Drahtlose Übertragung von Steuersignalen in der Automatisierung mittels Bluetooth
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Drahtlose Übertragung von Steuersignalen in der Automatisierung mittels Bluetooth Dipl. Ing. Jürgen Weczerek Strategisches Technologiemarketing Phoenix Contact GmbH & Co. KG Flaxmarktstrasse 32825 Blomberg Wireless Communication of Control Signals in Automation Using Bluetooth Data communications has become a key technology in all areas of modern society. Increasing mobility and the necessity to adapt equipment fast and flexibly to new demands quite naturally caused a boom in wireless communication solutions. Now, wireless technologies are fully developed and available at low cost, as they are used in millions of applications. Industrial automation also requires more and more flexible communication solutions at low cost that offer a reliable exchange of signals and information between mobile, movable or only temporary installed field devices in a machine or plant. The following paper presents a solution for real-time-capable wireless communication of time-critical control signals using the Bluetooth technology. 1. Einleitung Die Datenkommunikation ist zur einer Schlüsseltechnologie in allen Bereichen unserer modernen Gesellschaft geworden. Zunehmende Mobilität und die Notwendigkeit alles schnell und flexibel auf neue Anforderungen anpassen zu können hat daher fast schon zwangsweise zu einem Boom bei drahtlosen Kommunikationslösungen geführt. Durch den millionenfachen Einsatz und zweistelligen jährlichen Steigerungsraten im Office- und Home- Bereich sind die Funktechnologien mittlerweile ausgereift und zu geringen Kosten verfügbar. Auch die industrielle Automatisierung benötigt zunehmend flexible Kommunikationslösungen die zu geringsten Kosten einen zuverlässigen Signal- und Informationsaustausch zwischen mobilen, beweglichen oder nur temporär installieren Feldgeräten in einer Maschine oder Anlage ermöglichen. Im Folgenden wird eine Lösung zur echtzeitfähigen Funkübertragung von zeitkritischen Steuersignalen mittels der Funktechnologie Bluetooth vorgestellt.
Bild 1: Realisiert wurde die Wireless-IO-Lösung auf Basis der IP67 Produktlinie Fieldline Modular 2. Probleme mit kabelgebundener Datenübertragung Im industriellen Bereich trifft man häufig auf Situationen die eine Kabelanbindung von Geräten oder Stationen nur unter erschwerten Bedingungen oder teils gar nicht zulassen. Häufig handelt es sich dabei um mobile Anwendungen oder dynamische Installationen, bei denen Daten zu einem bewegten, rotierenden oder mobilen Teilnehmer zu übertragen sind. Dabei müssen oft nur wenige, dafür aber meist zeitkritische Steuerungssignale zyklisch und deterministisch über geringe Reichweiten, oft nur wenige Meter, sehr zuverlässig übertragen werden. Dies geschieht heute häufig über Schleifringe, Schleifleitungen, Datenlichtschranken, hochflexible Kabel oder Schleppketten. Kennzeichnend für diese Übertragungsarten ist, dass sie oft mit hohen Konstruktions- und Installationsaufwänden verbunden sind, dabei hohe Materialkosten entstehen, die Übertragung zudem meist störanfällig ist und häufig gewartet werden muss. Ein weiterer Problemfall sind temporäre Installationen, z.B. mehrfacher Werkzeugwechsel an einem Roboter während einer Bearbeitungsphase. Das häufige An- und Abkoppeln führt zu Verschleiß und zu Störungen an den elektrischen Steckkontakten. Eine Kommunikation über Funk ist absolut verschleißfrei, was Wartungskosten senkt und die Verfügbarkeit steigert. 3. Die geeignete Funktechnologie Für die Funkübertragung in der industriellen Kommunikation bietet sich die Nutzung der ISM- Frequenzbereiche (Industrial-Scientific- Medical) und insbesondere das 2,4GHz-Band an, das als einziges gemeinsames Frequenzband fast weltweit lizensfrei nutzbar ist. Am Markt gibt es mehrere Funktechnologien die in diesem Frequenzband arbeiten. Die wichtigsten Standards sind: WLAN (IEEE 802.11b/g) –das“ draht loseEt hernet “ Bluetooth (IEEE 802.15.1) –zur drahtlosen Gerätekommunikation Zigbee (IEEE 802.15.4) –für einfache batteriebetriebene Geräte, z.B. Sensoren
Nur die standardisierten Funktechnologien sind auf Grund ihres millionenfachen Einsatzes zu akzeptablen Kosten verfügbar und werden vom Anwender zudem eher akzeptiert. ZigBee ist derzeit noch kaum am Markt verfügbar. So kamen nur die WLAN-Systeme und Bluetooth als mögliche Funktechnologien für eine Realisierung in Frage. Anhand des Anforderungsprofils für die Übertragung schneller Steuerungssignale wurden die Funktechnolgien bewertet und es zeigte sich, das für diesen Anwendungsfall Bluetooth die derzeit am besten geeignete Funktechnologie darstellt. Bild 2: Bewertungsprofil der Funktechnologien 4. Lösungsansatz mit Bluetooth Bluetooth und WLAN unterscheiden sich wesentlich durch die Zugriffssteuerung auf das „shar edMedi um“ .Währ endbei WLANdi eTei l nehmermehroderweni gergl eichberecht i gt um den Mediumzugriff konkurrieren, koordinert ein Master, ähnlich wie bei vielen Feldbussen, den Mediumzugriff bei Bluetooth. Durch die festen Zeitslots (625µs) in denen die Kommunikation stattfindet, ist das System theoretisch nicht nur streng deterministisch sondern benötigt nur 1,25 ms für den Austausch eines Datenframes (17 Byte Nutzdaten) zwischen Basisstation und Wireless-IO-Modul. So viel zur Theorie. In der Praxis sind die Möglichkeiten zur direkten Steuerung des Kommunikationsablaufs sehr begrenzt. Zudem müssen zur Bluetooth-konformen Übertragung Profile genutzt werden, die es für unterschiedliche Anwendungsszenarien gibt. Bei der üblicherweise für die Datenübertragung verwendet en„ Ser i alPor tPr ofil e“(SPP)z eigtenVor untersuchungen,dasssel bstunt er optimierten Bedingungen die Latenzzeit für die Übertragung eines Datensatzes zwischen 20 und 80 Millisekunden ohne externe Störungen lag. Sehr gute Ergebnisse zeigte dagegen eine Realisierung auf Basis des noch sehr neuen HID-Profils (Human Interface Device) mit stabilen Latenzzeiten im Bereich von 5 ms bis 15 ms. Das Jittern konnte auf das noch nicht optimierte Zeitverhalten der Protokollsoftware zurück geführt werden, so dass die notwendigen kurzen Zykluszeiten von < 5 ms erreicht werden können. Auf Basis des HID- Profiles wurde ein Bluetooth-konformes Kommunikationsinterface für die zyklische Übertragung zeitkritischer IO-Daten in Wireless-IO-Modulen realisiert. Als Hardwarebasis wurde ein Bluetooth-Chip der Firma CSR gewählt, der bereits die neue Bluetooth- Spezifikation 1.2 unterstützt. Neben der zyklischen Übertragung von zeitkritischen Prozessdaten sind zudem Mechanismen zur azyklischen Parametrierung und für die
Diagnose implementiert. Die azyklische Kommunikation wird dabei mit dem im INTERBUS verwendeten Protokoll PCP (Peripheral Communication protocol) realisiert. Insgesamt lassen sich im Punkt-zu-Mehrpunktberieb bis zu 7 Wireless-IO-Module an einer Basisstation betreiben. Bild 3: Bluetoothprotokoll und Aufteilung Bluetooth-Payloads 4.1. Robust und zuverlässig wie ein Kabel Ein wichtige Voraussetzung für den Einsatz von Funktechnologien in Automatisierungsanwendungen ist, dass die Funkübertragung unter industriellen Bedingungen ebenso robust und zuverlässig arbeitet wie eine Kabelverbindung. Auf Grund der schlechteren Bitfehlerrate des Übertragungsmediums sind bei Funk aber zusätzliche Maßnahmen notwendig um eine so zuverlässige Datenverbindung zu gewährleisten, dass die Anwendung ohne Störungen und Stillstände arbeitet. Bluetooth bietet bereits von seiner technischen Auslegung her ein hohes Maß an Robustheit und Zuverlässigkeit. So erfolgt die Übertragung breitbandig über das gesamte 2,4 GHz Frequenzband mittels Frequenzhopping. Dabei werden die insgesamt 79 Sprungkanäle 1600-Mal pro Sekunde gewechselt. Auf Grund der sehr kurzen Telegrammlänge von < 625µs ist die Wahrscheinlichkeit einer Telegrammstörung sehr gering. Gestörte Datentelegramme werden bei Bedarf auf einem anderen Kanal ohne merklichen Zeitverzögerung wiederholt gesendet. Durch das neue adaptive Frequenzhopping in der Bluetooth-Version 1.2 können häufig gestörten Kanäle aus der Sprungsequenz herausgenommen werden was die Zuverlässigkeit in stark gestörter Umgebung weiter steigert. Bei dem gewählten Lösungsansatz auf Basis des HID-Profils mit einem 5ms SNIFF-Intervall (Energiesparmodus von Bluetooth) besteht sogar die Möglichkeit innerhalb des SNIFF Intervalls das Datentelegram zwei mal zu wiederholen ohne das dies negativen Einfluss auf das deterministische Zeitverhalten hat.
Bild 4: Kommunikationsablauf mit Bluetooth HID-Profil und 5 ms Sniff-Intervall Damit lassen sich selbst bei störbehafteter Umgebung stabile Übertragungszeiten erreichen. Zusätzlich sind die Daten durch eine 2/3-FEC (Forward Error Correction) gesichert, wodurch sich eine 33% Datenredundanz ergibt und einfache Fehler ohne Telegrammwiederholung korrigiert werden können. In vielen Anwendungen kann mit der Bluetooth-Funkübertragung daher eine vergleichbare bzw. teils bessere Systemverfügbarkeit wie mit einer kabelgebundenen Übertragung erreicht werden. So ist die Funkübertragung aufgrund der Übertragung in einem sehr hohen Frequenzbereich (2,4GHz) gegenüber vielen extrem starken Störungen im Industriebereich, die bei kabelgebundenen Übertragungen oft zu Kommunikationsfehlern führen können, z.B. in Schweißanlagen, durch Umrichter oder Hochspannungsanlagen, absolut resistent. In der Praxis zeigte sich zudem die sehr gute Stablität der Funkübertragung mit Bluetooth, insbesondere in industrieller Umgebung mit viel Metal. 4.2. Sicher vor Manipulation und Abhören Das Risikopotenzial des Abhören von Steuersignalen ist meist nicht sehr hoch. Dennoch muss die Funkverbindung so gesichert sein das eine Manipulation der Daten oder ein Eindringen über die Funkverbindung ins Netzwerk nicht möglich ist. Bei Bluetooth ist die Verbindung durch die Bluetooth internen Sicherungsmechanismen sehr gut gegen externe Eingriffsmöglichkeiten geschützt. Für sensible Daten kann die Verbindung zusätzlich mit einem 128 Bit-Code verschlüsselt werden. Um einen Angreifer nicht auf die Geräte aufmerksam zu machen ist die Kommunikation zwischen den Geräten versteckt, das heißt sie ist für andere Geräte nicht sichtbar. 4.3. Einfache, automatisierungstypische Handhabung Eine der wichtigsten Einstellungen, die bei der Konfiguration der Funkverbindung durchgeführt werden muss, ist die eindeutige Zuordnung des Wireless-IO-Moduls zu einer Basisstation. Die Konfiguration der Verbindung wurde für den Anwender einfach gestaltet und entspricht dem gewohnten, heute üblichen Handlungsablauf bei der kabelgebundenen l Instalat ion.Dabeiwi rdanal ogz uei nerKabel v er bindungei n„ vi r t uell esKabel “(i m
übertagenen Sinne) zwischen der Basisstation und dem entsprechenden Wireless-IO-Modul verlegt. Vom Kabel bleibt allerdings nur noch der Stecker übrig in dem die Verbindungsparameter gespeichert werden. Und so erfolgt die Handhabung: Zuerst steckt man den Stecker, den ID-Plug, der im industrieüblichen M12-Design realisiert wurde, auf die entsprechende Ladebuchse der Basisstation. Diese schreibt automatisch die notwendigen Verbindungsparameter in den integrierten Speicher. Dann zieht der Anwender den Stecker ab und steckt ihn auf die entsprechende Buchse am Wireless-IO-Modul. Das Modul liest bei jedem Power up die Verbindungsparameter aus dem Stecker und kann damit eine eindeutige Verbindung zur Basisstation einrichten. Beim Modultausch muss nur der ID-Plug- Stecker zur Konfiguration gewechselt werden. 4.4. Hohe Systemdichte realisierbar In der Praxis kann es vorkommen, dass mehrere dieser Funksysteme auf engem Raum zum Einsatz kommen. Dies darf nicht zu einer negativen gegenseitigen Beeinflussung führen. Bluetooth ermöglicht theoretisch den Parallelbetrieb von 79 Systemen mit je acht Teilnehmern ohne das es zu gegenseitigen Störungen kommt. In der Praxis nimmt jedoch die statistische Wahrscheinlichkeit das zwei Funksysteme zur gleichen Zeit den selben Kanal nutzen mit zunehmender Teilnehmerdichte zu. Tests mit 10 aktiven Bluetoothsystemen in einer Fertigungszelle von 6 m x 6 m haben zwar zu einer etwas höheren Telegrammfehlerrate geführt, dies hatte aber keine Auswirkung auf die gemessenen Übertragungszeiten. 5. Fazit Tests unter reellen industriellen Bedingungen zeigten, dass die Funkverbindung mit Bluetooth auch unter industriellen Bedingungen stabil und zuverlässig arbeitet. Wenn Störungen bei der Kommunikation auftreten, sind sie fast ausschließlich auf Interferenzen mit anderen Funksystemen in unmittelbarer Nähe, die zudem im gleichen Frequenzbereich arbeiten, zurückzuführen. Dies kann in der Praxis bei hoher Funkdichte zu einer Reduzierung des Datenduchsatzes bzw. einer Verlängerung der Zykluszeit führen. Mit einer gezielten Planung des lokalen Funkeinsatzes und einer entsprechenden Auslegung der Systeme (Sendeleistung, Richtcharakteristik der Antenne, etc.) können diese Probleme weitestgehend vermieden werden. Die Funkverbindung bietet sich damit als ideale Ergänzung zur industriellen kabelgebundenen Kommunikation an, überall dort, wo eine Kabelverbindung problematisch, nicht möglich, oder nicht wirtschaftlich ist.
Sie können auch lesen