Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs Wasserwirtschaft - ein aktualisierter Statusbericht - reposiTUm

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Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs Wasserwirtschaft - ein aktualisierter Statusbericht - reposiTUm
Originalarbeit

Österr Wasser- und Abfallw 2018 · 70:462–473
https://doi.org/10.1007/s00506-018-0498-0

Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs
Wasserwirtschaft – ein aktualisierter Statusbericht
Günter Blöschl · Alfred Paul Blaschke · Klaus Haslinger · Michael Hofstätter · Juraj Parajka · José Salinas ·
Wolfgang Schöner

Online publiziert: 2. Juli 2018
© Der/die Autor(en) 2018

Zusammenfassung Dieser Beitrag fasst          sehr groß. Einige zusätzliche Empfeh-          Frage, ob die im Jahr 2011 getroffe-
die Ergebnisse der Studie „Klimawandel        lungen werden gegeben.                         ne Einschätzung weiterhin gültig ist.
in der Wasserwirtschaft – Schwerpunkt                                                        Das damalige Bundesministerium für
Hochwasser und Dürre“ zusammen,               Impact of climate change on                    Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
die den aktuellen Stand des Wissens           Austria’s water sector—an                      Wasserwirtschaft und die Wasserwirt-
der Klimaänderungen in Hinblick auf           updated status report                          schaftlichen Abteilungen der Länder
die Auswirkungen auf die österreichi-                                                        beauftragten deshalb eine Studie mit
sche Wasserwirtschaft darstellt. Die          Abstract This paper summarises the             dem Ziel, den aktualisierten Stand des
Verdunstung hat in den letzten drei           results of the study “Climate change           Wissens über Klimaänderung in Öster-
Jahrzehnten, genauso wie der Jahres-          and water management – a focus on              reich in Hinblick auf die Auswirkungen
niederschlag, im Mittel für Österreich        floods and droughts” which presents            auf die Wasserwirtschaft zu beschrei-
um etwa 80 mm/a zugenommen. Die               the current state of knowledge of cli-         ben (Blöschl et al. 2017a).
zunehmenden Trends der gemesse-               mate change with regard to the effects            Die vorliegende Arbeit fasst die wich-
nen Hochwasserabflüsse haben sich             on water management in Austria. Av-            tigsten Ergebnisse dieser Studie zusam-
in den letzten Jahren etwas verstärkt,        erage evaporation in Austria has in-           men. Betrachtet werden die Schwer-
die abnehmenden Trends der gemes-             creased by about 80 mm/yr over the             punkte Hochwasser und Dürre. Wie
senen Niederwasserabflüsse etwas ab-          past three decades, similar to annual          die Vorgängerstudie (ZAMG und TU
geschwächt. Klimaprojektionen lassen          rainfall. The increasing trends in mea-        Wien 2011; Blöschl et al. 2011a) wid-
gewisse Zunahmen der Hochwasser er-           sured flood discharges have become             met sich diese Studie der Beurteilung
warten, die jedoch wesentlich kleiner         somewhat more frequent in recent               der Einflüsse des Klimawandels auf die
sind als ihre natürlichen Schwankun-          years, while the decreasing trends of          Wasserwirtschaft in Österreich. Ande-
gen. In den Alpen werden deutlich             measured low flows have weakened               re, insbesondere direkte anthropogene
höhere Abflüsse im Winter erwartet, in        to some extent. Climate projections            Effekte wurden zur besseren Fokussie-
den Flachlandregionen Ost- und Süd-           suggest some increases in floods, but          rung ausgeklammert. Manchmal sind
österreichs eher eine Abnahme der Ab-         these are much smaller than the natu-          jedoch klimainduzierte und anthro-
flüsse bei Niederwasser. Insgesamt sind       ral flood variability. In the Alps, signifi-   pogene Effekte nicht leicht zu tren-
die Änderungen im Vergleich zur Vor-          cantly higher winter runoff is expected.       nen. Der Klimawandel wird für die
gängerstudie aus dem Jahr 2011 nicht          In the lowland regions of eastern and          Wasserwirtschaft und für den „natürli-
                                              southern Austria, low flows will possi-        chen Zustand“ der Gewässer nach EU
                                              bly decrease. Overall, the findings are        Wasserrahmenrichtlinie als eine „na-
                                              similar to those of the previous study         türliche“ Veränderung und nicht als
Univ.-Prof. DI Dr. G. Blöschl () ·           from the year 2011. Some additional            anthropogen verursachte Veränderung
Univ.-Prof. DI Dr. A. P. Blaschke ·           recommendations are given.                     der Umweltbedingungen betrachtet,
PD J. Parajka, PhD · Ing. Dr. J. Salinas                                                     da der Einfluss nationaler wasserwirt-
Institut für Wasserbau                        1 Einleitung                                   schaftlicher Maßnahmen auf das Klima
und Ingenieurhydrologie,                                                                     vernachlässigbar gering ist (Montana-
Technische Universität Wien,                  Seit der letzten Bewertung möglicher           ri et al. 2010). Die globalen Einflüsse
Karlsplatz 13, 1040 Wien, Österreich          Anpassungsstrategien an den Klima-             des Menschen auf das Klima werden
bloeschl@hydro.tuwien.ac.at                   wandel für Österreichs Wasserwirt-             in dieser Studie in Form von Szenari-
                                              schaft im Jahr 2011 (ZAMG und TU               en berücksichtigt. Die Auswertungen
Mag. K. Haslinger · Mag. M. Hofstätter
                                              Wien 2011; Blöschl et al. 2011a) sind          erfolgen räumlich differenziert für das
Zentralanstalt für Meteorologie
                                              eine Reihe von zusätzlichen Informa-           gesamte Bundesgebiet. Es handelt sich
und Geodynamik (ZAMG), Hohe
                                              tionen verfügbar geworden. Zum einen           also um regionale Untersuchungen, die
Warte 38, 1190 Wien, Österreich
                                              liegen nun die Ergebnisse mehrerer             Detailstudien nicht ersetzen können.
Univ.-Prof. Dr. W. Schöner                    neuer Projekte zu dem Thema vor. Zum              Wegen der großen Unsicherheiten
Institut für Geographie                       anderen sind sieben zusätzliche Jah-           bei der Einschätzung der Einflüsse des
und Raumforschung,                            re an hydrologischen Daten verfügbar,          Klimawandels auf die Wasserwirtschaft
Karl-Franzens-Universität Graz,               in denen große Hochwasserereignis-             verfolgte die Studie drei Grundprinzi-
Heinrichstraße 36, 8010 Graz,                 se und Trockenperioden in Österreich           pien: (1) Weiche und harte Aussagen
Österreich                                    aufgetreten sind. Es stellt sich nun die       wurden im Sinne der Sicherheit der

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Abb. 1 Beobachtete Änderung der mittleren Lufttemperatur und des Niederschlags im Sommer (Juni–August) und Winter (Dezem-
ber–Februar) für den Zeitraum 1996–2014 im Vergleich zum Zeitraum 1976–1995 (Hiebl und Frei 2016)

Aussagekraft unterschieden; (2) Einan-      (+1,2 °C Jahresmittel, Vorgängerstudie      berücksichtigen. Schöner et al. (2016)
der ergänzende Informationsquellen          +1,0 °C für 1996–2007 im Vergleich zu       zeigten, dass in tiefen Lagen die mittlere
wurden herangezogen, um die Zuver-          1976–1995). Der Sommerniederschlag          Schneehöhe im Winter (Dezember bis
lässigkeit der Aussage zu erhöhen und       nahm im Vergleich zur Referenzperiode       Februar) sensitiv auf Änderungen der
einzuschätzen; (3) Der Fokus wurde auf      im Mittel über Österreich um +14 %          Lufttemperatur reagiert, während sie in
Mechanismen gelegt, um differenzier-        zu (Vorgängerstudie +12 %). Im Nord-        hohen Lagen sensitiv auf Änderungen
tere und transparentere Aussagen über       osten Österreichs war die Zunahme           des Niederschlags reagiert. Dies hängt
Ursache-Wirkung als durch Szenarien         bis zu 40 %. Der Winterniederschlag         mit der Grenztemperatur von ca. 0 °C
alleine zu erhalten. Die Beurteilung er-    nahm im Mittel über Österreich um           zusammen, die zwischen festem und
folgt getrennt für die Situation in der     –7 % ab (Vorgängerstudie –12 %), wobei      flüssigem Niederschlag entscheidet.
Vergangenheit und die Situation in der      die Abnahme im Süden Österreichs am            Zur Beurteilung der aktualisierten
Zukunft.                                    größten ist. In der Periode der Vorgän-     Situation der Wasserbilanz zeigt Abb. 3
                                            gerstudie war die Abnahme im Süden          die mittlere Wasserbilanz von 166 Pe-
2 Klimavariabilität und                     allerdings noch wesentlich stärker (bis     geleinzugsgebieten in Österreich für
  Wasserdargebot                            zu –40 %) (harte Aussagen).                 den Zeitraum 1976–2014. Der Jahres-
                                               Neue Informationen liegen auch für       niederschlag im Zeitraum 1995–2014
2.1 Situation in der Vergangenheit          die Veränderungen des Schnees in Ös-        war auf einem relativ hohen Niveau im
                                            terreich vor. Sowohl die Schneehöhe als     Vergleich zum Mittelwert des 20. Jahr-
Der Alpenraum war bis jetzt stärker         auch die Neuschneesumme haben seit          hunderts. Im Zeitraum 1995–2014 war
vom globalen Klimawandel betroffen          1961 stark abgenommen, besonders im         der mittlere Niederschlag in Österreich
als andere Gebiete der Erde. Seit dem       Süden und Westen Österreichs (Abb. 2)       etwa 80 mm/a höher als im Zeitraum
Jahr 1970 stieg in Österreich die Tem-      (harte Aussagen). Die kleinen Verände-      1976–1990. Demgegenüber hat sich der
peratur um +2 ° an, während die Nord-       rungen im Nordosten Österreich sind         Jahresabfluss im Zeitraum 1976–2014
hemisphäre lediglich einen Anstieg von      etwas überraschend und spiegeln die         im Mittel für Österreich wenig geän-
+1,5 ° aufweist. Abb. 1 zeigt die jah-      Komplexität der alpinen Schneeklima-        dert. Die Differenz aus Niederschlag
reszeitliche Änderung der Mitteltem-        tologie wider, insbesondere die kom-        und Abfluss (Verdunstung plus Spei-
peratur in Österreich für den Zeitraum      plexe Interaktion der Schneefallgrenze      cheränderung) muss dementsprechend
1996–2014 im Vergleich zum Zeitraum         mit der Orografie (siehe z. B. Minder       um etwa 80 mm/a zugenommen haben.
1976–1995. Generell zeigt der Sommer        2010). Aus den Ergebnissen der Trend-       Da anzunehmen ist, dass die Speicher-
eine größere Temperaturänderung als         untersuchung kann geschlossen wer-          änderung über einen Zeitraum von De-
der Winter. Die letzten Jahre waren be-     den, dass eine allgemeine Zunahme der       kaden relativ klein ist im Vergleich zu
sonders warm, sodass die aktualisierte      Lufttemperatur nicht gleichbedeutend        den anderen Komponenten der Wasser-
Periode in Abb. 1 eine etwas größe-         mit abnehmenden Neuschneemengen             bilanz, kann abgeschätzt werden, dass
re Temperaturänderung zur Referenz-         und Schneehöhen ist. Es sind auch die       die Verdunstung im Mittel für Öster-
periode zeigt als die Vorgängerstudie       Veränderungen des Niederschlags zu          reich um etwa 80 mm/a zugenommen

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Abb. 2 Trends der täglichen Neuschneesumme (links) und der Gesamtschneehöhe (rechts) gemittelt über die Periode Novem-
ber–April jeden Jahres für den Zeitraum 1961–2010. Orange: signifikant negativ (5 % Signifikanzniveau); Rot: signifikant negativ (1 %
Signifikanzniveau); Grau: Trends nicht signifikant; Blau: signifikant positiv (5 % Signifikanzniveau) (Schöner et al. 2016)

Abb. 3 Anomalien des mittleren Jahresniederschlags (blau) im Vergleich zum Mittelwert 1976–2014 von 166 Pegeleinzugsgebieten
in Österreich. Abfluss (rot). Differenz von Niederschlag und Abfluss (grün). Gleitendes Mittel über 20 Jahre (Duethmann und Blöschl
2018)

hat (harte Aussage). Die Zunahme der         Simulationen zeigen im Mittel für Ös-        sung der regionalen Klimamodelle wer-
Verdunstung ist zu 38 % auf die Zunah-       terreich für 2021–2050 im Vergleich zu       den bestimmte Niederschlagsprozesse
me der Lufttemperatur und der Strah-         1971–2000 eine Erwärmung von +1,5 °C.        noch immer nicht explizit erfasst, wie
lung zurückzuführen, zu 30 % auf die         Diese Erwärmung weist keine nen-             beispielsweise der konvektive Anteil
längere Vegetationsperiode und zu 32 %       nenswerten saisonalen Unterschiede           des Niederschlags. Aus diesem Grund
auf die erhöhte Bodenfeuchte (Dueth-         auf (harte Aussage). Der Winternieder-       muss auch weiterhin vor allem der
mann und Blöschl 2018) (mittelharte          schlag nimmt gemäß den Simulationen          sommerliche Niederschlag als unsicher
Aussage).                                    um +14 % zu, der Sommerniederschlag          eingestuft werden.
                                             nur um +3 %, der Jahresniederschlag             Die Bewertung der Wasserbilanz der
2.2 Situation in der Zukunft                 um 6 % (mittelharte Aussage). Die Än-        Vorgängerstudie bleibt im Wesentlichen
                                             derungen sind räumlich sehr ähnlich,         bestehen. Die natürliche Variabilität des
Für Europa liegen neue regionale Kli-        nur im Winter dürfte die Zunahme im          mittleren jährlichen Abflusses zwischen
mamodellsimulationen vor (EURO-              Nordosten etwas stärker sein als auf der     den Jahren ist größer als die zufolge
CORDEX, Giorgi et al. 2016). Diese zei-      Alpensüdseite (weiche Aussage) (Abb. 4).     Klimaänderung im Zeitraum 2021–2050
gen auch weiterhin ein räumlich stark        Zeigte die Vorgängerstudie noch eine         zu erwartenden Änderungen (mittel-
differenziertes Bild der zukünftigen Er-     Abnahme des Winterniederschlags süd-         harte Aussage). Geht man davon aus,
wärmung mit dem geringsten Tempera-          lich der Alpen von 0 bis 10 %, so ergeben    dass auch in Zukunft die Temperatur
turanstieg über Mittel- und Westeuropa       die neuen Simulationen eine Zunahme          in ähnlicher Weise ansteigen wird, und
und dem stärksten über Nordeuropa            von etwa +10 bis +15 %. Dieses Sig-          nimmt man gleich bleibenden Nieder-
und dem Westen Russlands (harte Aus-         nal wird jedoch erheblich durch die          schlag an, so ist damit zu rechnen,
sage). Weiterhin ist mit einer Zunahme       relativ trockene Referenzperiode von         dass die Gebiete trockener werden.
des Niederschlags über Skandinavien          1971–2000 (Alpensüdseite) bestimmt           Im Südosten ist möglicherweise ei-
und einer Abnahme im Mittelmeer-             und darf nicht als anthropogenes Kli-        ne Abnahme des mittleren jährlichen
raum zu rechnen (mittelharte Aussage).       masignal interpretiert werden. Trotz der     Abflusses 2021–2050 im Vergleich zu
Die neuen hoch aufgelösten ÖKS15-            mittlerweile hohen räumlichen Auflö-         1976–2006 zu erwarten (um ca. 5 %)

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Abb. 4 Projizierte Änderung der mittleren Lufttemperatur und des Niederschlags im Sommer (Juni–August) und Winter (Dezem-
ber–Februar)für denZeitraum2021–2050imVergleichzu1971–2000. RegionaleSimulationenÖKS15basierendaufEURO-CORDEX
für das Szenario RCP8.5 (Chimani et al. 2016)

                                                                                        1959–2015 hat jedoch nicht zugenom-
                                                                                        men, auch nicht für den in Mitteleuropa
                                                                                        besonders relevanten Zugbahntyp Vb
                                                                                        (Abb. 5). In der Periode 1986–2010 hat
                                                                                        in Österreich die Anzahl von Tagen mit
                                                                                        großen 24-stündlichen Niederschlag-
                                                                                        summen (>90. Perzentil) um +10 % bis
                                                                                        +15 % zugenommen und gleichzeitig
                                                                                        die Anzahl der schwachen (
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                                                                                               es 17 % (Vorgängerstudie 8 %). Betrach-
                                                                                               tet man alle Pegeleinzugsgebiete (gro-
                                                                                               ße und kleine), dann zeigen 26 % der
                                                                                               Gebiete einen signifikant steigenden
                                                                                               Trend (Vorgängerstudie 16 %). Wegen
                                                                                               der hohen Hochwasserdurchflüsse im
                                                                                               Zeitraum 2008–2014 hat also der Anteil
                                                                                               der Gebiete mit signifikant steigenden
                                                                                               Trends im Vergleich zur Vorgängerstu-
                                                                                               die zugenommen, sowohl nördlich als
                                                                                               auch südlich des Alpenhauptkammes.
                                                                                               Diese Zunahme ist auf eine Zunahme
                                                                                               der Sommerhochwässer zurückzufüh-
                                                                                               ren. 32 % der Gebiete 500 km2, unten: Gebiete
Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs Wasserwirtschaft - ein aktualisierter Statusbericht - reposiTUm
Originalarbeit

                                                                                        derschlag-Abflussmodells; (c) Analyse
                                                                                        der Eigenschaften der Niederschlags-
                                                                                        und Abflussereignisse. Die Parameter
                                                                                        der Modelle wurden für die Szenarien
                                                                                        des Zeitraums 2021–2050 im Vergleich
                                                                                        zu 1976–2007 verändert. Beispielsweise
                                                                                        wurden für den ersten Mechanismus
                                                                                        die Parameter des stochastischen Nie-
                                                                                        derschlagsmodells so verändert, das
                                                                                        die Winter und Sommerniederschlä-
                                                                                        ge den Projektionen der Klimamodelle
                                                                                        entsprechen. Im Vergleich zu Vorgän-
                                                                                        gerstudie sind nun die folgenden neuen
                                                                                        Erkenntnisse verfügbar:
                                                                                        • Während das in der Vorgängerstudie
                                                                                           verwendete Regionale Klimamodell
                                                                                           COSMO-CLM eine deutliche Abnah-
                                                                                           me der Sommerniederschläge im
                                                                                           Westen Österreichs prognostizier-
                                                                                           te, ergeben die neuen Modellläufe
Abb. 7 Änderung der mittleren Niederschlagsmenge bei Auftreten einer Vb-Zugbahn            aus EURO-CORDEX keine Abnah-
im Sommerhalbjahr (Mai–Oktober) aus den Globalen Klimamodellen Echam5 (Qua-                me. In der Vorgängerstudie wurde
drat), Echam6 (Kreis) und EC-Earth (Dreieck) für den Zeitraum 2071–2100 im Vergleich       in den Monte-Carlo-Simulationen
zu 1971–2000. Rosa: RCP4.5; Rot: SRES_A1B; Braun: RCP8.5 Klimaszenario. Die Zug-           entsprechend eine Abnahme von –4
bahnen wurden aus der Luftdruckverteilung auf 700 hPa und Meeresniveau (SLP) abge-         bis –7 % (2021–2050 im Vergleich zu
leitet                                                                                     1976–2007) angesetzt. Nach den neu-
                                                                                           en Simulationen sind es 0 bis +5 %
                                                                                           (mittelharte Aussage) (Abb. 4).
zeigen, dass konvektive Sommernieder-       tur, dadurch Erhöhung des Anteiles          • In der Vorgängerstudie wurde ange-
schläge in den Alpen ergiebiger wer-        konvektiven Niederschlags und da-              nommen, dass eine Zunahme der
den bei gleichbleibender Häufigkeit,        durch höhere Niederschlagsintensi-             konvektiven Niederschlagsmengen
die Häufigkeit großräumiger, skaliger       täten (weiche Aussage); Zunahme der            mit zunehmender Temperatur wahr-
Niederschläge jedoch stark abnimmt          Lufttemperatur, dadurch Erhöhung der           scheinlich ist. Die neuen Auswertun-
(Giorgi et al. 2016). In den Simulationen   Schneefallgrenze, dadurch größerer An-         gen von Wang et al. (2017), Lepore
wird also das skalige Niederschlagsde-      teil flüssigen Niederschlags von Ereig-        et al. (2015) und Utsumi et al. (2011)
fizit durch konvektiven Niederschlag        nissen (harte Aussage); Zunahme der            deuten jedoch darauf hin, dass der
kompensiert. Generell kann man aus          Lufttemperatur, dadurch Verschiebung           Effekt der Temperaturzunahme auf
den Simulationen mit regionalen Kli-        der Schneeschmelze in das Frühjahr,            konvektive Niederschläge in Öster-
mamodellen ableiten, dass die Intensi-      dadurch Verschiebung des Jahresver-            reich geringer als zuvor angenom-
tät der Starkniederschläge auf Stunden-     laufes des Abflussbeiwertes; Erhöhung          men ist. Die Parameter des stochas-
und Tagesbasis im Sommerhalbjahr um         der Verdunstung, dadurch Verringerung          tischen Niederschlagmodells für die
+7 % pro °C Zunahme der Lufttempera-        des Abflussbeiwertes (harte Aussage).          Monte-Carlo-Simulationen wurden
tur ansteigen werden (weiche Aussage)       Für jeden Mechanismus wurden in der            in der alten Studie so gewählt, dass
(Westra et al. 2014; Frei et al. 2006;      Vorgängerstudie Monte-Carlo-Simula-            die Zunahme des 100-jährlichen Nie-
Trenberth et al. 2003).                     tionen für den Zeitraum 2021–2050 im           derschlags für eine Dauer von 6 h je
    Die Vorgängerstudie definierte Me-      Vergleich zu 1976–2007 durchgeführt.           nach Region zwischen 2 und 18 %
chanismen möglicher Veränderungen           Für zehn hydroklimatologische Regio-           betrug (im Mittel 7 %). Nach dem ak-
von Hochwässern in Österreich (Blöschl      nen in Österreich bestanden die Simu-          tuellen Informationsstand dürfen et-
et al. 2011b): Zunahme des Winternie-       lationen aus drei Schritten: (a) Erzeu-        was kleinere Werte realistischer sein
derschlags, Abnahme des Sommernie-          gen von Niederschlagszeitreihen mittels        (weiche Aussage).
derschlags (z. B. durch Verschiebung        eines stochastischen Niederschlagsmo-
der Zirkulationsmuster) (mittelharte        dells; (b) Umsetzen dieser Zeitreihen       Auf Basis dieser neuen Erkenntnisse
Aussage); Zunahme der Lufttempera-          in Abflusszeitreihen mittels eines Nie-     wurde nun abgeschätzt, wie die Ergeb-

Tab. 2 Möglicher prozentueller Ein-                                                       Vorgängerstudie      Aktualisierung
fluss eines veränderten Klimas auf das                                                    (%)                  (%)
HQ100 in einem typischen Gebiet nördlich     Rhein, Donau und Elbegebiete                 –4 bis +10           –4 bis +10
und südlich des Alpenhauptkammes in          Drau, Mur und Raabgebiete                    +3 bis +7            +1 bis +5
Österreich. 2021–2050 im Vergleich zu
1976–2007. Ergebnis der Monte-Carlo-
Sensitivitätsanalysen aus der Vorgänger-
studie und Aktualisierung

Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs Wasserwirtschaft – ein aktualisierter Statusbericht                              467
Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs Wasserwirtschaft - ein aktualisierter Statusbericht - reposiTUm
Originalarbeit

                                                                                         (Vergangenheit) zeigt folgendes Bild:
                                                                                         Im Innviertel und Mühlviertel erge-
                                                                                         ben sowohl die Trendanalysen als auch
                                                                                         die Szenarien Anstiege. Am nördlichen
                                                                                         Alpenrand zeigen die Trendanalysen
                                                                                         Anstiege (möglicherweise wegen ver-
                                                                                         änderter atmosphärischer Zirkulations-
                                                                                         muster), die Szenarien zeigen jedoch
                                                                                         etwa gleichbleibende Hochwässer we-
                                                                                         gen geringer Änderung in den proji-
                                                                                         zierten Monatsniederschlägen und der
                                                                                         früheren Schneeschmelze. Die Aussa-
                                                                                         ge, dass die natürliche Variabilität der
                                                                                         Hochwässer wesentlich größer ist als
                                                                                         die Änderung zufolge des Klimawan-
                                                                                         dels, bleibt bestehen.

                                                                                         4 Niederwasser und
                                                                                           Grundwasserneubildung

                                                                                         4.1 Situation in der Vergangenheit

                                                                                         Zur Beschreibung trockener meteo-
                                                                                         rologischer Bedingungen und deren
                                                                                         Trends können Dürre-Indizes wie der
                                                                                         Standardized Precipitation Evapotran-
                                                                                         spiration Index (SPEI) herangezogen
                                                                                         werden, der die klimatische Wasserbi-
                                                                                         lanz (Niederschlag minus potenzieller
                                                                                         Verdunstung) abbildet (Vincente-Ser-
Abb. 8 Trends des Standardized Precipitation Evapotranspiration Index (SPEI) im          rano et al. 2010). Trends des SPEI für
Sommer (Juni–August) und Winter (Dezember–Februar; Laaha et al. 2014). Ein Trend         den Zeitraum 1976–2014 auf Basis der
von –0,1 pro Dekade entspräche einer Änderung von im Mittel normalen Bedingungen         HISTALP Daten (Auer et al. 2007; Has-
(SPEI 0) hin zu im Mittel mäßig trockenen Bedingungen (SPEI –1) über einen Zeitraum      linger et al. 2014) (Abb. 8) ähneln im
von 100 Jahren (vgl. Vincente-Serrano et al. 2010; McKee et al. 1993)                    Winter den Trends des Niederschlags.
                                                                                         Im Sommer sind in manchen Gebieten
nisse der Monte-Carlo-Simulationen          2014). Dabei wird angenommen, dass           Österreichs (Norden, Osten) negative
anzupassen sind (Tab. 2). Im Vergleich      sich die Verteilungsfunktion der Hoch-       Trends des SPEI festzustellen, obwohl
zur Vorgängerstudie verschiebt sich         wasserabflüsse mit der Zeit ändert.          der Niederschlag in diesem Zeitraum
in Westösterreich eine Abnahme der          Šraj et al. (2016) zeigten, dass die jähr-   leicht zugenommen hat. Dies ist auf
HQ100 um bis zu –4 % auf nahezu kei-        liche Niederschlagssumme ein guter           den Anstieg der potenziellen Verduns-
ne Änderung. In Ost- und Südöster-          Indikator für die Änderung der Ver-          tung zurückzuführen. Duethmann und
reich verschiebt sich eine Zunahme          teilungsfunktion ist, wobei sich das         Blöschl (2018) zeigten durch einen Ver-
der HQ100 um bis zu +7 % auf eine ge-       HQ10 um 8 % erhöht, wenn der Jahres-         gleich mehrerer Methoden (z. B. Pen-
ringere Zunahme von bis zu +5 %. In         niederschlag um 10 % zunimmt. Nach           man-Monteith, Verdunstungswannen),
den anderen Regionen (Traun, Enns,          Datenauswertungen von Perdigão and           dass die potenzielle Verdunstung vor
Erlauf, Traisen, Innviertel, Mühlviertel,   Blöschl (2014) erhöht sich das mittlere      allem in den 1980er- und 1990er-Jah-
Waldviertel) gibt es keine Änderung im      Jahreshochwasser (MHQ) um zwischen           ren wegern höherer Lufttemperatur
Vergleich zur Vorgängerstudie. Insbe-       5 % (nördliche Alpen) und 16 % (Ostös-       und stärkerer Einstrahlung stark zuge-
sondere in der Region Innviertel, Mühl-     terreich) bei einer Zunahme des Jahres-      nommen hat (siehe auch Abb. 3 und
viertel bleibt die erwartete Zunahme        niederschlags um 10 %. Eine Zunahme          Brunetti et al. 2009).
von +10 % bestehen. Im Mittel über alle     des Jahresniederschlags bis 2021–2050           Trendauswertungen der beobach-
Regionen war die Änderung des HQ100         um 6 % (Abb. 4) würde demnach ei-            teten    Jahresniederwasserdurchflüsse
in der Vorgängerstudie +2 %, durch die      ner Zunahme des MHQ um zwischen              Q95 (der Durchfluss der im jeweiligen
Aktualisierung ändert sich dieser Wert      ca. 3 und 10 % entsprechen. Der Vor-         Jahr an 95 % der Tage überschritten
nicht. Das bedeutet, dass im Wesentli-      teil dieser Methode besteht darin, dass      wird) in Österreich für den Zeitraum
chen die Aussagen der Vorgängerstudie       der zukünftige Jahresniederschlag zu-        1976–2014 (Abb. 9, Tab. 3, harte Aus-
durch die neuen Informationen bestä-        verlässiger bestimmt werden kann als         sagen) zeigen ähnliche Änderungen
tigt werden.                                der zukünftige extreme Ereignisnieder-       wie im Zeitraum 1976–2007. Im Alpen-
    Ein alternativer Ansatz zur Bestim-     schlag.                                      raum sind größtenteils Zunahmen der
mung sich veränderter Hochwasser-               Ein Vergleich der Szenarien und          Niederwasserdurchflüsse zu verzeich-
wahrscheinlichkeiten ist die instatio-      der instationären Hochwasserstatis-          nen. In Gebieten mit einer Seehöhe
näre Hochwasserstatistik (Delgado et al.    tik (Zukunft) mit den Trendanalysen          von über 900 m zeigen 22 % der Pegel-

468                            Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs Wasserwirtschaft – ein aktualisierter Statusbericht
Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs Wasserwirtschaft - ein aktualisierter Statusbericht - reposiTUm
Originalarbeit

                                                                                                      lag, war die jahreszeitliche Verteilung
                                                                                                      unterschiedlich. Die Sommernieder-
                                                                                                      schläge haben deutlich zugenommen
                                                                                                      (+14 % für den Zeitraum 1996–2014 im
                                                                                                      Vergleich zu 1976–1995), die Winter-
                                                                                                      niederschläge hingegen abgenommen
                                                                                                      (–7 %) (Abb. 1). Die Winter 2008–2014
                                                                                                      waren im Süden und Südosten Öster-
                                                                                                      reichs niederschlagsreich. Eine Erhö-
                                                                                                      hung des Wintersniederschlags lässt auf
                                                                                                      eine erhöhte Grundwasserneubildung
                                                                                                      im Frühjahr schließen. Entsprechend
                                                                                                      der Entspannung der Niederwasser-
                                                                                                      trends dürften sich die abnehmenden
                                                                                                      Trends der Grundwasserneubildung in
                                                                                                      den letzten Jahren abgeschwächt haben
                                                                                                      (mittelharte Aussage). Im Westen wa-
Abb. 9 Trends der Jahresniederwasserdurchflüsse Q95 für den Zeitraum 1976–2014.                       ren die Winter 2008–2014 eher nieder-
Große Kreise blau: signifikant steigende Trends, d. h. Zunahme des Q95. Große Kreise                  schlagsarm, was auf eine etwas redu-
rot: signifikant fallende Trends. Kleine Kreise: Trends nicht signifikant (Signifikanzniveau          zierte Grundwasserneubildung schlie-
5 %). Kreuze zeigen Pegel, die durch Überleitungen oder Speicher beeinflusst sind                     ßen lässt. Trendanalysen im Zeitraum
                                                                                                      1976–2006 (Blaschke et al. 2011) zeig-
einzugsgebiete einen signifikant stei-                  ten auch die Sommerniederschläge              ten, dass rund 70 % der Messstellen in
genden Trend (Vorgängerstudie 12 %).                    gestiegen sind (Abb. 1), führte die stär-     Österreich keinen signifikanten, 12 %
Dem gegenüber haben nur in 1 % (Vor-                    kere Verdunstung zu (nicht signifikant)       einen signifikant steigenden und 18 %
gängerstudie 3 %) der Gebiete die Nie-                  fallenden Trends des Niederwasser-            einen signifikant fallenden Trend im
derwasserdurchflüsse signifikant abge-                  durchflusses an mehreren Pegeln. Der          Jahresmittel des Grundwasserstandes
nommen. Dies ist auf den geringeren                     mittlere Trend der Q95 in Gebieten über       aufweisen. Das heterogene Bild aus der
Schneerückhalt (Abb. 2) zurückzufüh-                    900 m betrug +3,7 %/Dekade (Vorgän-           Vorgängerstudie dürfte auch mit den
ren. Ein größerer Teil des Niederschlags                gerstudie +2,3 %/Dekade), in Gebieten         aktualisierten Informationen zur Was-
kommt als Regen direkt zum Abfluss                      unter 900 m betrug er +2,2 %/Dekade           serbilanz Gültigkeit haben. Diese Inter-
und die Schneedeckenperiode ist kür-                    (Vorgängerstudie –2,6 %/Dekade). Die          pretation wird durch die verhältnismä-
zer, wodurch sich die Durchflüsse im                    abnehmenden Trends im Flachland ha-           ßig gleichbleibenden Jahresabflüsse im
Winterhalbjahr, in denen die Nieder-                    ben sich also im Vergleich zur Vorgän-        Mittel über Österreich (Abb. 3) gestützt.
wässer auftreten, erhöhen.                              gerstudie abgeschwächt. Das ist darauf
    Unter 900 m Seehöhe haben in 4 %                    zurückzuführen, dass die letzten Jahre        4.2 Situation in der Zukunft
der Gebiete die Niederwasserdurchflüs-                  eher niederschlagsreich waren.
se signifikant abgenommen, vor allem                        Eine Analyse der einzelnen Was-           Haslinger et al. (2015) wertete ein En-
im Innviertel. Die Abnahme der Durch-                   serbilanzkomponenten erlaubt auch             semble an regionalen Klimasimulatio-
flüsse fällt deutlich geringer aus als                  Aufschlüsse über klimainduzierte Ver-         nen mit unterschiedlichen Treibhaus-
in der Vorgängerstudie, in der 10 %                     änderungen hinsichtlich der Grund-            gasszenarien für den Alpenraum aus,
der Gebiete signifikant abnehmen-                       wasserneubildung und damit auch hin-          um zukünftige Dürresituationen abzu-
de Niederwasserdurchflüsse zeigten.                     sichtlich der quantitativen Grundwas-         schätzen. Die Modelle zeigen gegen En-
Im Flachland des Nordens, Ostens so-                    serverhältnisse in Form der Grund-            de des 21. Jahrhunderts meist deutlich
wie Südostens besteht der wesentliche                   wasserstände. Während der Jahresnie-          trockenere Bedingungen gemessen am
Niederwassermechanismus in der Ver-                     derschlag im letzten Jahrzehnt auf ei-        SPEI als derzeit. Diese Änderung geht
dunstung im Sommer, die gestiegen                       nem relativ hohen Niveau im Vergleich         auch mit einer Erhöhung der Varianz
ist. Obwohl in den letzten Jahrzehn-                    zum Mittelwert des 20. Jahrhunderts           zwischen den Jahren einher. Die Ände-

 Tab. 3 Prozent der Pegel mit signifikant steigenden und fallenden Trends der Q95 Niederwasserdurchflüsse in Österreich. h ist
 die mittlere Einzugsgebietshöhe. Entsprechend dem gewählten Signifikanzniveau von 5 % (jeweils 5 % an den beiden Enden der
 Verteilung) sind Werte von 5 % und kleiner als zufällig anzusehen
                              Anzahl der Pegel   1976–2007                                       1976–2014
                                                 (min. 25 Jahre)                                 (min. 32 Jahre)
                                                 Anteil d. Pegel [%] mit                         Anteil d. Pegel [%] mit
                                                 Steigendem          Nicht signif.   Fallendem   Steigendem          Nicht signif.   Fallendem
                                                 Trend               Trend           Trend       Trend               Trend           Trend
 Alle Gebiete in Österreich   458                7                   86              7           16                  82              2
 Seehöhe                      222                3                   87              10          11                  85              4
 h < 900 m
 Seehöhe                      236                12                  85              3           22                  77              1
 h > 900 m

Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs Wasserwirtschaft – ein aktualisierter Statusbericht                                               469
Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs Wasserwirtschaft - ein aktualisierter Statusbericht - reposiTUm
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                                                                                       mulationen geben einen Hinweis auf
                                                                                       die Unsicherheiten. Die Zunahme der
                                                                                       Niederwasserdurchflüsse in den Alpen
                                                                                       ist bei beiden Simulationsrechnungen
                                                                                       eindeutig, die Abnahme im Osten und
                                                                                       Südosten ist weniger klar. Da im Osten
                                                                                       und Südosten der Abfluss besonders
                                                                                       sensitiv auf das Niederschlagsverhal-
                                                                                       ten reagiert (Blaschke et al. 2011) ist
                                                                                       auch dessen Unsicherheit zufolge des
                                                                                       Niederschlags groß. Ändern sich die
                                                                                       Niederschläge nicht, ist für den Osten
                                                                                       und Südosten zufolge der erhöhten
                                                                                       Verdunstung mit einer deutlichen Ab-
                                                                                       nahme der Niederwasserdurchflüsse zu
                                                                                       rechnen. Im ungünstigsten Fall kann
                                                                                       diese Abnahme bis zu 30 % betragen
                                                                                       (Abb. 11 unten).
                                                                                           Die Szenarienrechnungen lassen für
                                                                                       den Zeitraum 2021–2050 gegenüber
                                                                                       1971–2000 eine Zunahme der Winter-
                                                                                       niederschläge in ganz Österreich er-
                                                                                       kennen (Abb. 4). Diese kann zu einer
                                                                                       Zunahme der Grundwasserneubildung
                                                                                       führen, die vorwiegend im Winter und
                                                                                       im Frühjahr stattfindet. Andererseits
                                                                                       wird ein Teil des zusätzlichen Nieder-
                                                                                       schlags durch die erhöhte Verdunstung
                                                                                       aufgebraucht, die besonders im Os-
                                                                                       ten Österreichs groß ist. In den nie-
                                                                                       derschlagsarmen Regionen im Osten
                                                                                       Österreichs können damit eher sin-
                                                                                       kende bzw. möglicherweise sich wenig
                                                                                       ändernde Grundwasserstände erwar-
                                                                                       tet werden (mittelharte Aussage). Dies
                                                                                       entspricht der Aussage der Vorgän-
Abb. 10 Wiederkehrintervall eines extremen Dürrezustands (SPEI < –2) im Sommer         gerstudie. In den Alpen und nördlich
(Juni–August) und Winter (Dezember–Februar) für den Zeitraum 207–2100 im Vergleich     der Alpen ist eher eine Zunahme der
zu 1971–2000 (Wiederkehrintervall 23 Jahre); braune Farben zeigen eine höhere Wahr-    Grundwasserneubildung zu erwarten.
scheinlichkeit der Dürre an. Globales Klimamodell ECHAM5, regionales Klimamodell       Für den Süden Österreichs (Kärnten,
COSMO-CLM, Szenario A1B (Haslinger et al. 2015)                                        Steiermark), wo nun eine Zunahme der
                                                                                       Winterniederschläge erwartet wird, ist
rung des Wiederkehrintervalls für ein      unterskaliert, und die Änderung von         mit einer Zunahme oder einem Gleich-
extremes Dürre-Ereignis, welche für die    Niederschlag und Lufttemperatur bei         bleiben der Grundwasserneubildung zu
Referenzperiode (1971–2000) bei 23 Jah-    der Niederschlag-Abflussmodellierung        rechnen (mittelharte Aussage). Im Ver-
ren liegt, ist in Abb. 10 für die Winter   berücksichtigt. Zwei Beispiele sind in      gleich dazu hatte die Vorgängerstudie
und Sommer im Zeitraum 2071–2100           Abb. 11 dargestellt. Für die Alpen Ös-      im Süden Österreichs einer Abnahme
dargestellt. Im Winter werden in den       terreichs (Niederwasser treten im Win-      der Grundwasserneubildung angege-
alpinen Gebieten die Wahrscheinlich-       ter auf ) zeigt sich eine Zunahme der       ben. Prognosen über Änderungen der
keiten der Dürre kleiner, im Flachland     Q95 Niederwasserdurchflüsse von et-         Grundwasserstände einzelner Messstel-
zeigen sich nur geringe Änderungen.        wa 10–30 % (Zeitraum 2021–2050 im           len sind jedoch nach dem derzeitigen
Im Gegensatz dazu ist im Sommer eine       Vergleich zu 1978–2007) (harte Aussa-       Kenntnisstand nicht möglich, da die-
stark erhöhte Wahrscheinlichkeit für       ge). In den niedrig gelegenen Gebie-        se von den lokalen Verhältnissen ein-
Dürre zu verzeichnen, wobei dieses Si-     ten Österreichs sowie im Alpenvorland       schließlich der menschlichen Eingriffe
gnal südlich der Alpen noch deutlicher     (Niederwasser treten im Sommer auf )        geprägt werden.
ist als im Norden.                         zeigen die Simulationen differenzierte
    Seit der Vorgängerstudie wurden        Ergebnisse. Je nach Klimaszenario und       5 Zusammenfassung und
verschiedene Simulationsrechnungen         Modellkombination wird eine leichte           Schlussfolgerungen
für zukünftige Niederwässer und Dür-       Zunahme oder eine deutliche Abnahme
ren in Österreich durchgeführt (siehe      berechnet. Ein plausibler Wert ist eine     Die Verdunstung hat in den letzten
z. B. Laaha et al. 2016). Dabei wurden     mögliche Abnahme von etwa 10–20 %           drei Jahrzehnten im Mittel für Öster-
die Ergebnisse globaler Klimamodelle       (mittelharte Aussage). Die Unterschiede     reich um etwa 80 mm/a zugenommen,
mittels regionaler Klimamodelle hin-       der beiden in Abb. 11 gezeigten Si-         der Jahresniederschlag ebenfalls ent-

470                            Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs Wasserwirtschaft – ein aktualisierter Statusbericht
Auswirkungen der Klimaänderung auf Österreichs Wasserwirtschaft - ein aktualisierter Statusbericht - reposiTUm
Originalarbeit

                                                                                        Niederwasser von etwa 10–20 % eintre-
                                                                                        ten (mittelharte Aussage). Eine Orien-
                                                                                        tierung über die wasserwirtschaftlichen
                                                                                        Konsequenzen der Niederwassersitua-
                                                                                        tionen bei Klimaänderung im Sommer
                                                                                        können die Niederwasserjahre 2003
                                                                                        und 2015 geben.
                                                                                            Entsprechend der Entspannung der
                                                                                        Niederwassertrends dürften sich die
                                                                                        abnehmenden Trends der Grundwas-
                                                                                        serneubildung in den letzten Jahren
                                                                                        abgeschwächt haben (mittelharte Aus-
                                                                                        sage). Für die Zukunft (Zeithorizont
                                                                                        2021–2050 im Vergleich zur derzeiti-
                                                                                        gen Situation) wird ein regional un-
                                                                                        terschiedliches Verhalten erwartet. Im
                                                                                        Süden Österreichs, wo eine Zunahme
                                                                                        der Winterniederschläge erwartet wird,
                                                                                        könnte die Grundwasserneubildung
                                                                                        zunehmen oder gleich bleiben. Im Nor-
                                                                                        den und Westen Österreichs könnte sie
                                                                                        zunehmen, und in den niederschlags-
                                                                                        armen Regionen im Osten Österreichs
                                                                                        ist künftig eine Abnahme der Grund-
                                                                                        wasserneubildung oder eine geringere
                                                                                        Änderung wahrscheinlich (mittelharte
                                                                                        Aussage).
                                                                                            Insgesamt sind die Änderungen im
                                                                                        Vergleich zur Vorgängerstudie (ZAMG
                                                                                        und TU Wien 2011) nicht sehr groß.
                                                                                        Damit sind auch die im Nationaler
Abb. 11 Änderung des Q95-Niederwasserdurchflusses für den Zeitraum 2021–2050
                                                                                        Gewässerbewirtschaftungsplan       2015
im Vergleich zu 1978–2007 berechnet mit einem kontinuierlichen Niederschlag-
                                                                                        (BMLFUW 2015) dargestellten Anpas-
Abflussmodel. Oben: globales Modell ECHAM5, regionales Modell CLM ZAMG,
                                                                                        sungsstrategien weiterhin aktuell. Die
Klimaszenario A2. Unten: globales Modell HadCM3, regionales Modell CLM AIT, Kli-
                                                                                        zusätzlich empfohlenen Anpassungs-
maszenario A1B. Blau: Zunahme des Q95, rot: Abnahme des Q95 (Laaha et al. 2014)
                                                                                        maßnahmen beschränken sich deshalb
                                                                                        auf wenige Punkte, wie etwa, Oberflä-
sprechend zugenommen, wodurch sich          wartet, die im Bereich von –4 bis +10 %     chenabfluss und Hangwasser (pluviales
der Abfluss wenig geändert hat (harte       liegen dürften (weiche Aussage). Natür-     Hochwasser) verstärkte Aufmerksam-
Aussage). Für die Zukunft (Zeithorizont     liche Schwankungen der Hochwässer           keit zu widmen. Weiterhin sind die et-
2021–2050 im Vergleich zur derzeitigen      sind wesentlich größer als Änderungen       was zunehmenden Hochwässer im Nor-
Situation) könnte im Südosten Öster-        aufgrund des Klimawandels (mittel-          den Österreichs im Auge zu behalten,
reichs der mittlere jährliche Abfluss       harte Aussage). Die Einführung eines        sowie die zunehmende Verdunstung,
abnehmen (weiche Aussage). Die natür-       generellen Klimazuschlags für Bemes-        die sich negativ auf die Wasserverfüg-
liche Variabilität des mittleren jährli-    sungswerte ist nach dem derzeitigen         barkeit auswirken könnte.
chen Abflusses zwischen den Jahren ist      Stand nicht erforderlich. Hochwässer
größer als die zufolge Klimaänderung        durch Oberflächenabfluss und Hang-          Danksagung Diese Studie wurde durch-
im Zeitraum 2021–2050 zu erwartenden        wasser (pluviales Hochwasser) sind ein      geführt im Auftrag des BMNT, Sektion
Änderungen (mittelharte Aussage).           Thema, dem verstärkt Aufmerksamkeit         I V und der wasserwirtschaftlichen
   Im Vergleich zur Vorgängerstudie ha-     geschenkt werden sollte.                    Abteilungen der Ämter der Landes-
ben sich die zunehmenden Trends der            Im Vergleich zur Vorgängerstudie         regierungen Österreichs. Wir danken
gemessenen Hochwasserabflüsse etwas         haben sich die abnehmenden Trends           den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
verstärkt. Dadurch hat sich die Hoch-       der gemessenen Niederwasserabflüsse         dieser Institutionen für die konstruk-
wasserproblematik ebenfalls verschärft      etwas abgeschwächt, da die letzten Jah-     tive Begleitung der Studie. Die Daten
(harte Aussage). Starkniederschlagsrele-    re eher niederschlagsreich waren (harte     wurden vom Hydrographischen Zen-
vante Zugbahnen dürften in den nächs-       Aussage). Für die Zukunft (Zeithorizont     tralbüro, den hydrografischen Diensten
ten Jahrzehnten an Häufigkeit nicht         2021–2050 im Vergleich zur derzeiti-        der Länder und der Zentralanstalt für
zunehmen, aber könnten intensivere          gen Situation) werden in den Alpen          Meteorologie und Geodynamik zur Ver-
Niederschläge bringen. Für die Zukunft      Österreichs deutlich höhere Abflüsse        fügung gestellt.
(Zeithorizont 2021–2050 im Vergleich        bei Winterniederwasser erwartet (um
zur derzeitigen Situation) werden regio-    10–30 %) (harte Aussage). In den Flach-     Funding Open access funding provided
nal unterschiedliche Änderungen der         landregionen Ost- und Südösterreichs        by TU Wien (TUW).
Abflüsse bei Hochwässern (HQ100) er-        kann eine Abnahme der Abflüsse bei

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Originalarbeit

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