Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil

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Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil
Ein Projekt der Zürcher Planungsgruppe Pfannenstil

Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil
Zwischenbericht 2017 und Fortführung 2018-2022

Januar 2018

quadra gmbh
beraten/gestalten/projektieren/
realisieren

Nordstrasse 220
8037 Zürich
Tel. 043 366 83 90

In Zusammenarbeit, Mitfinanzierung durch:
Kanton Zürich
Baudirektion
Amt für Landschaft und Natur
Fachstelle Naturschutz
Stampfenbachstrasse 12
8090 Zürich
Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil
Inhalt

Inhalt ............................................................................................................................ 1

1      Einleitung .............................................................................................................. 2

2      Ausgangslage ....................................................................................................... 3

    2.1 Bericht Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil, 2009 ............................................. 3

    2.2 Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil ..................................... 4

3      Literaturrecherche Lungenenzian 2013 ................................................................. 5

4      Praxisversuche ...................................................................................................... 7

    4.1 Schilfbekämpfung ............................................................................................... 7

    4.2 Ansaat Lungenenzian ......................................................................................... 8

5      Umsetzung .......................................................................................................... 17

    5.1 Vorgeschichte – O. und R. Rohweder ............................................................... 17

    5.2 Aufwertungsprojekte 2010-2017 ....................................................................... 18

    5.3 Spätschnittflächen............................................................................................. 22

    5.4 Bewirtschaftung ................................................................................................ 25

6      Monitoring ........................................................................................................... 30

    6.1 Enzianarten 2013 + 2017 .................................................................................. 30

    6.2 Moorbläuling 2009 - 2017 ................................................................................. 35

7      Bedeutung Pfannenstil für Kanton Zürich ............................................................ 38

8      Massnahmen (Berücksichtigung Ergebnisse Workshop 2015) ............................ 38

9      Ausblick............................................................................................................... 42

    9.1 Zielsetzung und Massnahmen 2018-2022......................................................... 42

    9.2 Planung, Umsetzung und Erfolgskontrolle 2018 ................................................ 48

    9.3 Erfolgskontrolle ................................................................................................. 51

10        Zusammenfassung .......................................................................................... 52

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Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil
1       Einleitung
Der Kanton Zürich hat für den in der Schweiz vom Aussterben bedrohten Kleinen
Moorbläuling (Phengaris alcon) eine hohe Verantwortung. Seit Beobachtung der Bestände
im Kanton ist ein kontinuierlicher Rückgang der Bestände feststellbar. Die Art weist am
Pfannenstil vergleichsweise hohe Zahlen und damit eine bedeutende Teilpopulation auf. Der
Falter legt die Eier auf Enzianblüten, die geschlüpften Raupen ernähren sich in den
Fruchtschoten von der Pflanze, Ende Sommer lassen sie sich auf den Boden fallen, wo sie
von Ameisen aufgesammelt und in deren Nest gebracht und gefüttert werden, bis sie im
nächsten Sommer als Falter wieder ausfliegen.
2009 wurde in Zusammenarbeit zwischen dem Naturnetz Pfannenstil und dem Verein
Schmetterlingsförderung im Kanton Zürich und der Fachstelle Naturschutz eine erste
Umfassende Untersuchung der Bestände des Falters und seiner Wirtspflanzen am
Pfannenstil durchgeführt. Das Projektgebiet umfasst die südwestexponierte Hangflanke des
Pfannenstils, bis hinunter nach Bergmeilen und liegt zwischen 570 und 850 m.ü.M.. Ein
grosser Teil der Riedwiesen sind von nationaler Bedeutung und überkommunale
Schutzgebiete. Sie liegen in den Gemeinden Meilen, Herrliberg, Küsnacht, Egg und Maur.
Die höheren Lagen des Projektgebietes (ca. über 700 m.ü.M.), der eigentliche Pfannenstil,
sind vorwiegend bewaldet und weisen Lichtungen mit artenreichen Hangriedern und
Halbtrockenrasen auf.
Seit den Untersuchungen und Massnahmeempfehlungen von 2009 werden im Rahmen des
Naturnetzes Pfannenstil zusammen mit verschiedenen Akteuren Abklärungen,
Praxisversuche, Aufwertungen und Erfolgskontrollen durchgeführt. Von den Massnahmen
profitieren auch weitere Tier- und Pflanzenarten. Dieser Bericht soll einen Zwischenstand all
dieser Aktivitäten dokumentieren. Ende November 2015 trafen sich ausserdem
Fachpersonen aus verschiedenen Kantonen zum Workshop «Best Practice Artenförderung
Kleiner Moorbläuling». Die Erkenntnisse aus diesem Workshop werden an relevanten Stellen
in den vorliegenden Bericht integriert.

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Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil
2       Ausgangslage

        2.1 Bericht Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil, 2009
Im Sommer 2009 wurde am Pfannenstil auf 24 Riedwiesen in den Gemeinden Küsnacht,
Herrliberg und Meilen die Situation des Kleinen Moorbläulings, seiner Futterpflanzen und
seiner Wirtsameise untersucht.
Die Ergebnisse zeigten, dass am Pfannenstil 3 Enzianarten mit Eiern belegt wurden: Der
Schwalbenwurzenzian kam auf 19 der 24 Untersuchungsflächen vor, diente aber nur auf
deren 16 als Eiablagepflanze. Der Lungenenzian kam auf 13 Flächen vor und wurde auf all
diesen auch belegt, während der Deutsche Enzian nur auf einer
Fläche zusammen mit den anderen beiden Arten vorkam und ebenfalls Eier aufwies.

Abbildung 1+ 2: links: Kleiner Moorbläuling bei der Eiablage auf Lungenenzian, Badholz 2010; rechts:
Eiablage auf Deutschem Enzian, Badholz, Meilen 2009

Von der Gesamtfläche aller Untersuchungsflächen (54ha) sind laut einer Vegetations-
kartierung von 1976 lediglich knapp die Hälfte (24ha) eigentliche Riedwiesen. Insgesamt
wächst der Schwalbenwurzenzian im Untersuchungsgebiet mit 5.75 ha auf einer fast doppelt
so grossen Fläche wie der Lungenenzian (2.91 ha), während die gesamte von Enzianen
bewachsene Fläche 7.5 ha beträgt, also knapp 1/3 der zur Verfügung stehenden Riedfläche.
Eier wurden auf einer Fläche von 3.46 ha, also auf weniger als der Hälfte der zur Verfügung
stehenden Enzianfläche gefunden.
Die vorhandene Literatur belegt, dass der Falter den Lungenenzian zur Eiablage bevorzugt,
mehr Eier pro Blüte ablegt und auch die Raupenentwicklung auf dieser Wirtspflanze
erfolgreicher ist.

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Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil
Die Frage nach der Wirtsameise konnte eindeutig beantwortet werden. 20 von 21
untersuchte Myrmica-Ameisen in unmittelbarer Nähe belegter Enziane wurden als Ried-
Knotenameise (Myrmica scabrinodis) bestimmt. Als Fazit dieser Untersuchung wurde in der
weiteren Bearbeitung davon ausgegangen, dass die Ameisen aufgrund ihrer Häufigkeit kein
limitierender Faktor sind und der Falter am besten durch die weitere Ausbreitung von
Lungenenzian gefördert werden kann.

Abbildung 3: Knotenameise trägt Raupe des Kleinen Moorbläulings in ihr Nest (Foto: D. Nash)

        2.2 Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil
Im Anschluss an den Bericht von 2009 wurde das Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling
am Pfannenstil gestartet. Ziele des Projektes sind sowohl eine vertiefte Kenntnis von
Vorkommen und ökologischen Ansprüchen der Wirtspflanzen um daraus Massnahmen zu
deren Förderung zu entwickeln. Gleichzeitig sollen verschiedene Aufwertungsmassnahmen
durchgeführt werden, um den Kleinen Moorbläuling im Projektgebiet zu fördern. Die
Resultate sollen auch als Grundlage für Fördermassnahmen in anderen Schutzgebieten des
Kantons Zürich dienen.

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3       Literaturrecherche Lungenenzian 2013
Da der Lungenenzian in vielen Ländern nur noch selten vorkommt, wurden in der
Vergangenheit schon einige Forschungsarbeiten über die Pflanze, ihre Ansprüche und
mögliche Schutzmassnahmen durchgeführt. Die detaillierte Literarturrecherche kann dem
Anhang entnommen werden. Weiterführende Informationen die in der Literaturrecherche nur
teilweise aufgegriffen wurden liefert auch die Website http://www.ex-situ-
erhaltung.de/pflanzenarten/g/gentiana-pneumonanthe/
Nachfolgend werden die wichtigsten Punkte aus der Literaturrecherche aufgeführt.
Die Frage nach der Ursache für das stetige Verschwinden des Lungenenzians sind
vermutlich komplex und eine Kombination aus der Änderung der Bewirtschaftung, direkter
und indirekter Düngung, Absenken des Grundwasserspiegels wie auch die häufige
Entwässerung oder zu starke Vernässung durch mangelnden Unterhalt der Riedgräben. Dies
führt zu einem Verlust der natürlichen Lebensräume. Mit der Regeneration der
ursprünglichen Lebensräume werden die Bedingungen für den Lungenenzian deutlich
verbessert. Trotzdem hat die Art scheinbar Mühe, sich zu verjüngen und neu zu etablieren.
Durch den Rückgang der natürlichen Lebensräume haben sich die Populationen verkleinert,
wurden fragmentiert und isoliert. Dadurch kann die Populationsstruktur nachhaltig beeinflusst
werden. So sind beispielsweise „senile“ Populationen, mit einem hohen Durchschnittsalter
anfälliger auf sich verändernde Umweltfaktoren und daher stärker vom Verschwinden
bedroht als jüngere Populationen. Dabei können gerade «senile» Populationen aus vielen
blühenden Individuen bestehen, da sie aber alle gleichen Alters sind, besteht trotzdem die
Möglichkeit, dass die Population bedroht ist.
Keimlinge des Lungenenzians erreichen oft nur unter optimalen Umweltbedingungen das
generative Alter. Dabei spielt zum einen das Vorhandensein von offenen Stellen auf dem
Boden wie auch eine optimale Bodenfeuchtigkeit (wechselfeucht, mit periodischen
Überschwemmungen) eine grosse Rolle.
Bei zu trockenen Bedingungen haben die Keimlinge Mühe sich zu etablieren, hingegen kann
grosse Bodenfeuchte zu Pilzbefall führen. Bei feuchter Witterung kommt es oft zu
Schneckenbefall.

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Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil
Für die Förderung der noch bestehenden Enzianpopulationen oder deren Wiederansiedlung
wurden in den letzten Jahrzehnten verschiedene Versuche und Experimente gestartet. Dabei
scheinen vor allem der Plaggenhieb (Abtrag der oberen, humosen Bodenschicht) und eine
adäquate Beweidung erfolgversprechend.

Abbildung 4: Die Beweidung mit leichten kleinen Rindern (im Bild Dexter) ist eine Möglichkeit
kleinflächig offene Bodenstellen zu schaffen, ohne dabei grössere Schäden anzurichten, (Foto:
https://www.walter-reulecke.de/tiere)

Sowohl durch Plaggenhieb, als auch durch angepasste extensive Beweidung werden
kleinräumig neue Flächen geschaffen, welche vom Lungenenzian, durch Versamung oder
Aussaat, besiedelt werden können. Diese offenen Flächen bieten dem eher
konkurrenzschwachen Lungenenzian optimale Licht- und Platzverhältnisse. Allerdings sind
laut Literatur Ansaat oder Anpflanzung des Lungenenzians oftmals wenig erfolgreich: Häufig
überlebten nur wenige Pflanzen. Als Ursachen wurden unter anderem Wild- oder
Schneckenverbiss, Tritt, Sommermahd, Schattenfall durch Hochstauden oder Pilzbefall
sowie Trockenheit und Verbuschung angegeben. Eigene Ansaatversuche im Projekt Kleiner
Moorbläuling am Pfannenstil ergeben ein etwas differenzierteres Bild (Kapitel 4.2).

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4      Praxisversuche
Als ein wichtiger Schlüsselfaktor für Förderung und Erhalt des Falters gilt das Vorkommen
der Wirtspflanze. Mit verschiedenen Versuchsreihen wurde daher untersucht wie
insbesondere der Lungenenzian gefördert werden kann.

          4.1 Schilfbekämpfung
In vielen Waldrieden am Pfannenstil ist auf Teilflächen Verschilfung feststellbar. Dadurch
schwindet der Lebensraum des konkurrenzschwachen Lungenenzians. Um das Schilf zurück
zu drängen, werden in der Praxis unterschiedliche Pflegemethoden angewendet. Daher
wurden einerseits in drei Gebieten grossflächig die am stärksten verschilften Bereiche
zwischen Ende Juni bis Ende Juli einmal gemäht. In den weniger stark verschilften
Bereichen wurde das Schilf einmal ausgestochen. Ein Monitoring dieser Massnahme wurde
nicht durchgeführt, der subjektive Eindruck belegt aber mindestens im Underschooss, dass
die verschilfte Fläche zurückgeht.

Abbildung 5: Standort Schilfbekämpfungsversuch (links), auf Flächen mit wenig Schilf wurde dieses
ausgestochen (rechts), Underschooss, Meilen 2013

Um konkrete Aussagen zur Effizienz unterschiedlicher Methoden der Schilfbekämpfung zu
erhalten, wurde an den drei Standorten Hinter Guldenen, Underschooss und Bezibüel jeweils
eine Versuchsreihe angelegt: Auf jeweils fünf Testflächen (5x5 m) wurden folgende
Methoden zur Schilfbekämpfung angewendet:
Feld 1:          Ausreissen von Hand
Feld 2:          Abschneiden mit Messer knapp unter Erdoberfläche
Feld 3:          Tiefes Ausstechen mit Spargelstecher
Feld 4:          Mähen mit Motorsense (Heckenscheren-Aufsatz)
Feld 5:          Kontrolle: keine Behandlung
Die Massnahmen/Untersuchungen wurden 2011, 2012, 2013 und 2014 durchgeführt. Als
Parameter zur Beschreibung der Veränderung dienen Halmhöhe (arithmetisches Mittel von
40 Pflanzen), Rhizomlänge (arithmetisches Mittel von 40 Pflanzen) und Halmanzahl.

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Detaillierte Informationen finden sich im Anhang. Nach vier Jahren gibt es zwischen den
Methoden keine deutlichen Unterschiede zu erkennen. Der Zeitpunkt der Untersuchung (aus
verschiedenen Gründen schwankend zwischen 26. Juni und 5. August) und äussere
Einflüsse wiegen offenbar stärker als die einzelnen Massnahmen. Zusammengefasst erkennt
man keine Unterschiede in der Entwicklung der Halmhöhen verglichen mit denen der
Kontrollflächen. Die Anzahl der Halme nimmt tendenziell ab, wenn diese mit dem
Spargelstecher tief unterirdisch abgeschnitten werden. Hingegen nimmt die Anzahl Halme
eher zu, wen sie nur wenig tief abgeschnitten werden. Die Datengrundlage ist zu
gering/unsicher für aussagekräftige Erkenntnisse. Es wird auch vermutet, dass die Flächen
zu klein sind und jeweils wieder Schilfrhizome von aussen in die Flächen einwachsen. Aus
diesen Gründen wurde die Versuchsreihe 2014 abgebrochen. Vor einer Weiterführung sollte
die Versuchsanlage mit der Fachstelle Naturschutz und weiteren Kreisen (z.B.
Naturschutzvereinen Meilen und Egg) diskutiert und allenfalls für eine Weiterführung
optimiert werden. Aufgrund der Erfahrung in anderen Projekten (z.B. Unterhaltsequipe Kt.
Aargau) ist ein früherer Schnitttermin (Mitte-Ende Juni) zu überprüfen.
Ergebnisse einer grösser angelegten Studie zur Auswirkung der Frühmad im St. Galler
Rheintal (Weber 2013) zeigen deutlich, dass sowohl ein jährlicher zusätzlicher Schnitt im
Juli, als auch ein alternierender Frühschnitt alle zwei Jahre die Artenvielfalt fördert. Der
Lungenenzian wird zwar nicht explizit genannt, die Aussage gilt jedoch auch für Arten der
Roten Liste und generell für Arten von mageren Standorten. Nährstoffzeiger und
Brombeeren wurden geschwächt, Neophyten (Goldrute) am Einwandern gehindert. Die
Verschilfung innerhalb der Kontrollflächen nahm ohne Frühschnitt zu, insbesondere die
Halmdichte. Beide Frühschnittarten konnten die Verschilfung reduzieren, da vor allem die
Halmlänge zurückging, teilweise auch die Halmdichte. Weitere Informationen zum Thema
wird auch das Merkblatt der Fachstelle Naturschutz liefern, welches derzeit in Bearbeitung
ist. Darin wird u.a. empfohlen, dass vor einer Schilfbekämpfung zuerst die Schilfdichten
kartiert werden und aufgrund dieser Massnahmen in die Wege zu leiten.

        4.2 Ansaat Lungenenzian
Im Rahmen des Artenschutzprojektes für den Kleinen Moorbläuling des Naturnetzes
Pfannenstil startete der Verein Konkret (Einsatzbetrieb für Zivildienstleistende) im Jahr 2010
im Auftrag des Naturnetzes Pfannenstil einen Lungenenzian-Ansaatversuch. Das Ziel des
Versuches war es, empirisch zu untersuchen, mit welcher Saatbeetvorbereitung
Lungenenziane in bestehenden Riedwiesen am Pfannenstil erfolgreich ausgesät werden
können. Vegetationsaufnahmen an allen Probeflächen-Standorten belegen, dass keine
anderen seltenen Arten durch die Versuche beeinträchtigt wurden.

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Versuchsanordnung
Auf den drei ausgewählten Flächen Badholz, Underschooss und Bezibüel wurden entlang
eines Transekts in den Jahren 2011 bis 2014 jeweils 10 bis 14
Kleinflächen ausgeschieden, auf denen Saatgut von Lungenenzian ausgestreut wurde. Die
Transekte wurden so gewählt, dass pro Untersuchungsgebiet ein Gradient von möglichst
nassen, feuchten, bis hin zu «trockenen» Teilbereichen abgedeckt war. Die Samen für die
Aussaat wurden in den Riedwiesen Hinter Guldenen, Badholz und Cholgrueb gewonnen. Die
Kleinflächen wurden mit verschiedenen Methoden für die Ansaat vorbereitet.

Abbildung 6+7: Anlegen der Kleinflächen zur Ansaat von Lugenenzian. Links: Abdeckung mit
lichtundurchlässiger Folie, Rechts: Abwägen und aussäen Lungenenziansamen

Folgende Kleinflächen-Typen wurden eingerichtet (Quadrat 40cm x 40cm, eingemessen und
verpflockt):
a) umgegrabene Kleinflächen: Grasnarbe wurde mit Spaten ausgestochen und umgekehrt
   wieder in das Loch gelegt (ca. 30 – 40 cm tief)
b) abgerechte Kleinfläche: mit einem Gartenrechen wurde die Bodenstreu, Moos und die
   Vegetation so gut wie möglich entfernt
c) Kontroll-Kleinfläche: Aussaat in unbelassene Fläche ohne Bodenvorbereitung (2011)
d) gejätete Kleinfläche: gejätete Fläche, Bodenstreu wurde entfernt (erst ab 2012)
e) Folienabdeckung Kleinfläche: Fläche mit lichtundurchlässiger Folie 3 Monate abgedeckt
   (erst ab 2013)
f) Wie e) aber nach der Aussaat mit Schneckenschutz: Ausbringen kreisrunder
   Schneckenschütze (erst ab 2013 nach Folienabdeckung)

Alle Flächen (ausser Kontrollflächen) wurden nach der ersten Ansaat wie folgt behandelt:
-   ausjäten oder zurückschneiden von überhandnehmender Konkurrenz
-   entfernen von Streu
-   Nachsäen mit Enziansamen in den nächsten 1-3 Jahren (offene Bodenflächen)

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Ergebnisse
In den Jahren 2011 bis 2013 konnten bei der Erfolgskontrolle der Kleinflächen a) bis c)
keine Lungenenziane festgestellt werden. Da jedoch nach blühenden Enzianen gesucht
wurde, wurden möglicherweise nichtblühende Jungpflanzen übersehen. Im Jahr 2015
konnten auf den Kleinflächen e) insgesamt 19 Exemplare festgestellt werden. 2016 wurden
sämtliche Kleinflächen a) bis e) systematisch untersucht. Dieses Mal konnten total 261
Lungenenzian-Pflanzen gezählt werden.
Abbildung 8 stellt die Ansaatjahre und die gezählten Exemplare anlässlich der
durchgeführten Erfolgskontrollen dar. Abbildung 9 zeigt die gezählten Lungenenziane auf
den verschiedenen Kleinflächen und ordnet die in Kleinfläche e) gefundenen Exemplare den
vor Schneckenfrass geschützten beziehungsweise ungeschützten Bereichen zu. Am meisten
Enziane wurden auf den Flächen mit Folienabdeckung gezählt. An zweiter Stelle folgten die
abgerechten Flächen. Auf den gejäteten Kleinflächen und den Kontrollflächen konnten fast
keine Lungenenziane gefunden werden. Bei den Folienflächen mit oder ohne
Schneckenschutz zeigte sich bei der Anzahl Enziane kaum ein Unterschied. Ein
ausführlicher Bericht findet sich im Anhang.

Abbildung 8: Entwicklung der Anzahl Individuen des Lungenenzians auf den Kleinflächen mit
unterschiedlicher Bodenvorbereitung

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Erfolgskontrolle 2016: Anzahl Lungenenzian-Exemplare auf den verschiedenen Kleinflächen-Typen
                    150

                    140

                    130

                    120

                    110

                    100

                    90
 Anzahl Exemplare

                                                                                                                                                                             Kleinflächen mit
                    80                                                                                                                                                       Schneckenschutz

                    70
                                                                                                                                                                             Kleinflächen ohne
                                                                                                                                                                             Schneckenschutz
                    60

                    50

                    40

                    30

                    20

                    10

                     0
                          a) umgegrabene Kleinfläche   b) abgerechte Kleinfläche   c) Kontroll-Kleinfläche (2011) d) gejätete Kleinfläche (2012)     e) Folienabdeckung
                                   (2011)                       (2011)                                                                             Kleinfläche (2013/2014)
                                                                            Kleinflächen-Typen mit Ansaat-Jahr

Abbildung 9: Anzahl Individuen des Lungenenzians auf den Kleinflächen mit unterschiedlicher
Bodenvorbereitung

Auf den drei Versuchsflächen Bezibüel, Underschooss und Badholz ist der Ansaaterfolg
nicht gleich gross. Im Bezibüel konnten drei Mal so viele Lungenenziane gezählt werden als
im Badholz.

Diskussion
Die Haupterkenntnis der Ansaatversuche ist, dass mit Massnahmen die Vermehrung des
Enzians gefördert werden kann. Ob die Enziane dabei aus der Ansaat, von benachbarten
Individuen oder aus der Samenbank stammen ist nicht grundsätzlich entscheidend. Die
Frage, ob das Vorkommen von Lungenenzianen auf den Kleinflächen mehrere Jahre nach
dem Ausbringen des Saatgutes tatsächlich auf die Ansaat zurückgeführt werden kann, lässt
sich zumindest in einem Teilgebiet eindeutig mit ja beantworten. Anlässlich der
Untersuchungen zum Vorkommen von Enzian-Arten und Kleinem Moorbläuling am
Pfannenstil im Jahr 2009 konnten auf der Versuchsfläche Underschooss keine
Lungenenziane gefunden werden (Naturnetz Pfannenstil und Verein
Schmetterlingsförderung im Kanton Zürich, 2010). Das Vorkommen des Lungenenzians auf
dieser Fläche ist also auf den Ansaatversuch zurückzuführen und kann nicht durch natürliche
Vermehrung erklärt werden. In den Versuchsflächen Bezibüel und Badholz war der
Lungenenzian bereits im Jahr 2009 vorhanden, eine natürliche Versamung in die
Kleinflächen ist also nicht überall auszuschliessen. Jedoch wurde bei der Anlage der

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017                                                                                        11
Kleinflächen im 2011 darauf geachtet, dass der Versuch in Bereiche gelegt wurde, wo in der
Nähe keine Lungenenziane wuchsen. Eine Ausnahme stellen die unteren Kleinflächen im
Badholz dar, die absichtlich in der Nähe bestehender Enziane angelegt wurden. Man kann
davon ausgehen, dass die allermeisten der gefundenen Lungenenziane auf den
Versuchsflächen auf die Aussaaten zurück zu führen sind.
Wie ist es zu erklären, dass der Ansaaterfolg auf den verschiedenen Kleinflächen
unterschiedlich ausfiel? Denn auf den Kontrollflächen wurden 2016 insgesamt nur 7
Exemplare gezählt. Der Vergleich zu den umgegrabenen, abgerechten und den mit
Folienabdeckung versehenen Kleinflächen zeigt klar, dass die Vorbereitung vor der Ansaat
einen positiven Einfluss auf den Keimerfolg der Lungenenziane hat. Abb. 8 zeigt, dass auf
den Kleinflächen mit Folienabdeckung deutlich mehr Lungenenziane (136 Exemplare)
gefunden wurden als auf den anderen Kleinflächen-Typen.
An zweiter Stelle folgen die abgerechten Kleinflächen mit 73 gefundenen
Exemplaren.
Folgende Parameter könnten einen Einfluss auf den Keimungserfolg haben:
-   Jahr der Ansaat und der Nachsaaten (war nicht einheitlich)
-   Saatgut: Qualität des gesammelten Saatgutes (Keimfähigkeit), Zeitpunkt der Ernte,
    Lagerung, Zeitpunkt der Ansaat
-   lokale Bodeneigenschaften im Bereich der einzelnen Kleinflächen (Feuchtigkeitsgradient
    zwar bei Versuchsanlage berücksichtigt, aber bisher nicht ausgewertet)
-   Feuchtigkeitsverhältnisse der Kleinfläche; Bodenfeuchte während der Wochen nach
    Ansaat (z.B. Austrocknung nach Keimung?)
-   keimhemmende Wirkung der tieferen Bodenschichten bei den «umgestochenen»
    Kleinflächen (2-3 Jahre fast keine Vegetation, am Anfang mehrheitlich
    «Kümmerpflanzen)
-   Witterungsbedingungen im Folgejahr der Ansaat
-   Mähzeitpunkte auf den verschiedenen Flächen
-   Schäden auf Kleinflächen durch Befahren bei Bewirtschaftung (z.T. gut sichtbar)
-   Vorhandene Vegetationszusammensetzung im Bereich der Kleinfläche
Für eine Fortsetzung von Enzianansaaten wäre es von Vorteil, wenn diese Parameter
genauer untersucht werden könnten. Dies könnte teilweise auch mit zusätzlichen Aufnahmen
(z.B. ideale Bodenfeuchte) auf den bestehenden Kleinflächen und/oder auf Riedflächen mit
Enzianvorkommen ergänzt werden.

Trotzdem kann man sich bereits mit den aktuellen Ergebnissen fragen, welche
Saatbeetvorbereitung nun für die Ansaat von Lungenenzian erfolgsversprechend ist, bzw.
welche ein gutes Kosten-/Nutzen-Verhältnis aufweist?

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   12
Aufgrund der erhobenen Daten ist der Erfolg bei den mit Folien abgedeckten Kleinflächen
gut, resp. am besten. Durch das jährliche Jäten unerwünschter Konkurrenten sowie das
Entfernen der Streu wurden die Kleinflächen genügend lang offengehalten, um den
Lungenenzianen die Keimung und das Aufwachsen zu blühendem Pflanzen zu ermöglichen.
Allerdings ist die Abdeckung der Ansaatflächen mit Folien aufwändiger und ästhetisch
weniger optimal. Allenfalls etwas günstiger ist das Abrechen des Aussaatbereiches, welches
ebenfalls gute Erfolgsaussichten für die Förderung des Lungenenzians bietet. Das Abrechen
muss jedoch so gemacht werden, dass der bestehende Pflanzenbestand zu einem grossen
Teil ausgerissen und geschädigt wird, ansonsten wächst die Fläche schnell ein. Auf jeden
Fall empfiehlt es sich, die Ansaatflächen grösser zu machen, da damit einige negative
Einflüsse kleiner werden (Einwachsen, Einsamen von konkurrenzierenden Pflanzen,
Schneckenfrass, Schäden durch Fahrspuren etc.).
Bei allen Ansaatmethoden ist eine Nachpflege der Ansaatflächen zwingend:
-   ausjäten oder zurückschneiden von überhandnehmender Konkurrenz
-   entfernen von Streu
-   Nachsäen in den nächsten 1-3 Jahren (offene Bodenflächen)

Weitere Ansaaterfahrungen mit Lungenenzian am Pfannenstil
Das Naturnetz Pfannenstil hat bereits mehrmals in Riedstandorten mit verschiedenen
Methoden Ansaaten durchgeführt und dabei auch Erfahrungen mit Enzianarten gemacht. Die
längste Erfahrungsreihe besteht in der Auslichtungsfläche Hinter Guldenen. Hier wurde als
Vernetzungsmassnahme der Wald 2001 stark ausgelichtet (Deckungsgrad 30%, weiterhin
Wald), mit dem Forstmulcher der Boden vorbereitet und anschliessend mit Schnittgut aus
dem benachbarten bestehenden Ried Hinter Guldenen direktbegrünt. Jeweils 2 und 15 Jahre
nach der Direktbegrünung (2003 + 2015) fanden auf 60 Rasterflächen (10 x 10m)
Vegetationsaufnahmen statt. Abbildung 10 und 11 zeigen die Entwicklung der beiden
Wirtspflanzen des kleinen Moorbläulings. Es scheint so, als ob in den ersten Jahren der vor
der Massnahme nicht vorkommende Lungenenzian durch den offenen Boden stark
profitieren konnte. 2015 wurden nur noch in 2 Probeflächen Lugenenziane gefunden.
Obwohl sich laut den Resultaten von 2015 insgesamt die Flachmoorfläche ausgedehnt hat,
ist der Standort für ein stabiles Vorkommen des Lungenenzians möglicherweise zu
nährstoffreich. Die Zunahme des Schwalbenwurzenzian deutet eine Tendenz zu einer
hochstaudenartigen Vegetationsstruktur an. Anzufügen ist allerdings, dass die Erhebung
2015 Anfangs Juli erfolgte. Zu dieser Jahreszeit ist der Lungenenzian noch schwer
nachweisbar. 2003 erfolgte die Feldarbeit Ende Juli bis August. Bei der Enziankartierung
2017 (Ende August, siehe Kapitel 6.1) wurde eine grössere Fläche mit Lungenenzian
bestanden kartiert als 2015 festgestellt.

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   13
Abbildung 10 +11: Verbreitung von Schwalbenwurzenzian (oben) und Lungenenzian (unten) in der
Auslichtungsfläche Hinter Guldenen - Vergleich 2003 zu 2015

Im Jahr 2009 wurden in der Guldenen (Gemeinde Maur, Kt. Zürich) Teile des ehemaligen
Moors regeneriert und Artenförderungsmassnahmen umgesetzt. Die
Regenerationsmassnahmen umfassten unter anderem das grossflächige Abtragen von

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   14
Oberboden mit anschliessender Direktbegrünung sowie das Auspflanzen/Aussäen
verschiedener seltener Pflanzenarten. Die beiden Wirtspflanzen des kleinen Moorbläulings
wurden ausser über die Direktbegrünung zusätzlich durch das Ausbringen von
gesammeltem Saatgut etabliert.

Abbildung 12 +13: Verteilung von Schnittgut auf abhumusierter Fläche in der Guldenen, Maur 2009

Nachdem die Erfolgskontrolle Fauna bereits 4 Jahre nach Umsetzung der Massnahmen die
Besiedlung durch den kleinen Moorbläuling nachweisen konnte, liegen seit 2016 auch
quantitative Zahlen zur Verbreitung der beiden Enzianarten vor. Innerhalb der abhumusierten
Fläche konnten praktisch alle im Projekt definierten SMART Ziele erreicht werden:

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   15
Lungenenzian
        A. mind. 250 Exemplare: Ziel erreicht
        B. Vorkommen auf 33% der Fläche: Ziel erreicht (74%)
        C. 50 % der Fläche mit Vorkommen in "mittlerer Klasse": Ziel erreicht (61%)
Schwalbenwurzenzian
        A. mind. 250 Exemplare: Ziel erreicht
        B. Vorkommen auf 33% der Fläche: Ziel nicht erreicht (19%)

Ob sich diese erfreuliche Entwicklung langfristig als stabil erweist, oder ähnlich wie in der
Auslichtungsfläche Hinter Guldenen nach gut 10 Jahren ein Rückgang des Lungenenzians
zugunsten des Schwalbenwurzenzians stattfinden wird, kann erst in einigen Jahren durch
eine Wiederholung der Erfolgskontrolle Vegetation beantwortet werden.
In den Jahren 2004, 2011 und 2013 wurden in der Stollenwies (Meilen; Förderflächen
Gelblicher Klee und Enzianarten), 2015 im Bezibüel (Meilen, Förderfläche Schweizer Alant
und Enzianarten) und im 2016 im Underschooss (TP Badholzbach, Förderfläche
Enzianarten, Gelblicher Klee) auf je knapp 5 Aren grossen, abhumusierten Teilflächen
Riedschnittgut und u.a. gesammeltes Enziansaatgut ausgebracht. Auf den offenen
Bodenstellen wurden in den Folgejahren die Ziel- und die Enzianarten nochmals nachgesät.
Bei den Erfolgskontrollen 2013 und 2017 konnten in der Stollenwies Vorkommen des
Lungenenzians bzw. dessen Zunahme festgestellt werden. Die Flächen im Bezibüel und im
Underschooss (TP Badholzbach) wurden noch nicht untersucht, da die Vegetation noch sehr
spärlich und kurz ist. In der Stollenwies hat sich auf der Ansaatfläche von 004 zudem der
Deutsche Enzian gut etabliert.
2015 wurden zudem in der Stollenwies einzelne Lungenenziane angepflanzt, welche aus der
Gartenanlage der Fachstelle Naturschutz in Wangen stammen. Hütchenförmige Kunststoff-
Schneckenschütze wurden danach gegen Schneckenfrass über die Pflanzen gestellt. Eine
gezielte Erfolgskontrolle fand bisher nicht statt.

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   16
5       Umsetzung

        5.1 Vorgeschichte – O. und R. Rohweder

Untersuchungen verschiedener Tier- und Pflanzenarten und Bemühungen zu deren Schutz
am Pfannenstil gehen bis weit ins letzte Jahrhundert zurück. So ist das Botaniker-Ehepaar
Otto und Rose-Marie Rohweder seit 45 Jahren im Badholz unterwegs und hat unter anderem
das Enzianvorkommen vor Ort dokumentiert (Artikel und Fotos im Anhang). In der Riedwiese
passierten in diesen Jahren verschiedene Ereignisse, deren Auswirkungen auf Orchideen
und Enziane das Ehepaar zu deuten versuchte.
So herrschte zum Beispiel1985 ein Futtermangel und man liess deshalb Rinder auf der
Riedwiese weiden. In den Jahren nach der Beweidung liess sich eine Zunahme von
Lungenenzian und Orchideen feststellen. Ab 1985 gehörte die Riedwiese dem Kanton und
es kam zur grossflächigen Verschilfung. Dies ist wahrscheinlich auf die zeitweise fehlende
Bewirtschaftung zurück zu führen. Ein weiterer Faktor könnte die schlechte Luftqualität
gewesen sein.
Ab 1987 pflegte das Ehepaar die Riedwiese für mehrere Jahre. Anfangs fanden einige
Einsätze mit dem Naturschutzverein Meilen statt. Da jedoch mit vielen Freiwilligen bei
schlechtem Wetter grosse Schäden angerichtet wurden, entschieden sich Rohweders, die
Pflege alleine zu übernehmen. Mit der Gartenschere entfernten sie die wuchernden
Schilfhalme, da mit einer Sense auch unreife Samenstände von gewollten Pflanzen zu
Schaden gekommen wären. Die stetige Schilfbekämpfung und die mehr und mehr
regelmässig durchgeführte Pflege führte in den Folgejahren (bis ca. 1999) zu einem
artenreichen Schutzgebiet. Später als die Pflege des grossen Riedes von einem Landwirt
übernommen wurde, führten Rohweders die Schilfbekämpfung konsequent weiter. Zudem
machten sie mit ihm ab, dass ein grosser Teil der zentralen Riedfläche wegen dem sehr spät
blühenden Fransenenzian erst Ende Oktober gemäht wird. Diese späte Mahd erfolgte bis ca.
ins Jahr 2013. Aufgrund einer gemeinsamen Begehung des Naturnetzes mit dem
hochbetagten Ehepaar Rohweder im September 2013, beurteilten Rohweders die
Vorkommen seltener Arten folgendermassen: Sukzessive Abnahmen von Enzian- und
Orchideenarten seit ca. 2000. Sie wünschten sich nach der Begehung folgende Änderungen,
Abklärungen: Früherer Schnitt der Oktober-Schnittflächen (bisher Ende Okt., neu 15.9., da
Lungenenzian und Kleiner Moorbläuling wichtiger als Fransenenzian), mehr offene
Bodenstellen, u.a. Durchführung eines Versuches mit einer extensiven Beweidung,
Abklärungen wie die Enzian- und Orchideenarten erhalten und gefördert werden können.
Die Schilfbekämpfung wird seit ein paar Jahren durch die Naturschutzvereine Meilen und
Egg weitergeführt.

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   17
Abbildung 14: Ehepaar Rohweder anlässlich einer Begehung im Badholz, Meilen 2013

5.2 Aufwertungsprojekte 2010-2017
Naturnetz Pfannenstil, Kanton, Bewirtschafter und weitere Akteure waren auch vor dem
ersten Bericht zum Moorbläuling 2009 in den Riedwiesen aktiv. Seit 2010 werden gezielt auf
den Moorbläuling ausgerichtete Massnahmen umgesetzt. Tabelle 1 zeigt eine Übersicht
welche Massnahmen in den Teilgebieten umgesetzt wurden. Sämtliche Teilflächen wurden
ausserdem mehrfach hinsichtlich Vorkommen von Wirtspflanze und Falter (Eier) untersucht.
Die Karte im Anhang gibt Auskunft über die Lage der einzelnen Teilflächen.

Abbildung 15: Auslichtungsfläche Hinter Guldenen, Herrliberg Juni 2015

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   18
Speziell zu erwähnen sind die gezielt aufgewerteten Vernetzungskorridore. Mehrere
Waldriedflächen am Pfannenstil sind relativ stark isoliert und mehrheitlich von Wald
umgeben. Beim Start des Naturnetzes im Jahr 1998 waren viele der Riedflächen von oft
hohen, stark beschatteten Waldrändern umgeben. Einige der damals recht neuen
Forststrassen waren noch wenig mit Krautsäumen ausgebildet. Mehrere Arten der
Riedwiesen und der lichten Wälder waren schon damals bedroht (Kleiner Moorbläuling) oder
am Verschwinden (Milchfleckfalter). Aus diesem Grund begann das Naturnetz 1998 in
Zusammenarbeit mit der Fachstelle Naturschutz sukzessiv Waldflächen und -ränder gezielt
auszulichten. Daraus entstanden in der Folgezeit verschiedene «Vernetzungskorridore». Seit
2010 wurden die Aufwertungen so weit möglich und sinnvoll verstärkt auf den Kleinen
Moorbläuling ausgerichtet. Die Ziele in diesen Korridoren wurden soweit Erhebungen
stattfanden, teilweise bei weitem übertroffen (z.B. Nr. 3, Hinter Guldenen,
Auslichtungsfläche; sep. Unterlagen Naturnetz Pfannenstil).

Abbildung 16 + 17: Reservoir Guldenen, Egg vor dem Entbuschen und beim Abschürfen 2014/15

Abbildung 18 + 19: Vernetzungskorridor Wolfsgrueb Herrliberg Juli 2015

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   19
Tabelle 1: Zwischen 2010 und 2017 wurden in folgenden Teilprojekten Umsetzungen mit Bezug zum Moorbläuling realisiert
Nr.   Flurname                                   Gemeinde      Praxis-    Spätschnitt-   Schilfbe-   Auslich-   Vernetz-   Abschür-   Boden-      Ansaat    Direkt-   Pflanz-   Unterhalt     * Wenn vor
      (Nr. und Namen bis Nr. 21 gemäss Bericht                Versuche      fläche       kämpfung      ten        ung        fung     vorberei-             begrün-   ung LE    Graben          2010
      2009)                                                                                                                             tung                 ung
1     Cholgrueb                                  Küsnacht                      x                        +          x                                                               +
2     Hinter Guldenen Ried                       Herrliberg   x Schilf         x            x          x*                                         x, EWI                           +*
3     Hinter Guldenen Auslichtungsfläche         Herrliberg                    x                       x*          x*                   FM*         x*        x*                   +        2002 (flächig)
      (Wald; feuchter «LiWa»)
4     Hinter Guldenen Verbindungskorridor        Herrliberg                                             +                                                                                   v.a. Waldrand
5     Wolfsgrueb                                 Herrliberg                    x                       +*          x                                                                        v.a. Waldrand
6     Weidholz                                   Herrliberg                   vh                       +*                                                                                   1999 (Lothar)
7     Bergweid (Jäukli)                          Herrliberg                    x                        +                                                                                   v.a. Waldrand
8     Oberi Bergweid I                           Meilen                        x                       x*          x                                                                          Ca. 2006
9     Underi Bergweid II                         Meilen                                                 +                                                                                   v.a. Waldrand
10    Widen                                      Meilen
10a   Awandel                                    Meilen                                                 x                                x           x         x
11    Badholz I                                  Meilen                        x          x* Ro       x* / +       x                                                                           x*: 1998
12    Badholz II                                 Meilen       x Enzian         x          x* Ro       x* / +       x                                                                           x*: 1998
13    Underschooss                               Meilen       x Schilf,                     x         x* / +                x Bhb      x Bhb      x Bhb     x Bhb     x Bhb                    x*: 1998
                                                              Enzian
14    Cholrüti                                   Meilen                                                x*
15    Stollenwies                                Meilen                        x                      x* / +                x* / x    Kr* / Kr     x* / x    x* / x     x                       2004
16    Eichhalden                                 Meilen                        x                       x*          x*                             x*, EWI                                     Ca. 2006
16a   Hüsliwiesen (Toggwil)                      Meilen                       vh
17    Hangetmooswies                             Meilen
18    Roren I                                    Meilen
19    Roren II                                   Meilen                                                x*
20    Bezibüel I                                 Meilen       x Schilf,        x            x          x*/+                 x* / x    Kr* / Kr    x* / x,    x* / x
                                                              Enzian                                                                               EWI
21    Bezibüel II                                Meilen                                                                                           x, EWI
22    Bezibüel III                               Meilen
23    Renaturierungsfläche Guldenen              Maur                                                              x*         x*                  x*, EWI     x*                                2009
      (Turpenland)                                                                                                                                                                           grossflächig

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017                                                                                     20
Nr.    Flurname                                   Gemeinde         Praxis-    Spätschnitt-     Schilfbe-   Auslich-   Vernetz-   Abschür-   Boden-      Ansaat   Direkt-   Pflanz-   Unterhalt      * Wenn vor
       (Nr. und Namen bis Nr. 21 gemäss Bericht                   Versuche       fläche        kämpfung      ten        ung        fung     vorberei-            begrün-   ung LE    Graben            2010
       2009)                                                                                                                                  tung                ung
24     Korridor Cholgrueb – Guldenen              Küsnacht                                                    x          x                     Kr         x        x
       (Wald, VK gemäht)
25     Wolfsgrueb Auslichtungsfläche              Herrliberg          x                                       x          x                     Kr         x        x                                 Flächig
       (Wald, feuchter LiWa; div. TP)                             Anlage,
                                                                   Pflege
26     Korridor Guldenen – Badholz                Egg, Meilen                                                 x          x       x (1 TP)   Kr, Pfl,    x, EWI     x         x
       (Wald, VK gemäht; Wiesen; div. TP)                                                                                                      Fo                          `(1TP)
27     Badholz Auslichtungsflächen                Meilen                                                     x*          x*                   FM*         x*       x*                             1998 flächig
       (Wald, feuchter LiWa)
28     Underschooss Auslichtungsfläche            Meilen                                                     x*          x*                   FM*         x*       x*                             1998 flächig
       (Wald, feuchter LiWa)
29     Korridor Wolfsgrueb – Hohrüti              Herrliberg,                                                 x          x                     Kr       x, EWI     x
       (div. TP)                                  Küsnacht
30     Korridor Wolfsgrueb – Weidholz             Herrliberg                                                 x*          x*                                                                       Ca. 2008
       (div. TP)
31     Mittlisberg oben                           Egg                                                         x          x                     Fo       x, EWI     x         x           x
Legende:
TP = Teilprojekte
x = Umsetzung durch Naturnetz Pfannenstil (NNP); + = zusätzlich durch Fachstelle Naturschutz umgesetzt
* = vor 2010 umgesetzt
FM = Bodenvorbereitung flächig mit Forstmulcher durchgeführt (Unternehmer), dann stellenweise von Hand etwas ausgeebnet (NNP, NSV, z.T. Zivis)
vh = nur verhandelt, nicht umgesetzt, da für Bewirtschafter zu kleine Flächen für separaten Spätschnitt
Ro = durch Ehepaar Rohweder
Bhb = TP Badholzbach, ab 2016
Kr = Bodenvorbereitung mit Kräuel, von Hand (Zivis)
Pfl = Bodenvorbereitung mit Pflug, Egge (Landwirt)
Fo = Bodenvorbereitung mit Folienabdeckung, danach von Hand mit Kräuel etc. (Zivis)
EWI = angrenzend oder in Nähe NSG, Extensive Wiese neu angesät
VK = Vernetzungskorridor

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017                                                                                           21
5.3 Spätschnittflächen
Beobachtungen von 2013 am Pfannenstil durch André Rey haben gezeigt, dass
zumindest ein grosser Teil der Moorbläulingsraupen Anfang September die
Fruchtknoten der Enziane noch nicht verlassen hat und diese auch nach dem
Schnitt beim Abtrocknen nicht mehr verlassen können. Weiter sind die Samen der
allermeisten Enziane zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgereift.

Abbildung 20 + 21: Noch blühender, unreifer Enzian im Schnittgut, 2. September.;
Moorbläulings-Raupen immer noch im Fruchtknoten, 5. September; Foto: A. Rey

Ein Teil der Raupen des Kleinen Moorbläulings werden den Fruchtknoten jeweils
bereits vor der Mahd verlassen haben und sichern somit den Fortbestand der
Population. Der Anteil dieser Raupen wird in einem Jahr mit feuchtkühler Witterung
im Frühling oder Sommer besonders gering sein. Aus diesem Grund werden am
Pfannenstil wie folgt Spätschnittflächen ausgeschieden:
    •   grobe Aufnahme Enzianflächen 2009 / Pläne mit Enzianflächen für Bewirtschafter
        erstellt
    •   Begehung Bewirtschafter / freiwillige Basis / Zusatzbeitrag für Flächen mit Spätschnitt
        möglich (Fr. 5.-/a)
    •   Einführung Spätschnittflächen 2010:
        Lungenenzian ab 15.9. (div. Flächen); Schwalbenwurzenzian ab 1.10. (keine)
    •   Kartierung Lungenenzian 2013; Flächen auspflocken, Begehung Bewirtschafter ->
        Flächen anpassen, Pfosten verschieben, damit Bewirtschaftung nicht übermässig
        behindert wird
    •   Digitalisierung der Pfosten mit GPS, Pläne anpassen, so an Bewirtschafter,
        Naturschutzbeauftragte und Fachstelle Naturschutz verschickt
    •   Kontrolle der Flächen aufgrund Selbstdeklaration Landwirte, Auszahlungsliste
        anpassen, Auszahlung Zusatzbeitrag durch FNS (bis 2013)

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   22
Geht man von der Fläche der überkommunalen Schutzgebiete aus, so sind 41 % der
Schutzgebiete als eigentliche Riedflächen anzusehen (Feuchtgebietskartierung 1976). 16 %
der Riedfläche sind mit Lungenenzian bestanden. Ab 2013 sind 11 % der Riedfläche mit
Spätschnittflächen für den Kleinen Moorbläuling optimiert. Dies bedeutet, dass 70 % der
Flächen mit Lungenenzian Spätschnittflächen aufweisen.

Abbildung 22: Beispiel für die Anlage der Spätschnittflächen (rechtes Bild) im Ried Hinter Guldenen.
Legende Enzianaufnahmen 2013 (linkes Bild): schwarz = wenig, blau = mittel, rot = viel
Lungenenziane

In einigen Fällen waren aus folgenden Gründen keine Spätschnittflächen umsetzbar:
    •   Probleme auf Restflächen: Beim Mähen, Laden
    •   Gebiet, resp. Enzianflächen sehr klein (Probleme mit Schatten, Aufwand etc.)
    •   Beitrag zu gering
    •   Kein Interesse

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017     23
Der Kanton Zürich hat seit dem Jahr 2014 die Zusatzbeiträge gestrichen. Ab diesem Jahr
wurde das Beitragssystem für die Naturschutzgebiete angepasst. Leistungen für spezielle
Ziel- und Leitarten können seither nicht mehr zusätzlich abgegolten werden. Da v.a. für gut
bis mittelgut bewirtschaftbare Naturschutzgebiete der Beitrag stieg, wurde dieser Wechsel
von den Landwirten mit Spätschnittflächen mehr oder weniger akzeptiert. Die neuen,
einheitlichen Beitragshöhen werden jedoch als ungerecht empfunden. Noch im Herbst 2017
gab es aus diesem Grund wieder Diskussionen mit betroffenen Landwirten.
Während bei der Erfolgskontrolle bei den Moorbläulings-Eiern zwischen 2011 und 2013
kaum ein positiver Effekt dieser Massnahme erkennbar war, schienen die
Spätschnittflächen 2014 erstmals deutlich Wirkung zu zeigen. Mit den eher wieder
ernüchternden Eizahlen von 2017 (siehe Kapitel 6.2) ist der Erfolg dieser Massnahmen
wieder etwas in Frage gestellt. Um Witterungseinflüsse und natürliche Schwankungen in der
Population besser einschätzen zu können, empfiehlt sich für die Zukunft ein Monitoring über
mehrere aufeinander folgende Jahre, ev. auf einer geringeren Anzahl Flächen, um den
Aufwand zu reduzieren.

Abbildung 23: Spätschnittfläche im Bezibüel, Meilen

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   24
5.4 Bewirtschaftung
Der Einfluss der momentanen Bewirtschaftung auf die Enzianarten und auch auf den Kleinen
Moorbläuling ist schwierig zu benennen. Die Bewirtschaftung wird zu einem Teil durch
gesetzliche Vorgaben geregelt. Gemäss den gültigen Schutzverordnungen muss in
Riedflächen folgendes eingehalten werden:
    •   Keine Düngung
    •   Keine Weide
    •   Mahd ab dem 1. September
Das aktuell gültige Beitragsreglement vom 16. Mai 2014 listet zudem folgende Vorgaben bei
der Bewirtschaftung von Flächen in den Naturschutzzonen I und IR auf:
    •   Keine Land- und Werkschäden durch Maschineneinsatz
    •   Flächen gemäss Pflegeplan pflegen, inkl. Anzahl Nutzungen
    •   In der Regel 5-10 % als Nutzungsbrache stehen lassen
    •   1. Schnitt auf Fläche trocknen, Streue-Ausnahme möglich
    •   Schnittgut innerhalb 2 Wochen abführen
    •   Mahd nur von Hand (Sense, Motorsense) oder mit Messerbalken
    •   Kein Einsatz von Laubbläsern
Zusätzlich steht im Reglement auch, dass die Pflege der überkommunalen
Naturschutzgebiete vollumfänglich auf die Erhaltung und Förderung der entsprechenden
Zielarten / -lebensräume ausgerichtet sein muss. Es kann davon ausgegangen werden, dass
am Pfannenstil diese Vorgaben bei der Bewirtschaftung der Riedgebiete mit Enzianflächen
eingehalten werden. Es gibt jedoch möglicherweise Einflüsse durch die Bewirtschaftung,
welche durch die oben aufgelisteten Naturschutzauflagen nicht geregelt sind oder ev. durch
diese sogar gefördert werden.
Unterschiede zwischen den Gebieten, resp. Tendenzen der letzten Jahre die zu untersuchen
wären (auch in Bezug zu Naturschutzvorschriften):

A. Durch Vorgaben Naturschutz nicht geregelt, nicht genügend geregelt:
    •   Bewirtschaftungseinheiten, auch in Naturschutzgebieten und angrenzenden Wiesen
        werden immer grösser (gleichzeitiges Wegfallen von Nahrungsflächen für z.B.
        Kleinen Moorbläuling; erhöhte Auswirkung von «Bewirtschaftungsfehlern»)

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   25
Abbildung 24: Bodenschonende Doppelbereifung: Ev. negativen Einfluss auf Insekten?

    •   Einsatz von Busatismähwerk mit Terratrac oder Traktor mit Doppelbereifung, wenn
        Ersatz Motormäher: Zunahme Anteil befahrener Boden (im Detail zu prüfen). Ist ein
        Beispiel von fortschreitender Mechanisierung, Rationalisierung. Die Veränderung und
        der Einfluss der gesamten Bewirtschaftung und Mechanisierung in den letzten 25 (–
        50) Jahren sollte daher genauer untersucht werden (z.B. mit Bachelorarbeit).
    •   Produktion von Rund- und ev. Siloballen bzw. trocknen des Schnittgutes ausserhalb
        der Riedfläche (Konsequenz: Abführen am 1. Tag oder 2. Tag nach Mahd; ev.
        Reduktion der Versamung; ev. vermehrtes Abführen von Raupen, Larven)
    •   Einfluss des Kreiselns, resp. der Aufgabe und somit Fehlen des Kreiselns auf die
        Versamung. Mögliche Vorteile des Kreiselns: Besseres Trocknen der Pflanzen, damit
        Nachreifen der Samen; Samen werden «weit» herumgeschleudert; ev. mehr offene
        Bodenstellen; ev. besseres Entfernen von Moos und eingewachsener Vegetation
        (Altgrasstreifen)

B. Durch Vorgabe Naturschutz gefördert:
    •   Einfluss von vermehrt ausgeschiedenen Altgrasstreifen auf Keimung, Konkurrenz der
        lichtbedürftigen Enziane (mögliche Vergrasung im Folgejahr)

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   26
Abbildung 25: Altgrasstreifen bei Enzianvorkommen minimieren oder falls möglich ausserhalb
    Enzianvorkommen stehen lassen, Guldenen, Maur 2013

C. Durch Vorgabe Naturschutz teilweise nicht geregelt, teilweise durch Vorgabe Naturschutz
    gefördert:
    •   Doppelbereifung bei allen Arbeitsgängen (Mahd, ev. Kreiseln, Schwaden, Laden)
        Zunahme Anteil befahrender Boden; auch nässere Teilflächen können befahren
        werden, immer weniger Flächen mit Handarbeit, resp. ohne Befahrung mit Maschinen
        (Auswirkungen und daraus folgende Naturschutz-Vorgaben zur Bodenschonung
        prüfen)
    •   Höherer Schnitt; Busatiseinsatz; zu wenig saubere Aufnehmen des Schnittgutes:
        Ausmass und Einfluss des zusätzlichen Schnittgutes, welches in Riedwiesen bleibt
        (Naturschutz-Vorgaben zum Messerbalken, im Detail prüfen)
    •   Mangelnder Unterhalt von Riedgräben, dadurch vernässen Teilflächen so stark, dass
        Lungenenzian, aber auch andere Arten verschwinden, Zunahme von starken
        Schäden am Boden

Abbildung 26: Fehlender Unterhalt von Riedgräben oder Befahren mit zu schweren Maschinen in
nassen Teilflächen? Beides ist möglich.

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   27
Die Literatur macht zum Einfluss der eingesetzten Geräte (v.a. grosser Maschinen)
unterschiedliche und teils widersprüchliche Angaben.
Bisher wurden im Projekt keine Angaben zur Bewirtschaftung erhoben, obschon dies bereits
mehrmals diskutiert wurde. In der Zukunft wäre es wünschenswert die Grunddaten zur
Bewirtschaftung mittels eines Fragebogens zu ermitteln.
Ein Teil der oben genannten Entwicklungen sollte durch professionelle Abklärungen durch
eine öffentliche Forschungseinrichtung (Agroscope Reckenholz, WSL) geklärt und erforscht
werden.

Als ein Beispiel für eine auf den Kleinen Moorbläuling noch gezielter abgestimmte
Bewirtschaftung kann das Anreizsystem im Kaltbrunner Ried (SG) genannt werden, welches
teilweise über die Anforderungen im Kanton Zürich hinausgeht. Dort kann der
Zusatzaufwand über gestaffelte GAÖL-Beiträge abgegolten werden. So lassen sich für den
Spätschnitt (15.09.) 5.- /Are auslösen. Weitere 5.- /Are sind für eine schonende
Bewirtschaftung vorgesehen. Die Folgende Liste definiert diese schonende Bewirtschaftung
und zeigt die Unterschiede zwischen den Kantonen ZH und SG auf.

A. Bewirtschaftung Kanton SG analog/ähnlich Vorschriften im Kanton ZH:
    •   Verwendung eines Handmotormähers mit Messerbalken oder eines Zweiachsers mit
        Messerbalken
    •   Keine Verwendung von Mähaufbereitern
    •   Es werden Rückzugsstreifen von 10-20% (-30%) stehengelassen gemäss dem
        Konzept Riedrotationsbrachen
        Anmerkung: ähnlich ZH, jedoch höherer Anteil; für Enziane möglicherweise negativ

B. Bewirtschaftung nur im Kanton SG:
    •   Die Schnitthöhe liegt bei mind. 10cm
        Anmerkung: Es ist ungeklärt ob dadurch mehr Schnittgut im Ried verbleibt;
        kurzrasige und kleinräumig unebene Flächen könnten ungenügend gemäht werden
    •   Das Schnittgut muss auf der entsprechenden Bewirtschaftungsfläche getrocknet und
        mind. 1-2 Tage liegen gelassen werden
    •   Die Bewirtschaftungsschritte sind auf ein Minimum beschränkt (Mahd, Schwaden,
        Aufladen). Auf das Zetteln ist wenn immer möglich zu verzichten. Anmerkung:
        positive Wirkung ungeklärt, ev. negative Auswirkung auf Versamung?
    •   Es dürfen keine Ballen gepresst werden

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   28
•   Verwendung leichter Ladewagen
        Anmerkung: Abgrenzung «leichter» Ladewagen unklar; unterscheiden zwischen
        Gewicht pro cm2 und befahrener Fläche. Abhängig von Bereifung. Müsste untersucht
        werden
    •   Um den Boden zu schonen, darf kein fremdes Schnittgut auf der gemähten Fläche
        zum Trocknen und Weiterverarbeiten ausgebracht werden
        Anmerkung: wohl sehr selten, auf Teilflächen innerhalb Ried jedoch möglich (z.B.
        Schnittgut aus nassem Hochstaudenried auf Kleinseggenried tragen und dort
        trocknen), müsste geklärt werden

Das System im Kaltbrunner Ried ist zwar noch neu, es zeichnet sich aber bereits eine
geringe Akzeptanz bei den Landwirten ab. Im Kanton Zürich unterscheidet sich durch die
überkantonalen Schutzgebiete zwar das System und der Kontakt mit den Bewirtschaftern
grundsätzlich von jenem in St. Gallen, es ist aber auch hier mit Schwierigkeiten bei der
Umsetzung all dieser Vorgaben zu rechnen.

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   29
6 Monitoring

        6.1 Enzianarten 2013 + 2017
Um die Entwicklung des Bestandes der für den Kleinen Moorbläuling wichtigen
Raupenfutterpflanze Lungenenzian dokumentieren zu können, fanden in den Jahren 2013
und 2017 Erhebungen zur Verbreitung und Dichte des Lungenenzians statt. Es wurden
sämtliche Riedflächen mit bekannten Vorkommen des Lungenenzians kartiert. 2017 wurde
zusätzlich der Schwalbenwurzenzian erhoben. Davon ausgenommen ist das Gebiet der
Riedrenaturierung Guldenen. Dort läuft ein eigenes Monitoring-programm (erste Aussagen
zur Entwicklung des Lungenenzians siehe Kapitel 4.2).

Methode
Die Aufnahmen der Lungenenziane wurden in Zusammenarbeit mit der Fachstelle
Naturschutz des Kantons Zürich durchgeführt. 2013 erfolgte der Hauptteil der Kartierungen
im Rahmen eines Praktikums der Fachstelle Naturschutz, 2017 durch Mitarbeiter der Firma
quadra gmbh.
Da die Abgrenzung nahe beieinanderstehender Pflanzen/Individuen oft schwierig ist, wurde
pro Gebiet die Anzahl der Lungenenziansprosse erhoben. Definition Spross: Aus
Sprossachse und Blättern bestehender, direkt über dem Boden wachsender Pflanzenteil,
unabhängig vom Stadium und der Anzahl Blüten. Eine «Pflanze» kann mehrere Sprosse
haben. Die Kartierung erfolgte jeweils in einem Umkreis von 3m um den Kartierer. Die
Anzahl gefundener Sprosse wurde in folgende Klassen eingeteilt (bezogen auf den Kreis mit
3m Radius): wenig (1-2 Sprossen), mittel (3-25 Sprossen), viel (mehr als 25 Sprossen).
Jedem Beurteilungskreis mit Vorkommen des Lungenenzians wurde so ein Dichtewert
zugewiesen. Im Büro erfolgte anschliessend die Ausscheidung von Flächen gleicher Dichte
auf den Papier-Aufnahmebögen. Anschliessend wurden diese Flächen für die Auswertung im
GIS digitalisiert.
Anzumerken ist, dass der Fokus der Kartierung auf den bekannten Flächen mit
Lungenenzian lag. Aus Zeitgründen wurden 2017 nicht flächendeckend alle Gebiete auf
eventuelle weitere oder neue Vorkommen abgesucht.

Naturnetz Pfannenstil Artenschutzprojekt Kleiner Moorbläuling am Pfannenstil; Zwischenbericht 2017   30
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