"America First" statt Freihandel - Droht ein neuer Handelskrieg? Stefan Angele Leiter Asset Management - LUKB
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
«America First» statt Freihandel – Droht ein neuer Handelskrieg? Stefan Angele Leiter Asset Management
Die USA machen ernst mit «America First» im Aussenhandel Die USA setzen die Transpazifische Partnerschaft (TPP) aus, legen das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) auf Eis und wollen das Nordamerikanische Freihandels-abkommen (NAFTA) neu verhandeln Die USA erhöhen per 23.3.2018 die Einfuhrzölle auf Stahl (+25%) und Aluminium (+10%), vorläufig ausgenommen bleiben die Nachbarländer Mexico und Canada Europa und China drohen Vergeltungsmassnahmen an. Donald Trump droht Europa im Falle von Vergeltungsmassnahmen mit höheren Einfuhrzöllen auf Autos aus Europa Donald Trump zieht in Erwägung, Zölle im Umfang von ca. $60Mrd auf Importe aus China zu erhöhen, insbesondere in den Bereichen Technologie und Telekom. Die USA klagen Indien vor dem WTO-Schiedsgericht wegen Export- Subventionen an
Weshalb sich die USA im Handel «unfair» behandelt fühlen US-Handel mit China, in USD Mrd. 600 500 400 WTO-Beitritt 300 China 200 100 0 -100 -200 -300 -400 -500 US-Exporte nach China US-Importe von China Handelsbilanzsaldo
Weshalb sich die USA im Handel «unfair» behandelt fühlen US-Handel mit Europa, in USD Mrd. 600000 500000 400000 300000 200000 100000 0 -100000 -200000 -300000 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 US-Exporte nach Europa US-Importe von Europa Handelsbilanzsaldo
Weshalb sich die USA im Handel «unfair» behandelt fühlen US-Handel mit der Schweiz, in USD Mrd. 40 30 20 10 0 -10 -20 198519861987198819891990199119921993199419951996199719981999200020012002200320042005200620072008200920102011201220132014201520162017 US-Exporte nach Schweiz US-Importe von Schweiz Handelsbilanzsaldo 21.03.2018 6
Freihandel – Das Ricardo-Modell der komparativen Vorteile 1817: David Ricardo veröffentlicht die «Principles of Political Economy and Taxation» Theorie der komparativen Kostenvorteile als Kernstück der Aussenhandelstheorie Gründe für Aussenhandel: – Unterschiede hinsichtlich Klima, Boden, Kapital, Arbeit und Technik – Kostenvorteile der Massenproduktion Unterschiedliche Produktionsmöglichkeiten bedeuten Unterschiede bei der Arbeitsproduktivität 2 Länder, 2 Waren, 1 Produktionsfaktor (menschliche Arbeitskraft), freier Handel
Internationaler Handel heute – komplex, multilateral, global Die hohe Mobilität von Kapital verändert das vereinfachte Modell des Waren-handels dramatisch Eigentümer von Produktionskapazitäten teilweise aus Importländern Gewinne fliessen nicht notwendigerweise zum Exporteur sondern zum Eigentümer beziehungsweise Kapitalgeber Die praktisch unbegrenzte Mobilität von Kapital führt zur internationalen Arbitrage von Arbeit, Löhnen, Währungen, Zinsen, regulatorischen oder politischen Rahmenbedingungen, etc.
Handelsstatistik versus Realität – das Beispiel iPhone WTO-Handelsstatistik: 1 Herkunftsland, basierend auf «substantial transformation» Jedes in den USA verkaufte iPhone trägt ~$200 zum USA-China Handelsdefizit bei Realität: Viele Produkte haben nicht ein einzelnes Herkunftsland Beispiel iPhone: >12 Firmen aus min. 5 Ländern produzieren Komponenten ~$10-$15 Wertschöpfung/iPhone in China. Rest: Komponenten, Marketing, Marke, geistiges Eigentum…
Handelshemmnisse sind die Regel, nicht die Ausnahme «Freihandel» – mehr Mythos, Schlagwort und Propaganda als Realität Protektionismus kennt viele Gesichter, unter anderem – Zölle und Steuern – Subventionen – Kontingente und Quoten – Bürokratische Hürden – Regulatorien – Währungspolitik Handelshemmnisse dienen dem Schutz von Eigeninteressen und Ressourcen Protektionismus ist im Grunde ein simpler Umverteilungsmechanismus
Einfuhrzölle auf ausgewählte Produktgruppen – EU versus USA Elektrische Geräte Holz- und Papiererzeugnisse Maschinen Metalle und Metallerzeugnisse Chemieerzeugnisse Agrar- und Fischereiprodukte Kraftfahrzeuge und Teile verarbeitete Nahrungsmittel 0% 2% 4% 6% 8 % 10 % 12 % 14 % 16 % USA EU Quelle: US-Handelsministerium (Gesamtjahr 2015)
Ein Blick auf die Schweiz: Aussenhandelssaldo nach Ländern Zahlen von 2016 in Mio. CHF
Ein Blick auf die Schweiz – Sektor-Exporte in die USA Hohe Bedeutung von Pharma-Produkten und Lizenzgebühren für CH-Exporte in die USA Schweizer Güterexporte in die USA Schweizer Dienstleistungsexporte in die USA 50.0 70.0 Getränke Technische u. Handelsbezogene %-Anteil an Schweizer Weltexp. im Sektor %-Anteil an Schweizer Weltexp. im Sektor 45.0 60.0 Dienste 40.0 35.0 50.0 Pharmazeutische 30.0 Luft- u. Produkte Lizenzgebühren Raumfahrt 40.0 Versicherung F&E 25.0 Präzisionsinstrumente 30.0 20.0 Werkzeuge 15.0 Telekom.- u. IT-Dienste 20.0 Uhren Beratung 10.0 Transport Elektrotechnik 10.0 5.0 Elektortechnik Kunststoffe Kunsstoffe 0.0 0.0 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 %-Anteil an Schweizer Exporten in die Welt %-Anteil an Schweizer Exporten in die Welt
Auswirkung von höheren Zöllen und nicht-tarifären Barrieren Geschätze reale BIP-Änderung (10J kum.), wenn Zölle & nicht-tarifäre Barrieren um 20% steigen 0% Nur USA -0.5 % WTO-Länder und USA -1 % -1.5 % -2 % -2.5 % -3 % -3.5 % -4 % -4.5 % Kanada Mexiko USA Schweiz Deutschland China Quelle: IFO Institut
Wie weiter? – drei mögliche Szenarien und deren Auswirkungen Szenario 1: Die USA erhöhen punktuell Einfuhrzölle, keine Vergeltungsmassnahmen – Wachstumseffekt für USA kfr. neutral bis marginal positiv, langfristig eher negativ – US-Inflation marginal höher, dadurch leicht höhere Zinsen und etwas stärkerer USD – Schweiz: Einzelne Unternehmen betroffen, jedoch kaum gesamtwirtschaftliche Effekte Szenario 2: Ein USA-fokussierter Handelskrieg mit Vergeltungsmassnahmen – Negative Wachstumseffekte für USA durch sinkende US-Exporte, steigende Preise – Inflation etwas höher, Fed erhöht Zinsen etwas rascher, USD tendiert leicht stärker – Schweiz: Auswirkungen je nach betroffenen Branchen, negative Zweitrundeneffekte. Szenario 3: Ein globaler Handelskrieg bricht aus – Stagflations-Szenario. Schwächeres Wachstum bei steigender Inflation und Zinsen – Negative Wachstumseffekte v.a auf Volkswirtschaften mit Exportüberschuss (CH, D…) – Schweiz: Exportvolumen sinkt, Importpreise steigen, CHF als sicherer Hafen?
Disclaimer Die in dieser Publikation verwendeten Informationen stammen aus Quellen, welche die Luzerner Kantonalbank (LUKB) als zuverlässig erachtet. Trotz sorgfältiger Bearbeitung übernimmt die LUKB keine Garantie für die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Veröffentlichung und der dargestellten Informationen. Die Publikation hat ausschliesslich informativen Charakter und ersetzt keinesfalls die persönliche Beratung durch unsere Kundenberater vor einem allfälligen Anlage- oder anderen Entscheid. Die Informationen können sich jederzeit und ohne vorherige Ankündigung ändern.
Sie können auch lesen