Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm 2021 - Jobcenter Landeshauptstadt Potsdam

 
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Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm 2021 - Jobcenter Landeshauptstadt Potsdam
Arbeitsmarkt- und
       Integrationsprogramm
                2021
         Jobcenter Landeshauptstadt Potsdam

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                                      14478 Potsdam

Stand: 15.03.2021
INHALT

Vorwort des Geschäftsführers ............................................................................................... 1
TEIL I:             LOKALE RAHMENBEDINGUNGEN
1.        Ausgangslage in der Landeshauptstadt Potsdam ...................................................... 2
2.        Bewerbersituation ...................................................................................................... 5
TEIL II:            ZIELE UND HANDLUNGSFELDER

1.        Langzeitleistungsbeziehende/Langzeitarbeitslose konsequent aktivieren, qualifizieren,
          Integrationschancen erhöhen und Soziale Teilhabe sichern......................................12
2.        Jugendliche in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integrieren .................................16
3.        Geflüchtete Frauen und Männer in Ausbildung und Arbeit oder in Maßnahmen zu
          deren Heranführung integrieren ................................................................................18
4.        Frauen und Männer zukunftsorientiert aus- bzw. weiterbilden und in den Arbeitsmarkt
          integrieren .................................................................................................................19
5.        Kooperationen mit Partnern ausbauen, Netzwerke nutzen ........................................21
TEIL III:           FINANZIELLE RAHMENBEDINGUNGEN

1.        Integrationsbudget ....................................................................................................24
2.        Die Verteilung des Integrationsbudgets auf die Förderinstrumente ...........................24
Tabellen- und Diagrammverzeichnis ....................................................................................25
Vorwort des Geschäftsführers

Im Hinblick auf das Jahr 2021 braucht es derzeit viel Optimismus und Pragmatismus, den das
Jobcenter Landeshauptstadt Potsdam (JC LHP) und seine Beschäftigten im Sinne der Förde-
rung der wirtschaftlichen Existenzsicherung, Eigenständigkeit und Selbstbestimmung von leis-
tungsberechtigten Potsdamer Bürgerinnen und Bürgern als oberste Prioritäten begreifen und
umsetzen.

Wir blicken, auch vor dem Hintergrund der seit Anfang Dezember 2020 zunehmenden Mel-
dungen über die Verfügbarkeit und Verteilung von wirksamen Impfstoffen, zuversichtlich in die
Zukunft. Für 2021 bedeutet dies konkret:

 Das Jobcenter Landeshauptstadt Potsdam ist auch in diesem Jahr für die Bürgerinnen und
  Bürger der Stadt über seine verschiedenen Zugangskanäle erreichbar, insbesondere in
  Zeiten notwendiger Kontaktbeschränkungen. Der Zugang zu den gesetzlichen Leistungen
  bleibt uneingeschränkt gewährleistet. Wir werden das Jahr 2021 dazu nutzen, weitere Zu-
  gangskanäle aufzunehmen bzw. bestehende weiter auszubauen. Dazu gehört insbeson-
  dere eine noch stärkere Nutzung der Plattform „jobcenter digital“. Das JC LHP soll deutlich
  als ein verlässlicher Partner für die Bürgerinnen und Bürger Potsdams sowie für Arbeitge-
  ber und Arbeitsmarktdienstleister wahrgenommen werden.
 Die Zeichen am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt standen Ende 2020 in vielen Branchen auf
  schrittweise Erholung. Der Fokus der Beratung und Förderung des Jobcenters Landes-
  hauptstadt Potsdam wird sich auf diese vorhandenen Chancen und Potenziale richten.
 Gleichzeitig beschleunigt die Pandemie die Veränderungen am Arbeitsmarkt, aber auch in
  vielen Berufsfeldern. Wir werden uns auf diese Veränderungen einstellen und diese Po-
  tenziale gemeinsam mit den Arbeitssuchenden nutzen. Dabei stehen zukunftsfähige Qua-
  lifizierungsangebote in Präsenz- oder virtueller Form umso mehr im Fokus.
 Das Jobcenter Landeshauptstadt Potsdam wird auch in 2021 die Vermeidung und Verrin-
  gerung von Langzeitleistungsbezug und die Gleichstellung von Frauen und Männern in
  den Fokus rücken. In diesem Jahr werden neue Wege erprobt, insbesondere Mütter nach
  einer familiären Auszeit wieder an die Berufstätigkeit oder das Nachholen einer Erstaus-
  bildung heranzuführen.
 Die guten Erfahrungen mit der Umsetzung des Teilhabechancengesetzes, durch das wir
  viele Bürger und Bürgerinnen wieder in Arbeit bringen konnten, werden wir weiterhin ge-
  zielt für Menschen mit einem verfestigten Leistungsbezug nutzbar machen.
 Zukunftsfähigkeit bedeutet für das Jobcenter auch, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.
  2021 werden hierbei Schwerpunkte auf interne Schnittstellen, die Datenqualität sowie auf
  die Beteiligung von Beschäftigten sowie Bürgerinnen und Bürger in die Prozessgestaltung
  gelegt.
Das Jobcenter Landeshauptstadt Potsdam und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden
weiterhin alles leisten, was nötig und möglich ist.

Thomas Brincker
Geschäftsführer

                                                                                       Seite 1
TEIL I: LOKALE RAHMENBEDINGUNGEN

1. Ausgangslage in der Landeshauptstadt Potsdam
Betrachtet man ihren aktuellsten statistischen Jahresbericht, so hat sich die Landeshauptstadt
Potsdam im Jahr 2019 weiterhin dynamisch entwickelt. Auch wenn der Anstieg der Bevölke-
rung im Vergleich zu den drei Vorjahren wieder etwas zurückgeht, so liegt er 2019 immer noch
bei +1,2 % oder 2.156 Personen. In den letzten 10 Jahren ist die Stadt um rund 25.000 Ein-
wohner/-innen gewachsen. Zum Stichtag 31.12.2019 waren 180.503 Einwohner/-innen mit ih-
rem Hauptwohnsitz in der Landeshauptstadt registriert, knapp 5.738 weitere haben eine
Nebenwohnung angemeldet1.
92.755 Frauen und 87.748 Männer leben in Potsdam. Etwa 15 % der Potsdamer/-innen sind
unter 15 Jahre, rund zwei Drittel (67 %) sind in der Altersgruppe der Erwerbsfähigen zwischen
15 und 67 Jahren und etwa 18 % älter als 67. Das Durchschnittsalter beträgt 42,4 Jahre.
Diagramm 1: Entwicklung der Potsdamer Bevölkerung nach Altersgruppen

                      Krippen- und Kitakinder (0 bis 6 Jahre)         11.597
                                                                      10.721

                                                                        15.719
                       schulpflichtige Kinder (6 bis 15 Jahre)
                                                                       13.670

                                                                    4.492
          berufsschulpflichtige Jugendliche (15 bis 18 Jahre)
                                                                    3.717

                            Erwerbsfähige (15 bis 67 Jahre)                                       121.195
                                                                                                113.602

                          Rentner/innen (67 Jahre und älter)                    31.992
                                                                               29.512

                                                             2019     2015

16.369 der Einwohner/-innen Potsdams sind ausländischer Nationalität (9,1 %), darunter
7.777 Frauen (47,5 %) und 8.592 Männer (52,5 %). Diese stammen aus rund hundert ver-
schiedenen Ländern. Die größten Gruppen bildeten im Jahr 2019
          syrische (2.371 Personen oder 14,5 %),
          russische (1.325; 8,1 %) und
          polnische Staatsangehörige (1.049; 6,4 %).
Insgesamt lebten 4.641 EU-Ausländerinnen und Ausländer in der Stadt.
Die Landeshauptstadt Potsdam belegt in bundesweiten Städterankings seit mehreren Jahren
einen der vorderen Plätze. Laut des aktuellen Städterankings von IW Consult, einer Gesell-
schaft des Instituts der deutschen Wirtschaft, hat die Attraktivität der Stadt in Corona-Zeiten

1   Landeshauptstadt Potsdam (Hrsg.): Statistischer Jahresbericht | 2019. Stand: 16.September 2020. S. 36

                                                                                                            Seite 2
sogar nochmals zugenommen. Als einzige Großstadt belegt sie in den drei Kategorien „Ver-
sorgung mit zukunftsfähigem Internet per Glasfaser“, „Betreuungsanteil der unter Dreijährigen“
sowie dem „Anteil der naturnahen Flächen“ einen Platz unter den TOP 15.2

1.1 Stellensituation und wirtschaftliche Entwicklung
Für das Jahr 2020 lässt sich feststellen, dass insbesondere die saisontypische Frühjahrsbele-
bung in der Gastronomie und im Tourismus ausblieben. Zudem hatten die Eindämmungsmaß-
nahmen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie insbesondere Auswirkungen auf die
Branchen Lagerlogistik, Veranstaltungsmanagement, Einzelhandel (außer Lebensmittel und
Drogerie), Pflege/Kosmetik sowie auf das Friseurgewerbe.
Die künftige Entwicklung ist ganz wesentlich vom weiteren Infektionsgeschehen abhängig. Der
derzeitige, erneute Lockdown in einigen Branchen, wird zu weiteren Kurzarbeitsphasen insbe-
sondere in der Touristik-, Veranstaltungs- und Gastronomiebranche führen. Betriebsschlie-
ßungen sind in Abhängigkeit von Dauer und Umfang der erneuten Eindämmungsmaßnahmen
und Kontaktbeschränkungen nicht auszuschließen.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit geht in
seiner aktuellen Prognose zur Beschäftigungsentwicklung im Land Brandenburg für 2021 von
einer leichten Steigerung von 0,9 Prozentpunkten im Mittelwert aus. Die Prognose erstreckt
sich jedoch von einem negativen Wachstum (Untergrenze -0,3) bis zu einem positiven von 2,0
Prozentpunkten im besten Szenario. Heruntergebrochen auf den Agenturbezirk Potsdam wird
eine vergleichsweise positive Entwicklung gesehen, erwartet wird ein Zuwachs von mindes-
tens rund 3.700 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Jahresmittel3.
Außen- und binnenwirtschaftliche Faktoren werden ebenfalls weiterhin Einfluss auf die Region
haben: geopolitische und demografische Risiken, insbesondere angesichts sich potenziell wei-
ter verschärfender handelspolitischer Konflikte (wie die Folgen des „Brexit“) und eines sich
noch weiter zuspitzenden Fachkräftemangels (z.B. im Handwerk und der Pflege) können sich
dabei ebenso auswirken, wie positive regionale Entwicklungen (Eröffnung des Flughafens
BER, geplante Ansiedlung von Großunternehmen im erweiterten regionalen Umfeld Pots-
dams).
Im Bereich der Industrie.- und Handelskammer zeigt sich, dass nach einer kurzen Erholungs-
pause im Sommer nun insbesondere wieder Tourismus, Gastronomie und z.B. die Reisebüros
unter den Eindämmungsmaßnahmen leiden.4 Die aktuellen Lockerungsmaßnahmen und an-
stehenden Öffnungen in diesen Branchen lassen jedoch positiv ins Jahr schauen.
Ein anderes Bild ergibt sich im Handwerk. Im Konjunkturbericht der Handwerkskammer Pots-
dam aus dem Oktober 2020 wird deutlich, dass die Handwerksbetriebe bislang vergleichs-
weise glimpflich durch die Pandemie gekommen sind. Jedoch ist der Blick in die Zukunft
deutlich pessimistischer als im Vorjahr: „So schätzen deutlich weniger Betriebe ihre aktuelle

2  Die WELT (26.11.2020): Diese Städte sind in Corona-Zeiten besonders lebenswert, www.welt.de/wirtschaft/ar-
ticle221094562/Neues-Ranking-in-Corona-Zeiten-Diese-Staedte-sind-in-Corona-Zeiten-besonders-lebens-
wert.html (30.11.2020)
3 Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB): Regionale Arbeitsmarktprognosen September 2020. S.3f
4 IHK Potsdam (03.11.20): Euphorie des Sommers erloschen, Zukunft ungewiss: https://www.ihk-potsdam.de/ser-

vicemarken/presse/pressemitteilungen/pms-2020/neuer-inhalt201103tourismuskonjunkturt-4933100 (19.11.20)

                                                                                                      Seite 3
Geschäftslage als positiv ein, als noch im Vorjahr. Immerhin 87,5 Prozent der Betriebe in West-
brandenburg bewerteten in der Umfrage ihre Situation mit gut oder befriedigend – im Vorjahr
waren es noch 96,6 Prozent.“5
Neben konjunkturellen Schwankungen ist die ausgeprägte Mobilität der Arbeitnehmer/-innen
ein stabiler Einflussfaktor für die Landeshauptstadt Potsdam. Diese Mobilität erreichte 2019
einen neuen Höchststand: 49.621 Einpendlerinnen und Einpendler (+1% zum Vorjahr) stan-
den 35.557 Auspendlerinnen und Auspendlern gegenüber (+2,7% zum Vorjahr). Für die Lan-
deshauptstadt bleibt das Pendlersaldo weiterhin positiv und weist rund 14.000 mehr
Beschäftigte aus, die außerhalb Potsdams leben und in der Stadt arbeiten, als umgekehrt.
Dieser Saldo ist jedoch leicht rückläufig und hinsichtlich der künftigen Pendlerströme kann der
pandemiebedingte Ausbau alternativer Arbeitsformen wie Homeoffice oder mobiles Arbeiten
mildernd wirken, während Unternehmensansiedlungen im Produktionsbereich im erweiterten
Umland gerade mehr Ansprüche an die Mobilität von Arbeitnehmenden stellen können.

Tabelle 1:         Einschätzung der Entwicklung sozialversicherungspflichtiger Beschäfti-
                   gung im Jahr 2021 in den zehn beschäftigungsstärksten Branchen6

                                                                 AA Potsdam         Land Brandenburg
                           Branche
                                                               in %      absolut     in %      absolut
    alle Branchen                                               1,1      2.685        1,8      15.933
    Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversiche-
                                                                3,5       766         1,8       1.355
    rung
    Gesundheitswesen                                            2,3       409         1,9       1.282
    Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen)              0,4        69         0,5        312
    Baugewerbe                                                  0,5        74         0,8        535
    Lagerei, Post- und Kurierdienste                            -2        -243        0,5        216
    Erziehung und Unterricht                                    2,6       312         2,5        786
    Sozialwesen (ohne Heime)                                    2,7       314         2,1       1.108
    Gastgewerbe                                                -2,5       -210       -0,4       -124
    Gebäudebetreuung; Garten-und Landschaftsbau                 1,5       114         2,2        563
    Großhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen)               -0,2        -13        0,5        115

Die Brancheneinschätzung der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom Herbst 2020 geht trotz
Pandemie von einem weiteren Stellenzuwachs aus, wenn auch im Vorjahresvergleich in leicht
abgeschwächter Form. Wurde im Vorjahr ein Anstieg von rund 3.800 sozialversicherungs-
pflichtig beschäftigten Personen prognostiziert, belaufen sich die Schätzungen aktuell für den
Agenturbezirk Potsdam auf 2.685, in Brandenburg sind es fast 16.000 neue sozialversiche-
rungspflichtige Stellen.
Neben dem Bereich der Öffentlichen Verwaltung werden Stellenzuwächse insbesondere in
den Branchen Gesundheitswesen, Sozialwesen und Erziehung und Unterricht prognostiziert,
aber auch in der Gebäudebetreuung und im Garten-und Landschaftsbau.

5 Potsdamer Neuste Nachrichten PNN (13.10.2020): Handwerk von Corona weniger betroffen als befürchtet:
https://www.pnn.de/potsdam/konjunkturbericht-der-handwerkskammer-potsdam-handwerk-von-corona-weniger-
betroffen-als-befuerchtet/26271428.html (19.11.20)
6 Arbeitsmarktmonitor der Bundesagentur für Arbeit. Brancheneinschätzung Herbst 2020 (https://arbeitsmarktmo-

nitor.arbeitsagentur.de/faktencheck/branchen/tabelle/503/866/?r=645&c=2%2C3%2C8%2C9)

                                                                                                        Seite 4
Diese branchenspezifischen Erholungstendenzen sind antizipativ anzugehen, um die dadurch
entstehenden Chancen am Arbeitsmarkt nutzbar zu machen. Konkrete lokale Bedarfe müssen
ermittelt und gemeinsam mit Arbeitssuchenden zielführende Strategien entwickelt und umge-
setzt werden – wenn nötig auch schrittweise und unter einem zielführenden Einsatz passge-
nauer Förderinstrumente.

1.2 Ausbildungsmarkt
Zum Ende des Schuljahres 2018/2019 gab es in der Landeshauptstadt Potsdam 2.023 Schul-
abgänger/-innen, darunter 791 mit einem Haupt- oder Realschulabschluss und 1.128 mit der
Hochschulreife. 104 Jugendliche sind ohne Berufsbildungsreife abgegangen7.
Die Anzahl der gemeldeten Ausbildungsstellen bei der Agentur für Arbeit Potsdam belief sich
im Zeitraum von Oktober 2019 bis September 2020 auf 936. Das waren 287 weniger als im
Vorjahr (- 23,5%).
Dieser Rückgang umfasst vor allem Berufsgruppen, die dem öffentlichen Dienst, der Verwal-
tung und dem Bürobereich sowie der Administration zuzuordnen sind, also genau den Berei-
chen, in denen andererseits wiederum ein Personalbedarf besteht. Dazu kommt ein moderater
Rückgang im Hotel-/Gastronomiebereich.
Auch bei den in der Jugendberufsagentur Potsdam gemeldeten Bewerber/-innen war im ver-
gangenen Berichtsjahr ein Rückgang zu verzeichnen. Für das kommende Ausbildungsjahr ist
eine Prognose für die Landeshauptstadt Potsdam derzeit schwierig. Insgesamt ist davon aus-
zugehen, dass sich das Angebot an Ausbildungsstellen auf dem Niveau des abgelaufenen
Beratungsjahres bewegen wird, also rechnerisch auch weiterhin mehr als eine Ausbildungs-
stelle auf eine/n Bewerber/in kommen wird.

2. Bewerbersituation
2.1 Entwicklung der Arbeitslosigkeit
Mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie findet 2020 der erfolgreiche Abbau der Arbeits-
losigkeit in Potsdam der letzten Jahre sein vorläufiges Ende. Von einem Höchststand im Som-
mer ist die Arbeitslosigkeit bis zum Herbst zwar wieder zurückgegangen. Die aktuellen
Kontaktbeschränkungen im November und Dezember 2020 könnten in den kommenden Mo-
naten jedoch zu einem erneuten Anstieg der Arbeitslosigkeit beitragen.
Die Zahl der Arbeitslosen in der Landeshauptstadt lag im September 2020 bei 5.993, das sind
über 1.000 Personen mehr als zum Vorjahreszeitpunkt (4.959). Die Anzahl der Arbeitslosen
im Rechtskreis des SGB II stieg im selben Zeitraum um 357 auf 3.676. Zugleich ist die Unter-
beschäftigung (ohne Kurzarbeit) im SGB II fast auf Vorjahresniveau bei 4.612 (+54 Personen
zum Vorjahresmonat). 7.020 Personen waren im SGB II als arbeitssuchend gemeldet, das ist
ein Plus von 355 zum September 20198.
Die Arbeitslosenquote in der Landeshauptstadt Potsdam hat 2020 die 6-Prozent-Marke wieder
überschritten und betrug im September 2020 rechtskreisübergreifend 6,2 %. Damit liegt die

7 Amt für Statistik Berlin-Brandenburg: Statistischer Bericht B I 9 – j / 19. (Juni 2020). Erscheinungsfolge: jährlich.
(https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/publikationen/Stat_Berichte/2020/SB_B01-09-00_2019j01_BB.pdf)
(19.11.2020)
8 Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarktreport. Nürnberg, September 2020

                                                                                                                Seite 5
Quote exakt auf dem Bundes- sowie Landesdurchschnitt, jedoch deutlich unter dem Durch-
schnitt aller ostdeutscher Bundesländer (7,5%).
Die Arbeitslosenquote im SGB II in Potsdam ist bislang nur leicht angestiegen, im Vergleich
zum September 2019 um 0,3 Prozentpunkte auf 3,8 %. Sie liegt dabei ebenfalls auf dem Lan-
desmittel, während die Arbeitslosenquote im SGB II bundesweit 3,5 % beträgt.
In der Landeshauptstadt Potsdam liegt der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslo-
sen im SGB II bei 45,3 %. Das sind 1.667 und damit 264 Personen mehr als im September
2019. Das entspricht einem Anstieg um 18,8 Prozentpunkte.9
Als langzeitarbeitslos gilt, wer in den vergangenen 12 Monaten durchgehend arbeitslos war.
Diagramm 2: Leistungsberechtigung und Arbeitslosigkeit in der Landeshauptstadt
            Potsdam (Stand: September 2020)

Nicht nur die Langzeitarbeitslosigkeit nimmt derzeit wieder zu und stellt sich als ein zentrales
Handlungsfeld für 2021 dar. Im Vorjahresvergleich sind die Arbeitslosenzahlen in allen hier
betrachteten Gruppen angestiegen, bei den Jugendlichen bis 25 Jahre (+8 Personen) nur sehr
leicht, unter den arbeitslosen Ausländerinnen und Ausländern dagegen deutlich (+214). Der
Bestand an allen arbeitslosen Leistungsberechtigten im Jobcenter Landeshauptstadt Potsdam
ist folgendermaßen strukturiert:

9   ebda.

                                                                                          Seite 6
Diagramm 3: Arbeitslose SGB II-Leistungsberechtigte nach Personenmerkmalen im
            September 2020 und im Vorjahresvergleich10

                         Frauen                                              1.461
                                                                         1.328

                        Männer                                                                       2.215
                                                                                             1.991

           15 bis unter 25 Jahre         247
                                         239

              50 Jahre und älter                                 1.017
                                                               938

             Langzeitarbeitslose                                                     1.667
                                                                            1.403

     Schwerbehinderte Menschen          198
                                        185

               Ausländer/-innen                                      1158
                                                               954

                                          Sep 20      Sep 19

Differenziert man die Personengruppe der Arbeitslosen nach deren Berufsausbildung11, so
wird ein Qualifizierungsdefizit deutlich: Etwa 53 % verfügen im September 2020 über keine
abgeschlossene Berufsausbildung, 37 % haben einen betrieblichen oder schulischen Ab-
schluss und weitere ca. 9 % verfügen über eine akademische Ausbildung.
Diagramm 4: Arbeitslose SGB II-Leistungsberechtigte nach Berufsausbildung

                                                                                        1.729
              ohne Berufsausbildung
                                                                                             1.963

                                                                            1.292
 betriebliche / schulische Ausbildung
                                                                              1.367

                                               298
            akademische Ausbildung
                                                343

                                         Sep. 19      Sep. 20

Die stärksten Zuwächse an Arbeitslosen zum Vorjahresmonat finden sich unter der Arbeitslo-
sen ohne Berufsabschluss mit einem Anstieg um 13,5 Prozentpunkte (234 Personen) sowie
unter Akademiker/-innen mit plus 15,5 Prozentpunkte (45 Personen).

2.2 Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften (BG)
Die kontinuierliche Reduzierung von Bedarfsgemeinschaften kann 2020 nicht fortgeführt wer-
den. Im Berichtsmonat Juli 2020 sind 7.773 Bedarfsgemeinschaften im JC LHP gemeldet. Das

10Arbeitsmarktreporte für Kreise und Kreisfreie Städte, Potsdam Stadt im September 2019 sowie 2020
11Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Der Arbeitsmarkt im Rechtskreis SGB II (Monatszahlen), September
2020

                                                                                                             Seite 7
sind 456 Bedarfsgemeinschaften mehr als im Juli 2019. Der überwiegende Teil der Bedarfs-
gemeinschaften sind mit 61% Alleinstehende („Single-BGs“), rund 17 % sind 2-Personen-BGs
und der Anteil von BG mit mehr als zwei Personen macht zusammen rund 22 % aus.12.
In rund der Hälfte (49%) der Familienbedarfsgemeinschaften lebt ein Kind unter 18 Jahren, in
fast einem Drittel (32%) leben zwei Kinder und rund ein Fünftel der Familien-BGs haben drei
oder mehr Kinder.
Alleinerziehenden-BG machen ebenfalls einen erheblichen Anteil aus: in den 1.437 Haushal-
ten leben 842 Ein-Eltern-Familien in einer BG mit einem Kind, 420 mit zwei Kindern und 176
mit 3 Kindern und mehr zusammen.
Insgesamt lebten im Juli 2020 in der Landeshauptstadt Potsdam 14.094 Personen in einer
Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II. Ein Jahr zuvor waren es noch 12.885 Potsdame-
rinnen und Potsdamer.

Diagramm 5: Bedarfsgemeinschaften (BG) nach Größe

                                   mit
                               5 und mehr
                            Personen; 400; 5%
           mit
     4 Personen; 514;
           6%

                                 mit
                          3 Personen; 830;
                                11%

                                                               mit
                             mit                        1 Person; 4.725;
                         2 Personen;                          61%
                         1.304; 17%

12Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Bedarfsgemeinschaften und deren Mitglieder (Monatszahlen), Nürnberg,
Oktober 2020 (Datenstand Oktober 2020 mit einer Wartezeit von 3 Monaten)

                                                                                                       Seite 8
Diagramm 6: Familien-BGs nach Anzahl der Kinder

                               BG mit
                             3 und mehr
                            Kindern; 475;
                                19%
                                                        BG mit
                                                     1 Kind; 1.198;
                                                          49%
                                BG mit
                            2 Kindern; 784;
                                 32%

2.3 Entwicklung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB)
Von den 13.594 regelleistungsberechtigten Personen in der Grundsicherung im September
2020 sind 3.720 Personen nicht erwerbsfähig (rund 27 %). Dies sind fast ausschließlich Kinder
und Jugendliche im noch nicht erwerbsfähigem Alter. Hier sind präventive Angebote der Kitas,
in Schulen, der Berufsberatung sowie der Jugendberufsagentur Potsdam gefragt.

Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auf 9.831 Personen im September 2020
gestiegen 13. 2.317 der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB) erzielen ein Einkommen
aus Erwerbstätigkeit. Sie sind bereits beruflich integriert, haben aber einen Restanspruch auf
Grundsicherung. Sie gehören damit zur Gruppe der sogenannten Ergänzer/-innen. Davon sind
1.302 oder rund 56 Prozent sozialversicherungspflichtig beschäftigt, darunter wiederum 412
Personen sogar in Vollzeit. 332 ELB sind selbständig erwerbstätig.14 In der Beratung dieser
Personengruppe gilt es, individuelle Wege zur Verringerung und Beendigung der Hilfebedürf-
tigkeit auszuloten und zu beschreiten, je nach Ausgangslage durch eine berufliche Weiterbil-
dung (siehe Kapitel 4), eine Erweiterung der Arbeitszeiten oder auch eine berufliche
Neuorientierung.

Die Statistik weist für das JC LHP für den Monat Juni 202015 insgesamt 2.555 Leistungsbe-
rechtigte (erwerbsfähige und nicht erwerbsfähige) aus nichteuropäischen Asylherkunftslän-
dern aus (47 Personen mehr als im Vorjahresmonat). Die Zahl der Arbeitslosen
erwerbsfähigen Leistungsberechtigten darunter ist von März bis Oktober 2020 um 158 Perso-
nen auf 788 angestiegen. Im Vorjahr betrug der Anstieg im selben Zeitraum 77 Personen.

13 Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarkt in Zahlen, Arbeitslose nach Rechtskreisen und Leistungs-
berechtigte im SGB II, September 2020
14 Statistik der Bundesagentur für Arbeit, "Tabellen, Erwerbstätige erwerbsfähige Leistungsberechtigte (Monats-

und Jahreszahlen). Daten nach einer Wartezeit von 3 Monaten, Nürnberg, November 2020
15 Daten mit einer Wartezeit von drei Monaten

                                                                                                          Seite 9
Diagramm 7: Leistungsberechtigte, Arbeitslose und sozialversicherungspflichtige Be-
            schäftigte aus nichteuropäischen Asylherkunftsländern - Zeitreihe16
 Übersicht
                                                                               Regelleistungs-
                                                                              berechtigte SGB II
 2.461            2.449             2.508            2.490          2.486          2.555

                                                                                             Arbeitslose insgesamt
                                                      665                    711                      788
     550                   527

Okt 18       Jan 19       Apr 19        Jul 19       Okt 19     Jan 20      Apr 20      Jul 20       Okt 20

 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort ¹ ⁾

                                                        799                                              857
     622

 Apr 18        Jul 18      Okt 18           Jan 19     Apr 19     Jul 19      Okt 19       Jan 20       Apr 20

2.4 Langzeitleistungsbeziehende
Als Langzeitleistungsbeziehende (LZB) werden erwerbsfähige Leistungsberechtigte (ELB) be-
zeichnet, die in den vergangenen 24 Monaten mindestens 21 Monate hilfebedürftig nach dem
SGB II waren. LZB sind also nicht zwangsläufig auch (langzeit)arbeitslos, sie können jedoch
aus ihrem Erwerbseinkommen oder durch andere vorrangige Leistungen nicht ausreichend für
einen eigenen Lebensunterhalt bzw. den ihrer Bedarfsgemeinschaft aufkommen.
6.485 Personen waren im Juli 2020 in der Landeshauptstadt Potsdam langzeitleistungsbezie-
hend im SGB II, das sind 313 weniger Menschen im Vorjahresmonat 17. 3.160 der LZB sind
Frauen und sind 3.325 Männer. Rund 12 % oder 779 der LZB sind jünger als 25 Jahre, 1.869
Personen oder rund 29 % der LZB sind älter als 50 Jahre. 1.186 Langzeitleistungsbeziehende
sind alleinerziehend (18%). 4.157 (64 % der LZB) beziehen bereits vier Jahre und länger Leis-
tungen nach dem SGB II.
1.599 oder 24,7 % der Langzeitleistungsbeziehenden waren im Juli 2020 erwerbstätig. Darun-
ter verfügen 572 über ein Einkommen in Höhe von bis zu 450 € und gehen dabei geringfügigen
Beschäftigungen nach. Auch wenn diese prekären Beschäftigungsverhältnisse ein Risiko der
Verfestigung des Leistungsbezugs mit sich bringen, so tragen sie gleichzeitig zur Verringerung
der Hilfebedürftigkeit bei und sollten zuvorderst auch als Chance auf eine sozialversicherungs-
pflichtige Beschäftigung in den Blick genommen werden. Aufgabe der Integrationsfachkräfte
ist es, gemeinsam mit den geringfügig Beschäftigten die Chance für mittelfristige Übergänge
in eine sozialversicherungspflichtige Arbeit zu schaffen. Damit kann das Ziel einer nachhalti-
gen Verringerung der Abhängigkeit von Grundsicherungsleistungen erreicht werden.

16 Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Migrations-Monitor Arbeitsmarkt (Monatszahlen), Berlin, Oktober 2020.
Hinweis: Das statistische Aggregat „nichteuropäische Asylherkunftsländer“ umfasst folgende acht Länder: Afgha-
nistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien.
17 Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Tabellen, Langzeitbezieher Zeitreihen, Nürnberg, Juli 2020 (Daten mit

Wartezeit von 3 Monaten, 19.11.2020)

                                                                                                                 Seite 10
TEIL II:      ZIELE UND HANDLUNGSFELDER

Die Analyse der wirtschaftlichen Entwicklungen und ihrer Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt,
die Arbeitslosigkeit und den SGB II-Leistungsbezug in Potsdam verdeutlicht, dass die Aus-
und Nachwirkungen der Pandemie im Jahr 2021 noch weiter nachdrücklich zu spüren sein
werden.
Das Jobcenter Landeshauptstadt Potsdam und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für
die Bürgerinnen und Bürger Potsdams, als erwerbsfähige Leistungsberechtigte, Kooperations-
partner, Arbeitgeber und Maßnahmeträger, insbesondere in schwierigen und herausfordern-
den Zeiten ein verlässlicher Partner am Arbeitsmarkt.
Über alle Handlungsfelder hinweg stehen dabei auch für 2021 der Erhalt und der Ausbau der
Erreichbarkeit sowie der (alternativen) Zugangswege zu den Angeboten und Leistungen des
Jobcenters an erster Stelle.
Bereits seit März 2020 wird mit zusätzlichen telefonischen Hotlines (inkl. Dolmetscher- oder
Hörgeschädigten-Service bei Bedarf), der Ausweitung der Online-Dienste auf jobcenter-digital
sowie flexible Möglichkeiten der Terminfindung (Außer-Haus-Gespräche) gewährleistet, dass
alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, das Jobcenter Landeshauptstadt Potsdam
zu kontaktieren. Die Sicherung des Lebensunterhalts hat hier erste Priorität. Seit Juni 2020
finden im Haus wieder terminierte Beratungsgespräche statt. Neben der Leistungssicherung
kann daher, trotz anhaltender Kontaktbeschränkungen, auch wieder intensiv an der individu-
ellen Begleitung der beruflichen Orientierung, Ausbildung, Qualifizierung und Vermittlung ge-
arbeitet werden.
Die geschäftspolitischen Schwerpunkte der Arbeitsmarkt- und Integrationsarbeit des Jobcen-
ters Landeshauptstadt Potsdam sind eingebettet in die auf Bundesebene vereinbarten Hand-
lungsfelder. Hier, so auch die Empfehlung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Steuerung SGB
II im Planungsprozess für 2021, sollte aufgrund der nur bedingt prognostizierbaren weiteren
wirtschaftlichen Entwicklung an den bewährten Handlungsfeldern und rahmengebenden Zie-
len festgehalten werden, insbesondere die „Vermeidung und Verringerung von Langzeitbezug“
sowie die „Gleichstellung von Frauen und Männern“. Die Integrationschancen zuvor nicht leis-
tungsbeziehender Menschen sollen zudem von Beginn an aktiv erschlossen werden, ohne
dabei diejenigen aus dem Blick zu verlieren, die bereits vor Corona Grundsicherungsleistun-
gen bezogen haben und deren Integration in den Arbeitsmarkt erschwert ist.
Dies wird in den, für das Jobcenter Landeshauptstadt Potsdam grundsätzlich fortbestehenden,
Handlungsschwerpunkten für 2021 berücksichtigt, die unter Beteiligung der Trägerversamm-
lung sowie und des Örtlichen Beirats des Jobcenters Landeshauptstadt Potsdam abgestimmt
wurden und in den nächsten Kapiteln beleuchtet werden.
Um Passgenauigkeit und Wirkung zu sichern, wird die Umsetzung der Integrationsstrategien
des JC LHP kontinuierlich analysiert, geprüft, finanztechnisch eingebettet und bei Bedarf nach-
gesteuert - sowohl bei der Planung von einzelnen Maßnahmen, als auch in der operativen
Steuerung der Integrationsarbeit. Die Controlling- und Zielnachhaltungsformate innerhalb des
Jobcenters Landeshauptstadt Potsdam werden fortgeführt. In regelmäßigen Abstimmungen
der Führungskräfte werden Nachsteuerungsbedarfe entsprechend kommuniziert, schriftlich
definiert und nachgehalten.

                                                                                        Seite 11
1. Langzeitleistungsbeziehende/Langzeitarbeitslose konsequent aktivieren, qualifizie-
   ren, Integrationschancen erhöhen und Soziale Teilhabe sichern
Strategien und Handlungsansätze
Dem Ansatz der Prävention von Langzeitarbeitslosigkeit folgend werden alle arbeitslosen
marktnahen ELB in einer Intensivbetreuung mit sechswöchigem Kontakt zur Integrationsfach-
kraft begleitet. Sie erhalten umgehend Angebote zur Aufnahme bedarfsdeckender sozialver-
sicherungspflichtiger Arbeit. In Zeiten der Kontaktbeschränkungen nutzen die
Integrationsfachkräfte dazu aktiv alternative Kommunikationswege.
Mehr als die Hälfte (ca. 56 %) der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB) verfügt dage-
gen über eine „nicht marktnahe Integrationsprognose18. Die Integrationsfachkräfte im JC LHP
widmen sich intensiv den ELB, die aufgrund von Hemmnissen und Nachteilen in der Qualifi-
kation, in der körperlichen oder psychischen Stabilität, in ihrem sozialen Gefüge und/oder in
der Motivation keine mittelbaren Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt haben. Sie haben
die Aufgabe, diese Besonderheiten in den persönlichen und beruflichen Lebensumständen
der ELB mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes bei Beschäftigungs- oder Arbeitsauf-
nahme in Einklang zu bringen. Dieser Prozess gliedert sich dabei in verschiedene Schritte.
Diese sind der Fallzugang, das Assessment, die Integrationsplanung, die Leistungssteuerung
sowie deren kontinuierliche Nachhaltung und -justierung.

Um langzeitarbeitslose erwerbsfähige Leistungsberechtigte schrittweise zu integrieren, sind
individuelle, passgenaue und bedarfsgerechte Schwerpunktsetzungen bei der Entwicklung
von Qualifikations- und Integrationsstrategien durch die Integrationsfachkräfte – in dem jewei-
ligen Kontakt und Beratungsprozess mit den ELB – sicherzustellen und zu dokumentieren.
Orientierung dabei bietet u.a. die jährlich in Kooperation zwischen der Agentur für Arbeit Pots-
dam und den Jobcentern im Agenturbezirk erarbeitete Bildungszielplanung (vgl. Kapitel 4).
Die Erfahrungen des JC LHP aus den Vermittlungsaktivitäten der vergangenen Jahre zeigen,
dass der persönliche Kontakt zwischen Arbeitgebern und (Langzeit)Arbeitslosen Einstellungs-
hürden überwinden helfen kann, gerade für die Menschen, die aufgrund ihrer oftmals lücken-
haften Berufsbiographie sonst nicht bis zu einem Vorstellungsgespräch „durchdringen“. 2021
soll dazu das Format „Arbeit in der Stadt“ in Kooperation mit der Landeshauptstadt Potsdam,
Bereich Arbeit und Beschäftigung, fortgeführt werden. Die Umsetzung, in Abhängigkeit von
den pandemiebedingten Rahmenbedingungen, soll schnellstmöglich wieder intensiviert wer-
den. Unter Beachtung der Bedarfe am Arbeitsmarkt werden Veranstaltungen geplant und ste-
tig optimiert. Eine intensive Vorbereitung und Nachhaltung bei Arbeitgebern sowie
Bewerber(inne)n sind zur Zielerreichung von rund 40 Integrationen im Jahr bedeutsam. Die
Projektverantwortliche ist hier Schnittstelle zwischen dem Jobcenter LHP und dem Bereich
Arbeit und Beschäftigung der LHP.
Im gemeinsamen Arbeitgeberservice von JC LHP und der Agentur für Arbeit Potsdam (gAG-
S) werden zudem Unternehmen individuell zu finanziellen Fördermöglichkeiten bei der Schaf-
fung von Arbeitsangeboten, wie zum Beispiel den Instrumenten Eingliederungszuschuss

18„Nicht marktnahe Integrationsprognose“ bedeutet, dass durch die Fachkräfte des JC LHP im Rahmen der Aus-
gangsanalyse eine mindestens 12-monatige Vorbereitungszeit vor einer erfolgreichen Vermittlung der Person ab-
geleitet wurde.

                                                                                                     Seite 12
(EGZ) und Maßnahmen bei einem Arbeitgeber (MAG) – sowie seit 2019 auch zu den Förder-
möglichkeiten nach §16e (Eingliederung von Langzeitarbeitslosen), beraten. Bei der Umset-
zung des Instruments Teilhabe am Arbeitsmarkt nach §16i SGB II unterstützt der gAG-S durch
Informationsweitergabe und Verweisberatungen.
Sowohl in der Zusammenarbeit im Rahmen des gAG-S, als auch mit dem Bereich Arbeit und
Beschäftigung der Stadtverwaltung Landeshauptstadt Potsdam, wird es darauf ankommen,
sich im Sinne der Arbeitssuchenden an die sich veränderten Marktbedingungen anzupassen
und dies bestmöglich nutzen zu können. Gerade in diesen Zeiten können geförderte und so-
zialpädagogisch begleitete Beschäftigungsverhältnisse dazu beitragen, dass auch arbeits-
marktferne Personen die Chance auf Teilhabe erhalten können. Mit den Förderinstrumenten
des Teilhabechancengesetzes bieten sich dem JC LHP zusätzliche Möglichkeiten, die Be-
schäftigungsfähigkeit von besonders arbeitsmarktfernen erwerbsfähigen Leistungsbeziehen-
den durch intensive Begleitung, individuelle Beratung und wirksame Förderung mittel- bis
langfristig zu verbessern.
Das Ziel Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern wird im Jahr 2021
auf eine noch breitere Basis gestellt werden. Das bestehende Ungleichgewicht bei der Arbeits-
marktintegration zwischen Frauen und Männern, die in Familien mit Kindern zusammenleben,
hat sich pandemiebedingt 2020 weiter verschärft. So konnten die Väter in diesen Familien-BG
fast 2,5 Mal so häufig integriert werden wie Mütter - in Familien mit Fluchthintergrund waren
es sogar mehr als viermal mehr Männer als Frauen19.
Daher sollen 2021 Frauen in Bedarfsgemeinschaften mit Kindern durch spezialisierte Integra-
tionsfachkräfte frühzeitig, intensiv und ganzheitlich bei der Schaffung der persönlichen Voraus-
setzungen für eine gelingende Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt und in ihrer
Qualifizierung- und Berufswegeplanung sowie in ihren Bewerbungsprozessen für passende
Arbeitsstellen begleitet werden. Flankierend sollen bewährte Formate wie Gruppeninforma-
tions-, Beratungs- und Vermittlungsangebote unter Einbeziehung von regionalen Arbeitgebern
und weiteren Kooperationspartnern 2021 wiederaufgenommen und umgesetzt werden. Der
Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt begleitet und koordiniert entsprechende
Prozesse und Angebote.
Zur optimalen Betreuung von Menschen mit Behinderungen werden spezialisierte Integrati-
onsfachkräfte eingesetzt. Die Förderung und Vermittlung in Erwerbstätigkeit wird durch die
Umsetzung einer engmaschigen Kontaktdichte, die Aktivierung über Maßnahmen sowie die
Überstellung an den gAG-S forciert. Drohenden chronischen Erkrankungen oder Behinderun-
gen sollen mit geeigneten präventiven Maßnahmen entgegenwirkt und die Erwerbsfähigkeit
erhalten werden.

Unter den Langzeitleistungsbeziehenden im JC LHP ist allerdings rund ein Viertel bereits er-
werbstätig, ohne mit dem bisher erwirtschafteten Einkommen die Hilfebedürftigkeit beenden
zu können. Hier verspricht sich das JC LHP durch die intensivere Verzahnung von Integrati-
ons- und Leistungsbereich eine ganzheitlichere Förderung gerade dieser Gruppe. Vor allem
ELB mit einem geringen verbleibenden Grundsicherungsbedarf soll durch intensive Beratung
der Weg in eine vom JC LHP unabhängige Lebensführung ermöglicht werden.

19Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Faktenblatt Gleichstellung im SGB II. Juni 2020 (Datenstand: Septem-
ber 2020)

                                                                                                        Seite 13
Für die Zielgruppe der geringfügig Beschäftigten werden weiterhin spezielle Maßnahmen ein-
gekauft und darüber hinaus Beratung für diese Zielgruppe sowie deren Arbeitgeber zur Um-
wandlung von „Minijobs“ in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten. Hierfür
soll weiterhin das Instrument „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ nach §16e SGB II zum
Einsatz kommen.

Maßnahmen
Die Einkaufspolitik des JC LHP hinsichtlich der geplanten Vergabemaßnahmen ist für 2021 in
vielfältiger Weise auf die individuellen Unterstützungsbedarfe ausgerichtet und trägt sowohl
dem Ziel einer Prävention von Langzeitarbeitslosigkeit sowie auch der oftmals notwendigen
schrittweisen Heranführung an den Arbeitsmarkt Rechnung.
Dabei stehen die Themen Digitalisierung und Medienkompetenz seit dem Beginn der Corona-
Pandemie in einem nochmals verstärkten Fokus. Träger von Maßnahmen sind gehalten, al-
ternative, i.d.R. virtuelle, Durchführungsszenarien für Maßnahmen anzubieten. Diese sollen
im Falle von Einschränkungen des Präsenzunterrichts zügig greifen und die Teilnehmenden
dabei dort abholen, wo sie technisch und vom Vorwissen her stehen. So soll gewährleistet
werden, dass niemand von der Teilnahme ausgeschlossen wird und die Angebote möglichst
krisenfest umgesetzt werden können. Das Jahr 2020 hat gezeigt, dass die Arbeitsmarktdienst-
leister in Potsdam hier innovativ und professionell agieren können. Nichtdestotrotz eignen sich
virtuelle Formate nicht für alle der avisierten Zielgruppen und Inhalte.
Folgende für 2021 geplante Maßnahmen sind unter dem Handlungsschwerpunkt der Vermei-
dung und der Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit bzw. des Langzeitleistungsbezugs zu
subsumieren:
  Bezeichnung der
                                                     Schwerpunkt(e)
    Maßnahme

 JobLok                 für ELB mit verstärktem Unterstützungsbedarf bei der Eingliederung in eine
                        versicherungspflichtige Beschäftigung.

 Wegbereiter            für marktferne ELB zur Aktivierung und zum Aufbau von Motivation und
                        Leistungsbereitschaft.

 Leben in Balance       für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit multiplen Vermittlungshemmnis-
                        sen, insbesondere aufgrund einer Suchterkrankungen, zur Entwicklung von
                        Krankheitseinsicht und Veränderungsmotivation.
 Kombi                  für marktferne ELB, deren Integration auf den Arbeitsmarkt aufgrund multip-
                        ler Integrationshemmnisse besonders erschwert ist und intensiv sozialpäda-
                        gogisch und psychologisch begleitet werden müssen.
 Mobiles Coaching mit   für ELB mit umfassendem Aktivierungs- und Stabilisierungsbedarf.
 Zeitbudget

 Inklusion - Einfach    für die Zielgruppe der schwerbehinderten bzw. deren gleichgestellten ELB.
 machen!

 Perspektiven entwi-    für arbeitslose ELB, deren Integration auf dem Arbeitsmarkt mit den Rege-
 ckeln                  linstrumenten der SGB III und SGB II aufgrund vorliegender oder drohender
                        psychischer Beeinträchtigungen besonders erschwert ist.

                                                                                             Seite 14
Zukunft durch Ausbil-   für Teilnehmende, deren berufliche Orientierung und erforderliche persönli-
    dung                    che, schulische oder qualifikatorische Voraussetzungen zunächst besser in
                            Einklang gebracht werden müssen.
    Job Shopping            für individuell leistungsfähige Teilnehmende, deren Eingliederung bislang
                            insbesondere durch ungünstige Rahmenbedingungen erschwert wurde.

    Coaching Camp           mit individuellem, ganzheitlichem Einzelcoaching, je nach Handlungsbedarf
                            z.B. zur Förderung der Gesundheitsorientierung, der Medienkompetenz, der
                            berufsbezogenen Sprachförderung oder auch der Bewältigung prekärer
                            Wohnsituationen.

Weitere Instrumente
     Arbeitsgelegenheiten (AGH) zum Aufbau und Festigung einer Tagesstruktur und der För-
      derung von Beschäftigungsfähigkeit inklusive einer sozialpädagogischen Betreuung.
     Eingliederungszuschuss (nach §90 SGB III) und Probebeschäftigung (gem. §46 Abs. 1
      SGB III) für schwerbehinderte Menschen. Ergänzend auf Arbeitgeber wirken soll der Ein-
      satz der Beratung und Unterstützung durch den Technischen Beratungsdienst der Agentur
      für Arbeit zur Gestaltung des Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatzes und sowie von Zuschüssen
      für behinderungsbedingte Ausgestaltung von Arbeitsplätzen bei Arbeitgebern.
     Eingliederung von Langzeitarbeitslosen nach §16e SGB II
      Gefördert werden Arbeitsverhältnisse mit Personen, die trotz vermittlerischer Unterstüt-
      zung nach §16 Absatz 1 Satz 1 unter Einbeziehung der übrigen Eingliederungsleistungen
      nach dem SGB II seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind. Der Zuschuss beträgt pau-
      schal im ersten Jahr des Arbeitsverhältnisses 75 Prozent, im zweiten Jahr 50 Prozent des
      zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts.
     Teilhabe am Arbeitsmarkt nach §16i SGB II
      Gefördert werden Arbeitsverhältnisse mit erwerbsfähigen leistungsberechtigten Personen,
      die das 25. Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens sechs Jahren Leistungen nach
      dem SGB II beziehen und in dieser Zeit nicht oder nur kurzzeitig erwerbstätig waren. Er-
      werbsfähige leistungsberechtigten Personen mit Kindern unter 18 Jahren sowie schwer-
      behinderte Menschen i.S.d. §2 (2) und (3) SGB IX können bereits nach fünf Jahren
      Leistungsbezug gefördert werden. Der Lohnkostenzuschuss beträgt in den ersten beiden
      Jahren des Arbeitsverhältnisses 100 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns und sinkt da-
      nach um 10 Prozentpunkte jährlich. Die Förderdauer beträgt bis zu fünf Jahre. Neben der
      Eröffnung von Teilhabechancen bleibt der Übergang aus der geförderten Beschäftigung in
      eine ungeförderte Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mittel- und langfristi-
      ges Ziel. Aus diesem Grund wird eine ganzheitliche beschäftigungsbegleitende Betreuung,
      Weiterbildungen und betriebliche Praktika während der Förderung ermöglicht.
Die ganzheitliche Betreuung der Beschäftigten nach §16i und §16e SGB II wird eine über eine
entsprechende Vergabemaßnahme und in enger Abstimmung zwischen den dafür eingesetz-
ten Coaches, den Beschäftigten und Arbeitgebern sowie den Integrationsfachkräften des JC
LHP umgesetzt.

                                                                                                 Seite 15
2. Jugendliche in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integrieren
Strategien und Handlungsansätze
Das JC LHP beauftragt im Rahmen des Dienstleistungseinkaufs die Agentur für Arbeit Pots-
dam mit der Umsetzung der Ausbildungsvermittlung für Jugendliche SGB II-Leistungsbezie-
hende. Dies beinhaltet insbesondere die Berufsorientierung und -beratung sowie die
Zusammenführung von Ausbildungssuchenden mit Arbeitgebern.
In der Weiterentwicklung ihres Beratungsangebots wurde im Herbst 2019 die „Berufsberatung
vor dem Erwerbsleben“ (BBvE) in der Agentur für Arbeit Potsdam eingeführt. Dabei geht es
um die frühzeitige Begleitung und Unterstützung des Berufswahlprozesses, um junge Men-
schen zu einer eigenständigen, realisierbaren und tragfähigen Berufs- oder Studienwahlent-
scheidung zu befähigen. Dabei sollen sie auch bei der Bewältigung von Herausforderungen
oder Krisen nach dem Beginn eines Ausbildungsweges unterstützt werden. Dazu kommen
verstärkt niedrigschwellige internetbasierte Beratungs- und Selbsteinschätzungsinstrumente
wie z.B. „Check-U“ zum Einsatz (https://www.arbeitsagentur.de/bildung/welche-ausbildung-
welches-studium-passt).
Die Betreuung von Jugendlichen unter 25 Jahren wird im JC LHP in einem eigenen Team
(U25) mit geringerem Fallzahlschlüssel für die Integrationsfachkräfte umgesetzt. Diese arbei-
ten eng mit der Berufsberatung und dem Ausbildungs-Arbeitgeberservice der Agentur für Ar-
beit Potsdam zusammen. Die Vermeidung und Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit ist ein
fortwährender Schwerpunkt des JC LHP. Jugendliche sollen durch eine frühzeitige und syste-
matische Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nachhaltig integriert werden.
Dazu werden im Jahr 2021 die Betreuungsintervalle sowie die Vermittlungsleistungen noch-
mals intensiviert.
Diese Begleitung fließt in die seit Dezember 2017 rechtskreisübergreifend durchgeführten Be-
treuung von Jugendlichen in der Landeshauptstadt Potsdam ein: Die Jugendberufsagentur
Potsdam hat zum Ziel, die Chancen junger Menschen auf eine Integration in Ausbildung und
Arbeit durch gezielte Beratung, Förderung und Vermittlung zu verbessern, jeden jungen Men-
schen zu einem Berufsabschluss zu führen sowie durch die enge Zusammenarbeit die ge-
meinsamen Prozesse der Kooperationspartner weiter aufeinander abzustimmen und im
Rahmen der Einzelfallarbeit zu verstärken.
Alle jungen Menschen bis 25 Jahre, die in der Landeshauptstadt Potsdam wohnen und/oder
dort die Schule besuchen und sich insbesondere am Übergang von Schule zu Ausbildung bzw.
Studium befinden und noch kein Ausbildungs- oder Studienverhältnis begonnen oder ein sol-
ches abgeschlossen haben, sollen beraten und orientiert werden. Durch die gemeinsamen An-
strengungen der Kooperationspartner (siehe Abbildung 1) sowie die Angebote weiterer
Einrichtungen sollen sie in eine Berufsausbildung bzw. in ein Studium vermittelt oder dahinge-
hend durch Maßnahmen gefördert werden. Dazu wurden die Teams der Berufsberatung und
der Ausbildungsvermittlung der Agentur für Arbeit Potsdam sowie das Team U25 des JC LHP
in der Jugendberufsagentur örtlich angebunden. Der Bereich 232 Regionale Kinder- und Ju-
gendhilfe der Landeshauptstadt hat dort die Stelle eines Koordinators installiert, der im Bedarfs-
fall Jugendliche an spezifische Angebote der Jugendhilfe, wie z.B. Hilfen zur Erziehung oder
Jugendsozialarbeit weiterleitet.

                                                                                          Seite 16
Die örtliche Zusammenarbeit der Partner war ab März 2020, in seiner Präsenzform, zunächst
weitestgehend eingeschränkt. Jedoch wurden bereits zum Juni wieder terminierte Vorsprachen
ermöglicht und eine Erreichbarkeit aller Partner in der Jugendberufsagentur über alternative
Zugangsformen (Telefon, E-Mail, Online) sichergestellt. Auch Fallkonferenzen waren unter Ein-
haltung der Hygiene- und Abstandsregeln durchführbar.
Abbildung 1: Die Jugendberufsagentur Potsdam

Folgende weitere Partner verzahnen ihre Beratungsleistungen mit der Jugendberufsagentur
und werden nach Öffnung der physischen Besprechungsräume vor Ort wieder regelmäßig für
kurze Wege für die Jugendlichen vor Ort sorgen (Stand: November 2020):
     Handwerkskammer (HWK
     Industrie-und Handelskammer (IHK)
     Allgemeine Soziale Beratung
     Suchtberatung
     Projekt „Jugend Stärken im Quartier“
Die aktuellen Erreichbarkeitszeiten und -möglichkeiten finden sich auf der Internetseite:
https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/potsdam/content/1533717606897.

Maßnahmen
Im Rahmen der Jugendberufsagentur werden durch das JC LHP insbesondere folgende Maß-
nahmen und Instrumente genutzt, die das allgemeine Portfolio jugendspezifisch ergänzen:
     Bezeichnung der
                                                      Schwerpunkt(e)
       Maßnahme

    Einstiegsqualifizierung Ausbildungsbewerber/-innen mit eingeschränkten Vermittlungsperspektiven,
    (EQ)                    die nach dem 30. September keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. EQ

                                                                                             Seite 17
dienen der Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungs-
                       fähigkeit.

 ausbildungsbeglei-    Mit abH erhalten förderungsbedürftige junge Menschen Unterstützung, die
 tende Hilfen (abH)    sich in einer betrieblichen Berufsausbildung oder in einer Einstiegsqualifizie-
                       rung befinden, u.a. Wissensvermittlung in Allgemeinbildung oder in Fachthe-
                       orie, Sprachunterricht und Sozialpädagogische Begleitung.
 assistierte Ausbildung Spezifische Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung von
 (AsA)                  Jugendlichen sowie die Kooperation mit der Ausbildungsvermittlung des ge-
                        meinsamen AG-S und mit Unternehmen der Region.
 MAT „STAR(t) U25“     I.d.R. für junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren mit verstärktem Un-
                       terstützungsbedarf bei der Eingliederung in eine versicherungspflichtige Be-
                       schäftigung/Ausbildung.
 MAT „Zukunft“         Für Jugendliche mit vielfältigen Problemlagen insb. hinsichtlich ihrer Motiva-
                       tion zur Herstellung von festen Tagesstrukturen, zur Bearbeitung individueller
                       Problemlagen sowie zur Entwicklung einer persönlichen und beruflichen Per-
                       spektive.
 Maßnahme nach §       Maßnahme für schwer erreichbare Jugendliche mit umfassenden Stabilisie-
 16h SGB II            rungsbedarf.

Einen Schwerpunkt in der Integrationsstrategie für jugendliche Geflüchtete muss weiterhin der
Erwerb von Deutschkenntnissen in Wort und Schrift bilden. Die in den Herkunftsländern even-
tuell erworbenen Schulabschlüsse, insbesondere von Jugendlichen, die nicht mehr der Schul-
pflicht unterliegen, müssen mit den Anforderungen des hiesigen Arbeitsmarktes abgeglichen
werden.

3. Geflüchtete Frauen und Männer in Ausbildung und Arbeit oder in Maßnahmen zu
   deren Heranführung integrieren
Strategien und Handlungsansätze
Das JC LHP und seine Beschäftigten unterstützen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
mit Fluchterfahrungen auf dem Weg in die soziale und arbeitsmarktliche Integration in der
Landeshauptstadt. Der überwiegende Teil der neuen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
muss schrittweise Qualifikationen erwerben, die dem hiesigen Arbeitsmarkt entsprechen.
Die in den letzten Jahren recht erfolgreich verlaufende Arbeitsmarktintegration ist durch die
Pandemie gebremst. Wie in Kapitel 2.3 skizziert, ist die Zahl der Arbeitslosen mit Fluchterfah-
rung 2020 deutlicher angestiegen als im Vorjahr, was u.a. an dem Verlust von Arbeitsplätzen
im Helferbereich und im Bereich der Minijobs und/oder im Hotel- und Gaststättenbereich liegen
kann. Zudem muss weiterhin ein hoher Anteil der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auf
den Erwerb bzw. Ausbau deutscher Sprachkenntnisse orientiert werden. Grundlegender
Spracherwerb lässt sich aber nur sehr eingeschränkt in virtuellen Räumen realisieren. Hier
braucht es den im Jahr 2020 vielfach unterbrochenen Präsenzunterricht. Je länger die Unter-
brechung dauert, umso herausfordernder und langwieriger wird die Integration in Gesellschaft
und in den Arbeitsmarkt.
Der Spracherwerb im Vorfeld einer beruflichen Integration oder Bildungsmaßnahme wird da-
her noch mehr als zuvor die Bezugsdauer für die Leistungen nach dem SGB II verlängern

                                                                                              Seite 18
können. Es besteht weiter ein anwachsendes Risiko des Langzeitleistungsbezuges für diese
Personengruppe. Insbesondere weibliche Migrantinnen und Geflüchtete müssen weiter im Fo-
kus der Beratung bleiben.

Maßnahmen
Das JC LHP sieht es im Sinne der Integration als zielführend an, Menschen mit Fluchthinter-
grund nach Erreichen eines erforderlichen Sprachniveaus in den Kontakt und die Kommuni-
kation mit Nicht-Geflüchteten zu bringen. Daher stehen die in den anderen Kapiteln
aufgezeigten Maßnahmen selbstverständlich auch Geflüchteten offen, sofern die individuellen
Zugangsvoraussetzungen und Bedarfe vorliegen.
Das JC LHP wird weiterhin insbesondere sprachfördernde Maßnahmeschwerpunkte für aner-
kannte Geflüchtete setzen:
     Bezeichnung der
                                                             Schwerpunkt(e)
       Maßnahme

 Integrations- und Be-       Integrationskurse und berufsbezogene Deutschsprachförderung (DeuFöV) in
 rufssprachkurse             Verantwortung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

 MAT „Hand in Hand“          Ziel ist es, erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Migrationshintergrund in-
 (Arbeitstitel).             tensiv zu aktivieren, die Einmündung in Sprachkurse zu fördern und damit an
                             den Beschäftigungs- und/ oder Ausbildungsmarkt heranzuführen.
 Arbeitsgelegenheiten        Maßnahmeplätze im Rahmen Projekten und Einsatzstellen, die Erprobungs-
 nach § 16d SGB II           möglichkeiten und sozialintegrative Wirkungen für geringqualifizierte Flücht-
                             linge entfalten können – u.a. durch die gemeinsame Teilnahme und Arbeit
                             mit Menschen ohne Migrationshintergrund.

4. Frauen und Männer zukunftsorientiert aus- bzw. weiterbilden und in den Arbeits-
   markt integrieren
Strategien und Handlungsansätze
Übergeordnetes Ziel der durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des JC LHP geleisteten
Unterstützung bleibt die nachhaltige Vermittlung in den 1. Arbeitsmarkt. Ein verfestigter Anteil
von rund 53 % der Arbeitslosen SGB II-Leistungsbeziehenden in der Landeshauptstadt verfügt
derzeit jedoch über keinen Berufsabschluss, was die Chancen auf eine bedarfsdeckende In-
tegration erheblich schmälert. Dieser hohe Anteil findet sich sowohl unter Männern, als auch
unter den arbeitslosen Frauen im SGB II20.
Individuelle Förderungen von marktorientierten Qualifizierungen mit entsprechenden Berufs-
abschlüssen sollen daher weiter konsequent, effektiv und wirtschaftlich, als auch dauerhaft
wirkungsvoll geplant und umgesetzt werden. Durch gezielte und individuelle Qualifizierungen
sollen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten des JC LHP den Anforderungen des regio-
nalen Arbeitsmarktes nähergebracht und kurz- bis mittelfristig integriert werden.

20   Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Der Arbeitsmarkt im Rechtskreis SGB II. September 2020

                                                                                                      Seite 19
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