ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie

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ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie
REFLEKTOR
    ANOUSHKA
 SHANKAR

4.–7. NOVEMBER 2021
ELBPHILHARMONIE HAMBURG
ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie
MODERNE KULTUR IN
          EINZIGARTIGER GESTALT.

 WELCHE VISION
   MÖCHTEN SIE
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    PRINCIPAL SPONSOR

                   Julius Bär ist Principal Sponsor
                   der Elbphilharmonie Hamburg.

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ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie
WILLKOMMEN

A   noushka Shankar ist eine Wanderin zwi-
    schen den Welten. Als Sitar-Virtuosin und
Tochter von Ravi Shankar spielt sie klassische
indische Musik für ein Millionenpublikum und
führt damit das Familienerbe fort. Zugleich
fühlt sich die siebenfach Grammy-nominierte
Künstlerin als Kind unserer Zeit und als Teil
der äußerst lebendigen Londoner Musik-
szene. So sucht sie den Austausch mit Jazz
und anderen Genres, beschäftigt sich mit
Filmmusik und konzertiert mit Singer-Song-
writerinnen und anderen kreativen Köpfen.
Ihre musikalische Welt stellt sie an vier Tagen
im Rahmen ihres farbenfrohen »Reflektor«-
Festivals in der Elbphilharmonie vor.

Gefördert durch
ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie
PROGR AMM

        DONNERSTAG, 4.11.2021

        18 Uhr | Kleiner Saal

        INDRANI MUKHERJEE
        NORDINDISCHE RAGAS

        20:30 Uhr | Kleiner Saal

        ARUNA SAIRAM
        SPARKS FROM THE CARNATIC HEMISPHERE

        FREITAG, 5.11.2021

        18 Uhr | Kleiner Saal

        SOUMIK DATTA
        SONGS OF THE EARTH

        20 Uhr | Großer Saal

        ANOUSHKA SHANKAR: SHIRAZ
        STUMMFILM MIT LIVEMUSIK

        22:30 Uhr | Kleiner Saal

        LATE NIGHT: BISHI / NERM
ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie
SAMSTAG, 6.11.2021

17 Uhr | Kleiner Saal

MYTHILI PRAKASH
SHE’S AUSPICIOUS

20 Uhr | Großer Saal

SARATHY KORWAR & UPAJ COLLECTIVE
INDIA MEETS JAZZ

22 Uhr | Kleiner Saal

LATE NIGHT:
ARUSHI JAIN / PERERA ELSEWHERE

SONNTAG, 7.11.2021

18 Uhr | Kleiner Saal

NABIHAH IQBAL / AAKASH ODEDRA
BLUE MAGIC GENTLE MAGIC / NRITTA & CONSTELLATION

20 Uhr | Großer Saal

ANOUSHKA SHANKAR: LOVE LETTERS
ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie
Es ist das Besondere,
das Wellen schlägt.

    Der offizielle Weinpartner
      der Elbphilharmonie

                                   Mehr Infos unter:
                                 hawesko.de/elphi
ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie
PROGR A MM

WORKSHOPS
jeweils Elbphilharmonie Kaistudio 1

Samstag, 6.11. | 12 Uhr

KLASSISCHE INDISCHE MUSIK
MIT SOUMIK DATTA

Samstag, 6.11. | 15 Uhr

SÜDINDIENS RHYTHMUSSPRACHE KONNAKOL
MIT MAGNUS DAUNER

Samstag, 6.11. | 17:30 Uhr

INDIEN: EIN MUSIKALISCHES
LÄNDERPORTRAIT
MIT MAGNUS DAUNER

Sonntag, 7.11. | 12 Uhr

DRUM WORKSHOP
MIT SARATHY KORWAR

Sonntag, 7.11. | 17:30 Uhr

INDIEN: EIN MUSIKALISCHES
LÄNDERPORTRAIT
MIT MAGNUS DAUNER
ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie
WELTSTAR
   MIT SITAR
Wie nur wenige Künstler verkörpert Anoushka
Shankar den modernen Sound der Globalisierung
ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie
PORTR AIT

K
        aum eine Persönlichkeit in der Musik unserer Zeit vermittelt so viel-
        fältig und spannend zwischen Genres und Erdteilen wie Anoushka
        ­Shankar. Sie ist Inderin und Weltbürgerin, virtuose klassische Musi-
kerin und Songwriterin, Klangkünstlerin und politisch Engagierte, geprägt
von ihren Wurzeln und von Globalität. Ihre umfassenden V  ­ isio­nen in Ton, Bild
und Tanz spiegeln sich in der Gestaltung ihres »Reflektor«-­Festivals wider.
   »Als ich gefragt wurde, ob ich Lust hätte, einen ›Reflektor‹ zu kuratieren,
war mein erster Gedanke: Ich möchte eine breitere Palette von indischer Mu-
sik präsentieren. Breiter als diejenige, an die viele Leute denken, wenn sie
das Wort ›indisch‹ hören, also nicht nur mit Musikern, die indische Klassik
spielen«, bekräftigt sie. »Ich wollte meinen Blick auch auf die Diaspora rich-
ten und zeigen, wie sich dort indische Musik über die Grenzen des Landes
hinaus entwickelt. Dabei bin ich natürlich sehr durch die Londoner Szene
beeinflusst, denn dort lebe ich.«
   Anoushka Shankar, 1981 geboren, ist eine Digital Native, die die Globali­
sierung des 21. Jahrhunderts kreativ in Musik kleidet. »Ich bin in der west-
lichen Welt aufgewachsen, Indien war ja nur mein zweites Zuhause«, stellt
sie klar. »Und so ist meine Basis zwar die indische klassische Musik, doch sie
wurde mir im Westen vermittelt. Mit diesem doppelten Hintergrund versuche
ich, beide Welten in meinem Leben und meiner Kunst zu versöhnen.«

FRÜHER START IN EINE GROSSE KARRIERE
Als sie neun Jahre alt ist, wird ihr berühmter Vater Ravi ihr erster Guru auf
der Langhalslaute Sitar. Seiner Lehre wird sie sich trotz aller eigener Wege
zeitlebens verpflichtet fühlen. Kaum Teenagerin, bestreitet sie ihr erstes pro-
fessionelles Konzertdebüt. Die folgenden Jahre sind durch eine rege Büh-
nentätigkeit bestimmt, meist an der Seite ihres Vaters. Trotzdem machen
sich hier schon erste Anzeichen ihrer Emanzipation bemerkbar, denn neben
den für Ravi Shankar typischen virtuosen Melodieläufen spezialisiert sie sich
auf die Auslotung der tiefen Register und des wirkungsvollen rhythmischen
Spiels mit der rechten Hand. Dafür wird sie schon früh für einen Grammy no-
miniert, als erste indische Frau.
ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie
P OR T R A IT

                 In ihren frühen Zwanzigern nimmt sich Anoushka Shankar
                 eine Auszeit von der Sitar. Sie wird Kolumnistin für Zeitungen
                 und Magazine in Indien und widmet sich dem klassischen in-
                 dischen Tanz. Als »leidenschaftlich« beschreibt sie ihre Ver-
                 bindung zu dieser künstlerischen Disziplin, in der sie eine
                 inspirierende Vereinigung aller Künste sieht. Ihre Rückkehr
                 zur Musik ab 2005 steht ganz unter dem Vor­zeichen einer Öff-
                 nung in fast jede vorstellbare stilistische Richtung. »Wenn
                 ich ein Brücken­projekt hin zu anderen musikalischen Stilen
                 unternehme, dann will ich den indischen Anteil so respekt-
                 voll wie möglich beibehalten und diesen Respekt auch den
                 anderen Musikstilen entgegenbringen«, so ihr Credo.

                    KREATIVITÄT OHNE GENREGRENZEN
                    Sie tut dies zunächst bei kreativen Ausflügen mit dem indo-
                    amerikanischen Electronica-Künstler Karsh Kale oder dem
                    British Asian-Produzenten Nitin Sawhney, der DJ-Kultur
                    mit Jazz verknüpft. Auf ihrem Werk Traveller wagt sie den
                                     Brücken­s chlag zum Flamenco, begibt sich
                                     damit auf die Spur des alten Wander we-
Ravi Shankar (1920–2012) war         ges der Roma von Indien nach Andalusien.
der wohl bedeutendste indische       Teamworks vereinen sie mit internationalen
Musiker des 20. Jahrhunderts.
                                     Stars von ihrer Halbschwester Norah Jones
Er war der Erste, der das Spiel
auf der indischen Langhalslaute
                                     und Sting bis hin zum Gitarrenduo Rodrigo y
Sitar in die westliche Welt trug     Gabriela und Lenny Kravitz. Auf klassischem
und eine ganze Generation von        Terrain spinnt sie im Duo mit der Geigerin
Musikern inspirierte, darunter       Patricia Kopatchinskaja die Begegnung ihres
die Beatles und klassische
                                     Vaters mit Yehudi Menuhin aus den 1960ern
Musiker wie Yehudi Menuhin.
                                     fort, im heutigen Kontext: »Mein Vater hatte
                                     noch einen ganz anderen roten Faden«, sagt
                                     Anoushka Shankar. »Auch im größten kre-
                    ativen Freiraum, den er sich gestattete, blieb er immer der
                    Klassik Indiens verhaftet. Jetzt ist die Zeit eine andere: Es
                    geht um einen Dialog von beiden Seiten.«
                       Dialog erschöpft sich für Anoushka Shankar nicht in
                    den Klängen: Es gehört auch zu den faszinierenden Seiten
                    dieser Kosmopolitin und Humanistin, dass sie sich sowohl
2017 präsentierte Anoushka Shankar in der Elbphilharmonie ihr Programm »Land of Gold«

inner- als auch außermusikalisch in die Tagespolitik und gesellschaft­liche
Themen einmischt: Ihr Album Land of Gold ist ein bewegendes Statement zu
den Schicksalen der Geflüchteten im 21. Jahrhundert, nicht mit moralisie-
rendem Fingerzeig, sondern mit eindrücklichen Soundgemälden von Flucht
und Exil. Shankar engagiert sich für die Vertriebenen genauso wie für soziale
Gerechtigkeit und Gleichberechtigung der Geschlechter, und ein besonderes
Anliegen ist ihr die Unterstützung der Kampagne One Billion Rising, die sich
für ein Ende der Gewalt gegen Frauen einsetzt – in Indien und weltweit.
   Für ihr »Reflektor«-Festival hat Anoushka Shankar in insgesamt zehn
Konzerten eine Gesamtschau all ihrer künstlerischen Facetten kreiert. Da-
bei führt sie prägende Einflüsse ihrer Vita mit aktuellen Ereignissen in ihrem
Leben zusammen. Mehrfach steht dabei London im Fokus, ihre jetzige Heimat
und Brennpunkt des indischen Diaspora-­Geschehens. »Die Stadt war immer
inspirierend für mich«, bekennt die Musikerin. »Auch als ich hier noch nicht
zu Hause war, habe ich auf Tournee immer dafür gesorgt, hier Zeit zu haben,
um die Kultur aufzusaugen. Man kann hier alles finden, aus der ganzen Welt.
London hat meinen Geist geöffnet.«
P OR T R A IT

                Anoushka Shankar mit ihrem 2012 verstorbenen Vater Ravi Shankar (oben)
                und in ihrer Wahlheimat London
FACETTEN DES FESTIVALS
Dabei lassen sich unschwer jene Genres und Traditionslinien herauslesen,
die für ihr eigenes künstlerisches Sein bedeutsam erscheinen. So entsteht
ein Programm, dass in seiner Vielfalt und Dichte außergewöhnlich ist. Zwei
Produktionen im Großen Saal steuert Anoushka Shankar selbst bei: Als Auf-
tragsarbeit für das British Film Institute hat sie den Stummfilm Shiraz aus
dem Jahr 1928 in Töne gekleidet – eine berührende Liebesgeschichte, die zum
Bau des Taj Mahals führte. Eine große Herausforderung, für die sie klassi-
sche mit populärer Tonsprache verwebt. Den Abschluss des Festivals am
Sonntag bildet Love Letters, ihr aktuelles Album. Es zelebriert die Erfahrung
eines gebrochenen Herzens und des schmerzerfüllten Verlustes, aber auch
einer Heilung durch weibliche Energie. Dafür hat sie eine Tonsprache ge-
schaffen, die indische Musikvokabeln in ein universell verständliches Song-
writing einbetten.
    Der erste Tag des Festivals dagegen ist ganz der traditionellen indischen
Musik gewidmet. Mit Indrani Mukherjee und Aruna Sairam kommen zwei he-
rausragende Sängerinnen nach Hamburg. Sie fungieren als Botschafterinnen
der hindustanischen nordindischen (Mukherjee) respektive der karnatischen
südindischen Linie (Sairam) – mehr dazu lesen Sie auf der nächsten Seite.
    Wie schon erwähnt, pflegt Anoushka Shankar eine große Vorliebe für den
Tanz. So war es naheliegend, auch zum »Reflektor«-Festival entsprechende
Acts einzuladen. Stellvertretend für den traditionellen südindischen Aus-
druckstanz steht Mythili Prakash. Eine neue und ungeheuer faszinierende
Spielart auf Basis des klassischen Repertoires hat Aakash Odedra entwi-
ckelt, der auch mit dem Star-Choreografen Sidi Larbi Cherkaoui arbeitet.
    Die weiteren Konzerte richten den Blick darauf, wie die globale Community
von Musikern aus dem südasiatischen Raum – Indien, Sri Lanka, Singapur,
Pakistan – höchst kreativ zwischen Traditionen und zeitgemäßen Klangwelten
vermittelt und dabei ganz neue Stile schafft. Das gilt etwa für den Tabla-­
Spieler Sarathy Korwar und seine explosive Mischung aus Jazz, Hip-Hop
und Funk, für den britisch-indischen Soumik Datta, der die indische Laute
­S arod modernisiert und gleichzeitig brennende Themen wie den Klimawandel
 anspricht, und für die britisch-pakistanische Gitarristin Nabihah Iqbal. Die
 Underground-Clubkultur und Electronica-Szene schließlich ist in zwei Late
 Nights vertreten – mit so extravaganten Protagonisten wie der DJane Sasha
 Perera und mit Bishi, die ihre Sitar kurzerhand elektrifiziert und damit un-
 missverständlich klarmacht, dass die indische Musik längst in der Gegenwart
 angekommen ist und die Zukunft fest im Blick hat.

                                                           STEFAN FRANZEN
INDISCHE MUSIK

        SITAR, TABLA & CO
        Kleine Einführung in die indische Musik

        Dass die indische Musik auf Europäer so faszinierend wirkt, hat viele Gründe.
        Während die europäische Musik auf Akkorden basiert, fußt die klassische
        Musik Indiens einzig auf Melodie und Rhythmus, die entsprechend avanciert
        sein können. Sie wird nicht schriftlich fixiert, sondern direkt vom Meister zum
        Schüler weitergegeben. Und sie beschränkt sich nicht nur auf den Hörsinn:
        Tages- und Jahreszeiten, Licht, Düfte – all das spielt eine Rolle.
           Die indische Klassik teilt sich in zwei große Traditionslinien, die geogra-
        fisch begründet sind: die hindustanische Musik im Norden, die Spuren persi-
        scher und islamischer Musik aufweist, und die karnatische Musik Südindiens,
        zu der diese Einflüsse nicht gelangten.
           Zentrale Bedeutung kommt hier wie dort den Ragas zu. Sie sind mit den
        europäischen Tonleitern vergleichbar und doch viel mehr: Hierzulande gibt es
        nur Dur und Moll, im hindustanischen Musiksystem 72 Ragas! »Was den Geist
        färbt, ist ein Raga«, lautet ein Sans­krit-Ausspruch. Sie fangen Stimmungen,
        Lichtverhältnisse und Gerüche ein, bilden die ganze Palette menschlicher
        Gefühle von erotisch bis heroisch ab. Das schaffen sie durch kunstvolle Aus-
        gestaltung des Tonvorrats und anhand einer bestimmten Dramaturgie von ei-
        ner langsamen, improvisierten Einleitung über die Etablierung rhyth­mischer
        Muster (Talas) und Melodien bis zum rasanten Finale – zu erleben etwa im
        Konzert mit Indrani Mukherjee. Die Entstehung des Raga-Systems reicht bis
        zu 2000 Jahre zurück. An ihrer Wurzel ist die Musik Indiens spirituell: Gott ist
        Klang und kann im Klang erfahren werden. Die Ragas, so formulierte es Ravi
        Shankar, sind für diese mystische Erfahrung das Vehikel.
           Das prominenteste indische Instrument ist unbestritten die Sitar (rechts).
        Sie stammt von der persischen Setar ab und erhielt ihre heutige Form im 17.
        Jahrhundert. Bespannt ist sie mit bis zu 20 Saiten: Vier werden gegriffen,
        drei sind für Grundtöne zuständig, und bis zu 13 schwingen unterhalb der
        gebogenen Bünde als reine Resonanzsaiten mit und sorgen für den metalli-
        schen, obertonreichen Klang. Das typische »Schnarren« rührt daher, dass die
        Saiten auf dem Steg am unteren Ende nur locker aufliegen. Im Gegensatz zur
        europäischen Gitarre sind die Bünde der Sitar nicht fixiert, sondern lassen
        sich verschieben und so auf die Intervalle des jeweiligen Ragas einstellen.
Ravi Shankar öffnete der Sitar in den
1960ern das Tor zur Welt; er inspirierte
Klassik-Künstler wie den Geiger Yehudi
Menuhin, Jazzer wie Miles Davis und Bands
wie die Beatles. Die Einbindung der Sitar in
ganz unterschiedliche Genres vollendet heute
seine Tochter Anoushka.
   Zur Sitar gesellen sich für die Melodie die Bam-
busflöte Bansuri, die Kastenfiedel Sarangi und die
Laute Sarod, die Soumik Datta elektrisch verstärkt
in die Gegenwart holt. Das wichtigste rhythmische
»Werkzeug« der nordindischen Musik ist das ge-
stimmte Kesseltrommel-Paar Tabla, wie es Sarathy
Korwar und Sanju Sahai spielen.
   Mehr noch als die Sitar steht in der südlichen kar-
natischen Musik der Gesang im Zentrum, mit heraus-
ragenden Vertreterinnen wie Aruna Sairam. Daneben
agieren andere Instrumente: die im Vergleich zur Sitar
voluminösere und bauchiger klingende Sarasvati Vina
und die Röhrentrommel Mridangam.
   Tanz bildet in verschiedensten Formen eine spiritu-
elle Einheit mit der Musik, gründend in der Schöpfer­
kraft des tanzenden Gottes Shiva. Die traditionellen
Formen des nordindischen Kathak und des süd-
indischen Bharatanatyam sind bestimmt von rei-
cher Ausgestaltung der Fußarbeit, Handstellung
und erzählender Mimik. Heutige Choreografen
wie Mythili Prakash und Aakash Odedra haben
aus diesen Formen spannende Dialoge mit der
Moderne entwickelt.

                                STEFAN FRANZEN
INDRANI
            MUKHERJEE
           NORDINDISCHE
               RAGAS

DO, 4.11.2021 | 18 UHR
KLEINER SAAL
INDRANI MUKHERJEE
GESANG

Indrani Mukherjee ist eine der profiliertesten Sängerinnen der klassischen
nordindischen Vokalstile Khayal und Thumri. Mit ihrem großen musikalischen
Einfühlungsvermögen und einem vielfältigen Repertoire begeistert sie auf
großen indischen und internationalen Bühnen, darunter das Ravi Shankar
Institute for Music and Performing Arts in Neu-Delhi, die Eastman School of
Music in Rochester und das London Jazz Festival. Darüber hinaus vertrat sie
ihr Land beim Internationalen Mugam-Festival in Baku, beim Oriental Festi-
val in Damaskus und beim Festival Magie de Voix in Frankreich. Neben ihrer
Lehrtätigkeit in Indien gibt sie regelmäßig Workshops auf der ganzen Welt,
etwa am Ali Akbar College of Music in Basel, in der Pandit Jasraj School of
Music in Vancouver, in Frankreich und den USA.
    Wie in der hindustanischen Musik üblich, richtet sich die Auswahl ihres
Programms nach der Tageszeit; im heutigen Konzert trägt Indrani Mukher-
jee entsprechend Abend-Ragas vor. (Nähere Informationen über das System
der Ragas finden Sie zwei Seiten weiter vorn im Heft unter der Überschrift
­»Sitar, Tabla und Co«.) Dabei stellt sie ihre bevorzugten Stile vor: »Khayal« ist
 persisch und bedeutet Vorstellung, Gedanke oder Meditation. Dieser Stil ist
 einer der beliebtesten und anspruchsvollsten in der hindustanischen Musik,
 da er den Musikern ein hohes Maß an Improvisationsgeschick abverlangt. Fast
 nichts ist auskomponiert und gleichzeitig gilt es, gewisse Regeln zu beachten.
 Thumri dagegen ist eine leichte Form, bei der die in alten Hindi-Dialekten
 geschriebenen Texte und die darin beschriebenen Gefühle im Vordergrund
 stehen: erotische Stimmungen, Spiritualität, die Jahreszeiten.
APURBA MUKHERJEE
TABL A

Apurba Mukherjee gehört zu den renommiertesten Tabla-
Spielern Indiens. Als ehemaliger Schüler des verstorbenen
Virtuosen Pandit Shankar Ghosh begleitet er regelmäßig
große Musiker seines Landes und komponiert zudem neue,
experimentelle Musik mit Künstlern aus aller Welt. So trat
er etwa in der Indian Fine Arts Academy in San Diego auf, im
Opernhaus Oslo, im Haus der Kulturen der Welt in Berlin und
bei Jazz-Festivals in London und Montreal.

MURAD ALI KHAN
SAR ANGI

Murad Ali Khan ist einer der führenden Sarangi-Spieler
Indiens. In mittlerweile sechster Generation führt er die
Familien­tradition fort – sein Instrument erlernte er bei sei-
nem Großvater und Vater. Mit seinem experimentierfreudi-
gen Spiel und einem enorm vielfältigen Repertoire leistet er
einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung der Spielpraxis auf
der traditionellen Kastenfiedel. Für seine Verdienste um die
nordindische Musik erhielt er zahlreiche Auszeichnungen.

NICK ABLE
TANPUR A

Nick Able ist Komponist, Musikpädagoge und Multiinstru­
mentalist. Geboren in Newcastle, studierte er Sitar und klas-
sische indische Musik bei Ravi Shankar und begleitete ihn
und Anoushka Shankar auf mehreren Welttourneen als Tan-
pura-Spieler – eine Art Bass-Sitar. Dabei trat er in so renom-
mierten Spielstätten wie der Londoner Royal Albert Hall, der
Carnegie Hall in New York, der Walt Disney Hall in Los Ange-
les und der Philharmonie de Paris auf.
ARUNA
       SAIRAM
   SPARKS FROM
THE CARNATIC
      HEMISPHERE

DO, 4.11.2021 | 20:30 UHR
KLEINER SAAL
ARUNA SAIRAM
GESANG

Aruna Sairam ist die ungekrönte Königin der traditionellen karnatischen
­Musik Südindiens. Sie trat in so renommierten Konzertsälen wie der New
 Yorker Carnegie Hall, der Londoner Royal Albert Hall und der Opéra N ­ ational
 de Lyon auf und gastierte auf Festivals weltweit, darunter die BBC Proms,
 das Fes Festival of World Sacred Music in Marokko und das Ojai Music Festi-
 val in Kalifornien. Regelmäßig arbeitet sie dabei mit führenden internationa-
 len Künstlern wie den Sängern Noureddine Tahiri und Shankar Mahadevan
 sowie dem Obertonsänger Christian Bollmann. Am heutigen Abend präsen-
 tiert sie ihr Programm Sparks from the Carnatic Hemisphere, das einen Quer-
 schnitt durch die südindische Gesangskunst bietet – von der ruhigen Pilger-
 musik »Abhang« bis zum ausgefeilten Stil »Ragam-Tanam-Pallavi«.
    Aruna Sairam engagiert sich in der Nachwuchsförderung und in der
 Krebshilfe. Zu den zahlreichen Mentoring-Programmen unter ihrer Leitung
 zählt die World Routes Academy der BBC. Außerdem dozierte sie an nam-
 haften Universitäten wie der Harvard University. 2015 wurde sie stellvertre-
 tende Vorsitzende der berühmten Sangeet Natak Akademi, Indiens staatlicher
 Hochschule für Musik, Tanz und Schauspiel. 2018 wurde sie von der Madras
 Music Academy in Chennai mit dem prestigeträchtigen Preis »Sangita Kala-
 nidhi« ausgezeichnet. Für ihre Verdienste um die indische Kultur erhielt sie
 mit dem »Padma Shri« zudem eine der wichtigsten indischen Würdigungen.
VITTAL RANGAN
VIOLINE

Mit mehr als 2000 Konzerten in zehn Jahren wurde Vittal
Rangan vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk Indiens das
höchste künstlerische Reifezeugnis ausgestellt. Sowohl als
Begleiter als auch als Solist gehört er zu den begehrtesten
Geigern des Landes. Im Laufe seiner Karriere konzertierte er
mit vielen großen Meistern der karnatischen Musik und trat
an berühmten Spielstätten wie dem Gateway of India in Mum-
bai und der Madras Music Academy in Chennai auf.

J. VAIDHYANATHAN
MRIDANGAM

Der Virtuose an der aus Jackfruit-Holz gebauten Röhren­
trommel entstammt einer legendären karnatischen Mu-
sikerfamilie. Er selbst erhielt seine Ausbildung bei be-
deutenden südindischen Meistern. In seiner seit mehr als
30 Jahren andauernden Konzerttätigkeit gastierte er re-
gelmäßig im Programm von All India Radio und gab welt-
weit Konzerte mit vielen Größen der karnatischen Musik.
Er erhielt zahlreiche Preise, darunter die höchste staatliche
Auszeichnung für Kunst des Bundesstaats Tamil Nadu.

S. V. RAMANI
GHATAM

Ausgebildet vom Guruvayur Dorai, gab der Perkussionist
S. V. Ramani sein Bühnendebüt mit acht Jahren. Seine Spe-
zialität ist eines der ältesten Perkussionsinstrumente Süd­
indiens: die Ghatam, die aus rotem Ton gebrannt wird. Damit
begleitete Ramani in den vergangenen 30 Jahren führende
karnatische Musiker und ist seit 1999 Mitglied im Mandolin
Shrinivas Ensemble.
SOUMIK
                   DATTA
        SONGS OF
           THE EARTH

FR, 5.11.2021 | 18 UHR
KLEINER SAAL
SOUMIK DATTA
SAROD, VOCALS, LYRICS & COMPOSITION

»Eines der größten musikalischen Talente Großbritanniens«
nennt ihn die Vogue: Soumik Datta ist nicht nur ein Virtuose
auf der Langhalslaute Sarod, sondern auch Komponist, Pro-
duzent, Bandleader und TV-Moderator. Mit Künstlern unter-
schiedlicher Sparten schafft er Projekte, in denen traditio-
nelle und zeitgenössische Kunstformen aufeinandertreffen.
Immer wieder geht es dabei auch um aktuelle gesellschaft-        Ashnaa Sasikaran
liche Themen.                                                    vocals
    Höhepunkte seiner bisherigen Karriere waren unter ande-      Yasmin Ogilvie
rem Auftritte bei den BBC Proms und beim Glastonbury Fes-        saxophone

tival sowie seine BBC-Sendung Rhythms of India. Er arbeitete     Rosabella Gregory
                                                                 synthesizer, piano, vocals
mit Popgrößen wie Beyoncé, Jay-Z, Bill Bailey, Javed Akhtar,
                                                                 Jake Long
Joss Stone und mit dem London Philharmonic Orchestra
                                                                 drums
zusammen und ist Botschafter des Earth Day Networks.
                                                                 Camilo Tirado
Während des Corona-Lockdowns schuf er die Youtube-Serie
                                                                 sound design
­Silent Spaces, für die er Musikvideos in leeren Kulturhäusern
 wie der Royal Albert Hall oder dem British Museum aufnahm.
    In der Elbphilharmonie präsentiert Soumik Datta nun sein
 jüngstes Projekt Songs of the Earth, ein Auftragswerk für die
 UN-Klimakonferenz, die aktuell in Glasgow stattfindet. Seine
 Songs werfen einen globalen Blick auf die Klimakrise; sie
 handeln von Migration, Meeresverschmutzung, Abholzung
 und nachhaltig produzierter Mode. Zur Musik erschien ein
 animierter Kurzfilm, der die Geschichte der zwölfjährigen
 Asha erzählt, die sich als Klimaflüchtling auf die Suche nach
 ihrem Vater begibt.
    »Das Projekt ist dem globalen Süden gewidmet«, sagt
 Datta, »und den vielen Menschen, die ihre Heimat verlas-
 sen mussten.« Musikalisch knüpfen der in London lebende
 Künstler und seine multikulturelle Band dabei an frühere
 Projekte an und lassen einmal mehr klassische indische Mu-
 sik mit aufregend neuen Klangfarben verschmelzen.
ANOUSHKA
       SHANKAR
              SHIRAZ

FR, 5.11.2021 | 20 UHR
GROSSER SAAL
Filmszene aus »Shiraz«

OPULENTES LIEBESMÄRCHEN
Das Filmprojekt »Shiraz«

Eine Leidenschaft, die so groß und stark war, dass sie sich im herrlichsten
Mausoleum der Welt ausdrücken musste – die Liebesgeschichte, die zum Bau
des Taj Mahal führte, ist wahrscheinlich die schönste Indiens. Und das sind
ihre romantischen Zutaten: Shiraz, einfacher Sohn eines Töpfers, verliebt
sich in Selima. Als sie noch ein Baby war, wurde sie von seinem Vater in den
Wirren eines Überfalls gerettet. Dass sie eigentlich eine Prinzessin ist, weiß
niemand im Dorf. Eines Tages rauben Sklavenhändler die junge Frau, um sie
an den Prinzen Khurram zu verkaufen. Shiraz folgt ihr unter Lebensgefahr,
um auf immer in ihrer Nähe zu sein und sie beschützen zu können.
   Dass dieser Stoff wie geschaffen für eine Umsetzung auf der Leinwand ist,
versteht sich von selbst. Tatsächlich wurde sie bereits 1928 in einer indisch-
britisch-deutschen Koproduktion realisiert – als einer der ersten Filme über-
haupt, die in Jaipur auf indischem Boden und ausschließlich
mit indischen Darstellern gedreht wurden. Hauptrolle und
Produktion übernahm der legendäre Himansu Rai. In Bildern
von märchenhaftem Charakter erzählt der deutsche Regis-
seur Franz Osten die Romanze und fährt dabei Unmengen            Anoushka Shankar
von Statisten, prächtige Requisiten und Kostüme auf.             sitar
   Als das British Film Institute an die Restaurierung der       Graeme Blevins
einzig erhaltenen Kopie ging, entschied man sich bei der         flute

Vergabe des Soundtracks für Anoushka Shankar. Die Auf-           Arun Ghosh
                                                                 clarinet
gabe stellte sie vor enorme Herausforderungen, da bei
                                                                 Preetha Narayanan
einem Stummfilm die Musik nie pausieren darf und da der
                                                                 violin
Regisseur der Komponistin keine Rückmeldungen mehr über
                                                                 Danny Keane
seine Intentionen geben konnte. Auch die Frage nach dem
                                                                 violoncello, piano
zeit­lichen Bezug der Musik musste gelöst werden: »Ich hätte
                                                                 Pirashanna Thevarajah
versuchen können, authentisch in dem Sinne zu sein, dass ich     mridangam, ghatam,
Musik schreibe, die sich auf das 17. Jahrhundert bezieht, also   morsing, kanjira, konnakol
die Zeit, in der der Film spielt«, erläutert Shankar. »Ebenso    Sanju Sahai
hätte ich mich auf die Zeit beziehen können, in der der Film     tabla
gedreht wurde, oder aber auf die Jetztzeit, in der das Publi-    Chris Kemsley
kum ihn sieht. Letztlich habe ich all das miteinander kombi-     harmonium, keyboard,
niert, geleite die modernen Kinogänger mit sehr klassischen      live electronics
Tönen in die Geschichte hinein und füge dann immer mehr
Textur hinzu.«
   Anoushka Shankar und ihr Ensemble begegnen den opu-
lenten Bildern mit ebenso prächtigen Klanglandschaften und       Anoushka Shankar
vereinen dabei indische und westliche Besetzung mit dezen-       composition
ten Electronics. Wie in der abendländischen Spät­r omantik       Julian Hepple, Danny Keane
begleitet Shankar die Figuren leitmotivisch: Melancholie         orchestration / arrangement

und Liebeskummer schmückt sie auf Laute und Flöte aus,           Julian Hepple, Isobel Jewell
                                                                 sound design
Cello und Klarinette zeichnen auch mal eine ausgesprochen
                                                                 Julian Hepple
höfische Atmosphäre. Folkloristische Farben, orientalische
                                                                 music supervision
Anklänge und klassisch getönte Kammermusik fließen or-
                                                                 John Brown
ganisch ineinander. Und trotz der strengen Taktung, die die
                                                                 video
Synchronisation mit dem Film erfordert, hat S  ­ hankar einige
Passagen offen gehalten, um farbige Improvisationen auf der
Sitar zu ermöglichen.

                                            STEFAN FRANZEN
GRAEME BLEVINS
FLUTE

Der Australier Graeme Blevins ist Saxofonist, Flötist, Kom-
ponist und Produzent. Er studierte am West Australian Con-
servatorium of Music in Perth mit den Schwerpunkten Jazz
und Klassik. Nach seinem Abschluss lebte er einige Zeit in
New York, bevor er nach London zog. Schnell avancierte er
zu einem äußerst gefragten Musiker: Er hat mit Phil Collins
(Going Back), Robbie Williams (Swings Both Ways) und Kylie
Minogue (X) aufgenommen und war Mitglied der Kyle East-
wood Band. Zudem trat er mit Mark Knopfler von den Dire
Straits, Mark Ronson, Tom Jones, Taylor Swift und dem Royal
Philharmonic Orchestra auf. Er ist Mitglied des Delta Saxo-
phone Quartet. Regelmäßig gibt er Workshops und Meister-
kurse am Royal College of Music der Guildhall School of Mu-
sic and Drama und ist Associate der Royal Academy of Music.

ARUN GHOSH
CL ARINET

Arun Ghosh ist ein britischer Klarinettist, Multiinstrumenta-
list und Komponist mit indischen Wurzeln. Er leitet mehrere
Ensembles, mit denen er weltweit auftritt, und veröffent-
lichte bisher vier Alben: Northern Namaste, Primal Odyssey,
A South Asian Suite und But Where Are You Really From? Sein
neuestes Album Secluded in Light, komponiert und einge-
spielt während des Lockdowns, erscheint im kommenden
Jahr. Bei den Parliamentary Jazz Awards wurde er zweimal
als Jazz-Instrumentalist des Jahres geehrt.
    Die Ausdruckskraft seines britischen Indo-Jazz brachte er
dem Publikum bei zahlreichen Residenzen des British Coun-
cil in China, Usbekistan, Kenia, Indien, Marokko, Ukraine und
den USA nahe. Und auch in Hamburg war Arun Ghosh bereits
mehrmals zu hören: beim Elbjazz Festival und im legendären
Jazzclub Birdland.
PREETHA NARAYANAN
VIOLIN

Die Geigerin Preetha Narayanan wurde in Memphis (Ten-
nessee) geboren und von vielfältigen Einflüssen geprägt: Sie
studierte Klavier und Geige in den USA, klassische südindi-
sche Musik und Improvisation im ostindischen Chennai und
Kreatives Lernen in London.
   Neben Anoushka Shankar arbeitet sie mit Künstlern aus
unterschiedlichen Sparten: mit dem DJ und Tabla-Spieler
Talvin Singh und der Rapperin Kae Tempest, mit der expe-
rimentellen Rockband Oi Va Voi, dem Perkussionisten Manu
Delago und dem London Contemporary Orchestra. Sie ist au-
ßerdem Mitgründerin des Klaviertrios Quest Ensemble und
des Duos Balladeste, die sich einem poetischen Mix aus me-
ditativen Klangflächen, Improvisation und eigenen Komposi-
tionen verschrieben haben. Auftritte und Workshops führten
sie in die USA sowie nach Europa, Korea, Israel und Indien.

DANNY KEANE
VIOLONCELLO, PIANO

Danny Keane studierte Cello am Trinity College of Music in
London und verbrachte nach seinem Abschluss viele Jahre
als klassischer Solist und Kammermusiker. Daneben beglei-
tete ihn schon sehr früh eine besondere Liebe zum Jazz. Er
initiierte eigene Bands und kam über das Improvisieren zum
Komponieren. So erwarb er sich den Ruf eines vielseitigen
Musikers, der als Interpret und Arrangeur ebenso gefragt
ist wie als Session-Musiker, Produzent und Komponist für
Film und Radio.
    Im Laufe seiner Karriere trat Danny Keane auf allen
Kontinenten auf und arbeitete mit so berühmten Künstlern
wie Charlie Winston, Penguin Café und natürlich Anoushka
Shankar. Erst vor wenigen Wochen veröffentlichte er sein
erstes Soloalbum Roamin’, auf dem er seine musikalischen
Erfahrungen mit internationalen künstlerischen Partnern
verknüpft.
PIRASHANNA THEVARAJAH
MRIDANGAM, GHATAM, MORSING, K ANJIR A,
KONNAKOL

»Ich arbeite mit Pirashanna, seit wir Teenager sind. Wir ha-
ben Hunderte Konzerte zusammen gespielt. Er hat eine un-
glaubliche Bühnen­präsenz und außerordentliche technische
und improvisatorische Fähigkeiten.« So beschreibt Anoushka
Shankar ihren lang­jährigen Musikerfreund Pirashanna The-
varajah. Der vielseitige Perkussionist spielt unter anderem
die Trommeln Mridangam und Kanjira, den Tontopf Ghatam
und die Bügel­maul­trommel Morsing. Ebenso versiert ist er
in der südindischen Silbensprache »Konnakol«.
   Als Kind studierte Thevarajah die traditionelle indische
Musik bei seinem Guru Sri M. Balachandar in England. 2002
gab er an der Seite von Ravi und Anoushka Shankar und
Künstlern wie Eric Clapton das mit einem Grammy ausge-
zeichnete Gedenkkonzert für George Harrison – der Start
seiner Karriere im Ensemble von Ravi Shankar, die ihn durch
die ganze Welt führte.

SANJU SAHAI
TABL A

Sanju Sahai ist einer der gefragtesten Tabla-­Spieler seiner
Generation. Schon mit neun Jahren trat er erstmals als Ta-
bla-Solist auf. Mit 13 Jahren erhielt er seinen Bachelor, mit
18 den Master of Music. Seitdem hat er mit Künstlern aus der
ganzen Welt zusammengearbeitet und so unterschiedliche
Genres wie Jazz, Blues, Folk, Oper und Tanz zusammenge-
führt. Er trat in der Carnegie Hall New York, im Opernhaus
von Sydney und bei Festivals wie den BBC Proms auf. Mehr-
fach konzertierte er vor Queen Elizabeth II. Sanju Sahai ist
auch als Lehrer und Musikpädagoge tätig.
CHRIS KEMSLEY
HARMONIUM, KE YBOARD LIVE ELECTRONICS

Chris Kemsley studierte Jazz-Klavier am Trinity College of
Music in London. Als Tour-­Musiker begleitete er so verschie-
dene Künstler wie den britischen Singer und Songwriter Nick
Mulvey und die Elektropop-Künstlerin Little Boots. Neben
seinen Live-Auftritten arbeitete er als Sounddesigner für
Pariser Modehäuser und veröffentlichte elektronische Mu-
sik als Teil des Londoner Duos Dief & Baker. Aktuell arbeitet
er an einem Album, das mithilfe analoger Synthesizer viel-
fältige Klanglandschaften entwirft.
LATE NIGHT
                   BISHI / NERM

FR, 5.11.2021 | 22:30 UHR
KLEINER SAAL
BISHI TEIL I
SITAR & VOCALS

»Bishi ist eine Diva der Londoner Avantgarde-Szene: eine Vorkämpferin für
kulturelle Vielfalt und gegen soziale Stereotypen.« So rühmt die Seite Run
Riot die Sitar-Virtuosin, Singer-Songwriterin und Performerin, die den ers-
ten Teil des heutigen Late-Night-Doppelkonzerts bestreitet.
   Bishi wuchs als Tochter bengalischer Eltern in London auf. Bei einem
Schüler Ravi Shankars studierte sie Sitar. Zugleich tauchte sie in die Club-
szene ein und sang in einem bulgarischen Chor. »Als Kind zweier Kulturen
gerät man in einen Zwiespalt, was Schmerz und Privileg zugleich ist«, sagt
sie. Ihre Musik reflektiert diese geteilte Identität – ihr hindustanisch orna-
mentierter Sopran verschmilzt mit Synthie-Beats; die Sitar wird zum elektro­
akustischen DJ-Instrument. Diese Offenheit brachte sie mit Künstlern wie
Boy George, dem David-Bowie-Produzenten Tony Visconti und der New Yor-
ker Avantgarde-Queen Meredith Monk zusammen, mit dem Kronos Quartet
und dem London Symphony Orchestra. Sie gründete die Plattform Women in
Technology Creative Industries Hub, die Frauen in der Tech-­Branche fördert.
   In Hamburg performat Bishi ihre neue Single Don’t Shoot the Messenger,
die sich mit dem Verlassen der eigenen Welt hin zu neuen Ufern auseinander-
setzt. Zudem zeigt sie Ausschnitte ihrer Show Let My Country Awake, die um
Themen wie Herkunft, Identität und Zugehörigkeit kreist – inspiriert von Ra-
bindranath Tagore, der 1913 als erster Inder den Literaturnobelpreis gewann.
NERM TEIL II
LIVE ELECTRONICS

Nerm ist DJ, Producer und Gründer des legendären East-
Londoner Kollektivs, Plattenlabels und Event-Veranstalters
Shiva Soundsystem. In seiner langen Musikkarriere war er
Frontmann einer Punkband, moderierte seine eigenen Mu-
siksendungen im BBC Radio 1 und BBC 6 Music, spielte auf
großen internationalen Festivals und kuratierte internatio-
nale Line-Ups für VH1 Supersonic, das Glastonbury Festival
und das Southbank Centre.
   Seit vielen Jahren ist Nerm ein Vorreiter innerhalb der
Neuen-Musik-Szene und bietet in seinen Shows, Events und
Publikationen den verschiedensten Künstlern aus dem Under-
ground eine Plattform. Er hat unter anderem für die Maga-
zine Mixmag, Vice und den Rolling Stone geschrieben. Über
alle Genregrenzen hinweg unterstützt er Koproduktionen von
Künstlern aus Indien und Großbritannien.
   Für den zweiten Teil der heutigen Late Night in Anoushka
Shankars »Reflektor«-Festival entwarf er ein einzigartiges DJ-
Set, das 20 Jahre seiner musikalischen Erkundungsreisen und
Kollaborationen umspannt und klassische indische Musik mit
elektronischer Dance-Musik verbindet.
MYTHILI
                PRAKASH
        SHE’S AUSPICIOUS

SA, 6.11.2021 | 17 UHR
KLEINER SAAL
MYTHILI PRAKASH
KONZEPT, CHOREOGR AFIE, TANZ

Getanzt hat Mythili Prakash schon immer. Ausgebildet von ihrer Mutter, der
Tänzerin Viji Prakash, sorgte sie bereits als Kind für Aufsehen. Heute gehört
die Indo-Amerikanerin zu den bedeutendsten Bharatanatyam-­Tänzerinnen
und -Choreografinnen weltweit. Einladungen führen sie auf große Bühnen
und zu renommierten Festivals. Ihr internationaler Erfolg zeugt davon, wie es
ihr gelingt, mit ihrer eigenen Sprache und immer neuen Visionen den klassi-
schen indischen Tanz in die Gegenwart zu übersetzen. Nicht ohne Grund lobte
sie der gefeierte Tänzer Akram Khan als »Choreographer of the Future«. Au-
ßerdem durfte sich die in Los Angeles geborene Künstlerin über diverse Aus-
zeichnungen und Stipendien freuen, etwa von der Irvine Dance Foundation.
   In der Elbphilharmonie präsentiert sie heute ihr brandneues Projekt She’s
Auspicious. Darin setzt sie sich mit der Rolle der Frau in der indischen Kultur
auseinander und beleuchtet die große Diskrepanz zwischen der Verehrung
weiblicher Hindu-Gottheiten wie »Devi« und dem gesellschaftlichen Status
der Frau, der sich in Marginalisierung und Unterdrückung zeigt. Gemeinsam
mit ihrem befreundeten Musikerinnen-Trio erkundet sie dabei die Grenzen
zwischen Performance und Realität, indem sie Klischees ebenso reflektiert
wie die Bedeutung von Kunst und ihre Rolle als weibliche Darstellerin.
SUSHMA SOMA
                                  GESANG, KOMPOSITION, SOUND-DESIGN

                                  Sushma Soma ist eine preisgekrönte Sängerin karnatischer
                                  Musik. Erst kürzlich wurde die in Singapur und Chennai le-
                                  bende Künstlerin mit dem Young Artist Award in Singapur
                                  ausgezeichnet. Sie war bereits auf verschiedenen Bühnen
                                  zu erleben, darunter die Madras Music Academy und die
                                  indische Botschaft in Brüssel. Zudem unterrichtet sie am
                                  National Institute of Education in Singapur.

                                  ANANYA ASHOK
                                  VINA, GESANG

                                  Die Sängerin und Vina-Spielerin Ananya Ashok studierte un-
                                  ter anderem bei dem gefeierten indischen Sänger Madurai
                                  T. N. Seshagopalan. Sie blickt auf viele Jahre Konzerterfah-
                                  rung zurück, trat unter anderem in den USA, in Indien und
                                  Singapur auf. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, etwa von
                                  der indischen Madras Music Academy. 2011 erhielt sie ein Sti-
                                  pendium der Alliance for California Traditional Arts.

                                  SHUBHA CHANDRAMOULI
                                  PERCUSSION

                                  Shubha Chandramouli lernte das traditionelle Mridangam-
                                  Spiel von Poovalur Srinivasan und ist heute selbst eine re-
                                  nommierte Künstlerin der karnatischen Musik. Sie spielte
                                  mit vielen renommierten indischen Musikern und tritt oft im
                                  ostindischen Chennai sowie beim Cleveland Thyagaraja Fes-
                                  tival auf. Auch als Sängerin gibt sie regelmäßig Konzerte. Sie
                                  studierte in Boston und lebt derzeit in San Francisco.

Aditya Prakash                                    K.R. Dressers
Komposition, Produktion, Sound-Design             Kostüm
Julian Quán Viêt Lê                               Kasi Aysola
Sound-Design                                      Einstudierung
Seah Johnson
Licht-Design
SARATHY
         KORWAR &
      UPAJ COLLECTIVE
         INDIA MEETS
                   JAZZ

SA, 6.11.2021 | 20 UHR
GROSSER SAAL
SARATHY KORWAR
DRUMS

Sarathy Korwar wurde in den USA geboren und wuchs in Ah-
medabad und Chennai in Indien auf. Mit zehn Jahren fing er
an, Tabla zu spielen; zugleich fühlte er sich vom Jazz ange-
zogen, den er im Radio und im örtlichen Platten­l aden ent-     UPAJ COLLECTIVE
deckte. Mit 17 begann er ein Studium der Umweltwissen-          Chris Williams
schaften, verbrachte die meiste Zeit aber mit Tabla- und        alto saxophone
Schlagzeugspielen. In London ließ er sich später an der         Achuthan Sripathmanathan
School of Oriental and African Studies zum klassischen          violin
Tabla-­Spieler ausbilden. Sein Schwerpunkt: die Adaptation      Giuliano Modarelli
                                                                guitar
indischer Rhythmen auf nicht-indischen Instrumenten.
    In London entwickelte Korwar sich schnell zu einem der      Domenico Angarano
                                                                bass guitar
spannendsten Musiker der lokalen Jazzszene. Er ist der Lea-
                                                                Al MacSween
der des Upaj Collective, das Jazzmusiker aus Südasien und
                                                                piano
klassische indische Instrumentalisten vereint. Der Name
                                                                Pirashanna Thevarajah
stammt vom Hindi-Wort »upaj«, das »Improvisation« bedeu-
                                                                percussion
tet. Außerdem spielte er mit Musikern wie den Saxofonisten
Shabaka Hutchings und Kamasi Washington und dem Klari-
nettisten Arun Ghosh.
    2016 veröffentlichte Korwar sein Debütalbum Day to Day.
Er kombiniert darauf traditionelle Folk-Gesänge, die er bei
den Siddi aufnahm, einer afro-indischen Minderheit in Indien,   »Sarathy Korwar steht an der
mit zeitgenössischem Jazz und Elektronik. Auch sein zweites     Spitze dieser neuen, aufregen-
                                                                den Jazzszene hier in London.
Studioalbum More Arriving (2019) vereint viele Welten – und
                                                                2019 war ich auf einem seiner
ist eine kritische Auseinandersetzung mit Indien-Klischees      Konzerte, und es war eine der
im Westen. »Viele Leute denken nur an Sitars, an meditative,    spannendsten Shows, die ich je
spirituelle Musik und übersehen vieles andere«, sagt Kor-       erlebt habe: ein paar akustische
war, der für das Album mit angesagten Rappern aus Mumbai        Musiker – und ein ganzer Club,
                                                                der wie wild getanzt hat.«
und New Delhi zusammenarbeitete.
    Großes Aufsehen erregten Korwar und sein Upaj Collec-       – Anoushka Shankar

tive 2018 mit dem Live-Album My East Is Your West – eine
Hommage an Jazz-Fusion-Künstler vergangener Jahrzehnte
wie Pharoah Sanders oder Alice Coltrane.
LATE NIGHT
    ARUSHI JAIN /
            PERERA
      ELSEWHERE

SA, 6.11.2021 | 22 UHR
KLEINER SAAL
ARUSHI JAIN TEIL I
LIVE ELECTRONICS

Arushi Jain spielt modularen Synthesizer, ist Sängerin, Produzentin, Radio-
moderatorin, Ingenieurin und gestaltet den ersten Teil dieses Late-Night-
Doppelkonzerts. Sie verbindet eine jahrhundertealte Tradition mit hand-
gemachter elektronischer Musik: Ihre Kompositionen sind von klassischen
hindustanischen Ragas inspiriert, die sie auf unkonventionelle Weise zu einer
neuen Ästhetik verwandelt.
    Arushi Jain wuchs in Delhi auf, war hier von klein auf von indischer Klassik
und regionaler Musik umgeben. Später zog sie nach Kalifornien, um an der
Stanford University Computerwissenschaften zu studieren. Am Center for
Computer Research in Music and Acoustics machte sie erste Erfahrungen mit
computergenerierter Musik und Klangsynthese. In ihrer eigenen Musik ver-
arbeitet sie alte nordindische Ragas mit den Werkzeugen und Technologien,
die sie als Studentin in Kalifornien erlernt hat.
    Ihr neuestes Album Under the Lilac Sky erschien in diesem Sommer und
wurde vom Guardian zum »Global Album of the Month« gekürt. Arushi Jain
ist Gründerin der Radiosendung und des Platten­l abels Ghunghru, arbeitet für
NTS Radio und boxout.fm und ist online unter dem Namen »modularprincess«
bekannt.
PERERA ELSEWHERE TEIL II

Die in London geborene und in Berlin ansässige Künstlerin
Perera Elsewhere aka Sasha Perera ist Musikerin, Songwri-
terin, Produzentin und DJane. Aus rohen Klängen, verzerrten      Sasha Perera
Stimmen und Trompeteneinsätzen erzeugt sie dichte Klang-         vocals, keyboard,
                                                                 trumpet, electronics
landschaften, die irgendwo zwischen Ambient-Blues, Avant-
R&B und außerirdischem Folk zu verorten sind.                    Oren Gerlitz
   Perera Elsewhere hat zwei Alben auf dem amerikanischen        bass, keyboard, electronics
Label Friends of Friends Music veröffentlicht und Songs für      Christopher Wolf
TV und Film geschrieben. Sie war Songwriterin und Sängerin       drums
der angesagten Berliner Band Jahcoozi, deren erste EP von
BBC-Radio-Ikone John Peel als »Popmusik aus der Zukunft«
gefeiert wurde.
   Als Künstlerin spielte sie in den angesagten Clubs welt-
weit, vom Shelter in Shanghai über die fabric in London bis
zum Low End Theory in Los Angeles und dem Berliner Berg-
hain. Für die Musiksoftware Ableton gab Perera Elsewhere
Audioproduktions-Workshops. Außerdem hat sie für das
Goethe-­Institut unterschiedliche Projekte in Afrika und Asien
mitgestaltet.
NABIHAH IQBAL
           BLUE MAGIC
       GENTLE MAGIC

      AAKASH ODEDRA
                NRITTA &
         CONSTELLATION

SO, 7.11.2021 | 18 UHR
KLEINER SAAL
NABIHAH IQBAL TEIL I
GUITAR, VOCALS

Nabihah Iqbal ist mit einem Master in Afrikanischer Geschichte, einem Zu-
satzstudium der Rechtswissenschaften und einem schwarzen Gürtel in Ka-
rate eine wahrlich vielseitige Künstlerin. Sie wurde in den späten 80er Jahren
in London geboren und lernte auf Anregung ihrer aus Pakistan eingewander-
ten Eltern Blockflöte, Querflöte und Klavier. Heute tourt sie weltweit, sowohl
als DJane als auch als Live-Act. In London ist sie auf verschiedenen Bühnen
zu Hause, darunter das Tate Britain und das Barbican Centre. Zudem war sie
bereits in Shanghai, im New Yorker MoMA sowie beim Glastonbury Festival zu
erleben. Derzeit ist sie Artist-in-Residence bei der Londoner Kultur­institution
Somerset House, wo sie ihr zweites Album entwickelt und aufnimmt. Schon
seit 2013 ist sie als Radio­moderatorin tätig, unter anderem bei der BBC.
   Ihr aktuelles Programm Blue Magic Gentle Magic, mit dem sie die erste
Hälfte dieses Doppelkonzerts gestaltet, basiert auf einem Desaster: Ende
2020 wurde in ihrem Studio eingebrochen, und zusammen mit Equipment
und Festplatten verlor sie praktisch alle Tracks, an denen sie über zwei Jahre
hinweg gearbeitet hatte. Nur auf diesem und jenem USB-Stick oder in Online-
Speichern fand sich noch ein Teil einer Session oder eine spontan aufgenom-
mene Idee. Nabihah Iqbal machte aus der Not eine Tugend und brachte diese
Sammlung als Album heraus – als persönlicher Rückblick und Mutmacher,
nach vorn zu schauen.
»›Kathak‹ bedeutet ›Geschichte‹,
                                                                und genau das tut dieser 2000
                                                                Jahre alte Tanz: Geschichten er-
                                                                zählen, beeinflusst von islamischer
                                                                Dichtung und hindustanischen
                                                                Schriften. Er enthält viel Fuß­
AAKASH ODEDRA TEIL II                                           arbeit, hörbar gemacht durch
                                                                Schellen, und viele Drehungen.
TANZ                                                            Das Verhältnis der Körpermitte
                                                                zum Raum ist enorm wichtig.
Der preisgekrönte britische Tänzer Aakash Odedra vereint        Am Hof wurde der Kathak-Tanz
in seinen Choreografien zeitgenössischen Tanz, Theater-­        häufig von Kurtisanen auf­g e­
                                                                führt. Als die Briten kamen,
Elemente und traditionelle Formen wie den ausdrucks-
                                                                erschien ihnen die Sinnlichkeit
starken nord­indischen Kathak-Tanz. Geboren in Birming-         und Spiritualität dieses Tanzes
ham, wurde ­Odedra – neben dem Kathak – im südindischen         vulgär, und sie verboten ihn.«
Bharatanatyam­-Stil ausgebildet und studierte in Indien beim    – Aakash Odedra
Bolly­w ood-Choreografen Shiamak Davar. 2011 gründete er
mit Anand Bhatt die Aakash Odedra Company, die mehr als
600 Schüler unterrichtet hat. Er selbst tanzte bislang mehr
als 300 Aufführungen in 40 Ländern.                             »Aakash Odedra ist einer meiner
   In der Elbphilharmonie zeigt er im zweiten Teil des Abends   Lieblingstänzer. Er beherrscht
zunächst Nritta, eine Verneigung vor dem Kathak-Tanz. Ode-      sowohl den klassischen Kathak
                                                                als auch den modernen Tanz
dra, von dem auch die Choreografie stammt, bleibt darin nah
                                                                auf höchstem Niveau. Es ist
an der Tradition, geht aber mit freier Improvisation über das   inspirierend, beides in einer
klassische Tanz­v okabular hinaus. Im Stück Constellation,      Person verkörpert zu sehen.«
konzipiert von Star-Choreograf Sidi Larbi Cherkaoui, schafft    – Anoushka Shankar
er dann eine geradezu ätherische, schwerelose Bewegungs-
ästhetik – in einem atemberaubenden Spiel mit Bewegung,
Licht und Schatten, einem wortlosen Dialog mit Licht und
Raum.
ANOUSHKA
                   SHANKAR
        LOVE LETTERS

SO, 7.11.2021 | 20 UHR
GROSSER SAAL
INTIMES TAGEBUCH
Das Album »Love Letters«

»Es ist wahrscheinlich die persönlichste Aufnahme, die ich überhaupt veröf-
fentlicht habe«, sagt Anoushka Shankar über ihr Album Love Letters. Anfang
2020 überraschte sie mit diesem kleinen Zyklus von sechs Songs, den sie im
Sommer 2021 nochmals um ein PS von vier Songs ergänzte.
   Von ihren vorherigen Arbeiten unterscheidet sich diese Musik in mehr-
facher Hinsicht. Denn hinter den Love Letters verstecken sich keine Liebes-
briefe der herkömmlichen Art. Sie spiegeln die Erfahrung eines gebroche-
nen Herzens und des schmerzerfüllten Verlustes, aber sie sprechen auch
von Hoffnung, Widerstandsfähigkeit und schließlich Heilung durch weibliche
Energie. Nie zuvor gab sich Shankar so biografisch und verletzlich. »Es ist
alles sehr intim, die Arrangements sind sehr sparsam«, sagt sie. »Wenn wir
es auf der Bühne präsentieren, dann wirkt es viel weniger extrovertiert als
ein Konzert mit klassischer indischer Musik. Love Letters ist eine Einladung
ans Publikum, quasi mit mir in meinem Wohnzimmer zu sitzen.« Das hat auch
Auswirkungen auf ihr Sitar-Spiel, das sich zu neuen sinnlichen und melodiö-
sen Qualitäten erhebt. Virtuose Improvisationen treten weitgehend zurück
gegenüber dem Auskosten jedes einzelnen Tones und dem langsamen Ent-
wickeln sangbarer Linien.
   Für Love Letters hat sich Anoushka Shankar mit einer Band vereint, die
ganz vom anspruchsvollen Songwriter-Pop einer europäischen Großstadt
geprägt ist, die aber auch Stimmungen wie aus alter keltischer Folkmusik
und jazzy Grooves zulässt. Im Zentrum steht mit Alev Lenz, Nicki Wells und
Nina Harries ein Trio vielseitiger Frauen der britischen Szene. Besonders zur
Sängerin und Pianistin Alev Lenz, die deutsch-türkische Wurzeln hat, konnte
Anoushka Shankar einen starken künstlerischen Draht aufbauen. Nach der
erstmaligen Zusammenarbeit für ihr Album Land of Gold ist Lenz nun sogar
Ko-Schreiberin und -Produzentin. Ihre Stimme verleiht Songs wie Bright Eyes
oder In Your Mouth große Tiefe und Empfindsamkeit.
   Anoushka Shankars Love Letters passen mit ihrem introspektiven Ton
nicht zuletzt auch zur Zeit der Corona-Pandemie, die vom Rückzug und dem
Horchen ins Innere geprägt war. Und sie beschwören die Kraft der Musik
herauf, die sich gerade mit stilleren Tönen entfalten kann. Das deckt sich
Anoushka Shankar

mit ihren Erfahrungen dieser besonderen Zeit: »Während        Anoushka Shankar
des Lockdowns habe ich mit vielen Freunden gesprochen,        sitar
und viele sagten mir, dass sie nach draußen gegangen sind,    Alev Lenz
um dort Musik zu hören. Musik kann eine sehr kathartische     vocals, piano, tanpura

Funktion erfüllen, auch für die Hörer.«                       Nicki Wells
                                                              vocals
   Die British-Asian-Szene Londons hat in den vergange-
                                                              Pirashanna Thevarajah
nen 20 Jahren immer neue Formen der Fusion zwischen
                                                              mridangam, ghatam, morsing,
indischen Wurzeln und Pop, Jazz und Songwriting ange-         kanjira, konnakol
nommen, drückt sich mit jeder neuen Generation in ande-
                                                              Danny Keane
ren Nuancen aus. Es war für sie immer spannend, diesen        violoncello, piano
Entwicklungen zu folgen, bekräftigt Anoushka Shankar. Nun     Nina Harries
hat sie mit ihrer Handschrift selbst zu einem neuen Kapitel   bass, vocals
dieser aufregenden Londoner Musikerzählung beigetragen.
Die »Liebesbriefe« zwischen den Klangwelten sind vielleicht   Julian Hepple, Isobel Jewell
der schönste Schaukasten sowohl für ihren ausgeprägt weib-    sound design
lichen Musikansatz als auch für die Grenzenlosigkeit ihrer    John Brown
Kunst.                                                        lighting design

                                          STEFAN FRANZEN
ALEV LENZ
VOCALS, PIANO, TANPUR A

Aufgewachsen zwischen Orient und Okzident, arbeitet die
deutsch-türkische Komponistin und Singer-Songwriterin
Alev Lenz nach Stationen in New York und London heute in
München. 2009 veröffentlichte sie ihr Debütalbum Story-
telling Piano Playing Fräulein, 2016 erschien Two Headed Girl,
auf dem ihre vielfältigen Einflüsse von europäischer Klassik
bis experimenteller Elektronik zusammen­kamen. 2019 er-
schien das Album 3, das fast ausschließlich aus A-­c appella-­
Stücken und Chor-Arrangements besteht, gesungen vom
Grammy-dekorierten Vokalensemble Roomful of Teeth.
    Mit Anoushka Shankar verbindet Alev Lenz eine lang-
jährige Zusammenarbeit, unter anderem schrieb sie das
Titelstück für Shankars Grammy-nominiertes Album Land
of Gold. Darüber hinaus ist sie eine gefragte Komponistin
für Filmmusik. So arbeitete sie bereits mit Caroline Link zu-
sammen und steuerte Songs zur Serie Black Mirror und dem
deutschen Netflix-Hit Dark bei.

NICKI WELLS
VOCALS

Die Sängerin, Songwriterin und Komponistin Nicki Wells ab-
solvierte ihr Musikstudium an an der Academy of Contempo-
rary Music im englischen Guildford und trat bereits in einigen
der prestigeträchtigsten Konzert­s älen der Welt auf, von der
Londoner Royal Albert Hall über das Opernhaus von Sydney
bis zur großen Pyramidenbühne von Glastonbury. Dabei kon-
zertierte sie mit Künstlern wie Eric ­W hitacre, Joss Stone und
natürlich Anoushka Shankar, mit der sie auch an der Filmmu-
sik zum Dokumentarfilm Ein Offizier und Seine Heiligkeit über
den Dalai Lama arbeitete.
   Nicki Wells tourte zehn Jahre lang mit der Band von Nitin
Sawhney. Ihre Stimme ist auf zahlreichen Filmsoundtracks
zu hören – darunter Andy Serkis’ Mowgli – sowie in mehreren
BBC-Dokumentarfilmen. Ihr Debütalbum Ocean wurde 2018
unter dem Pseudonym Turya veröffentlicht, gefolgt von ihrer
ersten EP Echo im Jahr 2019.
NINA HARRIES
                                  BA SS, VOCALS

                                  Der britischen Kontrabassistin Nina H ­ arries wurde die Musik
                                  in die Wiege gelegt. Sie war Solo­-Kontrabassistin des preis-
                                  gekrönten Northampton County Youth Orchestra und Altis-
                                  tin des Chores Madrigalis. Dann entdeckte sie ihre Liebe zum
                                  Solospiel und begann mit Songs zu experimentieren, die nur
                                  Kontrabass und Stimme verwenden.
                                      Ab 2012 absolvierte sie eine Klassik-Ausbildung am Royal
                                  College of Music in London, schloss sich dann aber mehre-
                                  ren Bands an, mit denen sie bei den großen Musikfestivals in
                                  Großbritannien auftrat, darunter das Glastonbury Festival,
                                  Secret Garden Party und das Cambridge Folk Festival. Seit
                                  2017 arbeitet sie mit dem renommierten Tänzer Akram Khan
                                  zusammen, etwa in dessen Produktion Xenos.

                                  Die Biografien von Pirashanna Thevarajah und Danny Keane finden Sie
                                  weiter vorn im Heft beim Konzert »Anoushka Shankar: Shiraz«

POP-UP-KONZERT IM FOYER

GNARLY & NIKITA GILL
Falls Sie sich über die Klänge gewundert haben sollten, die
vor dem Konzert im Haupt-Foyer erklangen: Es handelte sich
um ein Pop-Up-Konzert von Gnarly und Nikita Gill.
   GNARLY ist eine wahre Virtuosin des »­Finger Drumming«.
Durch rhythmisches Antippen eines Touchpads entstehen
explosive, mitreißende Sets. Zudem schafft sie als Sound-
Designerin, Produzentin und Beatboxerin neue Klänge.
Gnarly wurde in London geboren; ihre Familie stammt aus
Sri Lanka.
   Ihre Musik greift die Rhythmen und die Kraft der Sprache
von NIKITA GILL auf. Die Poetin und Performerin hat meh-
rere Bücher und Online-Beiträge veröffentlicht, in denen sie
Kraft und Selbstbewusstsein der Weiblichkeit feiert. Damit
gastierte sie bei et­lichen Literaturfestivals in Großbritannien
und bei der TED-Konferenz. Zudem steuerte sie ein Gedicht
zu Anoushka Shankars jüngster Single Sister Suzannah bei.
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