ANOUSHKA SHANKAR REFLEKTOR - Elbphilharmonie
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MODERNE KULTUR IN EINZIGARTIGER GESTALT. WELCHE VISION MÖCHTEN SIE VERWIRKLICHEN? PRINCIPAL SPONSOR Julius Bär ist Principal Sponsor der Elbphilharmonie Hamburg. juliusbaer.com
WILLKOMMEN A noushka Shankar ist eine Wanderin zwi- schen den Welten. Als Sitar-Virtuosin und Tochter von Ravi Shankar spielt sie klassische indische Musik für ein Millionenpublikum und führt damit das Familienerbe fort. Zugleich fühlt sich die siebenfach Grammy-nominierte Künstlerin als Kind unserer Zeit und als Teil der äußerst lebendigen Londoner Musik- szene. So sucht sie den Austausch mit Jazz und anderen Genres, beschäftigt sich mit Filmmusik und konzertiert mit Singer-Song- writerinnen und anderen kreativen Köpfen. Ihre musikalische Welt stellt sie an vier Tagen im Rahmen ihres farbenfrohen »Reflektor«- Festivals in der Elbphilharmonie vor. Gefördert durch
PROGR AMM DONNERSTAG, 4.11.2021 18 Uhr | Kleiner Saal INDRANI MUKHERJEE NORDINDISCHE RAGAS 20:30 Uhr | Kleiner Saal ARUNA SAIRAM SPARKS FROM THE CARNATIC HEMISPHERE FREITAG, 5.11.2021 18 Uhr | Kleiner Saal SOUMIK DATTA SONGS OF THE EARTH 20 Uhr | Großer Saal ANOUSHKA SHANKAR: SHIRAZ STUMMFILM MIT LIVEMUSIK 22:30 Uhr | Kleiner Saal LATE NIGHT: BISHI / NERM
SAMSTAG, 6.11.2021 17 Uhr | Kleiner Saal MYTHILI PRAKASH SHE’S AUSPICIOUS 20 Uhr | Großer Saal SARATHY KORWAR & UPAJ COLLECTIVE INDIA MEETS JAZZ 22 Uhr | Kleiner Saal LATE NIGHT: ARUSHI JAIN / PERERA ELSEWHERE SONNTAG, 7.11.2021 18 Uhr | Kleiner Saal NABIHAH IQBAL / AAKASH ODEDRA BLUE MAGIC GENTLE MAGIC / NRITTA & CONSTELLATION 20 Uhr | Großer Saal ANOUSHKA SHANKAR: LOVE LETTERS
Es ist das Besondere, das Wellen schlägt. Der offizielle Weinpartner der Elbphilharmonie Mehr Infos unter: hawesko.de/elphi
PROGR A MM WORKSHOPS jeweils Elbphilharmonie Kaistudio 1 Samstag, 6.11. | 12 Uhr KLASSISCHE INDISCHE MUSIK MIT SOUMIK DATTA Samstag, 6.11. | 15 Uhr SÜDINDIENS RHYTHMUSSPRACHE KONNAKOL MIT MAGNUS DAUNER Samstag, 6.11. | 17:30 Uhr INDIEN: EIN MUSIKALISCHES LÄNDERPORTRAIT MIT MAGNUS DAUNER Sonntag, 7.11. | 12 Uhr DRUM WORKSHOP MIT SARATHY KORWAR Sonntag, 7.11. | 17:30 Uhr INDIEN: EIN MUSIKALISCHES LÄNDERPORTRAIT MIT MAGNUS DAUNER
WELTSTAR MIT SITAR Wie nur wenige Künstler verkörpert Anoushka Shankar den modernen Sound der Globalisierung
PORTR AIT K aum eine Persönlichkeit in der Musik unserer Zeit vermittelt so viel- fältig und spannend zwischen Genres und Erdteilen wie Anoushka Shankar. Sie ist Inderin und Weltbürgerin, virtuose klassische Musi- kerin und Songwriterin, Klangkünstlerin und politisch Engagierte, geprägt von ihren Wurzeln und von Globalität. Ihre umfassenden V isionen in Ton, Bild und Tanz spiegeln sich in der Gestaltung ihres »Reflektor«-Festivals wider. »Als ich gefragt wurde, ob ich Lust hätte, einen ›Reflektor‹ zu kuratieren, war mein erster Gedanke: Ich möchte eine breitere Palette von indischer Mu- sik präsentieren. Breiter als diejenige, an die viele Leute denken, wenn sie das Wort ›indisch‹ hören, also nicht nur mit Musikern, die indische Klassik spielen«, bekräftigt sie. »Ich wollte meinen Blick auch auf die Diaspora rich- ten und zeigen, wie sich dort indische Musik über die Grenzen des Landes hinaus entwickelt. Dabei bin ich natürlich sehr durch die Londoner Szene beeinflusst, denn dort lebe ich.« Anoushka Shankar, 1981 geboren, ist eine Digital Native, die die Globali sierung des 21. Jahrhunderts kreativ in Musik kleidet. »Ich bin in der west- lichen Welt aufgewachsen, Indien war ja nur mein zweites Zuhause«, stellt sie klar. »Und so ist meine Basis zwar die indische klassische Musik, doch sie wurde mir im Westen vermittelt. Mit diesem doppelten Hintergrund versuche ich, beide Welten in meinem Leben und meiner Kunst zu versöhnen.« FRÜHER START IN EINE GROSSE KARRIERE Als sie neun Jahre alt ist, wird ihr berühmter Vater Ravi ihr erster Guru auf der Langhalslaute Sitar. Seiner Lehre wird sie sich trotz aller eigener Wege zeitlebens verpflichtet fühlen. Kaum Teenagerin, bestreitet sie ihr erstes pro- fessionelles Konzertdebüt. Die folgenden Jahre sind durch eine rege Büh- nentätigkeit bestimmt, meist an der Seite ihres Vaters. Trotzdem machen sich hier schon erste Anzeichen ihrer Emanzipation bemerkbar, denn neben den für Ravi Shankar typischen virtuosen Melodieläufen spezialisiert sie sich auf die Auslotung der tiefen Register und des wirkungsvollen rhythmischen Spiels mit der rechten Hand. Dafür wird sie schon früh für einen Grammy no- miniert, als erste indische Frau.
P OR T R A IT In ihren frühen Zwanzigern nimmt sich Anoushka Shankar eine Auszeit von der Sitar. Sie wird Kolumnistin für Zeitungen und Magazine in Indien und widmet sich dem klassischen in- dischen Tanz. Als »leidenschaftlich« beschreibt sie ihre Ver- bindung zu dieser künstlerischen Disziplin, in der sie eine inspirierende Vereinigung aller Künste sieht. Ihre Rückkehr zur Musik ab 2005 steht ganz unter dem Vorzeichen einer Öff- nung in fast jede vorstellbare stilistische Richtung. »Wenn ich ein Brückenprojekt hin zu anderen musikalischen Stilen unternehme, dann will ich den indischen Anteil so respekt- voll wie möglich beibehalten und diesen Respekt auch den anderen Musikstilen entgegenbringen«, so ihr Credo. KREATIVITÄT OHNE GENREGRENZEN Sie tut dies zunächst bei kreativen Ausflügen mit dem indo- amerikanischen Electronica-Künstler Karsh Kale oder dem British Asian-Produzenten Nitin Sawhney, der DJ-Kultur mit Jazz verknüpft. Auf ihrem Werk Traveller wagt sie den Brückens chlag zum Flamenco, begibt sich damit auf die Spur des alten Wander we- Ravi Shankar (1920–2012) war ges der Roma von Indien nach Andalusien. der wohl bedeutendste indische Teamworks vereinen sie mit internationalen Musiker des 20. Jahrhunderts. Stars von ihrer Halbschwester Norah Jones Er war der Erste, der das Spiel auf der indischen Langhalslaute und Sting bis hin zum Gitarrenduo Rodrigo y Sitar in die westliche Welt trug Gabriela und Lenny Kravitz. Auf klassischem und eine ganze Generation von Terrain spinnt sie im Duo mit der Geigerin Musikern inspirierte, darunter Patricia Kopatchinskaja die Begegnung ihres die Beatles und klassische Vaters mit Yehudi Menuhin aus den 1960ern Musiker wie Yehudi Menuhin. fort, im heutigen Kontext: »Mein Vater hatte noch einen ganz anderen roten Faden«, sagt Anoushka Shankar. »Auch im größten kre- ativen Freiraum, den er sich gestattete, blieb er immer der Klassik Indiens verhaftet. Jetzt ist die Zeit eine andere: Es geht um einen Dialog von beiden Seiten.« Dialog erschöpft sich für Anoushka Shankar nicht in den Klängen: Es gehört auch zu den faszinierenden Seiten dieser Kosmopolitin und Humanistin, dass sie sich sowohl
2017 präsentierte Anoushka Shankar in der Elbphilharmonie ihr Programm »Land of Gold« inner- als auch außermusikalisch in die Tagespolitik und gesellschaftliche Themen einmischt: Ihr Album Land of Gold ist ein bewegendes Statement zu den Schicksalen der Geflüchteten im 21. Jahrhundert, nicht mit moralisie- rendem Fingerzeig, sondern mit eindrücklichen Soundgemälden von Flucht und Exil. Shankar engagiert sich für die Vertriebenen genauso wie für soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung der Geschlechter, und ein besonderes Anliegen ist ihr die Unterstützung der Kampagne One Billion Rising, die sich für ein Ende der Gewalt gegen Frauen einsetzt – in Indien und weltweit. Für ihr »Reflektor«-Festival hat Anoushka Shankar in insgesamt zehn Konzerten eine Gesamtschau all ihrer künstlerischen Facetten kreiert. Da- bei führt sie prägende Einflüsse ihrer Vita mit aktuellen Ereignissen in ihrem Leben zusammen. Mehrfach steht dabei London im Fokus, ihre jetzige Heimat und Brennpunkt des indischen Diaspora-Geschehens. »Die Stadt war immer inspirierend für mich«, bekennt die Musikerin. »Auch als ich hier noch nicht zu Hause war, habe ich auf Tournee immer dafür gesorgt, hier Zeit zu haben, um die Kultur aufzusaugen. Man kann hier alles finden, aus der ganzen Welt. London hat meinen Geist geöffnet.«
P OR T R A IT Anoushka Shankar mit ihrem 2012 verstorbenen Vater Ravi Shankar (oben) und in ihrer Wahlheimat London
FACETTEN DES FESTIVALS Dabei lassen sich unschwer jene Genres und Traditionslinien herauslesen, die für ihr eigenes künstlerisches Sein bedeutsam erscheinen. So entsteht ein Programm, dass in seiner Vielfalt und Dichte außergewöhnlich ist. Zwei Produktionen im Großen Saal steuert Anoushka Shankar selbst bei: Als Auf- tragsarbeit für das British Film Institute hat sie den Stummfilm Shiraz aus dem Jahr 1928 in Töne gekleidet – eine berührende Liebesgeschichte, die zum Bau des Taj Mahals führte. Eine große Herausforderung, für die sie klassi- sche mit populärer Tonsprache verwebt. Den Abschluss des Festivals am Sonntag bildet Love Letters, ihr aktuelles Album. Es zelebriert die Erfahrung eines gebrochenen Herzens und des schmerzerfüllten Verlustes, aber auch einer Heilung durch weibliche Energie. Dafür hat sie eine Tonsprache ge- schaffen, die indische Musikvokabeln in ein universell verständliches Song- writing einbetten. Der erste Tag des Festivals dagegen ist ganz der traditionellen indischen Musik gewidmet. Mit Indrani Mukherjee und Aruna Sairam kommen zwei he- rausragende Sängerinnen nach Hamburg. Sie fungieren als Botschafterinnen der hindustanischen nordindischen (Mukherjee) respektive der karnatischen südindischen Linie (Sairam) – mehr dazu lesen Sie auf der nächsten Seite. Wie schon erwähnt, pflegt Anoushka Shankar eine große Vorliebe für den Tanz. So war es naheliegend, auch zum »Reflektor«-Festival entsprechende Acts einzuladen. Stellvertretend für den traditionellen südindischen Aus- druckstanz steht Mythili Prakash. Eine neue und ungeheuer faszinierende Spielart auf Basis des klassischen Repertoires hat Aakash Odedra entwi- ckelt, der auch mit dem Star-Choreografen Sidi Larbi Cherkaoui arbeitet. Die weiteren Konzerte richten den Blick darauf, wie die globale Community von Musikern aus dem südasiatischen Raum – Indien, Sri Lanka, Singapur, Pakistan – höchst kreativ zwischen Traditionen und zeitgemäßen Klangwelten vermittelt und dabei ganz neue Stile schafft. Das gilt etwa für den Tabla- Spieler Sarathy Korwar und seine explosive Mischung aus Jazz, Hip-Hop und Funk, für den britisch-indischen Soumik Datta, der die indische Laute S arod modernisiert und gleichzeitig brennende Themen wie den Klimawandel anspricht, und für die britisch-pakistanische Gitarristin Nabihah Iqbal. Die Underground-Clubkultur und Electronica-Szene schließlich ist in zwei Late Nights vertreten – mit so extravaganten Protagonisten wie der DJane Sasha Perera und mit Bishi, die ihre Sitar kurzerhand elektrifiziert und damit un- missverständlich klarmacht, dass die indische Musik längst in der Gegenwart angekommen ist und die Zukunft fest im Blick hat. STEFAN FRANZEN
INDISCHE MUSIK SITAR, TABLA & CO Kleine Einführung in die indische Musik Dass die indische Musik auf Europäer so faszinierend wirkt, hat viele Gründe. Während die europäische Musik auf Akkorden basiert, fußt die klassische Musik Indiens einzig auf Melodie und Rhythmus, die entsprechend avanciert sein können. Sie wird nicht schriftlich fixiert, sondern direkt vom Meister zum Schüler weitergegeben. Und sie beschränkt sich nicht nur auf den Hörsinn: Tages- und Jahreszeiten, Licht, Düfte – all das spielt eine Rolle. Die indische Klassik teilt sich in zwei große Traditionslinien, die geogra- fisch begründet sind: die hindustanische Musik im Norden, die Spuren persi- scher und islamischer Musik aufweist, und die karnatische Musik Südindiens, zu der diese Einflüsse nicht gelangten. Zentrale Bedeutung kommt hier wie dort den Ragas zu. Sie sind mit den europäischen Tonleitern vergleichbar und doch viel mehr: Hierzulande gibt es nur Dur und Moll, im hindustanischen Musiksystem 72 Ragas! »Was den Geist färbt, ist ein Raga«, lautet ein Sanskrit-Ausspruch. Sie fangen Stimmungen, Lichtverhältnisse und Gerüche ein, bilden die ganze Palette menschlicher Gefühle von erotisch bis heroisch ab. Das schaffen sie durch kunstvolle Aus- gestaltung des Tonvorrats und anhand einer bestimmten Dramaturgie von ei- ner langsamen, improvisierten Einleitung über die Etablierung rhythmischer Muster (Talas) und Melodien bis zum rasanten Finale – zu erleben etwa im Konzert mit Indrani Mukherjee. Die Entstehung des Raga-Systems reicht bis zu 2000 Jahre zurück. An ihrer Wurzel ist die Musik Indiens spirituell: Gott ist Klang und kann im Klang erfahren werden. Die Ragas, so formulierte es Ravi Shankar, sind für diese mystische Erfahrung das Vehikel. Das prominenteste indische Instrument ist unbestritten die Sitar (rechts). Sie stammt von der persischen Setar ab und erhielt ihre heutige Form im 17. Jahrhundert. Bespannt ist sie mit bis zu 20 Saiten: Vier werden gegriffen, drei sind für Grundtöne zuständig, und bis zu 13 schwingen unterhalb der gebogenen Bünde als reine Resonanzsaiten mit und sorgen für den metalli- schen, obertonreichen Klang. Das typische »Schnarren« rührt daher, dass die Saiten auf dem Steg am unteren Ende nur locker aufliegen. Im Gegensatz zur europäischen Gitarre sind die Bünde der Sitar nicht fixiert, sondern lassen sich verschieben und so auf die Intervalle des jeweiligen Ragas einstellen.
Ravi Shankar öffnete der Sitar in den 1960ern das Tor zur Welt; er inspirierte Klassik-Künstler wie den Geiger Yehudi Menuhin, Jazzer wie Miles Davis und Bands wie die Beatles. Die Einbindung der Sitar in ganz unterschiedliche Genres vollendet heute seine Tochter Anoushka. Zur Sitar gesellen sich für die Melodie die Bam- busflöte Bansuri, die Kastenfiedel Sarangi und die Laute Sarod, die Soumik Datta elektrisch verstärkt in die Gegenwart holt. Das wichtigste rhythmische »Werkzeug« der nordindischen Musik ist das ge- stimmte Kesseltrommel-Paar Tabla, wie es Sarathy Korwar und Sanju Sahai spielen. Mehr noch als die Sitar steht in der südlichen kar- natischen Musik der Gesang im Zentrum, mit heraus- ragenden Vertreterinnen wie Aruna Sairam. Daneben agieren andere Instrumente: die im Vergleich zur Sitar voluminösere und bauchiger klingende Sarasvati Vina und die Röhrentrommel Mridangam. Tanz bildet in verschiedensten Formen eine spiritu- elle Einheit mit der Musik, gründend in der Schöpfer kraft des tanzenden Gottes Shiva. Die traditionellen Formen des nordindischen Kathak und des süd- indischen Bharatanatyam sind bestimmt von rei- cher Ausgestaltung der Fußarbeit, Handstellung und erzählender Mimik. Heutige Choreografen wie Mythili Prakash und Aakash Odedra haben aus diesen Formen spannende Dialoge mit der Moderne entwickelt. STEFAN FRANZEN
INDRANI MUKHERJEE NORDINDISCHE RAGAS DO, 4.11.2021 | 18 UHR KLEINER SAAL
INDRANI MUKHERJEE GESANG Indrani Mukherjee ist eine der profiliertesten Sängerinnen der klassischen nordindischen Vokalstile Khayal und Thumri. Mit ihrem großen musikalischen Einfühlungsvermögen und einem vielfältigen Repertoire begeistert sie auf großen indischen und internationalen Bühnen, darunter das Ravi Shankar Institute for Music and Performing Arts in Neu-Delhi, die Eastman School of Music in Rochester und das London Jazz Festival. Darüber hinaus vertrat sie ihr Land beim Internationalen Mugam-Festival in Baku, beim Oriental Festi- val in Damaskus und beim Festival Magie de Voix in Frankreich. Neben ihrer Lehrtätigkeit in Indien gibt sie regelmäßig Workshops auf der ganzen Welt, etwa am Ali Akbar College of Music in Basel, in der Pandit Jasraj School of Music in Vancouver, in Frankreich und den USA. Wie in der hindustanischen Musik üblich, richtet sich die Auswahl ihres Programms nach der Tageszeit; im heutigen Konzert trägt Indrani Mukher- jee entsprechend Abend-Ragas vor. (Nähere Informationen über das System der Ragas finden Sie zwei Seiten weiter vorn im Heft unter der Überschrift »Sitar, Tabla und Co«.) Dabei stellt sie ihre bevorzugten Stile vor: »Khayal« ist persisch und bedeutet Vorstellung, Gedanke oder Meditation. Dieser Stil ist einer der beliebtesten und anspruchsvollsten in der hindustanischen Musik, da er den Musikern ein hohes Maß an Improvisationsgeschick abverlangt. Fast nichts ist auskomponiert und gleichzeitig gilt es, gewisse Regeln zu beachten. Thumri dagegen ist eine leichte Form, bei der die in alten Hindi-Dialekten geschriebenen Texte und die darin beschriebenen Gefühle im Vordergrund stehen: erotische Stimmungen, Spiritualität, die Jahreszeiten.
APURBA MUKHERJEE TABL A Apurba Mukherjee gehört zu den renommiertesten Tabla- Spielern Indiens. Als ehemaliger Schüler des verstorbenen Virtuosen Pandit Shankar Ghosh begleitet er regelmäßig große Musiker seines Landes und komponiert zudem neue, experimentelle Musik mit Künstlern aus aller Welt. So trat er etwa in der Indian Fine Arts Academy in San Diego auf, im Opernhaus Oslo, im Haus der Kulturen der Welt in Berlin und bei Jazz-Festivals in London und Montreal. MURAD ALI KHAN SAR ANGI Murad Ali Khan ist einer der führenden Sarangi-Spieler Indiens. In mittlerweile sechster Generation führt er die Familientradition fort – sein Instrument erlernte er bei sei- nem Großvater und Vater. Mit seinem experimentierfreudi- gen Spiel und einem enorm vielfältigen Repertoire leistet er einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung der Spielpraxis auf der traditionellen Kastenfiedel. Für seine Verdienste um die nordindische Musik erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. NICK ABLE TANPUR A Nick Able ist Komponist, Musikpädagoge und Multiinstru mentalist. Geboren in Newcastle, studierte er Sitar und klas- sische indische Musik bei Ravi Shankar und begleitete ihn und Anoushka Shankar auf mehreren Welttourneen als Tan- pura-Spieler – eine Art Bass-Sitar. Dabei trat er in so renom- mierten Spielstätten wie der Londoner Royal Albert Hall, der Carnegie Hall in New York, der Walt Disney Hall in Los Ange- les und der Philharmonie de Paris auf.
ARUNA SAIRAM SPARKS FROM THE CARNATIC HEMISPHERE DO, 4.11.2021 | 20:30 UHR KLEINER SAAL
ARUNA SAIRAM GESANG Aruna Sairam ist die ungekrönte Königin der traditionellen karnatischen Musik Südindiens. Sie trat in so renommierten Konzertsälen wie der New Yorker Carnegie Hall, der Londoner Royal Albert Hall und der Opéra N ational de Lyon auf und gastierte auf Festivals weltweit, darunter die BBC Proms, das Fes Festival of World Sacred Music in Marokko und das Ojai Music Festi- val in Kalifornien. Regelmäßig arbeitet sie dabei mit führenden internationa- len Künstlern wie den Sängern Noureddine Tahiri und Shankar Mahadevan sowie dem Obertonsänger Christian Bollmann. Am heutigen Abend präsen- tiert sie ihr Programm Sparks from the Carnatic Hemisphere, das einen Quer- schnitt durch die südindische Gesangskunst bietet – von der ruhigen Pilger- musik »Abhang« bis zum ausgefeilten Stil »Ragam-Tanam-Pallavi«. Aruna Sairam engagiert sich in der Nachwuchsförderung und in der Krebshilfe. Zu den zahlreichen Mentoring-Programmen unter ihrer Leitung zählt die World Routes Academy der BBC. Außerdem dozierte sie an nam- haften Universitäten wie der Harvard University. 2015 wurde sie stellvertre- tende Vorsitzende der berühmten Sangeet Natak Akademi, Indiens staatlicher Hochschule für Musik, Tanz und Schauspiel. 2018 wurde sie von der Madras Music Academy in Chennai mit dem prestigeträchtigen Preis »Sangita Kala- nidhi« ausgezeichnet. Für ihre Verdienste um die indische Kultur erhielt sie mit dem »Padma Shri« zudem eine der wichtigsten indischen Würdigungen.
VITTAL RANGAN VIOLINE Mit mehr als 2000 Konzerten in zehn Jahren wurde Vittal Rangan vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk Indiens das höchste künstlerische Reifezeugnis ausgestellt. Sowohl als Begleiter als auch als Solist gehört er zu den begehrtesten Geigern des Landes. Im Laufe seiner Karriere konzertierte er mit vielen großen Meistern der karnatischen Musik und trat an berühmten Spielstätten wie dem Gateway of India in Mum- bai und der Madras Music Academy in Chennai auf. J. VAIDHYANATHAN MRIDANGAM Der Virtuose an der aus Jackfruit-Holz gebauten Röhren trommel entstammt einer legendären karnatischen Mu- sikerfamilie. Er selbst erhielt seine Ausbildung bei be- deutenden südindischen Meistern. In seiner seit mehr als 30 Jahren andauernden Konzerttätigkeit gastierte er re- gelmäßig im Programm von All India Radio und gab welt- weit Konzerte mit vielen Größen der karnatischen Musik. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter die höchste staatliche Auszeichnung für Kunst des Bundesstaats Tamil Nadu. S. V. RAMANI GHATAM Ausgebildet vom Guruvayur Dorai, gab der Perkussionist S. V. Ramani sein Bühnendebüt mit acht Jahren. Seine Spe- zialität ist eines der ältesten Perkussionsinstrumente Süd indiens: die Ghatam, die aus rotem Ton gebrannt wird. Damit begleitete Ramani in den vergangenen 30 Jahren führende karnatische Musiker und ist seit 1999 Mitglied im Mandolin Shrinivas Ensemble.
SOUMIK DATTA SONGS OF THE EARTH FR, 5.11.2021 | 18 UHR KLEINER SAAL
SOUMIK DATTA SAROD, VOCALS, LYRICS & COMPOSITION »Eines der größten musikalischen Talente Großbritanniens« nennt ihn die Vogue: Soumik Datta ist nicht nur ein Virtuose auf der Langhalslaute Sarod, sondern auch Komponist, Pro- duzent, Bandleader und TV-Moderator. Mit Künstlern unter- schiedlicher Sparten schafft er Projekte, in denen traditio- nelle und zeitgenössische Kunstformen aufeinandertreffen. Immer wieder geht es dabei auch um aktuelle gesellschaft- Ashnaa Sasikaran liche Themen. vocals Höhepunkte seiner bisherigen Karriere waren unter ande- Yasmin Ogilvie rem Auftritte bei den BBC Proms und beim Glastonbury Fes- saxophone tival sowie seine BBC-Sendung Rhythms of India. Er arbeitete Rosabella Gregory synthesizer, piano, vocals mit Popgrößen wie Beyoncé, Jay-Z, Bill Bailey, Javed Akhtar, Jake Long Joss Stone und mit dem London Philharmonic Orchestra drums zusammen und ist Botschafter des Earth Day Networks. Camilo Tirado Während des Corona-Lockdowns schuf er die Youtube-Serie sound design Silent Spaces, für die er Musikvideos in leeren Kulturhäusern wie der Royal Albert Hall oder dem British Museum aufnahm. In der Elbphilharmonie präsentiert Soumik Datta nun sein jüngstes Projekt Songs of the Earth, ein Auftragswerk für die UN-Klimakonferenz, die aktuell in Glasgow stattfindet. Seine Songs werfen einen globalen Blick auf die Klimakrise; sie handeln von Migration, Meeresverschmutzung, Abholzung und nachhaltig produzierter Mode. Zur Musik erschien ein animierter Kurzfilm, der die Geschichte der zwölfjährigen Asha erzählt, die sich als Klimaflüchtling auf die Suche nach ihrem Vater begibt. »Das Projekt ist dem globalen Süden gewidmet«, sagt Datta, »und den vielen Menschen, die ihre Heimat verlas- sen mussten.« Musikalisch knüpfen der in London lebende Künstler und seine multikulturelle Band dabei an frühere Projekte an und lassen einmal mehr klassische indische Mu- sik mit aufregend neuen Klangfarben verschmelzen.
ANOUSHKA SHANKAR SHIRAZ FR, 5.11.2021 | 20 UHR GROSSER SAAL
Filmszene aus »Shiraz« OPULENTES LIEBESMÄRCHEN Das Filmprojekt »Shiraz« Eine Leidenschaft, die so groß und stark war, dass sie sich im herrlichsten Mausoleum der Welt ausdrücken musste – die Liebesgeschichte, die zum Bau des Taj Mahal führte, ist wahrscheinlich die schönste Indiens. Und das sind ihre romantischen Zutaten: Shiraz, einfacher Sohn eines Töpfers, verliebt sich in Selima. Als sie noch ein Baby war, wurde sie von seinem Vater in den Wirren eines Überfalls gerettet. Dass sie eigentlich eine Prinzessin ist, weiß niemand im Dorf. Eines Tages rauben Sklavenhändler die junge Frau, um sie an den Prinzen Khurram zu verkaufen. Shiraz folgt ihr unter Lebensgefahr, um auf immer in ihrer Nähe zu sein und sie beschützen zu können. Dass dieser Stoff wie geschaffen für eine Umsetzung auf der Leinwand ist, versteht sich von selbst. Tatsächlich wurde sie bereits 1928 in einer indisch- britisch-deutschen Koproduktion realisiert – als einer der ersten Filme über-
haupt, die in Jaipur auf indischem Boden und ausschließlich mit indischen Darstellern gedreht wurden. Hauptrolle und Produktion übernahm der legendäre Himansu Rai. In Bildern von märchenhaftem Charakter erzählt der deutsche Regis- seur Franz Osten die Romanze und fährt dabei Unmengen Anoushka Shankar von Statisten, prächtige Requisiten und Kostüme auf. sitar Als das British Film Institute an die Restaurierung der Graeme Blevins einzig erhaltenen Kopie ging, entschied man sich bei der flute Vergabe des Soundtracks für Anoushka Shankar. Die Auf- Arun Ghosh clarinet gabe stellte sie vor enorme Herausforderungen, da bei Preetha Narayanan einem Stummfilm die Musik nie pausieren darf und da der violin Regisseur der Komponistin keine Rückmeldungen mehr über Danny Keane seine Intentionen geben konnte. Auch die Frage nach dem violoncello, piano zeitlichen Bezug der Musik musste gelöst werden: »Ich hätte Pirashanna Thevarajah versuchen können, authentisch in dem Sinne zu sein, dass ich mridangam, ghatam, Musik schreibe, die sich auf das 17. Jahrhundert bezieht, also morsing, kanjira, konnakol die Zeit, in der der Film spielt«, erläutert Shankar. »Ebenso Sanju Sahai hätte ich mich auf die Zeit beziehen können, in der der Film tabla gedreht wurde, oder aber auf die Jetztzeit, in der das Publi- Chris Kemsley kum ihn sieht. Letztlich habe ich all das miteinander kombi- harmonium, keyboard, niert, geleite die modernen Kinogänger mit sehr klassischen live electronics Tönen in die Geschichte hinein und füge dann immer mehr Textur hinzu.« Anoushka Shankar und ihr Ensemble begegnen den opu- lenten Bildern mit ebenso prächtigen Klanglandschaften und Anoushka Shankar vereinen dabei indische und westliche Besetzung mit dezen- composition ten Electronics. Wie in der abendländischen Spätr omantik Julian Hepple, Danny Keane begleitet Shankar die Figuren leitmotivisch: Melancholie orchestration / arrangement und Liebeskummer schmückt sie auf Laute und Flöte aus, Julian Hepple, Isobel Jewell sound design Cello und Klarinette zeichnen auch mal eine ausgesprochen Julian Hepple höfische Atmosphäre. Folkloristische Farben, orientalische music supervision Anklänge und klassisch getönte Kammermusik fließen or- John Brown ganisch ineinander. Und trotz der strengen Taktung, die die video Synchronisation mit dem Film erfordert, hat S hankar einige Passagen offen gehalten, um farbige Improvisationen auf der Sitar zu ermöglichen. STEFAN FRANZEN
GRAEME BLEVINS FLUTE Der Australier Graeme Blevins ist Saxofonist, Flötist, Kom- ponist und Produzent. Er studierte am West Australian Con- servatorium of Music in Perth mit den Schwerpunkten Jazz und Klassik. Nach seinem Abschluss lebte er einige Zeit in New York, bevor er nach London zog. Schnell avancierte er zu einem äußerst gefragten Musiker: Er hat mit Phil Collins (Going Back), Robbie Williams (Swings Both Ways) und Kylie Minogue (X) aufgenommen und war Mitglied der Kyle East- wood Band. Zudem trat er mit Mark Knopfler von den Dire Straits, Mark Ronson, Tom Jones, Taylor Swift und dem Royal Philharmonic Orchestra auf. Er ist Mitglied des Delta Saxo- phone Quartet. Regelmäßig gibt er Workshops und Meister- kurse am Royal College of Music der Guildhall School of Mu- sic and Drama und ist Associate der Royal Academy of Music. ARUN GHOSH CL ARINET Arun Ghosh ist ein britischer Klarinettist, Multiinstrumenta- list und Komponist mit indischen Wurzeln. Er leitet mehrere Ensembles, mit denen er weltweit auftritt, und veröffent- lichte bisher vier Alben: Northern Namaste, Primal Odyssey, A South Asian Suite und But Where Are You Really From? Sein neuestes Album Secluded in Light, komponiert und einge- spielt während des Lockdowns, erscheint im kommenden Jahr. Bei den Parliamentary Jazz Awards wurde er zweimal als Jazz-Instrumentalist des Jahres geehrt. Die Ausdruckskraft seines britischen Indo-Jazz brachte er dem Publikum bei zahlreichen Residenzen des British Coun- cil in China, Usbekistan, Kenia, Indien, Marokko, Ukraine und den USA nahe. Und auch in Hamburg war Arun Ghosh bereits mehrmals zu hören: beim Elbjazz Festival und im legendären Jazzclub Birdland.
PREETHA NARAYANAN VIOLIN Die Geigerin Preetha Narayanan wurde in Memphis (Ten- nessee) geboren und von vielfältigen Einflüssen geprägt: Sie studierte Klavier und Geige in den USA, klassische südindi- sche Musik und Improvisation im ostindischen Chennai und Kreatives Lernen in London. Neben Anoushka Shankar arbeitet sie mit Künstlern aus unterschiedlichen Sparten: mit dem DJ und Tabla-Spieler Talvin Singh und der Rapperin Kae Tempest, mit der expe- rimentellen Rockband Oi Va Voi, dem Perkussionisten Manu Delago und dem London Contemporary Orchestra. Sie ist au- ßerdem Mitgründerin des Klaviertrios Quest Ensemble und des Duos Balladeste, die sich einem poetischen Mix aus me- ditativen Klangflächen, Improvisation und eigenen Komposi- tionen verschrieben haben. Auftritte und Workshops führten sie in die USA sowie nach Europa, Korea, Israel und Indien. DANNY KEANE VIOLONCELLO, PIANO Danny Keane studierte Cello am Trinity College of Music in London und verbrachte nach seinem Abschluss viele Jahre als klassischer Solist und Kammermusiker. Daneben beglei- tete ihn schon sehr früh eine besondere Liebe zum Jazz. Er initiierte eigene Bands und kam über das Improvisieren zum Komponieren. So erwarb er sich den Ruf eines vielseitigen Musikers, der als Interpret und Arrangeur ebenso gefragt ist wie als Session-Musiker, Produzent und Komponist für Film und Radio. Im Laufe seiner Karriere trat Danny Keane auf allen Kontinenten auf und arbeitete mit so berühmten Künstlern wie Charlie Winston, Penguin Café und natürlich Anoushka Shankar. Erst vor wenigen Wochen veröffentlichte er sein erstes Soloalbum Roamin’, auf dem er seine musikalischen Erfahrungen mit internationalen künstlerischen Partnern verknüpft.
PIRASHANNA THEVARAJAH MRIDANGAM, GHATAM, MORSING, K ANJIR A, KONNAKOL »Ich arbeite mit Pirashanna, seit wir Teenager sind. Wir ha- ben Hunderte Konzerte zusammen gespielt. Er hat eine un- glaubliche Bühnenpräsenz und außerordentliche technische und improvisatorische Fähigkeiten.« So beschreibt Anoushka Shankar ihren langjährigen Musikerfreund Pirashanna The- varajah. Der vielseitige Perkussionist spielt unter anderem die Trommeln Mridangam und Kanjira, den Tontopf Ghatam und die Bügelmaultrommel Morsing. Ebenso versiert ist er in der südindischen Silbensprache »Konnakol«. Als Kind studierte Thevarajah die traditionelle indische Musik bei seinem Guru Sri M. Balachandar in England. 2002 gab er an der Seite von Ravi und Anoushka Shankar und Künstlern wie Eric Clapton das mit einem Grammy ausge- zeichnete Gedenkkonzert für George Harrison – der Start seiner Karriere im Ensemble von Ravi Shankar, die ihn durch die ganze Welt führte. SANJU SAHAI TABL A Sanju Sahai ist einer der gefragtesten Tabla-Spieler seiner Generation. Schon mit neun Jahren trat er erstmals als Ta- bla-Solist auf. Mit 13 Jahren erhielt er seinen Bachelor, mit 18 den Master of Music. Seitdem hat er mit Künstlern aus der ganzen Welt zusammengearbeitet und so unterschiedliche Genres wie Jazz, Blues, Folk, Oper und Tanz zusammenge- führt. Er trat in der Carnegie Hall New York, im Opernhaus von Sydney und bei Festivals wie den BBC Proms auf. Mehr- fach konzertierte er vor Queen Elizabeth II. Sanju Sahai ist auch als Lehrer und Musikpädagoge tätig.
CHRIS KEMSLEY HARMONIUM, KE YBOARD LIVE ELECTRONICS Chris Kemsley studierte Jazz-Klavier am Trinity College of Music in London. Als Tour-Musiker begleitete er so verschie- dene Künstler wie den britischen Singer und Songwriter Nick Mulvey und die Elektropop-Künstlerin Little Boots. Neben seinen Live-Auftritten arbeitete er als Sounddesigner für Pariser Modehäuser und veröffentlichte elektronische Mu- sik als Teil des Londoner Duos Dief & Baker. Aktuell arbeitet er an einem Album, das mithilfe analoger Synthesizer viel- fältige Klanglandschaften entwirft.
LATE NIGHT BISHI / NERM FR, 5.11.2021 | 22:30 UHR KLEINER SAAL
BISHI TEIL I SITAR & VOCALS »Bishi ist eine Diva der Londoner Avantgarde-Szene: eine Vorkämpferin für kulturelle Vielfalt und gegen soziale Stereotypen.« So rühmt die Seite Run Riot die Sitar-Virtuosin, Singer-Songwriterin und Performerin, die den ers- ten Teil des heutigen Late-Night-Doppelkonzerts bestreitet. Bishi wuchs als Tochter bengalischer Eltern in London auf. Bei einem Schüler Ravi Shankars studierte sie Sitar. Zugleich tauchte sie in die Club- szene ein und sang in einem bulgarischen Chor. »Als Kind zweier Kulturen gerät man in einen Zwiespalt, was Schmerz und Privileg zugleich ist«, sagt sie. Ihre Musik reflektiert diese geteilte Identität – ihr hindustanisch orna- mentierter Sopran verschmilzt mit Synthie-Beats; die Sitar wird zum elektro akustischen DJ-Instrument. Diese Offenheit brachte sie mit Künstlern wie Boy George, dem David-Bowie-Produzenten Tony Visconti und der New Yor- ker Avantgarde-Queen Meredith Monk zusammen, mit dem Kronos Quartet und dem London Symphony Orchestra. Sie gründete die Plattform Women in Technology Creative Industries Hub, die Frauen in der Tech-Branche fördert. In Hamburg performat Bishi ihre neue Single Don’t Shoot the Messenger, die sich mit dem Verlassen der eigenen Welt hin zu neuen Ufern auseinander- setzt. Zudem zeigt sie Ausschnitte ihrer Show Let My Country Awake, die um Themen wie Herkunft, Identität und Zugehörigkeit kreist – inspiriert von Ra- bindranath Tagore, der 1913 als erster Inder den Literaturnobelpreis gewann.
NERM TEIL II LIVE ELECTRONICS Nerm ist DJ, Producer und Gründer des legendären East- Londoner Kollektivs, Plattenlabels und Event-Veranstalters Shiva Soundsystem. In seiner langen Musikkarriere war er Frontmann einer Punkband, moderierte seine eigenen Mu- siksendungen im BBC Radio 1 und BBC 6 Music, spielte auf großen internationalen Festivals und kuratierte internatio- nale Line-Ups für VH1 Supersonic, das Glastonbury Festival und das Southbank Centre. Seit vielen Jahren ist Nerm ein Vorreiter innerhalb der Neuen-Musik-Szene und bietet in seinen Shows, Events und Publikationen den verschiedensten Künstlern aus dem Under- ground eine Plattform. Er hat unter anderem für die Maga- zine Mixmag, Vice und den Rolling Stone geschrieben. Über alle Genregrenzen hinweg unterstützt er Koproduktionen von Künstlern aus Indien und Großbritannien. Für den zweiten Teil der heutigen Late Night in Anoushka Shankars »Reflektor«-Festival entwarf er ein einzigartiges DJ- Set, das 20 Jahre seiner musikalischen Erkundungsreisen und Kollaborationen umspannt und klassische indische Musik mit elektronischer Dance-Musik verbindet.
MYTHILI PRAKASH SHE’S AUSPICIOUS SA, 6.11.2021 | 17 UHR KLEINER SAAL
MYTHILI PRAKASH KONZEPT, CHOREOGR AFIE, TANZ Getanzt hat Mythili Prakash schon immer. Ausgebildet von ihrer Mutter, der Tänzerin Viji Prakash, sorgte sie bereits als Kind für Aufsehen. Heute gehört die Indo-Amerikanerin zu den bedeutendsten Bharatanatyam-Tänzerinnen und -Choreografinnen weltweit. Einladungen führen sie auf große Bühnen und zu renommierten Festivals. Ihr internationaler Erfolg zeugt davon, wie es ihr gelingt, mit ihrer eigenen Sprache und immer neuen Visionen den klassi- schen indischen Tanz in die Gegenwart zu übersetzen. Nicht ohne Grund lobte sie der gefeierte Tänzer Akram Khan als »Choreographer of the Future«. Au- ßerdem durfte sich die in Los Angeles geborene Künstlerin über diverse Aus- zeichnungen und Stipendien freuen, etwa von der Irvine Dance Foundation. In der Elbphilharmonie präsentiert sie heute ihr brandneues Projekt She’s Auspicious. Darin setzt sie sich mit der Rolle der Frau in der indischen Kultur auseinander und beleuchtet die große Diskrepanz zwischen der Verehrung weiblicher Hindu-Gottheiten wie »Devi« und dem gesellschaftlichen Status der Frau, der sich in Marginalisierung und Unterdrückung zeigt. Gemeinsam mit ihrem befreundeten Musikerinnen-Trio erkundet sie dabei die Grenzen zwischen Performance und Realität, indem sie Klischees ebenso reflektiert wie die Bedeutung von Kunst und ihre Rolle als weibliche Darstellerin.
SUSHMA SOMA GESANG, KOMPOSITION, SOUND-DESIGN Sushma Soma ist eine preisgekrönte Sängerin karnatischer Musik. Erst kürzlich wurde die in Singapur und Chennai le- bende Künstlerin mit dem Young Artist Award in Singapur ausgezeichnet. Sie war bereits auf verschiedenen Bühnen zu erleben, darunter die Madras Music Academy und die indische Botschaft in Brüssel. Zudem unterrichtet sie am National Institute of Education in Singapur. ANANYA ASHOK VINA, GESANG Die Sängerin und Vina-Spielerin Ananya Ashok studierte un- ter anderem bei dem gefeierten indischen Sänger Madurai T. N. Seshagopalan. Sie blickt auf viele Jahre Konzerterfah- rung zurück, trat unter anderem in den USA, in Indien und Singapur auf. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, etwa von der indischen Madras Music Academy. 2011 erhielt sie ein Sti- pendium der Alliance for California Traditional Arts. SHUBHA CHANDRAMOULI PERCUSSION Shubha Chandramouli lernte das traditionelle Mridangam- Spiel von Poovalur Srinivasan und ist heute selbst eine re- nommierte Künstlerin der karnatischen Musik. Sie spielte mit vielen renommierten indischen Musikern und tritt oft im ostindischen Chennai sowie beim Cleveland Thyagaraja Fes- tival auf. Auch als Sängerin gibt sie regelmäßig Konzerte. Sie studierte in Boston und lebt derzeit in San Francisco. Aditya Prakash K.R. Dressers Komposition, Produktion, Sound-Design Kostüm Julian Quán Viêt Lê Kasi Aysola Sound-Design Einstudierung Seah Johnson Licht-Design
SARATHY KORWAR & UPAJ COLLECTIVE INDIA MEETS JAZZ SA, 6.11.2021 | 20 UHR GROSSER SAAL
SARATHY KORWAR DRUMS Sarathy Korwar wurde in den USA geboren und wuchs in Ah- medabad und Chennai in Indien auf. Mit zehn Jahren fing er an, Tabla zu spielen; zugleich fühlte er sich vom Jazz ange- zogen, den er im Radio und im örtlichen Plattenl aden ent- UPAJ COLLECTIVE deckte. Mit 17 begann er ein Studium der Umweltwissen- Chris Williams schaften, verbrachte die meiste Zeit aber mit Tabla- und alto saxophone Schlagzeugspielen. In London ließ er sich später an der Achuthan Sripathmanathan School of Oriental and African Studies zum klassischen violin Tabla-Spieler ausbilden. Sein Schwerpunkt: die Adaptation Giuliano Modarelli guitar indischer Rhythmen auf nicht-indischen Instrumenten. In London entwickelte Korwar sich schnell zu einem der Domenico Angarano bass guitar spannendsten Musiker der lokalen Jazzszene. Er ist der Lea- Al MacSween der des Upaj Collective, das Jazzmusiker aus Südasien und piano klassische indische Instrumentalisten vereint. Der Name Pirashanna Thevarajah stammt vom Hindi-Wort »upaj«, das »Improvisation« bedeu- percussion tet. Außerdem spielte er mit Musikern wie den Saxofonisten Shabaka Hutchings und Kamasi Washington und dem Klari- nettisten Arun Ghosh. 2016 veröffentlichte Korwar sein Debütalbum Day to Day. Er kombiniert darauf traditionelle Folk-Gesänge, die er bei den Siddi aufnahm, einer afro-indischen Minderheit in Indien, »Sarathy Korwar steht an der mit zeitgenössischem Jazz und Elektronik. Auch sein zweites Spitze dieser neuen, aufregen- den Jazzszene hier in London. Studioalbum More Arriving (2019) vereint viele Welten – und 2019 war ich auf einem seiner ist eine kritische Auseinandersetzung mit Indien-Klischees Konzerte, und es war eine der im Westen. »Viele Leute denken nur an Sitars, an meditative, spannendsten Shows, die ich je spirituelle Musik und übersehen vieles andere«, sagt Kor- erlebt habe: ein paar akustische war, der für das Album mit angesagten Rappern aus Mumbai Musiker – und ein ganzer Club, der wie wild getanzt hat.« und New Delhi zusammenarbeitete. Großes Aufsehen erregten Korwar und sein Upaj Collec- – Anoushka Shankar tive 2018 mit dem Live-Album My East Is Your West – eine Hommage an Jazz-Fusion-Künstler vergangener Jahrzehnte wie Pharoah Sanders oder Alice Coltrane.
LATE NIGHT ARUSHI JAIN / PERERA ELSEWHERE SA, 6.11.2021 | 22 UHR KLEINER SAAL
ARUSHI JAIN TEIL I LIVE ELECTRONICS Arushi Jain spielt modularen Synthesizer, ist Sängerin, Produzentin, Radio- moderatorin, Ingenieurin und gestaltet den ersten Teil dieses Late-Night- Doppelkonzerts. Sie verbindet eine jahrhundertealte Tradition mit hand- gemachter elektronischer Musik: Ihre Kompositionen sind von klassischen hindustanischen Ragas inspiriert, die sie auf unkonventionelle Weise zu einer neuen Ästhetik verwandelt. Arushi Jain wuchs in Delhi auf, war hier von klein auf von indischer Klassik und regionaler Musik umgeben. Später zog sie nach Kalifornien, um an der Stanford University Computerwissenschaften zu studieren. Am Center for Computer Research in Music and Acoustics machte sie erste Erfahrungen mit computergenerierter Musik und Klangsynthese. In ihrer eigenen Musik ver- arbeitet sie alte nordindische Ragas mit den Werkzeugen und Technologien, die sie als Studentin in Kalifornien erlernt hat. Ihr neuestes Album Under the Lilac Sky erschien in diesem Sommer und wurde vom Guardian zum »Global Album of the Month« gekürt. Arushi Jain ist Gründerin der Radiosendung und des Plattenl abels Ghunghru, arbeitet für NTS Radio und boxout.fm und ist online unter dem Namen »modularprincess« bekannt.
PERERA ELSEWHERE TEIL II Die in London geborene und in Berlin ansässige Künstlerin Perera Elsewhere aka Sasha Perera ist Musikerin, Songwri- terin, Produzentin und DJane. Aus rohen Klängen, verzerrten Sasha Perera Stimmen und Trompeteneinsätzen erzeugt sie dichte Klang- vocals, keyboard, trumpet, electronics landschaften, die irgendwo zwischen Ambient-Blues, Avant- R&B und außerirdischem Folk zu verorten sind. Oren Gerlitz Perera Elsewhere hat zwei Alben auf dem amerikanischen bass, keyboard, electronics Label Friends of Friends Music veröffentlicht und Songs für Christopher Wolf TV und Film geschrieben. Sie war Songwriterin und Sängerin drums der angesagten Berliner Band Jahcoozi, deren erste EP von BBC-Radio-Ikone John Peel als »Popmusik aus der Zukunft« gefeiert wurde. Als Künstlerin spielte sie in den angesagten Clubs welt- weit, vom Shelter in Shanghai über die fabric in London bis zum Low End Theory in Los Angeles und dem Berliner Berg- hain. Für die Musiksoftware Ableton gab Perera Elsewhere Audioproduktions-Workshops. Außerdem hat sie für das Goethe-Institut unterschiedliche Projekte in Afrika und Asien mitgestaltet.
NABIHAH IQBAL BLUE MAGIC GENTLE MAGIC AAKASH ODEDRA NRITTA & CONSTELLATION SO, 7.11.2021 | 18 UHR KLEINER SAAL
NABIHAH IQBAL TEIL I GUITAR, VOCALS Nabihah Iqbal ist mit einem Master in Afrikanischer Geschichte, einem Zu- satzstudium der Rechtswissenschaften und einem schwarzen Gürtel in Ka- rate eine wahrlich vielseitige Künstlerin. Sie wurde in den späten 80er Jahren in London geboren und lernte auf Anregung ihrer aus Pakistan eingewander- ten Eltern Blockflöte, Querflöte und Klavier. Heute tourt sie weltweit, sowohl als DJane als auch als Live-Act. In London ist sie auf verschiedenen Bühnen zu Hause, darunter das Tate Britain und das Barbican Centre. Zudem war sie bereits in Shanghai, im New Yorker MoMA sowie beim Glastonbury Festival zu erleben. Derzeit ist sie Artist-in-Residence bei der Londoner Kulturinstitution Somerset House, wo sie ihr zweites Album entwickelt und aufnimmt. Schon seit 2013 ist sie als Radiomoderatorin tätig, unter anderem bei der BBC. Ihr aktuelles Programm Blue Magic Gentle Magic, mit dem sie die erste Hälfte dieses Doppelkonzerts gestaltet, basiert auf einem Desaster: Ende 2020 wurde in ihrem Studio eingebrochen, und zusammen mit Equipment und Festplatten verlor sie praktisch alle Tracks, an denen sie über zwei Jahre hinweg gearbeitet hatte. Nur auf diesem und jenem USB-Stick oder in Online- Speichern fand sich noch ein Teil einer Session oder eine spontan aufgenom- mene Idee. Nabihah Iqbal machte aus der Not eine Tugend und brachte diese Sammlung als Album heraus – als persönlicher Rückblick und Mutmacher, nach vorn zu schauen.
»›Kathak‹ bedeutet ›Geschichte‹, und genau das tut dieser 2000 Jahre alte Tanz: Geschichten er- zählen, beeinflusst von islamischer Dichtung und hindustanischen Schriften. Er enthält viel Fuß AAKASH ODEDRA TEIL II arbeit, hörbar gemacht durch Schellen, und viele Drehungen. TANZ Das Verhältnis der Körpermitte zum Raum ist enorm wichtig. Der preisgekrönte britische Tänzer Aakash Odedra vereint Am Hof wurde der Kathak-Tanz in seinen Choreografien zeitgenössischen Tanz, Theater- häufig von Kurtisanen aufg e führt. Als die Briten kamen, Elemente und traditionelle Formen wie den ausdrucks- erschien ihnen die Sinnlichkeit starken nordindischen Kathak-Tanz. Geboren in Birming- und Spiritualität dieses Tanzes ham, wurde Odedra – neben dem Kathak – im südindischen vulgär, und sie verboten ihn.« Bharatanatyam-Stil ausgebildet und studierte in Indien beim – Aakash Odedra Bollyw ood-Choreografen Shiamak Davar. 2011 gründete er mit Anand Bhatt die Aakash Odedra Company, die mehr als 600 Schüler unterrichtet hat. Er selbst tanzte bislang mehr als 300 Aufführungen in 40 Ländern. »Aakash Odedra ist einer meiner In der Elbphilharmonie zeigt er im zweiten Teil des Abends Lieblingstänzer. Er beherrscht zunächst Nritta, eine Verneigung vor dem Kathak-Tanz. Ode- sowohl den klassischen Kathak als auch den modernen Tanz dra, von dem auch die Choreografie stammt, bleibt darin nah auf höchstem Niveau. Es ist an der Tradition, geht aber mit freier Improvisation über das inspirierend, beides in einer klassische Tanzv okabular hinaus. Im Stück Constellation, Person verkörpert zu sehen.« konzipiert von Star-Choreograf Sidi Larbi Cherkaoui, schafft – Anoushka Shankar er dann eine geradezu ätherische, schwerelose Bewegungs- ästhetik – in einem atemberaubenden Spiel mit Bewegung, Licht und Schatten, einem wortlosen Dialog mit Licht und Raum.
ANOUSHKA SHANKAR LOVE LETTERS SO, 7.11.2021 | 20 UHR GROSSER SAAL
INTIMES TAGEBUCH Das Album »Love Letters« »Es ist wahrscheinlich die persönlichste Aufnahme, die ich überhaupt veröf- fentlicht habe«, sagt Anoushka Shankar über ihr Album Love Letters. Anfang 2020 überraschte sie mit diesem kleinen Zyklus von sechs Songs, den sie im Sommer 2021 nochmals um ein PS von vier Songs ergänzte. Von ihren vorherigen Arbeiten unterscheidet sich diese Musik in mehr- facher Hinsicht. Denn hinter den Love Letters verstecken sich keine Liebes- briefe der herkömmlichen Art. Sie spiegeln die Erfahrung eines gebroche- nen Herzens und des schmerzerfüllten Verlustes, aber sie sprechen auch von Hoffnung, Widerstandsfähigkeit und schließlich Heilung durch weibliche Energie. Nie zuvor gab sich Shankar so biografisch und verletzlich. »Es ist alles sehr intim, die Arrangements sind sehr sparsam«, sagt sie. »Wenn wir es auf der Bühne präsentieren, dann wirkt es viel weniger extrovertiert als ein Konzert mit klassischer indischer Musik. Love Letters ist eine Einladung ans Publikum, quasi mit mir in meinem Wohnzimmer zu sitzen.« Das hat auch Auswirkungen auf ihr Sitar-Spiel, das sich zu neuen sinnlichen und melodiö- sen Qualitäten erhebt. Virtuose Improvisationen treten weitgehend zurück gegenüber dem Auskosten jedes einzelnen Tones und dem langsamen Ent- wickeln sangbarer Linien. Für Love Letters hat sich Anoushka Shankar mit einer Band vereint, die ganz vom anspruchsvollen Songwriter-Pop einer europäischen Großstadt geprägt ist, die aber auch Stimmungen wie aus alter keltischer Folkmusik und jazzy Grooves zulässt. Im Zentrum steht mit Alev Lenz, Nicki Wells und Nina Harries ein Trio vielseitiger Frauen der britischen Szene. Besonders zur Sängerin und Pianistin Alev Lenz, die deutsch-türkische Wurzeln hat, konnte Anoushka Shankar einen starken künstlerischen Draht aufbauen. Nach der erstmaligen Zusammenarbeit für ihr Album Land of Gold ist Lenz nun sogar Ko-Schreiberin und -Produzentin. Ihre Stimme verleiht Songs wie Bright Eyes oder In Your Mouth große Tiefe und Empfindsamkeit. Anoushka Shankars Love Letters passen mit ihrem introspektiven Ton nicht zuletzt auch zur Zeit der Corona-Pandemie, die vom Rückzug und dem Horchen ins Innere geprägt war. Und sie beschwören die Kraft der Musik herauf, die sich gerade mit stilleren Tönen entfalten kann. Das deckt sich
Anoushka Shankar mit ihren Erfahrungen dieser besonderen Zeit: »Während Anoushka Shankar des Lockdowns habe ich mit vielen Freunden gesprochen, sitar und viele sagten mir, dass sie nach draußen gegangen sind, Alev Lenz um dort Musik zu hören. Musik kann eine sehr kathartische vocals, piano, tanpura Funktion erfüllen, auch für die Hörer.« Nicki Wells vocals Die British-Asian-Szene Londons hat in den vergange- Pirashanna Thevarajah nen 20 Jahren immer neue Formen der Fusion zwischen mridangam, ghatam, morsing, indischen Wurzeln und Pop, Jazz und Songwriting ange- kanjira, konnakol nommen, drückt sich mit jeder neuen Generation in ande- Danny Keane ren Nuancen aus. Es war für sie immer spannend, diesen violoncello, piano Entwicklungen zu folgen, bekräftigt Anoushka Shankar. Nun Nina Harries hat sie mit ihrer Handschrift selbst zu einem neuen Kapitel bass, vocals dieser aufregenden Londoner Musikerzählung beigetragen. Die »Liebesbriefe« zwischen den Klangwelten sind vielleicht Julian Hepple, Isobel Jewell der schönste Schaukasten sowohl für ihren ausgeprägt weib- sound design lichen Musikansatz als auch für die Grenzenlosigkeit ihrer John Brown Kunst. lighting design STEFAN FRANZEN
ALEV LENZ VOCALS, PIANO, TANPUR A Aufgewachsen zwischen Orient und Okzident, arbeitet die deutsch-türkische Komponistin und Singer-Songwriterin Alev Lenz nach Stationen in New York und London heute in München. 2009 veröffentlichte sie ihr Debütalbum Story- telling Piano Playing Fräulein, 2016 erschien Two Headed Girl, auf dem ihre vielfältigen Einflüsse von europäischer Klassik bis experimenteller Elektronik zusammenkamen. 2019 er- schien das Album 3, das fast ausschließlich aus A-c appella- Stücken und Chor-Arrangements besteht, gesungen vom Grammy-dekorierten Vokalensemble Roomful of Teeth. Mit Anoushka Shankar verbindet Alev Lenz eine lang- jährige Zusammenarbeit, unter anderem schrieb sie das Titelstück für Shankars Grammy-nominiertes Album Land of Gold. Darüber hinaus ist sie eine gefragte Komponistin für Filmmusik. So arbeitete sie bereits mit Caroline Link zu- sammen und steuerte Songs zur Serie Black Mirror und dem deutschen Netflix-Hit Dark bei. NICKI WELLS VOCALS Die Sängerin, Songwriterin und Komponistin Nicki Wells ab- solvierte ihr Musikstudium an an der Academy of Contempo- rary Music im englischen Guildford und trat bereits in einigen der prestigeträchtigsten Konzerts älen der Welt auf, von der Londoner Royal Albert Hall über das Opernhaus von Sydney bis zur großen Pyramidenbühne von Glastonbury. Dabei kon- zertierte sie mit Künstlern wie Eric W hitacre, Joss Stone und natürlich Anoushka Shankar, mit der sie auch an der Filmmu- sik zum Dokumentarfilm Ein Offizier und Seine Heiligkeit über den Dalai Lama arbeitete. Nicki Wells tourte zehn Jahre lang mit der Band von Nitin Sawhney. Ihre Stimme ist auf zahlreichen Filmsoundtracks zu hören – darunter Andy Serkis’ Mowgli – sowie in mehreren BBC-Dokumentarfilmen. Ihr Debütalbum Ocean wurde 2018 unter dem Pseudonym Turya veröffentlicht, gefolgt von ihrer ersten EP Echo im Jahr 2019.
NINA HARRIES BA SS, VOCALS Der britischen Kontrabassistin Nina H arries wurde die Musik in die Wiege gelegt. Sie war Solo-Kontrabassistin des preis- gekrönten Northampton County Youth Orchestra und Altis- tin des Chores Madrigalis. Dann entdeckte sie ihre Liebe zum Solospiel und begann mit Songs zu experimentieren, die nur Kontrabass und Stimme verwenden. Ab 2012 absolvierte sie eine Klassik-Ausbildung am Royal College of Music in London, schloss sich dann aber mehre- ren Bands an, mit denen sie bei den großen Musikfestivals in Großbritannien auftrat, darunter das Glastonbury Festival, Secret Garden Party und das Cambridge Folk Festival. Seit 2017 arbeitet sie mit dem renommierten Tänzer Akram Khan zusammen, etwa in dessen Produktion Xenos. Die Biografien von Pirashanna Thevarajah und Danny Keane finden Sie weiter vorn im Heft beim Konzert »Anoushka Shankar: Shiraz« POP-UP-KONZERT IM FOYER GNARLY & NIKITA GILL Falls Sie sich über die Klänge gewundert haben sollten, die vor dem Konzert im Haupt-Foyer erklangen: Es handelte sich um ein Pop-Up-Konzert von Gnarly und Nikita Gill. GNARLY ist eine wahre Virtuosin des »Finger Drumming«. Durch rhythmisches Antippen eines Touchpads entstehen explosive, mitreißende Sets. Zudem schafft sie als Sound- Designerin, Produzentin und Beatboxerin neue Klänge. Gnarly wurde in London geboren; ihre Familie stammt aus Sri Lanka. Ihre Musik greift die Rhythmen und die Kraft der Sprache von NIKITA GILL auf. Die Poetin und Performerin hat meh- rere Bücher und Online-Beiträge veröffentlicht, in denen sie Kraft und Selbstbewusstsein der Weiblichkeit feiert. Damit gastierte sie bei etlichen Literaturfestivals in Großbritannien und bei der TED-Konferenz. Zudem steuerte sie ein Gedicht zu Anoushka Shankars jüngster Single Sister Suzannah bei.
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