Artemisia absinthium und seine vielfältigen - Anwendungsmöglichkeiten Diplomarbeit - unipub

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Artemisia absinthium und seine vielfältigen - Anwendungsmöglichkeiten Diplomarbeit - unipub
„Wermut ist für alles gut“ –
Artemisia absinthium und seine vielfältigen
        Anwendungsmöglichkeiten

                   Diplomarbeit

         zur Erlangung des akademischen Grades
          einer Magistra der Naturwissenschaften
           an der Karl-Franzens-Universität Graz

                       vorgelegt von
               Sabine Christine Daubner

          am Institut für Pflanzenwissenschaften
     Begutachterin: Ao.Univ-Prof. Dr.phil. Maria Müller

                        Graz, 2021
Artemisia absinthium und seine vielfältigen - Anwendungsmöglichkeiten Diplomarbeit - unipub
Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Personen bedanken, die mich im Laufe meines
Studiums und beim Verfassen dieser Diplomarbeit begleitet haben.

Zuerst will ich mich ganz herzlich bei meiner Betreuerin Ao.Univ.-Prof. Dr.phil. Maria Müller
bedanken, weil Sie mich einerseits mit Ihren fachlichen Ratschlägen und formalen
Hilfestellungen bestmöglich während des Schreibens der Arbeit unterstützt hat und mich
andererseits auch durch Ihre fröhliche Art und zuversichtlichen Worte immer wieder aufs
Neue motiviert hat.

Als nächstes möchte ich meinen Eltern, Karl und Christine, ein großes Dankeschön
aussprechen, vor allem für ihre allumfassende Unterstützung und der Ermöglichung dieses
Studiums. Ein herzliches Dankeschön gebührt meinem Freund Robert, nicht nur für das
Korrekturlesen meiner Arbeit, sondern weil er mir in allen Lebenssituationen zur Seite steht.
Besonders möchte ich ihm für seine humorvolle Art und die vielen aufmunternden Worte
danken, womit er mich während des Studiums und beim Schreiben dieser Arbeit immer
wieder aufbaute und ermutigte. Auch meinem Bruder, Michael, und meinem Neffen, Luis,
sowie meinen Freundinnen und Freunden möchte ich für die gelegentlich bitter nötige
Ablenkung und die vielen schönen gemeinsamen Momente danken.

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Artemisia absinthium und seine vielfältigen - Anwendungsmöglichkeiten Diplomarbeit - unipub
Kurzzusammenfassung

Diese Diplomarbeit handelt von Artemisia absinthium, dem echten Wermut, der als Heil- und
Gewürzpflanze schon seit Jahrtausenden eingesetzt wird. Am Beginn dieser Arbeit wird auf
die Kulturgeschichte der Wermutpflanze eingegangen und ihre Bedeutung in der
Naturheilkunde, Bibel, Mythologie und Tradition, sowie ihre Verwendung als Gewürzzusatz in
alkoholischen Getränken beschrieben. Bezüglich des letzten Punktes wird vor allem die
wechselhafte Geschichte des Absinths betrachtet. Anschließend erfolgt die Darstellung der
systematischen Einteilung, der Synonyme und volkstümlichen Trivialnamen, sowie der
Morphologie von Artemisia absinthium. Daraufhin werden die Wermutinhaltsstoffe und die
wichtigsten vorkommenden Produkte des Sekundärstoffwechsels der Pflanze und ihre
Wirkungen beschrieben.
Der erste Hauptteil der Arbeit widmet sich den vielfältigen Anwendungsbereichen des
Wermuts, diese beinhalten die Verwendung innerhalb der Phytotherapie und die
Beschreibung des pharmakologischen Wirkprofils der Pflanze. Weiters wird die Anwendung in
der Veterinärmedizin, Homöopathie und Kosmetikindustrie dargestellt, sowie der Anbau im
eigenen Garten und der Einsatz als biologisches Pflanzenschutzmittel beschrieben. Im zweiten
Hauptteil liegt das Augenmerk auf der biologischen Aktivität des Wermuts. Hier wird der
aktuelle wissenschaftliche Forschungsstand zu den bioaktiven Eigenschaften von Artemisia
absinthium vorgestellt und im Hinblick auf die traditionelle Verwendung als Heilpflanze und
die beschriebenen Anwendungsgebiete überprüft.

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Artemisia absinthium und seine vielfältigen - Anwendungsmöglichkeiten Diplomarbeit - unipub
Abstract

This thesis is about Artemisia absinthium, the true wormwood, which has been used as a
medicinal and spice plant for thousands of years. At the beginning of this thesis, the cultural
history of wormwood is portrayed and its importance in naturopathy, bible, mythology and
tradition, as well as its use as a spice additive in alcoholic beverages is described. With regard
to the last point, the eventful history of absinthe is pictured. Subsequently, the systematic
classification, synonyms and popular trivial names, as well as the morphology of Artemisia
absinthium are presented. Thereupon the wormwood constituents and the most important,
occurring products of the secondary metabolism of the plant and their effects are described.
The first main part of the thesis is devoted to the various applications of wormwood, including
its use in phytotherapy and the description of the pharmacological profile of the plant.
Furthermore, the application in veterinary medicine, homeopathy and cosmetics industry is
described, as well as the cultivation in the own garden and the use as a biological plant
protection agent. The second main part focuses on the biological activity of wormwood. Here,
the current state of scientific research on the bioactive properties of Artemisia absinthium is
presented and reviewed with regard to its traditional use as a medicinal plant and the areas
of application described.

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Artemisia absinthium und seine vielfältigen - Anwendungsmöglichkeiten Diplomarbeit - unipub
Inhaltsverzeichnis

Einleitung……………………………………………………………………………………….……………. 1

1. Geschichte des Wermuts .............................................................................2
  1.1 Naturheilkunde ................................................................................................................. 2
  1.2 Bibel .................................................................................................................................. 5
  1.3 Mythologie und Tradition ................................................................................................. 5
  1.4 Wermut als Additiv alkoholischer Getränke..................................................................... 7
     1.4.1 Wermutwein .............................................................................................................. 7
     1.4.2 Absinth ....................................................................................................................... 8

2. Artemisia absinthium ................................................................................ 14
  2.1 Systematische Zuordnung .............................................................................................. 14
  2.2 Synonyme ....................................................................................................................... 14
  2.3 Volkstümliche Trivialnamen ........................................................................................... 14
  2.4 Etymologie ...................................................................................................................... 15
  2.5 Herkunft und Vorkommen ............................................................................................. 15
  2.6 Morphologie ................................................................................................................... 16

3 Inhaltsstoffe von Artemisia absinthium ...................................................... 18
  3.1 Phytochemische Charakterisierung ................................................................................ 18
  3.2 Ätherische Öle ................................................................................................................ 20
     3.2.1 Thujon ...................................................................................................................... 21
  3.3 Bitterstoffe...................................................................................................................... 23
     3.3.1 Sesquiterpenlactone ................................................................................................ 24
  3.4 Flavonoide ...................................................................................................................... 25
  3.5 Gerbstoffe ....................................................................................................................... 26

4 Anwendungsgebiete von Artemisia absinthium.......................................... 27
  4.1 Phytotherapie ................................................................................................................. 27
     4.1.1 Erkrankungen des Verdauungstrakts ....................................................................... 28
     4.1.2 Drogenportrait Wermutkraut (Absinthii herba) ...................................................... 31
  4.2 Veterinärmedizin ............................................................................................................ 34
  4.3 Homöopathie .................................................................................................................. 35

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Artemisia absinthium und seine vielfältigen - Anwendungsmöglichkeiten Diplomarbeit - unipub
4.4 Zusatz in Kosmetika ........................................................................................................ 36
  4.5 Verwendung als Gewürz ................................................................................................. 38
  4.6 Wermut im Garten und im biologischen Pflanzenschutz ............................................... 39

5. Biologische Aktivität von Artemisia absinthium......................................... 43
  5.1 Appetitanregende und verdauungsfördernde Wirkung................................................. 44
  5.2 Antioxidative Eigenschaften ........................................................................................... 45
  5.3 Hepatoprotektive und nephroprotektive Eigenschaften ............................................... 46
     5.3.1 Leberschäden ........................................................................................................... 47
     5.3.2 Wirkung bei Diclofenac-induzierter Vergiftung ....................................................... 48
  5.4 Entzündungshemmende Wirkung .................................................................................. 49
     5.4.1 Morbus Chron........................................................................................................... 50
  5.5 Wirkung gegen Geschwüre............................................................................................. 51
  5.6 Neuroprotektive Wirkung............................................................................................... 52
     5.6.1 Schlaganfall .............................................................................................................. 52
     5.6.2 Parkinson.................................................................................................................. 53
  5.7 Diabetes .......................................................................................................................... 55
  5.8 Brustkrebs ....................................................................................................................... 57
  5.9 Wundheilung .................................................................................................................. 59
  5.10 Antibakterielle Wirkung................................................................................................ 60
     5.10.1 Wermut in Kombination mit Nanopartikel ............................................................ 61
     5.10.2 Wirkung gegen biofilmbildende Bakterien ............................................................ 63
  5.11 Antiprotozoale Wirkung ............................................................................................... 64
  5.12 Anthelminthische Aktivität ........................................................................................... 65
     5.12.1 Wirkung gegen Haemonchus contortus ................................................................. 65
  5.13 Insektenabweisende und insektizide Wirkung ............................................................. 68
     5.13.1 Wirkung gegen Chrysomya albiceps ...................................................................... 68
  5.14 Wermut als Biostimulanz.............................................................................................. 70

6. Conclusio ……………………………………………………………………………………………….. 73

Literaturverzeichnis....................................................................................... 75

Darstellungsverzeichnis ................................................................................. 83

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Artemisia absinthium und seine vielfältigen - Anwendungsmöglichkeiten Diplomarbeit - unipub
Einleitung
Seit dem Altertum wird Artemisia absinthium, der echte Wermut, als Heil-, Gewürz- und
Ritualpflanze eingesetzt und gehört nach wie vor zu den bekanntesten und beliebtesten
aromatischen Bitterpflanzen weltweit. Der Wermut wird vor allem wegen seiner appetit- und
verdauungsanregenden Wirkung geschätzt und ist zudem heute noch ein wichtiges
Gewürzadditiv   alkoholischer   Getränke,    beispielsweise   im   Wermutwein    oder   im
Absinthschnaps (Johann 2018: 11,27,40,70).

Am Beginn dieser Diplomarbeit wird auf die Kulturgeschichte der Wermutpflanze eingegangen
und ihre Bedeutung in der Naturheilkunde, Bibel, Mythologie und Tradition, sowie ihre
Verwendung als Gewürzzusatz in alkoholischen Getränken beschrieben. Bezüglich des letzten
Punktes wird vor allem die wechselhafte Geschichte des Absinths betrachtet. Anschließend
erfolgt die Darstellung der systematischen Einteilung, der Synonyme und volkstümlichen
Trivialnamen, sowie der Morphologie von Artemisia absinthium. Daraufhin werden die
Wermutinhaltsstoffe     und     die    wichtigsten     vorkommenden       Produkte      des
Sekundärstoffwechsels der Pflanze und ihre Wirkungen beschrieben.

Der erste Hauptteil der Arbeit widmet sich den vielfältigen Anwendungsbereichen des
Wermuts, diese beinhalten die Verwendung innerhalb der Phytotherapie und die
Beschreibung des pharmakologischen Wirkprofils der Pflanze. Weiters wird die Anwendung in
der Veterinärmedizin, Homöopathie und Kosmetikindustrie dargestellt, sowie der Anbau im
eigenen Garten und der Einsatz als biologisches Pflanzenschutz- und Pflanzenstärkungsmittel
beschrieben.

Im zweiten Hauptteil liegt das Augenmerk auf der biologischen Aktivität des Wermuts. Hier
wird der aktuelle wissenschaftliche Forschungsstand zu den bioaktiven Eigenschaften von
Artemisia absinthium vorgestellt und im Hinblick auf die traditionelle Verwendung als
Heilpflanze und die beschriebenen Anwendungsgebiete überprüft.

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Artemisia absinthium und seine vielfältigen - Anwendungsmöglichkeiten Diplomarbeit - unipub
1. Geschichte des Wermuts
Innerhalb der Pflanzengattung Artemisia, welche insgesamt 300 bis 500 gesicherte Arten
umfasst, gibt es aufgrund ihres breit gefächerten Anwendungsspektrums viele Arten mit
umfassender kulturhistorischer Relevanz. Die Pflanzenart Artemisia absinthium, der Echte
Wermut, zählt weltweit zu den beliebtesten aromatischen Bitterpflanzen. Wegen seiner
Bitterstoffe ist Artemisia absinthium seit jeher eine bedeutende Heilpflanze zur Behandlung
von Appetitlosigkeit und Verdauungsstörungen. Weiters kommt der Wermut in vielen
Rezepten von alkoholischen Heilelixieren vor und ist darüber hinaus ein Hauptbestandteil des
legendären Kultgetränks Absinth. Die thujonhaltige Pflanze wird seit jeher symbolisch mit
Bitterkeit und Traurigkeit assoziiert, wovon sich die Redensart vom sogenannten
„Wermutstropfens“, der in einem schönen Erlebnis oder Erfahrung eine Spur von Bitterkeit
und Traurigkeit hinterlässt, ableitet (Johann 2018: 11, 70ff).

1.1 Naturheilkunde
Bereits im alten Ägypten wurde der Wermut als Heilpflanze eingesetzt und fand auch
Verwendung in religiösen Zeremonien (Deans und Kennedy 2002: 80). Einer der frühesten
Belege für die Verwendung von Artemisia absinthium als Heilpflanze findet sich im Papyrus
Ebers, einem ca. 1600 v. Chr. zu datierendem, altägyptischem Schriftstück über Heilkunde. Die
im Papyrus Ebers enthaltenen medizinischen Rezepte mit Wermut (ägyptisch Saam) dienten
vor allem zur Behandlung von Erkrankungen des Verdauungsapparats. Die Wermutpflanze
wurde dabei häufig neben Honig oder anderen Früchten Bier, Wein oder Milch beigemischt.
Beschriebene Anwendungsmöglichkeiten für die medizinischen Wermutzubereitungen sind
unter anderem als Abführmittel gegen Verstopfungen und als Wurmmittel, vermutlich gegen
parasitische Würmer, wie Spulwürmer (Ascaris lumbricoides) und Bandwürmer (Taenia
mediocanellata). Eingesetzt wurden die medizinischen Zubereitungen auf Wermutbasis auch
um Gliederschmerzen und schmerzhafte Anschwellungen, wahrscheinlich gichtischer Natur,
zu lindern, sowie bei Entzündungen im Analbereich. Darüber hinaus sind beschriebene
Verwendungsmöglichkeiten beispielsweise als Mittel gegen Kopfschmerzen, Pflasterauflagen
zur Unterstützung der Heilung bei Schürfwunden und zur Linderung des Juckreizes, bei
Zahnproblemen, sowie zur generellen Stärkung von Nerven, Muskeln, Adern in jedem
Körperglied (Papyrus Ebers).

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Artemisia absinthium und seine vielfältigen - Anwendungsmöglichkeiten Diplomarbeit - unipub
Plinius Secundus Gaius (23-79 n. Chr.) nennt in seinen Schriften „Naturalis historiae“ bereits
verschiedene Arten von Wermut. Dabei unterscheidet er nach Herkunftsorten den
santonischen (benannt nach einer Völkerschaft in Gallien), den pontischen (benannt nach der
Pontus Region) und den italischen Wermut. Die Wermutpflanze erlangte bei feierlichen
Anlässen des römischen Volkes Bekanntheit, etwa im Rahmen des „Latinerfests“. Der Sieger
des Wettrennens mit Viergespannen erhielt einen Wermuttrank, da es als Ehre galt,
Gesundheit als Belohnung zu schenken. Es handelte sich dabei wahrscheinlich um einen
Wermutwein, den Plinius als „absinthítes“ bezeichnete. Die Römer wussten um die stärkende
Wirkung für den Magen, weshalb auch sie schon Wein mit Wermutsaft aromatisierten oder
Wermutaufgüsse und -abkochungen in Wasser herstellten. Plinius beschreibt den
abgekochten und eingedickten Saft des Wermuts als äußerst heilsam: „Denn er zieht den
Magen zusammen und führt die Galle ab, wirkt harntreibend, erweicht den Leib und heilt ihn
in seinem Schmerz, entfernt die Eingeweidewürmer und vertreibt Appetitlosigkeit und
Blähungen mit Sesel und gallischer Narde, unter Zusatz von etwas Essig.“ Außerdem fand der
Wermutsaft auch Anwendung zur Behandlung von Gelbsucht, Augenkatarrhen, Angina oder
frischen Wunden. Mit Essig vermischt soll er gegen giftige Pilze wirksam sein, mit Wein sogar
gegen den Schierling. Weiters soll er getrunken vor der Seekrankheit bewahren und unters
Kopfkissen gelegt vermag der Geruch des Wermuts den erholsamen Schlaf zu fördern.
Darüber hinaus wird ihm auch eine menstruationsfördernde Wirkung nachgesagt. Eingesetzt
wurde der Wermut auch zur Abwehr von Kleidermotten und verbrannt soll der aromatische
Rauch auch Schnaken vertreiben (Plinius Secundus Gaius).

Auch Dioskurides (54-68 n. Chr.) beschreibt die Wirkungen und Anwendungsmöglichkeiten
des Wermuts sehr ausführlich, meisten in Übereinstimmung mit Plinius. In seinem Werk „De
materia   medica“    beschreibt   Dioskurides    die   wärmenden,     adstringierenden    und
verdauungsfördernden Effekte des Wermuts. Ein Aufguss auf Wermutbasis diente zur
Linderung von Blähungen, Bauch- und Magenschmerzen, sowie als Heilmittel gegen
Appetitlosigkeit und Gelbsucht, wenn drei Becher täglich davon getrunken werden. Der
Wermutaufguss soll getrunken die Menstruation fördern, mit Essig vermischt soll er ein gutes
Mittel gegen die Wirkung von giftigen Pilzen sein und mit Honig und Natron vermischt ergibt
er die beste Salbe gegen Schlundmuskelentzündungen. Die Wermutabkochung hilft ihm
zufolge bei Ohren- und Zahnschmerzen, gemischt mit Wein und als Umschlag angebracht,
dient er zur Linderung von Augen-, Unterleibs-, Leber- oder Magenschmerzen. Bei den zuvor
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genannten Symptomen wurde in Propontis und Thrakien auch der sog. „Wermuthwein“ bei
Fieberfreiheit eingesetzt. Dort galt der „Wermuthwein“, vor den Mahlzeiten eingenommen,
als gesundheitsförderndes Mittel. Der Wermut mit Öl vermischt wurde als Salbe eingesetzt,
um Mücken fernzuhalten und in den Schränken aufgehängt, um die Kleider vor Mottenfraß zu
schützen. Wird der Schreibtinte ein Wermutaufguss zugesetzt, so sollen die Schriftstücke vor
Mäusefraß geschützt werden (Dioskurides Pedanios).

In den Schriften „Physica“ der Äbtissin Hildegard von Bingen (12. Jahrhundert) finden sich
vielseitige, medizinische Anwendungsmöglichkeiten des Wermuts. Hildegard von Bingen sieht
den Wermut als ein wichtiges Mittel, um Erschöpfungszustände zu meistern. Das Auftragen
von warmem Wermutwein auf Kopf und Nacken soll Kopfschmerzen lindern. Wermutsaft
gemischt mit Olivenöl und auf die Brust aufgetragen hilft gegen Husten, darüber hinaus auch
bei Flankenschmerzen. Eine Salbe, bestehend aus Wermutsaft vermischt mit Hirschtalg und -
mark, soll gegen Gicht helfen. Gegen Nierenleiden und für eine gute Verdauung wird die
Einnahme von frisch gepresstem Saft der Wermutpflanze, versetzt mit Honigwein, täglich für
den Zeitraum von Mai bis Oktober empfohlen. Dieses Getränk, alle drei Tage eingenommen,
wird auch zur Verbesserung der körperlichen Gesamtkonstitution angeraten. Ausführlich
beschrieben wird, wie mittels eines Kräutersuds auf Wermutbasis ins Ohr eingedrungene
Würmer vertrieben werden können. Der aufsteigende Dampf wird dabei mithilfe eines
Schilfrohres ins Ohr geleitet. Ein mit Wermut und Eisenkraut gekochter Wein soll getrunken
gegen Zahnschmerzen helfen, zusätzlich wird empfohlen, die noch heißen Kräuter in ein Tuch
zu gegeben und auf den Kiefer aufzulegen, um die Schmerzen auch von außen zu lindern.
Wichtig festzuhalten wäre hier noch, dass manche Erkrankungen nicht deckungsgleich mit
modernen Diagnosen sind. Hildegard von Bingen versteht beispielsweise unter der Gicht ein
multidimensionales Leiden, dass mit heftigen Schmerzen in Gelenken und Weichteilen
einhergeht, aber auch teilweise mit Lähmungen oder Bewusstseinsveränderungen verbunden
sein kann. Mit Fieber ist bei ihr nicht eine erhöhte Körpertemperatur gemeint, sondern „dass
der Mensch teilnahmslos ist und nach Luft ringt und langsam ist und Ekel vor Essen hat!“
(Hildegard von Bingen).

In der europäischen Volksmedizin wurde Wermut als ein wichtiges gynäkologisches Mittel
eingesetzt. Wermuttee galt als hilfreiches Mittel, um Menstruationsbeschwerden zu lindern
und wurde darüber hinaus Müttern zum Abstillen empfohlen, weil die Muttermilch dadurch

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bitter werden sollte. Ebenfalls wurde ein sehr starker Wermuttee als Abtreibungsmittel
eingesetzt. Wermuttee diente aber auch zur Stärkung des Magens und der Verdauung, sowie
zur Blutreinigung. In der Volksmedizin wurde er auch verabreicht bei Appetitlosigkeit,
Ödemen, Gelbsucht, Leberleiden, Durchfall, Spulwürmern und gegen Depressionen. Äußerlich
aufgetragen soll Wermutöl bei Husten und Bronchitis helfen und eine Einreibung mit
Wermuttee oder -saft soll bei Milbenbissen, Insektenstichen, sowie bei Ohrensausen und
Augenentzündungen wirksam sein. Wermutwein wird bei Appetitlosigkeit eingesetzt und vor
allem zur Stärkung älterer Personen empfohlen (Achmüller 2012: 66).

1.2 Bibel
Der Wermut findet in der Bibel mehrmalige Erwähnung und wird dort wegen seines bitteren
Geschmacks sinnbildlich für Leid und Unrecht verwendet (Kogler 2008: 589). Im Alten
Testament schreibt der Prophet Amos: „Weh denen, die das Recht in bitteren Wermut
verwandeln / und die Gerechtigkeit zu Boden schlagen!“ (Am 5, 7) und „Rennen denn Pferde
über die Felsen / oder pflügt man mit Ochsen das Meer? Ihr aber habt das Recht in Gift
verwandelt / und die Frucht der Gerechtigkeit in bitteren Wermut.“ (Am 7, 12).
Ein weiteres Beispiel befindet sich im neuen Testament in der „Offenbarung des Johannes“.
Bei der Beschreibung der Apokalypse verwendet Johannes den Wermut als Metapher für
Zerstörung und Bitterkeit. Nachdem der dritte Engel die Posaune bläst, fällt ein Stern vom
Himmel und es steht geschrieben: „Der Name des Sterns ist Absinth – Wermut –. Ein Drittel
des Wassers wurde Absinth und viele Menschen starben durch das Wasser, weil es bitter
geworden war.“ (Off 8, 11) (Bibel 2017).

1.3 Mythologie und Tradition
Im Altertum waren unter dem Namen Artemisia, der sich von der Göttin Artemis ableitet, vor
allem der Wermut, der Beifuß und andere verwandte Arten bekannt. Das griechische Wort
artemisia, bedeutet übersetzt „Unversehrtheit“ und verweist auf die Keuschheit der Göttin.
Im alten Griechenland wurde die Artemis als Schutzgöttin der Jungfrauen verehrt. Im Frühjahr
zur Zeit des Vollmondes wurden in Lakonien ekstatische Artemisfeste zu ihren Ehren
abgehalten. Dabei wurden Wermut und Beifuß verspeist, welche symbolisch für die Gottheit
standen (Rätsch 2018: 71).

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Die Gottheit Artemis hat jedoch viele Attribute und wurde auch als Göttin der Fruchtbarkeit,
der Geburt, der Frauen, der Jagd und des Mondes verehrt. Zu den bekanntesten
Gleichsetzungen der Göttin gehören die römische Diana und die altägyptische Isis. Neben dem
Echten Wermut (Artemisia absinthium) gehörte auch Weißer Wermut (Artemisia herba-alba)
und Estragon (Artemisia dracunculus) zu den heiligen Pflanzen der Isis (Johann 2018: 24-27).
Bei religiösen Feierlichkeiten trugen die Priester der Isis einen Wermutzweig vor sich her
(Plinius Secundus Gaius).

Als Räucherpflanze ist der Wermut vor allem als Zutat von                     apotropäischen
Schutzräucherungen bekannt geworden. Die Pflanze wurde eingesetzt, um vor Dämonen,
Krankheitsgeistern und unheilbringenden Phänomenen zu schützen. Außerdem wurden
Wermuträucherungen für spirituelle Praktiken verwendet, beispielsweise im Rahmen von
Mediationen oder heidnischen Raunachtsritualen, um Ahnen- und Geisterkontakt
herzustellen. Darüber hinaus wurde Wermut auch als Kraft- und Trostspender bei seelischen
Leiden geräuchert. Das Wirkprofil soll dabei erhellende, euphorisierende, reinigende und
schützende Facetten umfassen. Der Rauch selbst duftet würzig und aromatisch (Johann 2018:
76).

Der Trivialname Wiegenkraut von Artemisia absinthium bezieht sich auf eine alte Tradition.
Man legte Wermutkraut in die Betten von kleinen Kindern. Dem Volksglauben nach begünstigt
diese Praxis einerseits einen gesunden und erholsamen Schlaf und andererseits soll die Pflanze
das Kind vor Geistern, Schadzaubern, Alpträumen oder Wesen die Neugeborene vertauschen
schützen. Eine weitere volkstümliche Anwendung des Wermuts ist das Tragen einer
sogenannten „Kräutermütze“. Zur Behandlung von Kopfschmerzen wurde der Wermut mit
weiteren aromatischen Kräutern, beispielsweise Lavendel, in ein Säckchen gegeben und über
Nacht unter einer Mütze getragen (Johann 2018: 76).

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1.4 Wermut als Additiv alkoholischer Getränke
Wie bereits erwähnt, wurde der Wermut schon nachweislich bei den alten Ägyptern, Römern
und Griechen, sowie im frühmittelalterlichen Europa als ein aromatischer und
verdauungsanregender Zusatz von Wein und Bier verwendet (Johann 2018: 40). Auch im alten
China wurden alkoholische Gebräue aus Reis, Honig, oder Weintrauben hergestellt und mit
Zusätzen von diversen Pflanzen versehen. Diese Kräuterweine hatten im alten China soziale,
religiöse und medizinische Relevanz. In Gräbern der Elite der Shang und der westlichen Zhou-
Dynastien wurden verschlossene Bronzegefäßen entdeckt, die noch flüssige Rückstände von
fermentierten Getreide- und Obstweinen enthielten. Analysen ergaben, dass die
fermentierten Gebräue mit diversen, aromatischen Kräutern vermengt wurden, darunter
auch Pflanzen der Gattung Artemisia (Artemisia annua und Artemisia argyi) (McGovern et al.
2004).

1.4.1 Wermutwein

Per gesetzlicher Definition ist der Wermutwein ein „aromatisierter Wein“ mit einem
Alkoholgehalt zwischen 14,5 Vol.-%. und 22,0 Vol.-%. Alkohol. Die Bezeichnung
„aromatisierter Wein“ wird meistens durch die Begriffe „Kräuterwein“, „Wein-Aperitif“,
„Wermutwein“ oder „Wermut“ ersetzt. Offensichtlicher Namensgeber für den Wermutwein
ist der Wermut (Artemisia absinthium), der aufgrund seiner aromatischen Bitterstoffe für den
charakteristischen Geschmack des Kräuterweins prägend ist. Ein weiterer entscheidender
Aspekt für die Aromatik des Wermutweins ist der dafür verwendete Grundwein, dessen Anteil
mindestens 75 % beträgt. Üblich ist auch der Zusatz von Alkohol (z.B. reines Ethanol) und
Zucker (z.B. Sacharose, Traubensaftkonzentrat) in unterschiedlichen Mengen. Weiters dürfen
nur natürliche Aromastoffe und -extrakte zugesetzt werden. Im Gegensatz zu industriell
hergestelltem Wermutwein werden bei handwerklich gefertigten Produkten üblicherweise
Kräuterextrakte verwendet, welche als Hauptkomponenten verschiedene Artemisa-Arten
beinhalten. Um dem Wermutwein die gewünschte Aromatik und Bitternote zu verleihen,
werden oft alkoholische Auszüge aus den Kräutermischungen mittels Mazeration
(Kaltauszug), Digeration (Heißauszug) oder Perkolation (langsames Durchsickern des
Lösungsmittels) gewonnen und dem Wein zugesetzt (Gölles und Gölles 2018: 59f, 108f).

                                                                                          7
1.4.2 Absinth

                 „After the first glass, you see things as you wish they were.
                       After the second, you see things as they are not.
   Finally, you see things as they really are, which is the most horrible thing in the world.“
                                          Oscar Wilde

Absinth ist eine meist grüngefärbte Spirituose mit einem relativ hohen Alkoholgehalt, der
üblicherweise zwischen 45 Vol.-% und 80 Vol.-% liegt, vereinzelt kommen auch Werte von bis
zu 90 Vol.-% vor. Auch hier ist der Wermut (Artemisia absinthium) namensgebend, sowie die
unerlässliche und elementare Komponente, die der Spirituose nicht nur sein Wesen, sondern
auch seine charakteristische, herbe Bitterkeit verleiht (Johann 2018: 41f; Gölles und Gölles
2018: 111).

1.4.2.1 Geschichte des Absinths

Die Erfindung des Absinths wird auf die Zeit um 1750 datiert und geht möglicherweise auf den
französischen Arzt Pierre Ordinaire zurück, der das „elixir d'absinthe“ für Heilzwecke kreiert
haben soll. Diese Theorie ist wissenschaftlich jedoch nicht erwiesen (Johann 2018: 40).
Gesichert ist, dass 1769 die Schwestern Henriod in der französischen Schweiz (Neuchatel)
mittels einer Zeitungsannonce für „Bon Extrait d'Absinthe“ warben (Hein et al. 2001). Im Jahre
1797 erwarb der Geschäftsmann Daniel-Henri Dubied die zugehörige Rezeptur von den
Schwestern und eröffnete noch im selben Jahr in der Schweiz die erste Absinthdestillerie. Mit
seinem Schwiegersohn Henri-Louis Pernod errichtete er eine Spirituosenfabrik im
französischen Pontarlier, die im Jahre 1805 ihre Produktion aufnahm und damit die
industrielle Erzeugung von größeren Absinthmengen ermöglichte. Aufgrund der ständig
steigenden Nachfrage im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden weitere Destillerien in Frankreich
und der Schweiz errichtet, wodurch sich der Wermutanbau zu einer der wichtigsten
Einnahmequellen im Val-de-Traver entwickelte (Johann 2018: 40).

Der kommerzielle Durchbruch des Absinths kam mit dem französischen Algerienfeldzug (Hein
et al. 2001). Wermuthaltige alkoholische Getränke wurden im Algerienkrieg (1844 - 1847) an
die Soldaten zur Prophylaxe von diversen Krankheiten, wie Malaria und Wurmbefall, sowie
zur Steigerung der Kampfmoral ausgeschenkt. Die Bitterspirituose Absinth gewann durch die
heimkehrenden Soldaten zunehmend an Popularität (Lachenmeier et al. 2004). Infolge dessen
                                                                                                 8
fand der Absinth eine weite Verbreitung vor allem in den aufblühenden Großstädten, sowie
in den französischen Kolonien (z.B. Indochina, Tahiti) oder in frankophilen Städten (z.B. Prag,
New Orleans) (Hein et al. 2001).

Während der Jahrhundertwende kam es nochmals zum verstärkten Anstieg der
Absinthproduktion. Statt Branntwein verwendeten die Destillerien vermehrt billigen
Industriealkohol, was die Bitterspirituose für alle Bevölkerungsschichten erschwinglich
machte, während zur gleichen Zeit die Weinpreise, aufgrund von wiederholten Ernteausfällen,
stiegen (Hein et al. 2001). 1905 existierten in Pontarlier bereits 25 Destillerien mit einer
Jahresproduktion von 10 Millionen Litern Absinth (Lachenmeier et al. 2004).

Der mittlerweile auch als grüne Fee („Fée verte“) bezeichnete Absinth zählte in Europa zu den
populärsten Spirituosen, wobei sich der Schwerpunkt des Absinthkonsums eindeutig auf
Frankreich konzentrierte (Lachenmeier et al. 2004). Dort wurde der späte Nachmittag auch
inoffiziell als „die grüne Stunde“ („l'heure Verte“) bezeichnet. Angestellte und Arbeiter
strömten zu Beginn ihres Feierabends, zwischen 17 und 19 Uhr, in die zahllosen Cafés und
Bars in Paris und konsumieren dort das grüne Getränk (Johann 2018: 41; Kupfer 1996: 248).
Eine genaue Begründung für die Namensbezeichnung „grüne Fee“ ist nicht überliefert.
Vermutlich könnte die Bezeichnung einerseits auf die grüne Farbe des Absinths
zurückzuführen sein oder andererseits sich auf die psychedelische Rauchwirkung beziehen,
die man als Verzauberung durch eine Fee beschreiben könnte (Rätsch 2018: 69). Der Grund
dafür soll im thujonhaltigen Wermut liegen. Wegen des stark psychoaktiven Thujons wirkte
der Absinth viel stärker und andersartiger als sonstige Schnapssorten (Rätsch 2002: 151).

Relativ rasch avancierte der Absinth über seine ursprüngliche Nutzung als Heilmittel hinaus zu
einem beliebten euphorisierenden Genuss- und Rauschmittel. Insbesondere in Künstler und
Intellektuellenkreisen erfreute sich der Absinth großer Beliebtheit. Absinthtrinker werden
ferner als „Absintheure“ bezeichnet. Zu berühmten Absintheuren zählen beispielsweise Henri
de Toulouse-Lautrec, Paul Gauguin, Vincent van Gogh, Oscar Wilde, Ernest Hemingway, Edgar
Allan Poe und Charles Baudelaire (Johann 2018: 41). Die Künstler konsumierten ihn nicht nur
und nutzen ihn als Zuträger von Inspiration, sondern machten den Absinth selbst zum
Gegenstand ihrer Darstellungen, da er als typisches Kennzeichen des Bohème-Milieus
angesehen wurde. Zu den berühmtesten Absinthbildern gehört unter anderem L´Absinthe
(1876) von Edgar Degas, dass in Darstellung 1 abgebildet ist. Auf dem Gemälde sind zwei

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beklagenswerte Personen abgebildet, die durch den übermäßigen Alkoholkonsum gezeichnet
sind und apathisch bei einem Glas Absinth an einem Wirtshaustisch sitzen. Zum einen
thematisiert diese Darstellung nicht nur das ungeschönte Trinkerelend in diesem
Gesellschaftsmilieu, sondern verkörpert zudem die zur damaligen Zeit vorherrschenden
sozialen Ungerechtigkeiten mit denen viele Künstler zu kämpfen hatten (Kupfer 1996: 249).

              Darstellung 1: Edgar Degas, L´Absinthe (1876) (Hirdt 1998: 165)

Auch der Maler Vincent van Gogh (1853 – 1890) setzte sich mit dem Absinth in seinen Werken
auseinander und soll selbst regelrecht „absinthsüchtig“ gewesen sein. Die Gemälde von
Vincent van Gogh in denen leuchtende Gelbtöne, das berühmte „Van-Gogh-Gelb“,
überwiegen, vermitteln gut den Eindruck der Wahrnehmungsveränderung durch Absinth
(Rätsch 2018: 69). In Briefen schreibt van Gogh häufig über seine Alkohol- und
Absinthproblematik. Die Biographie des Malers wird oft als gut dokumentiertes

                                                                                        10
Musterbeispiel für die Wirkungen des regelmäßigen Absinthkonsums herangezogen.
Symptome des Malers waren unter anderem psychopathologischer Natur, wie
Halluzinationen, Stimmungsschwankungen und Bewusstseinsstörungen (Hein et al. 2001).

Bereits ab Mitte des 19. Jahrhunderts kam der Absinth in die Kritik, als infolge des
massenhaften Konsums die damit verbundenen gesundheitlichen Probleme in das Blickfeld
gerieten. Als Absinthismus wurde das Syndrom des chronischen Absinthmissbrauchs
bezeichnet, das in Abgrenzung zum Alkoholismus beschrieben wurde. Symptome und Folgen
waren gastrointestinale Probleme, visuelle und auditorische Halluzinationen, schwere
Störungen des zentralen Nervensystems mit epileptischen Krampfanfällen, erhebliche
Hirnschäden und ein erhöhtes Risiko für psychiatrische Krankheiten, bis hin zu Suizid. In
Frankreich wurde jedoch nicht zwischen den Wirkungen des Ethanols und den spezifischen
Effekten des Absinths differenziert (Hein et al. 2001; Lachenmeier et al. 2004; Kupfer 1996:
248). Die Ursache des Absinthismus wurde später Großteiles auf die Wirkung des im Wermut
enthaltenen Terpens Thujon zurückgeführt. Nach heutigem Wissenstand war der
Absinthismus jedoch nichts anderes als eine Form der Alkoholabhängigkeit und das Thujon
spielt dabei keine oder nur eine untergeordnete Rolle (Lachenmeier 2007). Darüber hinaus ist
unklar, ob die Symptome des Absinthismus nicht anderen Ingredienzien (z.B. Schwermetallen)
zuzuschreiben sind (Rätsch 2018: 69). Denn bereits im 19. Jahrhundert waren minderwertige
und verfälschte Produkte bekannt. Beispielsweise wurde dem Absinth Kupfersulfat oder
Kupferacetat zugesetzt, um die grüne Farbe des Chlorophylls zu verstärken. Antimonchlorid
wurde hinzugefügt, um die für den Absinth typische Trübung bei Verdünnung mit Wasser zu
erzeugen (Lachenmeier et al. 2004).

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden in fast ganz Europa generelle Absinthverbote
verabschiedet, beispielsweise 1905 in Belgien, 1908 in der Schweiz, 1912 in den USA, 1913 in
Italien und 1923 in Deutschland. In Frankreich erfolgte ein Verbot 1915 während des ersten
Weltkriegs, aufgrund des Absinthmissbrauchs im französischen Militär. Daraufhin
entwickelten die französischen Absinthhersteller Ersatzprodukte, die ohne Wermut
auskommen, wie Pernod, Ricard oder Pastis. In einigen Ländern, beispielsweise in England,
Portugal, Spanien und Tschechien wurden keine speziellen Gesetze verabschiedet, hier konnte
wegen der unklaren Rechtslage der Absinth weiter produziert werden. 1988 wurde im Zuge
der Europäischen Union ein Gesetz verabschiedet, sodass für alle Mitgliedsstaaten der Zusatz

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von thujonhaltigen Pflanzen und Pflanzenteilen in alkoholischen Getränken wieder gestattet
wurde. Entscheidend sind die Grenzwerte für Thujon in der fertigen Spirituose, für
Bitterspirituosen wie Absinth gilt dabei ein Grenzwert von 35 mg/kg. Mittlerweile entwickelt
sich Absinth wieder zum Modegetränk, das hauptsächlich über das Internet oder in den Bars
der Großstädte erhältlich ist (Hein et al. 2001; Lachenmeier et al. 2004).

1.4.2.2 Absinthtrinkrituale
Die damaligen Absintheure waren nicht nur von der Erscheinung, dem Geschmack und der
Rauschwirkung des Absinths fasziniert, sondern auch von der Prozedur der Versüßung und
Verdünnung der Bitterspirituose (Kupfer 1996: 248). Der Genuss von Absinth wird auch heute
noch in Form von speziellen Trinkritualen zelebriert. Besonders üblich ist das klassische Ritual,
wie es zur Zeit der Belle Époque in Frankreich durchgeführt wurde. Dazu werden
Absinthgläser, ein Absinthlöffel (perforierter Löffel), Zuckerwürfel und eine Karaffe oder eine
spezielle Absinthfontäne mit kaltem Wasser benötigt. Der mit Zucker bestückte Absinthlöffel
wird über ein Glas mit Absinth gehalten und langsam bzw. tropfenweise mit Wasser
übergossen, damit sich der Zucker vollständig auflösen kann. Das Mischungsverhältnis von
Wasser und Absinth liegt dabei meist zwischen 3:1 und 5:1, ist jedoch auch von der
verwendeten Sorte und der persönlichen Präferenz abhängig. Wenn Wasser zum Absinth
gegeben wird, führt dies in der Regel zu einer milchfarbigen Trübung des Getränks
(Opalisierung). Das Phänomen der Opalisierung einer klaren Flüssigkeit wird auch als Louche-
Effekt bezeichnet (Johann 2018: 75). Der Grund für die Eintrübung liegt in der schlechten
Wasserlöslichkeit der sehr lipophilen ätherischen Öle im Absinth, durch die Erhöhung des
Wasseranteils kommt es zum Entmischen der Lösung (Lachenmeier et al. 2004). Darstellung 2
veranschaulicht den Louche-Effekt durch zwei Aufnahmen. Darüber hinaus ist auch eine
zuckerfreie Variante des französischen Trinkrituals geläufig. Dafür eignen sich vor allem jene
Absinthsorten, die über eine feine grundsüße und milde bittere Note verfügen. Beim
sogenannten „Böhmischen Absinthritual“ handelt es sich nicht um die traditionelle Variante,
sondern um eine moderne Erfindung der Prager Barkultur. Nach der tschechischen Tradition
wird der Zuckerwürfel zuerst in Absinth getaucht und anschließend angezündet. Sobald der
Würfelzucker zu tropfen beginnt wird er mit Eiswasser übergossen. Allerdings verbrennen bei
dieser Methode neben dem Alkohol auch teilweise die ätherischen Öle, was sich nachteilig auf
den Geschmack auswirkt (Johann 2018: 75).

                                                                                              12
Darstellung 2: Louche-Effekt beim Absinthtrinkritual (Arnold 1989)

1.4.2.3 Absinthherstellung und Zusammensetzung
Bei der traditionellen Herstellung von Absinth werden Wermut und andere getrocknete
Kräuter, wie Anis oder Fenchel, über einen bestimmten Zeitraum in Alkohol eingelegt
(mazeriert). Bei der anschließenden Destillation des Mazerats werden die Bitterstoffe, die
nicht in das Destillat übertreten, abgetrennt. Als Ergebnis erhält man ein klares Destillat,
welches nochmals mit Wermut und anderen Kräutern versetzt wird. Dadurch wird aus den
Kräutern Chlorophyll für die typische grüne Färbung herausgelöst, sowie weitere Aromastoffe
extrahiert und ein milder Bittergeschmack erzeugt. Die nach traditionellen Rezepturen
hergestellten Absinthe weisen meist nur eine schwach grüne Farbe auf, weil es durch Licht-
und Wärmeeinwirkung zu einer leichten Denaturierung des Chlorophylls kommt. Abgesehen
vom Wermut variierte die Kräuterzusammenstellung, die zur geschmacklichen Abrundung
und Farbgebung verwendet wurden, sehr stark. (Lachenmeier et al. 2004). Beispiele für die in
den traditionellen Rezepturen verarbeiteten Pflanzen sind unter anderem Anis (Pimpinella
anisum), Sternanis (Illicium verum), Fenchel (Foeniculum vulgare), Engelwurz (Angelica
archangelica), Ysop (Hyssopus officinalis) und Zimt (Cinnamomum verum) (Johann 2018: 42).

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2. Artemisia absinthium

2.1 Systematische Zuordnung
Der Wermut (Artemisia absinthium) ist eine Pflanzenart innerhalb der Pflanzengattung
Artemisia und wird in die Familie der Korbblütler eingeordnet. Die systematische Zuordnung
sieht folgendermaßen aus:

Ordnung:         Asterales (Asternartige)

Familie:         Asteraceae (Korbblütler)

Unterfamilie:    Asteroideae

Tribus:          Anthemideae

Gattung:         Artemisia

Art:            Artemisia absinthium L.
(Johann 2018: 19, 70)

2.2 Synonyme
Die Pflanzenart Artemisia absinthium L. besitzt eine Vielzahl von synonymen lateinischen
Namen. Die gebräuchlicheren sind beispielweise Absinthium bipedale GILIB., Absinthium
majus GARSAULT, Absinthium officinale BROT., Absinthium vulgare (LINNÉ) LAM. und
Artemisia absinthia ST.-LAG. (Johann 2018: 70).

2.3 Volkstümliche Trivialnamen
Neben Wermut bestehen viele synonyme volkstümliche Namen. In der deutschen Sprache
findet sich beispielweise: Echter Wermut, Wermutpflanze, bitterer Beifuß, Absinth,
Absinthkraut, Heilbitter, Magenkraut, Mottenstock, Wiegenkraut, Wurmkraut oder Wurmtod.
In Englisch ist der gebräuchlichste Name wormwood, aber auch hier gibt es einige weitere
Trivialnamen, wie vermouth, green ginger, green muse oder absinth wormwood. Beispiele für
Trivialnamen in anderen Sprachen sind: Absinthe, Armoise absinthe, Herbe Sainte
(französisch), Assenzio maggiore, Assenzio romana, Assenzio vero (italienisch), Absintio,
Gengibre verde (grüner Ingwer), Hierba santa (heiliges Kraut) (spanisch), Absint-alsem
(holländisch), Ambrosia (altgriechisch), Wamuddo (japanisch) und Saam, Somi (ägyptisch)
(Johann 2018: 70; Rätsch 2018: 69).

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2.4 Etymologie
Der Gattungsname Artemisia leitet sich von der Gottheit Artemis, der griechischen
Fruchtbarkeits- und Geburtsgöttin, ab. Der Artname absinthium leitet sich entweder vom
griechischen apinthion, das übersetzt so viel bedeutet wie „untrinkbar“ oder von absinthos,
übersetzt „unerfreulich“, ab und bezieht sich auf die in der Pflanze enthaltenen Bitterstoffe.
Der deutsche Name Wermut verweist möglicherweise auf die antiparasitären Effekte der
Pflanze, denn das altdeutsche Wort „Werm“ bedeutet übersetzt „Wurm“. Auch das englische
Wort wormwood, ins Deutsche übersetzt „Wurmholz“, impliziert die volksmedizinische
Verwendung der Pflanze als Wurmmittel (Deans und Kennedy 2002: 79; Johann 2018: 70;
Szopa et al. 2020). Auch die Trivialnamen Wurmtod und Wurmkraut weisen auf den Einsatz
als Anthelminthika hin. Der Ausdruck Magenkraut bezieht sich auf die volksmedizinische
Verwendung als magenstärkendes Mittel. Wie bereits erwähnt, stammt die Bezeichnung
Wiegenkraut von der volkstümlichen Tradition den Wermut in die Betten von Kleinkindern zu
legen (Achmüller 2012: 65f; Johann 2018: 70,76).

2.5 Herkunft und Vorkommen
Der Wermut kommt ursprünglich aus dem sibirischen Raum. Aufgrund seiner Nutzung als
Kulturpflanze erfolgte schon relativ früh eine Verbreitung in weitere geographische Regionen.
Heimisch ist er in den trockeneren Gebieten Europas (ausgenommen Nordskandinavien),
Nordafrikas und Asiens (Westasien bis Ost-Sibirien, Zentralasien und Indien bis zum Kaschmir).
Eingebürgert ist er aber ebenso in Nord- und Südamerika und in Neuseeland. In einigen
Ländern des Mittelmeergebiets und Osteuropas gibt es größere Wermutkulturen für
kulinarische und medizinische Zwecke. Als Standortbedingungen bevorzugt Artemisia
absinthium sandig-schotterige, nährstoffreiche und kalkhaltige Böden und kommt besonders
in trocken-warmen Lagen im Flachland, sowie in bergigen Regionen (bis 3000 Meter), vor. In
der Höhenstufe von planar-collin (Ebenen- und Hügelstufe) bis montan (Bergstufe) ist die
Pflanze häufiger zu finden, seltener auch in der subalpinen Höhenstufe (zwischen montan und
alpin). Standorte, an denen Wermut wild wächst, sind beispielsweise mäßig-trockene
Ruderalstellen, Waldschläge, trockene Weiderasen und Straßenränder (Fischer et al. 2008:
923; Johann 2018: 72; Wenigmann. 2017: 215f).

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2.6 Morphologie
Artemisia absinthium ist eine ausdauernde, krautige Pflanze mit einer Wuchshöhe von
ungefähr 60 bis 120 cm (siehe Darstellung 3). In einigen Habitaten kann sie auch eine Höhe
von 1,5 Meter erreichen. Die ganze Pflanze ist dicht behaart und besitzt ein mehrköpfiges,
verholztes Rhizom. Die Sprossachse ist grau-filzig behaart und gerippt, mit meist fünf
abgeflachten, längsverlaufenden Furchen. Die Laubblätter sind beiderseits dicht weiß-filzig
und die Form der Blattspreiten ist abhängig von ihrer Position auf der Pflanze. Die
grundständigen Blätter haben lange Blattstiele und sind zwei- bis dreifach fiederschnittig
(siehe Darstellung 4). Im oberen Bereich sind die Blätter hingegen eher einfacher und
lanzettförmig. Die Blätter von Artemisia absinthium sind von eingesenkten Öldrüsen punktiert
und besitzen auch „T-Haar“ Trichome mit Schutzfunktion gegen hohe Temperaturen und
länger andauernde Trockenheit. Beim Zerreiben der Blätter duften diese intensiv und
aromatisch. Die nickenden, gelben Blütenkörbe sind nahezu kugelförmig (Durchmesser von 3-
4 mm) und sitzen in lockeren Rispen (siehe Darstellung 5). Die Blütenköpfe besitzen hellgelbe,
weibliche Zungenblüten, sowie zwittrige Röhrenblüten und der Korbboden ist behaart (Haare
ca. 1 mm lang). Die Blütenperiode in Zentraleuropa dauert von Juli bis Oktober und die
gebildete Fruchtform ist eine kleine, braungraue Achäne (Fischer et al. 2008: 922; Hess et al.
2015: 504ff; Szopa et al. 2020).

                    Darstellung 3: Artemisia absinthium (Johann 2018: 77)
                                                                                           16
Darstellung 4: Blatt von Artemisia absinthium (Johann 2018: 71)

Darstellung 5: Blütenstände von Artemisia absinthium (Johann 2018: 71)

                                                                         17
3 Inhaltsstoffe von Artemisia absinthium
In den letzten Jahren war A. absinthium Gegenstand zahlreicher Studien, insbesondere zur
Bestimmung der Inhaltsstoffe und ihrer biologischen Aktivität, dabei wurden vor allem
verschiedene Extrakte der Pflanze und das ätherische Öl untersucht. Mithilfe
phytochemischer und pharmakologischer Studien konnten einige der positiven Eigenschaften
des Wermuts belegt werden (Szopa et al. 2020). In diesem Kapitel soll zunächst eine Angabe
der Wermutinhaltsstoffe erfolgen, sowie eine generelle Beschreibung der wichtigsten
vorkommenden Produkte des Sekundärstoffwechsels der Pflanze (ätherisches Öl, Bitterstoffe,
Flavonoide, Gerbstoffe) und ihre Wirkungen.

3.1 Phytochemische Charakterisierung
Artemisia absinthium enthält eine Vielzahl unterschiedlicher chemischer Komponenten, die
für die biologische Aktivität verantwortlich sind. Als Hauptwirkstoffe gelten das ätherische Öl
und die Bitterstoffe. Die Konzentration an ätherischem Öl in der Pflanze reicht von 0,2 % bei
trockenem Klima bis zu 1,5 % bei humidem Klima. Die höchste Konzentration an ätherischem
Öl wurde in den Monaten Juni und Juli festgestellt (Szopa et al. 2020). Die hauptsächlichen
Sekundärmetaboliten des Wermuts sind volatile Komponenten in den Blättern und den
Blüten, welche der Pflanze auch den charakteristischen, aromatischen Duft verleihen. In
verschiedenen Regionen weltweit wurden die chemischen Komponenten des ätherischen Öls
intensiv untersucht, sowie verschiedene Chemotypen beschrieben. Die unterschiedliche
chemische Zusammensetzung der Inhaltsstoffe ist nicht nur abhängig von der Herkunft der
untersuchten Wermutpflanzen, entscheidend sind auch Faktoren wie Bodenbeschaffenheit
und klimatische Bedingungen am Standort, sowie die angewandten Extraktionsmethoden und
Lagerbedingungen (Nguyen et al. 2018).

Bei Untersuchungen des ätherischen Öls wurden über 90 Komponenten gefunden, darunter
fast 40 Sesquiterpene sowie 30 Monoterpene. Die häufigsten vorkommenden Verbindungen
sind unter anderem α-Thujon, β-Thujon, cis-Epoxyocimene, trans-Sabinylacetat, Sabinen, β-
Myrcen, Linalool (Nguyen et al. 2018), Camphen, α-Cadinen, Guajazulen und cis-
Chrysanthenylacetat. Außerdem wurde festgestellt, dass Pflanzenpopulationen welche in
Gebieten über 1000 Höhenmeter wuchsen mehr α-Thujon enthielten, während in Habitaten
                                                                                            18
unter dieser Höhe das cis-Epoxyocimene die dominierende Komponente des ätherischen Öls
war (Szopa et al. 2020). Weitere Terpene die gefunden wurden sind z.B. Thujan, Thujylalkohol,
Cineol, α-Bisabolol, β-Cucurmen und Spathulenol (Prentner 2010: 238). Zudem enthalten
Extrakte aus Artemisia absinthium meist höhere Konzentrationen von Verbindungen aus der
Gruppe der Azulene, wie das blaue Chamazulen, Guajazulen und Dihydrochamazulen (Szopa
et al. 2020).

Bei den Bitterstoffen von Artemisia absinthium handelt es sich um Sesquiterpenlactone, die
als Hauptkomponente das Dimere Guajanolid Absinthin (0,2 % bis 0,28 %) enthalten. Weitere
Komponenten die in höheren Konzentrationen gefunden wurden, sind die Absinthin-Isomere,
Anabsinthin, Anabsin, Artabsin und Absintholid. Andere Bitterstoffe die von der Pflanze
isoliert wurden sind beispielsweise Artamaridinin, Artamarin, Artamarinin, Artamaridin (Szopa
et al. 2020), Artanolid, Desacetylglobicin, Matricin, sowie in einigen Teilen der Wermutdroge
auch Pelenolide, wie Hydroxypelenolid (Prentner 2010: 238).

Die Pflanze enthält als weitere Inhaltsstoffe zahlreiche Flavonoide, beispielsweise Quercetin-
und Kämpferolglykoside, sowie Artemisitin aus der Untergruppe der lipophilen Flavone
(Prentner 2010: 238) und eine Vielzahl von Phenolsäuren, wie Gallussäure, Chlorogensäure,
Kaffeesäure und Vanillinsäure (Szopa et al. 2020).

Die Wurzeln der Pflanze enthalten Polyine wie C13-trans-Spiroketanolether, C14-trans-
Spiroketanolether, sowie in geringfügigen Mengen auch trans-Dehydromatricariaester und
Lignane (Prentner 2010: 238).

In kleineren Mengen wurden auch andere Komponenten wie Chalkone, Cumarine, Fettsäuren,
Gerbstoffe, Carotinoide und Lignane gefunden. Die Bestandteile von Wermutextrakten sind
auch abhängig von den verwendeten Extraktionsmittel. Es hat sich herausgestellt, dass
Auszüge mit Ethanol signifikant höhere Konzentrationen an Flavonoiden, Phenolen und
Gerbstoffen enthielten im Vergleich zu Extrakten auf Wasser- oder Chloroform-Basis (Szopa
et al. 2020).

                                                                                           19
3.2 Ätherische Öle
Ätherische Öle sind lipophile, leicht flüchtige Stoffgemische, die sich durch einen
charakteristischen Geruch und Geschmack auszeichnen. Bei Raumtemperatur sind sie flüssig
und empfindlich gegenüber Licht- und Wärmeeinwirkung. Mit Luftsauerstoff bilden sie leicht
Peroxide. Ätherische Öle sind schlecht wasserlöslich, lösen sich jedoch gut in allen lipophilen
Lösungsmitteln (z.B. Chloroform, Benzol, Ethanol) (Bäumler 2010: 23, Wenigmann 2017: 48ff).

Die komplexen Gemische bestehen zu ca. 90 % aus verschiedenen Terpenverbindungen,
Phenylpropanderivaten      (z.B.   Zimtaldehyd)      oder    anderen     Kohlenwasserstoffen.
Terpenverbindungen werden ausgehend von ihrem strukturellen Aufbau noch unterteilt in
Monoterpene (5-C-Atome, z.B. Menthol), Sesquiterpene (15-C-Atome, z.B. α-Curcumen), Di-,
Tri-, Tetra- und Polyterpene. Die ätherischen Öle können aus weit mehr als 1.000
Bestandteilen zusammengesetzt sein, wobei das Verhältnis der einzelnen Komponenten
charakteristisch für das jeweilige Pflanzenöl ist (Bäumler 2010: 23, Wenigmann 2017: 48ff).

Ätherische Öle können in der gesamten Pflanze verteilt vorkommen oder nur in speziellen
Pflanzenteilen lokalisiert sein. Gespeichert werden sie in speziellen Ölbehältern,
beispielsweise in der Epidermis in Drüsenhaaren oder Drüsenschuppen von Blättern und
Blüten oder im Inneren in Ölzellen (z.B. Zitrusfrüchte) oder in speziellen Exkretbehältern (z.B.
Ölstriemen von Anisfrüchten). Aufgrund ihres starken Duftes dienen sie der Pflanze zum
Anlocken oder Abwehren von Insekten, als Schutz vor Fressfeinden oder fungieren als
Hemmstoff     der    Samenkeimung       und     Keimlingsentwicklung     für    konkurrierende
Nachbarpflanzen (Bäumler 2010: 23, Wenigmann 2017: 48ff).

Die lipophilen Substanzen der Öle werden leicht über die Schleimhäute aufgenommen,
weshalb sie rasch im Gastrointestinaltrakt resorbiert werden. Außerdem werden sie auch
perkutan (über die Haut) gut aufgenommen, sowie inhalativ über die Nase und Bronchien.
Weil ätherische Öle über Chemorezeptoren den Geruchs- und Geschmackssinn anregen,
sowie positive Auswirkungen auf das physische und psychische Befinden haben, finden sie
auch in der Aromatherapie Verwendung (Bäumler 2010: 23, Wenigmann 2017: 48ff).

Die ätherischen Öle besitzen ein sehr breit gefächertes Wirkspektrum. Bestimmte Öle zeigen
antimikrobielle Aktivitäten, weil die lipophilen Bestandteile die Zellmembran durchdringen
können und so in den Stoffwechsel von Mikroorganismen eingreifen. Einige Öle haben

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