Zürcher Wirtschaftsmonitoring - Herausforderung Demografie: Der Zürcher Wirtschaft fehlen bald die Arbeitskräfte Dezember 2021 - Kanton Zürich

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Zürcher Wirtschaftsmonitoring - Herausforderung Demografie: Der Zürcher Wirtschaft fehlen bald die Arbeitskräfte Dezember 2021 - Kanton Zürich
Kanton Zürich
Volkswirtschaftsdirektion
Amt für Wirtschaft und Arbeit

Zürcher
Wirtschaftsmonitoring
Herausforderung Demografie:
Der Zürcher Wirtschaft fehlen bald
die Arbeitskräfte
Dezember 2021
Zürcher Wirtschaftsmonitoring - Herausforderung Demografie: Der Zürcher Wirtschaft fehlen bald die Arbeitskräfte Dezember 2021 - Kanton Zürich
Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

3 Die Übersicht zur    Erholung dürfte Höhepunkt erreicht haben
  Wirtschaftslage

5 Kanton Zürich        Vorsichtig optimistisch: Die meisten Zürcher Unternehmen
                       verzeichnen auch im vierten Quartal positive Geschäftszahlen,
                       doch die Erwartungen haben sich abgekühlt. Die Lage auf dem
                       Arbeitsmarkt bleibt erfreulich und die Arbeitslosenquote dürfte
                       bald ihr Vorkrisenniveau erreicht haben.

7 Schweiz und          Aufschwung verlangsamt sich: Die Erholung der Weltwirt­
  Ausland              schaft hat sich über die Sommermonate fortgesetzt. Liefereng­
                       pässe, steigende Preise und die epidemiologische Lage bremsen
                       den Aufschwung jedoch in vielen Regionen.

9 Spezialthema         Herausforderung Demografie: Der Zürcher Wirtschaft
                       fehlen bald die Arbeitskräfte

                       10 Ausgangslage: Die Zürcher Bevölkerung wird älter

                       11 Arbeitsmarkt: Benötigte versus vorhandene Arbeitskräfte

                       14 Wirtschaftswachstum: Potenzielles versus erzielbares BIP

                       17	Zusatzanalyse: In welchen Berufen zeichnet
                           sich bereits heute ein Engpass ab?

                       20 Handlungsmöglichkeiten: Fünf Stellschrauben

                       23 Anhang

24 Autoren und An-
   sprechpersonen

25 Wirtschaftsdaten
   & Prognosen

                                          Impressum

                                          Herausgeber                           Volkswirtschaftliche Analysen
                                          Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA)   Fachstelle Volkswirtschaft AWA
                                          Walchestrasse 19
                                          Postfach                              Gestaltung
                                          8090 Zürich                           Works Graphic Design, Zürich
                                          www.zh.ch/wirtschaftsmonitoring
                                                                                Redaktionsschluss
                                          Redaktion                             Redaktionsschluss dieser Ausgabe:
                                          Kommunikation AWA                     1. Dezember 2021

              Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021     2
Zürcher Wirtschaftsmonitoring - Herausforderung Demografie: Der Zürcher Wirtschaft fehlen bald die Arbeitskräfte Dezember 2021 - Kanton Zürich
Die Übersicht zur Wirtschaftslage

                                                                           Erholung dürfte Höhepunkt
                                                                           erreicht haben
                                                                           Die Zürcher Wirtschaft brummt und die Arbeitslosigkeit sinkt. Allerdings
                                                                           dürften internationale Engpässe und steigende Fallzahlen die Erholung
                                                                           abbremsen.

Aktuelle Geschäftslage auf Vorkrisenniveau                                                                                                                                                                                    Konsumausgaben steigen wieder
Die Geschäftslage der Zürcher Unternehmen hat sich zum Jahresende                                                                                                                                                             Die Ausgaben im stationären Handel sind im Kanton Zürich Mitte
hin noch einmal leicht verbessert und das Vorkrisenniveau von 2019                                                                                                                                                            des vierten Quartals deutlich höher als vor der Krise (2019). Der Unter-
überschritten.                                                                                                                                                                                                                schied gegenüber dem Schweizer Durchschnitt bleibt aber bestehen.

                                                                                                                                                                                                                              Kartenzahlungen im Detailhandel und Bargeldtransaktionen an
Aktuelle Geschäftslage in der Gesamtwirtschaft                                                                                                                                                                                Geldautomaten, Index 100 = Durchschnitt 2019
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           «gut»                                                                                                                                                                                                                                  2. Lockdown
                                                                                                                                                                                                                                                  18.01.2021
                                                                                                                                                                                                                              150
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                                                                                                                                                                                                                                    1        3            5      7     9        11        13      15    17       19        21        23     25       27       29        31       33   35       37       39        41     43
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                                                                                                                                                                                 Jan 21

                                                                                                                                                                                                   Mai 21

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                                                                                                                                                    Jul 20

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Kalenderwoche 2021

                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Index Zürich                   Index Schweiz
                                                                                                  Kanton Zürich              Schweiz

Quelle: KOF                                                                                                                                                                                                                   Quelle: Monitoring Consumption Switzerland

Aufwärtstrend im Gastgewerbe hält an                                                                                                                                                                                          Arbeitslosigkeit sinkt weiter
Die Geschäftslage im Gastgewerbe hat sich im vierten Quartal 2021                                                                                                                                                             Seit März 2021 hat die Arbeitslosenquote kontinuierlich abgenommen.
weiter verbessert, liegt aber immer noch im negativen Bereich.                                                                                                                                                                Im November lag sie nur noch 0,2 Prozentpunkte über dem Vorkrisen­
                                                                                                                                                                                                                              niveau von 2019.

Aktuelle Geschäftslage im Gastgewerbe                                                                                                                                                                                         Arbeitslosenquote
 40 «gut»                                                                                                                                                                                                                     5%

 20
                                                                                                                                                                                                                              4%

     0
                                                                                                                                                                                                                              3%
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           2,5 %

 –20
                                                                                                                                                                                                                              2%                                                                                                                                                                                         2,3 %

 –40

                                                                                                                                                                                                                              1%

 –60

                                                                                                                                                                                                                              0%
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Jan 21

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Mär 21

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Mai 21

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Jul 21

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Sep 21

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Nov 21

 –80
                                                                                                                                                                                                                                    Jan 19

                                                                                                                                                                                                                                                 Mär 19

                                                                                                                                                                                                                                                              Mai 19

                                                                                                                                                                                                                                                                       Jul 19

                                                                                                                                                                                                                                                                                 Sep 19

                                                                                                                                                                                                                                                                                               Nov 19

                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Jan 20

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Mär 20

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Mai 20

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Jul 20

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Sep 20

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Nov 20

               «schlecht»

–100                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Kanton Zürich                          Schweiz
           Q1              Q2          Q3             Q4         Q1               Q2          Q3            Q4           Q1          Q2             Q3         Q4               Q1         Q2            Q3           Q4
          2018            2018        2018           2018       2019             2019        2019          2019         2020        2020           2020       2020             2021       2021          2021         2021
                                                                                            Kanton Zürich                    Schweiz
Quelle: KOF                                                                                                                                                                                                                   Quellen: SECO, AWA

                                                                                                                                          Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021                                                                                              3
Die Übersicht zur Wirtschaftslage

BIP-Vorkrisenniveau dürfte Ende Jahr erreicht sein                                                                                    Geschäftserwartungen gehen leicht zurück
Das reale BIP dürfte im Kanton Zürich 2020 neuesten Schätzungen                                                                       Die Erwartungen für die kommenden sechs Monate haben sich im
nach um 2,7 % gesunken sein. Für 2021 wird ein Wachstum von 3,0 %                                                                     vierten Quartal 2021 auf hohem Niveau stabilisiert. Die Mehrheit der
erwartet, womit das Vorkrisenniveau dieses Jahr wieder erreicht werden                                                                Unternehmen geht von einer unveränderten Geschäftslage bis Jahres­
dürfte.                                                                                                                               ende aus.

Wachstumsrate reales BIP (im Vergleich zum Vorjahr)                                                                                   Erwartete Geschäftslage in den nächsten 6 Monaten
 5%
                                                                                                                                      40      «verbessert»
                                                                                                                              3,5 %
 4%
                                                                                                                                      30
 3%
                                                                                                                              3,0 %
                                                                                                                                      20
 2%

 1%                                                                                                                                   10

 0%                                                                                                                                     0

–1 %
                                                                                                                                      –10

–2 %
                                                                                                                                      –20

–3 %
                                                                                                                                      –30
–4 %
          2010     2011     2012       2013     2014        2015       2016     2017     2018       2019         2020    2021
                                                                                                                                      –40
                                                                                                                                               «verschlechtert»
                                                    Kanton Zürich      Schweiz
                                                                                                                                      –50

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Sep 21
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Mär 21
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Jan 21

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Mai 21

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Jul 21
                                                                                                                                                                                 Sep 18

                                                                                                                                                                                                                                        Sep 19
                                                                                                                                                                                          Nov 18

                                                                                                                                                                                                                                                                                                Sep 20
                                                                                                                                                                                                                                                 Nov 19

                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Nov 20
                                                                                                                                                     Mär 18

                                                                                                                                                                                                             Mär 19

                                                                                                                                                                                                                                                                   Mär 20
                                                                                                                                            Jan 18

                                                                                                                                                                                                   Jan 19

                                                                                                                                                                                                                                                          Jan 20
                                                                                                                                                               Mai 18

                                                                                                                                                                                                                      Mai 19

                                                                                                                                                                                                                                                                             Mai 20
                                                                                                                                                                        Jul 18

                                                                                                                                                                                                                               Jul 19

                                                                                                                                                                                                                                                                                       Jul 20
                                                                                                                                                                                                                         Kanton Zürich                    Schweiz
Quelle: BAK Economics                                                                                                                 Quelle: KOF

Voranmeldungen zur Kurzarbeit sinken weiter                                                                                           Wirtschaft der Zürcher Handelspartner wächst
                                                                                                                                      weiter
Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise im Frühjahr 2020 waren über                                                                        Die wichtigsten Zürcher Handelspartner konnten im dritten Quartal
30 000 Unternehmen zur Kurzarbeit vorangemeldet. Im Oktober 2021                                                                      ihren Wachstumskurs fortsetzen. In den USA und in China nahmen die
lag dieser Wert bei rund 6000.                                                                                                        Wachstumsraten allerdings deutlich ab.

Abrechnungspotenziale aus genehmigten Voranmeldungen                                                                                  Bruttoinlandprodukt im 1. Quartal 2021 bis 3. Quartal 2021
zur Kurzarbeit                                                                                                                        gegenüber dem Vorquartal
                                                                                                                                                              EU                                            Deutschland                                              USA                                                    China
30 000

                                                                                                                                                         2,0%           2,1%                                    2,0%
                                                                                                                                                                                                                               1,7%
                                                                                                                                                                                                                                                          1,5% 1,6%
20 000                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       1,2%

                                                                                                                                                                                                                                                                                      0,5%
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  0,2%                        0,2%

                                                                                                                                            –0,1%

10 000

                                                                                                                                                                                                   –1,9%

      0
          Mär    Apr   Mai Jun   Jul   Aug    Sep    Okt   Nov   Dez   Jan    Feb Mär   Apr   Mai   Jun    Jul    Aug   Sep   Okt
          20     20    20   20   20     20     20    20    20     20    21     21 21    21    21    21     21     21    21    21                                                                                          Q1 2021                Q2 2021                    Q3 2021
Quellen: SECO, AWA                                                                                                                    Quellen: Destatis, BEA, NBSC, Eurostat

                                                                                  Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021                                                                    4
Kanton Zürich

                                                                                 Zürcher Wirtschaft bleibt
                                                                                 vorsichtig optimistisch
                                                                                 Ein Grossteil der Zürcher Unternehmen verzeichnet auch im vierten Quartal
                                                                                 2021 positive Geschäftszahlen. Allerdings haben sich die Geschäftserwar-
                                                                                 tungen leicht abgekühlt, nicht zuletzt aufgrund der internationalen Engpässe
                                                                                 und Inflationstendenzen. Weiterhin erfreulich präsentiert sich die Lage auf
                                                                                 dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote nimmt seit dem Frühjahr kontinu-
                                                                                 ierlich ab und dürfte bald ihr Vorkrisenniveau erreicht haben.

     Trotz Aufschwung hat die Wirtschaft vielerorts mit Herausfor­                                                                          zumindest im Finanzsektor und im Grosshandel. Keine Ver­
     derungen zu kämpfen. Zum einen gibt es internationale Eng­                                                                             besserung gegenüber dem Vorquartal ist im Detailhandel zu
     pässe in den Lieferketten und eine steigende Inflation, allen                                                                          verzeichnen. In den übrigen Branchen hat sich die Geschäfts­
     voran in den USA. Zum anderen nehmen mit dem Winterein­                                                                                lage hingegen leicht verbessert.
     bruch die Corona-Fallzahlen wieder zu, was teilweise zu neuen
     Einschränkungsmassnahmen geführt hat.                                                                                                  Etwas einheitlicher präsentiert sich die Lage bei den Ge­
                                                                                                                                            schäftserwartungen für die nächsten sechs Monate. Sie blei­
     Leichte Abkühlung bei den Geschäftserwartungen                                                                                         ben in allen Branchen weiterhin positiv, haben jedoch im Ver­
     Im Kanton Zürich sind die Auswirkungen dieser Entwicklungen                                                                            gleich zum letzten Quartal fast überall abgenommen, was
     jedoch erst geringfügig zu spüren. Wie Abbildung 1 zeigt, ist                                                                          grösstenteils auf die eingangs erwähnten Herausforderungen
     die Geschäftslage Mitte des vierten Quartals 2021 in den                                                                               zurückzuführen sein dürfte. Die beiden Ausnahmen bilden die
     meisten Zürcher Branchen weiterhin gut. Einzige Ausnahme                                                                               Bauwirtschaft und der Detailhandel, die beide vor allem bin­
     bildet das Gastgewerbe, das immer noch stark von der Corona-                                                                           nenorientierte Branchen sind und daher weniger von den inter­
     Krise und den damit zusammenhängenden Einschränkungs­                                                                                  nationalen Entwicklungen betroffen sind. Insgesamt dürfte der
     massnahmen gezeichnet ist und sich noch nicht vollständig                                                                              Zürcher Wirtschaftsaufschwung damit leicht ins Stocken ge­
     erholen konnte. Allerdings hat sich die Lage im Gastgewerbe                                                                            raten – mit einer Trendumkehr ist jedoch nicht zu rechnen. Die
     gegenüber dem Vorquartal noch einmal stark verbessert.                                                                                 neusten Schätzungen von BAK Economics gehen davon aus,
                                                                                                                                            dass das BIP im Kanton Zürich nächstes Jahr real um 3,8 %
     Auch wenn die Geschäftslage in allen anderen Branchen gut                                                                              wachsen wird. Vorbei ist der Aufschwung also nicht, er hat sich
     ist, hat sie sich gegenüber dem Vorquartal leicht abgekühlt,                                                                           nur verlangsamt.

  1                                                       Geschäftslage im Q4 2021 nach Branchen im Kanton Zürich, saisonbereinigt

                                                                                            Verbesserung zum Vorquartal
Veränderung der Geschäftslage gegenüber dem Vorquartal

                                                          40

                                                                                         Gastgewerbe

                                                          20
                                                                                                            Verschiedene
                                                                                                            Dienstleistungen   Industrie
                                                                                                                                            Baugewerbe

                                                          0
                                                               Schlechte Geschäftslage                                                              Gute Geschäftslage
                                                                                                            Detailhandel
                                                                                                                                           Grosshandel

                                                                                                                               Finanzsektor
                                                         –20
                                                                                                                                                                          Anmerkung:
                                                                                         Verschlechterung zum Vorquartal                                                  Die Grösse der Kreise zeigt den Anteil der Beschäf­
                                                           –80         –60         –40      –20         0              20        40           60          80        100   tigten. Dabei gilt: Je grösser der Kreis, desto mehr
                                                                                                                                                                          Beschäftigte sind in dieser Branche tätig.
                                                                                              Aktuelle Geschäftslage
  Quelle: KOF, Daten von Ende Oktober

                                                                                                       Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021               5
Kanton Zürich

Arbeitsmarkt erholt sich schneller als gedacht                                               kämpfung, dürfte das Vorkrisenniveau bei der Arbeitslosen­
Weiterhin erfreulich zeigt sich die Lage auf dem Zürcher Ar­                                 quote in den nächsten Monaten erreicht werden – die Ge­
beitsmarkt. Seit März 2021 ist die Arbeitslosenquote kontinu­                                schwindigkeit, mit der sich der Arbeitsmarkt erholt hätte, wäre
ierlich gesunken und hat mit 2,3 % im November ein neues Tief                                dann wohl rekordverdächtig.
erreicht. Selbst der Herbst- und der Wintereinbruch konnten
den Abwärtstrend bei der Arbeitslosenquote bisher nicht stop­
pen. Das Vorkrisenniveau ist mittlerweile nur noch 0,2 Prozent­
punkte entfernt.
                                                                                               KOF-Umfragen
Anfang dieses Jahres hat noch kaum jemand mit einer solch                                      Die Umfragen der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich
schnellen Erholung auf dem Arbeitsmarkt gerechnet. Das zeigt                                   basieren auf monatlichen und vierteljährlichen Erhebungen bei leiten­
der Blick auf die vom Forschungsinstitut BSS erstellten Prog­                                  den Persönlichkeiten von Unternehmen in verschiedenen Branchen.
nosen, die das AWA im Februar 2021 in Auftrag gab. Neben
                                                                                               Die Branche Verschiedene Dienstleistungen besteht aus folgenden
einer Punktschätzung wurden auch ein tiefes und ein hohes                                      Unterkategorien: Verkehr, Information, Kommunikation, persönliche
Szenario berechnet. Wie die Abbildung 2 zeigt, ist die effekti­                                und freiberufliche, technische und wissenschaftliche Dienstleistungen,
ve Arbeitslosenquote im Kanton Zürich mittlerweile sogar un­                                   Dienstleistungen des Grundstücks- und Wohnungswesens, Gesund­
ter die Werte des tiefen Szenarios gefallen. Das heisst: Der Ar­                               heits- und Sozialwesen, sonstige Dienstleistungen.
beitsmarkt hat sich sogar schneller erholt, als das optimisti­
                                                                                               Die Antworten aus einem Unternehmen werden mit dessen Beschäfti­
sche Szenario vorausgesagt hat.
                                                                                               gungszahl gewichtet. Die Antworten aller Unternehmen werden zu
                                                                                               Produktegruppen und Branchen zusammengefasst. Zur Abschwä­
Wie die Beschäftigungserwartungen der Zürcher Unternehmen                                      chung der Zufallsschwankungen werden in den Grafiken in der Regel
zeigen, dürfte diese Erholung weitergehen. In allen Branchen                                   saisonbereinigte Daten mit regressionsanalytisch ermittelten Randwer­
sind die Werte aus den Unternehmensbefragungen positiv. Mit                                    ten dargestellt. Die geglätteten Zeitreihen werden zusätzlich noch um
anderen Worten: Die Zahl der Unternehmen, die in den nächs­                                    Extremwerte bereinigt.
ten drei Monaten mit einem Stellenaufbau rechnen, übersteigt
                                                                                               Für detaillierte Informationen zu den KOF-Umfragen siehe
die Zahl jener, die von einem Stellenabbau ausgehen. Kommt                                     www.kof.ethz.ch/umfragen/konjunkturumfragen
es zu keinen grösseren Rückschlägen in der Pandemiebe­

2       Entwicklung der Arbeitslosenquote – Prognose vs. Realität

4,0 %

3,5 %

3,0 %

2,5 %

2,0 %

1,5 %

1,0 %

0,5 %

0,0 %
    01.01.19 01.04.19 01.07.19 01.10.19 01.01.20 01.04.20 01.07.20 01.10.20 01.01.21 01.04.21 01.07.21 01.10.21 01.01.22

                 ALG Punktschätzung        ALQ tiefes Szenario        ALQ hohes Szenario           ALQ ist

Quellen: BSS, eigene Berechnungen

                                                        Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021                  6
Schweiz und Ausland

                      Weltwirtschaft:
                      Aufschwung verlangsamt sich
                      zum Jahresende
                      Die Schweizer Handelspartner konnten ihre Wirtschaftsleistung über die
                      Sommermonate weiter steigern. Besonders dynamisch zeigten sich die
                      wirtschaftlichen Aktivitäten in Europa. In den USA und in China fielen die
                      Wachstumsraten hingegen verhaltener aus. Die Industrieproduktion wurde
                      weltweit durch Lieferengpässe ausgebremst und die Verbraucherpreise sind
                      vor allem aufgrund hoher Energiekosten gestiegen. Die Schweiz ist von den
                      Preis­steigerungen weniger stark betroffen. Ihre Wirtschaftsleistung lag im
                      Sommer sogar wieder über dem Vorkrisenniveau.
Die Erholung der Weltwirtschaft hat sich über die Sommer­           genüber dem Vorquartal. Auch hier stiegen die Corona-Fall­
monate fortgesetzt. Anhaltende Lieferengpässe, steigende            zahlen in einigen Landesteilen, was vor allem Einschränkungen
Preise und das zunehmende Infektionsgeschehen bremsen               im Dienstleistungsbereich nach sich zog. Die chinesische In­
den Aufschwung in vielen Regionen jedoch ab. Der Internatio­        dustrieproduktion wurde hingegen durch Stromausfälle, Roh­
nale Währungsfonds (IWF) hat seine Prognose für das Welt­           materialengpässe und die daraus resultierenden Preissteige­
wirtschaftswachstum 2021 deshalb um 0,1 Prozentpunkte auf           rungen eingeschränkt.
5,9 % gesenkt. Für 2022 hält er an seiner Prognose von 4,9 %
fest.                                                               Industrie und Handel können Wachstumspotenzial
                                                                    nicht ausschöpfen
Zürcher Handelspartner befinden sich in unterschiedli-              Schwierig ist die Lage in der Industrie auch auf globaler Ebene.
chen Wachstumsphasen                                                Sie hat sich den Sommer über weiterhin schwergetan, die
In der Europäischen Union (EU) erholten sich die Wirtschafts­       hohe Nachfrage nach Industriegütern zu bedienen. Unterbre­
leistung und die Erwerbslosigkeit schneller als erwartet. Sie er­   chungen bei den Rohstofflieferungen und daraus resultierende
reichten bereits im dritten Quartal 2021 wieder das Vorkrisen­      Engpässe bei Vorprodukten sowie steigende Herstellungskos­
niveau. Das Tempo der Erholung unterscheidet sich aber je           ten haben dazu geführt, dass die Produktionskapazitäten
nach Land stark. Besonders auf dem Arbeitsmarkt zeigt sich          nicht voll ausgelastet werden konnten. Dies hat sich wiederum
ein hohes Gefälle: Während die durchschnittliche Erwerbslo­         negativ auf den Warenhandel ausgewirkt. Zu Beginn des vier­
senquote der EU im September 2021 6,6 % betrug, lag sie in          ten Quartals haben sich die Lieferzeiten nochmals verlängert –
Spanien noch bei 14,5 %, in Tschechien hingegen bei 2,5 %.          davon besonders betroffen ist die globale Automobilindustrie.
Insgesamt wuchs das Bruttoinlandprodukt (BIP) der EU zwi­           Sie verzeichnete im Oktober 2021 bereits den dritten Monat in
schen Juli und September um 2,1 % und im Euroraum um                Folge eine gesunkene Produktion. Das Wirtschaftswachstum
2,2 %. Mit Blick auf die Schweizer Nachbarländer zeigte sich        wurde im Sommer somit vor allem vom Dienstleistungssektor
ein besonders starkes Wirtschaftswachstum in Österreich             getragen.
(+3,3 %), knapp gefolgt von Frankreich (+3,0 %). Italien
(+2,6 %) und Deutschland (+1,7 %) setzten das Wirtschafts­          Die Engpässe in der Industrie haben in vielen OECD-Ländern
wachstum des Vorquartals in fast unveränderter Höhe fort.           dazu geführt, dass die Verbraucherpreise im dritten Quartal
Zum Jahresende dürfte die europäische Wirtschaft zwar noch          2021 um durchschnittlich 4,4 % gegenüber dem Vorjahres­
etwas weiterwachsen. Die Wachstumsraten dürften jedoch              quartal gestiegen sind. Noch preistreibender waren nur die
wesentlich tiefer liegen, wie die Echtzeitdaten des KOF Now­        Energiepreise. Sie lagen fast einen Fünftel höher als vor einem
casting Lab zeigen (siehe Abbildung 1).                             Jahr. Zu Beginn des vierten Quartals scheinen sich die Rohöl-
                                                                    und Erdgaspreise jedoch zu stabilisieren, was eine Reaktion
In den USA und in China hat sich das Wirtschaftswachstum            auf freigegebene Notreserven verschiedener Länder sein dürf­
bereits im dritten Quartal deutlich abgeschwächt. Nachdem           te. Sowohl im Industrie- als auch im Dienstleistungssektor
die Corona-Fallzahlen in den USA wieder zugenommen hatten,          dürften die Preissteigerungen hingegen noch bis ins Jahr 2022
kam es zu erneuten Einschränkungsmassnahmen in Teilen des           hinein anhalten. Um den Inflationsdruck zu reduzieren, haben
Landes. Entsprechend verlangsamten sich die privaten Konsum­        erste Notenbanken in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften
ausgaben über die Sommermonate. Hinzu kam, dass zur glei­           deshalb damit begonnen, die expansive Geldpolitik zurückzu­
chen Zeit staatliche Unterstützungs- und Transferzahlungen          fahren.
ausgelaufen sind, was ebenfalls auf die Konjunktur drückte.
Dies trug dazu bei, dass das US-amerikanische BIP zwischen
Juli und September um nur mehr 0,5 % wuchs und damit eini­
ges an Wachstumsdynamik gegenüber den Vorquartalen ein­
gebüsst hat. Noch schwächer fiel das Wirtschaftswachstum in
China aus und betrug im dritten Quartal gerade noch 0,2 % ge­

                                        Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021   7
Schweiz und Ausland

Schweizer Wirtschaft über dem Vorkrisenniveau                                                      gen. Während auch hier die höheren Energiepreise mit einem
Die Schweizer Wirtschaft konnte im dritten Quartal 2021 wie­                                       Anstieg um 11,0 % zu Buche schlugen, sind die Lebensmittel­
der expandieren. Das Wirtschaftswachstum betrug 1,7 %. Da­                                         preise sogar um 1,6 % gesunken. Dass die Energiepreise nicht
mit lag die Wirtschaftsleistung 1,4 % höher als vor der Krise im                                   stärker zur Inflation beitragen, liegt unter anderem daran, dass
vierten Quartal 2019. Insbesondere der Dienstleistungssektor                                       diese einen kleineren Anteil im Schweizer «Warenkorb» aus­
trug zum Wachstum im dritten Quartal bei. Das Gasgewerbe                                           machen als in anderen Ländern. Zudem schwächt der hoch
konnte seine Wertschöpfung um 110,6 % steigern. Dabei han­                                         bewertete Schweizer Franken Preissteigerungen bei Importen
delt es sich jedoch noch um Aufholeffekte. Die Geschäftslage                                       in ausländischer Währung ab.
der Schweizer Unternehmen ist Mitte des vierten Quartals ge­
mäss Umfrageergebnissen sogar weiter gestiegen. Die Erwar­                                         Abwärtsrisiken nehmen über den Winter zu
tungen für die kommenden Wintermonate haben sich zwar                                              Die Stimmung bei den Unternehmen in der Schweiz und im
nicht weiter verbessert, befinden sich aber ebenfalls auf ho­                                      Ausland ist zu Beginn des vierten Quartals weiterhin gut – die
hem Niveau. Es darf also davon ausgegangen werden, dass                                            Auftragsbücher der Industrieunternehmen sind gefüllt und der
die Schweizer Wirtschaft im Schlussquartal dieses Jahres ihre                                      Dienstleistungssektor befindet sich weiter im Aufwind. Die
Leistung nochmals steigern kann.                                                                   kurzfristigen Wachstumsaussichten haben sich jedoch einge­
                                                                                                   trübt. Besonders in den Wintermonaten besteht das Risiko,
Indessen sind auch die Schweizer Unternehmen mit steigen­                                          dass sich das Pandemiegeschehen weiter verschärft. Einige
den Einkaufspreisen konfrontiert. Umfragen bei den Einkaufs­                                       Länder haben bereits wieder Einschränkungsmassnahmen
managern zeigen jedoch, dass die höheren Kosten nicht voll­                                        umgesetzt. Darüber hinaus bleibt die Knappheit von Rohstof­
ständig an die Kunden weitergegeben, sondern über die                                              fen und Vorprodukten ein Abwärtsrisiko für die Konjunktur.
Margen abgefangen werden dürften. So liegt die Inflation in                                        Falls die globalen Lieferengpässe länger anhalten als erwartet
der Schweiz weiterhin deutlich niedriger als im internationalen                                    und eine Lohn-Preis-Spirale ausgelöst wird, könnte die Inflati­
Vergleich. Im dritten Quartal ist der Schweizer Verbraucher­                                       on weiter steigen und den weiteren Aufschwung gefährden.
preisindex um 0,8 % gegenüber dem Vorjahresquartal gestie­

1                           Wirtschaftsentwicklung 2021 in verschiedenen europäischen Ländern

                            6
                                                                                                                   KOF Nowcast

                            4
BIP-Quartalswachstum in %

                            2

                            0

                            –2

                            –4
                                    Q1 2021                 Q2 2021                   Q3 2021                        Q4 2021

                                 Deutschland   Frankreich      Italien   Österreich       Vereinigtes Königreich        Schweiz
Quellen: KOF Nowcast (Stand 22.11.21), SECO, Eurostat, ONS

                                                                 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021                   8
Spezialthema

Herausforderung Demografie:
Der Zürcher Wirtschaft fehlen
bald die Arbeitskräfte
Die wichtigsten Ergebnisse:

–– Infolge der demografischen Entwicklung werden in den nächsten Jahren immer
   mehr Beschäftigte den Zürcher Arbeitsmarkt verlassen und in den Ruhestand tre­
   ten. Das hat Folgen für die Beschäftigung und das Wirtschaftswachstum.

–– Soll die Zürcher Wirtschaft ihr BIP-Wachstum der letzten 20 Jahre fortsetzen,
   braucht sie bei gleichbleibendem Produktivitätswachstum 380 000 zusätzliche Er­
   werbstätige bis im Jahr 2050. Aufgrund der Demografie lassen sich bis 2050 je­
   doch voraussichtlich nur 170 000 zusätzliche Arbeitskräfte mobilisieren. Dadurch
   würden der Zürcher Wirtschaft 210 000 Arbeitskräfte fehlen.

–– Soll die Zürcher Wirtschaft ihr BIP-pro-Kopf-Wachstum der letzten 20 Jahre fort­
   setzen, braucht sie 55 000 Arbeitskräfte mehr, als voraussichtlich mobili­
   siert werden können. Weil das BIP-pro-Kopf-Wachstum der letzten Jahre moderat
   ausgefallen ist, braucht es bis 2050 auch weniger zusätzliche Arbeitskräfte als bei
   einer Fortsetzung des BIP-Wachstums der Gesamtwirtschaft. Volkswirtschaftlich
   erstrebenswert wäre aber nicht nur die Beibehaltung des bisherigen BIP-pro-
   Kopf-Wachstums, sondern dessen Steigerung.

–– Kann die Zürcher Wirtschaft diese zusätzlich benötigten Arbeitskräfte nicht mobi­
   lisieren, wird das BIP-Wachstum in den nächsten Jahren geringer ausfallen. Da­
   durch würde das kumulierte BIP bis 2050 insgesamt 400 Mrd. CHF tiefer
   liegen als bei einer Fortsetzung des bisherigen Wachstumspfades. Bezogen auf
   das BIP-pro-Kopf-Wachstum würde dieser Betrag 55 000 CHF pro Einwohner
   im Kanton Zürich betragen.

–– Im Vergleich zur Schweiz fallen sowohl die Zahl der fehlenden Arbeitskräfte als
   auch die BIP-Lücke im Kanton Zürich verhältnismässig geringer aus. Anders ge­
   sagt, sind die negativen Auswirkungen der Demografie in der Schweiz noch stär­
   ker spürbar als im Kanton Zürich.

–– Die Politik hat verschiedene Handlungsmöglichkeiten, um die drohende Arbeits­
   kräftelücke und die daraus folgenden BIP-Lücke abzuwenden. Dazu gehören un­
   ter anderem eine Steigerung der Arbeitsproduktivität, die bessere Ausschöpfung
   des Inländerpotenzials und Anpassungen beim Rentenalter.

               Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021   9
Spezialthema

Ausgangslage: Die Zürcher Bevölkerung wird älter
In den Jahren 1963–1965 kamen im Kanton Zürich jährlich über                   der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15–64)
18 000 Kinder zur Welt. Obwohl die Bevölkerung seither um                      sinkt und somit das Beschäftigungswachstum der Zürcher
über die Hälfte gewachsen ist, wurden diese Werte nie mehr er­                 Wirtschaft bremsen wird.
reicht. Nicht von ungefähr spricht man deshalb von der Baby­
boomer-Generation. Sie hat mitunter dazu geführt, dass die                     Für die Wirtschaft des Kantons Zürich sind das keine guten
heutige Alterspyramide längst nicht mehr die Form einer Pyra­                  Nachrichten, denn Beschäftigung und Wirtschaftswachstum
mide, sondern die einer Tanne hat.                                             hängen zusammen. Nimmt aufgrund der Demografie das Be­
                                                                               schäftigungswachstum ab, sinkt bei gleichbleibendem Produk­
Demografie bremst Wirtschaftswachstum                                          tivitätswachstum auch das BIP-Wachstum (siehe Anhang). Em­
In den nächsten Jahren werden die meisten aus diesen gebur­                    pirische Untersuchungen zeigen, dass viele westliche Länder
tenstarken Jahrgängen das Rentenalter erreichen. Wie Abbil­                    davon betroffen sind.1 Wie stark die Demografie die Beschäfti­
dung 1 zeigt, wird der Anteil der Über-64-Jährigen an der Zür­                 gung und das Wirtschaftswachstum im Kanton Zürich in den
cher Wohnbevölkerung immer grösser, während der Anteil der                     nächsten Jahren bremsen könnte, lässt sich anhand einer ein­
0–14-Jährigen etwa konstant bleibt. Das hat zur Folge, dass                    fachen Szenario-Analyse quantifizieren.2

1      Entwicklung und Prognosen der Zürcher Bevölkerung nach Altersklassen

2 000000

                                                                                                                  23%

1600000
                                                                  17%

1200000
                      15%
                                                                                                                  63%
    800000
                                                                  68%

                      69%

    400000

                                                                  15%                                            14%
                     16%
              0
                     1995 2000            2005   2010    2015 2020        2025     2030    2035    2040   2045   2050

                                                        0–14      15–64       > 64
Quelle: Statistisches Amt Kanton Zürich

                                                  Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021   10
Spezialthema

Arbeitsmarkt: Benötigte versus vorhandene Arbeitskräfte
Ausgangspunkt der Szenario-Analyse sind der Arbeitsmarkt                        2000). Wächst dieses BIP so weiter wie in den letzten 20 Jah­
und seine beiden Seiten, die Nachfrage und das Angebot. Die                     ren, wird es im Jahr 2050 rund 213 Mrd. CHF betragen. Bei
Nachfrage bildet den Arbeitskräftebedarf der Unternehmen ab                     gleichbleibendem Produktivitätswachstum bräuchte die Wirt­
(wie viele Beschäftigte benötigt die Wirtschaft?), das Angebot                  schaft dann 1,37 Millionen Erwerbstätige, um dieses BIP zu er­
das vorhandene Arbeitskräftepotenzial (wie viele Beschäftigte                   wirtschaften. Das heisst: Bis 2050 benötigt die Zürcher Wirt­
sind überhaupt vorhanden?). Für beide Seiten werden Szenari­                    schaft 380 000 zusätzliche Arbeitskräfte.
en bis 2050 entwickelt.
                                                                  Das BIP ist zwar ein wichtiger Indikator und entscheidend,
Wie viele Arbeitskräfte werden bis 2050 benötigt?                 wenn es etwa um die Steuereinnahmen geht. Will man hinge­
Das Szenario zum Arbeitskräftebedarf basiert auf den durch­       gen den Wohlstand einer Volkswirtschaft messen, bietet sich
schnittlichen Wachstumsraten des BIP und der Arbeitsproduk­       die Verwendung des BIP pro Kopf an. Wird anstelle des histori­
tivität der vergangenen 20 Jahre. Wenn der Kanton Zürich diese    schen BIP das historische BIP pro Kopf herangezogen, ergibt
                                                                  sich folgendes Szenario: Heute erwirtschaften die 990 000 Er­
beibehalten will, lässt sich ermitteln, wie viele Arbeitskräfte für
dieses Wachstum benötigt werden (siehe Anhang). Seit dem          werbstätigen pro Kopf rund 87 000 CHF (real, zu Preisen von
Jahr 2000 wächst die Wirtschaft des Kantons Zürich jährlich       2000). Wird das jährliche Wachstum der letzten 20 Jahre fortge­
um durchschnittlich 1,5 %. Das Wachstum der Arbeitsprodukti­      führt (0,3 %), wird das BIP 2050 pro Kopf 95 000 CHF betragen.
vität betrug im selben Zeitraum durchschnittlich 0,4 %.           Bei gleichbleibendem Produktivitätswachstum werden dazu
                                                                  1,215 Mio. Erwerbstätige benötigt. In diesem Modell braucht
Wie Abbildung 2 zeigt, erwirtschaften heute rund 990 000 Er­ die Zürcher Wirtschaft 225 000 zusätzliche Arbeitskräfte. Dass
werbstätige (in Voll- und Teilzeit) Produkte und Dienstleistungen dieser Wert tiefer ausfällt als im BIP-Modell, liegt am tieferen
mit einem Mehrwert von 137 Mrd. CHF (real, zu Preisen von BIP-pro-Kopf-Wachstum in den letzten 20 Jahren.

2     Arbeitskräftebedarf bis 2050 im Kanton Zürich

Reales BIP (in Mio. CHF)                                                                                               Erwerbstätige

300 000                                                                                                                         1500000
                                                                                                                   1370000
                                                                                                               Erwerbstätige

                                                             990000
                                                          Erwerbstätige                                             213 Mrd. CHF
200 000                                                                                                                         1000000

                                                      137 Mrd. CHF
                                                                                    Bis 2050 braucht es 380000
                                                                                      zusätzliche Erwerbstätige
100 000                                                                                                                         500 000

          0                                                                                                                     0
           2000           2005           2010      2015       2020      2025       2030      2035       2040   2045      2050
Quellen: BFS, BAK Economics, eigene Berechnungen

                                                   Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021   11
Spezialthema

Wie viele Arbeitskräfte werden bis 2050 vorhanden sein?                 Um das Arbeitskräfteangebot bis 2050 zu ermitteln, geht unser
Um abschätzen zu können, wie viele Arbeitskräfte 2050 über­             Szenario davon aus, dass die drei beschriebenen Quellen
haupt verfügbar sein werden, muss in einem ersten Schritt das           gleich gut ausgeschöpft werden können wie heute. Das heisst,
heutige Arbeitskräfteangebot etwas genauer betrachtet wer­              dass sowohl die Erwerbsquote der Zürcher Wohnbevölkerung
den. Dabei können die 990 000 Personen, die heute im Kanton             als auch der Anteil der Pendler beibehalten werden können. Die
Zürich arbeiten, in drei unterschiedliche Gruppen eingeteilt            Entwicklung der Wohnbevölkerung – im Kanton Zürich und in
werden: die hiesige Wohnbevölkerung, die Wohnbevölkerung                der restlichen Schweiz – basiert auf dem Referenzszenario des
aus anderen Kantonen und das Ausland. Wie Abbildung 3 zeigt,            BFS, das mit einer jährlichen Zuwanderung in die Schweiz von
wohnen 76 % der Erwerbstätigen im Kanton Zürich und 24 % in             rund 40 000–50 000 Personen bis 2050 rechnet.3
anderen Kantonen – Pendler aus anderen Kantonen machen
also fast einen Viertel aller Arbeitskräfte aus. Hinzu kommt,           Unter diesen Annahmen wird das Arbeitskräfteangebot im Kan­
dass – unabhängig vom Wohnort – 27 % aller im Kanton Zürich             ton Zürich von 990 000 auf 1,16 Mio. Personen steigen, wie Ab­
arbeitenden Personen aus den EU-/EFTA-Ländern oder Dritt­               bildung 4 zeigt. Aufgrund der demografischen Entwicklung
staaten stammen. Der grösste Teil davon hat sich im Kanton              flacht die Kurve deutlich ab – das jährliche durchschnittliche
Zürich niedergelassen. Von den 990 000 Erwerbstätigen sind              Beschäftigungswachstum fällt von 1,6 % (2000–2021) auf
also nur etwas mehr als die Hälfte im Kanton Zürich wohnhafte           0,6 % (2022–2050). Mit anderen Worten, der sinkende Anteil
Schweizer. Damit der Kanton überhaupt die heutige Wirt­                 der Personen im erwerbsfähigen Alter drückt auf das Angebot
schaftsleistung erbringen kann, ist er auf eine beachtliche Zahl        auf dem Arbeitsmarkt.
an Arbeitskräften aus anderen Kantonen und aus dem Ausland
angewiesen.

3      Erwerbstätige im Kanton Zürich (2021)

                                                                  990 000

                                           im Kanton Zürich                                                Zupendler (in anderen
                                               wohnhaft                                                     Kantonen wohnhaft)

                                    54 %                                          15 %          7%                  19 %                 3%2%

                                                  76 %                                                                    24 %

              Schweiz: 73 %                                 EU/EFTA: 18 %                                  Drittstaaten: 9 %

Quellen: BFS, eigene Berechnungen

                                                                                                Anmerkung:
                                                                                                Es handelt sich hier um alle Erwerbstätigen über
                                                                                                15 Jahre, ohne Grenzgänger, gerundet.

                                           Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021   12
Spezialthema

Es fehlen bis zu 210 000 Arbeitskräfte                                   Auf gesamtschweizerischer Ebene ist die Problematik noch
Stellt man das Arbeitskräfteangebot-Szenario dem Arbeitskräf­            akuter. Wendet man dieselben Szenario-Analysen an, fehlt es
tebedarf-Szenario gegenüber, ergibt sich eine Differenz von              2050 an 1,3 Mio. Erwerbstätigen (BIP-Modell) resp. 680 000 Er­
210 000 Erwerbstätigen, wie Abbildung 4 zeigt. Die Zahl der be­          werbstätigen (BIP-pro-Kopf-Modell). Diese Werte sind nicht nur
nötigten Arbeitskräfte (1,37 Mio.) übersteigt folglich die Zahl der      absolut betrachtet höher als im Kanton Zürich, sondern auch in
vorhandenen Arbeitskräfte (1,16 Mio.) deutlich. Das heisst: Die          Relation zur Gesamtzahl der Erwerbstätigen. Die stärkere Be­
Zürcher Wirtschaft kann ihren Wachstumskurs der letzten                  troffenheit rührt vor allem daher, dass die Bevölkerung in der
20 Jahre aufgrund der demografischen Gegebenheiten nicht                 Schweiz schneller altert als im Kanton Zürich und somit der An­
fortführen. Das gilt nicht nur für das BIP-Modell, sondern auch          teil der Rentner in den nächsten Jahren noch stärker steigen
für das BIP-pro-Kopf-Modell. In letzterem beträgt der Arbeits­           wird. Zudem hat die Schweiz in den letzten 20 Jahren leicht hö­
kräftebedarf 2050 zwar 1,215 Mio. Personen und liegt somit tie­          here Wachstumsraten beim BIP und beim BIP pro Kopf erzielt.
fer als jener im BIP-Modell. Gleichwohl entsteht auch hier eine
Differenz von 55 000 Erwerbstätigen. Somit lässt sich aufgrund
der demografischen Entwicklung nicht einmal das wesentlich
tiefere BIP-pro-Kopf-Wachstum der letzten Jahre fortführen.

4      Arbeitskräfteangebot bis 2050 im Kanton Zürich

                                                                                                     1370000
                                                                                                                 Bis 2050 fehlen
                                                                                                               210000 zusätzliche
                                                                                                                  Erwerbstätige
                                              990000
                                           Erwerbstätige                                             1160000

2000         2005           2010    2015    2020       2025       2030       2035          2040   2045     2050
Quellen: BFS, eigene Berechnungen

                                           Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021    13
Spezialthema

 Wirtschaftswachstum: Potenzielles versus erzielbares BIP
 Die bisherige Analyse hat gezeigt, dass sich der Wachstums­                       Verfügung stehen wird und somit auch nicht besteuert werden
 kurs der letzten 20 Jahre aufgrund der demografischen Ent­                        kann.
 wicklung in keinem unserer Szenarien fortführen lässt. Dazu
 müsste entweder das Beschäftigungswachstum oder das Pro­                          Im BIP-pro-Kopf-Modell fällt die BIP-Lücke geringer aus. Im
 duktivitätswachstum erhöht werden. Trifft dieser Fall nicht ein,                  Jahr 2050 entsteht pro Kopf eine Lücke von 4000 CHF. Sum­
 wird sich das Wachstum deutlich abschwächen.                                      miert man die jährlichen Lücken bis 2050, sind es 55 000 CHF,
                                                                                   die jede im Kanton Zürich wohnhafte Person weniger hat, als
 Bis 2050 entsteht eine BIP-Lücke von 400 Mrd. CHF                                 wenn man das bisherige BIP-pro-Kopf-Wachstum aufrechter­
 Mit den vorhandenen 1,16 Mio. Erwerbstätigen lässt sich 2050                      halten könnte. Die geringere BIP-Lücke beim BIP-pro-Kopf-
 nur ein BIP von 182 Mrd. CHF erwirtschaften, wie Abbildung 5                      Modell ist auf das relativ tiefe BIP-pro-Kopf-Wachstum der letz­
 verdeutlicht. Das sind 30 Mrd. CHF weniger als die 213 Mrd. CHF,                  ten Jahre zurückzuführen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wäre
 die bei einer Fortführung des bisherigen Wachstumspfades er­                      es wünschenswert, wenn dieses Wachstum in den nächsten
 zielt werden könnten. Kumuliert man die Differenzbeträge zwi­                     Jahren nicht nur beibehalten, sondern sogar gesteigert werden
 schen den beiden BIP-Linien, summiert sich die BIP-Lücke bis                      könnte. Das würde allerdings bedeuten, dass es bei gleichblei­
 2050 auf 400 Mrd. CHF. Dieser Wert entspricht fast dreimal dem                    bendem Produktivitätswachstum noch mehr zusätzliche Ar­
 heutigen BIP. Dies ist viel Geld, das als Einkommen weniger zur                   beitskräfte bräuchte.

 5     BIP-Lücke bis 2050 im Kanton Zürich

                                                                                                                    1160000
                                                                                                                  Erwerbstätige
                                                    990000 Erwerbstätige

                                                                                                                          182 Mrd. CHF

                                                    137 Mrd. CHF
                                                                                                                    BIP-Lücke:
                                                                                                                  400 Mrd. CHF

2000         2005           2010           2015        2020      2025       2030       2035       2040     2045       2050
 Quellen: BFS, BAK Economics, eigene Berechnungen

                                                      Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021   14
Spezialthema

Wachstumsraten sinken deutlich                                                       Rechts in der Abbildung sind die Wachstumsraten für das BIP-
Abbildung 6 fasst die Ergebnisse der Szenarien-Analyse an­                           pro-Kopf-Modell abgebildet. Pro Kopf wuchs die Zürcher Wirt­
hand der Wachstumsraten zusammen. Links abgebildet ist das                           schaft seit dem Jahr 2000 um durchschnittlich 0,3 % jährlich.
BIP-Modell. Seit dem Jahr 2000 wuchs die Zürcher Wirtschaft                          Durch die demografisch bedingte Abnahme des Beschäfti­
durchschnittlich um 1,5 % pro Jahr. Das Produktivitätswachs­                         gungswachstums wird das BIP-pro-Kopf-Wachstum auf 0,1%
tum betrug in derselben Zeitspanne 0,4 %, das Beschäfti­                             sinken. Bei gleichbleibendem Produktivitätswachstum resul­
gungswachstum 1,6 %. Infolge der demografischen Entwick­                             tiert bis 2050 insgesamt eine BIP-Lücke von 55 000 CHF pro
lung wird das jährliche Beschäftigungswachstum bis 2050 von                          Kopf. In diesem Szenario verliert die Zürcher Bevölkerung aber
1,6 % auf 0,6 % sinken, vorausgesetzt, das Arbeitskräftepoten­                       nicht nur 55 000 CHF gegenüber einem Szenario mit gleichblei­
zial kann gleich gut ausgeschöpft werden wie heute – sowohl                          bendem BIP-pro-Kopf-Wachstum. Mehr noch: Mit einer jährli­
im Kanton selber als auch bei den Pendlern und Zuwanderern.                          chen Wachstumsrate von 0,1 % kann sie ihren Wohlstand kaum
Das hat Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum: Bei                                noch steigern.
gleichbleibendem Produktivitätswachstum sinkt das BIP in den
nächsten Jahren von jährlich 1,5 % auf 1,0 %. Bis 2050 entsteht
dadurch eine BIP-Lücke von insgesamt 400 Mrd. CHF.

6     Wachstumsraten der Szenarien-Analyse im Kanton Zürich

                          Historische                           Zukünftige                                 Historische               Zukünftige
                        Wachstumsraten                        Wachstumsraten                             Wachstumsraten            Wachstumsraten

                            2000–2021                              2022–2050                                 2000–2021                   2022–2050

                                                                                        BIP-pro-Kopf-
 BIP-Wachstum                   1,5 %                                 1,0 %                Wachstum
                                                                                                               0,3 %                       0,1 %

 Produktivitäts-                                                                       Produktivitäts-
     wachstum                   0,4 %                                 0,4 %                wachstum            0,4 %                       0,4 %

                                                   Demografische                                                         Demografische
Beschäftigungs-                                     Entwicklung                       Beschäftigungs-                     Entwicklung
     wachstum                   1,6 %                                 0,6 %                wachstum            1,6 %                       0,6 %

Quellen: BFS, BAK Economics, eigene Berechnungen

                                                        Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021   15
Spezialthema

Schweiz noch stärker betroffen                                                  Dasselbe gilt für das BIP-pro-Kopf-Modell – auch hier sind die
Auch in der Schweiz lässt sich der Wachstumskurs der letzten                    Auswirkungen auf gesamtschweizerischer Ebene gravierender.
20 Jahre aufgrund der demografischen Entwicklung in keinem                      Bis 2050 fehlen gemäss Szenario 680 000 Arbeitskräfte. Kön­
unserer Szenarien fortführen. Die BIP-Lücken fallen sogar ver­                  nen diese nicht mobilisiert werden, entsteht bis 2050 eine Lü­
hältnismässig höher aus als im Kanton Zürich, wenn das Be­                      cke von 144 000 CHF pro Kopf. Dieser Betrag ist etwa 2,5 mal
schäftigungswachstum oder das Produktivitätswachstum nicht                      so gross wie im Kanton Zürich.
zusätzlich gesteigert werden kann.
                                                                                Der Vergleich mit der Schweiz macht deutlich, dass der Kan­
Wie Abbildung 7 zeigt, fehlen der Schweiz bis 2050 im BIP-Mo­                   ton Zürich relativ betrachtet in einer besseren Lage ist als die
dell 1,3 Mio. Arbeitskräfte. Können diese nicht zusätzlich rekru­               meisten umliegenden Kantone. Aufgrund der eher jungen Be­
tiert werden, entsteht bis 2050 eine BIP-Lücke von 2,7 Billionen                völkerung und der hohen Attraktivität für Erwerbstätige fallen
CHF – das entspricht fast viermal dem heutigen BIP. Zum Ver­                    die demografischen Verschiebungen nicht so stark – oder erst
gleich: Die BIP-Lücke im Kanton Zürich von 400 Mrd. CHF ent­                    später – ins Gewicht. Gleichzeitig muss aber auch betont wer­
spricht etwa dreimal dem heutigen BIP. Die Auswirkungen der                     den, dass der Kanton Zürich in den letzten Jahren weniger
Demografie auf das Wirtschaftswachstum sind in der Schweiz                      stark gewachsen ist, insbesondere pro Kopf – auch deshalb ist
folglich stärker spürbar.                                                       die BIP-pro-Kopf-Lücke kleiner als auf gesamtschweizeri­
                                                                                scher Ebene. Anders gesagt: Der Kanton Zürich muss weniger
                                                                                erwirtschaften, wenn er bis 2050 gleich weiterwachsen will wie
                                                                                in den letzten 20 Jahren.

                                                                                                                    Fortsetzung auf Seite 20

7     Ergebnisse für Zürich und die Schweiz

                                                     Arbeitskräftelücke                        BIP-Lücke
                                                            2050                            kumuliert bis 2050

                                  BIP-Modell           210 000 Personen                            400 Mrd. CHF

                   BIP-pro-Kopf-Modell                  55 000 Personen                     55 000 CHF pro Kopf

                                  BIP-Modell          1 300 000 Personen                       2700 Mrd. CHF

                   BIP-pro-Kopf-Modell                 680 000 Personen                    144 000 CHF pro Kopf

Quellen: BFS, BAK Economics, eigene Berechnungen

                                                   Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021    16
Spezialthema

Zusatzanalyse: In welchen Berufen zeichnet sich bereits heute ein Engpass ab?

Die vorherigen Analysen haben gezeigt: Aufgrund der demo­        deln sind, aber einen hohen demografischen Ersatzbedarf auf­
grafischen Entwicklung werden dem Kanton Zürich im Jahr          weisen. Rücken für die altersbedingt ausscheidenden Arbeits­
2050 bis zu 210 000 Arbeitskräfte fehlen. Doch nicht alle Beru­  kräfte nicht genügend jüngere nach, kann dies zu einem
fe sind im selben Ausmass betroffen. In vielen fehlt es bereits  künftigen Fachkräftemangel führen. Der Blick in die Daten
heute am nötigen Fachpersonal. Wie sich die Qualifikations­      zeigt: Bei den Berufen mit einem hohen demografischen Er­
struktur und die Berufslandschaft im Kanton Zürich bis 2050      satzbedarf handelt es sich häufig um Führungskräfte oder Ge­
entwickeln werden, ist kaum abschätzbar. Mithilfe des neuen      schäftsführer aus verschiedenen Branchen und Bereichen. In
Zürcher Fachkräftemangelindikators und des demografischen        diesen Berufen ist der demografische Ersatzbedarf wenig aus­
Ersatzbedarfs lassen sich jedoch erste Hinweise ableiten, in     sagekräftig, da naturgemäss sehr selten Führungspositionen
welchen Berufen sich die Fachkräftesituation künftig beson­      direkt von jungen Berufseinsteigerinnen und -einsteigern be­
ders verschärfen könnte.                                         setzt werden. Auf einen künftigen Mangel könnte jedoch bei­
                                                                 spielsweise der hohe demografische Ersatzbedarf bei den
Fachkräftemangel und demografischer Ersatzbedarf – Bus- und Lastwagenfahrern hindeuten. In Anbetracht der glo­
ein komplexer Zusammenhang                                       balen Lieferkettenkrise scheint eine erhöhte Achtsamkeit in
Um die Fachkräftesituation in den Berufen zu analysieren, hat diesem Bereich angezeigt.
das AWA seinen Indikator zur Beurteilung von Fachkräfteman­
gel aktualisiert. Entstanden ist ein breit gefächertes Indikato­ Demografische Entwicklung als Verstärker
rensystem (siehe Textbox auf S. 19), das neben direkten Indi­ des Fachkräftemangels
katoren zur Abschätzung des Fachkräftebedarfs in den In vielen anderen Berufen deuten die Indikatoren hingegen
Berufen auch Kontextfaktoren – wie die demografische Ent­ schon heute auf einen mehr oder minder starken Fachkräfte­
wicklung – mitberücksichtigt. Mit Blick in die Zukunft scheint mangel hin. Problematisch ist die Situation vor allem bei Beru­
klar: Steigen mehr Erwerbspersonen altersbedingt aus dem fen, die aufgrund ihrer Altersstruktur einen erhöhten demogra­
Arbeitsmarkt aus, als junge Berufseinsteiger nachkommen, fischen Ersatzbedarf aufweisen. Zusätzlich verstärkt wird
kann der künftige Ersatzbedarf möglicherweise nicht gedeckt diese Problematik in Berufen, die infolge des Strukturwandels
werden und bestehende Mängel könnten sich weiter akzentu­ oder des erwarteten Wirtschaftswachstums in den kommen­
ieren – insbesondere wenn die Fachkräftenachfrage in einem den Jahren einen erheblichen zusätzlichen Bedarf aufweisen.
bestimmten Bereich sogar noch zunimmt. Der Zusammen­ Um die zukünftige Lücke zu füllen, müssten mehr junge Be­
hang zwischen Fachkräftemangel und dem demografischen rufsleute in den Beruf einsteigen. Während sich beispielsweise
Ersatzbedarf ist allerdings komplexer, als es scheint. In Abbil­ bei den Ärztinnen und Ärzten ältere und jüngere Erwerbsper­
dung 8 sind die beiden Grössen für verschiedene Berufe auf­ sonen in etwa die Waage halten, zeigt sich insbesondere bei
geschlüsselt.                                                    den akademischen Krankenpflegeberufen ein erhöhter Ersatz­
                                                                 bedarf. Gerade im Gesundheitsbereich dürfte sich die Nach­
Wenig problematisch erscheint die Situation in Berufen, die fragedynamik durch die Corona-Pandemie noch einmal zu­
nur wenige Anzeichen für einen aktuellen Mangel aufweisen sätzlich verstärkt haben.
und die auch aufgrund ihrer Altersstruktur keinen besonders
hohen Ersatzbedarf aufweisen. Im Gegenteil: In Berufen, in In Berufen, in denen schon seit längerer Zeit ein ungedeckter
denen die Indikatoren eher auf einen Überschuss an Arbeits­ Fachkräftebedarf besteht, zielen oft bereits heute politische
kräften hindeuten – z.B. in diversen Hilfsarbeitsberufen – kann Förderprogramme oder Imagekampagnen darauf ab, das be­
ein erhöhter demografischer Ersatzbedarf einen natürlichen stehende Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen, Quer­
Ausgleich zwischen Arbeitskräftenachfrage und -angebot be­ einstiege zu erleichtern oder mehr Ausbildungsplätze für Be­
günstigen. Arbeitskräfte, die altersbedingt aus dem Arbeits­ rufseinsteigende bereitzustellen. Die Pflegeinitiative, über die
markt ausscheiden, müssen schlicht nicht mehr alle ersetzt das Volk am 28. November 2021 abgestimmt hat, ist das
werden. Auch in den Verkaufsberufen oder beim Serviceper­ jüngste Beispiel. Die politischen Anstrengungen können dazu
sonal deuten die Indikatoren sowie die Altersstruktur nicht auf führen, dass besonders junge Personen von Berufen mit guten
einen besonderen Mangel hin. Aktuell vermelden allerdings Zukunftsaussichten stärker angezogen werden. Tatsächlich
viele Gastronomiebetriebe einen erhöhten Fachkräftebedarf, scheinen die politischen Bestrebungen zum Beispiel im Be­
was jedoch vor allem auf temporäre Aufholeffekte zurückge­ reich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Tech­
führt werden dürfte.                                             nik (MINT) erste Früchte zu tragen: So zeigt sich in den Daten
                                                                 zum Kanton Zürich, dass viele Berufe mit Anzeichen für Fach­
Ein besonderes Augenmerk verdienen Berufe, die in Bezug auf kräftemangel, wie Elektroinstallateure und Mechaniker, Ingeni­
den aktuellen Fachkräftemangel eher im Mittelfeld anzusie­ eure und ingenieurstechnische Fachkräfte oder Software­

                                     Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021   17
Spezialthema

entwickler und -analytiker, einen überdurchschnittlich hohen                                                    Eine wichtige Rolle spielt natürlich auch die Entwicklung der
Anteil an jungen Erwerbspersonen aufweisen (vgl. Abbildung                                                      Nachfrage nach Arbeitskräften vonseiten der Unternehmen.
8). Der demografische Ersatzbedarf wird daher zumindest in                                                      So muss etwa eine Abnahme von jüngeren Erwerbstätigen in
diesen Berufen voraussichtlich keine weitere Verschärfung                                                       einem Beruf mit rückläufiger Arbeitskräftenachfrage nicht als
des Mangels bewirken.                                                                                           Anzeichen für einen drohenden Engpass gewertet werden. Auf
                                                                                                                der anderen Seite wird die Nachfrage nach Berufen im ICT-Be­
Insgesamt zeigt die Gegenüberstellung von Fachkräftemangel­                                                     reich infolge der fortschreitenden Digitalisierung wohl auch
indikator und Ersatzbedarf, dass die Folgen des demografi­                                                      künftig weiter ansteigen. Dadurch dürfte sich der Mangel an
schen Wandels in verschiedenen Berufen und Branchen un­                                                         Arbeitskräften trotz vielen jungen Berufsleuten und tiefem Er­
terschiedlich stark spürbar sein werden. Problematisch                                                          satzbedarf weiter verstärken.
erscheint die Situation vor allem in Berufen, die bereits heute
sowohl einen Mangel als auch einen hohen Ersatzbedarf auf­                                                                                                  Dr. Katharina Degen, Leiterin AMOSA
weisen. Dazu gehören vor allem Berufe im Gesundheitswesen.                                                                                       Miriam Hofstetter, Wissenschaftliche Mitarbeiterin

 8     Fachkräftemangel und demografischer Ersatzbedarf

                                                          Hoher demografischer Ersatzbedarf
                                                                                 2,6

                                                                                 2,4

                                                Geschäftsführer u.
                                                       Vorstände                 2,2

                                                                                           Führungskräfte in Warenherstellung, Bau
                                            Bus- u. Lastwagenfahrer               2        u. Logistik

                                                          Führungskräfte         1,8
                                                             spez. DL

                                                                                 1,6
                                     Hilfsarbeiter im
                                                                                                                 Krankenpflege- u.
                                      Bau/Bergbau                                1,4                            Geburtshilfefachkräfte
                                                               Allgemeine
                    Hilfskräfte Nahrungs-                      Bürokräfte
                    mittelzubereitung                                            1,2
                                                                                                                                             Ärzte
Fachkräfte-                                                                       1
                                                                                                                                                         Fachkräfte-
überschuss     –9      –8     –7     –6        –5    –4      –3       –2    –1         0      1      2      3        4       5       6       7       8   mangel
                                                                                 0,8
                       Hilfsarbeiter für                                                                                     Ingenieurtechnische
                       Warenherstellung                                                                                      Fachkräfte
                                                                                 0,6
                                        Verkaufskräfte in                                                                        Elektroinstallateure
                                      Handelsgeschäften                                                                          u. -mechaniker
                                                                                 0,4
                                                                  Kellner u.
                                                                  Barkeeper                                                  Ingenieure
                                                                                                   Softwareentwickler u.
                                                                                 0,2                    -analytiker
                                                                                                                                                                       Anmerkung:
            Kreisgrösse = Beschäftigungsanteil                                    0
                                                                                                                                                                       Der demografische Ersatzbedarf
                                                                                                                                                                       wird gemessen als Verhältnis der
                                                           Tiefer demografischer Ersatzbedarf                                                                          50- bis 59-jährigen zu den 25- bis
                                                                                                                                                                       34-jährigen Erwerbstätigen in
 Quellen: BFS/Strukturerhebung, x28 und SECO/AVAM                                                                                                                      einem Beruf.

                                                             Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021                                  18
Spezialthema

Zürcher Fachkräftemangelindikator

In den letzten Jahren wurden verschiedene Indikatorensysteme             Der Fachkräftemangelindikator ist zudem verknüpfbar mit ver­
zur Messung von Fachkräftemangel entwickelt. 2015 wurde in               schiedenen Kontextinformationen wie beispielsweise der demo­
Zusammenarbeit mit der Arbeitsmarktbeobachtung AMOSA auch                grafischen Entwicklung, der Beschäftigungsdynamik oder auch
im AWA Zürich ein Fachkräftemangelindikator entwickelt. Dieser           dem ausländischen Fachkräfteangebot. Analysen zur beruflichen
wurde nun aktualisiert und optimiert.                                    Mobilität in und aus Mangel- respektive Überschussberufen er­
                                                                         möglichen zudem, zukunftsträchtige Transitionen und Möglich­
Fachkräftemangel ist nicht direkt messbar. Es gibt jedoch ver­           keiten für Quereinstiege zu identifizieren (vgl. Abbildung 9). Diese
schiedene Indikatoren, die auf eine verschärfte Fachkräftesituati­       Informationen helfen, die Ergebnisse aus dem Fachkräftemangel­
on hinweisen können. Dazu gehören das Verhältnis von Stellen­            indikator einzubetten und in einen breiteren Kontext zu setzen.
suchenden zu den offenen Stellen, die Dauer der Stellensuche
sowie die Dauer der Stellenausschreibung. Diese bilden zusam­
men mit den Qualifikationsanforderungen in einem Beruf den
Kern des neuen Zürcher Fachkräftemangelindikators. Über die
Aggregation dieser vier Teilindikatoren zu einem Gesamtindex
kann ein robustes Gesamtbild zur relativen Fachkräftesituation in
einem Beruf gewonnen werden.

9      Aufbau des neuen Zürcher Fachkräftemangelindikators

              Mobilitätsanalysen                              FKM-Index                                   Zusatzindikatoren

                                                Verhältnis: offene Stellen / Stellensuchende
                                                                     +                            Demografischer
                                                                                                                          Zuwanderung
                                                                                                   Ersatzbedarf
                                                         Dauer der Stellensuche
                                                                     +
                                                     Dauer der Stellenausschreibung
                                                                                                  Beschäftigungs-
                                                                     +                                                         ...
                                                                                                    entwicklung
                                                       Qualifikationsanforderungen

Quelle: AMOSA/AWA Zürich, 2021

                                       Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021       19
Spezialthema

Handlungsmöglichkeiten: Fünf Stellschrauben
Die aus unseren Szenarien resultierenden fehlenden Arbeits­        Auch wenn sich das Produktivitätswachstum nicht direkt be­
kräfte und die dadurch drohenden BIP-Lücken sind natürlich         einflussen lässt, kann der Kanton Zürich dieses also mit ge­
nicht in Stein gemeisselt. Die Politik hat verschiedene Möglich­   zielten Massnahmen begünstigen und dadurch die drohende
keiten, darauf zu reagieren. Grundsätzlich gibt es fünf ver­       BIP-Lücke senken. Allerdings wird auch das Produktivitäts­
schiedene Stellschrauben, die die Zahl der benötigten Arbeits­     wachstum selber vom demografischen Wandel beeinflusst,
kräfte und die Wirtschaftsleistung beeinflussen können.            etwa über die Spar- und Investitionsentscheidungen, die Inno­
                                                                   vationsfähigkeit oder Nachfrageverschiebungen. In der Ten­
1. Steigerung der Arbeitsproduktivität                             denz wirken diese Einflüsse durch die alternde Bevölkerung
Erste Stellschraube ist das Wachstum der Arbeitsproduktivi­        eher negativ als positiv, wie eine Untersuchung des SECO
tät. Kann diese gesteigert werden, braucht es automatisch          zeigt. Den drohenden Arbeitskräftemangel alleine durch eine
weniger Arbeitskräfte als in den beiden Szenarien vorgesehen,      Steigerung des Produktivitätswachstums zu kompensieren,
um den bisherigen Wachstumspfad weiterzuführen. Möchte             dürfte folglich schwierig werden.6
man das angestrebte BIP in Höhe von 213 Mrd. CHF bis 2050
mit dem vorhandenen Arbeitskräfteangebot erreichen, müsste 2. Erhöhung der Standortattraktivität
das jährliche Produktivitätswachstum mehr als verdoppelt Zweite Stellschraube ist die Standortattraktivität des Kantons
werden.                                                            Zürich. Wird sie erhöht, kann das zum einen innovative Unter­
                                                                   nehmen anziehen, die das Produktivitätswachstum steigern
Die Steigerung des Produktivitätswachstums ist aber alles an­ (siehe Punkt 1). Zum anderen kann auch die Standortattraktivi­
dere als einfach. In den letzten Jahrzehnten ist in vielen westli­ tät für Arbeitskräfte erhöht werden. Dadurch könnten zusätzli­
chen Ländern eher das Gegenteil zu beobachten: Das Produk­ che Arbeitskräfte mobilisiert werden, die nach Zürich ziehen
tivitätswachstum hat sich verlangsamt. Das gilt insbesondere oder pendeln, was die Zahl der vorhandenen Arbeitskräfte er­
auch für die Schweiz und den Kanton Zürich. Dazu beigetra­ höhen würde. Mögliche Massnahmen zur Verbesserung der
gen haben dürfte die wachsende Bedeutung der binnenorien­ Standortattraktivität für Unternehmen wurden bereits bei der
tierten Branchen, die eine tiefere Produktivität als die export­ ersten Stellschraube andiskutiert. Es gibt jedoch noch andere
orientierten Branchen aufweisen.                                   Massnahmen, die stärker auf natürliche Personen zielen.

Letztlich hängt das Produktivitätswachstum entscheidend            Zum einen spielt die Lebensqualität eine wichtige Rolle, wenn
vom technologischen Fortschritt ab. Die Politik kann diesen        es darum geht, Arbeitskräfte anzuziehen. Sie kann einerseits
zwar nicht direkt beeinflussen, sie kann aber mit guten Rah­       anhand «weicher» oder subjektiver Faktoren gemessen wer­
menbedingungen dafür sorgen, dass sich neue Ideen und              den, wie Gesundheit, Bildung, Qualität der Umwelt, persönlicher
Technologien entfalten können. Gemäss Studie des SECO              Sicherheit, Bürgerbeteiligung, Work-Life-Balance, Infrastruktur
sind vor allem folgende Rahmenbedingungen entscheidend             und Dienstleistungen, Mobilität und Kultur. Andererseits spielen
für das Produktivitätswachstum: die Bildungsqualität, gesun­       auch «harte» oder materielle Faktoren wie Einkommen, Erwerb
de öffentliche Finanzen, ein effizientes Steuersystem, offene      sowie die Wohnsituation einen wichtigen Einfluss. Mehrere Fak­
Märkte sowie eine hohe Wettbewerbsdynamik und tiefe Markt­         toren spielen dabei zusammen, so kann eine gute Aus­bildung
eintrittshürden.4 Insbesondere bei den letzten beiden Punkten      zu höherem Einkommen führen, was wiederum die Wohnsitua­
gäbe es Spielraum für die Schweizer Politik – man denke etwa       tion verbessern kann.7
an die generell zunehmende Regulierungsdichte oder das Ar­
beitsgesetz, das der heutigen Arbeitsrealität nicht mehr Rech­     Zum anderen spielen auch Steuer- und Sozialabgaben eine
nung trägt. Das SECO kommt daher auch zum Schluss, dass            Rolle. Besonders gut ausgebildetes Personal ist oft sehr mobil,
ein Grund für die schwache Produktivitätsentwicklung der           sodass bereits kleine Unterschiede bei den Steuern darüber
letzten Jahre die zunehmende Regulierungsdichte und Kom­           entscheiden können, wo sich die Arbeitskräfte ansiedeln. Dabei
plexität von Regulierungen sein könnte.                            kann es auch zu sogenannten Agglomerationseffekten kom­
                                                                   men: Fachkräfte siedeln sich bevorzugt dort an, wo es bereits
Auch der Kanton Zürich könnte gewisse Rahmenbedingungen            ein Netzwerk anderer Fachkräfte und innovativer Unternehmen
verbessern, um das Produktivitätswachstum zu begünstigen.          gibt. Ein attraktives Steuerumfeld kann die Agglomerationsbil­
Wie der kantonale Wettbewerbsindikator der UBS zeigt, weist        dung fördern. Gleichzeitig können niedrige Einkommenssteu­
Zürich vor allem bei den Staatsfinanzen, der Innovation und        ern die Motivation und Leistung der Arbeitskräfte beeinflussen.
der Steuerbelastung Verbesserungspotenzial auf.5 Positiv auf       So zeigt eine Studie für die USA, dass höhere Einkommens­
das Produktivitätswachstum auswirken dürfte sich jedoch die        steuern einen negativen Einfluss auf die Anzahl von Patent­
stärkere Positionierung des Kantons als Technologie-Hub.           anmeldungen und die Qualität von angemeldeten Patenten
                                                                   haben.8 Auch wenn die Erhöhung der Standortattraktivität Po­

                                      Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2021   20
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