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Arbeitshilfe zur Messung der inneren Kolmation AKo Gewässerzustand Aaretal GZA Volkswirtschaftsdirektion, Amt für Landwirtschaft und Natur, Fischereiinspektorat
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser Dokumentinformationen Auftraggeber Renaturierungsfonds des Kantons Bern Gesamtprojektleitung Willy Müller, Fischereiinspektorat-Renaturierungsfonds Auftragnehmer Aquatica GmbH Projekttitel AKO, Arbeitshilfe Kolmation Projektbeschrieb Arbeitshilfe zur Messung bzw. Bestimmung der inneren und der äusseren Kolmation von Fliessgewässersohlen unter Wasser Dokumentverantwortung Aquatica GmbH, J. Guthruf Fischereiinspektorat, W. Mueller Kommentar Methodische Arbeitshilfe zur Kolmationsmessung Anzahl Seiten 14 Aktuelle Version 1.02 Dokumentdatum 26.6.2014 Druckdatum 26.6.2014 Dokumentstatus Schlussversion mit Vorwort Autor Joachim Guthruf Dateiname AKO.pdf Änderungskontrolle Version Datum Bearbeiter Beschreibung 1.00 06.06.2013 Joachim Guthruf Erstfassung MS-Word 1.01 09.07.2013 Willy Mueller Korrekturen Text und Grafik 1.02 26.6.2014 Willy Mueller Vorwort Verteiler Version Datum Empfänger Form Zweck 1.01 09.07.2013 Fischereiinspektorat, PDF-Datei Verteilung 1.02 26.7.2014 RenF-Seminar 2014 PDF-Datei Verteilung Titelbild: Grafik und Fotos: J. Guthruf. Aquatica GmbH
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis .................................................................................................... 3 Vorwort ...................................................................................................................... 4 Zusammenfassung der Methodik in Stichworten .................................................. 5 1. Einleitung............................................................................................................ 6 1.1. Kolmation ................................................................................................................. 6 1.2. Methodik zur Erhebung der Kolmation ..................................................................... 6 1.2.1. Bisher gebräuchliche Ansätze ..............................................................................................6 1.2.2. Die optische Bewertung nach SCHÄLCHLI (2002)..................................................................7 1.2.3. Lücken und Schwierigkeiten der Bewertung nach Schälchli ................................................7 2. Methodik zur Bestimmung der Kolmation unter Wasser................................ 9 2.1. Methodik zur Erhebung der äusseren Kolmation ...................................................... 9 2.2. Methodik zur Erhebung der inneren Kolmation unter Wasser ................................... 9 2.2.1. Prinzip der Methodik. ............................................................................................................9 2.2.2. Zahl der Probestellen und Einzelmessungen pro Stelle ......................................................9 2.2.3. Wahl des passenden Zeitpunktes der Messung ..................................................................9 2.2.4. Wahl der Probestellen ........................................................................................................10 2.2.5. Vorgehen bei der Messung ................................................................................................10 2.2.6. Erforderliches Material und Messgeräte .............................................................................11 2.3. Vergleich der inneren Kolmation nach den beiden Methoden ................................. 13 2.3.1. Berechnung eines Schälchliwerts aus den Kraft-Messungen ............................................13 3. Zwei Fallbeispiele ............................................................................................ 14 4. Literaturverzeichnis ......................................................................................... 14 BERKMAN, H. E.; RABENI, C. F. (1987): Effect of siltation on stream fish communities. - Envi¬ronmental Biology of Fishes 18(4): 285-294. .................... 14 BUCHER, R. (2002): Feinsedimente in schweizerischen Fliessgewässern - Einfluss auf die Fischbestände. - Fischnetz Teilprojekt Nr. 01/07 EAWAG, Auftrag: EAWAG, BUWAL: 84 S. ........................................................................... 14 BÜSSER, P. (1993). Kolmation in Fliessgewässern: Allgemeine Grundlagen. - Bericht P. Büsser, fischereibiologische Untersuchungen Bern, Auftrag: Fischereiinspektorat des Kantons Bern: 23 S. .................................................... 14 Aquatica GmbH 3
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser Vorwort Wozu diese Arbeitshilfe? An wen richtet sie sich und wann soll sie eingesetzt werden? Technische Eingriffe in Fliessgewässer sind meist mit Trübungen, also der Mobilisierung von Feinsedimenten, verbunden. Durch Wasserhaltungen wie Dämme, Spundwände etc., wird versucht die Trübung zu minimieren. Die Eingriffe finden meist im Winterhalbjahr statt, da in dieser Zeit mit den kleinsten Abflüssen zu rechnen ist und die Arbeiten oft zwangsläufig nur dann ausgeführt werden können. Zur selben Zeit findet jedoch auch die Fortpflanzung der kieslaichenden Fische wie Forelle und Äsche statt, die ihre befruchteten Eier in der lockeren, gut durchströmten kiesigen Gewässersohle, dem Interstitial, ablegen. Bis zum Schlüpfen der Brütlinge im Frühjahr, sind die Eier auf eine ständige Zufuhr von sauerstoffhaltigem Wasser angewiesen. Selbst geringe Frachten von Feinsedimenten beeinträchtigen diese Sauerstoffversorgung, was zu teilweisen oder Totalausfällen der Eiablagen führt. Solche nicht vermeidbaren Schäden durch eine Kolmation - der Verstopfung der Hohlräume der Kiessohle - führen zu einer Ersatzpflicht durch den Verursacher. Zur Abschätzung des fischereilichen Schadens müssten quantitative Erhebungen an allen Laichgruben über viele Kilometer Gewässerstrecke vorgenommen werden, was praktisch nicht durchführbar ist. Die Erhebung und Bestimmung des Makrozoobenthos, der Kleinlebewesen der Gewässersohle, ist ebenfalls sehr aufwändig und nur zu bestimmten Zeiten möglich. Der Schaden muss also indirekt, zum Beispiel über die Messung des Ausmasses der künstlich verursachten Kolmation erfolgen. Dazu braucht es eine Methodik und eine Erläuterung zur Anwendung. Mit AKO, der Arbeitshilfe zur Messung der inneren und äusseren Kolmation unter Wasser, erhalten auch Nicht-Gewässerökologen wie Bauingenieure oder Baufachleute ein Instrument für das Monitoring und der Messung der Kolmation bei technischen Eingriffen in Fliessgewässer. Die eigentliche fischereiliche und gewässerökologische Schadensberechnung ist jedoch weiterhin durch einen Fischbiologen oder Gewässerökologen vorzunehmen. Wir hoffen dass AKO möglichst breit bekannt und bei grösseren, lange andauernden Eingriffen in Gewässern zum Standardinstrument im Umwelt-Monitoring wird. W. Mueller, Juni 2014 Aquatica GmbH 4
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser Zusammenfassung der Methodik in Stichworten Zeitpunkt der Messungen Vor Beginn der Laichzeit (Bachforelle Oktober; Äsche Februar; Barbe, Nase, Schneider etc. April; mehrere kieslaichende Arten Oktober), Niederwasser, klares Wasser. Auswahl der Messstellen, Anzahl Replikate (Einzelmessungen) Potenzielles Laichsubstrat der Kieslaicher (erbsen- bis kinderfaustgrosse Kiesel), Wassertie- fe 10 – 70 cm, Fläche < 20 m2. 10 Einzelmessungen pro Messstelle, zugunsten zahlreicherer Messstellen sind auch 5 Einzelmessungen möglich. Abstand Einzelmessungen ≥ 0.5 m. Wiederholung Da die Kolmation von Jahr zu Jahr variieren kann, sollten die Messungen mehr als 1 Jahr umfassen Stellen mit GPS einmessen, fotografieren und markieren. Für Messungen erforderliches Material Stahlstift, Länge ca. 33 cm, Durchmesser 0.5 cm, unten stumpf zugespitzt, Marke Eindring- tiefe 16.5 cm, vor jeder Messkampagne überprüfen, Oberteil mit Leuchtfarbe, Erkennbarkeit. Federwaage mit Messbereich: 0 – 250 N, Messschritte mind. 0.5 N. Bei Verwendung einer Federwaage mit kg-Skala: Messbereich: 0 – 25 kg, Messschritte mind. 50 g, Multiplikation mit Erdbeschleunigung g (9.81 m/s2) erforderlich. Vorgehen bei der Messung Stahlstift in 45°-Winkel zur Sohlenoberfläche, gegen die Fliessrichtung (Schablone verwen- den) mit Hammer 16.5 cm tief in die Sohle einschlagen. Schnur am Stift an der Eindringstelle befestigen (siehe Schema). Rechtwinklig zum Stift mit zunehmender Kraft ziehen und auf Federwaage fortlaufend Kraft ablesen. Die Kraft registrieren, bei der sich der Stift aus der Sohle löst. Schema zur Messung der inneren Kolmation. Details siehe Abb. 1. Aquatica GmbH 5
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser 1. Einleitung 1.1. Kolmation Die Fliessgewässersohle besteht aus Schotter, Kies und Sand. Dazwischen befindet sich ein Labyrinth aus unterschiedlich grossen, mit Wasser gefüllten Poren, der sogenannte Kieslü- ckenraum. Dringt Flusswasser in dieses Lückensystem ein, so werden mitgeführte Schweb- stoffe (Sand, Silt, Ton) an der Sohlenoberfläche abgelagert (äussere Kolmation) bzw. in den obersten Schichten der Sohle ausfiltriert (innere Kolmation, SCHÄLCHLI 2002). Sie verstopfen die Poren des Flussgrundes. Kalkausfällung und Ausscheidungen von Gewässerorganismen können zu einer zusätzlichen Verfestigung der Sohle beitragen. Dadurch verringert sich die Durchlässigkeit des Sohlenmaterials – der Austausch zwischen Flusswasser und Grundwasser verringert sich zunehmend. Das Wasser fliesst nur noch sehr langsam innerhalb des Sohlenmaterials, und kann entsprechend nur noch sehr wenig Sauerstoff transportieren. Die Sauerstoffversorgung des Kieslückenraums wird durch die Kolmation stark beeinträchtigt(SCHÄLCHLI 2002). Der Kieslückenraum ist als Lebensraum und Rückzugsgebiet für Gewässerorganismen äus- serst wichtig (BÜSSER 1993, BUCHER 2002). Kieslaichende Fischarten vergraben ihre Eier im Kies, wo diese bis zu einem halben Jahr liegen, bis die Entwicklung zum schwimmfähigen Jungfisch abgeschlossen ist (OLSSON & PERSSON 1988; BUCHER 2002; W OOD & ARMITAGE 1997; BERKMAN & RABENI 1987). Die Verfüllung des Kieslückenraums mit Feinstoffen als Folge der Kolmation und die dadurch bedingte mangelnde Sauerstoffversorgung haben deshalb schwerwiegende Auswirkungen auf die Gewässerfauna (W OOD & ARMITAGE 1997; RYAN 1991; BUCHER 2002) und den Fortpflanzungserfolg der kieslaichenden Fischarten (OLSSON & PERSSON 1988; BUCHER 2002; W OOD & ARMITAGE 1997; BERKMAN & RABENI 1987). Der Grad der Kolmation nimmt mit der Zeit zu und kann bis zur nahezu vollständigen Abdichtung der Sohle fortschreiten. Geschiebeführende Hochwasser, aber auch Grundwas- seraufstösse sind natürliche Prozesse, die der Kolmation entgegenwirken, indem die Fein- stoffe ausgewaschen werden. Hochwasser mit Geschiebetrieb können durch Umlagerung des Kieses eine Lockerung der Sohle und eine vollständige Wiederherstellung des Kieslü- ckensystems auslösen. Zahlreiche Aktivitäten des Menschen fördern die Kolmation, so die Kanalisierung von Fliess- gewässern, deren Aufstau sowie vermehrte Einträge von Feinstoffen ins Gewässer via Landwirtschaft oder Bauarbeiten. Kiesentnahmen können die Kolmation fördern durch Beeinträchtigung oder Unterbindung der Geschiebeumlagerung. Auch Speicherseen, Rest- wasserstrecken oder Hochwasser-Entlastungsstollen können die Kolmation fördern, nämlich durch die Verringerung der Intensität oder Häufigkeit von geschiebeführenden Hochwassern. Aus diesem Grund sind Kenntnisse über das Ausmass der Kolmation äusserst wichtig. 1.2. Methodik zur Erhebung der Kolmation 1.2.1. Bisher gebräuchliche Ansätze Zur Erfassung der inneren Kolmation sind verschiedene Ansätze möglich. Diese sind im Fol- genden aufgeführt (In Klammern: Nachteile der Varianten, nach SCHÄLCHLI (2002) verein- facht): qualitative Verfahren visuelle Beurteilung (subjektive Beurteilung, Kolmation oft äusserlich nicht sichtbar), Stiefelprobe (subjektive Beurteilung), optische Bewertung an trockenen Teilen der Sohle (SCHÄLCHLI 2002), Aquatica GmbH 6
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser messtechnische Verfahren, Zusammenfassung aus SCHÄLCHLI (2002) Sedimentfallen (nur qualitative Beurteilung möglich, abhängig von Versuchsaufbau), Siebanalysen (Aufwand gross, abgestufte Beurteilung der Kolmation kaum möglich), Druckdifferenz (verfälschte Resultate durch Störung des Sohlenaufbaus), Grundwasserstand (oft fehlen erforderliche Messwerte, keine differenzierte Bewer- tung der Kolmation möglich), Abflussmessungen (nur in Einzelfällen gute Resultate, Bewertung der Kolmation nicht eindeutig). Berechnungsverfahren, Zusammenfassung aus SCHÄLCHLI (2002) Durchlässigkeit in Funktion der Zeit (Aufwand gross, Messung vieler Eingabeparame- ter erforderlich). 1.2.2. Die optische Bewertung nach SCHÄLCHLI (2002) Die optische Bewertung (SCHÄLCHLI 2002) stellt eine einfach anwendbare, objektive und reproduzierbare Methodik zur Erfassung der inneren und der äusseren Kolmation dar. Im Gegensatz zu früheren Ansätzen unterliegt die Methodik keiner Subjektivität. Dabei werden auf trockenen Kiesflächen, möglichst nahe der Wasserlinie einige Steine der Deckschicht vorsichtig entfernt. Bei der Fläche, auf der sie auflagen (=Kontaktfläche), wird der Anteil an groben und feinen Poren, der Sandanteil und der Anteil an feinem (kohäsivem) Material registriert. Letzteres, aus Tonpartikeln bestehendes Material ist für die Verfüllung des Kieslückenraums und für die Verfestigung der Sohle verantwortlich. Anhand des vorgefundenen Anteils der genannten Poren- bzw. Korngrössen wird die Sohle in eine der folgenden 5 Klassen eingeteilt: Keine Kolmation Schwache Kolmation Mittlere Kolmation Starke Kolmation Vollständige Kolmation Sohlen, welche “keine Kolmation“ aufweisen, bestehen aus Steinen, Kies und wenig Sand und sind durch eine Dominanz grober Poren, und das Fehlen von kohäsivem Feinmaterial charakterisiert. Sohlen, mit einer “schwachen Kolmation“, bestehen aus einem lockeren Gemisch von Steinen, Kies und Sand mit einem Lückensystem aus groben und feinen Poren. Kohäsives Feinmaterial fehlt. Substrate mit einer “mittleren Kolmation“ sind leicht verfestigt, d. h. die Kontaktfläche ist etwa ¼ mit kohäsiven Feinpartikeln (ohne Poren) verfüllt. Die übrige Kontaktfläche ist feinporig und besteht vor allem aus Sand, aber auch aus Kies und Steinen. Substrate mit einer “starken Kolmation“ sind deutlich verfestigt. Die Kontaktfläche ist etwa zur Hälfte mit kohäsiven Feinpartikeln verfüllt, die übrige Kontaktfläche besteht vorwiegend aus Sand. Örtlich ist noch feinporiger Lückenraum sichtbar. Substrate mit einer “vollständigen Kolmation“ sind stark verfestigt, die Kontaktfläche ist praktisch flächendeckend mit kohäsiven Feinpartikeln verfüllt, kein Lückenraum ist sichtbar. 1.2.3. Lücken und Schwierigkeiten der Bewertung nach Schälchli Im Rahmen des Projekts "Gewässerzustand Aaretal" wurden an der Aare und an 10 ihrer Zuflüsse Kolmationserhebungen durchgeführt. Sofern sich im Umkreis von 100 m der mit Aquatica GmbH 7
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser GIS ausgewählten 146 Messstellen eine trockene Kiesfläche befand, konnte eine Erhebung nach SCHÄLCHLI (2002) erfolgen. War dies nicht der Fall, wurde auf eine Erhebung verzich- tet. Je nach Jahr und Abfluss konnten so an lediglich 50 - 55% der Messstellen Kolmationsun- tersuchungen nach SCHÄLCHLI (2002) durchgeführt werden. Um auch an Standorten, wo die gesamte Sohlenbreite auf längeren Strecken überflutet ist, reproduzierbare und objektive Kolmationsmessungen durchführen zu können, wurde eine unter Wasser anwendbare Methode entwickelt. In einem zweiten Schritt wurden die Bestim- mungen der inneren Kolmation nach der Unterwasser-Methode und der Methode nach Schälchli gegeneinander geeicht. Aquatica GmbH 8
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser 2. Methodik zur Bestimmung der Kolmation unter Wasser 2.1. Methodik zur Erhebung der äusseren Kolmation Um die äussere Kolmation (Flächenanteil von Schwebstoffen wie Sand, Silt oder Ton) auch unter Wasser zu bestimmen, wird ein Kasten mit Acrylglasscheibe verwendet. Vor allem bei seichten, turbulenten Stellen muss darauf geachtet werden, dass der Kasten nur auf der Wasseroberfläche liegt, und nicht eindringt, damit die Strömungsverhältnisse über Grund nicht verändert werden. 2.2. Methodik zur Erhebung der inneren Kolmation unter Wasser 2.2.1. Prinzip der Methodik. Die Methode wurde im Rahmen des Projektes “Gewässerzustand Aaretal“ entwickelt. Sie sollte Auskunft zum Einfluss des Kolmationsgrades auf die Dichte des Fischbestandes und den Fortpflanzungserfolg der Kieslaicher geben. Da die im Kies laichenden Fische beim Ablaichen die Sohle aufbrechen müssen und teilweise den Kies umschichten, und da auch die Brütlinge durch das Sohlensubstrat an die Kiesoberfläche gelangen müssen, wurde es als sinnvoll erachtet, die Kraft zu messen, die benötigt wird, um die Sohlenoberfläche aufzu- brechen. Die Methode eignet sich auch zur Überprüfung einer Strecke hinsichtlich des Einflusses durch Schwall/Sunk, Restwasser, Bauarbeiten, Forstwirtschaft oder anderes. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Kolmation sich im Laufe eines Jahres oder von Jahr zu Jahr ändern kann. Aus diesem Grund sind Untersuchungen in einer oder mehreren vom unter- suchten Effekt unbeeinflussten Referenzstrecken einzuplanen. 2.2.2. Zahl der Probestellen und Einzelmessungen pro Stelle Je nach Fragestellung und statistischen Gegebenheiten und den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln sind die Zahl der Probestellen und die Zahl an Replikaten zu wählen. Normalerweise werden 10 Replikate pro Messstelle erhoben. Beim Vergleich mehrerer Gewässer untereinander sollten möglichst viele Probestellen über die Gewässer verteilt wer- den, um der räumlichen Variabilität der Gewässer Rechnung zu tragen. Dies kann auf Kos- ten der Replikate geschehen. Beim Projekt “Gewässerzustand Aaretal“ wurde zugunsten zahlreicherer Standorte, pro Probestelle und Datum nur 5 Einzelmessungen durchgeführt. Angesichts der interannuellen Variabilität der Kolmation empfiehlt es sich, die Untersuchun- gen in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren durchzuführen. 2.2.3. Wahl des passenden Zeitpunktes der Messung Je nach Fragestellung kann die Wahl der Jahreszeit der Messung variieren: Soll das Soh- lenmaterial z. B. hinsichtlich seiner Eignung als Laichsubstrat für Kieslaicher beurteilt wer- den, so empfiehlt sich eine Probenahme kurz vor oder zu Beginn der Laichzeit der Kieslai- cher. Für die Bachforelle ist der Oktober, für die Äschen der Februar und für Barbe, Nase und die übrigen Frühjahrslaicher ist der April die geeignetste Zeit. Soll die Eignung als Laich- platz für mehrere Arten beurteilt werden, empfiehlt sich eine Messung im Oktober zumal im Winterhalbjahr Hochwasser mit grossen Schwebstofffrachten eher selten sind, insbesondere in Gewässern mit alpinem Einzugsgebiet. Bei der Planung der Arbeit sind Abklärungen über die Hydrologie des entsprechenden Gewässers erforderlich, wobei neben der Ökoregion des Einzugsgebiets auch der Einfluss von Restwasser und Schwall/Sunk abzuklären ist. Aquatica GmbH 9
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser Die Messungen sollten bei geringem Abfluss erfolgen, damit Flächen untersucht werden können, welche effektiv durch die Kieslaicher bzw. durch die Benthosorganismen genutzt werden. Messungen auf nur im Hochwasserfall überfluteten Flächen sind nicht sinnvoll. Die Messungen sollten auch nicht bei zu starker Trübung erfolgen. Die Korngrössenvertei- lung der Sohle muss während der Messung klar sichtbar sein. 2.2.4. Wahl der Probestellen Je nach Fragestellung werden im Gewässer im GIS Probestellen ausgeschieden. Im Umkreis jeder Stelle wird eine Fläche mit für kieslaichende Fischarten geeigneter Korngrös- senverteilung ausgewählt. Auf diesen sollten Korngrössen von erbsengrossen bis kinder- faustgrossen Kieseln dominieren. Hinsichtlich einer allfälligen Wiederholung der Messung sollte die Messstelle mit GPS ein- gemessen und im Gelände mit Farbe markiert werden. Dabei ist zu beachten, dass die Mar- ken auf bei Hochwasser überfluteten Strukturen durch den im Wasser suspendierten Sand abgeschliffen werden. Ebenso können Bäume oder Sträucher beim Uferunterhalt oder durch Biber gefällt werden. Es ist daher sinnvoll, wenn die Stelle zusätzlich an Fixpunkten referen- ziert und durch Fotos dokumentiert wird. 2.2.5. Vorgehen bei der Messung Ein rund 33 cm langer Stahlstift wird 16.5 cm in die Kiessohle eingeschlagen (Abb. 1). Eine Schnur wird mit einer Schlaufe um den Stift gelegt. Am anderen Ende der Schnur ist eine Federwaage befestigt. Mit zunehmender Kraft wird rechtwinklig zum Stift gezogen, bis sich der Stift aus dem Kies löst. Die Kraft, bei der dies geschieht, wird auf der Federwaage abgelesen. Die Eindringtiefe des Stifts in die Sohle wurde auf Grund von zwei Gegebenheiten gewählt: Von der inneren Kolmation ist in der Regel nur die oberste, 10 und 15 cm mächtige Schicht der Sohle betroffen (BÜSSER 1993). Ferner soll die Messung Hinweise auf den Einfluss der Kolmation auf Laichgruben von Fischen liefern: Gemäss Literatur werden die Eier der Bach- forelle in der Regel in einer Tiefe von 2 - 20 cm (ELLIOTT 1984) bzw. 0 - 25 cm (OTTAWAY, CARLING et al. 1981) unterhalb des ursprünglichen Sohlenniveaus eingelagert. Da die Korngrösse einen Einfluss auf die Kraft hat, bei der die Sohle aufgebrochen werden kann SCHÄLCHLI (2002), wird das Prozedere standardisiert, indem nur auf Flächen gemessen wird, die als Laichsubstrat für Kieslaicher geeignet sind, das heisst wo in der Deckschicht erbsen- bis kinderfaustgrosse Fraktionen dominieren. Da die Kiessohle trotz dieser Standar- disierung heterogen ist, werden pro Stelle fünf bis zehn Einzelmessungen vorgenommen und daraus der Median gebildet. Die Deckschicht von Fliessgewässersohlen ist oft dachziegelartig geschichtet, insbesondere, wenn die Tendenz zu einer Abpflästerung besteht. Deshalb wird die Spitze des Stifts immer gegen die Fliessrichtung eingeschlagen (Abb. 1). Auf diese Weise kann auch der Einfluss der Fliessgeschwindigkeit auf die gemessene Kraft standardisiert werden. Liegen zwei Einzelmessungen zu nahe beieinander, so kann es zu einer gegenseitigen Beeinflussung der Messungen kommen, indem die bei der einen Messung gelockerte Sohle die angrenzende Messung beeinflusst. Aus diesem Grund sollte der Abstand zwischen zwei Einzelmessungen mindestens 50 cm betragen. Auf der anderen Seite sollte eine Probefläche nicht zu gross sein (< 20 m2). Verhindern bei einer Einzelmessung grössere Steine das Einschlagen des Stifts bis zur Marke, so wird der Stift an einer anderen Stelle innerhalb der Probefläche erneut einge- schlagen. Aquatica GmbH 10
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser Die Messungen können bei Wassertiefen von 10 bis ca. 70 cm durchgeführt werden. Rei- chen die harten Verbauungen bis in grössere Tiefen, sind Erhebungen auch mit dieser Methodik nicht mehr möglich. Im Rahmen der Projekts “Gewässerzustand Aaretal“ war dies aber nur an 4 von 146 ausgewählten Probestellen der Fall. Dazu kam eine Stelle in einem naturnahen Gewässer, welches durch Biber aufgestaut wurde. Weitere Gründe für den Verzicht auf Kolmationsmessungen an bestimmten Probestellen ist das weiträumige Fehlen von Flächen mit den für kieslaichende Arten geeigneten Korngrös- sen, der Vollausbau der Gewässersohle bzw. lange Eindolungen. Federwaage Fliessrichtung Schnur 90° Wasser Schablone Marke Eindringtiefe (schwarz) 45° 16.5 cm Kiessediment Abb. 1 Schema zur Messung der inneren Kolmation: Ein 33 cm langer Stahlstift mit 5 mm Durchmesser wird mit einem Hammer in einem Winkel von 45° 16.5 cm tief in die Kiessohle eingeschlagen. An der Stelle, wo der Stift in die Sohle eindringt, wird eine Schnur mit einer Schlaufe am Stift befestigt. Mit zunehmender Kraft wird rechtwinklig zum Stift an der Schnur gezogen. Auf einer Federwaage wird die Kraft abgelesen, bei der sich der Stift aus der Kiessohle löst. 2.2.6. Erforderliches Material und Messgeräte Die verwendeten 10 Stifte werden aus einem runden, 5 mm dicken Stahlstab gefertigt. Dazu werden 10 je 33 cm lange Stücke geschnitten und am unteren Ende in stumpfem Winkel leicht zugespitzt. 16.5 cm von der Spitze entfernt wird eine schwarze Marke angebracht, welche die Einschlagtiefe signalisiert. Da die Stifte durch das wiederholte Einschlagen abge- schliffen werden, ist der Abstand zwischen Spitze und schwarzer Marke zu Beginn jedes Feldtages zu kontrollieren. Damit alle Stifte auch im gekräuselten Wasser von Riffles sofort wieder gefunden werden, ist der Oberteil mit leuchtender Farbe zu markieren (Abb. 2). Bei den ersten Arbeiten jedes Feldtages und einzelnen Stichproben im weiteren Verlauf empfiehlt es sich, den Eindringwinkel der Stifte in die Sohle mit einer 45°-Schablone aus Kunststoff oder Holz zu überprüfen. Aquatica GmbH 11
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser Durch Einschlagen aller 5 bzw. 10 Stifte und anschliessender Kraftmessung lässt sich die Arbeit bei den Messungen rationalisieren. Entsprechend empfiehlt es sich, 5 bzw. 10 Stifte zu fertigen. Die Kraftmessungen werden mit einer Federwaage mit einem Messbereich von 0 bis 250 N, und einer Skalierung in Schritten von 0.5 N (N=Newton, SI-Krafteinheit in kg∙m/s2) durchge- führt. Zur Kosteneinsparung können auch zum Wiegen von Fischen konzipierte Federwaagen verwendet werden (Abb. 2). Diese sind z. B. in Fischereiartikelfachgeschäften erhältlich. Vor Beginn der Messungen sollte die Federwaage geeicht werden. Die Angaben der Feder- waage in Kilogramm müssen mit der Erdbeschleunigung g (9.81 m/s2) multipliziert werden, um N (kg∙m/s2) zu erhalten. Entsprechend sollte die Federwage einen Messbereich von 0 – 25 kg abdecken mit einer Skalierung in 50 g-Schritten. 1 3 2 4 Abb. 2 Für die Messung der Kolmation benötigte Hilfsmittel und Geräte: 1: Federwaage; 2: Schnur mit Schlaufe; 3: Stift zum Einschlagen in den Kies mit schwarzer Marke in der Mitte (Eindringtiefe) und gelbem Oberteil zur besseren Erkennbarkeit; 4: Hammer. Das Display der Federwaage sollte möglichst gross und deutlich sein, dass Ablesungen auch bei trübem Wetter oder bei ungünstigen Lichtverhältnissen während der Dämmerung oder in Schluchten möglich sind. Zudem sollte die Federwaage vor Spritzwasser oder Regen geschützt sein. Aquatica GmbH 12
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser 2.3. Vergleich der inneren Kolmation nach den beiden Methoden Beim Projekt „Gewässerzustand Aaretal“ wurde an einer Messstelle, wenn immer möglich, sowohl am Ufer die innere Kolmation nach SCHÄLCHLI (2002) bestimmt, als auch im angrenzenden überfluteten Bereich die Kraftmessungen durchgeführt. Um zu prüfen, wie gut die Klassierung nach der Methodik von Schälchli und die Kraftmessungen korrespondieren, wurden die Ergebnisse aller Messpunkte, wo beide Methoden anwendbar waren grafisch gegeneinander aufgetragen (Abb. 3). Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass an Stellen, wo nach SCHÄLCHLI (2002) keine Kolmation nachweisbar ist, auch sehr geringe Kräfte ausreichen, um den Stift aus der Sohle zu lösen. Wird eine starke oder vollständige Kolmation festgestellt, ist der Kraftaufwand entsprechend höher. Die hohe Korrelation der beiden Variablen kommt auch im relativ hohen Rangkorrela- tionskoeffizienten nach Spearman (0.72) und dem niedrigen Wahrscheinlichkeitskoeffizien- ten (p < 0.00001) zum Ausdruck. 120 N = 229 Datenpaare 100 Mittel Zugkraft [N] 80 60 40 20 0 0 1 2 3 4 5 Mittel Klassierung Schälchli Abb. 3 Darstellung der Bewertung der inneren Kolmation gemäss Methodik nach Schälchli (X-Achse) und der mittleren Kraft, um einen Stahlstift aus der Kiessohle zu ziehen (Y- Achse). N = 229 Datenpaare. 1 = keine Kolmation, 2 = leichte Kolmation, 3 = mittlere Kolmation, 4 = starke Kolmation, 5 = vollständige Kolmation. Die Regressionsfunktion ist als blaue Linie angegeben. Daten: Projekt Gewässerzustand Aaretal. 2.3.1. Berechnung eines Schälchliwerts aus den Kraft-Messungen An der Fachhochschule Technik und Informatik in Biel entwickelte Herrn Dr. Erich Wyler ein Modell, welches aufgrund der Kraftmessung den dazugehörigen Schälchliwert prognostiziert. Da die Kraftmessung (X) eine metrische Grösse und der Schälchliwert (Y) eine ordinale Grösse ist, wird für die Modellierung dieses Zusammenhangs ein Logit-Modell mit 5 ver- schiedenen Klassen für Y gewählt: Aquatica GmbH 13
AKO -Arbeitshilfe zur Messung der Kolmation unter Wasser Dabei wird einem Kraftmedian jener Schälchliwert k zugeordnet, der zur höchsten Wahr- scheinlichkeit führt. Man erhält: Schälchliklasse 1, wenn Kraft-Median ≤ 5.65 N Schälchliklasse 2, wenn Kraft-Median zwischen 5.65 und 20.85 N Schälchliklasse 3, wenn Kraft-Median zwischen 20.85 und 34.57 N Schälchliklasse 4, wenn Kraft-Median zwischen 34.57 und 88.62 N Schälchliklasse 5, wenn Kraft-Median > 88.62 N Detaillierte statistische Berechnungen im Zusammenhang mit der logistischen Regression: siehe umfassenden Bericht. 3. Zwei Fallbeispiele In einem Fallbeispiel (Gewässerzustand Aaretal) konnte mit der neu entwickelten Methodik nachgewiesen werden, dass der Glütschbach, ein Gewässer mit fehlender Hochwasserdy- namik und fehlendem Geschiebetrieb eine signifikant stärkere Kolmation aufwies als alle anderen Gewässer. Der Chräbsbach, ein weiteres, durch Kiessammler und Kanalisierung beeinträchtigtes Gewässer wies ebenfalls eine erhöhte innere Kolmation auf. Die Aare selbst und die Rotache, einer ihrer naturnahen Zuflüsse, beide mit ausgeprägtem Geschiebetrieb, wiesen dagegen eine geringere innere Kolmation auf. In einem weiteren Fallbeispiel (Hasliaare) konnte nachgewiesen werden, dass als Folge von Bauarbeiten die innere und äussere Kolmation signifikant zunahmen, dies im Gegensatz zu zwei von den Bauarbeiten unbeeinflussten Referenzstrecken. 4. Literaturverzeichnis BERKMAN, H. E.; RABENI, C. F. (1987): Effect of siltation on stream fish communities. - Envi¬ronmental Biology of Fishes 18(4): 285-294. BUCHER, R. (2002): Feinsedimente in schweizerischen Fliessgewässern - Einfluss auf die Fischbestände. - Fischnetz Teilprojekt Nr. 01/07 EAWAG, Auftrag: EAWAG, BUWAL: 84 S. BÜSSER, P. (1993). Kolmation in Fliessgewässern: Allgemeine Grundlagen. - Bericht P. Büsser, fischereibiologische Untersuchungen Bern, Auftrag: Fischereiinspektorat des Kantons Bern: 23 S. ELLIOTT, J. M. (1984). "Numerical changes and population regulation in young migratory trout Salmo trutta in a Lake District stream, 1966-83. - J. Anim. Ecol. 53: 327-350. OTTAWAY, E., et al. (1981). "Observations on the structure of brown trout, Salmo trutta Linnaeus, redds. - J. Fish Biol. 19: 593-607. OLSSON, T. I.; PERSSON, B.-G. (1988): Effects of deposited sand on ova survival and alevin emergence in brown trout (Salmo trutta L.). - Arch Hydrobiol. 113(4): 621-627. RYAN, P. (1991): Environmental effects of sediment in New Zealand streams: a review. - New Zealand Journal of Marine and Freshwater Research 25: 207-221. SCHÄLCHLI, U. (2002). Kolmation, Methoden zur Erkennung und Bewertung. - Bericht Schälchli, Abegg + Hunzinger, Auftrag: EAWAG: 24 S. WOOD, P.; ARMITAGE, P. (1997): Biological effects of fine sediment in the lotic environment. - Environmental Management 21(2): 203-217. Aquatica GmbH 14
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