Angespannte - Nordwestdeutsche ...
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16 I Waldschutzbericht Angespannte Waldschutzsituation Das Jahr 2018 kann sicherlich ohne Übertreibung als ein Extremjahr hinsichtlich der meist gut wassergesättigten Wald- böden zu Beginn des Jahres. Ab Witterung und der dadurch bedingten Folgen durch forstliche Schaderreger be- Februar war dann die Witterung zeichnet werden. Mit den Auswirkungen werden sich die Waldbesitzer und Forst- 2018 – außer im April in wenigen Regionen und im Dezember – in betriebe auch 2019 noch in einem erheblichen Umfang beschäftigen müssen und allen Ländern deutlich zu tro- vielerorts noch nicht zu einer geregelten Forstwirtschaft zurückkehren können. cken und ab April auch zu warm. Bis Juli bestimmten stabile Hoch- druckwetterlagen mit östlichen, D ie Aufarbeitung der bisher sehr warmen und kontinental- entstandenen Schäden so- trockenen Luftströmungen das wie die Vermeidung oder Wetter in Nordwestdeutschland. zumindest Verminderung weiterer Mit zunehmendem Einfluss von Schäden wird die forstlichen Akti- aus Südwesteuropa kommen- vitäten bestimmen. der, warmer und feuchter Luft kam es ab Ende Juli regional zu Witterung unwetterartigen Gewittern mit Das Windwurf- bzw. -bruchholz Starkregen und Hagel, die teil- der Herbststürme 2017/18 war in weise zu verheerenden Schäden vielen Regionen noch nicht voll- führten. Überregional konnten ständig aufgearbeitet, da sorgten diese lokalen Ereignisse aller- die Januarstürme Burglind und dings die großflächige, extreme vor allem Friederike erneut für Trockenheit nicht ausgleichen, einen Schadholzanfall in Millio- sodass sich im insgesamt viel nenhöhe, vor allem in Fichtenbe- zu warmen, trockenen und son- ständen. In Nordwestdeutschland nenscheinreichen Sommer und waren die Berglandbereiche der Frühherbst sehr hohe Nieder- Länder Hessen, Niedersachsen schlagsdefizite aufgebaut haben. und Sachsen-Anhalt besonders stark betroffen. Neben den Sturm Borkenkäfer Fotos: NW-FVA ereignissen war der Jahresbeginn Im Wurf- und Bruchholz des durch einen sehr milden und Winters 2017/18 fanden die über- sehr niederschlagsreichen Januar winternden Buchdruckerpopula- gekennzeichnet. In Verbindung tionen ein reichhaltiges Brutraum mit den Niederschlägen des aus- Der Fraß durch die Forleule verursachte 2018 in Sachsen-Anhalt wieder angebot, das sie aufgrund der gehenden Vorjahrs führte dies zu zunehmende Schäden. für sie idealen Witterungsbedin- Deutscher Waldbesitzer 2/2019 www.forstpraxis.de
Waldschutzbericht I 17 gungen optimal nutzen konn- ten. Folgebruten waren vielerorts möglich. Örtlich fehlende Aufar- beitungs- und Abfuhrkapazitäten und ein mehr oder weniger zu- sammengebrochener Holzmarkt führten dazu, dass sehr viel besie- deltes Windwurfholz an Wegen im Wald und in den Beständen verbleiben musste. Vorausflug- behandlungen mit Insektiziden konnten die Käferdichten nur regi- onal vermindern. Die Jungkäfer führten ab Ende Juni zu starkem Stehendbefall vorwiegend an Bestandsrändern. Bedingt durch die extreme Tro- ckenheit und Hitze trat im Ver- lauf des Sommers und verstärkt ab Ende August Stehendbefall durch Borkenkäfer weit verstreut auch im Inneren der Bestände und in Regionen auf, die ver- gleichsweise geringe oder keine Windwurfschäden hatten. Zunehmend war auch der Kupferstecher am Befallsgesche- Schwerpunkte des Borken- hen beteiligt, teils mit Buchdru- käferbefalls in Nordwest- cker vergesellschaftet, teils aber deutschland (Meldungen im auch alleine. In vielen Regionen Waldschutz-Meldeportal der kam es zur vollständigen Ent- NW-FVA von April 2018 bis wicklung von drei Buchdrucker- Februar 2019) generationen. In Verbindung mit den die gesamte Saison über möglichen Geschwister- und Folgebruten konnten keine kla- ren Befallswellen festgestellt werden, und später Befall bis Herbstbeginn wurde in den Be- trieben erst im Spätherbst und Winter erkannt. Bei der Lärche kam es ab dem Sommer spon- tan zu starkem Befall durch den Lärchenborkenkäfer, was zu er- heblichen Schäden in Rein- und Mischbeständen führte. Insgesamt konnten große Bor- kenkäfermengen in die Über- lungen in allen Trägerländern für gegen Rüsselkäfer gemeldet, aber stimmende Rolle und verursacht winterung gehen und stellen alle Waldbesitzarten durch. durch die erhebliche Zunahme große Schäden durch den En- ein außergewöhnlich großes Auf den zielgerichteten Ein- von Flächen mit frischen Fichten- gerlingsfraß. 2018 war wieder ein Gefährdungspotenzial dar. Für satz von Insektiziden wird man- stubben nach den Orkanen und Hauptflugjahr des regionalen die Betroffenen ist die Borken- cherorts nicht verzichtet werden der großen Schadflächen durch Flugstamms mit Schwerpunkten käferbekämpfung eine große He- können. Hier hat sich die Zulas- Buchdrucker muss 2019 und den im nördlichen Lampertheimer Be- rausforderung. Ziel muss es sein, sungssituation der im Forst ein- nächsten Jahren mit deutlich ver- reich sowie in den Gebieten Groß- mit allen Mitteln des integrierten setzbaren Insektizide im Laufe stärktem Auftreten des Großen Gerau, Darmstadt und Pfungstadt. Pflanzenschutzes den frischen des Jahres 2018 entspannt. Das Braunen Rüsselkäfers und erheb- Gezielte Schlupfkontrollen bele- Stehendbefall im Frühjahr so ge- reguläre Zulassungsende mehre- lichen Fraßschäden gerechnet gen eine von Süden nach Norden ring wie möglich zu halten und rer Mittel wurde verlängert. werden. hin höhere Maikäferdichte. Wäh- vor allem die erste Käfergenera- rend der Schwärmflüge und des tion vor dem Ausflug effektiv zu Großer Brauner Rüsselkäfer Waldmaikäfer Reifungsfraßes herrschten opti- bekämpfen. Die Nordwestdeut- Im Jahr 2018 wurden zwar nur ge- Im Hessischen Ried spielt der male Witterungsbedingungen für sche Forstliche Versuchsanstalt ringe Schäden und wenige Pflan- Waldmaikäfer auf vielen Flächen die adulten Maikäfer. Ob dieser (NW-FVA) führt hierzu Schu- zenschutzmittelanwendungen weiterhin eine wirtschaftsbe- positive Effekt auf die Populations- www.forstpraxis.de Deutscher Waldbesitzer 2/2019
18 I Waldschutzbericht Durch Diplodia-Befall verkrümmte und abgestorbene Triebspitzen der Kiefer. Mit Douglasien-Gallmücken befallener Douglasien-Trieb. entwicklung durch die anschlie- venstadium und wird damit dort Wehretal weiterhin in der Latenz Kiefernschädlinge ßende extreme Trockenheit im zu starken Schäden in Kulturen befinden, zeigte das Leimringmo- Aus Niedersachsen, Hessen und Boden mit möglichen negativen und Stangenhölzern führen sowie nitoring in Niedersachsen einen Sachsen-Anhalt wurden im ver- Effekten auf die Eientwicklung Altbestände schwächen. deutlichen Anstieg über die Warn- gangenen Jahr keine Fraßschä- ausgeglichen oder gar überlagert schwelle, sodass hier von einer den durch Kieferngroßschäd- worden ist, können erst die Probe- Eichenfraßgesellschaft Progradation ausgegangen wer- linge (Forleule, Kiefernspinner, grabungen in den Folgejahren zei- Während sich der Eichenwickler den muss. Stärkere Fraßschäden Kiefernspanner, Kiefernbusch- gen. Der zweite hessische Maikä- und die beiden Frostspannerarten wurden 2018 nur vom Forstamt hornblattwespen) und Nonne fer-Flugstamm im Bereich Hanau in Hessen und Sachsen-Anhalt Neuenburg gemeldet. In Schles- gemeldet. Mit Ausnahme einer befindet sich 2019 im dritten Lar- mit einer Ausnahme im Raum wig-Holstein wurden ebenfalls Warnschwellenüberschreitung bei steigende Dichten festgestellt. der Pheromonfallenüberwachung Der Fraß und die Ausbreitung des Kiefernspinners im Raum des Eichenprozessionsspinners Fuhrberg liegen auch die sonsti- (EPS) hat in Hessen, Niedersach- gen Monitoringergebnisse durch- sen und Sachsen-Anhalt weiter weg unter den Warnschwellen. In zugenommen. Die Untersu- Sachsen-Anhalt wurden dagegen chungen der Eigelege lassen in ansteigende Dichten bei diesen einem Großteil der Bestände er- Schadinsekten festgestellt, die wei- neut starken Fraß bzw. Kahlfraß tere Überwachungsmaßnahmen erwarten, sodass hier mögliche zur Abwägung von Bekämpfun- Bekämpfungsmaßnahmen dis- gen erforderlich machen. Mittlere kutiert und vorbereitet werden. Fraßschäden an Altnadeln durch Da auch außerhalb des die Forleule mit Beteiligung von Waldes vielerorts hohe Dichten Kiefernbuschhornblattwespen, des EPS gefunden werden, bei Kiefernspinner und Nonne wur- denen von einer potenziellen den aus der Altmark und im Raum Gesundheitsgefährdung für Letzlingen auf insgesamt rund die Bevölkerung ausgegangen 1.500 ha gemeldet. werden muss, bereiten hier die für den Gesundheitsschutz Komplexe Schäden an Buche zuständigen Behörden Be- Neben witterungsbedingten kämpfungsmaßnahmen vor. Blattverfärbungen und vorzei- In Gemengelagen mit Wald ist tigem Blattfall ab Juli wurde bei daher eine intensive Abstim- der Buche eine Zunahme von mung zwischen Waldbesitzern, Sonnenbrand und Rindenpilzer- Forstbehörden und den zustän- krankungen sowie Schleimfluss digen Gesundheitsbehörden in Verbindung mit einem Befall erforderlich. Die Dichten des durch den Kleinen Buchenbor- Schwammspinners sind regi- kenkäfer oder Buchenprachtkäfer onal in Süd- und Mittelhessen festgestellt. Insbesondere freige- sowie in Sachsen-Anhalt deut- stellte Altbuchen in sonnenex- lich über die Warnschwellen ponierten Lagen und bereits von angestiegen und haben spür- der Buchen-Vitalitätsschwäche bare Fraßschäden verursacht. beeinträchtigt Bestände waren Großes Verpuppungsnest des Eichen-Prozessionsspinners an einem Sie machen ggf. Bekämpfungs- betroffen. Im Spätherbst und Eichenstamm. maßnahmen erforderlich. Winter starb ein Teil dieser Bu- Deutscher Waldbesitzer 2/2019 www.forstpraxis.de
Waldschutzbericht I 19 Die aufgeplatzte Rinde mit den freigelegten, schwarzen Sporenlagern Raupe des Schwammspinners. des Schlauchpilzes Cryptostroma corticale ist ein typisches Erkennungs- merkmal der Rußrindenkrankheit an Bergahorn. chen ab, häufig in Verbindung durch die Tannen-Rindennekrose. setzende Weißfäule nicht mehr Umgang mit dem befallenen Ma- mit Hallimasch oder pilzlichen Auch hier dürfte die außerge- gegeben, sodass in Bereichen terial eingehalten werden. Das Rindenbranderregern. Für 2019 wöhnliche Witterung des Jahres mit erhöhter Verkehrssiche- Gesundheitsrisiko wird aller- ist mit weiteren Spätfolgen der 2018 eine bedeutende Rolle ge- rungspflicht eine Fällung der dings nach aktuellem Wissens- extremen Trockenheit und Hitze spielt haben. Bäume empfohlen wird. stand als gering eingestuft. des Vorjahrs zu rechnen. Nachdem im Oktober 2018 Da die Sporen beim Einatmen Dr. Martin Rohde, Abteilungs- erstmals im Zuständigkeits- zu gesundheitlichen Beeinträch- leiter Waldschutz, Dr. Gitta Diplodia-Triebsterben bereich der NW-FVA in einem tigungen führen können, sollten Langer, Dr. Rainer Hurling, Dr. Der milde Winter 2017/18 und der südhessischen Forstamt der bei Fällungsarbeiten bestimmte Pavel Plašil, Sachgebietsleiter Wassermangel über das gesamte Befall von Douglasienkulturen Schutzmaßnahmen und Verhal- in der Abteilung Waldschutz der Jahr hinweg sorgten auf vielen durch Douglasien-Gallmücken tensregelungen für den direkten NW-FVA Göttingen Standorten für eine Ausweitung festgestellt wurde, gab es zum und Zunahme der Schäden durch Jahresanfang weitere Funde das Diplodia-Triebsterben bei der im Raum Frankfurt und Fulda. Kiefer. Sowohl Kulturen als auch Douglasien-Gallmücken stam- ältere Bestände in Niedersach- men aus Nordamerika und wer- sen (Douglasie, Europäische Lär- den in Europa als invasive Arten che, Waldkiefer), Sachsen-Anhalt eingestuft. Sie verursachen an (Waldkiefer, Douglasie) und Hes- den Knospen und Nadeln ihrer sen (Douglasie, Waldkiefer) sind Wirtspflanzen Gallen. Da die betroffen. Teilweise wurden die betroffenen Bäume den Befall in Schäden von anderen, durch die der Regel überleben, sind forst- extremen Witterungsverhältnisse liche Gegenmaßnahmen nicht verursachten Schadsymptomen erforderlich. überlagert. Zu bestandesbedro- Ebenfalls witterungsbedingt henden Absterbeerscheinungen trat die Rußrindenerkrankung kam es in Sachsen-Anhalt u. a. in an Ahorn in Sachsen-Anhalt den Gebieten Nedlitz, Mosigkauer und Hessen besonders auffällig Heide, Oranienbaumer Heide, in Erscheinung. Sie wird durch Diesdorf und Ziegelroda sowie in den ursprünglich in Nordame- Hessen im Raum Frankfurt/M., rika beheimateten, invasiven Langen und Lampertheim. Schlauchpilz Cryptostroma corti- cale ausgelöst. Er befällt sowohl Sonstige Schäden Wald- als auch Parkbäume, be- In Niedersachsen kam es zu einer vorzugt Bergahorn. Die Standsi- Ausweitung der Schadflächen und cherheit der befallenen Bäume einer Intensivierung der Schäden ist durch eine recht schnell ein- Forleulenfraß an frischem Kieferntrieb. www.forstpraxis.de Deutscher Waldbesitzer 2/2019
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