Ansichten vom 19. Jahrhundert FILMCLUB - Das Kino
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L I T E R AT U R FILMCLUB Ansichten vom 19. Jahrhundert November 2021 — Mai 2022 U R AT E R B LMCLUAL L I T + CI F I SPE 1 S ALZBURGER FILMKULTURZENTRUM
Ansichten vom 19. Jahrhundert Eigentlich hätte die 11. Saison des Filmclubs Literatur schon 2020/21 stattfinden sollen. Doch die COVID-19-Pandemie machte dieses Vor- haben zunichte. Umso mehr freuen wir uns, das gesamte Programm mit einem Jahr Verspätung nachholen zu können. Schon in der Frühzeit der Filmgeschichte versuchte man, das neue Medium durch die Anknüpfung an den realistischen Roman des 19. Jahrhunderts zu legitimieren. Der Filmclub wirft diesmal einen ausgedehnten Blick auf diese Epoche, nicht nur über filmische Ab- bildungen der Vergangenheit, sondern auch im Dialog mit späteren Zeiten. Außerdem werden ganz unterschiedliche Sprachen und Kulturräume zusammengeführt. Der Eröffnungsfilm „Der Leopard“ beschreibt im Medium eines Romans aus dem 20. Jahrhundert die gesellschaftlichen Umbrüche, die 100 Jahre zuvor in Italien abgelaufen sind. Auf das opulente Zeitgemälde folgt mit „Brigitta“ ein karger, zurückhaltender Film – die wohl beste Adaption einer Erzählung von Adalbert Stifter. Eine optisch wie schauspielerisch brillante Verfilmung erfuhr „Far from the Madding Crowd“ („Am grünen Rand der Welt“), der Durch- bruchsroman des Engländers Thomas Hardy. Aus Frankreich kommt „Une vie – Ein Leben“, ein (etwa von Autorenkollegen wie Tolstoi) hochgeschätzter, aber viel zu wenig bekannter Roman von Guy de Maupassant, ebenfalls in kongenialer Verfilmung. Den Abschluss bilden zwei spannende Transfers zwischen den Sprachen, Epochen und Kulturen: „Lady Macbeth“ überträgt den von Shakespeare stam- menden Stoff einer Novelle des Russen Nikolai Leskow zurück nach England – wenn auch in ein völlig anderes Milieu. Und der Film „The Daughter“ verlegt die Handlung des Stücks „Die Wildente“ von Henrik Ibsen aus dem Norwegen des 19. Jahrhundert ins heutige Australien. Am 1. November 2021 wäre die große österreichische Autorin Ilse Aichinger 100 Jahr alt geworden. Aus diesem Anlass zeigt DAS KINO am Vorabend ihres Todestages die Dokumentation „Wo ich wohne“ von Christine Nagel. Manfred Mittermayer Konzept & Einführungen: Manfred Mittermayer (Literaturarchiv Salzburg, Rauriser Literaturtage) Texte: Magdalena Stieb (Literaturforum Leselampe) • Gestaltung: Eric Pratter • Fotos: Verleiher Organisation: Renate Wurm, Sigrid Gruber (DAS KINO) und Barbara Stasta-Stadlmair (Literaturforum Leselampe) Medieninhaber, Herausgeber & Redaktion: LITERATURFORUM LESELAMPE DAS KINO SALZBURGER FILMKULTURZENTRUM Strubergasse 23, 5020 Salzburg Giselakai 11, 5020 Salzburg Leitung: Barbara Stasta-Stadlmair & Magdalena Stieb Leitung: Renate Wurm Vorstand: Univ.-Prof. Dr. Werner Michler Vorstand: Univ.-Prof. Dr. Thomas Steinmaurer
L I T E R A FILMCLU T U R Wo ich wohne SPECIALB Ein Film für Ilse Aichinger Ö 2014; Regie und Drehbuch: Christine Nagel; Kamera: Isabelle Casez, Helmut Wimmer; mit: Ilse Aichinger, Verena Lercher, David Monteiro, Moritz Uhl; 81 Min. Unter dem Titel einer Kurzgeschichte von Ilse Aichinger zeigt Christine Nagel ein fragmentarisches, verdichtetes Erinnerungsbild. Der Film orientiert sich an den Motiven im Text Aichingers, in dem die Ich- Erzählerin von der langsamen Verlagerung ihres Wohnraumes vom vierten Stock in den Keller des Hauses berichtet. Die Szenen in Schwarz-Weiß, die das Befremden der jungen Frau zeigen, verwebt Christine Nagel auf poetische Weise mit farbigen Bildern und Impres- sionen des Stadtraums Wien. In diese Collage fügt die Regisseurin zudem erstmals gezeigte Super-8-Aufnahmen von der Autorin selbst aus den 1960er- bzw. 1970er-Jahren und Auszüge aus dem Brief- wechsel mit Aichingers Zwillingsschwester Helga ein. Der formal innovative Dokumentarfilm zeichnet ein Porträt Ilse Aichingers, das weniger die Person als das Werk in den Mittelpunkt stellt, und beleuchtet – ohne anekdotisch abzuschweifen – die Erfahrungen und Beweggründe, die sie zur Poesie geführt haben. Manfred Mittermayer führt ein Gespräch mit der Regisseurin Christine Nagel. Mi 10. November 2021 | 19:30
Il Gattopardo Der Leopard Giuseppe Tomasi di Lampedusa I/F 1963; Regie: Luchino Visconti; Drehbuch: Suso Cecchi D’Amico, Pasquale Campanile, Luchino Visconti u.a.; Kamera: Giuseppe Rotunno; Musik: Nino Rota; mit: Burt Lancaster, Alain Delon, Claudia Cardinale u.a.; 185 Min.; ital. OmU Als literarische Vorlage für Luchino Viscontis episches Meisterwerk dient der einzige Roman des sizilianischen Schriftstellers Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Der Leopard bzw. Il Gattopardo erschien postum 1958 und zeichnet ein Gesellschaftspanorama der Jahrzehnte 1860 bis 1910. Die politischen Umwälzungen in Italien, ausgelöst durch den Siegeszug Giuseppe Garibaldis, ziehen gesellschaftliche Veränderungen nach sich. Der alte sizilianische Fürst Don Fabrizio (Burt Lancaster) versucht, sich oberflächlich mit den aufstrebenden bürgerlich-liberalen Kräften zu arrangieren, die Verheiratung seines Neffen Tancredi (Alain Delon) mit der Tochter des opportunistischen Bürgermeisters Angelica Sedara (Claudia Cardinale) steht im Mittelpunkt der filmischen Umsetzung. Luchino Visconti verdichtet die Romanvorlage zur Darstellung einer sich verändernden Gesellschaft in einer opulenten Verfilmung, die zwischen blühender Pracht und morbidem Glanz changiert. Mi 15. Dezember 2021 | 19:30
Brigitta Adalbert Stifter D/HU 1994; Regie/Drehbuch: Dagmar Knöpfel; Kamera: Gurbán Miklós; Musik: Lajos Wohner; mit: Carl Achleitner, Eva Igo, Tamás Jordán, Klaus Händl u.a.; 80 Min. „Es gibt oft Dinge und Beziehungen in dem menschlichen Leben, die uns nicht sogleich klar sind, und deren Grund wir nicht in Schnelligkeit hervor zu ziehen vermögen.“ So beginnt Adalbert Stifters Novelle Brigitta. Darin folgt der bedeutendste österreichische Prosaautor des 19. Jahr- hunderts dem dichterischen Grundsatz „Erzählen als Erkennen“: der Blick und die genaue Anschauung, die Aufschluss über die Welt geben. Der Sprache Stifters, die – wie Peter Handke schreibt – eine „Langsam- keit der stillen und sanften Prozession seiner Dinge, Landschaften, Helden“ auszeichnet, folgt Dagmar Knöpfel in ihrer Verfilmung: Ein junger Maler macht sich auf, seinen Freund in Ungarn zu besuchen; die Betrachtung der Landschaft, die ihn umgibt, führt ihn auf Umwe- gen zu dem abgeschiedenen Landgut seines Freundes, der in erfüllter Einsamkeit zu leben scheint. Das Geheimnis, das an die Oberfläche tritt, hat mit der rätselhaften Reiterin Brigitta zu tun, die den Maler auf den richtigen Weg geführt hat. In einer Nebenrolle zu sehen: der später als Autor erfolgreiche Händl Klaus. Manfred Mittermayer führt ein Gespräch mit der Regisseurin Dagmar Knöpfel. Mi 12. Jänner 2022 | 19:30
Far from the Madding Crowd Am grünen Rand der Welt Thomas Hardy GB 1967; Regie: John Schlesinger; Drehbuch: Frederic Raphael; Musik: Richard Rodney Bennett; Kamera: Nicolas Roeg; mit: Julie Christie, Terence Stamp, Alan Bates, Peter Finch u.a.; 169 Min.; engl. OmeU Der Roman Far from the Madding Crowd des britischen Schriftstellers Thomas Hardy begründete 1874 dessen literarischen Erfolg. Als bedeutender Vertreter des viktorianischen Realismus schloss Hardy mit weiteren „Wessex-Romanen“ – benannt nach der fiktiven Land- schaft in Südengland, die er seiner Herkunftsregion nachempfunden hat – an diesen Erfolg an. Nach mehreren früheren Verfilmungen greift John Schlesinger in Die Herrin von Thornhill, so der deutsche Titel des Films, die Geschichte von Bathsheba Everdene (Julie Christie) neu auf. Bathsheba, eine junge Frau und Gutsherrin, ist die zentrale Figur, von deren Leben und Beziehungen mit ihrem Nachbarn William Boldwood, dem Schäfer Gabriel Oak und dem Soldaten Sergeant Troy im viktorianischen England Thomas Hardy erzählt. Ihren Kampf gegen soziale Gegebenheiten und Schicksalsschläge setzt Schlesinger mit einer herausragenden Hauptdarstellerin filmisch um. Mi 16. Februar 2022 | 19:30
Une vie Ein Leben Guy de Maupassant B/F 2016; Regie: Stéphane Brizé; Drehbuch: Stéphane Brizé, Florence Vignon; Kamera: Antoine Héberlé; Musik: Olivier Baumont; mit: Judith Chemla, Jean-Pierre Darroussin, Yolande Moreau u.a.; 119 Min.; franz. OmU Jeanne Le Perthuis des Vauds ist die Tochter eines Barons aus der Normandie, sie heiratet einen attraktiven, aber mittellosen und grau- samen Mann. Eine weibliche Romanfigur, der Guy de Maupassant – angelehnt an Gustave Flauberts Madame Bovary – vieles abverlangt. Dabei übt der Autor mittels impressionistischer Erzählweise und Perspektivierung, die das Innenleben der Protagonistin wiedergibt, Kritik an der Lebensweise des Adels und fasst so die „Nichtsnutzigkeit einer ganzen sozialen Klasse“ zusammen (Julian Barnes). In der Verfilmung von Stéphane Brizé wird der „möglicherweise beste französische Roman seit Victor Hugos Die Elenden“ (Lew Tolstoi), der sich weder dem Naturalismus noch dem Realismus eindeutig zuordnen lässt, zurückhaltend inszeniert und elliptisch erzählt. Melodramatische Momente des wendungsreichen Schicksals von Jeanne werden gekonnt umschifft und von differenziert agierenden Darsteller*innen aufgefangen. Mi 16. März 2022 | 19:30
Lady Macbeth Nikolai Leskow GB 2016; Regie: William Oldroyd; Drehbuch: Alice Birch; Musik: Dan Jones; Kamera: Ari Wegner; mit: Florence Pugh, Cosmo Jarvis, Christopher Fairbank u.a.; 89 Min.; engl. OmU 1865 erschien in der Zeitschrift Epoche, deren Redakteur Fjodor Michailowitsch Dostojewski war, die Novelle Die Lady Macbeth unseres Landkreises des jungen russischen Schriftstellers Nikolai Leskow. Der heute geläufige Titel Die Lady Macbeth aus dem Landkreis Mzensk ist besonders durch Dmitri Schostakowitschs Vertonung des Stoffes in der Oper Lady Macbeth von Mzensk (1934) bekannt geworden. Leskows Novelle wurde aber auch mehrmals verfilmt. Der britische Regisseur William Oldroyd nimmt sie als Ausgangspunkt für seine Erzählung vom blutigen Befreiungskampf einer jungen Frau im 19. Jahrhundert und lässt in seiner Bildsprache die Themen als bis in die Gegenwart aktuell erscheinen. Als intimes Kammerspiel inszeniert, vermittelt Lady Macbeth die Starre und Enge, die der Protagonistin in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts auferlegt waren. Ein bemerkenswertes Debüt von Florence Pugh als Haupt- darstellerin – zuerst Opfer, dann Täterin. Mi 20. April 2022 | 19:30
The Daughter Die Wildente Henrik Ibsen AUS 2015; Regie/Drehbuch: Simon Stone; Kamera: Andrew Commins; Musik: Mark Brashaw; mit: Geoffrey Rush, Miranda Otto, Paul Schneider, Nicholas Hope, Sam Neill u.a.; 95 Min.; engl. OmU Mit dem Stoff von Henrik Ibsens Drama Die Wildente wechselt der Theaterregisseur Simon Stone auf die Kinoleinwand: 1884 uraufge- führt, hat das Stück als eines der bedeutendsten der skandinavischen Dramatik Eingang in die Weltliteratur gefunden und ist immer wieder Inspirationsquelle für Künstler*innen und Autor*innen gewesen. Die aktuelle Verfilmung, im Original The Daughter, ist kein Kostüm- film, sondern versetzt die zeitlosen Themen Ibsens in die Gegenwart. Christian kehrt nach vielen Jahren anlässlich der zweiten Hochzeit seines Vaters Henry in seine Heimat, die Landschaft von New South Wales, zurück. Seit sein Vater das Sägewerk geschlossen hat, verfällt die kleine Stadt, wo Christian auch auf seinen Freund aus Jugend- tagen und dessen Frau und Tochter trifft. Christian nimmt nach und nach die Rolle desjenigen ein, der die Knoten eines engmaschigen Netzes löst, das sich um die Menschen und deren Häuser, Schicksale, Geschichten gespannt hat. Mi 11. Mai 2022 | 19:30
L I T E R AT U R FILMCLUB PROGRAMM L I T E R AT U FILMCLUB R DAS KINO SALZBURGER FILMKULTURZENTRUM • Giselakai 11, 5020 Salzburg • Österreichische Post AG/ Sponsoring.Post • Verlagspostamt 5020 Salzburg GZ 03Z035106 S Mi 10. November 2021 SPECIAL 19:30 Wo ich wohne Mit Regis Christine se urin Nag Ein Film für Ilse Aichinger zu Gast el Mi 15. Dezember 2021 19:30 Il Gattopardo Der Leopard Giuseppe Tomasi di Lampedusa Mi 12. Jänner 2022 Regisseur Dagmar Knö in 19:30 Brigitta zu Gast pfel Adalbert Stifter Mi 16. Februar 2022 19:30 Far from the Madding Crowd Am grünen Rand der Welt Thomas Hardy Mi 16. März 2022 19:30 Une vie Ein Leben Guy de Maupassant Mi 20. April 2022 19:30 Lady Macbeth Nikolai Leskow Mi 11. Mai 2022 19:30 The Daughter Die Wildente Henrik Ibsen Der Filmclub Literatur ist für Mitglieder von DAS KINO & Literaturforum Leselampe frei! Info & Kartenreservierung: DAS KINO • +43-662-873100-15 www.daskino.at • www.leselampe-salz.at
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