Bachrauschen - Kunstraum Wattenbach
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Nr. 02 bachrauschen Nächster Halt: → Kunst Snøhetta Operation am offenen Herzen Michelle Schmollgruber Feigenbaumszenario 3.0 Wattens als Kunstort: Impulse von außen und Inspirationen von innen So kommt das Eine zu dem Anderen Eva Maria Gintsberg kraftwerk 01 — 10
Zum Titelbild: „In Wattens auf Wattens warten“ ist ein Auszug aus dem Gedicht 02 Nächster Halt: Quelltext 03 „warte nur“ von Barbara Hundegger (siehe Seite 10) → Kunst Auf Bahnhöfen liegt das Pragmatische erstaun- Dieses Anliegen verfolgen die Architektin Monika Abendstein, der Kulturarbeiter und -vermittler Alex- lich nah am Poetischen: Sie sind im Rhythmus der ander Erler und der Bildhauer Markus F. Strieder schon Zugfahrpläne getaktete Transiträume, sie sind seit einigen Jahren. Sie haben zu diesem Zweck den Kunstraum Wattenbach gegründet, Ideen, Konzepte, aber auch Orte, an denen unzählige Geschichten Aktionen entwickelt, und jetzt die zweite Ausgabe die- vom Aufbrechen und Ankommen, von Begegnung ser Zeitung herausgegeben. Sie haben aus ihrer losen Arbeitsgemeinschaft und Bewegung in der Luft liegen. Das trifft auch inzwischen einen Verein gemacht, der offen steht für auf den Bahnhof Fritzens-Wattens zu, was ihn zu alle, die sich für die künstlerische Gestaltung des Or- tes interessieren und dabei mitwirken wollen. Und sie einem idealen Ort macht, um ein Zeichen zu set- haben am Bahnhof besagten Grundstein gelegt, der zen für das Anliegen, im sonst so pragmatischen eigentlich eine Skulptur von Markus F. Strieder ist und damit nicht nur die Vereinsgründung markiert, son- Wattens mit den Mitteln der Kunst und Poesie dern auch dessen Ziele symbolisiert. gestalterische Prozesse in Gang zu setzen. Auch sonst ist einiges passiert, seit sich der Kunst- raum Wattenbach in bachrauschen Nr. 01 (nachzulesen unter www.krwb.at) vorgestellt hat. LyrikerInnen ha- Im Rahmen des literarischen Forschungs- ben am Bahnhof das Warten und am Wattenbach die projekts „Bachschreiben“ entstand das Gedicht „kraftwerk“ von Eva-Maria Kraft des Wassers in Worte gegossen, eine „Wasser- Gintsberg, das durch diese Ausgabe landschaft“ ist vom Möglichkeitsraum immer mehr zum „fließt“. konkreten Sehnsuchtsort geworden, es wurden künst- lerische Blicke von außen auf Wattens geworfen und es wurden – auch im Austausch mit ArchitektInnen, KünstlerInnen, KuratorInnen und Menschen aus vielen anderen Disziplinen – Konzepte entwickelt, mit denen in Wattens gestalterische wie auch gesellschaftliche Impulse gesetzt werden könnten. Eva Maria Gintsberg Für all das könnte es keinen besseren Zeitpunkt geben. Denn die Krise des größten ortsansässigen kraftwerk 01 — 10 Unternehmens wird sich über kurz oder lang auch so- zial und räumlich auf Wattens auswirken, weil Arbeits- plätze verloren gegangen sind und weil Firmengebäu- kraftwerk 01 de, die das Gesicht der Gemeinde entscheidend mit- wortschwalle erhitzter gemüter geprägt haben, leer stehen werden. „Das hat uns selbst überrascht, welche großen Fragen da plötzlich auftau- brechen über verrostete chen, wenn sich die finanzielle, wirtschaftliche Lage spitze schaufeln/jagen ändert. Und genau dieses Vakuum, das sich jetzt ergibt, über glatte abgewetzte sehen wir schon als Bestätigung dafür, dass man sich steinrinnen den aufgeschobenen genau darüber Gedanken machen muss und selbst ak- tiv werden muss, um eine Veränderung so zu lenken, versprechen hinterher/die dass sie uns einen Lebensraum schafft, den wir wollen“, im großen wasser entfernt sagt Monika Abendstein. Denn: „In Wattens zeigt sich entsprungener gebirgszüge prototypisch, wie Wirtschaft die Gesellschaft prägt in fremden fluten heimatlos und welchen Einfluss sie auf einen Ort haben kann. Das sieht man an der Geschichte von Wattens, an der untergehen// gesellschaftspolitischen Struktur und man sieht es auch am Ortsbild.“ Es gehe aber, so Alexander Erler, „nicht nur um kraftwerk 02 Arbeitsplätze oder Gebäude-Kubaturen, sondern auch hinter verborgenen wänden/ um die Frage, wie sich Swarovski gesellschaftlich und verschlossenen türen/eingezäunten politisch auf Wattens ausgewirkt hat. Da war lange grundstücken/flüstern klar: Swarovski hat ein ziemliches Gewicht. Jetzt wer- den die Karten vielleicht ein bisschen neu gemischt. jahrelang eingemauerte Und es stellt sich die Frage: Nach welchen Gesichts- vom wasser abgeschliffene schwüre/ punkten wird Gemeinwesen gestaltet? Das ist ein sie fliehen durch den nächtlichen strom/ Punkt, der uns sehr beschäftigt.“ warten/sitzen/schauen In gewisser Weise haben also die Fragen, die die AkteurInnen des Kunstraums Wattenbach schon © 2021 Verein Kunstraum Wattenbach in müd geborene gesichter/bis lange antreiben, durch die jüngsten wirtschaftlichen Vogelweiderweg 5 der tag leise Entwicklungen in Wattens noch mehr Gewicht be- A-6112 Wattens unaufhaltsam kommen. Die Idee, den Bahnhof zu einem Kunstort Für den Inhalt verantwortlich: Monika Abendstein, Alexander Erler, die wahrheiten zu machen, gab es aber schon lange zuvor. Mit dem Markus F. Strieder Grundstein ist jetzt ein Anfang gemacht und er soll ans licht schwemmt// in den kommenden Monaten aber auch weiter in den Texte: Alexander Erler, Eva-Maria Gintsberg, Ort hinein wandern, anregen, irritieren, konfrontieren Ivona Jelčić, Nina Stainer und Ausgangspunkt für weitere künstlerische Aktionen kraftwerk 03 Bilder: werden. „Weil wir glauben, dass das ein mindestens Verena Nagl (Seite 4), Snøhetta (5), im beengten korsett gleichwertiger Bereich einer Gesellschaft sein muss, Michelle Schmollgruber (6/7), Olaf Probst (8, 9 oben), Joachim Fleischer / aufgezwängter verschämtheit damit sie gesund bleibt oder gesund wird“, sagt Monika Ingolf Pompe (9 Mitte, 9 unten), Thomas Weingärtner / Fa. Edelstahl quellen aus dem untergrund Abendstein. „Wir wollen der Kunst einen Stellenwert Rosswag (11), Markus F. Strieder (12) geben“, ergänzt Markus F. Strieder. „Es kümmert sich ungeordneter wasserläufe in Wattens ja sonst kein Mensch darum, es gibt keinen Grafische Gestaltung: Circus. Büro für Kommunikation und kraftvolle rufe Kunstverein. Darum tun wir eben einfach, was wir tun, Gestaltung, Innsbruck (A) verloren geglaubter und sprechen damit Leute an, die das vielleicht auch Druck: nymphen// wollen.“ (Ivona Jelčić) Lanarepro, Lana (I) Druckfehler vorbehalten.
Operation am Snøhetta 04 Handlungsraum: Wasserlandschaft kraftwerk 04 05 offenen Herzen die metamorphose des stromes// beim ausziehen/wange an wange/ der verstummten liebschaft in der nacht/ die metamorphose des stromes// Eine Wasserlandschaft mitten in Wattens? Das Man stelle sich vor, es gäbe am Wattenbach einen Ort anknüpfen. Es geht im Kunstraum Wattenbach aber beim eintunken/hand in hand/ zum Verweilen, Sitzstufen, die bis ans Wasser hin- nicht nur darum, Vorstellungskraft zu generieren, son- ist keine utopische Wunschvorstellung, sondern unterreichen, einen begrünten Hügel, der den Stra- dern auch um ganz konkrete Handlungen. des brotes in den morgendlichen kaffee/ eine ziemlich konkrete Möglichkeit. Bericht über ßenverkehrslärm dämpft. Und ein Stückchen weiter Wie könnte eine Öffnung der Dorfmitte also kon- die metamorphose des stromes// einen Workshop am Wattenbach im Sommer 2020. Richtung Papierfabrik eine von der Kraft des Wassers kret ausschauen und was könnte sie bewirken? Darüber beim nachrennen/körper an körper/ angetriebene „Wassermaschine“, die den industriellen wurde im Sommer 2020 im Rahmen eines eintägigen der verlorenen unschuld/ Charakter des Ortes spielerisch aufgreift und in ange- Workshops direkt am Bach nachgedacht, zu dem die nehm kühlenden Sprühnebel übersetzt. GründerInnen des Kunstraums Wattenbach auch das die metamorphose des stromes// Die Realität sieht bislang anders aus: Der Ort und Architekturbüro Snøhetta eingeladen hatten. Es ging beim aussprechen/takt für takt/ der Bach, das sind in Wattens zwei Welten, die kaum darum, „gemeinsam Feldforschung zu betreiben und der beginnenden zuneigung/ miteinander in Berührung kommen. Was seltsam ist, die vorhandenen Ideen an Ort und Stelle zu diskutieren die metamorphose des stromes// Seit 2011 ist das interna- denn eigentlich wird das Fließgewässer seit jeher als und weiterzuentwickeln“, sagt Monika Abendstein. tional tätige norwegische Energielieferant und Ressource genutzt und hat damit Herausgekommen sind – siehe Textanfang – nicht beim fallenlassen/aug in auge/ Büro Snøhetta mit einem Standort in Innsbruck entscheidend zur industriellen Entwicklung von Wat- nur ganz konkrete Vorstellungen für eine „Wasserland- der heimlichen grundsätze/ vertreten. Internationale Bekanntheit erlangte das tens beigetragen. Aber sonst? Schlägt der seit einem schaft“, sondern auch die Sehnsüchte, die an so einem die metamorphose des stromes// interdisziplinäre Büro mit verheerenden Hochwasser stark regulierte Bach nur Ort gestillt werden könnten: zum Beispiel nach Ent- beim umarmen/tag für tag/ Projekten wie der Biblio- eine harte Schneise durch den Ort und spielt in der schleunigung, Werteverschiebung, Renaturierung, so- thek in Alexandria/Ägypten oder der Oper in Oslo. räumlichen Entwicklung keine Rolle – oder eben doch, zialer und kultureller Infrastruktur. (Ivona Jelčić) der nie gepflanzten apfelbäume/ Zu den Projekten in Tirol weil er so starr und unzugänglich ist. die metamorphose des stromes// zählen der Perspektiven- weg auf der Innsbrucker Nicht zufällig ist also das Verhältnis zwischen Nordkette und die Swarov- ski Manufaktur in Wat- Ort und Bach ins Zentrum der Überlegungen von Moni- tens, die mit dem Tiroler ka Abendstein, Alexander Erler und Markus F. Strieder kraftwerk 05 Landespreis ausgezeichnet wurde. Beim Projekt „Vi- geraten, nicht zufällig heißt ihre Unternehmung Kunst- in den schwimmenden tönen sion Wattens“ stellte das raum Wattenbach und nicht zufällig haben sie die von der flirrenden luft/in den Innsbrucker Büro mögliche ihnen definierten Handlungs- und Gestaltungsräume Entwicklungsszenarien für einen lebenswerten Ort zur entlang des Wattenbachs aufgefädelt. sanft schaukelnden drähten Diskussion. Einer davon ist eine „Wasserlandschaft“, in der über meinem kopf/ Bach und Ort näher aneinanderrücken, sprich: ein umklammern meine nackten füße Zugang zum Wasser geschaffen wird. Dass es diese ein nächtliches stundengebet// Möglichkeit durchaus gäbe, und zwar im Bereich des Vorplatzes der Hauptschulturnhalle, hat sich schon mögliche Erweiterung zur Papierfabrik vor geraumer Zeit in Gesprächen mit dem zuständigen Amt für Wildbachverbauung herausgestellt. In diesem Bereich wurde 1927 übrigens auch das erste Schwimm- bad und ein paar Jahrzehnte später das erste Kino von Wattens gebaut. Insofern ließe sich hier, und auch Wassermaschine Flutungsbecken, die den Zugang zum Wasser möglich das ist eine schöne Vorstellung, an die Vergangenheit begrünter Hügel, um die machen Akustik der Straße am Platz auszublenden Sitzstufen, die den Höhen- unteschied zum Wasser Bespielung der westlichen aufbrechen Bachseite Fußgängerweg über Brücke neu in Platzgestaltung einbezogen Verweilzone Wattenbach Verweilzone Bahnhofstraße Hochwasser Überflutungslevel 02 01 Am Workshop nahmen teil: Markus Langes- normaler Wasserstand Swarovski, Matthias Karadar, Verena Nagl, Lydia Steiner, Snøhetta und Kunstraum Wattenbach. Im Vorfeld wurde ein Dutzend BürgerInnen befragt, was sie sich unter einer möglichen Wasserlandschaft im Orts- kern vorstellen. Die Rückmeldungen flossen Am Wattenbach könnte eine neue Mitte in den Workshop ein. entstehen. Ein Ort am Wasser, der poetisch und praktisch zugleich ist. Eine Gestaltung, die auch dem Hochwasser- schutz dient, ist durchaus möglich.
Feigenbaumszenario 3.0 Michelle Schmollgruber 06 Handlungsraum: Dschungelbach 07 Im Feigenbaumszenario 3.0 wird die Regulierung zwischen den Zeiten und Lebenswelten. Heute treffen Michelle Schmollgruber (freischaffende Künstlerin, des Wattenbachs am Punkt des Wehr 47° 28’ 60” N / wir sie gebändigt – fast untertänig – in bürgerlichen Fotografin) „Ich zerlege – in 11° 59’ 33” O in Beziehung zur domestizierten Pflanzen- Wohnzimmern an. Auch der Gummibaum, der zur bo- Einzelteile, nehme aus dem Zusammenhang – ich suche welt gesetzt: Die Monstera deliciosa wird als Symbol tanischen Gattung der Feigenbäume gehört, stellt ein die Gemeinsamkeit – verbaue für eine alte Lebensform begriffen, die eine Verbindung solches Bindeglied dar. Er wächst in freier Natur als Teile zu neuen Durchlässig- keiten. Ich lebe und arbeite zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Wildheit und Würgepflanze, die bei guten Bedingungen eine Höhe in Innsbruck.“ Kultiviertheit darstellt – ein verbindendes Element von zwanzig bis vierzig Metern erreicht. (Nina Stainer) www.michelleschmollgruber.com
Wattens als Kunstort: 08 Artist in Residence 09 Impulse von außen und Inspirationen von innen Wie kann man mittels zeitgenössischer Kunst an zu installieren. Die Studentinnen und Studenten und ihr Professor haben ihren Ort gefunden. Für jeden der eingefahrenen Denkmustern und vielleicht sogar jungen Künstlerinnen und Künstler stand ein Indus- an Denkmälern rütteln? Konzept für ein Residenz- trie- oder Handwerksbetrieb aus der Gemeinde oder aus dem nahen Umfeld zur Verfügung, die sie bei der programm für junge KunststudentInnen, das be- Herstellung ihres Kunstwerks unterstützten und diese reits 2022 starten könnte. möglich machten. Am Tag der Eröffnung zogen die kraftwerk 06 KünstlerInnen zusammen mit den BürgerInnen von frau voltaire/adrett gekleidet/rock über Süßen und den MitarbeiterInnen der Betriebe durch den Ort wie in einer Prozession von einem Kunstwerk knie/ihre wasserblaue handtasche auf zum anderen. Und alle haben das Dorf Süßen und den dem schoß/an der sie zitternd festhält/ Ort der jeweiligen Kunstwerke mit neuen Augen ge- sitzt auf einem großen stein am rande sehen, man diskutierte und tauschte seine Eindrücke des bachbettes/unterhalb des kraftwerkes/ Olaf Probst, geboren 1962 Im Gemeindeamt der kleinen Schweizer Ortschaft aus zu den Kunstwerken und der Wirkung, die sie an in Stuttgart. Zahlreiche Schiers trugen sich vor etwa zehn Jahren ungewöhn- ihrem jeweiligen Ort entfalteten, gerade weil es keine sie wartet: Einzel- und Gruppenaus- stellungen im In- und Aus- liche Szenen zu: Die Bürgerinnen und Bürger waren ein- langweilige Dekoration war, der die Menschen damals land. Publiziert u.a. das geladen worden, ins Amt zu kommen und einem „Ge- begegneten. Ein Kunstverein war in Süßen gegründet es ist zwölf uhr mittag/als eine kräftige McLoop-Magazin im gutleut verlag. Lebt und arbeitet meindemaler“ ihre Sorgen und Wünsche vorzutragen. worden, der noch heute besteht und in dem Ort Ausstel- hand von hinten ihren parfümierten/ in München. www.olafprobst.net Die wurden sodann in Malerei bzw. Zeichnung über- lungen zeitgenössischer Kunst organisiert und zeigt.“ elfenbeinfarbenen hals umfasst/langsam setzt und die so entstandenen Werke später im Rah- men einer Ausstellung präsentiert. Der Maler war der Wattens ist natürlich nicht Süßen und es geht auch zudrückt/sie gemächlich in das kühle/ Werner Meyer, geboren 1953 in Stuttgart. Studium der österreichische Künstler Martin Breindl und die Aktion nicht darum, dem Ort Modelle, die woanders funk- Im Rahmen einer Test-Residenz hat der Künstler Olaf Katastrophäe, sprudelnde wasser rutscht/mit weit Kunsterziehung, Kunstge- schichte, Kulturwissen- „Ich male Ihr Problem“ ein wunderbares Beispiel dafür, tioniert haben, überzustülpen. Aber ein Blick über Probst neben dem theoretischen auch auch praktische Arbeiten entwickelt – die „Katastrophäen“. Sie sind bis PU-Schaum, 2020 aufgerissenen augen eine schar schwarzer schaften und Philosophie. wie man die BewohnerInnen eines Dorfes nicht nur die Ortsgrenzen hinaus kann neue Impulse geben. In auf Weiteres im Museum Wattens zu sehen. vögel auf den surrenden stromleitungen 1989 Mitgründer der Kunst- „Der Wirklichkeitssinn hat mit Kunst konfrontieren, sondern sie auch darin in- Wattens selbst stieß auch Meyer auf Orte, die der halle Göppingen, seitdem Direktor bis zum Ruhestand volvieren und so soziale Prozesse in Gang setzen kann. Kunstraum Wattenbach bereits ins Visier genommen sich irgendwo zwischen Pa- radies und apokalyptischer anstarrt/bis ihr herzschlag aufhört/ 2019. Auslöschung eingependelt. Der Kulturwissenschaftler und Autor Bernhard hatte, zum Beispiel den Bahnhof als möglichen Ort Beide Seiten haben Ge- Kathan hat innovative Kunst- und Kulturprojekte wie für zeitgenössische Kunst oder auch den „Raum ohne genbilder hervorgebracht keiner hat es gesehen/ das von Martin Breindl vor einigen Jahren in einer Aus- Namen“ an der Seite des Museums Wattens. – Angstgebilde, Wunsch- vorstellungen. Als latente keiner hat es gehört/ stellung und Diskussionsreihe über „Strategien im länd- Dort waren im Sommer 2021 Arbeiten des deut- Katastrophe und mögliche keiner vermisst sie// Rettung markieren sie die lichen Raum“ in Innsbruck vorgestellt. Denn es gibt schen Künstlers Olaf Probst zu sehen, den der Kunst- Randgebiete der Normali- diese Projekte durchaus – auch wenn sich, wie Kathan raum Wattenbach zu einer Test-Residenz eingeladen tät.“ (Christoph Sehl) damals feststellte, dafür „auf politisch-bürokratischer hat. Verbunden mit dem Auftrag, darüber nachzuden- kraftwerk 07 Ebene (…) nur selten Ansprechpartner finden“ wür- ken, was es aus seiner Sicht für ein laufendes Residenz- den. „Gemeinden betrachten Kunst in der Regel als programm in Wattens braucht, welche gesellschaftsre- in den schmalen schatten Verschönerungsmaßnahme, die dem Fremdenverkehr levanten Themen es in Wattens gibt, wo man mit den der hängenden stromzungen zu dienen habe.“ Mitteln der Kunst ansetzen könnte und welche Struk- liegen bleiben/vom wind turen geschaffen werden müssten. Die Vernetzung mit reden/den tag verschweigen/in die nacht An bloßer Behübschung waren auch die InitiatorInnen den vorhandenen Einrichtungen, unter anderem mit des Kunstraums Wattenbach nie interessiert. Es geht der Werkstätte Wattens, der öffentliche Raum als Prä- schleichen/am trapez über ihnen vielmehr darum, mittels zeitgenössischer Kunst sentationsort und Vermittlungsprogramme spielen in unbekannten köpfen baumeln/ zur Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen, regio- den Überlegungen von Probst eine wichtige Rolle. Es nie mehr den boden nalen, aber auch globalen Fragen einzuladen, Horizon- wird darin aber auch scheinbar Unverrückbares ange- unter den füßen te zu öffnen, an eingefahrenen Denkmustern zu rütteln. tastet, zum Beispiel das Swarovski-Denkmal: „Würde Und zwar nicht im Rahmen einer einmaligen Aktion, für Letzteres ein anderer würdiger Platz gefunden wer- fassen// sondern langfristig und nachhaltig. Zum Beispiel in den, wäre die Geste, es umzuplatzieren, um damit Raum Form eines Residence-Programms in Kooperation mit für einen neuen visuellen Impuls zu schaffen, ein klares kraftwerk 08 der Akademie der bildenden Künste in Wien: Kunst- Plädoyer für die Dynamik und Zukunftsorientierung studentInnen könnten dabei jeweils einige Wochen der Stadt Wattens. Nur Mut!“ an unübersichtlichen abzweigungen abbie- oder Monate in Wattens verbringen, vor Ort und aus gen/entlang des bachbettes/über verdeckte Wattens heraus neue Arbeiten entwickeln. Dieses Mo- Mit all diesen Ideen und Konzepten hat sich der Kunst- einschnitte in eingemauerte straßen eindrin- dell folgt einer Grundidee namens RURASMUS, einer raum Wattenbach intensiv beschäftigt und sie weiter- Ein verlassenes Haus oberhalb der ehemaligen Lochschmie- Initiative für ein europäisches „Aufs-Land-Semester“ gedacht. Ein auf Wattens zugeschnittenes RURAS- Studierende der Bildhauerklasse Brodwolf beim Aufbau der gen/bergspitzen im augenwinkel/aus dem de als zukünftiger Ort für ein Artist in Residence- als Ergänzung zum bereits etablierten ERASMUS- MUS-Programm könnte, wenn es nach den Initiato- Skulptur „Wolke über Süßen“ auto geworfener müll/auf dem gehsteig der Programm? Auslandssemester. Kommunen können dabei mit Uni- rInnen geht, im Sommersemester 2022 starten. Es wäre straße/südöstlich/bis zum schilderwald/ versitäten kooperieren, jungen Menschen neue Pers- jedenfalls eine Pionierleistung. (Ivona Jelčić) rechts abbiegen/endlich ankommen/mit pektiven auf das rurale Europa entwickeln. bedecktem kopf sonnenversunken am as- Für so etwas braucht es freilich auch den Willen und phalt sitzen/im rücken ein mächtiger name/ Weitblick auf politisch-bürokratischer Ebene. In der erschütterungen aushalten/goldgelbe hah- baden-württembergischen Kleinstadt Süßen gab es in nenfüße/vereinzelt wiesenklee/mit nichts- den 1980er-Jahren beides, was die ziemlich außerge- wöhnliche Geschichte der Dorfsymposien Süßen her- sagenden mauern/mit nichtsprechenden vorgebracht hat. Werner Meyer, Kunsthistoriker und plastikrohren/wirbellosen gestalten/manns- ehemaliger Direktor der Kunsthalle im deutschen Göp- Das „wattenspapier“, in hohen spulen/eigenwilligen roten kunststoff- dem Olaf Probst grund- pingen, brachte diese Geschichte ins Spiel, als Monika legende Überlegungen für köpfen/elendslangen nasenschnüren reden Abendstein, Alexander Erler und Markus F. Strieder eine künftige KünstlerIn- ihn nach Tirol eingeladen haben, um mit ihm über mög- nen-Residenz in Wattens wollen/doch keine antworten bekommen/ anstellt, ist auf liche Modelle und Konzepte für Wattens zu diskutie- www.krwb.at zu finden, Professor Jürgen Brodwolf in Begleitung von Werner Meyer außer von den unerbittlich schnarrenden ren. Über die Geschichte des Dorfsymposiums Süßen ebenso wie der Brief „Kunst in Wattens“ von beim Rundgang und der Betrachtung der einzelnen Kunst- projekte in Süßen seilen über mir// erzählte ihnen Meyer daraufhin: „Der Bürgermeister Werner Meyer. Er schreibt darin über das Symposium und seine Gemeinde haben, dreimal hintereinander, in Süßen, über potenzielle weil es für den Ort so bereichernd war, eine Akade- Orte für Kunst in Wattens und was man von zukunfts- mieklasse eingeladen, das Dorf zu erkunden, und – orientierter Kunst erwar- für einen gewissen Zeitraum – Kunstwerke im Dorf ten kann.
So kommt das Eine 10 Handlungsraum: Zuggalerie kraftwerk 09 11 zu dem Anderen aufgespulte geschichten fädeln sich von mund zu mund/rede mit mir/ unter der hand gebe ich Mit einer lyrischen Intervention von Barbara dir ein wort/ein seltenes/ Hundegger und einer Stahlskulptur von Markus noch nie ausgesprochenes/ F. Strieder wird am Bahnhof Fritzens-Wattens stromaufwärts fließendes/ ein Grundstein gelegt. Die Kunst soll von hier aus ihr unbekannten/fremden weiter in den Ort hineinwandern. gesichter/redet doch endlich mit mir/keiner fragt mich/wo ich dieses wort Barbara Hundegger, gebo- „warte nur“: Das könnte man als Drohung verstehen, wirkt er irgendwie leicht und fragil, erinnert sogar ein gefunden habe/in welchen ren 1963 in Hall in Tirol. es ist in Wahrheit aber ein heiteres Versprechen. Die wenig an die „Stoanmandln“, die man gerade im alpinen Lebt als freie Schrift- stellerin und Lyrikerin vielfach preisgekrönte Lyrikerin Barbara Hundegger Raum und an den Ufern von Gewässern so oft sieht. schlitzen es sich verbarg/allein in Innsbruck. Studium der hat im Auftrag des Kunstraums Wattenbach Texte für Das passt auch ganz gut zu Strieders Idee des wenn man es in händen hält/ Germanistik, Philosophie und Theaterwissenschaft den Bahnhof Fritzens-Wattens geschrieben, in denen „Empilement“, zu Deutsch: der Stapelung, die sich in besänftigt es den blick/lässt in Innsbruck und Wien. Unter anderem: Österrei- es um die Zustände und Umstände des Wartens geht. seinen Skulpturen immer wieder findet und die auf ei- aufgebrachte hunde friedlich werden/an chischer Kunstpreis für Sie werden an der Glasfassade der alten Wartehalle zu ner in der Bildhauerei ziemlich ungewöhnlichen Tech- Literatur 2021 und Tiro- lesen sein, die ihrerseits auf den Abriss wartet, weil ein nik basiert: Der Künstler arbeitet mit Stahlblöcken, die kahlen bäumen blätter wachsen/ ler Landespreis für Kunst 2020, Gedichtband „anich. Neubau geplant ist. in der Schmiede in glühend heißem Zustand gedreht, atmospären.atlas“ als Lyrikempfehlung 2020 der Es geht hier also auch um die Frage, was einen gewendet, geformt und schließlich aufeinandergesta- die sonne schweigt/der regen Deutschen Akademie für zukünftig erwartet. Dafür steht auch die Skulptur pelt werden. hat beschlossen Sprache und Dichtung. „Empilement 1/3“ des aus Wattens stammenden und Die Skulptur soll in den nächsten Monaten vom Markus F. Strieder, gebo- seit vielen Jahren in Frankreich lebenden Bildhauers Bahnhof aus weiter in den Ort hineinwandern, in den dazubleiben/er setzt sich ren 1961 in Innsbruck. Von Markus F. Strieder. Mit ihr wird der Kunstraum Wat- Raum gestellt werden und zu Diskussionen anregen. wie eine alte kätzin 1966 bis 1986 wohnhaft in Wattens. Kunststudium der tenbach am Bahnhof einen Grundstein legen, er liegt Vielleicht kann sie am Ende ja auch dauerhaft bleiben. an die fenster/ Bildhauerei in Stuttgart. Seit 1986 Auslandsöster- aber eigentlich nicht, sondern steht übergroß und ton- Man kann sich das für Wattens nur wünschen. (Ivona rede mit mir/bevor reicher, lebt und arbeitet nenschwer auf seiner Schwerlastpalette. Und trotzdem Jelčić) in Deutschland und Frank- es zu spät ist// reich. kraftwerk 10 ariel/windiger rebell/ lichtvernarrter wassergeist/treibe die turbinen an/auf der wimper des königs liegt eine najade/sie wünscht sich eine waschmaschine im haus/ auf den aluminiumadern sitzen immer die steinreichen/ sie spielen karten/herz war trumpf/das letzte ass ist ausgespielt/im lichtbogen verglüht die nacht// Eva Maria Gintsberg, geboren 1966 in St. Johann in Tirol. 1986 bis 1989 Schauspielausbildung am Tiroler Landestheater in Innsbruck und Zürich, Abschluss 1990 in Wien. Der glühende Stahlblock für die Skulptur Seit 1989 zahlreiche En- „Empilement 1/3“ wird in der Industrie- gagements in Österreich, schmiede Rosswag im Pfinztal (bei Karls- Südtirol, im süddeutschen ruhe) von Markus F. Strieder bearbeitet. Raum und in der Schweiz. Neben Theater-, Film- Auf der Fassade der Wartehalle ist schon von Weitem und Unterrichtstätigkei- die Arbeit „warte nur“ von Barbara Hundegger zu sehen. ten als Vorleserin mit Auf dem Vorplatz leistet ihr die tonnenschwere Skulptur literarisch-musikalischen „Empilement 1/3“ von Markus F. Strieder Gesellschaft. Programmen unterwegs. 2018 Studium der Germanistik an der Universität Innsbruck. Texte weiterer AutorInnen Mit freundlicher Genehmi- Skizze zu „Empilement“ von Markus F. sind in bachrauschen gung der ÖBB wird der Bahnhof Strieder. Dreiteilig: bestehend aus Nr. 01, am Bahnhof Fritzens-Wattens bis Anfang „Empilement 1/3“, „Empilement 2/3“, Fritzens-Wattens und auf Februar 2022 zum Kunstort. „Empilement 3/3“ www.krwb.at zu finden.
Teil sein vom Kunstraum Wattenbach! Kommen Sie zum Grundsteinfest und feiern Sie mit uns gemeinsam die Ankunft der Skulptur „Empilement 1/3“ von Markus F. Strieder. Beteiligen Sie sich an der Kunstaktion zu „Empilement 2/3“ und ermöglichen Sie damit das Wandern und Wachsen der Skulptur. Und wenn Sie den Kunstraum Wattenbach kontinuierlich unterstützen oder mitgestalten wollen, freuen wir uns über Ihre Mitgliedschaft. Sa 9. Oktober 2021 18 Uhr, Bahnhof Fritzens-Wattens ✺ Grundsteinfest ✺ Kunstaktion zu Die Skulptur „Empilement 1/3“ von Markus F. Strieder nimmt ihren Platz ein und das Gedicht „warte nur“ von Bitte beachten Sie die aktuell gültigen COVID- 19-Bestimmungen. „Empilement 2/3“ Barbara Hundegger strahlt erstmals von der Südfas- sade des Bahnhofs. Wir sammeln 14.000 Euro, damit die Skulptur „Em- pilement 1/3“ von Markus F. Strieder im Laufe des nächsten Jahres an zwei weiteren Orten in Wattens aufgestellt werden und schließlich um ein zweites Ele- ment („Empilement 2/3“) in die Höhe wachsen kann. Beteiligen Sie sich durch den Kauf unserer Sonder- editionen: Sonderedition „Empilement“ € 1.200 Limitierte Edition ✺ Mitgliedschaft von Markus F. Strieder, 2021 (dreiteilig) Gegossenes und geschliffenes Glas Maße pro Teil: ca. 7,5 x 6 x 5 cm Auflage: 15 Stück Fördermitglied Bitte überweisen Sie Ihren Beitrag in beliebiger Höhe auf unser Vereinskonto (AT85 3635 1000 0034 4622) Die Kleinskulpturen wurden mit freundlicher Unterstüt- zung von Swarovski in Wattens entwickelt. Ein besonderer und schicken Sie uns Ihre Kontaktdaten (Name und Dank geht an die dortigen Mitarbeiter Michael Stanger, Anschrift) per Mail an post@krwb.at. Josef Riedmüller, Walter Spahn, Manuel Schmid und Christian Mur. Aktives Mitglied Sonderedition „warte nur“ Nehmen Sie am Gestaltungsprozess des Kunstraums Wattenbach teil. Schicken Sie uns dazu eine Nachricht € 20 Poster: an post@krwb.at und wir informieren Sie über unsere ca. 40 x 60 cm, Siebdruck weiteren Aktivitäten. € 100 Poster limitiert: ca. 40 x 60 cm, Siebdruck 20 Stück pro Vers, Der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn ge- nummeriert und signiert richtet ist, verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke: € 50 Polster: • die zeitgemäße Renaturierung der Gesellschaft in der 44 x 44 cm, navyblau, Region Wattens mit Kunst und Kultur Barbara Hundegger hat für den Kunstraum Watten- Bezug aus griffigem Twill- stoff (100 % Baumwolle), • die künstlerische Beschäftigung mit gesellschaftlichen bach das Gedicht „warte nur“ geschaffen. Daraus sind Füllung aus Polyesterwatte Fragen nun drei Verse als Poster und Polster erhältlich: • die Förderung der Zusammenarbeit von Menschen in • in wattens auf wattens warten der Kunst und anderen Lebensbereichen • über stunden auf die stunde warten • die Förderung eines ästhetischen Bewusstseins für die • im überfluss auf überfluss warten Gestaltung des gemeinsamen Lebensraums • die Belebung einer kreativen Ortsentwicklung • Austausch und Vernetzung mit anderen Kunst- und Kulturschaffenden in Europa Schicken Sie uns eine Mail mit der gewünschten Son- deredition (bzw. mit dem gewünschten Vers), Ihrem Namen und Ihrer Anschrift an post@krwb.at.
Sie können auch lesen