Analyse der Seehafenhinterlandverkehre der bremischen Häfen bis zum Jahr 2030 - Bremenports
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Analyse der Seehafenhinterlandverkehre der bremischen Häfen bis zum Jahr 2030 - Endbericht - Bremen, Juni 2015 Auftraggeber: Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen und bremenports GmbH & Co. KG Erstellt von: Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik Institute of Shipping Economics and Logistics und: Prof. Dr. Klaus Holocher
Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik Institute of Shipping Economics and Logistics Universitätsallee 11/13 Ansprechpartner: 28359 Bremen Dr. Sönke Maatsch Deutschland e-Mail: maatsch@isl.org Tel.: +49-421-22096-0 Tel: +49-421-22096-32 Fax: +49-421-22096-77 http://www.isl.org Michael Tasto e-Mail: tasto@isl.org Tel: +49-421-22096-73
INHALT Inhalt INHALT III TABELLENVERZEICHNIS IV ABBILDUNGSVERZEICHNIS V GLOSSAR VI EINLEITUNG 1 1 PROBLEMSTELLUNG 2 2 METHODIK 4 2.1 REGIONALSTRUKTUR 4 2.2 STRUKTUR- UND WETTBEWERBSANALYSE 5 2.2.1 Containerverkehrsmodell Stufe 1: Marktsegmente und regionales Detail Feederverkehre 5 2.2.2 Containerverkehrsmodell Stufe 2: Feingliederung Hinterlandverkehre 6 2.2.3 Umschlag von Massengütern und konventionellen Stückgütern 12 2.2.4 Automobilumschlag 12 3 ENTWICKLUNG DES UMSCHLAGVOLUMENS DER BREMISCHEN HÄFEN 16 4 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN 18 4.1 CONTAINERVERKEHRE 19 4.2 MASSENGUTVERKEHRE 24 4.3 NICHT-CONTAINERISIERTE STÜCKGUTVERKEHRE 26 4.3.1 Automobilumschlag 27 4.3.2 Sonstiger nicht containerisierter Umschlag 30 5 WETTBEWERBSANALYSE 33 5.1 MARKTANTEILE DER NORDRANGEHÄFEN IM CONTAINER-VERKEHR 33 5.2 MARKTANTEILE DER WETTBEWERBSHÄFEN IM MASSENGUTVERKEHR 37 5.3 MARKTANTEILE DER WETTBEWERBSHÄFEN IM NICHT-CONTAINERISIERTEN STÜCKGUTVERKEHR 40 5.3.1 Marktanteile der Wettbewerbshäfen im Automobilverkehr 40 5.3.2 Marktanteile der Wettbewerbshäfen im übrigen nicht-containerisierten Stückgutverkehr 53 6 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN 55 6.1 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE IM CONTAINERVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN 55 6.2 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE IM MASSENGUTVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN 59 6.3 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE IM NICHT-CONTAINERISIERTEN STÜCKGUTVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN 61 6.3.1 Prognose der Umschlagpotenziale im Automobilverkehr der bremischen Häfen 61 6.3.2 Prognose der Umschlagpotenziale im sonstigen nicht-containerisierten Stückgutverehr der bremischen Häfen 62 6.4 ZUSAMMENFASSUNG DER PROGNOSEERGEBNISSE (ALLE LADUNGSSEGMENTE) 63 ZUSAMMENFASSUNG 67 ISL III
TABELLENVERZEICHNIS Tabellenverzeichnis Tab. 1 Wettbewerbshäfen Container 12 Tab. 2 Umschlag Bremerhavens und Bremens nach Ladungsarten 2013 19 Tab. 3 Nordrangehäfen und bremische Häfen: Containerhinterlandverkehr nach Hinterlandregionen und Modal Split 2013 (in 1000 TEU) 22 Tab. 4 See-Eingang bedeutender Massengüter in die bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 25 Tab. 5 See-Ausgang bedeutender Massengüter aus den bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 26 Tab. 6 Fahrzeugumschlag in Bremerhaven 2012 und 2013 (in 1.000 Stück u 1.000 t) 27 Tab. 7 Regionale Struktur des Automobilverkehrs über Bremerhaven 2013 (in 1.000 Stück) 28 Tab. 8 See-Eingang übriger konventioneller Stückgüter in die bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 31 Tab. 9 See-Ausgang übriger konventioneller Stückgüter aus den bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 32 Tab. 10 Fahrzeugumschlag ausgewählter Nordrangehäfen 2008-2013 in 1.000 Stück 41 Tab. 11 Fahrzeugumschlag in Emden 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 43 Tab. 12 Fahrzeugumschlag in Cuxhaven 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 45 Tab. 13 Fahrzeugumschlag in Hamburg 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 46 Tab. 14 Fahrzeugumschlag in Amsterdam 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 48 Tab. 15 Fahrzeugumschlag in Rotterdam 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 48 Tab. 16 Fahrzeugumschlag in Antwerpen 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 49 Tab. 17 Fahrzeugumschlag in Zeebrügge 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 51 Tab. 18 Umschlagpotenzial bedeutender Massengüter im See-Eingang der bremischen Häfen im Jahr 2030 60 Tab. 19 Umschlagpotenzial bedeutender Massengüter im See-Ausgang der bremischen Häfen im Jahr 2030 61 Tab. 20 Umschlagpotenzial Fahrzeuge der bremischen Häfen im Jahr 2030 62 Tab. 21 Umschlagpotenzial der sonstigen nicht-containerisierten Stückgüter im See-Eingang der bremischen Häfen im Jahr 2030 63 Tab. 22 Umschlagpotenzial der sonstigen nicht-containerisierten Stückgüter im See-Ausgang der bremischen Häfen im Jahr 2030 63 Tab. 23 Zusammenfassung: Gesamtumschlag der bremischen Häfen bis 2030 64 Tab. 24 Bremische Häfen: Containerhinterlandverkehr nach Hinterlandregionen und Modal Split 2013 (in 1000 TEU) 69 Tab. 25 Bremische Häfen: Automobil-Hinterlandverkehre nach Hinterlandregionen und Modal Split 2013 71 Tab. 26 Bremische Häfen: Gesamtumschlag und Hinterlandverkehr 2013-2030 72 ISL IV
ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Abgrenzung der Hinterlandregion und regionale Gliederung 4 Abb. 2 Containerverkehrsmodell Stufe 1: Shortsea Shipping Survey 6 Abb. 3 Containerverkehrsmodell Stufe 2: Hinterland Survey 7 Abb. 4 Hinterlandverteilung im Containerverkehr: erste vs. zweite Verteilung 8 Abb. 5 Datenhierarchie Intermodalverkehr 10 Abb. 6 Datenhierarchie Lkw-Direktverkehr 11 Abb. 7 Produktionsstätten für Neufahrzeuge im Bremer Hinterland 14 Abb. 8 Entwicklung des Seegüterumschlags in den bremischen Häfen im Zeitraum 1980 - 2013 16 Abb. 9 Entwicklung des Containerumschlags in den bremischen Häfen im Zeitraum 1980 - 2013 17 Abb. 10 Automobilumschlag Bremerhavens 1980-2013 (in 1.000 Stück) 17 Abb. 11 Prozentuale Aufteilung des Seegüterumschlags der bremischen Häfen nach Ladungsarten 2013 18 Abb. 12 Containerumschlag in den bremischen Häfen nach Segmenten 2013 20 Abb. 13 Bremen/Bremerhaven: Container-Hinterlandaufkommen nach Regionen 2013 (TEU) 21 Abb. 14 Bremische Häfen: Lkw-Anteil und Modal Split nach Hinterlandregionen 2013 23 Abb. 15 Bremische Häfen: Intermodalverkehre nach Hauptrouten und wichtigste Terminals im Hinterland 2013 24 Abb. 16 Automobil-Hinterlandverkehre Bremerhavens in 2013 - Importnachlauf 29 Abb. 17 Automobil-Hinterlandverkehre Bremerhavens in 2013 - Exportvorlauf 30 Abb. 18 Nordrangehäfen: Containerumschlag nach Marktsegmenten 2013 33 Abb. 19 Marktanteile der Nordrangehäfen 1980-2013 34 Abb. 20 Bremen/Bremerhaven: Marktanteil im Hinterland und Marktgröße 2013 35 Abb. 21 Massengut See-Eingang von Erzen in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 37 Abb. 22 Massengut See-Eingang von flüssigen Ölprodukten in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 38 Abb. 23 Massengut See-Eingang von Kohle in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 39 Abb. 24 Massengut See-Eingang „sonstiger trockener Güter“ in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 40 Abb. 25 Automobilumschlag ausgewählter deutscher Nordrangehäfen 2008-2013 in 1.000 Stück 41 Abb. 26 Marktanteile der Automobilumschlaghäfen in der Nordrange2013 42 Abb. 27 Automobilumschlag Emdens 2008-2013 (in 1.000 Stück) 42 Abb. 28 Automobilumschlag Cuxhavens 2008-2013 (in 1.000 Stück) 44 Abb. 29 Automobilumschlag Hamburgs 2008-2013 (in 1.000 Stück) 46 Abb. 30 Automobilumschlag Antwerpens 2008-2013 (in 1.000 Stück) 49 Abb. 31 Automobilumschlag Zeebrügges 2008-2013 (in 1.000 Stück) 51 Abb. 32 Konventioneller See-Ausgang von Eisen und Stahl in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 54 Abb. 33 Erwartetes Marktwachstum Containerverkehr nach Regionen 2013-2030 56 Abb. 34 Containerumschlagpotenziale der Nordrangehäfen bis 2030, neutrale Wirtschaftsprognose, ohne Berücksichtigung Direktanläufe Ostseeraum / Adriahäfen 57 Abb. 35 Aufteilung des Seegüterumschlags der bremischen Häfen nach Ladungsarten 2013 68 Abb. 36 Hauptgütergruppen im Massengutverkehr der bremischen Häfen im Jahr 2013 70 ISL V
GLOSSAR Glossar Deepsea-Verkehre Sämtliche Seeverkehre mit seeseitigem Ursprung bzw. Ziel außerhalb Europas (Überseeverkehre) Deepsea-Land Hinterlandverkehre, deren seeseitige Herkunfts- bzw. Bestimmungs- region außerhalb Europas (Überseeverkehre) liegt. Erste Verteilung Im Containerverkehr gibt die erste Verteilung das Fahrtziel bzw. den Ursprungsort im Hinterland desjenigen Verkehrsmittels an, das den Container durch das Containerterminal-Gate transportiert. Dies sind bei Bahn und Binnenschiff die Intermodalterminals oder – in Einzel- fällen – die werkseigenen Containerumschlagsanlagen der Verlader. 1 Für den Lkw ist Quelle bzw. Ziel unmittelbar der Verlader (s.a. „Zweite Verteilung“). Feeder-Verkehre: Feederverkehre entsprechen im Containerverkehrsmodell Nordran- gehäfen (NECTM) dem Transport von Containern im →Tranship- ment auf der kürzeren Seestrecke. Dieser „Short Haul“ entspricht im Falle der Nordrangehäfen in der Regel dem innereuropäischen Zu- lauf- bzw. Verteilerverkehr. Bei innereuropäischem Transhipment (z.B. Ostsee-Nordrangehafen-Mittelmeer) wird die kürzere Seestrecke (hier Ostsee) als Feederstrecke definiert. Hinterlandverkehre Container, die den Hafen über See erreichen und mit Landverkehrs- trägern verlassen (See-Ein, Land-Aus) sowie Container, die den Hafen per Landverkehrsträger erreichen und über See verlassen (Land-Ein, See-Aus); beinhaltet direkte Erzeugung und direkten Verbrauch. Intermodalverkehre Unter Intermodalverkehren werden in der vorliegenden Analyse die- jenigen →Hinterlandverkehre zusammengefasst, bei denen im Hinter- land ein Verkehrsträgerwechsel stattfindet (z.B. Bahn-Lkw oder Bin- nenschiff-Lkw). LCL-Verkehre LCL-Verkehre („Less than Container Load“) bezeichnet im Zusam- menhang mit Container-Hinterlandverkehren die nicht containerisierte Verteilung von Waren aus Distributionszentren im Hinterland bzw. den nicht-containerisierten Zulauf zu den Container- packstationen. Marktsegment Sofern nicht anders angegeben bezeichnet der Begriff „Marktseg- ment“ die drei Hauptsegmente im Containerumschlag der Nordran- gehäfen: Deepsea-Land, Shortsea-Land und Transhipment. Modal Split Prozentuale Verteilung eines bestimmten Verkehrsstroms auf einzel- ne →Verkehrsträger 1 Bei werkseigenen Umschlagsanlagen entspricht die Quelle bzw. das Ziel im Hinterland der Quelle bzw. dem Ziel in der Zweiten Verteilung. ISL VI
GLOSSAR NST-2007 Einheitliches Güterverzeichnis für die Verkehrsstatistik (aus dem Französischen „Nomenclature uniforme des marchandises pour les statistiques de transport“) in seiner 2007 durch die EU beschlossenen Fassung. Siehe auch: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/Tr ansportVerkehr/Gueterverkehr/Tabellen/NST2007.pdf?__blob=pu blicationFile 2 NUTS Einheitliche europäische Klassifikation der Gebietseinheiten für die Statistik (aus dem Französischen „Nomenclature des Unités territo- riales statistiques“) mit vier Ebenen: • Ebene 0: entspricht den Staaten, z.B. DE=Deutschland • Ebene 1: entspricht in Deutschland den Bundesländern, z.B. DE5=Bremen • Ebene 2: entspricht in Deutschland den Regierungsbezirken wo vorhanden (z.B. DE93=Lüneburg), sonst wie Ebene 1 (DE60=Bremen) • Ebene 3: entspricht in Deutschland den Stadt- bzw. Landkreisen wo vorhanden (z.B. DE936=Osterholz), sonst wie Ebene 2 bzw. 1 (z.B. DE300=Berlin) Shortsea-Verkehre Sämtliche Seeverkehre mit seeseitigem Ursprung bzw. Ziel innerhalb Europas Shortsea-Land Seehafen-Hinterlandverkehr des betreffenden Hafens mit europäi- schen See-Korrespondenzregionen Transhipment (auch: Umladung) Transhipment beinhaltet Verkehre, die den Hafen auf dem Seeweg sowohl erreichen als auch wieder verlassen, d.h. der betrachtete Hafen ist weder erster Herkunfts- noch letzter Bestim- mungshafen, sondern dient nur der Umladung. Verkehrsträger In der vorliegenden Analyse wird im Zusammenhang mit →Hinter- landverkehren zwischen den Verkehrsträgern Schiene, Straße und Wasserstraße unterschieden. Synonym werden in diesem Zusammen- hang die Verkehrsmittel Bahn, Lkw und Binnenschiff verwendet. Zweite Verteilung Die zweite Verteilung nimmt den Ort im Hinterland zur Grundlage, an dem der Container be- bzw. entpackt wird. Dies können also In- dustrieunternehmen sein, oder Sammel- und Verteillager. Bei →LCL- Verkehren wird der letzte Packort (Export) bzw. der erste Entpackort angesetzt (Import). Im Gegensatz zur „Ersten Verteilung“ sind somit Intermodalterminals keine Quell- bzw. Zielorte. 2 aufgerufen am 01.04.2015 ISL VII
EINLEITUNG Einleitung Das Bundesland Bremen bildet mit seinen Häfen einen der wichtigsten Logistikstandorte Deutschlands. Für die bremische Wirtschaft stellt der Hafen und Logistiksektor einen traditionellen Kernbereich dar, der in immer stärkerem Maße von der Integration in nationale und internationale Verkehrsströme abhängig ist. Die Funktionsfähigkeit der Häfen und deren Hinterlandanbindung sind zentral für die Region und für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Die infrastrukturelle Anbindung der relevanten Hinterlandregionen an den Hafen ist von zentraler Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Häfen. Die bremischen Häfen sind heute grundsätzlich hervorragend über Straße, Schiene und Binnenwasserstraße an das nationale und europäische Hinterland angebunden, wobei vor allem der Schienenanbindung eine besondere Bedeutung zukommt: Annähernd die Hälfte aller nach Bremerhaven bzw. von dort ins Hinterland transportierten Container und sogar mehr als zwei Drittel der Automobile nehmen den Weg über die Schiene. Die Entwicklung der Seehäfen ist abhängig von der Entwicklung der für den Hafen wichtigsten Fahrtgebiete sowie der Entwicklung der relevanten Hinterlandregionen, die durch Feederdienste und Hinterlandverkehre bedient werden. Aussagen zur zukünftigen Entwicklung des Gesamtumschlagvolumens setzen daher eine solide Kenntnis dieser Verkehrsströme voraus. In den vergangenen Jahren hat sich die Datenlage insbesondere im Bereich der landseitigen Verkehre drastisch verschlechtert. Mittlerweile stehen kaum noch tragbare statistische Grundlagen für hafenpolitische oder unternehmerische Entscheidungen zur Verfügung. Da das Hinterlandverkehrsaufkommen direkt als Begründung für notwendige nationale und internationale Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen herangezogen wird, ist eine umfassende Erhebung bzw. Darstellung der Hinterlandverkehrsdaten für Bremen von strategischem Interesse. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich das gesamte Hinterlandverkehrsaufkommen auf die verschiedenen Länder und Regionen im Landesinneren verteilt und wie sich diese Struktur bis 2030 verändern könnte. Auf Basis solcher Analysen lässt sich schließlich ableiten was es in den kommenden Jahren zu tun gilt um Bremen optimal an dieses Hinterland anzubinden. Mit vorliegender Analyse wird eine belastbare Grundlage für strategische Entscheidungen in Bezug auf die künftige Hafenentwicklung, nationale und internationale Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen sowie Marketingaktivitäten im Seehafenhinterland geschaffen. Neben dem direkten Nutzen einer solchen statistischen Grundlage für die Weiterentwicklung der bremischen Häfen ergeben sich Synergien für die gesamte bremische Wirtschaft. Durch die Erstellung umfassender, nach Branchen, Aufkommen und Verkehrsträgern differenzierter Seehafenhinterland-Verflechtungsmatrizen werden der Status quo und Zukunftspotenziale transparent aufgezeigt. ISL 1
PROBLEMSTELLUNG 1 Problemstellung Die Verfügbarkeit von statistischen Informationen zum Seeverkehr und zum Seehafenhinterlandverkehr der deutschen Häfen sowie deren europäischen Wettbewerbern hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich verschlechtert. Mit der Umsetzung des europäischen Binnenmarkts und dem Wegfall der Zollmeldungen entfielen oder verschlechterten sich Anfang der 1990er Jahre verschiedene Informationsquellen, die zuvor für die Schätzung von Detailstrukturen genutzt werden konnten. Hierzu zählen insbesondere: • Verschlechterung oder vollständiger Entfall der Informationen zu Gütern in Containern 3 • Entfall oder Verschlechterung der Transit-Statistiken der deutschen Hafenstandorte • Entfall der Information „Grenzabschnitt“ im deutschen Außenhandel, die vor allem für die Einschätzung der Verkehre über die Westhäfen genutzt wurde Trotz der reduzierten Datenlage hielten zunächst viele öffentliche Auftraggeber an den gewohnten Strukturen für Strukturanalysen und Prognosen fest, um die Vergleichbarkeit mit früheren Untersuchungen sicherzustellen. Dies gilt insbesondere für die Bundesverkehrswegeplanung, die nach wie vor z.B. detaillierte Informationen zu Gütern in Containern und deren regionaler Verteilung fordert, so dass die Auftragnehmer entweder auf Strukturen aus den frühen 1990ern zurückgreifen oder selbst aufwändig Schätzungen vornehmen müssen . Gleichzeitig gab es jedoch auch positive Entwicklungen. Durch die EU-weite Vereinheitlichung der Verkehrsstatistiken und die konsequente Organisation der Datenflüsse hat sich die Informationsgrundlage der nationalen statistischen Ämter zum Teil deutlich verbessert. Die Daten des Statistischen Bundesamtes zu den Verkehrsträgern Bahn und Binnenschiff enthalten nun auch Angaben zu ausländischen Transportunternehmen, die in ihren jeweiligen Heimatländern meldepflichtig sind. Hierbei haben die zuletzt 2011 vom ISL durchgeführten stichprobenhaften Abgleiche von Verkehrsträgerdaten des Statistischen Bundesamtes mit den von den Intermodalterminalbetreibern veröffentlichten Umschlagdaten eine hohe Kongruenz ergeben. Einzelne, nicht meldende Unternehmen können auf Basis verschiedener externer Informationsquellen durch das ISL geschätzt werden. Das ISL hat vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen um die Jahrtausendwende die Konsequenzen gezogen und sich für einen pragmatischeren Ansatz an Ladungsstromanalysen und Hafenprognosen stark gemacht. An die Stelle statistischer (Schein-)Genauigkeit tritt eine Herangehensweise, die ausgehend von den Strukturen eines Hafens oder einer Hafenrange die wichtigsten Güter- und Ladungsarten identifiziert und sich auf deren Prognose konzentriert. Der Ansatz baut auf den verfügbaren amtlichen Statistiken und Ansätzen („German Approach“) auf und ergänzt diese durch eine direkte Befragung der Marktteilnehmer, die als einzige über die Quelle-Ziel-Bezüge für die gesamte Transportkette verfügen. Mit Hilfe des gewählten Ansatzes, der in Kapitel 2 näher dargelegt wird, kann eine höhere Analyse- und damit auch 3 Die bremischen Häfen melden 2013 für 23,7 Mio. Tonnen (knapp 40% des Containerumschlags) NST 191 „Nicht identifizierbare Güter in Containern und Wechselbehältern“. In den Westhäfen werden zum Teil gar keine Gütergruppen mehr gemeldet, in Hamburg sind sie geschätzt. ISL 2
PROBLEMSTELLUNG Prognosegenauigkeit erreicht werden als mit makroökonomischen Schätzansätzen. Solche modelltheoretischen Ansätze werden lediglich noch für die nicht im Detail identifizierten „Restmengen“ herangezogen. Um die Vergleichbarkeit mit anderen Analysen sicherzustellen, wird dabei auf die inzwischen europaweit vereinheitlichten Güter- bzw. Regionalschlüssel NST- 2007 und NUTS zurückgegriffen. 4 Die so ermittelte detaillierte Struktur der Ladungsströme der bremischen Häfen bieten eine herausragende Grundlage für die sich anschließende Prognose der einzelnen Teilsegmente, die schließlich zu einer Gesamtprognose aggregiert wird. 4 zu NST-2007 und NUTS siehe Glossar ISL 3
METHODIK 2 Methodik Im Folgenden wird die Methodik dargestellt, auf deren Basis die vorliegende Struktur- und Wett- bewerbsanalyse und darauf aufbauend die Prognose erstellt wurde. Die Methodik wird nach Um- schlagsegmenten getrennt dargestellt, da für den Container- und Automobilumschlag eine andere Herangehensweise genutzt wurde als für Massengüter und konventionelle Stückgüter, deren La- dungsströme und Entwicklungsverlauf durch wenige Verlader geprägt ist. 2.1 Regionalstruktur In der vorliegenden Untersuchung wird für Deutschland eine regionale Gliederung nach NUTS- 2-Regionen (Regierungsbezirke) gewählt, so dass ein Vergleichbarkeit mit der Bundesstatistik sowie mit europäischen Statistiken und Prognosen gewährleistet ist. Abweichend von der NUTS- 2-Gliederung werden Bremen und Bremerhaven getrennt dargestellt (NUTS-3-Level). Für die übrigen relevanten europäischen Länder werden ausschließlich die gesamten Transportvolumina ausgewiesen (NUTS-0). 5 Abb. 1 Abgrenzung der Hinterlandregion und regionale Gliederung Quelle: ISL 5 Der dargestellte Einzugsbereich umfasst nach den Analysen der Vorjahre nahezu 100% der Hinterlandverkehre der bremischen Häfen. Für die ausländischen Wettbewerbshäfen werden bei Automobilen und den „übrigen Verkehren“ nur die für den Wettbewerb relevanten Regionen dargestellt. Verkehre zwischen Antwerpen und Belgien/Frankreich beispielsweise werden nicht separat ausgewiesen. ISL 4
METHODIK Für die Massengüter werden die Hauptverkehrsvolumina punktgenau identifiziert (Verlader), sofern diese aus öffentlich verfügbaren Statistiken ableitbar sind oder im Rahmen der Befragung sichergestellt werden konnte, dass die Unternehmen mit einer solchen Identifikation einverstanden sind. In diesem Falle werden neben der NUTS-2-Region auch die NUTS-3-Region (Stadt- bzw. Landkreis) und die Geokoordinaten aufgeführt bzw. grafisch dargestellt. 2.2 Struktur- und Wettbewerbsanalyse Für den Containerverkehr greift das ISL auf Daten und Methodik seines Containerverkehrsmo- dells Nordrangehäfen (NECTM) zurück. Dieses Datenmodell existiert in seiner derzeitigen Form seit 2005 (Basisjahr 2003) und wurde seither kontinuierlich weiterentwickelt. Da das Modell von vornherein auf die Häfen ausgerichtet ist, bilden die von den Häfen gemeldeten Statistiken zum Seeverkehr die Basis des Modells, da diese zumindest mit Blick auf die Gesamtzahl der umge- schlagenen Container und deren Beladungszustand als höchst zuverlässig eingestuft werden kön- nen. Für die Strukturanalyse werden die Seeverkehrsdaten durch Statistiken zu Hinterlandverkeh- ren sowie gezielte Befragungen ergänzt. Hierzu zählt eine regelmäßige web-gestützte Befragung mit einer eigenen, viersprachigen Website. 6 Für die Ostsee- und Mittelmeer-Wettbewerbshäfen, die nicht im Containerverkehrsmodell ent- halten sind, wurde die gleiche Methodik verwendet, um Aussagen zu den regionalen Marktantei- len treffen zu können. 2.2.1 Containerverkehrsmodell Stufe 1: Marktsegmente und regionales Detail Feederverkehre Die Grenzen der öffentlichen Statistiken werden bereits deutlich, wenn die Gesamtsumme der Hinterlandverkehre identifiziert werden soll. Hier unterscheidet sich die Erhebungsmethodik zwischen den einzelnen Nordrangehäfen. Die zur Identifikation der Hinterlandverkehre und des Modal Splits zunächst naheliegenden Gate-Statistiken der Containerterminals geben das Hinterlandvolumen im Containerverkehr nicht exakt wieder, da in den Terminals auch Land- Land-Verkehre abgefertigt werden, die keinen seeseitigen Bezug haben (z.B. Depotfunktion für Leercontainer oder LKW-Bahn-Umschlag auf dem Terminal). Dennoch stellen sie eine wichtige Information für die Kalibrierung der Hinterlandvolumina dar. Im Containerverkehrsmodell erfolgt die Identifikation der Shortsea-Land-Verkehre mittels einer Befragung der Containerliniendienste, die regelmäßig im Kurzstreckenseeverkehr die relevanten Häfen anlaufen („Shortsea Shipping Survey“). Hierzu zählen neben klassischen Shortsea- Operatoren wie Unifeeder oder Teamlines auch Shortsea-Dienste der großen Linienreedereien wie Maersk, CMA-CGM, MSC. Für das Basisjahr 2013 wurden in der laufenden Befragung insge- samt 28 Reedereien mit einer wöchentlichen Kapazität von rund 140 Tsd. TEU befragt (ca. 95% der gesamten Kapazität). Für 23 dieser Unternehmen (mit einer wöchentlichen Kapazität von rund 130 Tsd. TEU) liegt entweder aus dem Befragungsjahr 2013 ein konkreter Befragungsrück- lauf oder mindestens eine Einschätzung über die Transhipment-/Shortseaanteile aus einer Vor- jahresuntersuchung vor, so dass insgesamt für ca. 88 % der eingesetzten Kapazität Rückläufe zur Verfügung stehen. 6 http://nectm-survey.isl.org, aufgerufen am 01.04.2015 ISL 5
METHODIK Die Reedereien werden zu den Anteilen von Shortsea- und Feederverkehren an ihren transpor- tierten Volumen befragt, wobei zwischen einzelnen Nordrangehäfen und europäischen Korres- pondenzländer unterschieden wird. Für jede Relation (z.B. Bremerhaven-Russland) werden die Befragungsergebnisse aggregiert, wobei zwischen Deepsea- und Shortsea-Reedereien unterschie- den wird. 7 Für fehlende Reedereien wird das arithmetische Mittel des Shortsea-Land-Anteils aus der jeweiligen Kategorie angesetzt. Auf diese Weise kann auf Nordrangehafen-Land-Ebene (Ge- samtvolumen in TEU ist in Hafenstatistiken erhältlich und wird weitgehend als zuverlässig erach- tet) der Anteil der Feederverkehre geschätzt werden. 8 Abb. 2 Containerverkehrsmodell Stufe 1: Shortsea Shipping Survey 9 Shortsea Shipping Survey Übersee Shortsea See Shortsea- Feeder Land 18,4 7,9 7,9 5,7 Transhipment Hinterland Shortsea-Land Deepsea-Land Gesamter Hinterlandverkehr (24,1) 5,0 4,9 14,2 Mio. TEU Anmerkung: Zahlen für Nordrange gesamt 2013 Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen, 2014 Mit Hilfe dieser Schätzmethodik, werden die Transhipmentverkehre (Feederumschlag + Haupt- schiffumschlag) quantifiziert. Das Hinterlandverkehrsaufkommen wird aus der Differenz zwi- schen dem Transhipmentvolumen und dem Gesamtumschlag ermittelt. 2.2.2 Containerverkehrsmodell Stufe 2: Feingliederung Hinterlandverkeh- re Die Analyse der Ladungsströme im Hinterland beruht im Containerverkehrsmodell auf der sys- tematischen Kombination sämtlicher relevanter Statistiken zum See- und Hinterlandverkehr mit Daten, die durch an der Transportkette beteiligte Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Während Verkehrsstatistiken nach Verkehrsträgern veröffentlicht werden und somit (im Idealfall) 7 In Bremen Stadt finden keine Transhipmentverkehre (See-See) statt, das gesamte Seeschiffs-Containerverkehrsaufkommen wird daher dem Hinterlandverkehr zugerechnet. 8 In Rotterdam und Le Havre sind seit einigen Jahren Datenlücken in den Statistiken nach Korrespondenzländern vorhanden (hoher Anteil unbekannt, auch bei Eurostat). Die Angaben für diese Häfen wurden ergänzt mit Hilfe eines Schätzansatzes des ISL, der auf der Entwicklung der Liniendienstkapazitäten sowie Daten der Korrespondenzhäfen basiert. 9 Vereinfachte Darstellung. Das Containerverkehrsmodell berücksichtigt auch Shortsea-Shortsea-Transhipment (z.B. Portugal-Rotterdam- Polen) und Deepsea-Deepsea-Transhipment (z.B. Asien-Antwerpen-Amerika). ISL 6
METHODIK nur den Be- und Entladeort eines Containers identifizieren, verfügen nur Speditionen (Merchant Haulage) und Reedereien (Carrier Haulage) über die Angaben zu intermodalen Transportketten (z.B. aus Umland Stuttgart per Lkw nach Stuttgart, von dort per Bahn zum Umschlagbahnhof Bremen-Roland, von dort per Bahn nach Bremerhaven, dort per Seeschiff nach New York und anschließend per Lkw ins Umland). Der Ansatz baut auf dem vom Statistischen Bundesamt ent- wickelten Ansatz („German Approach“) auf, der durch die Einbeziehung von nicht-amtlichen Daten und Informationen ergänzt wird. Eine zentrale Rolle spielen dabei die „Hinterland Sur- veys“. 10 Abb. 3 Containerverkehrsmodell Stufe 2: Hinterland Survey Übersee Shortsea See Shortsea- Feeder Land 18,4 7,9 7,9 5,7 Transhipment Hinterland Shortsea-Land Deepsea-Land Gesamter Hinterlandverkehr (24,1) 5,0 4,9 14,2 Hinterland Survey Mio. TEU Anmerkung: Zahlen für Nordrange gesamt 2013 Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen, 2014 Durch die Einbeziehung möglichst vieler Statistiken und einer umfangreichen Unternehmens- stichprobe versucht das ISL, möglichst detaillierte Informationen über die Ladungsströme der Nordrangehäfen zu generieren. Dadurch wird es möglich, dass die Bahn- und Binnenschiffsver- kehre nicht einfach den Regionen der genutzten Hinterlandterminals zugeschlagen werden, son- dern der Lkw-Vor- und Nachlauf für jedes einzelne Terminal einschließlich grenzüberschreiten- der Verkehre (z.B. Anteil Österreichs am Aufkommen im Terminal München-Riem) geschätzt werden kann. Auf diese Weise kann ein genaueres Abbild gezeichnet werden, als dies mit amtli- chen Daten generiert werden kann. Durch die Einbeziehung der Daten von Marktteilnehmern kann außerdem verhindert werden, dass z.B. Rangierbahnhöfe als Quelle bzw. Senke von Con- tainern ausgewiesen werden. Außerdem können mehrfach gebrochene Verkehre (z.B. von Ham- burg über Bremen-Roland nach Schweinfurt) eindeutig identifiziert werden, so dass das Volumen der genutzten Hubs (neben Bremen-Roland v.a. Prag) nicht überschätzt wird. 10 Zu den teilnehmenden Unternehmen gehörten 2013 z.B. Maersk, MSC, CMA-CGM (Greenmodal), die ACOS-Gruppe und EKB (s. http://nectm-survey.isl.org/de/partnerunternehmen, aufgerufen am 3.10.2014). ISL 7
METHODIK Im Rahmen seiner langjährigen Erfahrung und eigener Plausibilitätschecks hat das ISL für die verschiedenen Arten von Hinterlandverkehren (Lkw direkt vs. Intermodalverkehre mit Verkehrs- trägerwechsel im Hinterland, deutsche Häfen bzw. deutsches Hinterland vs. Nachbarländer) Da- tenhierarchien und Kalibrierungsmechanismen entwickelt, die sämtliche verfügbaren Informatio- nen einbeziehen, um so verlässliche Aussagen zu den Hinterlandverkehrsstrukturen auf einem möglichst hohen Detailniveau treffen zu können. Abb. 4 Hinterlandverteilung im Containerverkehr: erste vs. zweite Verteilung 1. Verteilung 2. Verteilung Intermodalterminal Be‐/Entladung Intermodalverkehre Seehafen, Industrie oder z.B. München‐Riem z.B. Bremerhaven Distribution, z.B. Verlader Südbayern Be‐/Entladung Be‐/Entladung LKW‐Direktverkehre Seehafen, Industrie oder (wie erste) z.B. Bremerhaven Distribution, z.B. Verlader Lohne Quelle: ISL Zur Vergleichbarkeit mit offiziellen Verkehrsstatistiken werden die erste Verteilung (Intermodal- terminals) und die zweite Verteilung (Ort der Be-/Entladung des Containers) unterschieden (s. Abb. 4). Die erste Verteilung gibt dabei beim Import das Ziel des Containers auf demjenigen Verkehrsträger an, mit dem er den Seehafen verlässt (Ursprung des Containers beim Export). Die zweite Verteilung bezeichnet den tatsächlichen Ursprung bzw. die tatsächliche Bestimmung, also den Ort wo der Container entladen (Import) bzw. beladen (Export) wird. Während im Lkw- Verkehr Ziel- und Entladeort bzw. Quell- und Beladeort fast immer identisch sind, erfolgt im Bahn- und Binnenschiffsverkehr in der Regel noch ein Lkw-Vor- bzw. Nachlauf, so dass sich die regionale Verteilung – je nach regionaler Detail-Stufe – zum Teil erheblich unterscheidet. Der Fokus in der Darstellung der regionalen Strukturen liegt dabei auf der zweiten Verteilung. Nur durch die Identifikation von Quelle bzw. Ziel des Containers (nicht des Binnenschiffs oder des Zugs) können in der Marktanteilsanalyse mögliche alternative Transportwege und somit Chancen und Risiken im Wettbewerb identifiziert werden. Wo zuverlässige Verkehrsträgerstatistiken vorhanden sind – dies sind insbesondere die Statistiken des Statistischen Bundesamtes – werden diese als Basis für die erste Verteilung genutzt. Hierbei erfolgen jedoch diverse Korrekturen: Nacherhebung von nicht gemeldeten Mengen 11 ), systemati- 11 Im laufenden Projekt wurde eine Unterdeckung der Bahnverkehre zwischen Bremerhaven und dem Hinterland identifiziert ISL 8
METHODIK sche Korrekturen 12 und Korrekturen methodischer Ungenauigkeiten. Basis für die Korrekturen ist ein Abgleich der durch die Intermodalterminals gemeldeten Umschlagdaten mit den für die entsprechenden Regionen gemeldeten 13 sowie ein Abgleich der gemeldeten Daten zwischen den Häfen und Regionen im Hinterland mit den recherchierten Intermodalverbindungen (einschließ- lich Frequenz) im Berichtszeitraum. Bei Bahn-Bahn-Umschlag, wie er vor allem in Bremen- Roland stattfindet, werden die Container, die für andere Hinterlandterminals bestimmt bzw. aus anderen Hinterlandterminals per Bahn antransportiert wurden, schon in der ersten Verteilung den eigentlichen Quell- bzw. Zielregionen zugeschlagen. Schätzalgorithmus Intermodalverkehr Im Intermodalverkehr liegt mit den Daten des Statistischen Bundesamtes für das deutsche Hin- terland eine Vollerhebung vor, die inzwischen auch sämtliche ausländische Transportunterneh- men einschließt. Im Laufe der Untersuchungen des ISL wurden jedoch immer wieder Unterde- ckungen festgestellt, die mit Hilfe von Unternehmensdaten/-befragungen korrigiert wurden. Für das Binnenschiff deckt sich das vom Statistischen Bundesamt ausgewiesene Binnenschiffs- Containervolumen weitgehend mit den Meldungen der Containerterminals. Für Bahnverkehre werden laut einer Sonderauswertung 14 von und nach Bremerhaven (NUTS DE502) jedoch ledig- lich 916 Tsd. TEU gemeldet, während die Terminals mehr als eine Million TEU an den Gates registrierten. Da Doppelzählungen oder hafeninterne Verkehre als Ursache für die höhere Menge an den Gates ausgeschlossen werden, 15 ist davon auszugehen, dass dem Statistischen Bundesamt trotz Meldepflicht ca. 100.000 TEU nicht gemeldet wurden und somit in der Statistik fehlen. Die- se nicht gemeldeten Container wurden im Rahmen von Befragungen für die vorliegende Studie identifiziert und mit Hilfe von Marktteilnehmern regional zugeordnet. Die amtlichen Daten enthalten sämtliche Containerverkehre einer Hafenregion (NUTS-3-Level, also Stadt- bzw. Landkreis) – und damit auch nicht-seehafenbezogene Verkehre. Die Auswirkun- gen auf die Aussagekraft der Statistik sind unterschiedlich: während praktisch alle Container, die zwischen Bremerhaven (NUTS DE502) und dem Hinterland transportiert werden, einen Seeha- fenbezug haben, werden die Containerverkehre von/nach Bremen (NUTS DE501) nur zu einem geringen Teil durch Seeschiffsumschlag in Bremen generiert. Hierbei handelt es sich nicht um Hafenhinterlandverkehre der stadtbremischen Häfen. Aus diesem Grunde werden – wo vorhan- den – Daten aus den Häfen bevorzugt, aus denen Be- bzw. Entladeterminals im Hafen und im Hinterland hervorgehen (als Indiz für Hinterlandverkehre im Gegensatz zu Kontinentalverkeh- ren). Diese in der Regel vertraulichen Daten werden dem ISL teilweise als Input für die Kalibrie- rung des Containerverkehrsmodells zur Verfügung gestellt. Wo solche Daten nicht vorhanden sind, werden vor allem Daten der Marktteilnehmer (Bahntransportunternehmen und Speditio- nen) herangezogen, aus denen Quelle und Ziel der Container hervorgehen. Neben der Bedeutung für intermodale Kontinentalverkehre stellt die Interpretation der Bahn- Containerverkehre von/nach Bremen aus einem weiteren Grund eine Herausforderung dar: Im Umschlagbahnhof Bremen-Roland werden Containerhinterlandverkehre aus Bremerhaven und 12 Verkehre von Bremerhaven nach Bremen werden dem Import und nicht – wie in den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes, in denen Bremen auch für Container als der Seehafenstandort definiert ist – dem Export zugeschlagen. 13 Die schließt den Abgleich mit den Modal-Split-Statistiken der Seehäfen ein. 14 Sonderauswertung zum Empfang/Versand deutscher NUTS-3-Regionen (nur Gesamtsummen ohne Verflechtung), erhalten am 24.9.2014. 15 Hafeninterne Verkehre, d.h. Verkehre, die innerhalb Bremerhavens verbleiben, sind in der Statistik des Statistischen Bundesamtes nicht erfasst. ISL 9
METHODIK Hamburg gebündelt, wobei hier Bahn-Bahn-Umschlag stattfindet. In den offiziellen Statistiken werden diese Verkehre definitionsgemäß als Verkehre zwischen Bremerhaven bzw. Hamburg und Bremen angesehen sowie als Verkehre zwischen Bremen und z.B. Stuttgart oder Erfurt. Nur mit Hilfe von Unternehmensdaten der ACOS-Gruppe, die diese Verkehre disponieren, ist es möglich, die in diesen Statistiken enthaltenen tatsächlichen Transportketten zu identifizieren. 16 Abb. 5 Datenhierarchie Intermodalverkehr Intermodalketten 1. Speditionen und Reedereien (vollständige Transportketten) Bahn‐/Binnenschifftransport 1. Daten Häfen 2. Verkehrsstatistiken (Sonderauswertungen) 3. Erhebungen Häfen Verteilung Hubs 4. Transportunternehmen, 1. Speditionen und Speditionen, Reedereien Reedereien (Korrektur statistische Effekte, 2. Intermodal‐ Detailstrukturen) terminals 5. Intermodalverbindungen 3. Verkehrsstatistiken (Anzahl, Frequenz, Kapazität) Quelle: ISL, 2014 Daten zu Zugbewegungen (DB Netz) sind zentral für kapazitive Betrachtungen, für die regionale Gliederung von Containerströmen hingegen jedoch ungeeignet, da nicht die Containernummern, sondern die Zugnummern die Datensätze definieren. In diesen Datenbanken sind somit Rangier- bahnhöfe wie Hamburg-Maschen Quelle bzw. Ziel, auch wenn der Container – ggf. mit anderer Zugnummer – weiter ins Hinterland transportiert wird. Zugbewegungen sind somit eine abgelei- tete Größe aus den Quelle-Ziel-Beziehungen und operativ-logistischen Abläufen. Die Ableitung von Zugzahlen ist jedoch mit Hilfe der hier prognostizierten TEU-Wachstumsraten möglich. Schätzalgorithmus Lkw-Direktverkehre Für den Lkw-Direktverkehr sind die offiziellen Statistiken lediglich eine schwache Basis. Sie sind stichprobenbasiert und enthalten, wie bei den anderen Verkehrsträgern auch, nicht seehafenbe- zogene Verkehre. Während das Gesamtvolumen der Lkw-Verkehre über den Schätzansatz des Containerverkehrsmodells, Gate-Statistiken und die Daten zu den übrigen Verkehrsträgern recht zuverlässig geschätzt werden kann, ist die Verteilung der Lkw-Verkehre auf die verschiedenen Hinterlandregionen nur schwer zu ermitteln. Hierbei machen Fahrten innerhalb der NUTS-3- Regionen der Häfen z.B. in Hamburg einen erheblichen Teil der Lkw-Direktverkehre aus und sind i.d.R. in den Verkehrsträgerstatistiken nicht enthalten. Bei Statistiken, die auf NUTS-2- Regionen aggregiert sind, verschärft sich dieses Problem vor allem im Falle der bremischen Hä- fen: Verkehre zwischen Bremerhaven und Bremen werden – da sie innerhalb der NUTS-2- Region „DE50“ stattfinden – nicht ausgewiesen. 16 Die Daten der ACOS-Gruppe wurden dem ISL für das Containerverkehrsmodell zur Verfügung gestellt. ISL 10
METHODIK Abb. 6 Datenhierarchie Lkw-Direktverkehr Quelle/Ziel Hafen‐Hinterlandverkehre 1. Gate‐Befragungen (z.B. Antwerpen, Hamburg) 2. Verkehrsstatistiken (KBA, Eurostat) 3. Unternehmensdaten (ergänzend, Feinverteilung) Quelle: ISL, 2014 Die beste Quelle für die regionale Verteilung der Lkw-Containerverkehre sind nach Ansicht des ISL repräsentative Gate-Befragungen an den Containerterminals. Zwar können auch in geringem Maße Land-Land-Verkehre enthalten sein, aber sie spiegeln im Gegensatz zu den Verkehrsträ- gerdaten nur die Verkehre der Seehafenterminals wider. Da solche Befragungen teuer sind und daher nicht in allen Häfen regelmäßig durchgeführt werden können, müssen zumeist andere Quellen mit einbezogen werden. Die Daten einzelner Unternehmen, die im Rahmen des Hinterland Survey zum Containerver- kehrsmodell erhoben werden, sind in der Regel nicht repräsentativ, d.h. es kann nicht sicherge- stellt werden, dass die Verkehre sich so verteilen wie die Lkw-Direktverkehre des Hafens insge- samt. Dies liegt daran, dass eine Vielzahl von Speditionen teils mit regionalen Spezialisierungen von und zu den Häfen fahren, darunter viele kleinere Firmen vor allem im Nahverkehr. Aus die- sem Grunde erfolgt eine Gewichtung der erhobenen Daten sowie ein manueller Abgleich der Anteile der verschiedenen Regionen am gesamten Verkehr des Hafens, um Sonderfälle identifi- zieren zu können. Durch die parallele Auswertung der Angaben verschiedener Unternehmen lassen sich jedoch zuverlässige Angaben zur regionalen Feinverteilung (bis hin zu NUTS 3) in- nerhalb der aggregierten Regionen (z.B. Bundesländer) schätzen. Durch die oben beschriebene konsequente Kombination der verschiedenen verfügbaren Daten- quellen ist es dem ISL gelungen, eine zuverlässige Datenbasis zum Container-Hinterlandverkehr aufzubauen, die nicht nur in den Nordrangehäfen, sondern auch bei anderen Marktteilnehmern gefragt ist. Nicht zuletzt durch individualisierte Auswertungen, die das ISL den teilnehmenden Unternehmen zur Verfügung stellt, konnte ein Kreis von regelmäßigen Teilnehmern erschlossen werden, der Jahr für Jahr erweitert wurde. Folgende Häfen, die nach Schätzung des ISL knapp 99% der Container-Hinterlandverkehre auf sich vereinen und auch in Zukunft vereinen werden, wurden in die Analyse der Containerhinter- landverkehre der bremischen Häfen einbezogen. ISL 11
METHODIK Tab. 1 Wettbewerbshäfen Container Deutsche Wettbewerber Wettbewerber Nordrange Wettbewerber Ostsee/Südrange Hamburg Rotterdam Szczecin‐Swinoujscie Wilhelmshaven Antwerpen Gdynia Zeebrügge Gdansk Le Havre Koper Die Wettbewerbsanalyse fußt dabei auf einem im ISL vorhandenen Modell, mit Hilfe dessen die Auswirkungen bestimmter Einflussfaktoren (z.B. Erweiterung von Umschlagkapazitäten, kurz- fristige Schwankungen zwischen Häfen bei Überkapazitäten, etc.) prognostiziert werden können. Basis hierfür ist eine Zeitreihenanalyse von vierteljährlichen Umschlagdaten, die das ISL im Rahmen früherer Projekte entwickelt hat und die für diese Untersuchung aktualisiert wird. Die Schätzungen zum Containerhinterlandverkehr erfolgen auf TEU-Basis, getrennt nach Rich- tungen und nach beladenen bzw. leeren Containern für jede Hinterlandregion sowie unterschie- den nach Verkehrsträgern. Für die Schätzungen der Ladungsgewichte in Containern (zur aggregierten Darstellung mit ande- ren Ladungsarten) werden die Tonnen/TEU-Faktoren aus dem See-Eingang bzw. See-Ausgang beladener Container der bremischen Häfen und der Wettbewerbshäfen angesetzt. Die Container- eigengewichte (beladene und leere Container) werden einzeln ausgewiesen. 2.2.3 Umschlag von Massengütern und konventionellen Stückgütern Basis für die Massengutverkehre sind Statistiken des Statistischen Landesamtes Bremen, der Ha- fenbehörden benachbarter Häfen und von Eurostat. Neben dem Basisjahr 2013 wurden auch die Jahre 2011 und 2012 betrachtet. Durch die Umstellung der Statistiken von NST/R- auf NST- 2007-Güterarten (s. Glossar) im Jahre 2011 konnten frühere Jahre bei den detaillierten Güter- strukturanalysen mangels Vergleichbarkeit nicht mit einbezogen werden. Die Hinterlandverteilung vieler Massengüter und konventioneller Stückgüter ist im Gegensatz zum Containerverkehr von einem oder einigen wenigen Kunden im Hinterland geprägt. Die bremischen Häfen mit dem vor Ort ansässigen Kraft- und Stahlwerk, denen bereits rund zwei Drittel des See-Eingangs der Massengüter zugeordnet werden können, sind hierfür ein gutes Bei- spiel. Um das Gesamtbild zu vervollständigen wurden die relevanten Terminalbetreiber für den See-Ein- und Ausgang konventioneller Massengüter befragt. Im Ergebnis liegt eine Unterneh- mensbefragung vor, mit deren Hilfe rund 83 % des gesamten seewärtigen Massengutumschlags und 61 % des gesamten seewärtigen konventionellen Umschlag nicht-containerisierter Stückgüter in den bremischen Häfen nachgezeichnet werden können. 2.2.4 Automobilumschlag Die Erfassung von Automobilen im Seehafenumschlag und Hinterlandverkehr stellt eine Heraus- forderung dar. Spätestens seit der Umsetzung der EU-Statistikverordnung (EG) Nr. 223/2009 werden Fahrzeuge als Handelsgüter nur nach umgeschlagenen Tonnen, nicht aber nach ihrer Anzahl erfasst. Immer mehr Hafenbehörden und Statistikämter stellen aus Kostengründen die Erfassung der Fahrzeug-Anzahl ein; beispielsweise werden vom niederländischen Statistischen Amt CBS keine Stückzahlen mehr gemeldet. Durch den Rückgriff auf Stückzahlangaben der lo- ISL 12
METHODIK kalen Hafenverwaltungen bzw. auf Befragungsergebnisse der Fachzeitschrift Finished Vehicle Logistics ergibt sich hier ein statistischer Bruch und Qualitätsverlust. Die entsprechende Güter- gruppe NST/R Gütergruppe 910 umfasste seinerzeit Fahrzeuge. Nach dem neuen Güterver- zeichnis NST 2007 gehört die relevanten Gütergruppe 12.1. Erzeugnisse der Automobilindustrie gemeinsam mit 12.2. Sonstige Fahrzeuge zur NST2007 Abteilung 12 Fahrzeuge. Die Gütergrup- pe 12.1 umfasst – ebenso wie die vorherige Gütergruppe 910 - neben fertigen Fahrzeugen auch Fahrzeugteile. Neben PKW fallen in diese Gütergruppe damit zweifelsfrei auch Nutzfahrzeuge, möglicherweise werden hier in der Praxis sogar Gebrauchtfahrzeuge miterfasst. Neben der Erfassung der Gewichte der Automobile bzw. Fahrzeuge und Fahrzeugteile für die amtliche Statistik sammeln und veröffentlichen wichtige Autoumschlaghäfen auch Daten über Automobile auf Basis von Stückzahlen. Die Angaben der Hafenverwaltungen bzw. Umschlagun- ternehmen beinhalten teilweise auch Gebrauchtfahrzeuge sowie Nutzfahrzeuge und darüber hin- aus ggf. auch andere, rollbar gemachte, besonders große oder schwere Ladung (High&Heavy). Hierbei gibt es einen gewissen Unschärfebereich, da die Angaben, welche Arten von Fahrzeugen mitgezählt werden, teilweise bewusst nicht weiter konkretisiert werden. Auf Basis von Stück- und Tonnenangaben zum Fahrzeugumschlag und -hinterlandverkehr der relevanten Häfen können Durchschnittsgewichte der umgeschlagenen Automobile ermittelt und somit eine Schnittstelle zu den amtlichen Verkehrsstatistiken geschaffen werden. Fahrzeuge, die als Transhipmentladung (Seedurchfuhrgut) umgeschlagen werden, erscheinen in der Statistik doppelt, und zwar sowohl als Empfang wie auch als Versand. Diese Doppelzählungen müssen zur Ermittlung des Hinterlandverkehrsaufkommens aus den Umschlagangaben herausgerechnet werden. Exportfahrzeuge erreichen die Versandhäfen in großvolumigen, gebündelten Strömen direkt aus den Automobilwerken in Deutschland und in den Nachbarstaaten. Hierfür sind Schienentrans- porte mit Ganzzügen besonders geeignet, die in der Statistik als Bahntransporte von unverpack- ten Fahrzeugen ausgewiesen werden. Selbst auf Kurzstrecken wie zwischen dem Bremer Merce- des-Werk und dem Autoterminal in Bremerhaven können Automobile per Bahn transportiert werden. Binnenschiffstransporte von Neufahrzeugen finden nur auf dem Rhein und der Donau, nicht aber im Einzugsbereich der deutschen Seehäfen statt. Volkswagen plant allerdings, Neu- fahrzeuge von Wolfsburg nach Emden per Binnenschiff zu befördern. Die Montagewerke der Automobilhersteller sind die weitaus bedeutendsten Quellen für den Fahrzeugversand über Bremerhaven. Die folgende Abbildung gibt daher einen Überblick über die Automobilwerke im Hinterlandeinzugsbereich der bremischen Häfen: ISL 13
METHODIK Abb. 7 Produktionsstätten für Neufahrzeuge im Bremer Hinterland Quelle: Eigene Recherchen Bei Importfahrzeugen erfolgt der landseitige Nachlauf meistens in Streuverkehren, da die PKW an zahlreiche Autohändler verteilt werden. Hierfür eignet sich der Straßentransport, nur in weni- gen Fällen werden die leer ins Binnenland zurückfahrenden Autozüge genutzt, um PKW zu den Inlandsterminals der Automobillogistiker zu transportieren. Diese Güterströme per Bahn über die Knoten (Hubs) der Automobillogistiker müssen als Intermodalverkehre eingestuft werden. Bei der Strukturanalyse der Automobil-Hinterlandverkehre der bremischen Häfen konnte auf die Auswertung betriebsinterner Daten und deren Ergänzung durch Expertengespräche sowie - schätzungen zurückgegriffen werden. Die erzielten Ergebnisse sind umfangreicher als die amtli- chen Statistiken, die beispielsweise keine Daten zu Lkw-Transporten liefern, gleichzeitig sind sie auch belastbarer, da Ungenauigkeiten der Statistik (Fahrzeugteile, nicht-Seehafentransporte im Hinterland usw.) vermieden werden konnten. Die Wettbewerbsanalyse im Bereich Automobil basiert auf den Angaben über die Stückzahl der umschlagenen Fahrzeuge, denn mit diesen Daten wird im Hafen(Standort-)Wettbewerb argu- mentiert. Die umgeschlagenen Stückzahlen können nach Empfang (Import) und Versand (Ex- port) differenziert werden. Die Marktanteile der Wettbewerbshäfen im Automobilumschlag wer- den auf Basis der Angaben der Hafenverwaltungen und Umschlagunternehmen berechnet. Diese Angaben über die Stückzahlen der umgeschlagenen Fahrzeuge differieren bezüglich des Inhaltes, ohne dass dies eindeutig erkennbar ist. Sie können sich ausschließlich auf Neu-PKW beziehen, aber auch neue Nutzfahrzeuge sowie gebrauchte Automobile oder andere neue oder gebrauchte rollende Ladung beinhalten. Die Hinterlandtransporte der Nicht-Neufahrzeuge finden meist auf der Straße statt, ihre Quellen und Senken lassen sich nur schwer nachvollziehen. Umschlagstatis- tiken auf Gewichtsbasis können auch unverpackte Fahrzeugteile, wie Karosserieteile oder Moto- ren, die auf Lkw bzw. Trailern transportiert werden, enthalten. ISL 14
METHODIK Auch für die Hinterlandverkehre finden sich Einzelangaben über Fahrzeugtransporte, PKW- Zulassungen und PKW-Produktionszahlen der Automobilwerke auf Basis der Fahrzeuganzahl. Statistische Angaben über die Hinterlandverkehre der Gütergruppe 12.1 Erzeugnisse der Auto- mobilindustrie des europäischen Statistikamtes Eurostat liegen dagegen als Gewichtsangaben in Tonnen vor. Die Angaben von Eurostat beziehen sich auf unverpackte Erzeugnisse der Auto- mobilindustrie, die von bzw. nach dem jeweiligen Verkehrsbezirk (NUTS2) transportiert werden. Im Kern handelt es sich hierbei um Neufahrzeuge für den Seehafenumschlag. Darüber hinaus beinhalten die Zahlenangaben aber auch Fahrzeugtransporte, die nicht seehafenrelevant sind. Dies sind zum einen Fahrzeuge für den lokalen und regionalen Bedarf (Autohändler), die in Met- ropolregionen wie Hamburg auch per Bahn eintreffen. Zum anderen kann es sich um Fahrzeuge aus lokaler Produktion handeln. Dies betrifft Seehafenstandorte wie Emden, an denen sich ein Automobilwerk befindet. Darüber können die Zahlenangaben auch unverpackte Fahrzeugteile beinhalten, typischerweise mit Bezug zu lokaler Produktion (Automobilwerke, Komponenten- werke oder Autoteileherstellung). So werden beispielsweise für das Emder VW-Werk mit hoher Wahrscheinlichkeit Fahrzeugteile per Bahn angeliefert, die nicht in Containern oder Wechselbe- hältern verpackt sind und die in den Hinterlandverkehrsstatistiken daher nicht von Exportfahr- zeugen unterschieden werden können. Die genannten Unschärfefaktoren sollten wann immer sie quantifizierbar sind berücksichtigt werden, wenn die in Tonnen angegebenen Bahntransporte auf Basis der durchschnittlichen Fahr- zeuggewichte in Fahrzeugstückzahlen umgerechnet werden et vice versa. Die durchschnittlichen Fahrzeuggewichte werden aus den jeweiligen Gewichtsangaben für die Gütergruppe Fahrzeuge und den Stückzahlen der umgeschlagenen Fahrzeuge berechnet. Die jeweilige Grundgesamtheit stimmt nicht immer überein, da in den Gewichtsangaben auch die Gewichte der umgeschlagenen Fahrzeugteile enthalten sind, ohne dass die Fahrzeugteile in die Stückzahlen mit eingehen. Dies trifft insbesondere für Containerhäfen zu. ISL 15
ENTWICKLUNG DES UMSCHLAGVOLUMENS DER BREMISCHEN HÄFEN 3 Entwicklung des Umschlagvolumens der bremischen Häfen Zwischen 1980 bis 2013, dem Basisjahr der vorliegenden Untersuchung, 17 hat sich der Seegüter- umschlag in den bremischen Häfen von rd. 27 Mio. Tonnen auf rd. 79 Mio. Tonnen nahezu ver- dreifacht. Dabei änderte sich auch die Ladungsstruktur. Entfielen 1980 mit rd. 12 Mio. Tonnen noch etwa 43% des Seegüterumschlags auf den Standort Bremerhaven, waren es 2013, vor allem bedingt durch die zunehmende Containerisierung und damit einhergehende Umschlagsverlage- rung an die Wesermündung, mit rd. 66 Mio. Tonnen bereits 84%. Abb. 8 Entwicklung des Seegüterumschlags in den bremischen Häfen im Zeitraum 1980 - 2013 90 BHV Stückgut 80 HB‐Stadt Stückgut Gesamtumschlag in Mio. t 70 BHV Massengut 60 HB‐Stadt Massengut 50 40 30 20 10 0 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 Quelle: bremenports auf Basis Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen Die wichtigsten Wachstumstreiber waren dabei der Container- und der Automobilumschlag. Für den Containerumschlag wurde der Containerterminal an der Stromkaje in Bremerhaven mehrfach ausgebaut und erreicht heute eine Länge von fast fünf Kilometern mit etwa 50 Containerbrücken. Im Jahr 2013 wurden mit 5,8 Mio. TEU fast zehnmal so viele Container umgeschlagen wie im Jahr 1980. Im Container-Hinterlandverkehr fällt in den vergangenen Jahren der stark zunehmende Anteil der Bahn am Modal Split auf. Er stieg in Bremerhaven von 35,9 % im Jahr 2004 über 45 % im Jahr 2010 auf 46,6 % im Jahr 2013. 18 17 Als Basisjahr wurde 2013 gewählt, da bis zum Abschluss der Arbeiten an der vorliegenden Analyse noch nicht alle notwendigen Eingangsda- ten für das Jahr 2014 vorlagen. 18 Senator für Wirtschaft und Arbeit (2014): Hafenspiegel für die Bremischen Häfen 2013, S. 25 ISL 16
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