B-6-5 Förderschwerpunkt Wahrnehmung Fokus: Basissinne LV: Wahrnehmung und Lernentwicklung - Block am 22.3.2021
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22.3.2021 B-6-5 Förderschwerpunkt Wahrnehmung Fokus: Basissinne LV: Wahrnehmung und Lernentwicklung Sommersemester 2021 Wahrnehmung und Lernentwicklung Dipl.-Päd. Dr.in Ursula Axmann-Leibetseder 4. Block am 22.3.2021
22.3.2021 Inhalt 4. Block • Aufmerksamkeit und Lernen • Aufmerksamkeitsstörungen • Gedächtnis und Lernen Wahrnehmung und Lernentwicklung
22.3.2021 Aufmerksamkeit (vgl. Rosenkötter 2013, S. 175f) • Wenn das Gehirn große Informationsmengen parallel verarbeiten muss, dann stellt sich die Frage: Wie kann erreicht werden, dass das Verhalten durch • die richtige Information Wahrnehmung und Lernentwicklung • zur richtigen Zeit • in der richtigen Reihenfolge • auf die richtigen Objekte gelenkt wird?
22.3.2021 • Die Aufmerksamkeit verleiht die Fähigkeit gleichzeitig oder nacheinander verschiedene Reize (Farben, Formen,…) in das Zentrum der Bewusstheit heranzuholen und die verschiedenen Reize miteinander zu vergleichen. • Aufmerksamkeit ist weder ein isoliertes „Phänomen“ noch eine isolierte Wahrnehmung und Lernentwicklung Hirnfunktion, sondern dient zusammen mit der Wahrnehmung, dem Gedächtnis und unseren Vorkenntnissen zur Bewältigung von Alltagsleistungen und zur Bewältigung von kognitiven Komplexleistungen.
22.3.2021 In der Forschung werden verschiedene Formen der Aufmerksamkeit differenziert: • Ungerichtete Aufmerksamkeit (alertness) • Gerichtete (selektive oder fokussierte) Aufmerksamkeit Geteilte Aufmerksamkeit Wahrnehmung und Lernentwicklung • • Langfristige Aufmerksamkeit
22.3.2021 Aufmerksamkeit und Lernen (vgl. Spitzer 2006, S. 141-156) • Lernen findet durch die Modifikation synaptischer Übertragungsstärke statt. • mehr Aktivität im neuronalen Gewebe => mehr Veränderung von Synapsenstärken => mehr Lernen Wahrnehmung und Lernentwicklung • Aufmerksamkeit wichtig für Lernen! => Aufmerksamkeit auf etwas aktiviert neuronale Strukturen in einem bestimmten Bereich => Lernen findet statt
22.3.2021 Conclusio • Ausmaß des Behaltens von dargebotenem Material ist abhängig von Aufmerksamkeitsprozessen • => Je aufmerksamer, desto mehr wird behalten • Selektive Aufmerksamkeit verursacht Zunahme der Aktivierung in bestimmten Gehirnarealen (z.B. Farbe, Bewegung, …) Wahrnehmung und Lernentwicklung Effekt der zusätzlichen Aktivierung durch selektive Aufmerksamkeit spielt zentrale Rolle bei Einspeicherung von Gedächtnisinhalten! => Wie kann LehrerIn Aufmerksamkeit der SchülerInnen auf das richten, was gelernt werden soll?
22.3.2021 Symptomatik und Diagnostik der Aufmerksamkeitsstörung (vgl. Rosenkötter 2013, S. 176) Aufmerksamkeitsstörungen: • „Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom“ (ADS) • Aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitätssyndrom (ADHS) • Engl.: „Attention Deficit (Hyperactivity) Disorder (ADD/ADHD). Die Diagnose basiert in erster Linie auf Beobachtung Wahrnehmung und Lernentwicklung und richtet sich nach den Kernsymptomen: • Verringerte Daueraufmerksamkeit • Motorische Unruhe • Erhöhte Ablenkbarkeit • Vermehrte Impulsivität
22.3.2021 ICD-10 und DSM-IV ICD-10: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, Tenth Revision: „Hyperkinetischen Störungen“ Wahrnehmung und Lernentwicklung DSM-IV: Diagnostic and Statistical Manual of the American Psychiatric Association: "Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung" (ADHS)
22.3.2021 ICD-10 • Abschnitt V „Psychische und Verhaltensstörungen“ (F00-F99) • F9 „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ • Im Kapitel F90 werden wiederum folgende Diagnosekriterien unterschieden: F90 hyperkinetische Störungen Wahrnehmung und Lernentwicklung F90.0 einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung F90.1 hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens F90.8 sonstige hyperkinetische Störungen F90.9 nicht näher bezeichnete hyperkinetische Störungen
22.3.2021 Symptomkriterien nach ICD-10 und DSM-IV (vgl. Döpfner et al. 2000, S. 2) A) Unaufmerksamkeit B) Hyperaktivität C) Impulsivität Wahrnehmung und Lernentwicklung
22.3.2021 Prävalenz von ADS/ADHS • Schon während der ersten fünf Lebensjahre erkennbar • Knaben häufiger betroffen als Mädchen Wahrnehmung und Lernentwicklung • Zahlen schwanken stark, je nach Diagnoseinstrument zw. 2,4% und 17%
22.3.2021 Differentialdiagnose • Fragiles-X-Syndrom • Fetales Alkoholsyndrom • Tiefgreifende Entwicklungsstörungen, z.B. Asperger-Autismus Schilddrüsenüberfunktion Wahrnehmung und Lernentwicklung • • Drogenmissbrauch • Posttraumatische Belastungsstörung • Angststörung
Komorbide Störungen 22.3.2021 • Als komorbide Störung wird eine psychische Störung bezeichnet, die neben einer anderen, primären psychischen Störung vorhanden ist. • Häufigkeit komorbider Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit hyperkinetischen Störungen (Döpfner et al. 2000, S. 7): 50% oppositionelle Störung des Sozialverhaltens Wahrnehmung und Lernentwicklung 30-50 % Störung des Sozialverhaltens (ohne oppositionelle Verhaltensstörung) 10-40 % affektive, vor allem depressive Störungen 20-25 % Angststörungen, Lernstörungen, Teilleistungsschwächen bis 30 % Tic-Störungen oder Tourette-Syndrom
22.3.2021 Pathogenese (vgl. Döpfner et al. 2000, S. 9-16) • Neurobiologische Faktoren Genetische Faktoren Schädigungen des Zentralnervensystems Allergische Reaktionen Wahrnehmung und Lernentwicklung • Neuroanatomische und neurophysiologische Auffälligkeiten • Neuropsychologische Befunde und Modelle • Psychosoziale Faktoren
22.3.2021 ADS/ADHS und Medien (vgl. Rosenkötter 2013, S. 182f) • Untersuchungen, z.B. USA 2004: - Kinder in den USA schauen im Alter von einem Jahr ca. 2,2 Std. und im Alter von 3 Jahren ca. 3,5 Stunden fern. - So ein Konsum an visueller Beeinflussung erhöht Wahrnehmung und Lernentwicklung Risiko um 28% • - Mit 7 Jahren hatten 10% der Kinder ADS. - Fernsehkonsum von mehr als 2 Stunden täglich u. eigenes Gerät im Zimmer, kann gravierende Auswirkungen haben: soziale Probleme, Übergewicht, Lernschwierigkeiten, Aufmerksamkeitsschwierigkeiten, aggressives Verhalten
22.3.2021 Therapie (vgl. Rosenkötter 2013, S. 183-185) • Aufklärung, Zusammenarbeit und Beratung von Eltern, von Kindern und Jugendlichen und der pädagogischen Fachleute (Psychoedukation) • Psychologische und kinder- und jugendpsychiatrische Psychotherapie, vor allem Verhaltenstherapie • Verschiedene Therapieprogramme, z.B. Marburger Konzentrationstraining. • Programme zur Förderung sozialer Kompetenzen Wahrnehmung und Lernentwicklung • Psychomotorik • Ergotherapie • Behandlung von begleitenden komorbiden Störungen • Heilpädagogische Therapie • Neurofeedback • Diätprogramme • Medikamentöse Therapie
22.3.2021 Verlauf hyperkinetischer Störungen (vgl. Döpfner et al. 2000, S. 16-20) Säuglings- und Kleinkindalter: • sehr hohes psychophysiologisches Aktivitätsniveau • ungünstige Temperamentsmerkmale Wahrnehmung und Lernentwicklung (Schlafprobleme, Essprobleme, gereizte Stimmung) und negative Eltern-Kind- Interaktion
22.3.2021 Vorschulalter: • Hyperaktivität (ziellose Aktivität) • geringe Spielintensität und -ausdauer • Entwicklungsdefizite • oppositionelles Verhalten Wahrnehmung und Lernentwicklung • Risikofaktoren für ungünstige Entwicklung: aversive Eltern-Kind-Interaktion, Aggressivität des Kindes, Entwicklungsdefizite
22.3.2021 Grundschulalter: • Schuleintritt! • Unruhe/Ablenkbarkeit im Unterricht • Lernschwierigkeiten/Teilleistungsschwächen Wahrnehmung und Lernentwicklung • Umschulungen/Klassenwiederholungen • aggressives Verhalten (mind. 30-50 %) • Ablehnung durch Gleichaltrige • Leistungsunsicherheit/Selbstwertprobleme
22.3.2021 Jugendalter: • Verminderung der motorischen Unruhe • Aufmerksamkeitsstörungen persistieren häufig • aggressives Verhalten Wahrnehmung und Lernentwicklung • dissoziales Verhalten/Delinquenz (30 %) • Alkohol-/Drogenmissbrauch • emotionale Auffälligkeiten
22.3.2021 Erwachsenenalter: • Persistenz hyperkinetischer Symptome bei 30-60 % • ausgeprägte Symptomatik bei ca. 30 % • geringere Schulbildung Wahrnehmung und Lernentwicklung • Delinquenz und dissoziale Persönlichkeitsstörung bei etwa 15-30 %
22.3.2021 Gedächtnis und Lernen Der Gedächtnisbegriff • Das Gedächtnis ist kein passiver Informationsspeicher. • „Gedächtnis ist neben der Wahrnehmung, der Aufmerksamkeit und der emotionalen Steuerung eine der wichtigsten Funktionen des Lernens.“ (Rosenkötter 2013, S. 173) Wahrnehmung und Lernentwicklung • Lernen und Gedächtnis sind untrennbar miteinander verbunden. • Lernen: Prozesse der Aneignung Gedächtnis: Vorgänge der Speicherung und des Abrufs
22.3.2021 Kodieren • Die Behaltensleistung ist in hohem Maße abhängig von der Aktivität des Lerners bei der Aneignung. • Kodierung bedeutet jede Art von Bearbeitung des Materials während des Lernens. • Besonders wichtig ist die Frage der optischen, akustischen oder motorischen Kodierung der Wahrnehmung und Lernentwicklung Information. • Als günstig für die Behaltensleistung hat sich eine duale Kodierung, eine Abspeicherung in Form von Sprache und Bildern, erwiesen. (vgl. Edelmann 1996, S. 6)
Untersuchungen von Ebbinghaus 22.3.2021 zum Gedächtnis • Gedächtniskurve von Ebbinghaus (1885): Wahrnehmung und Lernentwicklung • Wenn neues Wissen im Vorwissen „verankert“ wird (assimiliert), dann trifft die Vergessenskurve von Ebbinghaus nicht mehr zu.
22.3.2021 Gedächtnistheorien: Die Mehrspeichertheorie (vgl. Rosenkötter 2013, S. 171) Unterteilt in ein • Sensorisches Gedächtnis (Ultrakurzzeitgedächtnis): Visuell, akustisch, taktil-kinästhetisch Wahrnehmung und Lernentwicklung • Arbeitsgedächtnis (Kurzzeitgedächtnis): Kapazität ist individuell und wird als Gedächtnisspanne bezeichnet • Langzeitgedächtnis: Deklarativ episodisch – semantisch prozedural
22.3.2021 Steigern der Gedächtniskapazität (vgl. Rosenkötter 2013, S. 170) • Erhaltendes Wiederholen (z.B. Zahlenketten durch inneres Nachsprechen) • Elaborierendes Wiederholen: Anreicherung der Informationen mit Bedeutung (z.B. Ableitung eines Wortes aus einer Fremdsprache). Chunking: Zusammenfügen von kleinen Wahrnehmung und Lernentwicklung • Untereinheiten zu Informationsgruppen (z.B. Reimbildung, rhythmisierendes Sprechen) Ziel jeglichen Lernens ist es, Zugang zum Langzeitgedächtnis zu finden, Informationen dort zu speichern und die darin enthaltenen Informationen und Prozesse abrufbereit zu halten.
22.3.2021 Langzeitgedächtnis (vgl. Rosenkötter 2013, S. 165) Deklaratives Gedächtnis (explizit): • Semantisches Gedächtnis • Episodisches Gedächtnis Nicht-deklaratives Gedächtnis (implizit): Wahrnehmung und Lernentwicklung • Prozedurales Gedächtnis • Perzeptuelles Gedächtnis (Priming) • Nicht-assoziatives Lernen • Klassisches Konditionieren
22.3.2021 Eingeschränkte Gedächtniskapazität • Die Gedächtniskapazität wirkt sich auf wichtige Entwicklungsbereiche aus: Wortschatz, Grammatik, Lesen, Schreiben, Rechnen Wahrnehmung und Lernentwicklung • Auch Auswirkungen auf Alltagsbereiche
22.3.2021 Hinweise auf Schwächen nach Lepach & Petermann (2007): • Informationen werden nur unvollständig, falsch oder in geringer Menge behalten. • Das Kind fragt häufig nach, wirkt vergesslich. • Aufforderungen zu Handlungen werden oft unvollständig oder unter Nachfragen ausgeführt. Beim Lernen sind viele Wiederholungen notwendig, die Wahrnehmung und Lernentwicklung • trotzdem meist nicht zum Erfolg führen. • Es besteht der Eindruck, dass bereits bekannte Informationen wieder als neu erlebt werden. • Trotz normaler sprachlicher Fähigkeiten wird kaum über Erlebnisse berichtet. • Hinweise erleichtern das Erinnern nicht.
22.3.2021 Förderung und Therapie • Wissensbasis erweitern • Unterstützender Einsatz von Liedern, Reimen, Versen, … • Gewollte, regelmäßige Wiederholungen Wahrnehmung und Lernentwicklung • Verknüpfung von Handlungsketten mit begleitender Sprache • Assoziative Ausweitung von Wortbedeutungen, Wortfeldern und Überbegriffen (vgl. Rosenkötter 2013, S. 173)
22.3.2021 Arbeitsauftrag 4 Fassen Sie bitte die Informationen über Aufmerksamkeitsstörungen in Form einer Mindmap zusammen. Wahrnehmung und Lernentwicklung
22.3.2021 Literatur • Döpfner, M./Frölich, J./Lehmkuhl, G.: Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie. Band 1.- Göttingen: Hogrefe, 2000 • Doering Waltraut/Doering Winfried (Hrsg.): Sensorische Integration. Anwendungsbereiche und Vergleich mit anderen Fördermethoden/Konzepten.- Dortmund: borgmann, 1990 Wahrnehmung und Lernentwicklung • Edelmann, Walter: Lernpsychologie.- Weinheim: Psychologie Verlags Union, 1996 • Lepach, Anja/Petermann, Franz: Gedächtnisstörungen. Monatsschrift für Kinderheilkunde, 155, S. 753-763
22.3.2021 Literatur • Oerter, Rolf/Montada, Leo (Hrsg.): Entwicklungspsychologie.- Weinheim: Psychologie Verlags Union, 1995 • Rosenkötter, Henning: Motorik und Wahrnehmung im Kindesalter. Eine neuropädagogische Einführung.- Stuttgart: Kohlhammer, 2013 • Spitzer, Manfred: Lernen. Gehirnforschung und die Schule Wahrnehmung und Lernentwicklung des Lebens.- Heidelberg: Spektrum, 2006 • Online: http://www.medaustria.at/medaustria/f_icd10.html, 20.3.2021
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