Allgemeine Hinweise: Institut für Sportwissenschaft
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Abteilung Sportpädagogik Prof. Dr. Ulrike Burrmann Themen für Bachelor- und Masterarbeiten 2021/2022 Allgemeine Hinweise: Da in der Sportpädagogik mehr Anfragen zur Betreuung von Abschlussarbeiten eingehen als wir bewältigen können, haben wir Fristen eingeführt, zu dem sich Studierende für einen Be- treuungsplatz in der Abteilung Sportpädagogik "bewerben" können. Nähere Informationen finden Sie unter: https://www.spowi.hu-berlin.de/de/institut/sportpaedagogik/studium/ab- schlussarbeiten/abschlussarbeiten Sie können sich mit einem Thema aus der Liste oder ggf. auch mit einem eigenen Thema um einen Betreuungsplatz bewerben. Dazu fertigen Sie ein Kurzexposé mit der Problemlage und Zielsetzung der Arbeit, mit einer Kurzdarstellung der nachfolgenden Kapitel, mit einer vor- läufigen Gliederung und einem vorläufigen Literaturverzeichnis an (2-3 Seiten; siehe Hin- weise zum Exposé) und reichen es zu den Fristen ein. In Bachelorarbeiten wird zu einer Fragestellung der bisherige theoretische und empirische Forschungsstand aufgearbeitet. Dazu wird in der Regel eine systematische Literaturreview durchgeführt. Eine eigene empirische Studie wird nicht und nur bei vorhandenen Vorkennt- nissen empfohlen. In Masterarbeiten wird in der Regel zusätzlich eine eigene empirische Studie durchgeführt. Je nach Thema bzw. Fragestellung muss ggf. keine eigene Untersuchung durchgeführt wer- den, sondern es kann ggf. auf bereits erhobene Daten zurückgegriffen werden. Zur Aufarbeitung des Forschungsstandes: Zu den meisten Themen bietet sich an, nicht nur sportpädagogische/-wissenschaftliche Arbeiten heranzuziehen, sondern auch relevante Ar- beiten aus angrenzenden Gebieten wie der Jugend- und Migrationsforschung (z.B. beim Thema „Migration und Integration“); Psychologie und Erziehungswissenschaft (z.B. beim Thema: „psychosoziale Merkmale“); Bildungs- und Schulentwicklungsforschung (z.B. beim Thema: Evaluation des sportlichen Ganztags). Bei der Aufarbeitung quantitativer Daten sind zumindest Grundkenntnisse in Statistik erfor- derlich. Gearbeitet wird in der Regel mit dem Statistikprogramm SPSS. Bei der Auswertung qualitativer Daten sind Grundkenntnisse in der qualitativen Forschung (z.B. Durchführung einer leitfadengestützten Befragung und inhaltsanalytische Auswertung der erhobenen Daten) erforderlich. 1
Schritte auf dem Weg zur Abschlussarbeit • Bewerbung um einen Betreuungsplatz in der Sportpädagogik mit einem Kurzexposé zu den festgelegten Fristen (https://www.spowi.hu-berlin.de/de/institut/sportpaedago- gik/studium/abschlussarbeiten/abschlussarbeiten) • Wenn eine Zusage zur Betreuung vorliegt, erfolgt ein Rückmeldegespräch und Klärung offener Fragen mit der/dem Erstgutachter*in • Ausfüllen der Prüfungsanmeldung (Formular unter AGNES), Unterschrift von beiden Gut- achter*innen erforderlich, zeitnahes Übermitteln an das Prüfungsbüro • Information durch das Prüfungsbüro (Prüfung des Antrags) über den genauen Abgabeter- min Bitte beachten Sie, dass in Anbetracht vieler Anfragen • die Zusage zur Betreuung zurückgezogen werden kann, wenn zwischen Exposé/Rückmel- degespräch und Prüfungsanmeldung mehr als 4 Wochen liegen. Eine Verzögerung ist der Betreuerin mitzuteilen. • der Begutachtungszeitraum ausgeschöpft wird. Dies sollte bei Ihrer Zeitplanung berück- sichtigt werden. Hinweise zur inhaltlichen und formalen Gestaltung der Abschlussarbeiten und zum Exposé finden Sie unter: https://www.spowi.hu-berlin.de/de/institut/sportpaedagogik/studium/ab- schlussarbeiten/ab-schlussarbeiten Themenblöcke A Selbstkonzept und Sport Zu den u. g. Themen können Sie entweder ein systematisches Literaturreview durchführen (v. a. für Bachelorarbeiten zu empfehlen) oder eine eigene empirische Studie realisieren. 1. Zur Bedeutung bereichsspezifischer Selbstkonzepte (z.B. musikalisches und physi- sches Selbstkonzepte im Vergleich) 2. Förder- bzw. Interventionsprogramme zur Entwicklung von Selbstkonzept und/oder Selbstwirksamkeit im Sport (im Verein oder in der Schule) 3. Selbstkonzeptentwicklung im informellen Sport 4. Zum Selbstkonzept von Lehramtsstudierenden und/oder Sportlehrkräften 5. Zum Zusammenhang von Sport und Selbstkonzept im Erwachsenenalter Ausgangspunkt für die Themen bilden u. a. folgende Überlegungen: Die Entwicklung des Selbst ist ein lebenslanger Prozess. Mit zunehmendem Alter findet eine Ausdiffe- renzierung der Selbstkonzeptmerkmale statt. Im frühen Kindesalter kommt es häufig noch zu Über- generalisierungen und Überschätzungen der eigenen Fähigkeiten (zsfd. Conzelmann et al., 2011; Seyda, 2011). Das Absinken von Selbstkonzeptmerkmalen während des Übergangs von der Grund- schule zur weiterführenden Schule wird u.a. darauf zurückgeführt, dass die Selbsteinschätzungen der Kinder realistischer werden (Helmke, 1998). Verantwortlich dafür sind verschiedene Quellen, aus denen selbstbezogene Informationen abgeleitet werden: Das Kind erhält (1) direkte oder (2) indirekte Rückmeldungen von anderen Personen und zieht daraus entsprechende Schlussfolgerungen und/oder (3) vergleicht sich mit anderen Personen. Mit zunehmen-dem Alter werden (4) die Interpretation und Beobachtung des eigenen Verhaltens und (5) die Erinnerungen an vergangene Erlebnisse wichtige Quellen (vgl. bereits Filipp, 1979; für den Sport: Gerlach, 2008; Seyda, 2011). 2
Bestimmte Altersabschnitte dürften überwiegend durch Konsolidierungsprozesse gekennzeichnet sein, in anderen, wie z.B. in der Adoleszenz, wird eine Auseinandersetzung mit Facetten des Selbst- konzepts wahrscheinlicher. Beispielsweise müssen die spürbaren und sichtbaren körperlichen Ver- änderungen (z.B. Geschlechtsreifung, puberaler Wachstumsschub) verarbeitet und die (veränderte) Körperlichkeit akzeptiert werden, um auch zu einer körperfundierten „sicheren“ Identität zu gelan- gen (vgl. bereits Baur, 1989). Nach Hurrelmann sind „ein reflektiertes Selbstbild und die Entwicklung einer Ich-Identität … die Voraussetzung für ein autonom handlungsfähiges Subjekt und eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung“ (2002, S. 38). Lässt sich Identität nicht herstellen, kommt es zu Störun- gen der Entwicklung im körperlichen, psychischen und sozialen Bereich (vgl. auch Hurrelmann, 2013). Deshalb stellt sich u.a. die Frage, ob und unter welchen Bedingungen Bewegung, Spiel und Sport in der Schule (und außerhalb der Schule) zu einer positiv-realitätsangemessenen Entwicklung des Selbstkonzepts von Heranwachsenden beiträgt. Literatur Baur, J. (1989). Körper- und Bewegungskarrieren. Dialektische Analysen zur Entwicklung von Körper und Bewe- gung im Kindes- und Jugendalter. Hofmann. Conzelmann, A., Schmidt, M. & Valkanover, S. (2011). Persönlichkeitsentwicklung durch Schulsport. Theorie, Empirie und Praxisbausteine der Berner Interventionsstudie Schulsport (BISS). Huber. Filipp, S. H. (Hrsg.). (1979). Selbstkonzept-Forschung. Klett. Gerlach, E. (2008). Sportengagement und Persönlichkeitsentwicklung. Eine längsschnittliche Analyse der Be- deutung sozialer Faktoren für das Selbstkonzept von Heranwachsenden. Meyer & Meyer. Helmke, A. (1998). Vom Optimisten zum Realisten? Zur Entwicklung des Fähigkeitsselbstbildes vom Kindergar- ten bis zur 6. Klassenstufe. In F. E. Weinert (Hrsg.), Entwicklung im Kindesalter (S. 115-132). Beltz. Hurrelmann, K. (2002). Einführung in die Sozialisationstheorie (8. Aufl.). Beltz. Hurrelmann, K. (2013). Das „Modell der produktiven Realitätsverarbeitung“ in der Sozialisationsforschung. ZSE, 33, 82-98. Seyda, M. (2011). Persönlichkeitsentwicklung durch Bewegung, Spiel und Sport. Die Bedeutung des Schulsports für die Selbstkonzeptentwicklung im Grundschulalter. Meyer & Meyer. B Wertebildung im Sport Zu den u. g. Themen können Sie entweder ein systematisches Literaturreview durchführen (v. a. für Bachelorarbeiten zu empfehlen) oder eine eigene empirische Studie realisieren. 1. Fairness im Sport (Sportverein und/oder Schulsport) 2. prosoziales Verhalten im Sport (Sportverein und/oder Schulsport) 3. soziales Lernen / Gemeinsinn im Sport 4. Verantwortungsübernahme im Sport 5. Zur Evaluation von Programmen zur Wertebildung im Sport In Zeiten eines häufig postulierten Wertewandels in der Gesellschaft und eines zunehmenden Wer- tepluralismus wird eine Verständigung über (gemeinsame) Werte und eine stärkere wertgebundene Erziehung in Familie, Schule und (sportbezogener) Kinder- und Jugendarbeit gefordert (Schubarth, 2010). Lange Zeit galt der Sport (früher auch Turnen, Leibeserziehung) pauschal als Charakterschule, dem auch wünschenswerte Effekte in der Werteentwicklung von Heranwachsenden bescheinigt wur- den, ohne dies jedoch theoretisch ausgewogen zu plausibilisieren und/oder empirisch zu untermau- ern (ausführlicher in Bockrath & Bahlke, 1996). Der Prozess der Entstehung und Entwicklung von Werten bzw. Werthaltungen im Laufe der Persön- lichkeitsentwicklung wird von Schubarth (2010) als Wertebildung gefasst. Er versteht Wertebildung als einen zentralen Teil von lebenslanger Bildung, wobei die Kindheits- und Jugendphase besonders relevant ist. Wertebildung vollzieht sich in Interaktion zwischen Individuum und Umwelt, dem Sub- jekt kommt dabei eine aktive Rolle im Prozess der Herausbildung und Entwicklung von Werten zu. Für eine umfassende Analyse der Wertebildung im und durch Sport sind die Wechselwirkungen 3
zwischen und innerhalb der Ebenen (personelle, Mikro-, Meso-, Makroebene) der Wertesozialisation zu berücksichtigen (vgl. auch Burrmann & Konowalczyk, 2020). Angenommen wird, dass Werthaltungen und soziale Kompetenzen wie Empathie, Kooperation, ge- genseitige Achtung, Fairness, Toleranz und Verantwortungsübernahme auch oder gerade in sportli- chen Situationen gefördert werden können. Nicht selten kommt es aber zu moralischen Dilemma- Situationen und konfligierenden Normvorstellungen, „die von den Sportaktiven und deren Interakti- onspartnern gegeneinander abgewogen werden müssen, mit entsprechenden Konsequenzen. Situati- onen im (vereinsorganisierten) Sport ermöglichen einerseits, sich z.B. prosozial und fair zu verhalten, andererseits bietet der (Vereins-) Sport auch Anlässe, sich asozial oder unfair zu verhalten“ (Burr- mann, 2018, S. 219). Er ergeben sich u.a. Fragen zum Prozess und zu den Einflussfaktoren auf die Entstehung und Entwick- lung von Werten und Werthaltungen bei Heranwachsenden und der Bedeutung von Sport. Welche Werte werden im Sport entwickelt bzw. gefördert? Inwieweit werden die im Sport entwickelten Werte auch außerhalb des Sports relevant? Wann und unter welchen Bedingungen werden Werthal- tungen handlungsleitend? Literatur Bockrath, F. & Bahlke, S. (1996). Moral und Sport im Wertbewusstsein Jugendlicher. Über den Zusammenhang von leistungsbezogenen Freizeitaktivitäten mit moralrelevanten Einstellungs- und Urteilsformen. Sport und Buch Strauß. Burrmann, U. (2018). Sozialisation im Vereinssport am Beispiel der Förderung sozio-moralischer Kompetenzen. In D. Jaitner & S. Körner (Hrsg.), Soziale Funktionen von Sportvereinen: re-visited (S. 217–236). Berlin: leh- manns. Burrmann, U. & Konowalczyk, S. (2020). Prosoziale Werte und Werthaltungen im Sport. In C. Breuer, C. Joisten & W. Schmidt (Hrsg.), Vierter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht (S. 280-306). Schorndorf: Hof- mann. Schubarth, W. (2010). Die „Rückkehr der Werte“. Die neue Wertedebatte und die Chancen der Wertebildung In W. Schubarth, K. Speck & H. L. von Berg (Hrsg.), Wertebildung in Jugendarbeit, Schule und Kommune (S. 21–42). VS Springer. C Empirische Masterarbeiten aus dem Projekt „Längsschnitterhebung zum schulischen und außerschulischen Sport bei Schüler*innen der Sekundarstufe I einer Gesamt- schule“ Zu einem der u. g. Themen wird eine Fragestellung für die Masterarbeit erarbeitet, der bisherige the- oretische und empirische Forschungsstand aufgearbeitet und Hypothesen formuliert, die dann mit- tels statistischer Verfahren geprüft werden. 1. Veränderungen in der Sportpartizipation bei Schüler/innen in der Sek. I und deren Einfluss- faktoren 2. Unterschiedliche Effekte des Besuchs einer Themenklasse Sport im Vergleich zur Musik z.B. auf die Zufriedenheit in der Schule und/oder Freizeitverhalten und/oder Selbstkonzept 3. Effekte sportlicher/musikalischer Aktivitäten (unabhängig von der Themenklasse) auf die In- tegration von SuS in der Schule/Klasse 4. Selbstkonzeptentwicklung durch Sport und Musik 5. Geschlechterunterschiede in den Einschätzungen der Themenklassen Sport (und Musik) Ausgangspunkt für die Themen bilden folgende Überlegungen: Die Beteiligung am Sport bzw. bestimmte Sportengagements könnten – so die Annahme – die Bewäl- tigung von Entwicklungsaufgaben unterstützen. Am Beispiel jugendtypischer Entwicklungsaufgaben wird u.a. die Bedeutung des Sports (1) für die Entwicklung eines identitätsstabilisierenden 4
Körpermanagements; (2) für den Erwerb sozialer Kompetenzen bei der Entwicklung von Beziehungen zu den Gleichaltrigen beiderlei Geschlechts, die im Jugendalter an Bedeutung gewinnen; (3) für die Entwicklung der eigenen Geschlechtsrolle in Auseinandersetzung mit den geschlechtertypischen Nor- malitätsmustern und für die Entwicklung von sozialen Kompetenzen beim Aufbau (intimer) Partner- schaften, diskutiert. Dabei ist anzunehmen, dass die Entwicklungsaufgaben kultur- und geschlechter- typisch bearbeitet werden (Burrmann, 2015, 2016). Entwicklungsförderung durch Bewegung, Spiel und Sport ist im Doppelauftrag des Schulsports in deutschen Lehrplänen fest verankert. Fragt man Sportlehrkräfte, so ist häufig von „Selbst stärken“ die Rede. Eine Lehrerin für Sport und Mathematik meint z. B., „dass man im Sport (...) soziale Kompe- tenzen erwirbt im Umgang miteinander, dass sie Kompetenzen erwerben, Dinge zu planen, durchzu- führen, Ergebnisse zu sehen ... Daran zu arbeiten, Stärken stärker zu machen, Schwächen abzubauen, Selbstbewusstsein zu erfahren und selbstbewusst zu werden.“ Im Projekt wurden Schüler*innen aus jeweils drei Klassen (Themenklasse Sport, einer Themenklasse Musik sowie einer Klasse ohne Profil) einer Gesamtschule ab der fünften Klasse jährlich zu ihren sportlichen und musikalischen Aktivitäten innerhalb und außerhalb der Schule, zum Unterrichtsklima, Wohlbefinden, Merkmalen des Selbstkonzepts und psychosomatischen Beschwerden befragt. Inzwi- schen liegen quantitative Daten von fünf Kohorten vor, wobei die Entwicklung der ersten Kohorte von der fünften bis zur neunten Klassenstufe analysiert werden kann. Die Daten können unter ver- schiedenen Fragestellungen sekundäranalytisch (mittels SPSS) ausgewertet werden. Literatur Burrmann, U. (2015). Schülertypen im Sportunterricht der Sekundarstufe I – Perzeptionen des Sportunterrichts und deren Bezug zum außerschulischen Sport. Zeitschrift für Sportpädagogische Forschung, 3 (2), 58-80. Burrmann, U. (2016). Die Stärkung des Selbstkonzepts durch Sport!? Bewegung und Sport, 70(1), 18-23. Burrmann, U., Thiele, J. & Brenken, A. (2019). Entwicklung von Selbstkonzept und Sozialklima in Sportklassen. Poster präsentiert auf der 32. dvs-Jahrestagung der Sektion Sportpädagogik in Heidelberg. Burrmann, U., Thiele, J., Heester, B. & Brandmann, K. (2015). Zweiter Bericht zur Evaluation der Themenklasse „Sport“ an der Gesamtschule Leverkusen-Schlebusch. Dortmunder Zentrum für Schulsportforschung an der TU Dortmund. D Ehrenamtliches und freiwilliges Engagement in Sportvereinen Zu den u. g. Themen können Sie entweder ein systematisches Literaturreview durchführen (v. a. für Bachelorarbeiten zu empfehlen) oder eine eigene empirische Studie realisieren. 1. Verantwortungsübernahme im Sport 2. Wer engagiert sich freiwillig im Sportverein? 3. „Effekte“ freiwilligen Engagements im Sport(verein) auf (politische) Orientierungen oder 4. Freiwilligenengagement im Sport – Unterschiede zwischen Stadt und Land Ausgangspunkt für die Themen bilden folgende Überlegungen: Mit derzeit knapp 27.5 Mio. Mitgliedschaften in rund 88.000 Sportvereinen ist der Deutsche Olympi- sche Sportbund (DOSB) mit seinen vielfältigen Mitgliedsorganisationen die größte Personenvereini- gung in Deutschland. Allerdings existieren deutliche regionale Unterschiede in den Organisationsgra- den. Zudem sinken vielerorts die absoluten Mitgliederzahlen, nicht nur aufgrund des demographi- schen Wandels. Während städtische Sportvereine und Sportverbände ihr Organisationsmonopol im Hinblick auf Sport- und Bewegungsangebote längst verloren haben und mit alternativen Sportgele- genheiten konkurrieren (z.B. Braun, 2018), gewährleisten Sportvereine in ländlichen Regionen eine „sportliche Grundversorgung“ für breite Bevölkerungsgruppen und dürften damit einen wichtigen 5
Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität (der Gesundheit, Fitness und des subjektiven Wohlbefin- dens) und Attraktivität der Region leisten (z.B. Burrmann et al., 2002; Burrmann, 2017). Allerdings regen Sportvereine nicht nur zu sportlicher Aktivität an, sondern basieren organisations- strukturell auf freiwilliges und ehrenamtliches Engagement der Mitglieder. Sportvereine eröffnen für ihre Mitglieder Chancen gesellschaftlicher Partizipation und gemeinwohlorientierten Engagements als Elemente zivilgesellschaftlicher Mitwirkung in der Demokratie. Andererseits bleibt die Gestaltung und Weiterentwicklung der Angebote und des Vereinslebens insgesamt weitgehend an das ehren- amtliche und freiwillige Engagement und an die Interessen und Kompetenzen der Mitglieder gebun- den. Allerdings scheint diese Selbstverständlichkeit zunehmend verloren zu gehen, denn in den letz- ten Jahren sind vielerorts Vereinsstrukturen weggebrochen. Die Gründe für das „Vereinssterben“ sind noch nicht genügend erforscht. Der Sportentwicklungsbericht macht neben dem demographi- schen Wandel v. a. auf das Fehlen von ehrenamtlich und freiwillig Engagierten als zunehmendes exis- tenzbedrohendes Problem der Vereinsarbeit aufmerksam (Breuer, 2017). Vor dem skizzierten Problemhorizont wird in Anlehnung an das Mehrebenen-Modell zur Analyse in- stitutionellen Wandels in Sportorganisationen (Nagel, 2006) und des „Volunteer Process Model“ (Wilson, 2012) ein heuristischer Rahmen entwickelt, der dazu beitragen soll, die Fragestellungen und Themenbereiche zu strukturieren, einzuordnen und bereits vorliegende Befunde zu integrieren wie auch mögliche eigene empirische Analysen anzuleiten. Literatur Braun, S. (2018). Organisierter Sport in Bewegung. Neokorporatistische Strukturen, gesellschaftliche Funktio- nen und bürgerschaftliche Selbstorganisation in pluralisierten Sportlandschaften. Forschungsjournal Sozi- ale Bewegungen, 31 (1-2), 234-240. Breuer, C. (2017). Sportentwicklungsbericht 2015/2016. Sportverlag Strauß. Burrmann, U. (2017, März). Zur Partizipation von Heranwachsenden im Sportverein. Expert/-innen-Hearing „Partizipation im Sportverein – Begriffe, Befunde, Forschungsdesiderate und Praxishinweise“, Veranstal- tung der Deutschen Sportjugend in Osnabrück. Burrmann, U., Baur, J. & Krysmanski, K. (2002). Sportengagements Jugendlicher in ländlichen Regionen Ost- deutschlands. Sportwissenschaft, 32, 261-283. Nagel, S. (2006). Sportvereine im Wandel. Akteurtheoretische Analysen zur Entwicklung von Sportvereinen. Hof- mann. Wilson, J. (2012). Volunteerism Research: A Review Essay. Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly, 41, 176- 212. E Bewegung, Spiel und Sport in Zeiten von Corona Zu den u. g. Themen können Sie entweder ein systematisches Literaturreview durchführen (v. a. für Bachelorarbeiten zu empfehlen) oder eine eigene empirische Studie realisieren. 1. Veränderungen im Bewegungsverhalten und im Sport bei Kindern und/oder Ju- gendlichen durch die Corona-Pandemie 2. Zum Umgang mit Unsicherheit bei Studierenden im Fach Sport (empirisch) 3. Sportunterricht in Zeiten von Corona (empirisch) 4. Vereinssport in Zeiten von Corona (empirisch) Ausgangspunkt für die Themen bilden folgende Überlegungen: Deutschland hatte in den ersten Monaten der Pandemie im Vergleich zu vielen anderen Ländern we- niger harte Einschnitte zu verzeichnen, u. a. was Bewegungseinschränkungen im Freien und die (Dauer der) Schließung von Einrichtungen anbelangt. Dennoch konnten organisierte sportliche Aktivi- täten mit Gleichaltrigen in der Schule, im Verein oder in Einrichtungen der offenen Kinder- und Ju- gendarbeit längere Zeit gar nicht und gegenwärtig nur mit Auflagen durchgeführt werden. Und auch informelle Sport- und Bewegungsaktivitäten waren möglicherweise durch den eingeschränkten 6
Zugang bzw. Schließung von Sportplätzen, öffentlichen Sporträumen oder Parkanlagen tangiert. Die negativen Auswirkungen – z. B. der Wegfall von regelmäßigen, strukturierten, gemeinschaftlichen Sport- und Bewegungsaktivitäten einschließlich der in diesem Rahmen stattfindenden informellen und nonformalen Bildungsprozesse – dürften Kinder aus weniger gut situierten Familien deutlicher spüren als Kinder aus gut gebildeten und einkommensstarken Elternhäusern. Die im Bildungsbereich geführten Diskussionen um die Verschärfung sozialer Ungleichheiten muss also auf den Freizeit- und Sportbereich ausgeweitet werden. Während einige empirische Studien u. a. zum (veränderten) Bewegungsverhalten und zu gesundheit- lichen Parametern von Jugendlichen und Erwachsenen auf den Weg gebracht wurden und erste Be- funde vorliegen (z.B. Ammar et al., 2020; Mutz & Gerke, 2020), mangelt es an entsprechenden Be- funden für das Kindesalter. Das betrifft auch Fragen der Integration und sozialen Ungleichheit. Eini- ges deutet da-rauf hin, dass Heranwachsende während der Zeit der Schul- und Vereinsschließungen weniger körperlich aktiv waren, mehr sitzenden Aktivitäten nachgingen und ein weniger konsistentes Schlafmuster aufwiesen als vor dieser Zeit (Guan et al., 2020). Ein Vergleich von Altersgruppen deu- tet allerdings darauf hin, dass 14- bis 29-Jährige im Vergleich zu den 30- bis 64-Jährigen und den 65+ ihre Sport- und Bewegungs-aktivitäten deutlich seltener reduzierten (Mutz & Gerke, 2020). Bei Kin- dern scheinen Bewegungsaktivitäten zugenommen zu haben, während Sport und Sportangebote ab- genommen haben (Woll, 2020). Wenngleich auch hier Differenzierungen notwendig sind, denn Be- wegungs- und Sportaktivitäten dürften von individuellen (z. B. Motivation), sozialen (z. B. Unterstüt- zung der Eltern), infrastrukturellen (z. B. Wohnumgebung) und sozialstrukturellen (z. B. Bildung und Einkommen der Eltern) Merkmalen abhängen. Literatur Ammar, A. (2020). Effects of home confinement on mental health and lifestyle behaviours during the COVID-19 outbreak: insights from the ECLB-COVID19 multicentre study. Biology of Sport [First Online], https://doi.org/10.5114/biolsport.2020.96857. Burrmann, U., Mutz, M., & Braun, S. (2020). In whom do we trust? The level and radius of social trust among sport club members. International Review for the Sociology of Sport, 55(4), 416-436. Guan, H. et al. (2020). Promoting healthy movement behaviours among children during the COVID-19 pan- demic. Zugriff unter: https://www.thelancet.com/pdfs/journals/lanchi/PIIS2352-4642%2820%2930131- 0.pdf. Mutz, M. & Gerke, M. (2020). Sport and exercise in times of self-quarantine: How Germans changed their be- hav-iour at the beginning of the Covid-19 pandemic. International Review for the Sociology of Sport [First Online], https//doi.org/10.1177/1012690220934335. Woll, A. (2020). Corona und Bewegungsmangel. „Wir brauchen eine Lobby für Kinder“. Interview im Deutsch- land-funk. Zugriff unter: https://www.deutschlandfunk.de/coronaund-bewegungsmangel-wir-brauchen- eine-lobby-fuer.1346.de.html?dram:article_id=477156. F Bewegung, Spiel und Sport im Ganztag Zu den u. g. Themen können Sie entweder ein systematisches Literaturreview durchführen (v. a. für Bachelorarbeiten zu empfehlen) oder eine eigene empirische Studie realisieren. 1. Erfahrungen von mit Bewegung-, Spiel- und Sportangeboten (BeSS) im Ganztag (Schüler:in- nen, Übungsleiter:innen, sonstigen Anbieter:innen, Schulträger, Schulpersonal) 2. BeSS-Angebote für unterschiedliche Zielgruppen/Akteur:innen 3. Qualität von Ganztagsangeboten 4. Kooperationen im Ganztag (Kooperationsprofile; Kooperation(sbeziehungen) von Schulen, organisierten Sport, Jugendhilfe und anderen Partner:innen im Ganztag; Unterstützung von Kooperationen durch Koordinierungsstellen (KST) oder andere Schnittstellen im Bereich Sport im Ganztag) 7
Im Zuge des Ganztagsschulausbaus wird Schule als Ort der Einheit von Erziehung und (Identitäts-)Bil- dung von Kindern und Jugendlichen begriffen, wobei nicht nur formeller, sondern auch non-formeller und informeller Bildung Platz eingeräumt wird. Um diesem Ziel gerecht zu werden, aber auch um Be- treuungszeiten abzusichern, musste sich die Ganztagsschule für außerschulische Bildungsakteur*in- nen öffnen. Die häufigsten Kooperationspartner*innen von Ganztagsschulen sind der organisierte Sport und die Jugendhilfe (Arnold & Züchner, 2020). Die Anforderungen an pädagogische Angebote im Ganztag sind in den letzten Jahren deutlich gestie- gen. Sie sollen sich durch Vielfalt und eine Orientierung an den Schülerbedürfnissen auszeichnen (Till- mann, 2020, S. 39). Zudem sollen unterrichtliche und außerunterrichtliche Angebote nicht unverbun- den oder additiv-komplementär nebeneinander und nacheinander durchgeführt, sondern miteinan- der sinnhaft und rhythmisierend verschränkt werden und dazu bildungstheoretisch und pädagogisch- didaktisch fundiert sein (Laging, 2020). Die Ziele von Bewegungs-, Spiel- und Sportangeboten im Ganztag erstrecken sich von Freizeitgestal- tung und Betreuung, über Defizitkompensation, Gesundheits- und Entwicklungsförderung bis hin zur (leistungs-)sportorientierten Förderung. Adressiert wird eine in den letzten Jahrzehnten auch im Zuge von Inklusion, Einwanderung und Flucht zunehmend heterogenere, jahrgangsübergreifende Schüler*innenschaft. Die Aufgaben für unterschiedlich qualifizierte Fachkräfte (z. B. Übungsleiter*innen aus Sportvereinen, Honorarkräfte) wurden den letzten Jahren komplexer und anspruchsvoller. „Diese besonderen Rah- menbedingungen stellen nicht zuletzt das Ganztagspersonal vor große Herausforderungen, da klassi- sche Konzepte des Schul- und des Vereinssports nur bedingt anwendbar sind“ (Neuber & Züchner, 2017, S. 407). Exemplarisch dafür stehen Angebote, die deutlich über klassische Vereinssportange- bote hinausgehen und sich zunehmend jugendhilfespezifischer Methoden und Arbeitsprinzipien, wie sozialer Trainings, gewaltpräventiver sowie partizipativ gestalteter Sportangebote als auch Psycho- motorik, bedienen bzw. diese adaptieren, um ihre pädagogischen Ziele zu erreichen. Literatur Arnoldt B. & Züchner I. (2020) Kooperationsbeziehungen von Ganztagsschulen mit außerschulischen Trägern. In P. Bollweg, J. Buchna, T. Coelen, & H.-U. Otto (Hrsg.), Handbuch Ganztagsbildung (S. 1085-1098). Wiesba- den: Springer Fachmedien Wiesbaden. Laging, R. (2020). Bewegung und Sport. In P. Bollweg, J. Buchna, T. Coelen, & H.-U. Otto (Hrsg.), Handbuch Ganztagsbildung (S. 437-451). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. Neuber, N. & Züchner, I. (2017). Sport in der Ganztagsschule - Chancen und Grenzen für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. Diskurs Kindheits- und Jugendforschung / Discourse. Journal of Childhood and Adolescence Research, 12(4), 403-416. Nowak, D., Ennigkeit, F., & Heim, C. (2020). Qualitätsmerkmale von Ganztagsangeboten aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler – Entwicklung und Validierung eines Fragebogens. Zeitschrift für pädagogische Psychologie (Bern, Switzerland), 34(1), 9-21. doi:10.1024/1010-0652/a000245 Tillmann, K.-J., Klemm, K., & Radisch, F. (2017). Was ist eine gute Ganztagsschule? Pädagogik, 9, 38-42. G Sportsozialarbeit Zu den u. g. Themen können Sie entweder ein systematisches Literaturreview durchführen (v. a. für Bachelorarbeiten zu empfehlen) oder eine eigene empirische Studie realisieren. 1. Historische und aktuelle Entwicklungen im Feld der Sportsozialarbeit in Deutschland und international 2. Systematisierung und Evaluation von Angeboten in unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sportsozialarbeit 3. Systematisierung von methodischen Zugängen in der Sportsozialarbeit 8
4. Wirkungsorientierung, Wirklogiken und Möglichkeiten der Wirkmessung in der Sportsozi- alarbeit 5. Professionalisierung in der Sportsozialarbeit Ausgangspunkt für die Themen bilden folgende Überlegungen: Der organisierte Sport, Sportwissenschaft und Soziale Arbeit haben sich in der BRD seit Ende des zweiten Weltkriegs in Deutschland kontinuierlich angenähert. Sport hat sich mittlerweile als Medium in der Sozialen Arbeit in Praxis und Wissenschaft etabliert und Handlungsansätze der Sozialen Arbeit haben Eingang in den organisierten Sport und die Sportwissenschaft gefunden. Dies zeigt sich an mehreren aktuellen Entwicklungen, wie bspw. einer Ausdifferenzierung der Arbeitsfelder, eine Aus- weitung, Profilierung und Grenzziehung des Anbieter:innenmarktes, einer Intensivierung der Zusam- menarbeit von Sport(wissenschaft) und Sozialer Arbeit, steigender Anforderungen an Qualität und Effektivität von Angeboten sowie steigender Qualifizierungs- und Personalisierungsdruck (Albert & Ruf, 2020). Die „traditionelle Abstinenz der Sozialen Arbeit gegenüber dem Sport und des Sports bzw. der Sportwissenschaft gegenüber der Sozialen Arbeit“ (Seibel, 2013, S. 19) scheint somit überwun- den. Gleichzeitig wird versucht die Grenzen dessen, was Sportsozialarbeit sein kann und sein soll, klarer zu umreißen (Löwenstein, Steffens & Kunsmann, 2020). Damit einher gehen Fragen nach einer stärker theoriegebundenen Bestimmung ihres Gegenstandes und ihrer spezifischen Aufgaben und Potenti- ale. Im Zentrum steht dabei eine Systematisierung von empirischen Erkenntnissen der Sportsozialar- beit nach Handlungsfeldern, Zielgruppen, Methoden und Wirksamkeit (Was wirkt wie, unter welchen personalen und sozialräumlichen Arrangements, bei wem und warum (nicht)?), aber auch nach der Qualifizierung von Fachkräften (Albert & Ruf, 2020). Literatur Albert, K., & Ruf, W. (2020). Sport(wissenschaft) und Soziale Arbeit – Rückblicke, Einblicke, Ausblicke. stand- punkt sozial (2+3), 20-32. Becker, B., Bindel, T. & Heinisch, S. (2018). Sport in sozialer Verantwortung. German Journal of Exercise and Sport Research, 48(1), 110-119. doi:10.1007/s12662-017-0482-z Breuer, C. (2002). Das System der Sozialen Arbeit im organisierten Sport. Köln: Sport und Buch Strauss. Löwenstein, H., Steffens, B. & Kunsmann, J. (2020). Sportsozialarbeit. Konzepte, Strukturen, Praxis. Grundwis- sen Soziale Arbeit. Stuttgart: Kohlhammer. Schliermann, R. & Stoll, O. (2008). Wirken Sportangebote der Jugendsozialarbeit auf ausgewählte Persönlich- keitsbereiche? Neue Praxis - Zeitschrift für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Sozialpolitik, 2, 160-172. Seibel, B. (2013). 25 Jahre Sport und Soziale Arbeit: Retrospektive, gemeinsame Entwicklungslinien und Hand- lungsperspektiven - eine Einführung. In M. Welsche, B. Seibel, & W. Nickolai (Hrsg.), Sport und Soziale Ar- beit in der Zivilgesellschaft. Tagungsband zur gleichnamigen Tagung am 27. und 28. September 2012 in Bad Boll (S. 19-41). Hamburg: Czwalina. Welsche, M. (2020). Qualifizierung sozialpädagogischer Fachkräfte zum Thema: Bewegung und sportliche Akti- vität für sozialbenachteiligte junge Menschen. standpunkt: sozial (2+3), 33-44. Zajonc, O. (2021). Zum Status quo körper-, bewegungs- und sportbezogener Jugendsozialarbeit. Sozialmagazin, 46(2), 13-19. H Entwicklungsförderung durch Sport Zu den u. g. Themen können Sie entweder ein systematisches Literaturreview durchführen (v. a. für Bachelorarbeiten zu empfehlen) oder eine eigene empirische Studie realisieren. 1. Überblick der Forschungslandschaft zur Entwicklungsförderung im/durch Sport im deutschsprachigen Raum (Literaturreview) 9
2. Überblick der Forschungslandschaft zur Entwicklungsförderung im/durch Sport im eng- lischsprachigen Raum (Positive Youth Development, Sport for Development) (Literaturre- view) 3. Wirkstudien und Evaluationen von Sportprogrammen/-maßnahmen z. B. für sozial be- nachteiligte Jugendliche, Mädchen, Jungen, Geflüchtete, Senior*innen mit Migrations- hintergrund etc. (Literaturreview, empirische Arbeiten) 4. Rekonstruktion von Wirklogiken von Sportprogrammen/-maßnahmen (Literaturreview) 5. Entwicklungsförderung sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen (Literaturreview) 6. Best-practise-Forschung (z. B. Rahmenbedingungen erfolgreicher Projekte, Trainer:innen- handeln) Ausgangspunkt für die Themen bilden folgende Überlegungen: Mit Sporttreiben in formellen, aber jüngst auch in informellen Settings, werden vielfach Sozialisati- ons-, Erziehungs- oder Bildungspotenziale verbunden, die über die sportmotorische Entwicklung hin- ausreichen. Situationen im Sport – so die Grundannahme – schaffen Anlässe, die neben der sportmo- torischen Aktivität auch zur vielfältigen Auseinandersetzung mit sich und anderen beitragen, was zu positiven Effekten führt. Programme und Maßnahmen lassen sich zum einen problem- bzw. defizitorientierten Ansätzen zu- ordnen. Hier wird das Sportengagement als Möglichkeit zur Prävention und zur Überwindung von De- fiziten und Risiken gesehen (Prävention von antisozialem oder kriminellem Verhalten, Gewalt- oder Suchtverhalten, psychologischen Problemen, Überwinden von Schulangst etc.). Zum anderen werden in der jüngeren Vergangenheit ressourcenorientierte Ansätze verfolgt. Hier stehen die Potentiale der Heranwachsenden und deren Förderung und Stärkung im Vordergrund (positives Selbstkonzept, psy- chosoziale Ressourcen, Wohlbefinden, Kompetenzsteigerung, Verbesserung akademischer Leistun- gen, prosozialen Verhaltens, Förderung der Berufsfähigkeit etc.) (zfsd. z. B. Syrgusch & Liebl, 2015). Theoretisch verknüpft werden diese Ansätze mit Sozialisations- und Entwicklungskonzepten (z. B. Burrmann, 2018, Neuber, 2007) und insbesondere im angloamerikanischen Raum mit dem ressour- cenorientierten Paradigma des „Positive Youth Development“ (PYD) (Coalter, 2013, Fraser-Thomas, Côté & Deakin, 2014, Holt, 2008). Für einige angenommene Effekte liegen unzureichend empirische Befunde vor, für andere Effekte liegen zwar empirische Studien vor, jedoch ist die Befundlage unübersichtlich oder widersprüchlich (zsfd. Burrmann, 2011; Gerlach & Herrmann, 2015). Auch negative Effekte des Sporttreibens (zfsd. Niedermeier, Frühauf, Bichler, Rosenberger & Kopp, 2019), Lernprozesse (Bean, Kramers, Forneris & Camiré, 2018, Beni, Fletcher & Ní Chróinín, 2017) sowie Transfermöglichkeiten in außersportliche Le- bensbereiche werden zunehmend in den Blick genommen (Jacobs & Wright, 2018, Pierce, Gould & Camiré, 2017; Turnnidge, Côté & Hancock, 2014). Nach wie vor stellt sich also die Frage, unter wel- chen Bedingungen welche Art und welcher Umfang des Sporttreibens für wen welche Effekte hervor- bringt, wie langfristig diese Effekte sind und wie diese auf den außersportlichen Bereich transferiert werden können. Literatur Bean, C., Kramers, S., Forneris, T., & Camiré, M. (2018). The Implicit/Explicit Continuum of Life Skills Develop- ment and Transfer. Quest, 70(4), 456-470. doi:10.1080/00336297.2018.1451348 Beni, S., Fletcher, T., & Ní Chróinín, D. (2017). Meaningful Experiences in Physical Education and Youth Sport: A Review of the Literature. Quest, 69(3), 291-312. doi:10.1080/00336297.2016.1224192 Burrmann, U. (2011). Sozialisationswirkungen des außerunterrichtlichen Sports am Beispiel des Jugendalters. In M. Krüger & N. Neuber (Hrsg.), Bildungspotentiale des Sports (pp. 267-288). Wiesbaden: VS Verlag. Burrmann, U. (2018). Sportbezogene Sozialisation. In A. Güllich & M. Krüger (Hrsg.), Sport in Kultur und Gesell- schaft: Handbuch Sport und Sportwissenschaft (pp. 1-20). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. Coalter, F. (2013). Sport for Development. What game are we playing? London: Tayler & Francis. 10
Eime R, Young J, Harvey J, Charity M, Payne W. (2013). A systematic review of the psychological and social ben- efits of participation in sport for children and adolescents: informing development of a conceptual model of health through sport. International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity 10(1), 98–119. Fraser-Thomas, J. L., Côté, J., & Deakin, J. (2005). Youth sport programs: an avenue to foster positive youth de- velopment. Physical Education and Sport Pedagogy, 10(1), 19-40. doi:10.1080/1740898042000334890 Gerlach, E., & Herrmann, C. (2015). Effekte der Sportteilnahme. In W. Schmidt, N. Neuber, T. Rauschenbach, H. P. Brandl-Bredenbeck, J. Süßenbach, & C. Breuer (Eds.), Dritter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht. Kinder- und Jugendsport im Umbruch (pp. 345-369). Schorndorf: Hofmann-Verlag. Hansen, D. M., Larson, R. W., & Dworkin, J. B. (2003). What Adolescents Learn in Organized Youth Activities: A Survey of Self-Reported Developmental Experiences. Journal of Research on Adolescence, 13(1), 25-55. doi:10.1111/1532-7795.1301006 Hermens, N., Super, S., Verkooijen, K. T., & Koelen, M. A. (2017). A Systematic Review of Life Skill Development Through Sports Programs Serving Socially Vulnerable Youth. Research Quarterly for Exercise and Sport, 88(4), 408-424. doi:10.1080/02701367.2017.1355527 Holt, N. L. (Ed.) (2008). Positive youth development through sport. New York: Routledge. Jacobs, J. M., & Wright, P. M. (2018). Transfer of Life Skills in Sport-Based Youth Development Programs: A Con- ceptual Framework Bridging Learning to Application. Quest, 70(1), 81-99. doi:10.1080/00336297.2017.1348304 Neuber, N. (2007). Entwicklungsförderung im Jugendalter - Theoretische Grundlagen und empirische Befunde aus sportpädagogischer Perspektive. Schorndorf: Hofmann. Niedermeier, M., Frühauf, A., Bichler, C., Rosenberger, R., & Kopp, M. (2019). Sport – zu Risiken und Nebenwirkun- gen. Der Orthopäde, 48(12), 1030-1035. doi:10.1007/s00132-019-03823-5 Pierce, S., Gould, D., & Camiré, M. (2017). Definition and model of life skills transfer. International Review of Sport and Exercise Psychology, 10(1), 186-211. doi:10.1080/1750984X.2016.1199727 Sygusch, R., & Liebl, S. (2015). Pädagogische Potentiale im organisierten Sport. In W. Schmidt, N. Neuber, T. Rauschenbach, H.-P. Brandl-Bredenbeck, J. Süßenbach, & C. Breuer (Eds.), Dritter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht. Kinder- und Jugendsport im Umbruch (pp. 239-254). Schorndorf: Hofmann-Verlag. Turnnidge, J., Côté, J., & Hancock, D. J. (2014). Positive Youth Development From Sport to Life: Explicit or Im- plicit Transfer? Quest (00336297), 66(2), 203-217. Retrieved from http://search.ebsco- host.com/login.aspx?direct=true&db=s3h&AN=95713189&site=ehost-live 11
Sie können auch lesen