BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT: GEMEINSAM UND NACHHALTIG GESTALTEN - Deutscher Naturschutzring
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Das Bündnis für Gemeinnützigkeit ist ein Zusammenschluss von großen Dachverbänden und unabhängigen Organisatio- nen des Dritten Sektors sowie von Experten und Wissenschaftlern. Diese repräsentieren Organisationen mit insgesamt über 15 Millionen Mitgliedern. Das Bündnis für Gemeinnützigkeit hat sich zum Ziel gesetzt, Identität, Gewicht, Außen- wirkung und kooperative Aktionsfähigkeit des Dritten Sektors gegenüber Politik und Verwaltung zu stärken. BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT: GEMEINSAM UND NACHHALTIG GESTALTEN Das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern für alle Lebensbereiche in Stadt und Land ist wichtiger denn je. Transformationsprozesse mit starker Zivilgesellschaft gestalten. Unser Land steht vor großen Transformationsprozessen. Klimapolitische Herausforderungen, die Bekämpfung von Polarisierung und Extremismus bis hin zur Stärkung von Kindern und Jugendli- chen nach der Pandemie – all das kann nur bewältigt werden, wenn Politik und eine starke Zivil- gesellschaft eng zusammenarbeiten. Zusammenhalt und Inklusion durch Teilhabe ermöglichen. Denn bürgerschaftliches Engagement schafft – gerade in schwierigen Zeiten – Orte des sozialen Miteinanders, der Bildung und Teilhabe für Menschen unterschiedlichster Generationen, religiö- ser und kultureller Zugehörigkeit, Herkünfte und Lebensumstände. Dadurch wirkt es auch der zu- nehmenden Ungleichheit in unserer Gesellschaft entgegen und schafft inklusive Zugänge für alle. Selbstorganisation und Eigensinn fördern. Wir fordern daher, das Prinzip der Selbstorganisation der Zivilgesellschaft zum allgemeinen Prin- zip von Engagementpolitik zu machen, bürgerschaftliches Engagement als Partner von Politik und Verwaltung auf Augenhöhe einzubinden. Den Einsatz der mehr als ein Drittel freiwillig engagierten Bürgerinnen und Bürger unterstützen. 28,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sind bürgerschaftlich aktiv - ein Großteil davon in einer der rund 630.000 gemeinnützigen Organisationen, von denen mindestens 70 Pro- zent ehrenamtlich organisiert sind. Indem die Engagierten für konkrete Themen bürgerschaft- liche Mitverantwortung übernehmen, gestalten sie aktiv unsere lebendige Demokratie mit. Demokratie braucht breite Räume für zivilgesellschaftliches Engagement außerhalb von Parteien. Wir erwarten von der künftigen Bundesregierung, dass sie diese Freiräume stets schützt und sie, wo erforderlich, erweitert. Engagierte und gemeinnützige Organisationen als Partner für Politik und Verwaltung stärker einbinden – gerade jetzt! Mit ihren Erfahrungen und Kompetenzen, ihren Netzwerken und gewachsenen Strukturen können Engagierte und gemeinnützige Organisationen dabei helfen, Lösungen für unsere gemeinsame Zukunft zu entwickeln. Dieses Potential der Engagierten und gemeinnützigen Organisationen zur Vorbereitung und Umsetzung politischer Entscheidungen ließe sich noch weitaus mehr nutzen und dadurch auch das Verständnis für politische Entscheidungsprozesse weiter erhöhen. Seite 1
Dialogbereite, dauerhafte und nachhaltige Engagementpolitik umsetzen. Damit die Engagierten und ihre gemeinnützigen Organisationen ihre Arbeit wirksam durchführen und konstruktiv zur Transformation unserer Gesellschaft beitragen können, ist es erforderlich, die rechtlichen Rahmenbedingungen für sie zu verbessern sowie ihre Infrastrukturen und Aktivi- täten zu stärken. Die nachfolgend aufgeführten Handlungsfelder sind in der der 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags besonders dringlich: 1. Engagementpolitik als Querschnittspolitik mit starker Koordination weiterentwickeln Dialog und Kooperation von bürgerschaftlichem Engagement und Politik finden in vielen Poli- tikfeldern statt. In Bildung und Entwicklungszusammenarbeit, Gesundheit und sozialen Diens- ten, Sport und Kultur, Klimapolitik und weiteren Feldern ist die Politik auf eine starke Zivil- gesellschaft angewiesen. Engagementpolitik ist damit auch Querschnittspolitik. Gleichzeitig braucht Engagementpolitik eine starke Koordination. Beides gilt es, in der kommenden Legis- laturperiode zukunftsfest weiterzuentwickeln. Wir fordern: Die Koordinationsfunktion, wie sie derzeit vom BMFSFJ in der Bundesregierung ausgeübt wird, muss in der kommenden Legislaturperiode gestärkt werden, um dadurch die Weiterentwicklung von Engagementpolitik zu einer echten Querschnittspolitik in allen Mini- sterien zu ermöglichen. 2. Vollausschuss Bürgerschaftliches Engagement in der 20. Legislaturperiode einrichten Dass die Perspektive gemeinnütziger Organisationen bei der Einführung eines Transparenzre- gisters nicht adäquat mitgedacht wurde und eine zivilgesellschaftliche Initiative überhaupt erst nötig gemacht hat, zeigt einmal mehr: Im Prozess der Gesetzgebung braucht es auch im Bundestag eine regulär mitberatende Struktur, die entsprechende Vorgänge aus Sicht des bürgerschaftlichen Engagements einbringt. Das kann nur durch die Aufwertung des Unteraus- schusses Bürgerschaftliches Engagement zu einem regulären Ausschuss gelingen. Ein solcher Vollausschuss soll durch einen erweiterten Funktionszuschnitt sowohl engagement- als auch demokratiepolitische Themen mitberaten. Wir fordern: Der Bundestag muss in der 20. Legislaturperiode zu den Themen Engagement- und Demokratiepolitik einen eigenständigen Vollausschuss einrichten. 3. Rechtsicheren, unbürokratischen, engagementförderlichen Rechtsrahmen schaffen Alle Formen des bürgerschaftlichen Engagements inklusive gewählter Ehrenämter dürfen nicht durch die zunehmende Bürokratie erstickt werden. Die Übernahme von Ehrenämtern wird aufgrund zunehmender Verwaltungsaufgaben, Meldepflichten und persönlicher Haf- tungsrisiken durch immer mehr und immer komplexer werdende Regulierung zunehmend un- attraktiver. Es bedarf einfacherer gesetzlicher Regelungen gerade auch im Gemeinnützig- keitsrecht. Daneben schränken starre Regelungen wie das Jährlichkeitsprinzip im Haushalts- recht und die fehlende Anerkennung von bürgerschaftlich engagierter eingebrachter Zeit als Eigenleistung die Fördermittelvergaben ein. Darüber hinaus darf die Verantwortung für staatliche Aufgaben nicht den Engagierten aufge- bürdet werden. Dies betrifft nicht nur mehrfache Meldepflichten in Registern, sondern auch die geplanten zusätzlichen Regelungen zur digitalen Spendenbescheinigung. Seite 2
Wesentlich für das bürgerschaftliche Engagement ist zudem, gerade im Gemeinnützigkeits- recht einen rechtsicheren Rahmen für das bürgerschaftliche Engagement zu schaffen. Dieser muss ein flexibles Agieren eines gemeinnützigen Sozialunternehmens ermöglichen. Nachweis- pflichten sind zu begrenzen. Dazu gehören nicht nur die Anpassung der Zweckbetriebsdefini- tionen in der Abgabenordnung zur Behebung ungerechtfertigter Einschränkungen von gemein- nützigen Sozialunternehmen, klare Regelungen der Umsatzsteuerbefreiungstatbestände im Umsatzsteuergesetz oder eine Klarstellung zum zulässigen Umfang politischer Tätigkeit von gemeinnützigen Organisationen, sondern auch Instrumente wie zum Beispiel eine Umsatz- steueranrufungsauskunft und Regelungen zur Haftungserleichterung wie die Business Judge- ment Rule im Gemeinnützigkeits- und Vereinsrecht. Wir fordern: Bürgerschaftliches Engagement ist zukünftig durch systematische Überprüfung aller Gesetzesentwürfe auf unnötige Folgekosten und übermäßigen administrativen Aufwand zu entbürokratisieren. Dies kann durch eine Erweiterung des Prüfauftrages des Normenkon- trollrates unter personeller Einbeziehung von Experten aus dem Kreis gemeinnütziger Organi- sationen erreicht werden. Registerstrukturen sind zu vereinfachen und doppelte Meldepflich- ten durch die Einführung eines digitalisierten Basisregisters oder des sog. „Once-only-Verfah- rens“ abzuschaffen. Die Fördermittelvergabe bedarf der konsequenten Deregulierung, wie zum Beispiel durch die entsprechende Anpassung der Bundeshaushaltsordnung und der Allge- meinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung. Es muss insgesamt ein rechtssicherer Rahmen für bürgerschaftliches Engagement geschaffen werden. Zu unseren Forderungen zum Gemeinnützigkeits- und Steuerrecht verweisen wir im Detail auf den beige- fügten rechtspolitischen Forderungskatalog. 4. Enquete-Kommission zum Beitrag bürgerschaftlichen Engagements für die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen einsetzen Die Bewältigung der COVID-19-Pandemie wäre ohne das mitwirkende Engagement für Be- troffene der Krise und das solidarische Zusammenwirken von Vereinen und Stiftungen in Kie- zen und Nachbarschaften nicht möglich gewesen. Dieser bürgerschaftliche Beitrag ist in der politischen Diskussion kaum reflektiert worden. Das ist umso bedenklicher, als auch Heraus- forderungen wie die Klimapolitik, der Dialog der Generationen oder die Bewahrung und Wei- terentwicklung einer inklusiven demokratischen Kultur die kollektive Handlungsfähigkeit un- serer Gesellschaft zur notwendigen Voraussetzung haben. Wir fordern: Der Bundestag soll in der 20. Legislaturperiode im Rahmen einer Enquete-Kom- mission Demokratie und bürgerschaftliches Engagement diesen Beitrag in zurückliegenden Krisen aufarbeiten. Daraus gilt es, Leitlinien für eine zukunftsfeste Politik zur Bewältigung anstehender Transformationsprozesse zu entwickeln. 5. Gesetz für eine wehrhafte Demokratie verabschieden Der zivilgesellschaftliche Einsatz für eine lebhafte und wehrhafte Demokratie und gegen jede Form von Extremismus bedarf einer Sicherung der etablierten Strukturen, die wirkungsorien- tiert, langfristig und sichtbar ist. Dies ist elementar für das demokratische Zusammenleben in unserer immer vielfältiger werdenden Gesellschaft. Das Demokratiefördergesetz bezie- hungsweise das Gesetz zur Förderung der wehrhaften Demokratie sollte jeweils sicherstellen, dass sich eine Bundeskompetenz zur nachhaltigen Strukturförderung auf zivilgesellschaftliche Infrastrukturen insgesamt bezieht. Denn zivilgesellschaftliche Handlungsräume sind Lernorte von Demokratie. Sie ermöglichen demokratische Lernprozesse und eine Praxis, die den Enga- gierten eine selbstwirksame Gestaltung der Gesellschaft im Kleinen ermöglicht. Seite 3
Wir fordern: Ein Gesetz zur Förderung einer wehrhaften Demokratie muss in der 20. Legisla- turperiode möglichst schnell verabschiedet werden. 6. Verlässliche Unterstützung engagementfördernder Infrastrukturen Für ein lebendiges Engagement braucht es eine nachhaltige Infrastruktur, die auf eine dauer- hafte und verlässliche Finanzierung bauen kann. Es bedarf einer Regelung, die es dem Bund ermöglicht, gemeinsam mit den Ländern und Kommunen eine dauerhafte Grundförderung des Engagements als Gemeinschaftsaufgabe zu gewährleisten. Nur so wird auch eine Handlungs- fähigkeit der Zivilgesellschaft möglich, die in Krisensituation immer wieder zum Tragen kam: sei es in der Hochwasserflut, bei der Aufnahme von Geflüchteten oder in der Corona-Pande- mie. Wir fordern: Um engagementfördernde Infrastrukturen und ihre wichtigen Leistungen nach- haltig abzusichern, soll die neue Bundesregierung eine gesetzliche Grundlage zur dauerhaf- ten Finanzierung von Einrichtungen der Engagementförderung entwickeln. 7. Förderung digitaler Kompetenzen im Engagement stärken Die Phase der Pandemie hat die Bedeutung der Nutzung von Möglichkeiten insbesondere der digitalen Kommunikation und Zusammenarbeit deutlich gemacht. Voraussetzung ist die tech- nische Ausstattung zivilgesellschaftlicher Akteure und die entsprechenden Kompetenzen. Bei- des sicherzustellen, überfordert viele gemeinnützige Organisationen. Wir fordern: Der Bund muss bei der Förderung und Weiterentwicklung von dezentralen Infra- strukturen der Engagementförderung einen Schwerpunkt auf den Aufbau digitaler Kompeten- zen setzen. Dazu gilt es, mit engagementfördernden Einrichtungen und Verbänden bei beste- henden Strukturen anzuknüpfen. Die bereits vielfach angekündigte „Bundeszentrale für digi- tale Aufklärung“ muss mit Blick auf Synergien auf diese dezentralen Strukturen und andere staatliche Einrichtungen (insb. Bundeszentrale für politische Bildung) geprüft werden. 8. Freiwilligendienste weiterentwickeln Der Erfolg der Freiwilligendienste ist an die Voraussetzung förderlicher politischer Rahmen- bedingungen geknüpft. Sie sind wichtige Zugänge ins Engagement, ermöglichen Teilhabe und stärken den sozialen Zusammenhalt sowie das demokratische Gemeinwesen. Das trifft ein- schließlich „Outgoing“ und „Incoming“ sowohl auf die innerdeutschen wie internationalen Formate und Formen zu. Wir fordern: Dementsprechend gilt es, dass seit Dezember 2018 vorgelegte, aber nicht um- gesetzte Konzept eines Jugendfreiwilligenjahres altersoffen anzugehen und mit einer mittel- fristigen Planungssicherung umzusetzen. Im Sinne der Gemeinnützigkeit ist dabei die Förde- rung einschließlich der damit einhergehenden Digitalisierungsprozesse bürokratieärmer zu modernisieren. 9. Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) – bestehende Angebote der Zivil- gesellschaft gemeinsam sichern und weiterentwickeln Damit die DSEE in ihrer Rolle als bundesweit tätige Stiftung zur Stärkung des bürgerschaftli- chen Engagements insbesondere – aber nicht nur – in strukturschwachen und ländlichen Regi- onen als gleichwertige Partnerin in der Zivilgesellschaft anerkannt wird, fordern wir, die Au- tonomie der DSEE zu stärken sowie dem Prinzip der Selbstorganisation der Zivilgesellschaft stärkere Beachtung beizumessen. Insgesamt sollte es für die DSEE ein politisch erklärtes und handlungsleitendes Prinzip sein, bürgerschaftliches Engagement in Anerkennung der pluralen Vorstellungen und der Eigenlogik der Zivilgesellschaft zu unterstützen. Seite 4
Wir fordern: In den Entscheidungsstrukturen der Stiftung ist die Zivilgesellschaft ausnahms- los als gleichberechtigter Akteur anzuerkennen. Die DSEE ist als eine Förderstiftung mit größtmöglicher Flexibilität auszustatten und zur Selbstbewirtschaftung der Mittel und über- jähriger nachhaltiger Förderung zu ermächtigen. Es ist die vordringliche Aufgabe der Stif- tung, die bestehenden Angebote der Zivilgesellschaft zu deren Sicherung und Weiterentwick- lung zu unterstützen, ohne dass die Stiftung Doppelstrukturen entwickelt. Zudem ist die en- gagementbezogene Forschung zu fördern. Der Deutsche Bundesjugendring kann aufgrund abweichender Beschlusslagen zu einzelnen Forde- rungen das Papier nicht umfassend mittragen und enthält sich daher wohlwollend. Das Bündnis für Gemeinnützigkeit steht als zivilgesellschaftlicher Ansprechpartner für den Aus- tausch über die vorgenannten Handlungsfelder zur Unterstützung bürgerschaftlichen Engage- ments in der 20. Legislaturperiode der neuen Bundesregierung gerne zur Verfügung. Stand: 9. August 2021 www.buendnis-gemeinuetzigkeit.org TRÄGERKREIS: Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen, Bundesverband Deutscher Stiftungen, Deutscher Bundesjugendring, Deutscher Kulturrat, Deutscher Naturschutzring, Deutscher Olympischer Sportbund, Deut- scher Spendenrat, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, VENRO – Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nicht- regierungsorganisationen BEIRAT: Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, Dachverband der Kulturförderver- eine in Deutschland, Deutscher Fundraising Verband, Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Deutsches Zentralinstitut für sozi- ale Fragen, Maecenata Institut für Philanthropie und Zivilgesellschaft, Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ) im Stifterverband sowie weitere Ex- perten aus Wissenschaft und Praxis. Seite 5
Stand: 9. August 2021/Aktualisiert nach JStG 2020 RECHTSPOLITISCHE VORSCHLÄGE ZUR VERBESSERUNG DER RAHMEN- BEDINGUNGEN FÜR BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT ABGABENORDNUNG AKTUELLER STAND RECHTSPOLITISCHER VORSCHLAG BEGRÜNDUNG 1. zu § 51 Satz 3 AO Streichung des § 51 Abs. 1 Satz 3 AO Die Vorschrift wird in der Praxis nicht angewendet und ist in Bezug auf Tatbe- § 51 Abs. 1 Satz 3 AO formuliert standsvoraussetzungen und Rechtsfolgen derzeit: höchst unklar. [...] Funktionale Untergliederungen (Ab- teilungen) von Körperschaften gelten nicht als selbstständige Steuersubjekte. 2. zu § 51 Abs. 2 AO Streichung des § 51 Abs. 2 AO Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 AO („Ansehenssteigerung“) sind kaum § 51 Abs. 2 AO formu- justiziabel. liert derzeit: Ihre unterschiedliche Anwendung auf in- Werden die steuerbegünstigten Zwecke ländische und ausländische Körperschaf- im Ausland verwirklicht, setzt die Steu- ten ist zudem unionsrechtlich unzulässig. ervergünstigung voraus, dass natürliche Einer gesonderten gesetzlichen Regelung Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren bedarf es nicht. Die steuerbegünstigten gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungs- Zwecke können im In- und Ausland ver- bereich dieses Gesetzes haben, geför- wirklicht werden, es sei denn, der spezi- dert werden oder die Tätigkeit der Kör- elle Förderzweck wäre ausdrücklich auf perschaft neben der Verwirklichung der das Inland beschränkt. Dies sollte in der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Gesetzesbegründung zur Streichung und Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im AEAO klargestellt werden. im Ausland beitragen kann. 3. zu § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO Streichung des Einschubes „im Geltungs- Offenkundig besteht eine große Notwen- bereich dieses Gesetzes“ digkeit aus deutscher Sicht, Demokratie § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO formuliert weltweit zu fördern, damit die von auto- derzeit: ritären Regimen erzeugten Probleme nicht die Entwicklung und Stabilität auch die allgemeine Förderung des demokrati- in Deutschland belasten. Im Übrigen schen Staatswesens im Geltungsbereich werden durch die Streichung Abgren- dieses Gesetzes. [...] zungsfragen zur Förderung der Bildung oder Entwicklungszusammenarbeit besei- tigt, die gegenwärtig für Rechtsunsicher- heit sorgen. Seite 1
4. zu § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO Gesetzliche Klarstellung des § 52 Abs. 2 Die Förderung des bürgerschaftlichen Nr. 25 AO Engagements zugunsten gemeinnützi- § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO formuliert der- ger, mildtätiger und kirchlicher Zwe- zeit: § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO neu: cke ist 2007 ausdrücklich in den neuen Zweckkatalog des § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO die Förderung des bürgerschaftlichen „die Förderung des bürgerschaftlichen eingefügt worden. Durch diese Geset- Engagements zugunsten gemeinnützi- Engagements zur Unterstützung steuer- zesänderung wurde das politische Sig- ger, mildtätiger und kirchlicher Zwe- begünstigter Zwecke.“ nal transportiert, dass die Förderung cke bürgerschaftlichen Engagements ge- nauso wichtig ist wie das gemeinnüt- zige Handeln selbst. Nach Ansicht der Finanzverwaltung soll sich aber an der bisherigen Rechtslage nichts geändert haben: Die Förderung des bürgerschaftlichen En- gagements sei kein eigenständiger ge- meinnütziger Zweck, sondern nur in Kombination mit einem anderen Zweck anerkennungsfähig (vgl. AEAO zu § 52 Tz. 2.5). Mit dieser Auffassung der Finanzverwaltung wird der Zweck der Reform von 2007 negiert. Um der Intention des Gesetzgebers zur Wirkung zu verhelfen, bedarf es einer gesetzlichen Klarstellung des § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO dahingehend, indem verdeut- licht wird, dass auch eine bloße Unter- stützung anderer steuerbegünstigter Kör- perschaften oder juristische Personen des öffentlichen Rechts bei der Verwirk- lichung steuerbegünstigter Zwecke aus- reicht (z. B. Ehrenamtsagenturen, Spen- densammelplattformen). 5. Zu § 55 Abs. 1 AO Geänderte Definition der Selbstlosigkeit Mit der Änderung wird der Grundsatz der Selbstlosigkeit - entsprechend der neue- § 55 Abs. 1 AO formuliert derzeit: § 55 Abs. 1 Satz 1 AO wird wie ren h. M. in Rechtsprechung und Lehre - folgt gefasst: auf die mittelbare Verfolgung von Er- Eine Förderung oder Unterstützung ge- werbszwecken der Mitglieder der Körper- schieht selbstlos, wenn dadurch nicht in „Eine Förderung geschieht selbstlos, schaft (Mitglieder, Gesellschafter, Stifter erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke wenn dadurch nicht in erster Linie eigen- u.a.) beschränkt. Die Grenzen wirt- - zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder wirtschaftliche Zwecke - z.B. gewerbli- schaftlicher Tätigkeiten bestimmen sich sonstige Erwerbszwecke - verfolgt werden che Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke nach § 56 AO (Ausschließlichkeit). und wenn die folgenden Voraussetzungen - der Mitglieder oder Gesellschafter (Mit- gegeben sind: [...] glieder im Sinne dieser Vorschriften) der Körperschaft verfolgt werden und wenn die folgenden Voraussetzungen gegeben sind.“ 6. Zu § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO Angemessenheitsprüfung nach der Es mehren sich die Streitigkeiten dazu, Business Judgement Rule was Ausgaben sind, die dem Zweck der Körperschaft „fremd sind“ oder in wel- In § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO wird als chen Fällen eine Begünstigung durch „un- Satz 2 hinzugefügt: verhältnismäßig hohe“ Vergütungen vor- liegt. Durch den Verweis auf die in § 63 „§ 63 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.“ AO zu verankernde Business Judgement Rule wird klargestellt, dass es nicht auf die objektive Richtigkeit der Entschei- dung aus ex post-Sicht, sondern darauf ankommt, ob die Verantwortlichen aus ex ante-Sicht im Rahmen ihrer Ermes- sensausübung eine vertretbare Entschei- dung getroffen haben. Dies allein ist Maßstab für die Beurteilung einer zweck- widrigen Maßnahme. Seite 2
7. Zu § 58 Nr. 4, 5, 8 und 9 AO § 58 Nr. 4 und 5 AO werden in einer Nach der Rechtsprechung des BFH füh- neuen Nr. 4 mit folgendem Wortlaut ren Organisationsleistungen zugunsten zusammengefasst: des bezahlten Sports, wie sie für die zahlreichen Sportdachverbände typisch „eine Körperschaft ihre Arbeitskräfte sind, da diese Vereine Sportarten vom oder ihr gehörende bewegliche oder un- Amateur- bis zum Spitzensport organisie- bewegliche Wirtschaftsgüter anderen ren, zu steuerpflichtigen wirtschaftli- Personen Unternehmen, Einrichtungen chen Geschäftsbetrieben, die bei Dauer- oder einer juristischen Person des öffent- verlusten die Gemeinnützigkeit gefähr- lichen Rechts gegen ein nicht kostende- den können. Dies soll durch die Klarstel- ckendes Entgelt zu steuerbegünstigten lung vermieden werden. Zwecken zur Verfügung stellt bzw. über- lässt.“ Zu Nr. 9 Durch zweckgebundene Zu- schüsse, bspw. Stipendien an natürliche § 58 Nr. 8 AO wird wie folgt gefasst: Personen, Konzertförderung oder Zu- schüsse an Unternehmen zur Verbesserung „ein Sportverband oder Sportverein ne- des Umweltschutzes etc. können gemein- ben dem unbezahlten auch den bezahl- nützige Zwecke gefördert werden. Der ten Sport fördert.“ Geber ist verantwortlich für eine zweck- entsprechende Verwendung und dafür, § 58 Nr. 9 AO wird wie folgt geändert: dass damit keine privaten oder unterneh- merischen Interessen, sondern der ge- „eine Körperschaft zur Erfüllung ihrer meinnützige Zweck gefördert wird. Dies steuerbegünstigten Zwecke zweckge- soll durch die Norm klargestellt werden. bundene Zuschüsse vergibt.“ Übermäßige, detailverliebte Auflagen, die - angeblich - vom Gemeinnützigkeitsrecht erzwungen werden, sind ein Hauptgrund für Klagen über übertriebene Bürokratie. 8. zu § 60 Abs. 1 AO Gesetzliche Klarstellung des § 60 Mit dem Jahressteuergesetz 2009 wurde § Abs. 1 Satz 2 AO. 60 Abs. 1 AO, in dem die Anforderungen § 60 Abs. 1 AO formuliert derzeit: an die Satzung für die Erlangung von Steu- § 60 Abs. 1 Satz 2 AO neu: „Die Satzung ervergünstigungen geregelt sind, um einen Die Satzungszwecke und die Art ihrer muss die in der Anlage 1 bezeichneten Satz 2 ergänzt. Danach muss die Satzung Verwirklichung müssen so genau bestimmt Festlegungen sinngemäß enthalten.“ gemeinnütziger Körperschaften die in der sein, dass auf Grund der Satzung geprüft Anlage 1 bezeichneten Festlegungen ent- werden kann, ob die satzungsmäßigen Vo- halten. Nach Auffassung der Finanzverwal- raussetzungen für Steuervergünstigungen tung wird die Mustersatzung dahingehend gegeben sind. Die Satzung muss die in der als verbindlich interpretiert, dass sich die Anlage 1 bezeichneten Festlegungen ent- in § 1 bis § 5 der Mustersatzung enthalte- halten. nen steuerlichen Regelungen wortgleich in den Satzungen der steuerbegünstigten Körperschaften wiederfinden. Demnach sind zahlreiche gemeinnützige Körper- schaften zur flächendeckenden Satzungs- änderung verpflichtet, wenn die Satzung nur aus irgendeinem Grund in irgendeinem Punkt geändert werden soll. Die Auffas- sung der Finanzverwaltung widerspricht der eindeutigen Bezeichnung der Anlage 1 als „Mustersatzung“, die nur „aus steuerli- chen Gründen notwendige Bestimmungen enthält“. Eine Mustersatzung kann bei- spielhafte Formulierungen und keine ver- bindlichen Bestimmungen enthalten. Um die gemeinnützigen Körperschaften vor ei- ner unverhältnismäßigen Überregulierung zu bewahren, bedarf es einer gesetzlichen Klarstellung des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO. 9. Zu § 63 AO Tatsächliche Geschäftsführung und Den Organen sollte mehr Rechtssicherheit Verlust der Gemeinnützigkeit gegeben werden, dass Fehlentscheidun- § 63 Abs. 1 AO formuliert derzeit: gen aus ex post-Sicht nicht mehr zum Business Judgement Rule (BJR) Verlust der Gemeinnützigkeit führen kön- (1) Die tatsächliche Geschäftsführung der nen und den Organen ein weiter eigener Körperschaft muss auf die ausschließliche § 63 Abs. 1 AO wird als Satz 2 hinzu- Entscheidungsspielraum zukommt. Die und unmittelbare Erfüllung der steuerbe- gefügt: Notwendigkeit der Business Judgement günstigten Zwecke gerichtet sein und den Rule im Dritten Sektor wurden im Gesetz- Bestimmungen entsprechen, die die Sat- „Maßgebend ist, ob auf Grundlage an- gebungsverfahren zum neuen Stiftungs- zung über die Voraussetzungen für Steuer- gemessener Informationen die Ge- recht erkannt und umgesetzt. Ab vergünstigungen enthält. schäfte zur Erfüllung der satzungsmäßi- 01.07.2023 gilt die Business Judgement gen Zwecke der Körperschaft in gutem Rule für Stiftungen. Dies stellt einen wei- Glauben geführt werden.“ teren Grund dar, für alle steuerbegüns- tigten Organisationen die BJR nachzuzie- hen und in der AO zu regeln. Seite 3
10. Zu § 64 AO Einheitlicher wirtschaftlichen Es häufen sich Diskussionen darüber, ob Geschäfts betrieb für die Zweckbetriebsabgrenzung und die § 64 Abs. 1 AO formuliert derzeit: Ermittlung von Gewinnen oder Verlusten In § 64 Abs. 1 AO wird als Satz 2 ergänzt: wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe von (1) Schließt das Gesetz die Steuerver- einem tätigkeitsbezogenen oder betriebs- günstigung insoweit aus, als ein wirt- „Ein einheitlicher Geschäftsbetrieb bezogenen Geschäftsbetriebsbegriff aus- schaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14) un- liegt vor, wenn die Körperschaft ver- zugehen ist. Im Gemeinnützigkeitsrecht terhalten wird, so verliert die Körper- schiedene Tätigkeiten ausübt, die nach gilt eine Betriebsbetrachtung, wie die schaft die Steuervergünstigung für die der Verkehrsauffassung und nach den Zweckbetriebsdefinitionen zeigen, wes- dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Betriebsverhältnissen, insbesondere wegen dies klargestellt wird. Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte, Um- der finanziellen, wirtschaftlichen und sätze, Vermögen), soweit der wirtschaft- organisatorischen Verflechtung als Teil liche Geschäftsbetrieb kein Zweckbe- eines Geschäftsbetriebes anzusehen trieb (§§ 65 bis 68) ist. sind.“ 11. zu § 65 AO Neuformulierung des § 65 Nr. 3 AO und § 65 AO verliert in der Praxis zunehmend Einfügung eines neuen Satzes 2 an Bedeutung. Zum einen wird § 65 Nr. 2 § 65 AO formuliert derzeit: und 3 AO zwischenzeitlich so ausgelegt, § 65 Nr. 2 AO neu: dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbe- Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn trieb nur dann als Zweckbetrieb begüns- 2. die Zwecke durch einen solchen Ge- tigt ist, wenn dieser notwendig ist. Dass 1. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb schäftsbetrieb erreicht werden kön- ein Betrieb im Hinblick auf die Verwirkli- in seiner Gesamtrichtung dazu nen und chung satzungsmäßiger Zwecke nur hilf- dient, die steuerbegünstigten sat- reich oder nützlich ist, soll hingegen zungsmäßigen Zwecke der Körper- § 65 Nr. 3 AO neu: nicht ausreichen. Diese Verengung der schaft zu verwirklichen, Rechtsauffassung schränkt gemeinnützige der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb steuerbegünstigte Organisationen zuneh- 2. die Zwecke nur durch einen solchen nach Berücksichtigung der örtlichen Ver- mend ein. Geschäftsbetrieb erreicht werden hältnisse zu nicht begünstigten Betrieben können und derselben oder ähnlicher Art nicht in grö- Zum anderen stehen die Zweckbetriebe ßerem Umfang in Wettbewerb tritt, als gemeinnütziger Körperschaften immer 3. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb es bei Erfüllung der steuerbegünstigten mehr einer kommerziellen Konkurrenz zu nicht begünstigten Betrieben Zwecke unvermeidbar ist. gegenüber. Bisher zweifelsfrei als Zweck- derselben oder ähnlicher Art nicht betrieb behandelte Tätigkeiten verlieren in größerem Umfang in Wettbewerb 3. Die Voraussetzungen des Satzes 1 diese Zuordnung, da der Gesetzestext tritt, als es bei Erfüllung der steuer- gelten nicht für Zweckbetriebe im teilweise dahingehend ausgelegt wird, begünstigten Zwecke unvermeidbar Sinne der §§ 66 bis 68 AO. dass bereits ein potenzieller Wettbewerb ist. ohne Beachtung der Verhältnisse am ört- lich relevanten Markt zu einer Versagung der Zweckbetriebseigenschaft führt. § 65 Nr. 3 AO sollte daher in Anlehnung an das Urteil des BFH v. 30.3.2000 (V R 30/99, BStBl II 2000, 705) konkretisiert werden. Durch den neuen Satz 2 wird klargestellt, dass die §§ 66 bis 68 der allgemeinen Zweckbetriebsregelung in § 65 AO vorge- hen. 12. Zu § 66 Abs. 2 AO Begriff der Wohlfahrtspflege Das bisherige Merkmal - „nicht des Er- werbes wegen“ - hat in der neueren § 66 Abs. 2 Satz 1 AO wird wie folgt ge- Rechtsprechung und Verwaltung zu er- ändert: heblichen Unsicherheiten geführt, ob und in welchem Umfang ein Wohlfahrts be- „Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, trieb Gewinne erzielen darf. Mit der ge- zum Wohle der Allgemeinheit von Ein- änderten Formulierung wird deutlich ge- richtungen ohne Gewinnstreben aus- macht, dass die Erzielung eines buchhal- geübte Sorge für notleidende oder ge- terischen Gewinns grundsätzlich un- fährdete Mitmenschen.“ schädlich ist, solange über ein Gewinn- ausschüttungsverbot gewährleistet ist, dass etwaige Gewinne wieder für steuer- begünstigte Zwecke - insbesondere der Wohlfahrtspflege - eingesetzt werden. Die Überinterpretation eines BFH-Ur- teils (vgl. Märtens, FS 100 Jahre Steuer- rechtsprechung, Bd. II, 2018, S. 1477 ff.) hat die Finanzverwaltung veranlasst, er- hebliche zusätzliche Nachweispflichten von Wohlfahrtsunternehmen zu fordern. Seite 4
13. zu § 68 Nr. 1a AO § 68 Nr. 1 AO neu: Nach § 68 Nr. 1a AO zählen zu den steu- erbegünstigten Zweckbetrieben u. a. § 68 Nr. 1 a AO formuliert derzeit: Zweckbetriebe sind auch: „Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime“. Zweckbetriebe sind auch: Im AEAO zu § 68 Nr. 1 (Textziffer 2) 1.a) Alten-, Wohn-, Pflege- und Betreu- wird wegen des Begriffs „Alten-, Alten- 1.a) Alten-, Altenwohn- und Pflege- ungseinrichtungen, Erholungsheime, wohn- und Pflegeheime“ auf § 1 Heim- heime, Erholungsheime, Mahlzeiten- Mahlzeitendienste, Hausnotrufdienste, gesetz verwiesen. Dieser Verweis läuft dienste, wenn sie in besonderem Maß Einrichtungen des Betreuten Wohnens jedoch zunehmend ins Leere, da diese den in § 53 genannten Personen dienen (§ und des Behindertenfahrdienstes, wenn Vorschrift außer Kraft gesetzt ist, so- 66 Abs. 3), sie in besonderem Maß den in § 53 ge- bald die jeweiligen Bundesländer ei- nannten Personen dienen (§ 66 Abs. 3), gene Regelungen verabschiedet haben, was in der Zwischenzeit weitgehend er- b) Kindergärten, Kinder-, Jugend- und folgt ist. Studentenheime, Schullandheime, Ju- gendherbergen und Familienferienstä- Durch eine Anpassung der Zweckbe- ten, triebsdefinition in § 68 Nr. 1a AO an die aktuellen Gegebenheiten können Unsi- cherheiten in der Rechtsauslegung ver- mieden bzw. weiterhin eine bundesein- heitliche Anwendung der Zweckbetriebs- eigenschaft für Wohn-, Pflege- und Be- treuungseinrichtungen gewährleistet werden. Zudem ist auch den neuen kon- zeptionellen Entwicklungen Rechnung zu tragen, indem nicht nur die klassischen „Heime“ als Zweckbetriebe genannt wer- den, sondern auch moderne Wohnfor- men, wie z. B. Wohngruppen oder Wohn- gemeinschaften. Darüber hinaus sollte § 68 AO um die Zweckbetriebe des Hausnotrufdienstes, des Betreuten Wohnens und des Behin- dertenfahrdienstes und der Familienferi- enstätten erweitert werden. Die Tätig- keiten entsprechen in ihrer Bedeutung den Zweckbetrieben in § 68 Nr. 1a und b AO. Die Ergänzungen in Nr. 1a stellen neuere und zeitgemäße Betreuungsfor- men dar, die die Mobilität und Selbst- ständigkeit der betroffenen Personen un- terstützen und somit dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ folgen. 14. Zu § 68 AO Einzelne Zweckbetriebe Einführung eines § 68 Nr. 10 AO neu: Die Finanzverwaltung interpretiert die Gestellung von Personal einer gemein- Einrichtungen, die anderen steuerbe- nützigen Körperschaft an eine andere ge- günstigten Körperschaften oder einer meinnützige Körperschaft als umsatz- Körperschaft des öffentlichen Rechts ge- steuerpflichtigen wirtschaftlichen Ge- gen Kostenersatz Personal, Sachmittel schäftsbetrieb, da sie ausgehend vom oder immaterielle Vermögensgegen- Vertragsverhältnis von einer Art „Arbeit- stände zur Verfügung zu stellen. nehmerüberlassung“ ausgeht. Bei der Personalgestellung zwischen gemeinnüt- zigen Organisationen untereinander und zwischen gemeinnützigen Organisationen mit der öffentlichen Hand sollte es bei der steuerrechtlichen Bewertung allein auf die steuerbegünstigte Zweckverwirk- lichung ankommen. Kooperationen unter gemeinnützigen Einrichtungen würden erleichtert und es erfolgte eine Gleich- stellung mit der öffentlichen Hand. Da- her ist eine Nr. 10 in § 68 AO einzufügen. Seite 5
15. zu § 68 Nr. 2 AO § 68 Nr. 2 AO wird wie folgt geändert: Nach Ansicht des BFH sind nur solche Fremdleistungen begünstigt, die nicht § 68 Nr. 2 AO formuliert derzeit: [...] wenn die gelegentlich oder dauer- dauerhaft, sondern nur gelegentlich er- haft erbrachten Lieferungen und sonsti- bracht werden. Diese zusätzliche Voraus- [...] wenn die Lieferungen und sonstigen gen Leistungen dieser Einrichtungen an setzung lässt sich weder dem Gesetzes- Leistungen dieser Einrichtungen an Au- Außenstehende dem Wert nach 20 Pro- wortlaut entnehmen, noch stimmt sie ßenstehende dem Wert nach 20 Prozent zent der gesamten Lieferungen und sons- mit der Entstehungsgeschichte der Norm der gesamten Lieferungen und sonstigen tigen Leistungen des Betriebs - ein- überein. Ganz bewusst hat der Gesetzge- Leistungen des Betriebs - einschließlich schließlich der an die Körperschaften ber 1977 auf die Aufnahme weiterer der an die Körperschaften selbst bewirk- selbst bewirkten - nicht übersteigen, sachlicher Einschränkungen verzichtet ten - nicht übersteigen, und die relativ einfach anwendbare 20 Prozent-Grenze als ausreichende Grenz- ziehung angesehen. Stellt nunmehr der BFH die zusätzliche Voraussetzung auf, dass die Leistungen nur gelegentlich er- folgen dürfen, widerspricht dies dem Vereinfachungseffekt der 20 Prozent- Grenze und führt zu übermäßigem Prü- fungsmehraufwand bei den Finanzäm- tern. Daher ist § 68 Nr. 2 AO dahingehend zu ändern, dass sowohl gelegentlich als auch dauerhaft erbrachte Leistungen un- schädlich sind, wenn sie 20 Prozent der gesamten Leistung nicht übersteigen. GRUNDERWERBSTEUERGESETZ AKTUELLER STAND RECHTSPOLITISCHER VORSCHLAG BEGRÜNDUNG 16. zu § 4 GrEStG Dem § 4 Grunderwerbsteuergesetz wird Zur Schaffung zukunftsfähiger Organisati- folgende Nummer 6 angefügt: onsstrukturen ist es sinnvoll, wenn sich Derzeit fehlt es an einer grunderwerb- mehrere gemeinnützige Körperschaften steuerlichen Regelung, die sinnvolle Um- § 4 Nr. 6 GrEStG neu: zusammenschließen bzw. sich im Rahmen strukturierungen zwischen gemeinnützi- 6. der Erwerb eines Grundstücks durch ihrer gemeinnützigen Tätigkeit umstruk- gen Körperschaften ermöglicht. eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbe- turieren. Gehen Grundstücke aus dem freite Körperschaft, Personenvereinigung Vermögen einer übertragenden Körper- oder Vermögensmasse von einer anderen schaft dabei über, ist jedoch grundsätz- nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefrei- lich Grunderwerbsteuer zu entrichten. So ten Körperschaft, Personenvereinigung ist zwar ist die Übertragung als Schen- oder Vermögensmasse, soweit dieses kung grundsätzlich grunderwerbsteuerbe- auch weiterhin für steuerbegünstigte freit. Regelmäßig sind Immobilien jedoch Zwecke genutzt wird. ganz oder teilweise fremdfinanziert, so dass neben der Immobilie zwangsläufig auch Verbindlichkeiten übertragen wer- den müssen, da ansonsten der übertra- genden Körperschaft die Überschuldung droht. GEWERBESTEUERGESETZ AKTUELLER STAND RECHTSPOLITISCHER VORSCHLAG BEGRÜNDUNG 17. zu § 3 Nr. 6 GewStG § 3 Nr. 6 GewStG wird um einen Satz 3 Damit gemeinnützige Körperschaften ihre erweitert: Mittel möglichst effektiv und nachhaltig § 3 Nr. 6 GewStG formuliert derzeit: Von einsetzen, tritt die Notwendigkeit der der Gewerbesteuer sind befreit [...] Satz 1 gilt auch für Zusammenschlüsse Bildung von Kooperationen in Form einer deren Gesellschafter ausschließlich in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) 3. Körperschaften, Personenvereinigun- Satz 1 genannten Körperschaften, Perso- immer stärker hervor. Ungelöstes Prob- gen und Vermögensmassen, die nach der nenvereinigungen und Vermögensmassen lem ist bislang, dass diese Kooperationen Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sind der Gewerbesteuer unterliegen, obwohl sonstigen Verfassung und nach der tat- jede einzelne Tätigkeit für sich ein sächlichen Geschäftsführung ausschließ- Zweckbetrieb wäre. Eine Anwendung des lich und unmittelbar gemeinnützigen, § 3 Nr. 6 GewStG ist derzeit nicht mög- mildtätigen oder kirchlichen Zwecken lich, da die Gewerbesteuerbefreiung nur dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenord- für die dort genannten Körperschaften, nung). Wird ein wirtschaftlicher Ge- Personenvereinigungen und Vermögens- schäftsbetrieb - ausgenommen Land- massen gilt. Um zukünftig effektive Ko- und Forstwirtschaft - unterhalten, ist die operationen von steuerbegünstigten Kör- Steuerfreiheit insoweit ausgeschlossen. perschaften zu ermöglichen, sollte der § 3 Nr. 6 um einen Satz 1 erweitert wer- den. Eine vergleichbare Regelung besteht bereits bei der Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. b UStG). Seite 6
EINKOMMENSTEUERGESETZ UND EINKOMMENSTEUER-DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG AKTUELLER STAND RECHTSPOLITISCHER VORSCHLAG BEGRÜNDUNG 18. zu § 50 Abs. 1 EStDV § 50 Abs. 1 EStDV wird wie folgt geän- Zur Überbrückung bis zum Zuwendungs- dert: empfängerregister schlagen wir die ne- Die EStDV enthält bisher keine zufrieden- benstehende Änderung des § 50 Abs. 1 stellende Regelung zur Ausstellung von Zuwendungen im Sinne der §§ 10 b und EStDV vor. Für die Erstellung von Zuwen- Zuwendungsbestätigungen. 34 g des Gesetzes dürfen nur abgezogen dungsbestätigungen ist zurzeit die Ver- werden, wenn sie durch eine Zuwen- wendung eines amtlich vorgegebenen dungsbestätigung nachgewiesen werden, Musters vorgeschrieben. Gem. § 50 Abs. 1 die der Empfänger ausgestellt hat. Zu- EStDV ist die Verwendung Voraussetzung wendungsbestätigungen von Körperschaf- für den Spendenabzug. Abweichungen ten im Sinne des § 10 b Abs. 1 Satz 2 Nr. sind nur in Bezug auf optische Hervorhe- 2 und 3 des Gesetzes dürfen nur unter bungen zulässig. Wortwahl und Reihen- Beachtung des § 63 Abs. 5 AO ausgestellt folge der in den amtlichen Mustern vor- werden und müssen folgende Angaben geschriebenen Textpassagen sind zu enthalten: übernehmen. Dies führt dazu, dass die Finanzbehörden bei kleinsten Abweichun- Bezeichnung und Anschrift des Ausstel- gen die Zuwendung des Spenders nicht lers, Namen und Anschrift des Zuwen- als Spende anerkennen müssen. Durch denden, Betrag und Tag der Zuwendung, die Verankerung von Mindestangaben Art der Zuwendung (Geld- oder Sach- (Name, Anschrift, satzungsmäßige Zwe- spende, Verzicht auf Aufwendungsersatz, cke, Betrag und Tag der Zuwendung, Be- Zuwendung in den Vermögensstock), Be- zugnahme auf die Rechtsgrundlage, d. h. scheinigung über die Gemeinnützigkeit Bescheid über die Gemeinnützigkeit bzw. oder Feststellungsbescheid, Datum Un- § 60 a AO-Bescheid, Datum, Unterschrift) terschrift wird die bisherige Behördenpraxis ge- setzlich verankert, zugleich wird aber eine größere Flexibilität geschaffen als durch die amtlichen Vordrucke. 19. zu § 50 Abs. 1 a EStDV § 50 Abs. 1 a EStDV wird wie folgt geändert: Die Bedingung eines Sonderkontos sollte gelockert werden. Viele steuerbegüns- Nach Verabschiedung des Steuervereinfa- „1. die Zuwendung zur Hilfe in Katastro- tigte Organisationen arbeiten nicht mehr chungsgesetzes lautet § 50 Abs. 1 a phenfällen: mit eigens für bestimmte Zwecke einge- EStDV richteten Sonderkonten. Sie haben viel- a) innerhalb eines Zeitraums, den die mehr ein Spendenkonto öffentlichkeits- „1. die Zuwendung zur Hilfe in Katastro- obersten Finanzbehörden der Länder im wirksam platziert. Die Abgrenzung für phenfällen: Benehmen mit dem Bundesministerium verschiedene Projekte und Hilfsmaßnah- der Finanzen bestimmen, auf ein für den men erfolgt dann über die Verwendung a) innerhalb eines Zeitraums, den die Katastrophenfall eingerichtetes Sonder- von Stichwörtern in den Überweisungen. obersten Finanzbehörden der Länder im konto oder ein Spendenkonto unter Ver- Benehmen mit dem Bundesministerium wendung eines speziellen Stichwortes für der Finanzen bestimmen, auf ein für den den Katastrophenfall einer inländischen Katastrophenfall eingerichtetes Sonder- juristischen Person des öffentlichen konto einer inländischen juristischen Per- Rechts, einer inländischen öffentlichen son des öffentlichen Rechts, einer inlän- Dienststelle oder eines inländischen amt- dischen öffentlichen Dienststelle oder ei- lich anerkannten Verbandes der freien nes inländischen amtlich anerkannten Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Verbandes der freien Wohlfahrtspflege Mitgliedsorganisationen eingezahlt wor- einschließlich seiner Mitgliedsorganisati- den ist oder“ onen eingezahlt worden ist oder“ Seite 7
UMSATZSTEUERGESETZ AKTUELLER STAND RECHTSPOLITISCHER VORSCHLAG BEGRÜNDUNG 20. Zu § 4 Nr. 18 UStG § 4 Nr. 18 UStG § 4 Nr. 18 UStG wird wie folgt formu- Die Spitzenverbände der Freien Wohl- formuliert derzeit: liert: fahrtspflege wurden mit den Änderungen im Jahressteuergesetz 2019 als begüns- „Eng mit der Sozialfürsorge und der sozi- „Eng mit der Sozialfürsorge und der sozi- tigte Einrichtungen aus dem UStG gestri- alen Sicherheit verbundene Leistungen, alen Sicherheit verbundene Leistungen, chen. Dies war im Zuge der Umsetzung wenn diese Leistungen von Einrichtungen wenn diese Leistungen von Einrichtungen der MwStSystRL nicht erforderlich. Nach des öffentlichen Rechts oder anderen des öffentlichen Rechts, den amtlich an- dieser ist lediglich eine Umsatzsteuerbe- Einrichtungen, die keine systematische erkannten Spitzenverbänden der Freien freiung nach einer spezifischen Ver- Gewinnerzielung anstreben, erbracht Wohlfahrtspflege oder anderen Einrich- bandszugehörigkeit unzulässig, nicht je- werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem tungen, die keine systematische Gewinn- doch die Nennung der Verbände der anfallen, dürfen nicht entnommen, son- erzielung anstreben, erbracht werden. Freien Wohlfahrtspflege als erläuternder dern müssen zur Erhaltung oder Verbes- Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, Hinweis bei der Definition der Einrichtun- serung der durch die Einrichtung er- dürfen nicht entnommen, sondern müs- gen, die keine systematische Gewinner- brachten Leistungen verwendet werden. sen zur Erhaltung oder Verbesserung der zielung anstreben. Die Streichung hat zur Für die in anderen Nummern dieses Para- durch die Einrichtung erbrachten Leis- Unsicherheit bei den Einrichtungen der grafen bezeichnete Leistungen kommt tungen verwendet werden. Für die in an- Verbände der Freien Wohlfahrt geführt, die Steuerbefreiung nur unter den dort deren Nummern dieses Paragrafen be- ob tatsächlich auch alle bisher von der genannten Voraussetzungen in Betracht.“ zeichnete Leistungen kommt die Steuer- ursprünglichen Norm erfassten Leistun- befreiung nur unter den dort genannten gen künftig erfasst sein werden. Voraussetzungen in Betracht.“ 21. Zu § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UstG § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG Die im Rahmen des Jahressteuergesetzes wird ersatzlos gestrichen. 2007 eingefügte Einschränkung ist weder (2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben unionsrechtlich geboten noch zur Verhin- Prozent für die folgenden Umsätze: (2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben derung von „Missbräuchen“ erforderlich Prozent für die folgenden Umsätze: (vgl. auch BFH v. 23.2.2012 – V R 59/09, (…) BStBl. II 2012, 544 sowie BFH vom (…) 23.07.2019 - XI R2/17). Nach dem Uni- 8.a) die Leistungen der Körperschaften, onsrecht ist die Steuerermäßigung be- die ausschließlich und unmittelbar ge- 8.a) die Leistungen der Körperschaften, schränkt auf „Leistungen für wohltätige meinnützige, mildtätige oder kirchliche die ausschließlich und unmittelbar ge- Zwecke und im Bereich der sozialen Si- Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abga- meinnützige, mildtätige oder kirchliche cherheit“ (z.B. BFH vom 23.07.2019, benordnung). Das gilt nicht für Leistun- Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abga- a.a.O., TZ 16). Die Bestimmungen gem. § gen, die im Rahmen eines wirtschaftli- benordnung). Das gilt nicht für Leistun- 12 Abs. 2 Nr. 8 a) S.1 und 2 UStG, genü- chen Geschäftsbetriebs ausgeführt wer- gen, die im Rahmen eines wirtschaftli- gen dieser Beschränkung. Der im Rahmen den. Für Leistungen, die im Rahmen ei- chen Geschäftsbetriebs ausgeführt wer- der Missbrauchsverhinderung eingefügte nes Zweckbetriebs ausgeführt werden, den. Für Leistungen, die im Rahmen ei- Satz 3 wird von den Finanzgerichten un- gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nes Zweck- betriebs ausgeführt werden, ter Bezugnahme auf die EUGH-Rechtspre- nicht in erster Linie der Erzielung zusätz- gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb chung so eng ausgelegt, dass Leistungen, licher Einnahmen durch die Ausführung nicht in erster Linie der Erzielung zusätz- die keinen Missbrauch darstellen, wie von Umsätzen dient, die in unmittelba- licher Einnahmen durch die Ausführung Übernachtungs- und Verpflegungsleistun- rem Wettbewerb mit dem allgemeinen von Umsätzen dient, die in unmittelba- gen im Rahmen von Seminarangeboten Steuersatz unterliegenden Leistungen an- rem Wettbewerb mit dem allgemeinen (BFH vom 8.3.2012, V R 14/11) nicht dem derer Unternehmer ausgeführt werden, Steuersatz unterliegenden Leistungen an- ermäßigten USt-Satz gem. § 12 Abs. 2 Nr. oder wenn die Körperschaft mit diesen derer Unternehmer ausgeführt werden, 8 a) UStG unterliegen. Die Regelung führt Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der oder wenn die Körperschaft mit diesen in der Praxis zu erheblicher Rechtsunsi- Abgabenordnung bezeichneten Zweckbe- Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der cherheit, erfordert spezielle detaillierte triebe ihre steuerbegünstigten satzungs- Abgabenordnung bezeichneten Zweckbe- Berechnungen und belastet bspw. Werk- gemäßen Zwecke selbst verwirklicht, triebe ihre steuer- begünstigten sat- stätten für behinderte Menschen oder In- zungsgemäßen Zwecke selbst verwirk- tegrationsbetriebe licht, KÖRPERSCHAFTSTEUERGESETZ AKTUELLER STAND RECHTSPOLITISCHER VORSCHLAG BEGRÜNDUNG 22. zu § 9 Abs. 3 Satz 2 KStG§ Spendenhaftung Mit der Absenkung des Haftungssatzes bei der körperschaftsteuerlichen Spen- § 9 Abs. 3 Satz 2 KStG formuliert der- In § 9 Abs. 3 Satz 2 KStG wird die Zahl denhaftung wird dem Umstand Rechnung zeit: „30“ durch die Zahl „15“ ersetzt. getragen, dass der Steuerausfall auf Grund einer unrichtigen Zuwendungsbe- [...] Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig stätigung höchstens 15 Prozent betragen eine unrichtige Bestätigung ausstellt kann. oder veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden (Veranlasserhaftung), haftet für die entgangene Steuer; diese ist mit 30 Prozent des zugewendeten Betrags anzu- setzen. [...] Seite 8
WEITERE FORDERUNGEN ZUR REFORM DES GEMEINNÜTZIGKEITSRECHTS AKTUELLER STAND RECHTSPOLITISCHER VORSCHLAG BEGRÜNDUNG 1. Klarstellung für die gemeinnützige Das Bündnis für Gemeinnützigkeit for- Mittlerweile hat das Finanzgericht Hes- Zweckverwirklichung dert daher eine Klarstellung, die einer sen am 26. Februar 2020 die Gemein- solchen Beschränkung und Selbstbe- nützigkeit des Attac Trägervereins e. V. schränkung in geeigneter Weise vor- unter Berücksichtigung der vom Bun- beugt, sowie eine rechtssichere Ab- desfinanzhof aufgestellten Kriterien grenzung zwischen allgemeinpoliti- verneint. Das Bündnis für Gemeinnüt- scher Betätigung und gemeinnütziger zigkeit zeigt sich mit Blick auf die aktu- Zweckverwirklichung durch politische elle Diskussion im Hinblick auf diese Mittel. Diese darf nicht hinter dem Sta- Entscheidungen und den Entzug der Ge- tus Quo, nämlich der politischen Tätig- meinnützigkeit von Campact besorgt, keit innerhalb der gemeinnützigen dass gemeinnützige Organisationen in Zwecke und der gelegentlichen allge- Folge dieser Entwicklungen sowie we- meinpolitischen Tätigkeit, zurückfallen. gen weiterer Vorstöße aus der Politik eine rechtliche Einschränkung ihrer Ak- tivitäten in der zweckbezogenen politi- schen Willensbildung erleben –oder sich selbst aus Rechtsunsicherheit beschrän- ken. Damit beraubt sich unsere lebendige Demokratie unnötig zahlreicher wichti- ger Stimmen in der offenen Diskussion politischer Fragen. 2. Zuwendungsrecht Das Zuwendungsrecht sollte in größerem Pauschale zweckgebundene Mittelzu- Maße als es der bisherigen Praxis ent- wendung halten Nachweiserfordernisse spricht pauschal zweckgebundene Mit- überschaubar und wirken damit über- telzuwendungen erlauben. Auch sollte bordender Bürokratie entgegen. Die Di- die Digitalisierung des gemeinnützigen gitalisierung würde den Körperschaften Sektors gefördert werden. helfen, ihre Verwaltungsabläufe effizi- enter zu gestalten, was wiederum zu deutlichen Ersparnissen im Sozialstaat führt. Bislang setzt der Staat nur wenig Anreize zur Effizienzsteigerung, son- dern ist auf Kostenerstattung ausgerich- tet. 3. UStG – Einführung einer Umsatzsteu- § 27c UStG – Anrufungsauskunft: Zudem fordern wir die Einführung einer eranrufungsauskunft Möglichkeit, im Rahmen einer kosten- Das Betriebsstättenfinanzamt hat auf An- freien Anrufungsauskunft von den Finanz- frage eines Beteiligten darüber Auskunft ämtern eine verbindliche Auskunft über zu geben, ob und inwieweit im einzelnen die anzuwendende Rechtslage zu erhal- Fall die Vorschriften über die Umsatz- ten. Der Steuerpflichtige muss bereits bei steuer anzuwenden sind. Vertragsschluss Klarheit über die umsatz- steuerliche Würdigung erhalten und sich darauf verlassen können. Dieser bereits verfassungsrechtlich gebotene Vertrauens- schutz könnte durch Einführung einer Um- satzsteueranrufungsauskunft nach dem Vorbild der Lohnsteuerauskunft nach § 42e EStG ausgestaltet werden. 4. Grenzüberschreitende Tätigkeiten Das Bündnis für Gemeinnützigkeit spricht Grenzüberschreitende Tätigkeiten „Ge- sich daher dafür aus, dass nationale und meinnützigkeitskonditionen“ sind in der europäische Rechtsvorschriften die Phi- EU noch nicht zufriedenstellend gere- lanthropie stärken und in Einklang mit gelt. Trotz Kapitalverkehrsfreiheit und den EU-Grundrechten und -werten und Nicht-Diskriminierungsgebot auch für phi- den Grundfreiheiten bringen. lanthropische Geldflüsse sind die Rege- lungen in der Praxis oft unklar, kompli- Darüber hinaus sind praktikable Anforde- ziert und mit vielen Kosten und Mühen rungen an Nachweispflichten der gemein- verbunden. Im Sinne der europäischen nützigen Mittelverwendung bei Weiterlei- Integration ist es erforderlich, dass die tung an ausländische Körperschaften er- Zweckerfüllung auch für Aktivitäten in- forderlich. Zudem brauchen steuerbegüns- nerhalb der Europäischen Union geltend tigte Körperschaften einfache pragmati- gemacht werden kann, ohne dass dabei sche Regelungen, die eine Zweckverwirkli- das Ziel der Völkerverständigung verfolgt chung im Ausland ermöglicht – ohne auf wird. das Konstrukt der weisungsabhängigen Hilfsperson im Sinne der AO zurückgreifen zu müssen. Seite 9
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