PRESSEHEFT - KINOSTART: 18. APRIL 2019

 
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PRESSEHEFT
        Mit Willem Dafoe

AN DER SCHWELLE ZUR EWIGKEIT

  KINOSTART: 18. APRIL 2019
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Kurzinhalt
Um den Zwängen des Lebens von Paris zu ent-          Julian Schnabels VAN GOGH - AN DER
kommen, hat sich Vincent van Gogh in die             SCHWELLE ZUR EWIGKEIT ist eine faszi-
Dörfer von Arles und Auvers-sur-Oise zurück-         nierende Reise in den Körper und Geist von
gezogen, wo man ihn teils liebevoll, teils brutal    Vincent van Gogh, der trotz Skepsis, Wahnsinn
behandelt. Madame Ginoux, die Besitzerin ei-         und Krankheit einige der beeindruckendsten
nes örtlichen Restaurants, hat wegen seiner Ar-      und gefeiertsten Kunstwerke der Welt erschuf.
mut Mitleid mit ihm und gibt ihm einen Band,         Doch wie so viele Künstler war auch er seiner
den er mit Zeichnungen füllt. Andere dagegen         Zeit voraus und wurde zu Lebzeiten gesell-
fürchten seine düsteren Stimmungsschwankun-          schaftlich ausgestoßen und missbilligt.
gen. Sein enger Freund und Künstlerkollege
Paul Gauguin kann ihn nicht mehr ertragen und        Willem Dafoe, der als Bester Schauspieler
macht sich davon. Allein sein geliebter Bruder       bei den Filmfestspielen in Venedig 2018 aus-
und Kunsthändler Theo unterstützt ihn unab-          gezeichnet wurde, überzeugt als Vincent van
lässig, schafft es aber nie, auch nur ein einziges   Gogh in Julian Schnabels „impressionisti-
Gemälde Vincents zu verkaufen.                       schem Meisterwerk“ (Indiewire).
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Hintergründe zur
           Produk tion
Kann ein Film, der mit seiner Ästhetik die         Eingrenzung verweigert, die damit verbundene
Zeit manipuliert, diesen intensiven Wirbel von     physische Anstrengung und beinah religiöse In-
Emotion und Leidenschaft vermitteln, der in        tensität.
einem Gemälde steckt? – Mit diesem schein-
bar unmöglichen Unterfangen fand sich Ju-          „Der van Gogh dieses Films entstand direkt aus
lian Schnabel bei VAN GOGH - AN DER                meiner persönlichen Reaktion auf seine Bilder,
SCHWELLE ZUR EWIGKEIT konfrontiert.                und nicht auf Grundlage dessen, was andere
Er wollte die Dinge einfangen, die in Filmen       über ihn geschrieben haben.“, so Schnabel.
über Künstler oft nicht zu finden waren, und       Van Gogh wurde für Schnabel, Jean-Claude
so eine unvergleichliche Vision der letzten Tage   Carrière (seinen Koautor), Louise Kugelberg
van Goghs schaffen. Diese Geschichte versucht      (seine Koautorin- und Cutterin) und letztlich
eine einzigartige Sicht auf ein Künstlerleben zu   für Besetzung und Crew zu einem Prisma, das
vermitteln, indem sie den kreativen Schaffen-      einen neuen Blick auf einen Urdrang des Men-
sakt eines Malers auf intime und tiefgreifende     schen gestattete – den Drang, sich auszudrücken
Weise nachbildet und nachempfindet: diese,         und zu kommunizieren. Der Film stützt sich auf
überwältigende Magie, die sich nicht mit Wor-      Briefe, Biografien, die bekannten Legenden
ten beschreiben lässt und sich jeder zeitlichen    und unzählige historische Analysen. Aber in
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seinem Kern ist er ein Werk purer Imagination,     Meisterregisseur Luis Buñuel (TAGEBUCH
eine Ode an den künstlerischen Geist und an        EINER KAMMERZOFE, BELLE DE JOUR –
die lebensbestimmende Macht einer absoluten        SCHÖNE DES TAGES und DER DISKRETE
Überzeugung.                                       CHARME DER BOURGEOISIE) sowie für die
                                                   Drehbücher zu DANTON, DIE WIEDERKEHR
„Dieser Film handelt von dem Maler van Gogh,       DES MARTIN GUERRE, DIE UNERTRÄGLI-
aber wir haben nicht versucht, eine Biografie      CHE LEICHTIGKEIT DES SEINS und CY-
abzuliefern.“, so Jean-Claude Carrière. „Das       RANO VON BERGERAC). 2014 erhielt Car-
wäre absurd. Jeder kennt sie. Statt dessen dach-   rière für seine Arbeit als Drehbuchautor einen
ten wir uns Szenen aus, die sich so abgespielt     Ehren-Oscar®.
haben könnten – an denen van Gogh vielleicht
beteiligt war, in denen er etwas gesprochen ha-    Als das Duo durch die 40 Gemälde der Aus-
ben könnte, die jedoch nicht in den Geschichts-    stellung schlenderte, darunter „Selbstbild-
büchern zu finden sind. Das ist bei van Gogh       nis”, „Paul Gauguins Stuhl”, „Porträt des Dr.
eine ziemlich neuartige Vorgehensweise.“           Gachet”, „Augustine Rouline“ und „Ein Paar
                                                   Schuhe“, begannen sie über einen Film zu spre-
VAN GOGH - AN DER SCHWELLE ZUR                     chen und die Idee bekam plötzlich ein unerwar-
EWIGKEIT nahm seinen Anfang in einem Mu-           tetes Eigenleben. Carrière erinnert sich: „Für
seum. Julian Schnabel nahm seinen Freund,          mich war es höchst interessant, dass ein Maler
den berühmten französischen Drehbuchau-            einen Film über das Leben eines Malers machen
tor, Romancier und Schauspieler Jean-Claude        wollte.”
Carrière ins Musée d’Orsay in die Ausstellung
„Van Gogh/Artaud: Der Selbstmörder durch           An diesem Nachmittag hatte Schnabel bereits
die Gesellschaft” (nach dem gleichnamigen          ein erstes Gespür für die Struktur des geplanten
Buch des französischen Dramatikers, Dichters       Films: „Jedes Gemälde, vor dem du stehst, sagt
und Visionärs Antonin Artaud) mit. Carrière        dir etwas. Aber nach 30 Gemälden wird diese
ist selbst eine Kinolegende, insbesondere be-      Erfahrung noch umfassender. Sie wird zu einer
kannt für seine 19-jährige Zusammenarbeit mit      Ansammlung all dieser verschiedenen Emotio-
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Auge völlig von roten Linien eingerahmt war
                                                    und dass man das nur aus allernächster Distanz
                                                    erkennen konnte. Deshalb ließ er mich auch so
                                                    nahe rantreten. Seine Bemerkungen waren so
                                                    scharf und präzise, dass sie die Emotion, die in
                                                    dem Gemälde steckten, nicht zerstörten, son-
                                                    dern erst richtig zum Leben erweckten. Es war
                                                    so, als würde uns van Gogh zuhören. Es kam
                                                    mir so vor, als würde ich sein Herz schlagen,
                                                    ihn neben uns atmen hören, weil es ihn freute,
                                                    was ein anderer Maler über ihn sagte. Ich war
                                                    82 und ich hätte mir nie erträumen lassen, dass
nen. Und genau diese Wirkung wollte ich mit         bei mir in dem Alter ein Gemälde noch solche
diesem Film erreichen. Ich wollte ihn so struk-     Gefühle auslösen würde. Das habe ich natürlich
turieren, dass sich alle Ereignisse von Vincents    Julian zu verdanken. Allein wäre ich vermutlich
Leben in dieser Zeit verdichten und es sich so      an diesen Bildern vorbeigegangen, ohne etwas
anfühlt, als würde sich seine ganze Geschichte in   zu bemerken. Das waren eben keine sozioästhe-
einem einzigen Moment abspielen.”                   tischen oder historischen Betrachtungen, und
                                                    das wusste ich extrem zu schätzen. Hier kamen
Mit dieser Ausgangsidee bekamen Schnabel und        vermutlich auch meine Erfahrungen als Filme-
Carrière einen ersten Eindruck von der mög-         macher zum Tragen. Denn für mich ist Tech-
lichen Gestalt des Films. „Wir fingen an, ge-       nik eine Sprache: Keine Kamerabewegung kann
meinsam zu schreiben.“, so Carrière. „Aber wir      unschuldig sein. Das Gleiche galt für van Goghs
hatten nie vor, eine klassische Biografie zu ma-    Selbstporträt. Wir standen eine ganz lange Zeit
chen oder die üblichen Fragen zu beantworten.       da. Und an dem Tag – ich hoffe, davon gibt es
Wir fanden es vielmehr sehr interessant, wie        noch mehr – entdeckte ich, was man alles mit
sehr sich van Gogh in den letzten Jahren seines     Malerei erreichen kann. Und das dank ganz ein-
Lebens bewusst war, dass er eine neue Vision        facher, fast würde ich sagen gewöhnlicher Beob-
der Welt hatte und dass er nicht mehr wie ande-     achtungen: ‚Er hat diese Art von Pinsel, diese
re Maler malte. Er brachte den Menschen eine        Sorte von Farbe benutzt. So fing er an, damit
neue Sichtweise, und genau diese wollten wir in     machte er weiter usw.‘ Es war wie die Geschichte
dem Film zeigen.”                                   einer Geburt, des Beginns eines Lebens.”

„Ich schaute mir also mit einem Maler einen         Laurence des Cars, Direktor und Vorstands-
anderen Maler an, nämlich van Gogh.“, so Car-       vorsitzender der Musée d’Orsay und Musée de
rière weiter. „Abgesehen von den paar Zeich-        l’Orangerie, Paris, (dem d’Orsay hat der Film
nungen Artauds befand ich mich in Gesellschaft      bekanntermaßen seine Entstehung zu ver-
von Julian und van Gogh. An einem bestimm-          danken und Schnabel präsentierte dort un-
ten Punkt ließ er mich vor einem der Selbstpor-     längst die Ausstellung „Orsay gesehen von Ju-
träts aus dem Musée d’Orsay stoppen – in ganz,      lian Schnabel”) meint zu VAN GOGH - AN
ganz kurzem Abstand, vielleicht 20 Zentimeter.
Er stand an der einen Seite des Gemäldes, ich
auf der anderen, so dass wir zu dritt etwa einen
halben Quadratmeter belegten. Seltsamerwei-
se begann er dann die Maltechnik zu erläutern
und vermied es die ganze Zeit, über den Mann
oder die Gefühle zu sprechen, die das Gemälde
auslösen konnte. Er sagte einfach: ‚Schau mal,
er hat drei verschiedene Blautöne gebraucht
– hier Preußischblau, da Cölinblau und dort
Marineblau. Und für alle drei gibt es bestimm-
te Gründe.‘ Dann erklärte er mir, warum das
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DER SCHWELLE ZUR EWIGKEIT: „Das geht                  Mannes zu leben, anstatt ihn aus der Distanz zu
über die klassische Filmbiografie hinaus. Das ist     beobachten.”
wahrlich der Film eines Malers, die Vision eines
Künstlers, der uns einen Einblick in den krea-        Im Lauf der Dreharbeiten spielte Kugelberg (eine
tiven Schaffensprozess vermittelt. Für mich er-       Innendesignerin, die für ihre Kombinationen aus
innert er an ein Schnabel-Porträt. Es gibt denk-      historischen Renovierungen mit moderner Kunst
würdige Momente, wo die Kamera und damit              bekannt ist) eine zunehmend wichtigere Rolle für
Schnabel sprichwörtlich an die Stelle van Goghs       die Entstehung des Films. Auf diese Weise entwi-
tritt. Julian hat sehr viel von sich in diesen Film   ckelte sich eine dreigeteilte Zusammenarbeit, wie
eingebracht, und er sagt Dinge über die Male-         Julian Schnabel erläutert: „Sie brachte eine Affi-
rei, die ihm sehr am Herzen liegen.”                  nität für die Natur mit, durch die sie auch dem
                                                      Drehbuch und der ganzen Produktion van Goghs
„Wenn sie sich van Goghs Gemälde und Zeich-           tiefes Naturverständnis vermittelte.”
nungen anschauen, erkennen sie die Perspektive
einer Person, die sich weit entfernt von der Ge-      „Beim Schreiben gingen wir mehr und mehr in
sellschaft inmitten der Natur befindet.“, so Ko-      die Natur.“, so Kugelberg. „Julian entdeckte,
autorin und Cutterin Louise Kugelberg. „Wir           dass du bei diesen Spaziergängen die Dinge an-
mussten auch selbst diesen Weg einschlagen und        ders wahrnimmst. Vincent verbrachte viel Zeit
ihm auf diesem körperlich anstrengenden Pfad          im Wald, ging lange Strecken – das Verständnis
folgen, um das zu sehen, was er gesehen hatte.        dieser Erfahrung und der damit verbundenen
Stille ist so wichtig wie Dialog, die Landschaft so   Anstrengungen wollten wir mit dem Zuschauer
bedeutsam wie das Porträt. Für den Film reisten       teilen. Je weiter du gehst, desto näher kommst
wir an alle Orte, wo van Gogh in seinen letz-         du an deine Grenze, bis du mehr siehst als ur-
ten beiden Jahren arbeitete und lebte – Arles,        sprünglich erhofft. Und vielleicht nimmst du
die Nervenheilanstalt von Saint-Remy, Au-             dann das Gleiche wahr wie van Gogh.”
vers-Sur-Oise. Die Geschichte ist hauptsäch-
lich aus der ersten Person erzählt. Ich hoffe, sie    Auch das Thema ‘Ewigkeit’ spielte laut Kugel-
bietet die Chance, ein wenig im Körper dieses         berg für Schnabels Überlegungen zu van Gogh
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eine wichtige Rolle. „Wir alle sind gewisser-        winkel. Dieser Film ist letztlich ein Porträt jedes
maßen unheilbar krank.“, so Schnabel. „Die           Menschen, der jemals etwas schaffen wollte.”
Malerei setzt sich auf ihre Weise mit dem Tod
auseinander. Sie hat Bezug zum Leben, ist aber       Schnabel ist bekanntermaßen sowohl bildender
zugleich vom Leben abgegrenzt. Deshalb ver-          Künstler wie Filmschaffender. „Ein guter Maler
mittelt sie dir Zugang zu diesem anderen Ort.        wie Julian, der zugleich ein exzellenter Regisseur
Die Kunst kann den Tod überwinden. Im Film           ist, sucht nicht einfach nach Realität, was nor-
ist Vincents Publikum noch nicht geboren, aber       mal wäre, sondern auch nach dem, was jenseits
das stoppt ihn nicht, das zu tun, was er unbe-       der Wirklichkeit liegt.”, so Carrière. „Sein Auge
dingt tun muss. Wenn du ihn draußen auf dem          ist schärfer als unseres. In der uns umgebenden
Feld siehst, während er sich Dreck aufs Gesicht      Realität kann er Dinge erkennen, die wir nicht
streut, ist er kein armer Mensch. Er ist jemand,     sehen, weil sie jetzt noch nicht so deutlich sind
der sich zum richtigen Zeitpunkt am richtigen        und uns erst morgen vertraut sein werden. Er
Platz fühlt und mit seinem Leben völlig in Ein-      kann Verbindungen zwischen Kunstwerken se-
klang ist.”                                          hen, die die Kunsthistoriker und auch wir nicht
                                                     wahrnehmen. Wenn wir sein Museum betreten,
Produzent Jon Kilik, der mit Schnabel seit des-      müssen wir uns darauf einlassen.“
sem Regiedebüt BASQUIAT zusammenarbeitet,
beschreibt die Entstehung von dessen Filmen als      „Nachdem Julians Status als Künstler in den
organischen Prozess: „Es gibt eine Dialogzeile,      1970ern und noch mehr in den 1980ern un-
die besagt, dass Vincent das, was er malt, nicht     angefochten war, wurde er 1990 zum Filmema-
erfindet. Er meint vielmehr ‘Ich finde es bereits    cher.”, so Carrière weiter. „Er wollte nicht nur
in der Natur. Ich muss es nur befreien.’ Dieser      seine Bilder in Gang bringen, sondern sich mit
Prozess findet sich sowohl bei Julians Malerarbei-   Bewegung als solcher auseinandersetzen. Kino
ten als auch in seinen Filmen. Er versucht nicht     – kine – ist eben Bewegung.“
einfach die Geschichten von Malern, Autoren,
Dichtern und Musikern einzufangen, vielmehr          Schnabel gab sein Regiedebüt mit BASQUIAT,
filtert er sie durch seinen einzigartigen Blick-     dem ersten kommerziellen Spielfilm eines Ma-
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Jeder Einzelne brachte seine Sensibilität, seine
                                                   Fähigkeiten und sein Verständnis des mensch-
                                                   lichen Daseins ein. Von den Schauspielern über
                                                   die Crew bis zu den Musikern – jeder ließ sich
                                                   direkt von seinen Gefühlen zu van Gogh leiten.
                                                   Und genau das war es, was wir am meisten woll-
                                                   ten: authentische Emotionen.”

                                                   Für Willem Dafoe, der tief in den emotionalen
                                                   Kern van Goghs vordrang, hatte dieser Prozess
                                                   fast etwas alchemistisches an sich. „Man könn-
                                                   te einerseits sagen, dass Willem diese Rolle
                                                   spielte, aber gleichermaßen könnte man auch
                                                   behaupten, dass er eine Seele verkörpert.“, so
                                                   Schnabel. „Indem Willem die Geschichte eines
                                                   Künstlers in ihren ganzen Dimensionen er-
                                                   zählte, lotete er selbst die Möglichkeiten seiner
                                                   eigenen Kunst aus.”

                                                   Dafoe fand großen Gefallen daran, das Publi-
                                                   kum in die Gedankenwelt van Goghs zu entfüh-
                                                   ren. Als Vorbereitung absolvierte er bei Schna-
                                                   bel einen privaten Malkurs.

                                                   Für Oscar Isaac, den Darsteller Paul Gauguins,
                                                   der in van Goghs späterem Leben eine zentra-
lers über einen anderen Maler, der das kurze,      le Rolle spielt, bezieht der Film seine Kraft aus
kometenhafte Leben des Brooklyner Künst-           seiner Subjektivität, die jedem einzelnen Zu-
lers nachzeichnete. Darauf folgten BEVOR ES        schauer eine einzigartige Erfahrung beschert:
NACHT WIRD (2000), in dem Javier Bardem            „Mir ist noch nie zuvor ein solcher Film unter-
den verfolgten kubanischen Dichter Reinaldo        gekommen. Julian lässt einen nachempfinden,
Arenas porträtierte, und SCHMETTERLING             was van Gogh zeitlebens durchgemacht hat, so
UND TAUCHERGLOCKE (2007), der Trip                 dass das in dein Unterbewusstsein einsickert. Es
in das Innenleben eines am Locked-In-Syn-          fühlt sich wirklich so an, als würde man während
drom leidenden Journalisten, der seine Gefüh-      dieser kreativen Explosionen und persönlichen
le und Wahrnehmungen nur mit seinem linken         Implosionen in Vincents Haut stecken.”
Auge kommunizieren kann.
                                                   Wenngleich es zahlreiche Filme, TV-Sonder-
In VAN GOGH - AN DER SCHWELLE ZUR                  sendungen, Dokumentationen und Serien zu
EWIGKEIT scheint sich Schnabel mit seinem          van Gogh gibt, fand Schnabel in keiner davon
Sujet stärker zu identifizieren denn je: „Die      seine Erfahrung als Maler reflektiert. Für ihn
Tatsache, dass ich ein Maler bin, verändert        war es entscheidend, dass sich der Film um
wahrscheinlich meine Herangehensweise.“,           die eigentlichen Abläufe des Malens, also das
meint er selbst. „Dieses Thema könnte für mich     Auftragen der Farbe auf die Leinwand, dreht.
nicht persönlicher sein. Darüber habe ich mein     „Für mich musste das Malen authentisch her-
ganzes Leben lang nachgedacht.”                    überkommen. Außerdem musste der Film den
                                                   Gedankenprozessen von Malern, ihren Bezie-
So persönlich Schnabels Vision auch war, bei       hungen zu Kollegen und ihren Vorgängern ge-
der Entstehung des Films wurde daraus für          recht werden.”
sämtliche Beteiligten ein allumfassendes Erleb-
nis. „Ich kann nicht oft genug betonen, wie sehr   Zwangsläufig kam in der Geschichte auch ein
dieser Film eine Gemeinschaftsleistung war.        weiterer unsterblicher Künstler vor: Paul Gau-
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guin, der eine Zeitlang Mitbewohner von Van       raschungen inklusive. Bei Julian dreht sich viel
Gogh in Arles war. Über ihre stürmische Be-       darum, seinen Instinkten zu vertrauen. Er will
ziehung wurde viel geschrieben – ebenso über      das Ganze lebendig und frisch halten und für
ihre Auswirkung auf van Goghs offensichtliche     alles, was sich vor ihm abspielt, offen sein. So
Wahnanfälle – aber Schnabel, Carrière und         kann er damit arbeiten und auf diese Weise wo-
Kugelberg interessierten sich viel mehr für die   möglich eine neue Wahrheit entdecken.”
künstlerische Beziehung der beiden und ließen
sich Dialoge über Technik und Philosophie ein-    Wie bereits erwähnt, wird Vincent van Gogh von
fallen, wie sie noch nie zuvor zu hören waren.    dem dreifach Oscar®-nominierten Willem Da-
                                                  foe porträtiert, der für seine Vielseitigkeit und
„Für uns war es besonders interessant, dass van   künstlerische Experimentierfreude bekannt ist.
Gogh nach Modellen malte, während sich Gau-       Zuletzt war er unter anderem in THE FLO-
guin an seiner Erinnerung oder Fantasie orien-    RIDA PROJECT als Manager eines herunter-
tierte. Das waren zwei verschiedene Sichtweisen   gekommenen Hotels zu sehen. Die Bandbreite
und wir stellten uns vor, wie beide über diese    seiner Rollen reicht vom Green Goblin in den
Unterschiede wohl gesprochen haben konn-          SPIDER-MAN-Filmen bis zu Jesus Christus
ten.“, so Carrière.                               in Scorseses DIE LETZTE VERSUCHUNG
                                                  CHRISTI.
Wie das Skript waren auch die Dreharbeiten ein
Entdeckungsprozess. „Es gibt einen Grund,         „Ich konnte mir nur ihn in dieser Rolle vor-
weshalb die Arbeit mit Julian so Spaß macht.“,    stellen.”, so Schnabel. „Und als er sich dann so
so Kilik: „Seine Herangehensweise ist: Versu-     richtig in die Figur hineinvertiefte, ging er dank
chen wir es einfach und fangen wir mittendrin     seines physischen Stehvermögens und seiner
an. Hier geht es nicht um extreme Vorbereitun-    Vorstellungskraft weit über den blanken Text des
gen, sondern darum, genügend über das Sujet       Drehbuchs hinaus.”
zu wissen. Und bei der Besetzung, der Motiv-
suche, Dreh und Schnitt lässt er dann zu, dass    Dafoe fühlte die Verlockung dieser Rolle lange
sich die Dinge organisch entwickeln – Über-       bevor Schnabel ihn deshalb kontaktierte: „Ich
kenne Julian seit langem. Er ist ein alter Freund,   „Dieser Film handelt genauso sehr vom Ma-
und als ich hörte, dass er einen van Gogh-Film       len wie von der Person van Goghs. Ein großer
drehen würde, wollte ich die Rolle.“, erinnert       Teil des Arbeitsprozesses bestand für mich dar-
sich Dafoe. „Als wir uns dann unterhielten, sag-     in, das Malen zu lernen – und noch viel mehr:
te er mir, ich solle Steven Naifehs und Gregory      das Sehen.“, erklärt Dafoe. „Wir begannen ganz
White Smiths Buch ‚Van Gogh – The Life‘ lesen.       einfach – indem ich die Materialien studierte
Was ich dann auch tat. Ich machte mir zu allen       und lernte, wie ich einen Pinsel halte. Im Lauf
Aspekten, an denen ich interessiert war, No-         der Zeit bat mich dann Julian, selbst zu malen.
tizen – markierte bestimmte Zitate und kleine        Ich kann nicht von mir behaupten, dass ich in
Details. Ich schickte sie an Julian, und so be-      dieser kurzen Zeit zum Maler wurde, aber das,
gann ich, in den ganzen Prozess einzusteigen.        was mir Julian beibrachte, hat mich auf andere
Von da an ging es so weiter.”                        Weise innerlich geöffnet.”

Die Lektüre bot Dafoe einige Überraschungen          „In praktischer Hinsicht hat mich das tiefer in
und feuerte sein Interesse noch weiter an: „Die      Vincents Realität verankert.“, so Dafoe weiter.
meisten Leute denken, dass sie viel über van         „Denn ich erfuhr, wie man bei der Arbeit sei-
Gogh wissen. Aber das stimmt so nicht. Je mehr       ne Wahrnehmung verändert. Ich habe Dinge,
ich über ihn gelesen habe, desto inspirierender      die ich fälschlicherweise früher über Kunst zu
fand ich ihn. Ich war insbesondere von allem         wissen glaubte, viel tiefgreifender verstanden.
angetan, was er in seinen Briefen mitteilte.”        Ich lernte, wie man eine Leinwand berührt, wie
                                                     man Farben einsetzt, wie man Strategien entwi-
Bald begann eine noch ganz besondere kreative        ckelt und sich dann davon löst. Aber vor allem
Reise, denn Schnabel wollte, dass Dafoe im Film      lernte ich, dass die Malerei eine Kombination
tatsächlich malte – also nicht einfach nur die Be-   aus Inspiration, Technik und Ausbildung ist,
wegungen eines Malers nachahmte, sondern sich        die man dann am Schluss wieder aufgibt. Was
physisch, emotional und instinktiv in die Arbeit     ich an diesem Film besonders mag, ist, dass er
mit der Leinwand einbrachte, um auf diese Wei-       einen Teil dieses Prozesses dokumentiert, was
se eine ganz neue Art von Film zu schaffen.          man sonst kaum zu sehen bekommt.”
seinem Bruder das, was andere Leute nicht se-
                                                    hen konnten. Sein Vertrauen in das Talent sei-
                                                    nes Bruders war unerschütterlich.”

                                                    Während des Drehs beschäftigte sich Dafoe auch
                                                    mit van Goghs Sehnsucht nach Gemeinschaft,
                                                    nicht nur mit Freunden, Nachbarn und ande-
                                                    ren Künstlern, sondern auch zu Gott – ein Ver-
                                                    hältnis über das der Künstler sein ganzes Leben
                                                    lang schrieb. „Vincent empfand es so, als würde
                                                    er vor allem über die Natur Kontakt zu Gott be-
                                                    kommen.“, so Dafoe. „Er war von dem bren-
„Es ist gut, Charaktere zu kreieren, indem man      nenden Verlangen erfüllt, Gott mit den Mitteln
das Gleiche tut wie sie. Das verändert dich.“, so   von Farben, Licht und Perspektive und durch
Dafoe weiter. „Denn dann geht es nicht mehr         die völlige Hingabe an Landschaft und Natur
darum, diese Person zu interpretieren, sondern      näher zu kommen. Er versuchte eine Realität
in ihre Haut zu schlüpfen.” Dafoe identifizier-     jenseits der normalen Wahrnehmung einzufan-
te sich nicht nur mit van Goghs Person, indem       gen, in der er Gottes Nähe spüren konnte.” Für
er lernte, einen Pinsel zu halten, sondern auch     Dafoe war diese Sehnsucht nach der Essenz der
weil er sich wieder in Südfrankreich verliebte      Dinge – und nicht etwa die Krankheitsschübe
und sich mit allen Sinnen darauf einließ. „In       des Künstlers – der Weg, um sich in diese Rolle
der Natur draußen zu malen war der Schlüssel,       hineinzufinden: „Vincent kämpfte im Lauf sei-
um Vincent darzustellen.“, so der Schauspieler.     nes Lebens mit den verschiedensten Problemen,
„In der Anfangsphase des Drehs gingen Julian        was auch in seinen Briefen an Theo belegt ist.
und ich einfach nur in der Natur spazieren und      Aber ich habe mich nicht zwangsläufig darauf
sobald wir einen guten Fleck gefunden hatten,       konzentriert. Du willst dir kein Urteil über das
stoppten wir, um zu malen. Ein Teil davon war       erlauben, was andere Menschen durchmachen,
nur Übung. Aber als wir dann zu drehen anfin-       oder es mit einem Etikett versehen. Sein Leben
gen, wurde das Gefühl jener Tage sehr wichtig       und seine Arbeit erklärten sich von selbst. Ich
für die Essenz des Films.”                          interessierte mich vor allem dafür, wie er malte
                                                    und wie er jeden einzelnen Tag erlebte.”
Laut Schnabel schien Dafoes physische Stärke
auch den Altersunterschied zwischen Schau-          Ganz besonders gut lässt sich belegen, dass van
spieler und Figur aufzuheben. „Van Gogh war         Gogh und Gauguin in diesen Wochen viel mal-
zum Zeitpunkt seines Todes 37, Willem dagegen       ten. Laut Schnabel erkannte Gauguin, dass van
ist 63. Aber van Gogh war damals sehr ausge-        Gogh ihm künstlerisch und intellektuell eben-
zehrt und mitgenommen, und Willem ist in            bürtig war, selbst wenn beide die Welt komplett
exzellenter Verfassung.“, so Schnabel. „Es war      unterschiedlich sahen und deshalb auch anders
eine hoch anspruchsvolle Rolle, aber Willem         malten. „Die meisten Filme zeigen Gauguin als
war absolut fähig, all die Anstrengungen, die       Idioten, der mit van Gogh nicht klar kam. Aber
van Gogh auf sich nahm, nachzuvollziehen, etwa
wenn er zu Aussichtspunkten hochkletterte, von
denen er den gewünschten Blick hatte.“

Dafoe wollte die tiefe Zuneigung ausdrücken,
die van Gogh für seinen Bruder Theo empfand,
der einzigen Person, mit der er sich in jeder
Stimmung und Situation über Kunst und Le-
ben austauschen konnte. Dies zeigt sich in den
Szenen mit Rupert Friend. „Theo hat Vincent
gerettet.“, so Dafoe. „Er stand ihm in so vieler
verschiedener Hinsicht bei. Und Theo sah in
tatsächlich schrieb er nach seiner Abreise aus        Nominierung erhielt) über den High Tech-Mo-
Arles viele sehr schöne Dinge an und über van         gul in Alex Garlands EX MACHINA bis zum
Gogh. Es gibt einen Brief von ihm an van Gogh         Raumschiff-Piloten Poe Dameron in der neuen
in der Nervenheilanstalt, in dem er meinte, er        STAR WARS Serie. Und so genoss er es auch,
würde gerne ein Gemälde mit ihm tauschen. Und         den bohèmehaften Charme und die Vision ei-
dieser Brief ist effektiv eine der besten Rezensio-   nes Gauguins zu verkörpern.
nen, die van Gogh bekommen konnte. Denn für
van Gogh war Pauls Meinung sehr wichtig. Und          „Gauguins und van Goghs Zeit in Arles hat my-
auch Gauguin hatte van Gogh sehr gerne.”              thische Dimensionen angenommen, weil ihre
                                                      kreative Explosion so konzentriert in kurzer
Als Oscar Isaac ans Set kam, um seine Szenen          Zeit erfolgte.“, so Isaac. „Es machte wirklich
als Gauguin zu spielen, veränderte sich dadurch       Spaß, darüber zu lesen, und noch mehr Spaß,
auch der Dreh. Auf gewisse Weise spiegelt sich        im Spiel mit Willem die Dinge zu rekonstruie-
darin, wie Gauguins Ankunft in Arles van Goghs        ren, die sich womöglich ereigneten, wenn nie-
Leben änderte. „Bis zu meinem Eintreffen hatte        mand dabei war. Wir interessierten uns sehr
Julian den Film eher locker gedreht. Er war mit       dafür, wie diese beiden Maler kommunizierten
Willem durch die Natur gestreift und hatte ihn        und was sie einander bedeuteten. Van Gogh war
gefilmt, während sie sprachen und malten. Dann        die meiste Zeit ganz allein, in seinem Denken
kam plötzlich ich daher, und auf einmal gab es        eingesperrt, so dass Gauguin damals fast wie ein
richtige Szenen und Dialoge. Wir konnten daher        Rettungsanker war – als die einzige Person, die
alle authentisch nachempfinden, wie sich mit          womöglich einen Teil von seinen Absichten und
Pauls Ankunft eine neue Dynamik entwickelte.”         Plänen verstehen konnte.”

Isaac hatte ebenfalls eine ungewöhnlich gro-          In Isaacs Lieblingsszene malen van Gogh und
ße Bandbreite von Charakteren dargestellt,            Gauguin Seite an Seite, jeder auf der Suche –
von dem Folksänger, der nie den Durchbruch            aber nach etwas anderem. „Sie sitzen sprich-
schafft, in INSIDE LLEWYN DAVIS von den               wörtlich nebeneinander, aber van Gogh malt
Gebrüdern Coen (wofür er eine Golden Globe            das, was er mit seiner wilden Perspektive vor sich
sieht, während Gauguin etwas komplett Neu-          Delhomme wollte von der ersten Minute an
es erfindet. Sie ringen beide mit dem Sinn des      dabei sein, als er von dem Projekt hörte: „Ich
Malerdaseins und ihrer Arbeitsweise.”               dachte mir sofort: Ich will das fotografieren –
                                                    für Julian, für van Gogh, für Willem, den ich
Schnabel, Dafoe und ein Team aus Künstlern          beim Dreh zu THE MOST WANTED MAN
malten über 130 van Gogh-Gemälde. Um die-           kennengelernt hatte, und weil ich in den letz-
sen ambitionierten Plan umsetzen zu können,         ten 20 Jahren heimlich zwischen den Filmdrehs
rief die Produktion einen ungewöhnlichen            selbst malte. Es war die Chance, alles zu verbin-
Workshop ins Leben, den die französische Ma-        den, was ich liebe: Filmen und Malen.”
lerin Edith Baudrand leitete.
                                                    Er erinnert sich, auf welch unkonventionelle
So fertigte Baudrand ein Gemälde von Dafoe als      Weise er den Job bekam, nachdem ihn Schna-
van Gogh an, das dann von Schnabel übermalt         bel nach Montauk eingeladen hatte, um über
wurde. „Jeder Maler ist ganz unterschiedlich.“,     den Film zu sprechen: „Julian bat mich, ihm die
so Baudrand, die ihm bei der Arbeit zusah. „Ju-     Dialoge des Films auf Französisch vorzulesen.
lian ist sehr frei, wenn er selbst malt und van     Ich war erst starr vor Angst, aber ich habe es ge-
Goghs Vision zu seiner eigenen macht. Mei-          macht, ich genoss es, die Dialoge zu sprechen.
ne Arbeit bestand darin, ein Kunstwerk in van       Julian kann dir viel Stärke geben. Einmal bat er
Goghs Manier zu duplizieren oder zu schaffen,       mich, am Rande einer Klippe zu drehen, und
aber Julian ging dann einen Schritt weiter und      ich vergaß ganz, dass ich nicht schwindelfrei bin.
entwickelte diese Kunst freier und experimen-       Am nächsten Abend war ich in meinem Zimmer,
teller weiter, so dass seine Gemälde und Porträts   als ich einen Text von ihm bekam: ‘Hallo Ben,
extrem lebendig wirkten. Es war sehr interes-       ich male gerade.’ Ich nahm also meine Kamera
sant, die Verbindung dieser beiden Dimensio-        und lief in in sein Freiluft-Studio. Es war gera-
nen zu sehen.”                                      de die goldene Stunde unmittelbar vor Sonnen-
                                                    untergang, und da war Julian in seinen weißen
Schnabel hatte vor dem Dreh eine Vision für         Pyjamas und arbeitete gerade an den Riesenge-
das Design des Films entwickelt, aber sobald
die Aufnahmen vor Ort begannen, reagierte er
instinktiv auf die einzelnen Motive, darunter
Arles, die Nervenheilanstalt in St. Remy, Au-
vers-Sur-Oise und die große Galerie im Louvre.
Er stellte eine hoch kreative Crew zusammen, an
erster Stelle Kameramann Benoît Delhomme
(selbst ein Maler und bekannt für seine Arbeit
an Filmen wie DIE ENTDECKUNG DER UN-
ENDLICHKEIT, A MOST WANTED MAN
oder DER DUFT DER GRÜNEN PAPAYA),
Szenenbildner Stéphane Cressend (Art Direc-
tor bei DUNKIRK) und Kostümdesignerin Ka-
ren Muller-Serreau (NACH EINER WAHREN
GESCHICHTE, PASSION).

Delhommes organischer Stil passte ideal zu
Schnabels Vision. „Benoît hat einen brillianten
Job gemacht.“, so Schnabel. „Wir drehten mit
einer digitalen Kamera und manchmal folgte
Benoît einfach Willem, wenn der weit vom Weg
abwich, und ich musste dann sagen ‘Könnten
der Kameramann und der Schauspieler bitte
zurückkommen?’ Er drehte einfach wie ein Ver-
rückter, und die Bilder sind wunderschön.”
mälden für seine Ausstellung in San Francisco.     zenfeldern. Es gab keine bessere Weise, um in
Er nahm dafür einen sechs Meter langen Stab        Vincents Gedankenwelt einzutauchen und mich
mit einem Pinsel am Ende. Ohne zu fragen, be-      für diesen Dreh vorzubereiten – mit der oberen
gann ich zu filmen. Ich machte mir Sorgen, dass    Hälfte meines Körpers als Benoît Delhomme
ich seine Konzentration stören könnte, deshalb     und der unteren als Vincent.”
versuchte ich unsichtbar zu sein, so wie wenn
Schauspieler Monologe sprechen. Ich dreh-          Delhomme holte sich auch permanent Inspira-
te nonstop, bis es so dunkel war, dass er nicht    tion von van Goghs Briefen: „Seine Gedanken
mehr malen konnte. Ich verbrachte einen Teil       über das Malen und die Verantwortung eines
der Nacht mit dem Schnitt und zeigte Julian den    Künstler gegenüber der Welt, waren inspirie-
Film dann beim Frühstück. Kurz darauf hörte        rend für mich. Manche seiner Sätze waren wie
ich, wie Julian Produzent Jon Kilik anrief: ‘Be-   Mantren: ‘Lass dein Licht vor den Menschen
noît ist jetzt unser Kameramann.’”                 scheinen. Das ist die Pflicht jedes Malers’ oder:
                                                   ‘Lass dein Werk so voll Wissen sein, dass es naiv
Einige der ersten Einstellungen filmte Delhom-     wirkt und nicht deine Intelligenz verrät.’”
me ganz allein auf einem Weizenfeld in Schott-
land: „Julian dachte, dass wir für das Ende des    Wenngleich Schnabel und Delhomme über Fil-
Films ein paar Aufnahmen eines Weizenfelds         me wie Tarkovskijs ANDREJ RUBLJOW und
brauchten, also drehte ich mit einem Assis-        Bressons DAS TAGEBUCH EINES LAND-
tenten ohne Julian. Eine Woche vorher hatte        PFARRERS sprachen, so entwickelten sie den
mich Julian angerufen und gemeint, ich sollte      Stil von VAN GOGH - AN DER SCHWELLE
die Kostümdesignerin um ein Paar von Vin-          ZUR EWIGKEIT spontan. „Es gab keine Ein-
cents Hosen und Schuhen bitten. Er sagte: ‘Ich     stellungsliste und wir verbrachten einen ganzen
möchte, dass du sie trägst und dich beim Ge-       Tag damit, auf einem Feld von toten Sonnen-
hen filmst, so als wärst du van Gogh. Vielleicht   blumen zu drehen, als wären es menschliche
kannst du auch seinen Strohhut tragen und dei-     Wesen.“, so Delhomme. Der Film wurde weitge-
nen Schatten aufnehmen.’ Ich verbrachte also       hend mit Handkamera gedreht, und man nutzte
drei Tage im van Gogh-Kostüm auf den Wei-          eine speziell kreierte Haltevorrichtung, die eine
optimale Beweglichkeit erlaubte. „Ich musste       schwindelerregende Wirkung hat, weil in einem
mit Willem gehen und laufen. Deshalb musste        Bild zwei Tiefenschärfen kombiniert werden.
ich imstande sein, die Kamera auf den Boden        „Das kam davon, weil ich in eine Vintage-Ge-
zu stellen und sie dann plötzlich hochzuheben      schäft eine Sonnenbrille gekauft hatte, die sich
so wie ein Kriegsfotograf an der Front. Einmal     als Gleitsichtbrille herausstellte“, so Schnabel.
fragte ich Julian, ob mein Drehstil zu wacklig     „Der untere Teil der Brille hatte eine andere
sei, und er meinte: ‘Das ganze Leben steht auf     Tiefenschärfe als der obere, und ich dachte mir,
wackligen Füßen, deshalb wird auch dein Stil       dass das für Vincents Perspektive passen würde.
nicht zu wacklig sein.’ ”Delhomme fand sich von    So lassen sich Szenen in der Natur auf andere
Schnabels Wagemut angespornt: „Sein Mantra         Weise darstellen.”
ist immer ‘Der erste Gedanke ist der beste Ge-
danke.’ Er vertraute immer darauf, dass unsere     Als Delhomme die Brille aufsetzte, verstand er
Entscheidungen die richtigen waren.”               genau, was Schnabel wollte: „Diese Brille teilt die
                                                   Welt in zwei Räume, und er wollte die verwischte
Spontaneität war so sehr angesagt, dass Del-       Grenzlinie zwischen beiden Welten zeigen.”
homme manchmal die Kamera an Dafoe gab,
damit der aus seiner eigenen Perspektive dreh-     Auch die Farbwahl erzählt einen Teil der Film-
te. Manchmal sorgte auch die Natur für günstige    geschichte – vom dreckigen Dunst von Paris
Zufälle. „Eines Tages drehten wir Willem, wie er   über das intensive Licht Südfrankreichs bis zu
sich als Vincent auf einer Klippe im Sonnenun-     den urtümlichen Siena- und Umbratönen der
tergang ausruhte. Als er sich hinlegte, fing ich   Natur und den experimentellen Schattierungen
unbewusst die Sonne so ein, als würde sie exakt    und Tönungen in van Goghs Gemälden. (Gau-
in seinen offenen Mund untergehen, und ich         guin schrieb, dass er und van Gogh sich einen
musste einfach laut sagen: ‘Er isst die Sonne.’”   „ständigen Kampf wegen der Schönheit der
                                                   Farben lieferten.”) Daher war es entscheidend,
Um die subjektive Perspektive des Films zu ver-    so viel wie möglich draußen zu drehen. „Wenn
stärken, wählten Delhomme und Schnabel teil-       Vincent die Einheit mit der Natur erlebt, dann
weise eine geteilte Diopterblende – die eine       ist er ein reicher Mann, und es ist völlig egal,
Und das wurde auch für die Crew zum Mantra.
                                                     Das galt beispielsweise für die Rekonstruktion
                                                     des gelben Hauses, wo Van Gogh in Arles lebte:
                                                     „Ich sagte der Crew, dass wir keine Dokumenta-
                                                     tion machen.”, so Cressend. „Es gab viel wich-
                                                     tigere Dinge, die man bei diesem Haus zeigen
                                                     sollte – nicht wie es in Realität aussah. Wir bau-
                                                     ten also etwas Anderes. Denn wir wollten zeigen,
                                                     dass es sich wie ein Schutzraum anfühlte, in der
                                                     Vincent Gauguin willkommen heißt und wo sich
                                                     etwas zwischen den beiden abspielt.”

                                                     Schnabel und Kugelberg bauten oftmals Cres-
                                                     sends Szenenbilder weiter um, veränderten ins-
                                                     tinktiv die Requisiten oder die Gemälde an den
                                                     Wänden. Wobei berühmte Elemente unverän-
                                                     dert blieben – darunter eine Mauer, auf der laut
                                                     Gauguin van Gogh mit Kreide schrieb: „Je suis
                                                     Saint Esprit Je suis sain d‘esprit” bzw. „Ich bin
                                                     der Heilige Geist und ich bin im Geist gesund.”

                                                     Eine weitere bedeutungsvolle Szene spielt sich
                                                     in der Großen Galerie im Louvre ab, wo van
                                                     Gogh die Arbeit seiner Vorgänger Delacroix,
ob er Gemälde verkauft hat oder nicht. Das ist       Veronese und Frans Hals studiert: „Sie spre-
nicht sein Ziel. Deshalb mussten wir mit ihm in      chen ihn auf eine Weise an, so wie van Gogh die
die Natur gehen.”                                    Maler von heute anspricht.“, so Schnabel. „Es
                                                     hat schon etwas Besonderes, wie Künstler über
Die realen Schauplätze boten auch ihre eigene        das Grab hinaus kommunizieren.” Laurence des
Atmosphäre. Kugelberg erinnert sich an den           Cars kommentiert die Szene im Louvre folgen-
Dreh in Saint-Paul de Mausole, dem - auch            dermaßen: „Hier geht es insbesondere um die
heute noch - zur Nervenheilanstalt umfunk-           Frage des Vermächtnisses, nämlich darum, wie
tionierten Mönchskloster, wo van Gogh einige         man seinen einzigartigen Platz in der Geschich-
Monate verbrachte. „Es war schon erstaunlich,        te der Malerei findet.”
dass wir die Chance hatten, Vincents Zimmer
zu besuchen und vom gleichen Punkt wie er auf        Während der Dreharbeiten begannen Schnabel
den Garten nach draußen zu blicken.“, erinnert       und Kugelberg spontan mit dem Schnitt, ge-
sich Kugelberg an die Dreharbeiten. „Das hat         stalteten den Film, den sie gerade zum Leben
dem Film viel Authentizität gegeben.”                erweckten, und gestalteten ihn wieder um: „Wir
                                                     schnitten ihn überall, wo wir gerade waren.“, so
Szenenbildner Cressend fand schnell heraus,          Kugelberg. „Wir hörten nie auf, und auf diese
dass die Originalschauplätze für Schnabel nur        Weise war es wie Malen. Wir malten die Welt des
die Ausgangsbasis waren: „Es gibt viele Quel-        Films und es war unmöglich, sie während dessen
len für van Gogh, vielleicht zu viele. Du hast die   zu verlassen.”
Briefe, die Gemälde, die unzähligen Bücher.
Aber bei unserem ersten Treffen meinte Julian:       Für die Musik engagierte Schnabel Tatiana Li-
‘Wenn du behauptest, dass sich van Gogh einen        sovskaya, eine ukrainische Geigerin, die den ge-
Nagel an der linken Hand gebrochen hat, wird         fühlsgeladenen Soundtrack des Films mit dem
es zehn Leute geben, die behaupten, es wäre an       Klavier als Hauptinstrument schuf: „Tatiana
der rechten Hand gewesen.’ Es war also nicht         komponierte eine originelle Musik, die dich in
wirklich wichtig, das richtig hinzukommen,           die Klangwelt in van Goghs Kopf entführt.“, so
sondern einen guten Film zu machen.”                 der Regisseur.
Die Besetzung
WILLEM DAFOE (Vincent van Gogh)                    er auch für einen Golden Globe und Screen Ac-
                                                   tors Guild Award nominiert wurde, sowie für
In seiner legendären Karriere stand Willem Da-     THE FLORIDA PROJECT (2017), der ihm
foe für über 100 Produktionen, darunter einige     ebenfalls Nominierungen für einen Golden Glo-
der kultträchtigsten Filme unserer Zeit, vor der   be und SAG Award einbrachte. Zu seinen zahl-
Kamera. Für seine Vielseitigkeit, Bravour und      reichen Auszeichnungen zählen zwei Los Angeles
Risikobereitschaft erwarb er sich internationale   Film Critics’ Awards, ein New York Film Cri-
Anerkennung. Seine künstlerische Neugier, mit      tics’ Circle Award, ein National Board of Review
der er das menschliche Dasein in all seinen Fa-    Award, ein Independent Spirit Award sowie der
cetten auslotet, führte ihn zu großen und klei-    Ehren-Bär der Berlinale für sein Lebenswerk.
nen Projekten auf der ganzen Welt, von Holly-
wood-Filmen bis zum Independent-Kino.              Mit seiner Frau, der Regisseurin Giada Colag-
                                                   rande, arbeitete er bei vier Filmen zusammen:
1979 erhielt er eine Rolle in Michael's Ciminos    BOB WILSON’S LIFE & DEATH OF MARINA
HEAVEN’S GATE, von dem er allerdings ge-           ABRAMOVIC (2012), PADRE (2016), A WO-
feuert wurde. Seither arbeitete er mit Regisseu-   MAN – ZWISCHEN LIEBE UND OBSESSION
ren, die gewissermaßen eine Enzyklopädie des       (2010) und BEFORE IT HAD A NAME (2005).
modernen Kinos verkörpern: Kathryn Bige-
low, Sam Raimi, Alan Parker, Walter Hill, Mary     Seine kreative Abenteuerlust lässt sich an der
Harron, Wim Wenders, Anton Corbijn, Zhang          Vielfalt seiner Rollen ablesen – ob als Elite-
Yimou, Wes Anderson, Martin Scorsese, David        killer und Mentor von Keanu Reeves in dem
Lynch, Oliver Stone, William Friedkin, Werner      Neo-Noir-Film JOHN WICK (2014), seinen
Herzog, Lars Von Trier, Abel Ferrara, Spike        Synchronrollen als Halfterfisch Gill in FIN-
Lee, Julian Schnabel, David Cronenberg, Paul       DET NEMO (2003) oder Todesgott Ryuk in
Schrader, Anthony Minghella, Scott Cooper,         DEATH NOTE (2017) oder als besessener
Theo Angelopoulos, Christian Carion, Robert        FBI-Agent in dem Kultklassiker DER BLUTI-
Rodriguez, Phillip Noyce, Hector Babenco,          GE PFAD GOTTES (1999).
John Milius, Roger Donaldson, Paul McGui-
gan, Lee Tamahori, Roger Spottiswoode, Paul        Dafoe ist eines der Gründungsmitglieder des
Weitz, Daniel Nettheim, den Spierig Brothers,      New Yorker Experimentaltheaterkollektivs
Andrew Stanton, Josh Boone und Sean Baker.         Wooster Group. Zwischen 1977 und 2005 kon-
                                                   zipierte er alle Produktionen der Gruppe und
Sein letzter Film war James Wans AQUAMAN           trat darin sowohl in den USA als auch weltweit
(2018). Zudem stand er in Edward Nortons           auf. Seither arbeitete er mit Richard Foreman
MOTHERLESS BROOKLYN, Robert Eggers’                in „Idiot Savant” am Public Theatre (NYC) so-
THE LIGHTHOUSE, Dee Rees’ THE LAST                 wie den beiden internationalen Inszenierungen
THING HE WANTED und Ericson Cores                  „Robert Wilson: The Life & Death of Marina
TOGO vor der Kamera. Zu seinen nächsten            Abramovic“ und „The Old Woman“ mit Mikhail
Projekten zählt auch Abel Ferrara’s SIBERIA.       Baryshnikov. Zuletzt wirkte er an dem neuen
                                                   Theaterstück „The Minister's Black Veil“ nach
Dafoe erhielt drei Oscar®-Nominierungen als        der gleichnamigen Kurzgeschichte von Natha-
bester Nebendarsteller: für PLATOON (1986),        niel Hawthorne mit, das von Romeo Castellucci
SHADOW OF THE VAMPIRE (2000), für den              inszeniert wurde.
RUPERT FRIEND (Theo van Gogh)                        Seine Bühnenkarriere begann Friend in der
                                                     viel gepriesenen Edinburgh Fringe-Insze-
Der Darsteller war zuletzt in der von Ridley Scott   nierung von „Kassandra” und danach in der
produzierten Serie „Strange Angel“ von David         Londoner West End-Produktion „The Little
Lowery zu sehen. 2017 spielte er neben Steve         Dog Laughed”, die von Jamie Lloyd inszeniert
Buscemi, Michael Palin und Jeffrey Tambor in         wurde und in der Tamsin Greig and Gemma
Armando Iannuccis THE DEATH OF STALIN.               Arterton seine Partnerinnen waren. 2012 be-
                                                     kam er glänzende Kritiken für seine Leistung
Am bekanntesten ist Friend für die Rolle             in Dennis Potters „Brimstone And Treacle” am
des Peter Quinn aus fünf Staffeln der Serie          Arcola Theatre in London. Seine Ausbildung
„Homeland“, für die er eine Emmy-Nominie-            erhielt er an der Webber Douglas Academy of
rung erhielt.                                        Dramatic Art in London.

Zum ersten Mal machte er sich einen Namen,           Abgesehen von seinen beiden BIFA-Nominie-
als er für seine erste professionelle Rolle in THE   rungen wurde er 2005 bei den Satellite Awards
LIBERTINE (2004) mit Johnny Depp und John            zum ‚herausragenden neuen Talent’ gekürt
Malkovich für einen British Independent Film         und 2013, 2014, 2015 sowie 2016 gemeinsam
Award als ‚bester Newcomer’ nominiert wur-           mit dem Ensemble von „Homeland“ für einen
de. Darauf spielte er den Mr. Wickham in Joe         Screen Actors Guild Award nominiert.
Wrights Adaption von STOLZ & VORURTEIL
(2005). 2008 war er neben Vera Farmiga und           Rupert Friend ist überdies als Autor, Produzent
David Thewlis in DER JUNGE IM GESTREIF-              und Texter tätig. Er war Koautor- und produ-
TEN PYJAMA zu sehen und 2009 neben Emily             zent des Kurzfilms THE CONTINUING AND
Blunt in VICTORIA, DIE JUNGE KÖNIGIN,                LAMENTABLE SAGA OF THE SUICIDE
das von Jean-Marc Vallée inszeniert wurde. Im        BROTHERS, der 2009 beim New Hampshi-
selben Jahr spielte er an der Seite von Michelle     re Film Festival als beste Komödie ausgezeich-
Pfeiffer die Titelrolle von Stephen Frears’ CHÉ-     net wurde. Außerdem schrieb, inszenierte und
RI – EINE KOMÖDIE DER EITELKEITEN.                   produzierte er den Kurzfilm STEVE (2010)
                                                     mit Colin Firth, für den er den Crystal Vision
2013 spielte Friend die Nebenrolle des Oliver        Award des FLICKERS: Rhode Island Interna-
Baumer in David Mackenzies MAUERN DER                tional Film Festival erhielt. Auch verfasste er die
GEWALT, der für acht British Independent             Texte für das Album „Everything We Hold“ der
Film Awards nominiert wurde – darunter einen         mit dem MOBO Award ausgezeichneten eng-
für Friend als bester Nebendarsteller. 2015 wie-     lischen Gruppe Kairos, das vom Observer als
derum war er neben Hannah Ware und Zachary           eines der ‚heimlichen Juwelen’ des Jahres 2013
Quinto als Agent 47 in Fox’ HITMAN: AGENT            gekürt wurde. Aktuell entwickelt Friend seinen
47 zu sehen.                                         ersten Langfilm als Autor und Regisseur.
MADS MIKKELSEN (Priester)                          Sein Filmdebüt gab er 1996 mit der Hauptrol-
                                                   le des ersten Teils von Nicolas Winding Refns
Zu seinen bekanntesten Rollen der letzten Jahre    (DRIVE, 2011) international erfolgreicher Kri-
zählten der Galen Erso, ein Wissenschaftler im     minaldrama-Trilogie PUSHER. Seine Rolle als
Dienste des bösen Imperiums, in STAR WARS:         heruntergekommener Dealer und Junkie spielte
ROGUE ONE (2016) und der gegen die Macht           er auch in der vielfach erwarteten Fortsetzung
der Zeit ankämpfende Bösewicht Kaelius im          PUSHER II (2004), der ihm die Robert-Statu-
Marvel-Film DOCTOR STRANGE (2016) mit              ette als ‚Bester Schauspieler’ von der dänischen
Benedict Cumberbatch und Tilda Swinton.            Filmakademie und den Bodil Award als ‚Bester
International einen Namen machte sich Mik-         Schauspieler’ von der nationalen Filmkritiker-
kelsen auch mit der Titelrolle der Fernsehserie    vereinigung Dänemarks einbrachte.
„Hannibal“, in der er den renommierten Psy-
chologen und soziopathischen Serienkiller Dr.      2006 spielte er den Bösewicht Le Chriffe in
Hannibal Lector nach den Romanklassikern von       JAMES BOND 007 – CASINO ROYALE. Der
Thomas Harris spielte.                             Film wurde von der Kritik sehr positiv aufge-
                                                   nommen und avancierte mit einem weltweiten
Mikkelsen wurde in Kopenhagen geboren und          Einspielergebnis von $ 594 Millionen zum bis
begann seine Berufslaufbahn als Turner und         dahin erfolgreichsten Bond-Film. Im selben
Tänzer. Er arbeitete kontinuierlich für Theater,   Jahr hatte Mikkelsen die Hauptrolle des Os-
Fernsehen und Film und avancierte auf diese        car®-nominierten NACH DER HOCHZEIT,
Weise zu einem der größten Stars in Dänemark       der von der Oscar®-preisgekrönten Regisseurin
und Skandinavien. Als Anerkennung für seine        Susanne Bier inszeniert wurde. 2009 tat er sich
Leistungen wurde er 2016 in die Jury des Film-     bei der Wikinger-Saga WALHALLA RISING er-
festivals von Cannes berufen.                      neut mit Nicolas Winding Refn zusammen. Ein
                                                   Jahr später spielte er die Rolle des Draco in dem
Zu seiner Filmografie gehört auch der Os-          3D-Fantasyabenteuer KAMPF DER TITANEN,
car®-nominierte Film DIE KÖNIGIN UND               das von Louis Leterrier inszeniert wurde. 2011
DER LEIBARZT (2012), wo er den deutschen           wiederum war er für Regisseur Paul W.S. Ander-
Arzt Johann Friedrich Struensee spielte, der zu    son in der Rolle des Rochefort in der 3D-Ad-
einem Vertrauten des geistig kranken Königs        aption von DIE DREI MUSKETIERE zu sehen.
Christian VII wurde und dann eine Affäre mit       Seine Kollegen bei diesem Film waren Orlando
dessen Frau, Königin Caroline Mathilde, hatte.     Bloom, Christoph Waltz und Milla Jovovich.
2012 wurde Mikkelsen für Thomas Vinterbergs
DIE JAGD beim Festival von Cannes als bester       2018 feierte der Thriller ARCTIC beim Film-
Schauspieler ausgezeichnet. In dem Film spielt     festival von Cannes Premiere, wo Mikkelsen ei-
er einen Erzieher, der fälschlicherweise des       nen Mann darstellte, der nach einer Bruchlan-
Kindesmissbrauchs bezichtigt wird. 2013 war        dung in der Arktis in der unmenschlichen Kälte
Mikkelsen zudem in LANG LEBE CHARLIE               und Einsamkeit zu überleben versucht. Zuletzt
COUNTRYMAN zu sehen, wo er neben Shia              beendete er den Dreh der Comic-Adaption
LaBeouf, Rupert Grint und Evan Rachel Wood         POLAR, die von Jonas Åkerlund für Netflix in-
den gewalttätigen Verbrecherboss Nigel spielte.    szeniert wurde.
MATHIEU AMALRIC (Doktor Paul Gachet)                EMMANUELLE SEIGNER (Md Ginoux)

Der französische Regisseur und Schauspieler ist     Die Darstellerin wurde in eine berühmte fran-
weltweit für seine darstellerischen Leistungen in   zösische Schauspielerfamilie hineingeboren.
Steven Spielbergs MÜNCHEN (2005) und Ju-            Ihr Großvater war der berühmte Bühnenmime
lian Schnabels SCHMETTERLING UND TAU-               Louis Seigner, und auch ihre Tante war Schau-
CHERGLOCKE (2007), für den er den César             spielerin. Beide gehörten der berühmten Co-
als bester Schauspieler gewann, sowie als Böse-     médie Française an. Als junges Mädchen schaute
wicht von JAMES BOND 007 – EIN QUAN-                sie ihren Auftritten immer von hinter der Büh-
TUM TROST (2008) bekannt. Er gehörte über-          ne aus zu.
dies zum Ensemble von Wes Andersons GRAND
BUDAPEST HOTEL (2014) und erhielt den               Im Alter von 14 begann Seigner zu modeln und
César als bester Schauspieler für die Hauptrolle    gab dann in Jean-Luc Godards DETECTIVE
in Arnaud Desplechins viel gepriesener Tragi-       (1985) ihr Schauspieldebüt. Ihre Filmogra-
komödie DAS LEBEN IST SELTSAM (2004).               fie umfasst unter anderem: FRANTIC (1988)
Mit Desplechin arbeitete er auch bei ICH UND        BITTER MOON (1992), PLACE VENDÔME
MEINE LIEBE (1996), EIN WEIHNACHTS-                 – HEISSE DIAMANTEN (1998), DIE NEUN
MÄRCHEN (2008), TROIS SOUVENIRS DE                  PFORTEN (1999), BACKSTAGE (2005),
MA JEUNESSE (2O15) und LES FANTÔMES                 SCHMETTERLING UND TAUCHERGLO-
D’ISMAËL (2017) zusammen.                           CKE (2007), LA VIE EN ROSE (2007), AFFÄ-
                                                    REN À LA CARTE (2009), ESSENTIAL KIL-
Amalric erfreut sich auch wachsender Anerken-       LING (2010), VENUS IM PELZ (2013), DIE
nung für seine Arbeit als Regisseur, Autor und      LEBENDEN REPARIEREN (2016), NACH
Produzent. Sein Film TOURNÉE (2010) feierte         EINER WAHREN GESCHICHTE (2017) und
Premiere in Cannes, wo er für die beste Regie       die TV-Serie „Insoupçonnable“.
ausgezeichnet wurde, und erhielt zahlreiche Cé-
sar-Nominierungen. In 2014 inszenierte er mit
sich in der Hauptrolle DAS BLAUE ZIMMER,            AMIRA CASAR (Johanna van Gogh)
einen erotischen Thriller nach einer Romanvor-
lage von Georges Simenon, der in Cannes in der      Die mehrsprachige, europäische Darstellerin
Sektion ‚Un Certain Regard’ lief. Seine letzte      studierte Theater am Conservatoire National
Arbeit als Regisseur und Koautor war BARBARA        d‘Art Dramatique de Paris. Sie spielte in 61
(2017) mit Hauptdarstellerin Jeann Balibar, die     hochkarätigen Film- und Fernsehproduktionen
in einer Doppelrolle die berühmte französische      von ‚Avantgarde’-Regisseuren wie Catherine
Sängerin und eine Schauspielerin darstellte, die    Breillat (ROMANCE 2 – ANATOMIE EINER
diese zu porträtieren versuchte. Der Film wurde     FRAU, 2004), Bertrand Bonnelo, Werner
mit dem Poetry of Cinema Award in Cannes aus-       Schroeter, Carlos Saura und den Gebrüder
gezeichnet und erhielt mehrere Nominierungen        Quay, ebenso wie in der TV-Serie „Versailles“,
für einen César, den Balibar als beste Schauspie-   wo sie sich in der komplexen Rolle der gefähr-
lerin gewinnen konnte.                              lichen Beatrice auszeichnete. 2018 war sie in
                                                    Luca Guadagninos Oscar®-prämiertem CALL
                                                    ME BY YOUR NAME zu sehen.

                                                    Auf der Bühne war sie in „Hedda Gabler“ und
                                                    „Jeanne au Bucher“ am Barbican und zuletzt in
                                                    der Rolle der Olga in Simon Stones viel gelobter
                                                    Inszenierung von „Drei Schwestern“ am Odeon
                                                    Theater in Paris zu erleben, mit der sie auch auf
                                                    Tournee ging.

                                                    Als Nächstes kommen ihre Filme RED SNAKE
                                                    und CURIOSA ins Kino.
ANNE CONSIGNY (Lehrerin)                           meil inszenierten TV-Serie „L’état de Grace“.
                                                   2007 wurde sie von Julian Schnabel für die
Schon als Kind wollte Anne Consigny Schau-         Rolle von Mathieu Amalrics Assistentin in dem
spielerin werden. Bereits mit neun spielte sie     vielfach ausgezeichneten SCHMETTERLING
ihre erste Theaterrolle in Claudels „Le Soulier    UND TAUCHERGLOCKE besetzt. Danach
de satin“, das Jean-Louis Barrault inszenierte.    spielte sie eine Mörderin in Pascal Bonitzers
Mit 17 schloss sie ihr Studium am Conservatoire    LE GRAND ALIBI (2008). In Arnaud Desple-
national d’art dramatique, der nationalen The-     chins EIN WEIHNACHTSMÄRCHEN (2008)
ater- und Schauspielschule Frankreichs, mit        spielte sie die Schlüsselrolle der Elizabeth, der
dem ersten Preis ab und wurde von Peter Brook      Schwester von Mathieu Amalric, für die sie für
für die Rolle der Anna in Tschechows „Der          einen César als beste Nebendarstellerin nomi-
Kirschgarten“ angeheuert, wo sie neben Michel      niert wurde. In Lucas Belvaux’ RAPT (2009)
Piccoli und Niels Arestrup spielte. Im nächsten    spielte sie die leidgeprüfte Frau von Yvan Attal –
Jahr stieß sie zum nationalen Theaterensemble      eine Rolle, die ihr wiederum eine César-Nomi-
der Comédie française. 1984 heuerte Regisseur      nierung als beste Nebendarstellerin einbrachte.
Manoel de Oliveira sie für seine Filmversion
von DER SEIDENE SCHUH an, die ihr großes           Wenngleich Anne Consigny gerne mit großen
Presselob einbrachte. Nach diesen wunderbaren      Autorenfilmern wie Alain Resnais in VOR-
Erfahrungen entschloss sie sich, ihre Karriere     SICHT SEHNSUCHT (2009) und IHR WER-
dem Theater zu widmen. Seither ist sie von den     DET EUCH NOCH WUNDERN (2012) ar-
französischen Bühnen nicht mehr wegzuden-          beitete und auch experimentelle Streifen wie
ken. Schauspielerin Emmanuelle Riva wählte         HISTORY’S FUTURE (2016) von der hollän-
sie als ihre Partnerin in der Inszenierung von     dischen Künstlerin Fiona Tan schätzt, so spiel-
Marguerite Duras’ „Savannah Bay” (2014). Der       te sie zugleich in Mainstream-Filmen wie der
international renommierte Autor Florian Zel-       Großproduktion LARGO WINCH (2008),
ler wiederum suchte sie für die Premiere seines    dem deutschen Film JOHN RABE (2009) von
jüngsten Stücks „Le Fils“ in Paris aus.            Florian Gallenberger oder populären Komö-
                                                   dien wie TRIFF DIE ELISABETHS! (2009)
Erst Anfang des 21. Jahrhunderts kehrte Con-       und deren Fortsetzung. 2012 und 2015 hatte
signy ins Kino zurück. Nachdem sie zum ersten      sie eine der Hauptrollen in den beiden Staffeln
Mal mit Arnaud Desplechin bei EN JOUANT            der viel gepriesenen Serie „The Returned“, die
‚DANS LA COMPAGNIE DES HOMMES‘                     2013 den International Emmy Award als bes-
(2003) zusammengearbeitet hatte, spielte sie       ten Dramenserie gewann. 2016 spielte sie in
Gérard Depardieus Frau in dem Krimi 36 –           Paul Verhoevens ELLE die Rolle von Isabelle
TÖDLICHE RIVALEN (2004), den Olivier               Hupperts bester Freundin, für die sie für einen
Marchal inszenierte. Ihr Status wurde durch        César als beste Nebendarstellerin nominiert
den Erfolg von MAN MUSS MICH NICHT                 wurde. 2018 hatte sie nicht nur Hauptrollen in
LIEBEN (2005) von Stéphane Brizé gefestigt.        zwei französischen Serien (darunter „Hippoc-
Ihre Rolle als Tangopartnerin von Patrick Ches-    rate“), sondern wirkte neben VAN GOGH - AN
nais brachte ihr eine César-Nominierung ein.       DER SCHWELLE ZUR EWIGKEIT auch in
2006 drehte sie mit Benoît Poelvoorde Philippe     zwei weiteren Filmen, der populären Komödie
Leguays die Komödie DU JOUR AU LENDE-              ABDEL ET LA COMTESSE und dem italieni-
MAIN. Im gleichen Jahr spielte sie die französi-   schen Sozialdrama 7 MINUTI mit.
sche Staatspräsidentin in der von Pascal Chau-
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