Auditive Werbekommunikation - ARD-Forschungsdienst* - ARD-Werbung.de

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422   Perspektiven
      7-8/2021

      Auditive Werbekommunikation
      ARD-Forschungsdienst*

      Die klassische Radiowerbung wie auch die digitalen            führten eher zu negativen Bewertungen (siehe die
      Formen auditiver Werbekommunikation spielen im                Studie von Mas, Bolls, Rodero, Barreda-Ángeles und
      Media-Mix eine wichtige Rolle und verzeichnen rele-           Churchill, 2020).
      vante Zuwachsraten (vgl. www.zaw.de). Das Radio
      hat nach wie vor ein breites Publikum und ist als             Zu den häufig diskutierten Fragen im Zusammen-
      Werbeträger auch deshalb sehr gut geeignet, weil              hang mit auditiven Aspekten von Werbung gehört
      die Werbevermeidung in diesem Medium offensicht-              auch, welchen Einfluss Musik hat, insbesondere, wie
      lich deutlich geringer ist, als man dies bisher ver-          sie zum Rest der Werbekommunikation passt (Mu-
      mutet hat. So fanden Michelon, Bellman, Faulkner,             sical Fit). Differenzierter als bislang analysierten
      Cohen und Bruwer (2019) in ihrer Studie heraus,               Herget, Breves und Schramm (2020) diese Frage
      dass während der Präsentation von Werbung im Ra-              und geben Hinweise darauf, wie die Passung von
      dio durchschnittlich lediglich 3 Prozent der Zuhörer-         Musik mit unterschiedlichen Referenzpunkten der
      schaft „verloren ging“. Radiowerbung hat darüber              Werbung (z. B. Produkt, Zielgruppe, Story) zu bewer-
      hinaus einen positiven Effekt in der Kombination mit          ten ist.
      anderen Werbeträgern. Russo, Valesi, Gallo, Laureanti
      und Zito (2020) konnten experimentell zeigen, dass            Das Radio ist aufgrund seiner hohen Reichweite und      Michelon, Aaron/
      durch Radiowerbung in den Köpfen der Konsumen-                Aktualität nach wie vor ein beliebtes Werbemedium.      Steven Bellman/
      ten Bilder und Vorstellungen über die Marke erzeugt           Zum auch hier existierenden Problem der Werbever-       Margaret Faulkner/
      werden, die sich förderlich auf die Rezeption und             meidung existieren allerdings nur wenige verlässli-     Justin Cohen/
      Verarbeitung späterer audiovisueller Werbebotschaf-           che empirische Daten, was nach Ansicht der Auto-        Johan Bruwer:
      ten (z. B. TV-Spots oder Werbebanner) auswirken.              ren zu einer eher unrealistischen Einschätzung der      A new benchmark
      Radiospots unterstützen somit im Sinne eines Mere-            Werbevermeidung durch Umschalten von circa 30           for mechanical
      Exposure-Effekts visuelle Aufmerksamkeit und die              Prozent führt. In der vorliegenden kanadischen Stu-     avoidance of radio
      positive Bewertung einer Werbebotschaft.                      die untersuchten sie daher das Hörerbestreben,          advertising.
                                                                    Radiowerbung zu meiden mittels mobiler People-          In: Journal
      Für eine positive Wirkung von Hörfunkspots ist vor            Meter-Daten. Die Frage war, wie hoch die generelle      of Advertising
      allem ihre inhaltliche Qualität entscheidend. Die Be-         Vermeidungsrate ist und welche Faktoren dazu            Research 60, 4/2020,
      wertung der inhaltlichen Gestaltung eines Spots be-           mehr oder weniger beitragen. Dafür wurden Daten         S. 407–416.
      einflusste die Kaufintention der Konsumenten mehr             von 800 Panel-Mitgliedern zur Nutzung von 17 ka-        DOI: 10.2501/
      als dreimal so stark wie das in eine Kampagne in-             nadischen Radiostationen über einen Zeitraum von        JAR-2020-007
      vestierte Budget, um damit möglichst hohe Reich-              einem Jahr gesammelt (insgesamt circa 3 Millionen
      weiten zu erzielen (siehe die Studie von Grønholdt,           Programm-Minuten mit insgesamt über 500 000
      2019). Neben inhaltlichen Aspekten (z. B. einer guten         Werbeminuten). Es wurde analysiert, wie viel Pro-
      Story) spielen auch formale Aspekte eine relevante            zent der Zuhörer während einer Werbeeinblendung
      Rolle für die Wahrnehmung der Wirkung auditiver               „verloren gingen“. Wie sich zeigte, war die Werbe-
      Werbekommunikation. In einem Experiment von Ro-               vermeidung – unabhängig von der Jahreszeit – bei
      dero (2020) wurde die Bedeutung der Sprechge-                 Musikprogrammen durchschnittlich höher als bei
      schwindigkeit in Hörfunkspots untersucht. Wie sich            Wortprogrammen. Des Weiteren zeigte sich, dass
      zeigte, waren 180 Wörter pro Minute die Informa-              Werbung im Radio stärker gemieden wurde, wenn
      tionsmenge bzw. Informationsgeschwindigkeit, die              die Hörer unterwegs waren, als wenn sie es zu Hause
      die Konsumenten am erfolgreichsten verarbeiten                nutzten. Schließlich waren niedrigere Vermeidungs-
      konnten. Langsamere oder schnellere Versionen er-             raten zu früheren Tageszeiten (breakfast = 6-10 Uhr;
      zielten schlechtere Ergebnisse. Im Rahmen einer               daytime = 10-15 Uhr) als zu späteren Tageszeiten
      Studie zum sogenannten Sound Branding erwiesen                (drivetime = 15-19 Uhr; evening = 19-24 Uhr) fest-
      sich dagegen schneller gestaltete und intensiver              zustellen. Ein weiteres Ergebnis ist, dass Vermeidung
      werdende akustische Logos von Marken (Sonic Lo-               eher in der Gruppe der Wenighörer (Median: 45 Mi-
      gos) als vorteilhafter für die Aufnahmebereitschaft           nuten) als in den Gruppen der Medium- (Median:
      und Informationsverarbeitung der Konsumenten.                 150 Minuten) und Vielhörer (Median: 330 Minuten)
      Langsame und an Intensität verlierende Audiologos             zu finden war.

        *	Uli Gleich, Institut für Kommunikationspsychologie und   Das wichtigste Ergebnis der Studie ist der Befund,
          Medienpädagogik (IKM) der Universität Koblenz-Landau.     dass die Vermeidung von Radiowerbung während
          Fax: 06341/28036712; E-Mail: gleich@uni-landau.de         eines Tages im Durchschnitt nur circa 3 Prozent be-
Auditive Werbekommunikation
                                                                                                                                   Media
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                           trug. Dies weist auf eine deutlich geringere Vermei-    der Konsumenten ein „Bild“ der Marke erzeugen.
                           dungsrate hin, als es die bisherigen Schätzungen        Dies zeigt auch eine ältere Studie von Bolls (2002;
                           nahelegen. In Musikprogrammen ist sie ausgepräg-        siehe Literaturliste), der in einem Experiment her-
                           ter, weil Werbung nach Ansicht der Autoren hier ei-     ausfand, dass Konsumenten bei der Rezeption von
                           nen größeren Kontrast bildet, der die Hörer dazu        Hörfunkspots kognitive Ressourcen einsetzen, die
                           veranlasst, das Programm zu wechseln. Ebenso            für die visuelle Verarbeitung von Informationen zu-
                           scheint die Nutzung außer Haus zu höheren Vermei-       ständig sind. Dies erhöht offensichtlich die visuelle
                           dungsraten zu führen, möglicherweise, weil die Be-      Aufmerksamkeit bei der Wiederholung der Botschaft
                           dienung des Geräts (z. B. Autoradio, Smartphone)        im Fernsehen oder auf einer Website. Die Folgen
                           einfacher möglich ist als zu Hause und zum Beispiel     sind eine höhere Bekanntheit der Botschaft (familia-
                           schneller der Sender gewechselt werden kann.            rity) und eine bessere Bewertung (pleasure). Dieser
                                                                                   positive Synergieeffekt von auditiven Botschaften
      Russo, Vincenzo/     Radiowerbung trägt zum Erfolg von Werbung auf           durch Radiowerbung sollte im Rahmen der Media-
       Riccardo Valesi/    anderen Medienkanälen bei. Die Autoren begründen        planung berücksichtigt werden.
           Anna Gallo/     diese Aussage mit dem sogenannten Mere-Exposure-
        Rita Laureanti/    Effekt (auch Effekt des bloßen Kontakts), der besagt,   In der vorliegenden Studie wird die Wirkung von Ra-      Grønholdt, Lars:
       Margherita Zito:    dass eine Sache oder eine Botschaft durch die wie-      diowerbung untersucht. Der Autor nimmt an, dass          Consumer
“The theater of the        derholte Wahrnehmung positiver bewertet wird.           neben dem Inhalt der Werbebotschaft das für die          responses to
 mind”: The effect         Wenn also Konsumenten einen Radiospot hören und         Kampagne eingesetzte Budget eine signifikante Rolle      advertising: The
 of radio exposure         anschließend Werbung für die gleiche Marke über         spielt. Grundlage für die Analyse waren Daten zur        interplay between
 on TV advertising.        einen anderen Medienkanal rezipieren, sollte sich       Performance von 441 Werbekampagnen im däni-              ad content and ad
  In: Social Sciences 9,   eine Verbesserung der Werbewirkung ergeben. Im          schen Radio sowie die Befragung von Personen zwi-        spending.
7/2020, 123 (22 pages).    Rahmen eines Experiments sahen insgesamt 70             schen 15 und 59 Jahren zu repräsentativen Samples        In: Andreani,
          DOI: 10.3390/    Versuchspersonen im Durchschnittsalter von 41 Jah-      durch TNS Gallup. Dadurch lagen einerseits Infor-        Jean-Claude/
        socsci9070123      ren eine TV-Dokumentation bzw. surften auf einer        mationen zu den Kampagnen (u.a. Budget, GRPs,            Umberto Collesei
                           Website, in die jeweils zwei Testspots bzw. zwei        Mediadaten) vor. Andererseits verfügte man über          (Hrsg.): Proceedings of
                           Werbebanner für ein Energieunternehmen und eine         Rezipientenangaben zu Aufmerksamkeit und Erin-           the 18th International
                           Bank integriert waren. Während des Anschauens           nerung (Recall und Recognition), positiven und nega-     Marketing Trends
                           wurden psychophysiologische Maße erfasst, die als       tiven emotionalen Reaktionen, Einstellungen gegen-       Conference 2019.
                           Indikatoren für Erregung (Hautwiderstandsmessung)       über der Werbung sowie Kaufintentionen. Im Rahmen        Paris-Venice:
                           und positive emotionale Zuwendung (Messung von          eines Strukturgleichungsmodells wurden die Wir-          Marketing Trends
                           Alphawellen in einer bestimmten Hirnregion per          kungsannahmen empirisch überprüft. Es zeigte sich,       Association 2019.
                           EEG) dienten. Des Weiteren wurde die visuelle Auf-      dass die Kaufintention einerseits durch die inhalt­      Online verfügbar unter
                           merksamkeit der Teilnehmer für die Marke mittels        liche Gestaltung der Werbebotschaft und anderer-         http://archives.
                           Eye-Tracker erhoben. Die Hälfte der Probanden hörte     seits auch durch die Höhe des Werbebudgets signi-        marketing-trends-
                           vor der visuellen Präsentation (Werbespot oder Wer-     fikant beeinflusst wurde. Während über den ersten        congress.com/2019/
                           bebanner) einen Hörfunkspot für die beworbene           Pfad (inhaltliche Gestaltung des Spots) entweder         pages/PDF/20.pdf.
                           Marke, der ähnliche Werbebotschaften (Claims) prä-      positive (oder negative) Emotionen entstehen, die
                           sentierte. Bei der anderen Hälfte fehlte dagegen der    die Einstellung gegenüber dem Spot positiv (oder
                           Hörfunkspot.                                            negativ) beeinflussen und sich dann auf die Kaufin-
                                                                                   tention auswirken, wird über den zweiten Pfad (ad
                           Diejenigen Teilnehmer, die zuerst den Radiospot ge-     spending) die Aufmerksamkeit erhöht, die sich wie-
                           hört hatten, reagierten stärker auf die nachfolgende    derum im Sinne eines Mere-Exposure-Effekts posi-
                           audiovisuelle Werbung, das heißt, sie erlebten eine     tiv auf Einstellung und Kaufintention auswirkt. Ins-
                           höhere physiologische Erregung und zeigten mehr         gesamt zeigte sich, dass der Einfluss der inhaltlichen
                           positive emotionale Reaktionen als die Probanden,       Gestaltung etwa dreieinhalbmal so groß war wie der
                           die zuvor keine Audiowerbung gehört hatten. Dies        Einfluss des eingesetzten Budgets.
                           war sowohl für die TV-Spots als auch für die Werbe-
                           banner der Fall. Gleichzeitig führte der zusätzliche    Die Befunde zeigen nach Ansicht des Autors die zen-
                           Radiospot zu einer signifikant höheren visuellen Auf-   trale Bedeutung der inhaltlichen Qualität einer Radio-
                           merksamkeit gegenüber der Marke im TV-Spot (53 %        kampagne, vorausgesetzt, sie löst bei den Rezipien-
                           vs. 32 % Fixationsdauer, relativiert an der Gesamt-     ten positive Reaktionen aus. Auch wenn Radio ein im
                           darbietungszeit) sowie beim Werbebanner (91 % vs.       Vergleich zu anderen Kanälen relativ günstiges Me-
                           77 %).                                                  dium ist, sollte genau überlegt werden, wie das Bud-
                                                                                   get auf die Kreation von Botschaften und die Aus-
                           Die Studie bestätigt den Mere-Exposure-Effekt und       gaben zur Erhöhung des Werbedrucks durch häufige
                           zeigt die Wirksamkeit von Radiowerbung auch als         Belegung verteilt werden soll. Das Plädoyer des
                           Unterstützung für Werbebotschaften in anderen Me-       Autors ist: Qualität vor Quantität.
                           dienkanälen. Offensichtlich kann Radio in den Köpfen
ARD-Forschungsdienst
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       Rodero, Emma:      In Werbebotschaften wird aus ökonomischen Grün-          Durch Sound Branding werden Marken hörbar ge-             Mas, Lluis/Paul Bolls/
   Do your ads talk       den häufig versucht, viele Informationen in kurzer       macht. Kurze Jingles, Melodien, Geräusche oder an-        Emma Rodero/Miguel
    too fast to your      Zeit zu transportieren. Auffällig ist dies in Hörfunk-   dere auditive Signale sollen gewissermaßen als            Barreda-Ángeles/
   audio audience?        spots, in denen schnell gesprochen wird. Die Frage       „akustisches Logo“ (Sonic Logo) analog zu einem           Ashley Churchill:
How speech rates of       ist, wie sich eine hohe Sprechgeschwindigkeit auf        visuellen Logo dazu beitragen, Informationen über         The impact of
 audio commercials        die Zuhörer auswirkt. Können Konsumenten eine            die Marke zu transportieren und deren Wiedererken-        the sonic logo’s
influence cognitive       schnelle Sprache in Radiospots angemessen verar-         nung zu steigern (Beispiele: MGM-Löwe; Telekom-           acoustic features
  and physiological       beiten, oder entstehen negative Effekte, die die Wirk-   Jingle). In der vorliegenden Studie wurde unter-          on orienting
         outcomes.        samkeit einschränken? Vor dem Hintergrund des            sucht, wie sich spezifische akustische Merkmale –         responses,
            In: Journal   Limited Capacity Models of Motivated Mediated            hier variierende, das heißt ansteigende oder abneh-       emotions and
        of Advertising    Message Processing (LC4MP) untersuchte die Autorin       mende Lautstärke, Änderungen der Tonhöhe und              brand personality
 Research 60, 3/2020,     die Auswirkung unterschiedlicher Sprechgeschwin-         des Tempos – auf die Wahrnehmung durch die                transmission.
         S. 337–349.      digkeiten auf die Informationsverarbeitung und die       Konsumenten auswirken. Für ein Experiment wur-            In: Journal of Product &
        DOI: 10.2501/     Bewertung von Hörfunkspots. 51 Personen im Durch-        den insgesamt 18 Versionen von drei Sekunden lan-         Brand Management
       JAR-2019-038       schnittsalter von 25 Jahren hörten insgesamt             gen Sonic Logos für reale aber unbekannte Marken          2020 ahead-of-print.
                          zwölf ausgewählte Radiospots (http://radiomercu-         professionell hergestellt, bei denen die oben ge-         DOI: 10.1108/
                          ryawards.com/), bei denen die Botschaft von profes-      nannten Merkmale systematisch variiert wurden.            JPBM-05-2019-2370
                          sionellen Sprechern verschieden schnell dargeboten       Sie wurden als erster Teil einer Werbebotschaft prä-
                          wurde: 160 Wörter pro Minute (Länge des Spots: 28        sentiert, in der dann der Markenname, ein soge-
                          Sekunden), 180 Wörter pro Minute (25 Sekunden)           nannter Call-to-Action (z. B. „sei bereit“ oder „x%
                          und 200 Wörter pro Minute (22 Sekunden). Inhalt,         billiger“) sowie ein finaler Claim (z. B. „für dich ge-
                          Tonlage und Sprechpausen der Spots waren iden-           macht“) folgten. 49 Personen im Durchschnittsalter
                          tisch. Anschließend sollten die Probanden die Spots      von knapp 20 Jahren nahmen am Experiment teil.
                          hinsichtlich ihrer Effektivität (u.a. dynamic, persua-   Während sie den Spot hörten, wurden Hautwider-
                          sive, pleasant) und Angemessenheit (u.a. credible,       stand und Herzschlagrate gemessen, um Orientie-
                          comprehensible, appropriate) bewerten. Mittels Self-     rungsreaktion und Informationsverarbeitung zu
                          Report-Skala (Self-Assessment-Manikin) und Haut-         messen. Nach der Darbietung führte man einen Re-
                          widerstandsmessung wurden die Valenz und die             cognition-Test durch und fragte die Probanden nach
                          physiologische Erregung gemessen. Schließlich er-        der Bewertung des Spots.
                          fasste man die Erinnerung an zentrale Aussagen der
                          Werbespots.                                              Entgegen den Erwartungen der Autoren führte nicht
                                                                                   die ansteigende Intensität (fade-up) des Sonic Logos,
                          Unabhängig von der Reihenfolge der Präsentation          sondern eher eine geringer werdende Intensität
                          erwies sich die Version mit 180 Wörtern am effek-        (fade-down) zu einer stärker ausgeprägten Orientie-
                          tivsten. Für alle abhängigen Variablen erzielte die      rungsreaktion der Rezipienten. Als angenehmer emp-
                          mittlere Variante bessere Ergebnisse als die langsa-     funden und besser bewertet wurde jedoch eine an-
                          mere oder die schnellere Variante. Die Befunde wei-      steigende Intensität im Verlauf des Sonic Logos. Die
                          sen darauf hin, dass der moderate Spot mit 180           Tonhöhe spielte für die Ergebnisse kaum eine Rolle.
                          Wörtern pro Minute den Informationsverarbeitungs-        Lediglich in Kombination mit ansteigender Intensität
                          prozess aufseiten der Konsumenten am besten un-          führte auch eine ansteigende Tonhöhe zu besseren
                          terstützt. Dies zeigen sowohl die Daten zur subjekti-    Bewertungen. Im Gegensatz dazu hatte das Tempo
                          ven Bewertung als auch die objektiven Indikatoren        einen signifikanten Effekt. Schnellere Tonfolgen in-
                          (Erregung und Erinnerung). Die langsamere 160-­          tensivierten die Orientierungsreaktion und wurden
                          Wörter-Version erzielte insgesamt die schlechtesten      als aufregender empfunden.
                          Werte. Sie wurde zwar von den Probanden im Hin-
                          blick auf Effektivität und Adäquatheit besser beur-      Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass in der
                          teilt als die schnelle 200-Wörter-Version. Letztere      Lautstärke ansteigende und schnelle Sonic Logos
                          erzielte jedoch bessere Erinnerungswerte, wurde          die Aufnahmebereitschaft der Konsumenten und die
                          aber von den Konsumenten als unangenehmer erlebt         Leichtigkeit der Verarbeitung steigern können. Es
                          als die langsame Variante. Die Darbietung von Infor-     scheint daher vernünftig, solche Sonic Logos an den
                          mationen in Radiospots sollte also hinsichtlich der      Anfang einer Werbebotschaft zu stellen. Eine Verrin-
                          Sprechgeschwindigkeit an die Verarbeitungskapazi-        gerung der Intensität während des Sonic Logos wird
                          täten der Hörer angepasst sein – 180 Wörter pro          von den Autoren nicht empfohlen, weil sie zwar eine
                          Minute sind nach Ansicht der Autorin ein guter Richt-    Orientierungsreaktion auslöst, aber zu negativen Be-
                          wert.                                                    wertungen (z. B. Langeweile) führt.
Auditive Werbekommunikation
                                                                                                                                   Media
                                                                                                                             Perspektiven   425
                                                                                                                                7-8/2021

 Herget, Ann-Kristin/     Der Einsatz von Musik in der Werbung sollte sich         Weitere Literatur
     Priska Breves/       positiv auf die Reaktionen der Konsumenten auswir-
   Holger Schramm:        ken, wenn die Musik passt. Da der sogenannte Mu-         Bellman, Steven/Shruthi Arismendez/Duane Varan:
 The influence of         sical Fit bislang eher generell, das heißt eindimen-     Can muted video advertising be as effective as video
different levels of       sional betrachtet wurde (Musik passt zur Werbung         advertising with sound? In: SN Business & Econo-
    musical fit on        oder nicht), fordern die Autoren eine genauere Ana-      mics 1:27; published online: 11 January 2021. DOI:
 the efficiency of        lyse und differenzieren zwischen verschiedenen Ar-       10.1007/s43546-020-00030-9
      audio-visual        ten des Fits, nämlich ob die Musik zum Produkt, zur
       advertising.       Zielgruppe der Werbung und/oder zur Story der Wer-       Bolls, Paul D.: I can hear you, but can I see you? The
In: Musicae Scientiae,    bebotschaft passt. Berücksichtigt man diese drei         use of visual cognition during exposure to high-ima-
        first published   Referenzpunkte, so ergeben sich aus den Kombina-         gery radio advertisements. In: Communication Re-
     March 19, 2020,      tionen unterschiedliche Levels der Passung: No Fit       search 29, 5/2002, S. 537–563. DOI: 10.1177/00936
               S. 1-21.   (keine Passung), Single Fit (Passung mit einem der       5002236194
        DOI: 10.1177/     Referenzpunkte), Double Fit (Passung mit zwei Refe-
 1029864920904095         renzpunkten) und Perfect Fit (Passung mit allen drei     Cummins, R. Glenn/Collin K. Berke/Alexander Moe/
                          Referenzpunkten).                                        Zijian Gong: Sight versus sound: The differential im-
                                                                                   pact of mediated spectator response in sport broad-
                          In einem Experiment mit 178 Teilnehmern (Durch-          casts. In: Journal of Broadcasting & Electronic Media
                          schnittsalter: 20 Jahre) wurde überprüft, wie sich       63, 1/2019, S. 111–129. DOI: 10.1080/08838151.
                          unterschiedliche Levels des Musical Fits auf die Per-    2019.1568806
                          formance von Werbespots auswirken. Als Stimulus-
                          material diente ein Werbespot (Nivea Men), der mit       Kleinjohann, Michael: Marketingkommunikation mit
                          unterschiedlicher Musik kombiniert wurde. Die Pas-       Acoustic Branding. Planung, Einsatz und Wirkung
                          sung der Musik zu den verschiedenen Referenz-            von Stimme, Ton und Klang für die Corporate Identity.
                          punkten wurde manipuliert und zuvor in einem Pre-        Wiesbaden: Springer Gabler 2020.
                          test (N=63; Durchschnittsalter: 22 Jahre) überprüft.
                          Zunächst zeigte sich ein positiver Zusammenhang          Kraus, Nina/Jessica Slater: Beyond words: How hu-
                          zwischen dem objektiven Fit-Level (No Fit vs. Single     mans communicate through sound. In: Annual Review
                          Fit vs. Double Fit vs. Perfect Fit) und der Wahrneh-     of Psychology 67, 2016, S. 83–103. DOI: 10.1146/
                          mung der Musik als passend für den Werbespot (d.h.       annurev-psych-122414-033318
                          die Manipulation des Stimulusmaterials erwies sich
                          als erfolgreich). Ein höherer Fit-Level hatte auch zur   Lowe, Michael L./Katherine E. Loveland/Aradhna
                          Folge, dass sich die Probanden besser an den Slo-        Krishna: A quiet disquiet: Anxiety and risk avoidance
                          gan der Werbebotschaft erinnerten und dass die Ein-      due to nonconscious auditory priming. In: Journal of
                          stellung gegenüber der Werbung positiver ausfiel.        Consumer Research 46, 1/2019, S. 159–179. DOI:
                          Eine Verbesserung der Einstellung gegenüber der          10.1093/jcr/ucy068
                          Marke trat jedoch nur zwischen den Bedingungen
                          No Fit und Single Fit auf. Dies bedeutet: Durch die      Muela-Molina, Clara/Josefa D. Martín-Santana/Eva
                          Anpassung der Musik an mehr als einen Referenz-          Reinares-Lara: Journalists as radio advertising en-
                          punkt wurde kein zusätzlicher Effekt im Hinblick auf     dorsers in news or talk radio stations. In: Journalism
                          die Markenbeurteilung erzielt.                           21, 12/2020, S. 1913–1931. DOI: 10.1177/14648849
                                                                                   17753785
                          Die Wirkung von Werbebotschaften kann durch die
                          überlegte Auswahl der auditiven Komponente Musik         Raja, Md Washim/Sandip Anand/David Allan: How ad
                          signifikant verbessert werden. Dabei scheint es ver-     music attitude-based consumer segmentation can
                          schiedene Optionen für eine Passung zu geben, wie        help advertisers. In: Journal of International Consu-
                          zum Beispiel das Produkt selbst, die angesprochene       mer Marketing 32, 5/2020, S. 383–399. DOI: 10.1080/
                          Zielgruppe oder die Story der Werbebotschaft. Wenn       08961530.2020.1731398
                          es gelingt, eine musikalische Untermalung zu finden
                          bzw. zu kreieren, die zu mehr als einem dieser Refe-     Raja, Md Washim/Sandip Anand/Ibha Kumar: Multi-
                          renzpunkte als passend wahrgenommen wird, hat            item scale construction to measure consumers’ atti-
                          dies eine positive Wirkung auf die Performance der       tude toward advertising music. In: Journal of Marke-
                          Werbung, von der Einstellung gegenüber der Wer-          ting Communications 26, 3/2020, S. 314–327. DOI:
                          bung bis hin zur Verhaltensintention.                    10.1080/13527266.2018.1471615
ARD-Forschungsdienst
      Media
426   Perspektiven
      7-8/2021

      Rodero, Emma/Olatz Larrea: Audio design in bran-        gining communication: Experience. New York, NY:
      ding and advertising. In: Mas-Manchón, Lluís (Hrsg.):   Routledge 2020, S. 32–46.
      Innovation in advertising and branding communica-
      tion. New York, London: Routledge Taylor & Francis      Simmonds, Lucy/Svetlana Bogomolova/Rachel
      Group (Routledge research in communication stu-         Kennedy/Magda Nenycz-Thiel/Steven Bellman: A
      dies) 2021, S. 69–85.                                   dual-process model of how incorporating audio-­
                                                              visual sensory cues in video advertising promotes
      Rodero, Emma/Lluis Mas: Audio experience. In: Fili-     active attention. In: Psychology and Marketing 37,
      mowicz, Michael/Veronika Tzankova (Hrsg.): Reima-       8/2020, S. 1057–1067. DOI: 10.1002/mar.21357
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