt, darunter auch Latein und Esperanto. Allein ins Deutsche wurde Alice mehr als 36 mal über- setzt. o Welche Farbe hat Alices Kleid wirklich? In der ersten Ausgabe mit farbigen Illustrationen, die 1887 erschien, hatte Alice ein rotes Kleid an. In The Nursery Alice, einer gekürzten Ausgabe von 1889, speziell für jüngere Kinder, trug Alice ein gelbes Kleid. Erst 1911 bekam Alice ihr ikonisches hell- blaues Kleid mit einer weißen Schürze und blau gestreiften Strümpfen, das sie seit- dem in den meisten Ausgaben mit den Original-Illustrationen von John Tenniel trägt, und das auch Disney für seine Zeichentrickverfilmung übernahm. o Alice und die Beatles John Lennon hat laut Interviews in der Beatles-Anthology zugegeben, dass er zu sei- nen Beatles-Kompositionen »I Am the Walrus« und »Lucy in the Sky with Dia- monds« von Alice im Wunderland inspiriert wurde. o Per Anhalter durchs Wunderland Star-Autor Douglas Adams spielt im zweiten Roman seiner »Per Anhalter durch die Galaxis«-Serie, »Das Restaurant am Ende des Universums«, auf eine Szene in Alice hinter den Spiegeln an, in der Alice gegenüber der weißen Königin behauptet, es sei unmöglich, die Zeit rückwärts zu durchlaufen. Die weiße Königin antwortet, dass Unmögliches zu glauben nur eine Frage der Übung sei. Sie selbst habe in jungen Jah- ren teilweise bis zu sechs unmögliche Dinge schon vor dem Frühstück geglaubt. Im Restaurant-Roman werden sechs Gründe aufgezählt, wieso das Restaurant am Ende des Universums unmöglich sei. Dann folgt der Werbespruch von Milliways: »Wenn Du heute Morgen schon sechs unmögliche Dinge getan hast, warum dann nicht als siebentes zum Frühstück ins Milliways, das Restaurant am Ende des Universums?« o Alice und Ray Bradbury Der Film »Fahrenheit 451«, der auf dem gleichnamigen Roman von Ray Bradbury ba- siert, spielt in einer düsteren Zukunft, in der die Feuerwehr dafür zuständig ist, alle Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
13 Bücher zu verbrennen. Alice im Wunderland ist eines der wenigen Bücher, die am En- de des Films von den Bücherfreunden vor der Verbrennung gerettet werden können. o Alice und Salvador Dalí Der spanische Maler, Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner Salvador Dalí zählt zu den bekanntesten Künstlern des 20. Jahrhunderts und war einer der Hauptvertreter des Surrealismus. Er war begeistert von Carrolls Geschichte und illus- trierte 1969 eine Alice im Wunderland-Ausgabe, mit bunten, surreal-verzerrten Bildern, die dem traumähnlichen Schauplatz des Wunderlands auf ganz besondere Weise ge- recht werden. o Alice in Hollywood Die erste bekannte Alice-Verfilmung hatte ihre Premiere am 17. Oktober 1903 und war ein schwarz-weißer Stummfilm. Bis heute liefen über 40 Verfilmungen in den Kinos und im Fernsehen, als abendfüllende Spielfilme, als Fernsehserien, als Zeichen- trickfilme, als Musicals, als Anime-Serien und als 3D-Blockbuster. o Alice als Programmiersprache Wissenschaftler der University of Virginia und der Carnegie Mellon University ent- wickelten 1999 die Programmiersprache »Alice«, die als einfache Lern- Programmiersprache vor allem für Kinder gedacht ist. Damit können Kinder eine vir- tuelle Welt mit animierten Objekten und Personen u. a. aus dem Alice-Roman bevöl- kern. o Alice im Central Park Seit 1959 steht im New Yorker Central Park eine Bronzestatue des Künstlers Jose de Creeft, die Alice, den Hutmacher und viele andere zeigt. o Alice Day in Oyxford Jedes Jahr am 04. Juli wird in Oxford, der Stadt in der Lewis Carroll Alice im Wunder- land schrieb, der Alice Day gefeiert! Denn an diesem schicksalshaften Tag im Jahr 1862, soll die Bootsfahrt stattgefunden haben, während der Carroll der kleinen Alice Liddell und ihren Schwestern die Geschichte zum ersten Mal erzählte. Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
14 3.2 »Immer dem Hasen nach« (Peter Kümmel, DIE ZEIT, Nr. 27/2015) In Oxford, dort, wo sich heute der Biergarten des Pubs »The Head of the River« zum Ufer der Themse senkt, sind sie am 4. Juli 1862 an Bord gegangen: Charles Dodgson, besser bekannt unter seinem Pseudonym Lewis Carroll, und das zehnjährige Mädchen Alice Liddell. Sie bestiegen ein Ruderboot des Salter’s Boatyard, den es heute noch gibt, und fuhren nordwärts, die Themse hinauf. In ihrer Begleitung befanden sich Alice’ Schwestern Lorina und Edith sowie, als Ruderer, Dodgsons Freund, der Pfarrer Robinson Duckworth. Dieser Freitag war, so die Legende, der Geburtstag eines der berühmtesten Kin- derbücher: Alice im Wunderland. Die Themse hat in Oxford nichts von jener weltstädtischen Ma- jestät, die sie in London auszeichnet. Ihr Wasserlauf ist nicht breit, acht bis zwölf Meter viel- leicht, und nicht sehr tief. Die Einheimischen nennen sie Isis, was sich von ihrem romanisch- keltischen Namen Tamesis ableitet. Und wie die ägyptische Totengöttin hat auch diese Isis ihre Tücken. In regnerischen Sommern tritt sie über die Ufer und überschwemmt entschlos- sen das umliegende Marschland und die niedrigen Regionen der Innenstadt. Meist aber ist sie träge, als sei sie sich nicht schlüssig, ob sie wirklich nach London will. Ein ländlicher Fluss, dessen Ufer Weiden, Ulmen, Schilf und niedrige Pappeln säumen. Sechs, sieben Stunden wird die Gesellschaft um Lewis Carroll und Alice Liddell darauf unterwegs gewesen sein. Und nach kurzer Zeit dürfte sich auf dem Boot jene anregende Flachlandlan- geweile ausgebreitet haben, die mit einer guten Geschichte vertrieben werden kann. Charles Dodgson tat, was er meisterhaft beherrschte, denn er hatte schon viele Bootsfahrten mit den Mädchen unternommen: Er begann zu erzählen. Der Unterschied zu den früheren Ausflügen lag darin, dass Alice ihren erwachsenen Freund am Ende der Reise bat, die Geschichte für sie aufzuschreiben. […] »Wer Alice im Wunderland verstehen will«, sagt Mark Davies, »muss die Flussläufe dieser Stadt kennenlernen. Oxford wird vom Wasser beherrscht, und auch Alice im Wunderland ist auf dem Wasser entstanden. Ohne die Themse hätte es kein Wunderland gegeben. Wunder- land ist, so würde ich sagen, eigentlich waterland.« Mark Davies ist vielleicht der kundigste Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
15 Wasserläufer, Ufergänger, Flussmensch dieser Stadt. Er wohnt seit 22 Jahren auf einem Hausboot, das wie ein riesiges schlafendes Krokodil im Wasser liegt – in einem Seitenfinger des mit der Themse verbundenen Oxford Canal. […] Zur Geschichte Oxfords hat er mehrere Bücher verfasst und will mir nun die Stadt zeigen. […] Am alten Zollhaus an der Abingdon Road steigen wir in ein Elektroboot der Oxford River Cruises. […] Unsere Fahrt geht nach Norden – es ist die Strecke, die Lewis Carroll und Alice Liddell am 4. Juli 1862 nahmen. […] Ehe wir’s uns versehen, sind wir auf dem Land. Zwei Kilometer nördlich des Zentrums umgeben den Fluss unbebaute Marschwiesen. Im Wasser stehen Pferde, dutzendweise, und kühlen sich die Fesseln. Auf unserer Flussfahrt erscheint nun: huschendes Felltier am linken Isis-Ufer. Möglicherwei- se eine Ratte. Jedoch, unser Kapitän ruft: »Schauen Sie, Kaninchen! Könnte sein, dass Lewis Carroll genau hier der Anfang seiner Geschichte zuflog.« Mark widerspricht leise, zu mir gewandt: »Ich glaube da eher einer Theorie über den Speise- saal des Christ Church College, an dem Dodgson Mathematik lehrte. Die Senior Members verließen die Halle nicht durch die Hauptpforte; sie hatten eine Art Tapetentür, durch die sie schneller nach draußen kamen als das Fußvolk. Ich denke, das brachte Dodgson auf die Idee mit dem rabbit hole.« In gewisser Weise ist ganz Oxford voller rabbit holes. So zumindest schien es am Vortag, als ich nach meiner Ankunft alleine durch die Stadt streifte. Überall tun sich neue Zeitabgründe auf, wie zum Beispiel im Christ Church College: Einst wurde es vom berüchtigten Heinrich VIII. beherrscht. Die Epochen überlagern sich – genauso wie die Selbstbildnisse: Man sieht sich als Industriestandort, in dem die Automarke Morris gegrün- det wurde, aber auch als Heimat der Mythen, Sagen, literarischen Großfantasten – nicht nur Alice im Wunderland, auch J. R. R. Tolkiens Herr der Ringe-Zyklus entstand hier. […] Zurück aufs Wasser. Nicht nur zum Hasenbau gibt es Theorien; eine ganze akademische Disziplin, die Alice-Wissenschaft, widmet sich der Frage, wie das Wunderland denn mit der Realität in Kontakt stehe. Auch Mark hat seine Hypothesen: »Der Hase, der immer zu spät kommt, könnte von Alice’ Vater inspiriert sein, Henry George Liddell. Er war der Dekan des Christ Church College und meistens spät dran, wenn er sich aus dem Dekanat aufmachte in die Kathedrale.« Eine andere Theorie verweist auf die Uhr der Christ Church Cathedral, der Collegekirche, die allen anderen um fünf Minuten hinterherhinkt. Ein Überbleibsel jener Epoche, als jede englische Gemeinde ihre eigene Lokalzeit besaß; diese herrliche Vielfalt wurde erst synchro- Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
16 nisiert, als sich in England der Bahnverkehr durchsetzte und man die einheitlich-verlässliche Greenwich time einführte. Christ Church aber beharrt auf seiner Verspätung – sein Geläute erklingt fünf Minuten nach dem der anderen Kirchen. […] Frage an Mark: Kommt Charles Dodgson selbst in seiner Geschichte vor? »Ich glaube schon. Erinnern Sie sich an Kapitel drei, die Szene mit dem Brachvogel, dem Dodo? Ich glaube, da- mit meinte Dodgson sich selbst. Er neigte zum Stottern; und wenn er aufgeregt war, bei ge- sellschaftlichen Anlässen, stellte er sich bisweilen als Do-Do-Dodgson vor ...« Do-Do-Dodgson. Der übrigens nie daran gedacht hatte, seine Geschichte zu veröffentlichen. Nicht um Ruhm oder ökonomischen Erfolg war es ihm beim Erzählen gegangen – er wollte Alice an sich fesseln und benannte deshalb die Heldin seiner Geschichte nach ihr. »Carroll«, sagt Mark, »war lebenslang von unschuldigen kleinen Mädchen fasziniert. Und er war einer der besten Amateurfotografen seiner Zeit. Die Fotografie war sein Weg, den Subjekten seiner Sehnsucht nahe zu sein: Sein Ruf als Fotograf war so gut, dass Eltern aus dem akademischen Milieu der Stadt es ihm gestatteten, ihre Töchter zu fotografieren.« Manche Mädchen insze- nierte Carroll auf eine Weise, die heute die Staatsanwaltschaft auf den Plan riefe: Fünf- bis Siebenjährige in traumverlorenen Posen, völlig nackt. Dass Carroll eines der Mädchen je be- rührt oder bedrängt hätte, ist nicht überliefert, aber man kann davon ausgehen, dass die Sit- zungen, in denen die Mädchen wegen der langen Filmbelichtungszeiten bewegungslos dem Blick des Fotografen ausgeliefert waren, Carroll in ihren Bann schlugen. Man weiß nicht, ob Carroll je intim mit einem anderen Menschen war, er gilt als der klassi- sche lebenslange Junggeselle, und womöglich war das Fotografieren die innigste Erfahrung, die er kannte. Aber es gab noch einen anderen Akt der Intimität, dem er sich hingab, und das war das Erzählen. In seiner Freundschaft zu Alice Liddell verband er beides: Erst fotografier- te er sie, dann wurde er ihr liebster Erzähler. So saßen sie im Boot auf der Themse und schu- fen gemeinsam Alice im Wunderland: er mit seiner rastlosen Fantasie, sie durch ihre Geduld, ihre fordernde Langeweile und ihre pure Anwesenheit. […] Die Freundschaft zwischen Charles Dodgson und Alice ging noch vor Veröffentlichung des Buchs abrupt zu Ende. Wie es dazu kam, ist ungewiss: Dodgson war ein emsiger Tagebuch- schreiber, doch die Blätter aus jener Zeit fehlen – eine Nichte Dodgsons soll sie mit der Ra- sierklinge herausgeschnitten haben. […] Die beiden verloren einander. Charles Dodgson starb 1898 im Alter von 67 Jahren. Alice wurde 82 Jahre alt, sie starb 1934. Zwei ihrer drei Kinder fielen im Ersten Weltkrieg. Alice und Lewis Carroll sind zusammengekettet durch Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
17 ein Buch. Kein Bildnis, kein Denkmal in Oxford zeigt sie gemeinsam auf der Isis an jenem 4. Juli 1862. Aber Charles Dodgson hat seiner Erzählung ein Gedicht vorangestellt, in dem sie beisammen sind – und die Fahrt für immer vor sich haben. So fängt es an: »Gemach im goldenen Nachmittag / Gleiten wir leis dahin, / Da kleine Ärmchen ungeschickt / Sich an den Rudern mühn / Und wenig achten, ob durchs Nass / Einen graden Pfad sie ziehn.« Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
18 4 Der Stückauszug 1. Szene: Im Schleudergang ins Wunderland Im Kinderzimmer von Alice. Alice saß allein auf ihrem Bett, im Arm hatte sie ihre Katze Miezi. – Vor wenigen Sekunden war sie in ihr Zimmer gerannt und hatte schnell die Tür hinter sich abgeschlossen. Gegen eben jene Tür klopfte nun lautstark ihre Schwester und rief: Schwester: Oh man Alice, was hast du mit meinem Kartenspiel angestellt? Alice: Wir tun einfach so, als wären wir nicht da, ja!? Mutter: Was ist denn hier für ein Krach? Schwester: Alice, hat mein selbstgebasteltes Kartenspiel, das ich Papa zu Weihnachten schenken wollte, kaputt gemacht! Mutter: Ach, das ist doch bestimmt gar nicht so schlimm… Schwester: Nicht so schlimm? Der Herzbube und die Herzkönigin haben abgeschnittene Köpfe! Mutter: Alice, kommst du bitte aus deinem Zimmer? - Du weißt doch, dass ihr nicht eure Zimmer abschließen sollt… Alice, bitte, wir wollen das klären! Alice: Nein, ich komme bestimmt nicht raus, sonst werde ich nur wieder bestraft, (zu Miezi) Ich wollte das Kartenspiel gar nicht mit Absicht kaputt machen. Mutter: Schluss jetzt mit euch Beiden !- Du hast noch genug Zeit bis heute Abend deine Karten zu reparieren und du Alice, schließt jetzt endlich die Türe auf, hörst auf in den Tag hinein zu träumen, lernst dein Weihnachtsgedicht für Opa auswendig und wenn du dich bei deiner Schwester entschuldigst, dann reißt sie dir sicher auch nicht den Kopf ab! Komm jetzt aus deinem Zimmer, wasch dir die Hände und zieh dich hübsch an, damit wir heute Abend einen besinnlichen Abend haben! Bitte, Alice, Alice…! Alice: Ich soll immer brav sein, mich sauber und hübsch anziehen, soll immer lieb sein und nicht schreien oder laut lachen…. Ich soll, ich soll, ich soll…. Sogar an Heiligabend! Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
19 So schmollte Alice vor sich hin und bemerkte dabei gar nicht, wie ihr Kleiderschrank aufsprang und ein großes weißes Kaninchen herausgestolpert kam. Dieses Kaninchen schloss behutsam den Kleider- schrank und brabbelte dabei vor sich hin: Kaninchen: Keine Zeit! Keine Zeit! Keine Zeit! Alice: (zu Miezi) Hast du eben auch ein riesiges, weißes Kaninchen gesehen? Miezi wirkte wenig beeindruckt vom riesigen Kaninchen und leckte müde an ihrer Pfote. Als Alice sich davon überzeugt hatte, dass sie sich das eingebildet haben musste, sprang erneut, die eigentlich verschlossene Zimmertür auf und das Kaninchen kam wieder zum Vorschein: Kaninchen: Keine Zeit! Keine Zeit! Keine Zeit! Alice: Hey du! Halt! Kaninchen: Du solltest mich lieber nicht aufhalten…nicht aufhalten…nicht aufhalten. Alice: Aber warum? Kaninchen: Weil du dann mitkommen musst…mitkommen musst… mitkommen musst. Das Kaninchen wollte sich gerade wieder durch die Zimmertür davon machen, als Alice es am Schwanz packte und festhielt. … Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
20 5 Vor- und Nachbereitung 5.1 Vorbereitung Gespräch zum Theaterbesuch allgemein Die Schülerinnen und Schüler werden gewisse Erwartungen an den Theaterbesuch haben. Wurden vielleicht gemeinsam Theatererfahrungen gemacht? Kennen alle den Unterschied zwischen Theater und Kino? Welche Unsicherheiten gibt es bei den Schülerinnen und Schü- lern bezüglich des Theaterbesuchs? Im Unterschied zum Kino stehen im Theater die Schauspieler als reale Personen vor den Zuschauern. Jede Aufführung ist einzigartig und das Publikum und die Schauspieler beein- flussen sich gegenseitig. Respekt ist deshalb sehr wichtig. Im Theater geht aber dennoch nichts ohne Verabredungen und Regeln. So wie die Schauspieler*innen in den Proben Ver- abredungen miteinander treffen, um gemeinsam das Stück spielen zu können, gibt es auch Verabredungen zwischen den Schauspieler*innen und dem Publikum, die Ihre Schü- ler*innen kennen sollte. ∞ Handys sollten nicht nur lautlos gestellt, sondern am besten ausgeschaltet werden. Sie können die Funkfrequenzen stören, beleuchten die Gesichter und das Umfeld des »Eben auf sein Handy«-Blickenden und stören so die Konzentration und das Spiel der Schauspieler. ∞ Sowohl zum Vorstellungsbeginn, als auch nach den Pausen, sollte man sich pünktlich auf die Plätze begeben. Bei Verspätungen wird man oft nicht mehr eingelassen, da sonst die lau- fende Vorstellung gestört wird. ∞ Der Zuschauerraum sollte möglichst nicht während der laufenden Vorstellung verlassen werden. ∞ Lebensmittel und Getränke dürfen nicht mit in den Zuschauerraum genommen werden. ∞ Das Unterhalten mit den Sitznachbarinnen und Sitznachbarn sollte unterbleiben. Das stört die anderen und auch die Schauspielerinnen und Schauspieler. Die Zuschauer und Schau- spieler befinden sich während der Vorstellung in einem gemeinsamen Raum. Genauso wie die Zuschauer die Schauspieler hören, können die Schauspieler die Gespräche im Zuschau- erraum hören. ∞ Fotografieren, sowie das Aufnehmen von Bild und Ton sind nicht gestattet. Ein Theaterbesuch ist ein besonderes kulturelles Erlebnis. Sowie die Schauspieler*innen durch die Zuschauer aus dem Spiel gebracht werden können, so können die Zuschauer auch Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
21 das Spiel beflügeln. Denn die Reaktionen der Zuschauer beeinflussen das Spiel auf der Büh- ne maßgeblich. Sagen Sie ihren Schüler*innen gerne, dass ein Theaterbesuch nicht bedeutet, mucksmäuschenstill zu sein. Lachen, wenn man etwas lustig findet, weinen, wenn man be- rührt ist, vor Berührung zu schweigen und zu klatschen, wenn es einem am Ende gefallen hat, ist die Rückmeldung des Zuschauers auf das Spiel der Schauspielers. Denn es geht beim Theater nicht um richtig oder falsch, sondern vor allem um ein Erlebnis, das man gemeinsam teilt. Gespräch zur Vorbereitung auf das Stück Der Titel Schreiben Sie den Titel des Theaterstücks an die Tafel und sammeln Sie mit den Schülern Ideen, worum es in dem Stück gehen könnte. Es geht hierbei nicht um das richtige Erraten der Geschichte, sondern darum, die Phantasie spielen zu lassen und die Neugier zu wecken. Welche Personen spielen mit, in welcher Zeit spielt das Stück, an welchem Ort, welche Ge- schichte wird erzählt? Wahrscheinlich kennen viele Schüler*innen den Film. Fragen Sie un- abhängig von den Bildern, die die Kinder schon im Kopf haben, wie sie sich ihr eigenes Wunderland vorstellen. Die Figuren Schreiben Sie einige Namen der Charaktere aus »Alice im Wunderland« an die Tafel und lassen Sie die Schüler*innen überlegen, wer diese Figuren sein könnten und warum sie so heißen. Die Schüler*innen können sich auch in Gruppen aufteilen und sich kurze Geschich- ten oder auch Biographien zu den einzelnen Figuren ausdenken, z.B. wie diese zu ihren Na- men gekommen sind und was sie den Tag über so machen. o Die Grinsekatze o Der Hutmacher o Dideldum und Dideldei o Das weiße Kaninchen o Die Haselmaus o Die falsche Suppenschildkröte o Die blaue Raupe o Humpty Dumpty Der Stückauszug Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
22 Lassen Sie die Kinder die erste Seite des Stückauszuges in verteilten Rollen lesen. Besprechen sie den Inhalt der Szene. An welcher Stelle des Stücks kommt sie vor? Wer tritt darin auf? Was für einen Charakter haben die Figuren? Welche Not hat Alice? Erfinden Sie eine kom- plette Geschichte zu den Figuren und dem Rahmen der Szene. Lassen Sie den Schüler*innen freie Hand. Ziel ist es, die Phantasie der Kinder anzuregen und die Neugier auf das Stück zu wecken. Außerdem können Sie den Theaterbesuch mit Hilfe der gesammelten Erwartungen sehr gut reflektieren. Theater-Detektive Teilen Sie Ihre Schüler vor dem Theaterbesuch in Gruppen auf. Jede Detektiv-Gruppe bekommt einen Auftrag, auf was sie am meisten achten sollen: o Auf die Herzklopfmomente o Auf die traurigen Momente o Auf die Gänsehautmomente o Auf die lustigen Momente o Auf die leisen Moment o Auf die Musik o Auf die lauten Momente Für ältere Kinder sind auch diese Fragestellungen sinnvoll: o Worum geht es in dem Theaterstück? o Wer sind die Figuren? Wie heißen sie? o Wer ist die Hauptfigur? o Wie verhalten sie sich, was sind ihre Charakterzüge? o Was haben die Figuren für ein Verhältnis zueinander? o Verändert sich ihre Beziehung im Laufe der Zeit? o Haben sie Probleme / Konflikte miteinander? o Wo spielt das Stück? o Wann spielt das Stück? o Wie sieht das Bühnenbild aus? Welche Beleuchtung gibt es? o Wie sehen die Kostüme aus? o Welche Requisiten gibt es? Was wird damit gemacht? o Gibt es Musik oder Lieder? Wenn ja, wie werden sie eingesetzt und wie wirkt es? Ziel: Wahrnehmung während des Theaterbesuchs auf verschiedene Schwerpunkte lenken. (Auswertung erfolgt nach dem Theaterbesuch.) Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
23 5.2 Nachbereitung Auswertung der Detektivarbeit Im freien Gespräch, als Kurzvortrag oder auch als kleine Zeitungskritik stellen die einzelnen Gruppen ihre Ergebnisse vor. Dabei dürfen auch neue Fragen aufgeworfen werden (wenn sie nicht schon von selbst kommen). o Wie hat dir das Stück gefallen? o Was hat dich überrascht? o Was war schön, hässlich, traurig, lustig, aufregend, langweilig? o Was war der spannendste Moment in dem Stück? o Was hat dir am besten / am wenigsten gefallen? Woran lag das? o Welche der Figuren mochtest du am meisten? Warum? o Welche Figur würdest du am liebsten spielen? Warum? o Waren die Darsteller glaubwürdig? o Wenn du der*die Regisseur*in wärst, was würdest du an dem Stück ändern? o Wie hat dir der Schluss gefallen? o Hätte der Schluss auch anders sein können? Wie hättest du ihn dir gewünscht? o Was war anders im Vergleich zum Film? Ziel: Intensiver Austausch über verschiedene Aspekte des Stü- ckes. Verschiedene Sichtweisen kennenlernen. Sich an besondere Momente im Stück erinnern. Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
24 6 Teeparty mit spielerischer Nachbereitung Veranstalte deinen eigenen aberwitzigen Fünf-Uhr-Tee! Zur Dekoration: o Häng eine fröhliche, bunte Girlande auf! o Gestalte ein verrücktes Tischtuch: Nimm eine schlichte Tischdecke und dekoriere sie mit Briefmarken, Farben, oder Bildern der Charaktere. Streu Spielkarten oder ausge- schnittene Formen wie Herz, Karo, Pik und Kreuz über den Tisch. o Als Tischsets kannst du zum Beispiel eine Taschenuhr basteln: Einfach aus Papier ausschneiden, Zahlen darauf malen und so dem Weißen Kaninchen helfen, pünktlich zu sein! o Wichtig: Auf der Tee-Tafel des Verrückten Hutmachers passt nichts zusammen! Das heißt der Tisch sollte mit möglichst viel verschiedenem Geschirr gedeckt werden. Beinahe ebenso wichtig: Mindestens 1 verrückter Hut pro Person! o Schilder, auf denen »Iss mich!« und »Trink mich!« steht, müssen natürlich an allem, was lecker ist, befestigt werden. Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
25 Zum Essen und Trinken: o Wie wäre es mit leckeren Muffins, auf denen mit Zuckerguss »Iss mich!« geschrieben steht? Oder vielleicht lieber Kekse in Form von Spielkarten oder Kaninchen? Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt! o Für besonders Experimentierfreudige bietet sich es auch an, einen Kuchen in Form einer Teekanne oder eines Pilzes zu backen. o Zu trinken gibt es auf einer Teeparty natürlich Tee! Aktivitäten und Spiele: o Finde das Weiße Kaninchen: Stelle viele verschiedene Teetassen falsch herum auf den Tisch und verstecke unter einer der Teetassen ein weißes Kaninchen. Die Gäste drehen abwechselnd eine Tasse um, um das Kaninchen zu finden. Wer das Kaninchen entdeckt, hat gewonnen! o Die Herzkönigin bestimmt: Jeder muss tun, was die Herzkönigin befiehlt und lusti- ge Aufgaben erfüllen. Wenn man den Anweisungen der Königin nicht folgt, heißt es »Kopf ab!« und man scheidet aus. Wer als letztes noch im Spiel ist, hat gewonnen! o Stühlerücken: Die Kinder sind Gäste bei der Teegesellschaft des Hutmachers. Dazu stellen Sie wie bei der »Reise nach Jerusalem« zwei Reihen Stühle zusammen. Es gibt jedoch einen Stuhl weniger als Gäste. Die Gäste der Teegesellschaft stellen sich vor den Stühlen auf. Dann wird Musik angemacht und die Gäste laufen alle im Uhrzei- gersinn um die Stühle herum. Sobald die Musik stoppt, müssen sich alle auf die Stüh- le stellen und aufpassen, dass niemand der Gäste hinunterfällt. Bei der nächsten Runde wird wieder ein Stuhl weg genommen. So geht es immer weiter. Der Hutma- cher (Spielleiter*in) passt von außen auf, dass niemand der Gesellschaft den Boden berührt und stellt die Teegesellschaft auf die Probe, mit wie vielen Stühlen sie aus- kommen. Anders als bei der »Reise nach Jerusalem« geht es nicht ums Ausscheiden, sondern das Weiterkommen der Teegesellschaft. Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
26 o Die Hummer-Quadrille im Kreis Alle Tänzer*innen stellen sich in einen Kreis. Es wird eine Person bestimmt, die die falsche Suppenschildkröte ist. Mit dem Beginn der Musik macht die Falsche Suppenschildkröte eine Tanzbewegung vor, die alle im Kreis sofort nachmachen. Die Bewegung kann ruhig variieren. Wenn die falsche Suppenschildkröte nicht mehr mag, dann klatscht sie einer Person zu, die ab diesem Zeitpunkt die Falsche Suppenschildkröte ist und die Bewegung vormacht. Es geht nicht um ausgefallene Tanzbewegungen, sondern eher um einfach nachzumachende Bewegungen und die fließenden Wechsel. Übrigens: Eine Teeparty zu Ehren von Alice im Wunderland ist die einzige Sorte von Teeparty, zu der es sich schickt, zu spät zu kommen! Wenn man dann tatsächlich zu spät kommt, rennt man am besten erst mal hektisch durch alle Gäste, ruft »Ich bin zu spät! Ich bin zu spät!«, bevor man sich dann unterwürfig bei der amtierenden Herzkönigin entschuldigt. (Allerdings: Es kann gut sein, dass man nach dieser Aktion zum Tode verurteilt wird.) Ansonsten: Sollte man unbedingt das korrekte, höfliche Begrüßungsritual einhalten, so wie Dideldum und Dideldei. Wenn man jemanden trifft, sagt man zuerst »Guten Tag!« und gibt sich die Hand. Trifft man zwei Personen auf einmal, nimmt man einfach von jedem eine Hand, um niemanden zu beleidigen. Darauf folgt üblicherweise ein kurzer Ringelreihen, der mindes- tens 4 Runden dauern sollte. Danach ist es unnötig, zu fragen, wie es den anderen geht, denn nach diesem Begrüßungstänzchen haben sowieso alle gute Laune. Nicht zu vergessen: Wer die Party verlassen möchte, sollte einfach mal versuchen, so breit zu grinsen, wie nur möglich. Für gewöhnlich, zumindest, wenn man eine Grinsekatze ist, führt dies zu soforti- gem Verschwinden. Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
27 Wir hoffen, dass wir mit diesem Material eine gute Vor- und Nachberei- tung zu unserer Produktion liefern konnten und wünschen viel Spaß und tolle Erlebnisse beim Theaterbesuch! Bis bald im Hessischen Staatstheater Wiesbaden! Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
28 Impressum und Quellenangaben Impressum Hessisches Staatstheater Wiesbaden Christian-Zais-Str. 3 65189 Wiesbaden Redaktion Evi Rohde Dirk Schirdewahn Literatur Björk, Christina: Auf den Spuren von Alice im Wunderland. München: C. Bertelsmann. 2. Aufl. 1996. Carroll, Lewis: Briefe an kleine Mädchen. Frankfurt a.M. und Leipzig: Insel Verlag. 1994. ---: Alice im Wunderland. Frankfurt a.M.: Insel Verlag. 1973. ---: Alice hinter den Spiegeln. Frankfurt a.M.: Insel Verlag. 1974. ---: The Annotated Alice: Alice’s Adventures in Wonderland & Through the Looking-Glass. The De- finitive Edition. Hg. und annotiert von Martin Gardner. London; New York: W.W. Norton. ---: The Macmillan Alice. Advice for the Modern Woman. What would Alice do? London: Macmil- lan. 2015. Lavizzari, Alexandra: Lolita, Lulu und Alice. Das Leben berühmter Kindsmusen. Berlin: Edition Ebersbach. 2005. Read-Baldrey, Hannah; Leech, Christine: Alice im Wunderland. Zauberhafte Ideen zum Selberma- chen. München: Callwey Verlag. 2011. Online-Quellen o http://www.staatstheater-wiesbaden.de/programm/spielplan/alice-im-wunderland- 2018-2019/ o http://www.staatstheater-wiesbaden.de/programm/spielplan/alice-im-wunderland- 2018-2019/wolfgang-boehmer/ o http://aliceinwonderland150.com/ o https://www.storymuseum.org.uk/whats-on/alices-day-2018/ o https://www.panmacmillan.com/blogs/books-for-children/alice-in-wonderland-tea- party o https://en.wikipedia.org/wiki/Alice_Liddell o https://www.zeit.de/2015/27/alice-im-wunderland-lewis-carroll-kinderbuch-150- jahre/komplettansicht o https://www.bl.uk/alice-in-wonderland/articles/anniversaries-of-alice o https://www.bl.uk/romantics-and-victorians/articles/anthropomorphism-in-alices- adventures-in-wonderland o https://www.bl.uk/romantics-and-victorians/articles/eating-and-drinking-in-alices- adventures-in-wonderland Inszenierungsfotos Christine Tritschler Begleitmaterial ALICE IM WUNDERLAND theaterpaedagogik@staatstheater-wiesbaden.de
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