BDU - GRUNDSÄTZE ORDNUNGSGEMÄSSER MARKENBEWERTUNG

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BDU - GRUNDSÄTZE ORDNUNGSGEMÄSSER MARKENBEWERTUNG
BDU
                              Bundesverband Deutscher
                              Unternehmensberater e.V.

GRUNDSÄTZE ORDNUNGSGEMÄSSER
MARKENBEWERTUNG
BDU - GRUNDSÄTZE ORDNUNGSGEMÄSSER MARKENBEWERTUNG
Bundesverband Deutscher
Unternehmensberater BDU e.V.

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INHALT

Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung

Ausgangssituation                                           4

Begriffsdefinitionen                                        6

Die Grundsätze im Überblick                                  7
   1. Analyse des Bewertungsanlasses                        8
   2. Prüfung der Markenart und der Markenfunktion          10
   3. Prüfung des Markenrechtsschutzes                      12
   4. Analyse der Marken- und Zielgruppenrelevanz           13
   5. Bewertung des aktuellen Markenstatus
       bei den relevanten Zielgruppen                       15
   6. Berücksichtigung der wirtschaftlichen
       Lebensdauer der Marke                                18
   7. Prüfung der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells   20
   8. Bewertung der Marke mittels Barwertermittlung         23

Empfehlungen für die Durchführung                           25
AUSGANGSSITUATION

Der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) ist der Wirtschafts- und
Berufsverband der Consultingwirtschaft in Deutschland. Er vertritt die Interessen der bundesweit
mehr als 16.000 Unternehmens- und Personalberatungen mit über 130.000 Beschäftigten.

    Ein zentrales Anliegen des Verbandes ist es, durch      Garantie für neue Investoren oder Fremd-
vielfältig angelegte Qualitätsinitiativen zur ständigen     kapitalgeber dienen.
Verbesserung dieser für die deutsche Wirtschaft wichti-
gen Dienstleistung beizutragen. So dienen zum Beispiel      Eine Vielzahl unterschiedlicher Bewertungsverfahren,
Grundsätze, Leitfäden, Standards oder Empfehlungen          teils sehr einfache, teils sehr komplexe Modelle, machen
sowohl den Mitgliedsunternehmen als auch allen übrigen      die Orientierung schwierig. Um eine fundierte Beratung
Marktteilnehmern als Maßstab ihrer Tätigkeit. Alle Ausar-   der Klienten zu erleichtern und gleichzeitig Mindeststan-
beitungen – zum Beispiel die Grundsätze ordnungsge-         dards zu gewährleisten, formuliert der BDU Grundlagen
mäßer Planung (GoP) oder die Standards ordnungsge-          ordnungsgemäßer Markenbewertung (GoM). Diese sollen
mäßer Nachfolgeberatung – bieten damit Beratern und         als Richtschnur im Rahmen einer BDU-konformen
Klienten eine verlässliche Orientierung.                    Beratung in Markenwertfragen genutzt werden.
Eine neue Qualitätsinitiative des Verbandes gilt aktuell
der Bewertung von Marken.                                   Formuliert wird ein idealtypischer Ablauf der Marken-
                                                            bewertung. Bestimmte Prämissen im Bewertungsanlass
Die Marke ist eines der wichtigsten Assets eines            oder in der bestehenden Datenbasis können Abwei-
Unternehmens, oftmals sogar als Unternehmensmarke           chungen von diesem idealtypischen Ablauf notwendig
direkt mit dem Unternehmen gekoppelt. Insofern kommt        machen.
dem Wert der Marke im Rahmen der Bewertung von
Unternehmen aber auch bei der Erfolgskontrolle des          Die GoM wollen bestehende Verfahrensvorschriften, wie
Managements ein hoher Stellenwert zu. Hinzu kommt,          etwa die DIN-ISO Norm 10668 für die Markenwertmes-
dass die Marke häufig auch dann noch auf Interesse von      sung oder den IDW S 5 für die Bewertung immaterieller
Investoren stößt, wenn sich das Unternehmen in einer        Vermögensgegenstände nicht ersetzen oder entkräften,
Notlage befindet und dringend frisches Kapital benötigt.    sondern in sinnvoller Weise ergänzen und punktuell
Der Wert der Marke kann dabei als Sicherheit oder           präzisieren.

  4
AUSGANGSSITUATION

Im Einzelnen werden die folgenden Ziele verfolgt:          Zu den im deutschen Sprachraum relevanten
                                                           Normvorschriften für die Markenbewertung zählen:
n Für Berater sollen die GoM als Checkliste dienen,
  die darlegt, welche Arbeitsschritte und welche Inhalte   n Zehn Grundsätze der monetären Markenbewertung,
  ein Gutachten gemäß den GoM des BDU durchlaufen            herausgegeben vom Brand Valuation Forum innerhalb
  bzw. beinhalten soll.                                      der GEM (Gesellschaft zur Erforschung des Markenwe-
                                                             sens) und des Markenverband (BBDO, Brand Rating,
n Potenziellen Mandanten sollen sie Sicherheit geben,      GfK, Interbrand, Konzept & Markt, E&Y, KPMG, PwC,
  welche Arbeitsschritte und welche Inhalte sie von          Semion)
  einer Markenbewertung gemäß den GoM des BDU
  zu erwarten haben.                                       n IDW-Standard: Grundsätze zur Bewertung
                                                             immaterieller Vermögenswerte, herausgegeben
n In Ergänzung zu bestehenden Normvorschriften             vom Institut der Wirtschaftsprüfer IDW (IDW S5)
  für die Markenbewertung werden Standards und
  Anforderungskriterien formuliert, wie die                n DIN / ISO Norm 10668, herausgegeben vom Normen-
  wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit der Marke und            ausschuss Dienstleistungen (NADL) im DIN. Veröffent-
  ihres Geschäftsmodells zu prüfen ist. Hierin ist ein       lichung im September 2010 (ISO) und im September
  Kernanliegen der Markenbewertung nach BDU-                 2011 (DIN)
  Richtlinien zu sehen.
BEGRIFFSDEFINITIONEN

   Definition der Marke                                    nutzen, welcher dazu führt, dass die markierte
Der BDU folgt der Definition der American Marketing        Leistung besser oder schlechter zu den Bedürfnissen
Association, die Marke als „einen Namen, einen Begriff,    des Käufers/Nutzers passt als eine un- bzw. anders
ein Zeichen, ein Symbol, ein spezielles Design oder        gekennzeichnete Leistung.
eine denkbare Kombination aus diesen [versteht], um
Produkte oder Dienstleistungen eines Anbieters, oder       Definition des Markenwerts
einer Anbietergruppe und von denen der Wettbewerber        Beim Markenwert handelt es sich um den in Geld-
abzugrenzen“ (Kotler, Keller, Opresnik, Marketing-Ma-      einheiten übertragbaren ökonomischen Wert des
nagement, 2015, S. 302).                                   zusätzlichen Nutzens, den eine Marke schafft.
                                                           Anmerkung: Das erzielte Ergebnis kann
Dabei verkörpert die Marke einen für einen potenziellen    entweder ein einzelner ökonomischer Wert sein
Käufer/Nutzer einer markierten wirtschaftlichen Leistung   oder eine Wertbandbreite umfassen.
empfundenen relevanten und einzigartigen Zusatz-           (Quelle: DIN ISO).

  6
DIE GRUNDSÄTZE IM ÜBERBLICK

Die im Folgenden formulierten GoM beschreiben die idealtypische Vorgehensweise einer
BDU-konformen Bewertung von Marken. Dazu sollen die folgenden Arbeitsschritte durchlaufen
werden, die im Bewertungsverfahren und im Bewertungsgutachten bzw. Bewertungsbericht
ausführlich dargestellt und begründet werden müssen.

   Im Einzelnen handelt es sich um:

1. Analyse des Bewertungsanlasses

2. Prüfung der Markenart und der Markenfunktion

3. Prüfung des Markenrechtsschutzes

4. Analyse der Marken- und Zielgruppenrelevanz

5. Bewertung des aktuellen Markenstatus
    bei den relevanten Zielgruppen

6. Berücksichtigung der wirtschaftlichen
    Lebensdauer der Marke

7. P rüfung der Zukunftsfähigkeit des
    Geschäftsmodells für die Marke

8. Bewertung der Marke mittels Barwertermittlung
GRUNDSÄTZE
   1. ANALYSE DES BEWERTUNGSANLASSES

   Der Bewertung einer Marke ist die sorgfältige Analy-
se des Bewertungsanlasses voranzustellen. Diese ist not-
wendig, weil in Abhängigkeit vom Bewertungsanlass und
-auftrag die Funktion des Bewerters bzw. Gutachters und
das anzuwendende Bewertungsverfahren begründet
wird.

  Eine Markenbewertung kann durch die folgenden,           Rechnungslegung und Berichtswesen
  typischen Bewertungsanlässe induziert werden:            Der Markenwert fungiert hier als Gegenstand von

  Markenführung im Rahmen wertorientierter                 n  externer Rechnungslegung, Bilanzierung und
  Managementkonzepte. Relevante Einsatzfelder                 sonstiger verpflichtender Berichterstattung
  des Markenwertes sind hierbei u.a. die
                                                           n  freiwilliger externer Berichterstattung
  n  Unterstützung der operativen Geschäftstätigkeit
      bei Steuerung, Planung und Controlling des           n  Kommunikation im Rahmen von Going Public, IPO
      Markenmanagements und der wertorientierten
      Berichterstattung
                                                           Transaktionen und Rechtsgeschäfte mit Marken
  n  Werbeerfolgsrechnung                                bzw. unter Einschluss von Marken

  n  Quantifizierung relevanter, aus der Marke           n  Kauf/Verkauf von Marken als immaterielle
      abgeleiteter Werttreiber                                Vermögenswerte zwischen fremden Dritten/
                                                              Unternehmen
  n  Unterstützung strategischer Managementmaß-
      nahmen, z.B. Einschätzung des Markenpotenzials       n  Übertragung einer Marke auf eine andere verbunde-
      oder ggf. Bestimmung evtl. Markenerosion                ne Gesellschaft/Konzerngesellschaft

  n  Einschätzung des „immateriell-emotionalen           n  Veräußerung einer Marke infolge einer Liquidation
      Nutzens“ in Abgrenzung zum „rationalen“ Sachwert        oder Insolvenz
      („Image-Wert“ als Kundennutzen)

  8
GRUNDSÄTZE
 1. ANALYSE DES BEWERTUNGSANLASSES

n  Bestimmung des Wertanteils der Marke im Rahmen          n  Bestimmung des Nutzungsentgeltes bzw. be-
   einer Unternehmensbewertung (Good Will-Auftei-               triebswirtschaftliche Begründung eines Verrech-
   lung)                                                        nungspreises zwischen Konzernunternehmen/
                                                                verbundenen Unternehmen
n  Wertermittlung der Marke als aus dem bisherigen
   Unternehmenskonzept herausgelöstem Vermögens-             n  Sale and Lease back
   gegenstand

n  Bewertung der Marke bei Kauf/Verkauf von Unter-         Markenschutzrechtsverletzungen. Markenbewertung
   nehmen im Asset-Deal als selbstständigem Vermö-           zur Bestimmung der Schadenhöhe bzw. des Vergleichs-
   gensgegenstand und Kaufpreisbestandteil                   werts

n  Brand Due Diligence für Markenkäufer                    n  Ermittlung des monetären Schadens durch eine
                                                                Verletzungshandlung bei unberechtigter Nutzung
n  Einbringung der Marke im Rahmen
   strategischer Allianz, Joint Ventures etc.                n  Ermittlung des bisherigen Aufwands zur
                                                                Markenbildung
n  Bewertung zur Sacheinlagenprüfung im Zusammen-
   hang mit Zuführung von Eigenkapital
                                                             Steuerliche Bewertungsanlässe. Markenwert zur
n  Bewertung für Finanzierungszwecke:                      Bestimmung der steuerlichen Bemessungsgrundlage
   Sicherheitenstellung zur (Fremd-)Kapitalbeschaffung
                                                             n  Überprüfung der Angemessenheit einer
n  Bewertung anlässlich von Investitions-/Rentabilitäts-      Lizenzgebühr insbesondere im Konzernverkehr
   rechnungen bei Investitionen in die Marke
                                                             n  Wertermittlung im Rahmen der Dokumentations-
n  Lizensierung/Nutzwertermittlung der Marke für             pflicht für Verrechnungspreise bei Marken-
   Ermittlung eines angemessenen Lizenzsatzes bei               verlagerung und internationale Steuersatzoptimie-
   Lizenzvergabe an Dritte                                      rung

n  Differenzierende Wertbestimmung gemäß Allokation
   des Markenpflegeaufwands beim Käufer/Verkäufer
GRUNDSÄTZE
   2. PRÜFUNG DER MARKENART UND MARKENFUNKTION

   Marken existieren in unterschiedlichen Erscheinungs-
formen und haben verschiedene Funktionen für das          Mögliche Stakeholdergruppen, die für eine Marken-
Unternehmen. Die Markenart und die Funktionen der         bewertung zu berücksichtigen sind, sind u.a.:
Marke haben Auswirkungen auf die Höhe des Wertes.
Insofern sind im Rahmen einer ordnungsgemäßen             n  Potenzielle Kunden
Markenbewertung die Markenart und die Marken-
funktion genau zu beschreiben und ihre Relevanz           n  Kunden
für den Markenwert zu bestimmen.
                                                          n  Lieferanten
Die Markenart hat bewertungstechnisch Einfluss auf
die zu berücksichtigenden Stakeholdergruppen und die      n  Öffentlichkeit
sich hieraus ergebenden Rahmenbedingungen für die
Wahl der Bewertungskriterien zur Ermittlung der           n  Shareholder
Markenstärke (relevante KPIs).
                                                          n  Mitarbeiter

                                                          n  Potenzielle Arbeitnehmer

                                                          n  Gegebenenfalls andere Gruppen

                                                          Funktionen einer Marke sind

                                                          n  Identifikation, d.h. eindeutige
                                                             Kennzeichnung des Absenders

                                                          n  Kommunikation, d.h. Aktivierung des vorhandenen
                                                             Markenwissens beim potenziellen Nachfrager

                                                          n  Differenzierung, d.h. Unterscheidung des Produkts
                                                             oder der Dienstleistung vom Wettbewerb

                                                          n  Qualitätsfunktion, d.h. Garantieren einer
                                                             gleichbleibenden Qualität des Waren- oder
                                                             Dienstleistungsangebots

  10
GRUNDSÄTZE
     2. PRÜFUNG DER MARKENART UND MARKENFUNKTION

Unter Typologiegesichtspunkten lassen sich   n  Art der markierten Produkte oder Dienstleistungen
die folgenden Markenarten unterscheiden:        Produktmarke
                                                Dienstleistungsmarke
n  Markenarchitektur im Unternehmen           Stadt- / Regionen- / Ländermarke
       Einzelmarke                              Personenmarke
     Markenfamilie                             Eigenmarke des Handels
      Dachmarke                                Arbeitgebermarke
       Unternehmensmarke                        Systemmarke
       Konzernmarke
                                             n  Positionierung
n  Geografischer Geltungsbereich              Massenmarke
	    Lokale Marke                              Nischenmarke
  	 Regionale Marke                            Premiummarke
	 Nationale Marke                              Luxusmarke
    	Internationale Marke                      Zweitmarke
      Globale Marke                             Volumenmarke

                                             n  Zeitpunkt des Markteintritts
                                             	
                                              Pioniermarke
                                              Nachahmermarke
GRUNDSÄTZE
   3. PRÜFUNG DES MARKENRECHTSSCHUTZES

   Um mit den Regelungen der DIN/ISO-Norm 10668            Ferner sind die Reichweite und die zeitliche
konform zu gehen, muss eine umfassende Prüfung des         Dauer des Markenschutzes zu prüfen
Markenrechtsschutzes erfolgen. Hierzu ist die Eintragung
in den gängigen Markenregistern zu recherchieren und       n  Nationale Marke (DPMA)
im Markenwertgutachten zu dokumentieren.                   n  IR-Marke
                                                           n  EU-Marke
Marken können geschützt sein als
                                                           Darüber hinaus ist die Inhaberschaft der Markenrechte zu
n  Wortmarke                                             klären und zu dokumentieren. Dazu gehören die Rechte
                                                           Dritter (z.B. Lizenzrechte, Pfandrechte), Benutzungs- oder
n  Bildmarke                                             Verteidigungslage.

n  Akustische Zeichen (Beispiel Telekom, Audi, BMW)      Nach Auffassung des BDU können Marken auch dann
                                                           einen positiven wirtschaftlichen Mehrwert haben, wenn
n  Farbcodes                                             der formale rechtliche Schutz nur gering oder auch nicht
                                                           geklärt ist. Insofern kann eine Marke auch dann bewertet
n  Dreidimensionale Gestaltung                           werden, wenn ihr Rechtsschutz unsicher ist. Hierauf ist in
                                                           dem Markenwertgutachten explizit hinzuweisen.
n  Kombination aus den oben stehenden
   Gestaltungselementen.

   12
GRUNDSÄTZE
   4. ANALYSE DER MARKEN- UND ZIELGRUPPENRELEVANZ

   Im Rahmen einer ordnungsgemäßen Markenbewer-
                                                               n Märkte mit hoher Markenrelevanz sind z.B.
tung sind die Gegebenheiten der Märkte, auf denen die
Marke angeboten wird, im Hinblick auf die Marken- und            Automobil
Zielgruppenrelevanz zu beschreiben. Insbesondere muss
darauf hingewiesen werden, für welche Zielgruppen die            Bekleidung
Markenbewertung Gültigkeit hat.                                  Sportartikel

Markenrelevanz meint dabei die „produktmarktspezifi-
sche, relative Wichtigkeit einer Marke im Kaufentschei-        n Märkte mit geringer Markenrelevanz sind z.B.
dungsprozess aus Nachfragerperspektive und damit den
durchschnittlichen Einfluss einer Marke während des              Rohstoffe
Kaufentscheidungsprozesses in einem mehrere Marken               Papierhygiene
umfassenden Leistungsmarkt. Die Markenrelevanz ist
hoch, wenn der Zusammenhang zwischen Einstellungs-               Obst und Gemüse
und Verhaltensstärke stark ausgeprägt ist.“ (Karsten Kilian)

                                                               n  Zielgruppen mit hoher Markenrelevanz sind z.B.

Markenrelevanz kann beobachtet werden durch                      Konsumenten mit hohem Involvement

n  Verhaltenswissenschaftliche Analysen bei den
                                                                 Konsumenten mit hoher Kaufkraft
   Zielgruppen (Einstellung zu Marken, Ausgabe-
   bereitschaft)
                                                               n  Zielgruppen mit geringer Markenrelevanz sind z.B.

n  Wertschöpfungsbezogene Indikatoren in den                   Preisorientierte Konsumenten
   Unternehmen (z.B. Verhältnis von Markenwert-
   schöpfung zur Unternehmenswertschöpfung)                      B2B-Entscheider

Tendenziell nimmt die Markenrelevanz von Märkten im
Zeitablauf zu, weil verstärkt Investitionen in die Marken-
kommunikation getätigt werden. Ferner steigt die Anzahl
markenrelevanter Märkte, weil immer mehr Erzeugnisse
und Dienstleistungen markiert werden.
GRUNDSÄTZE
   4. ANALYSE DER MARKEN- UND ZIELGRUPPENRELEVANZ

   Da der Marken- und der Zielgruppenrelevanz eine
                                                         Am Beispiel der B2B-Marke McKinsey lässt sich der
hohe Treiberwirkung auf den Markenwert zukommt,
                                                         Einfluss des relevanten Marktes auf die Markenbe-
sollten beide Aspekte im Rahmen von Unternehmens-
                                                         wertung verdeutlichen:
oder Marktforschungsanalysen geprüft werden. Hierbei
sollte keine generalisierende Betrachtung erfolgen,
                                                         n In der allgemeinen Bevölkerung hat diese Marke
sondern immer die individuelle Situation der Marke
                                                           kaum Relevanz. Daraus ergibt sich ein geringer
berücksichtigt werden.
                                                           Markenwert. Diese Zielgruppe ist aber wahrschein-
                                                           lich für die Markenbewertung nicht relevant!
Eine Zielgruppe umfasst das Segment des Marktes, auf
das Unternehmen ihre akquisitorischen Bemühungen
                                                         n Bei Dax-Vorständen und Unternehmensent-
konzentrieren (Karsten Kilian); Geml und Lauer zufolge
                                                           scheidern ist ein hoher Markenwert zu vermuten.
umfasst eine Zielgruppe „diejenigen Personen, Firmen
                                                           Aus der hohen Reputation in dieser Zielgruppe
etc., an die ein Unternehmen absetzen möchte bzw. auf
                                                           kann ein hoher Markenwert abgeleitet werden.
die es als Verwender abzielt“ (Das kleine Marketing-
Lexikon, 2004, S. 458).

                                                         In gleicher Weise hat eine Marke wie Mercedes-
Die Größe der Zielgruppen, ihre Kaufkraft und mögliche
                                                         Benz einen variierenden Status in verschiedenen
Markendehnungsfelder können Treiber für den Marken-
                                                         Märkten und Stakeholdergruppen:
wert sein. In diesem Zusammenhang ist der relevante
Markt für die Marke zu definieren. Er gibt vor, welche
                                                         n  Endverbraucher
Zielgruppen für den Markenwert maßgeblich sind.
                                                           Neuwagenkäufer
                                                           Gebrauchtwagenkäufer
                                                           PKW-Fahrer, die keinen PKW besitzen

                                                         n  B2B-Kunden
                                                           Unterschiedliche Branchen
                                                           Nutzfahrzeuge
                                                           PKW-Flotten
                                                           Taxigewerbe

                                                         n  Arbeitnehmer
                                                           Mitarbeiter
                                                           High Potentials

  14
GRUNDSÄTZE
   5. BEWERTUNG DES AKTUELLEN MARKENSTATUS BEI DEN
   RELEVANTEN ZIELGRUPPEN

   Die Betrachtung des aktuellen Markenstatus ist in            zahlen (KPIs), welche in einem auch für Wettbewerber
einem engen Zusammenhang mit der Marken- und Ziel-              gebräuchlichen Bezugsrahmen bewertbar sind. Jede
gruppenrelevanz der Märkte zu sehen, denn die Auswahl           Branche und jede Kategorie wie z.B. B2C, B2B, Dienst-
der Märkte und Zielgruppen gibt die Art und Messbarkeit         leistung, NGOs etc. hat eigene Markt-Statistiken, auf
der Indikatoren vor, die den Markenstatus prägen.               deren Basis intelligente, zur Markenstatus-Bewertung
                                                                nützliche KPIs gebildet werden können.
Dabei sind folgende Dimensionen zu unterscheiden:               Eine gute Kenntnis der verfügbaren, branchenrelevan-
                                                                ten Informationsquellen und ihrer Aussagefähigkeit
n Die mit der Marke in der Vergangenheit effektiv erziel-     ist für die ordnungsgemäße Bewertung des
  ten Vermarktungs-Erfolge gemessen in Schlüsselkenn-           Markterfolges der Marke unabdingbar.

 Der mit der Marke erzielte Vermarktungserfolg wird           Typische KPIs mit Aussagefähigkeit zum Vermarktungs-
 idealerweise mit quantitativen Marktdaten, welche            erfolg der Marke in ihrem relevanten Bezugsumfeld
 zuverlässig, valide und mit standardisierten Erhebungs-      (also mit Benchmarkwerten anderer Marken) und damit
 verfahren gewonnen wurden, abgebildet und                    geeignet, der Markenbewertung zu dienen sind u.a.
 in relevante Bezugsumfelder gestellt, d.h. unter Zugriff
 auf Marktforschungsdaten, statistische Daten und             n Käuferreichweite/Marktdurchdringung allgemein

 andere verlässliche Quellen.                                 n  Käuferreichweite (Penetration) bei

                                                                Käufern der Produktgruppe
 Zu nennen sind hier zum Beispiel:                            n Wiederkaufrate

 n Verbraucherpanel                                         n Marktanteil Wert

 n Handelspanel                                             n Marktanteil Menge

 n Import- und Export-Statistiken, Statistisches            n Numerische Distribution

    Bundesamt, Verbandserhebungen etc.                        n Gewichtete Distribution

 n Verwenderuntersuchungen                                  n und weitere Indikatoren

                                                              n Preisindex

                                                              n Wachstum

                                                              n Bedarfsdeckungsgrad

                                                              n Advocacy (Ausmaß, in dem Verwender

                                                                der Marke als ihr Fürsprecher agieren)
GRUNDSÄTZE
   5. BEWERTUNG DES AKTUELLEN MARKENSTATUS BEI DEN
   RELEVANTEN ZIELGRUPPEN

n Die Performance der Marke in der Offline- und in der
                                                               Für Online-Marken gelten andere KPIs
  Online-Welt. In beiden Welten gelten unterschiedliche
                                                               als für Offline-Marken
  Zielgrößen als Erfolgsindikatoren. Die Performance
  von Digitalen Marken bemisst sich an anderen KPIs als
                                                               n High Value Content, d.h. die Hochwertigkeit des
  eine traditionelle Offline-Marke.
                                                                  angebotenen Inhalts auf digitalen Plattformen
n Die Attraktivität bzw. die Anziehungskraft der Marke
                                                               n Website Usability, d.h. das Nutzungserlebnis auf der
  zum jetzigen Zeitpunkt und damit gegebenenfalls
                                                                  Website
  auch zukünftig für die relevante Zielgruppe direkt
  und die Öffentlichkeit/Allgemeinheit als Multiplikator/
                                                               n Brand Appeal, d.h. die empfundene
  Beeinflusser von Marken-Attraktivität, Image, Bekannt-
                                                                  Attraktivität einer Marke
  heitsgrad und Popularität.

                                                               n Traffic auf der Website
Im Zuge einer ordnungsgemäßen Bewertung ist hierbei
der Rückgriff auf standardisierte Erhebungsmethoden
                                                               n  Reichweite
und psychologische Messverfahren empfehlenswert, so-
weit sie wirtschaftlich vertretbar sind, um die ergänzende
                                                               n  Interaktionsrate
Aussagekraft für die Gesamtbewertung der Marke nicht
durch mangelnde Validität und Objektivität zu gefährden.
                                                               n weitere Indikatoren
Sollten keine ausreichenden Panelinformationen oder
sonstigen Erhebungen vorliegen, müssen geeignete
Informationen über den Markterfolg mittels repräsentativ
angelegten Zielgruppen- bzw. Zielmarkt-Untersuchun-           Für die Messung der Markenstärke sind von Beratungs-
gen/-Befragungen ermittelt oder abgeschätzt werden.           unternehmen und Forschungsinstituten unterschied-
Hier sind geeignete Instrumente und Methoden zu               lichste Ansätze entwickelt worden. Als „typische“ Mess-
wählen und auf Objektivität, Reliabilität und Validität der   parameter werden Bekanntheit, Imageattribute, Marken-
Messung besonders zu achten.                                  wissen, Einstellung und Loyalität eingesetzt. Die Messung
                                                              der Markenstärke sollte auf möglichst aktuellen Daten
Die Markenstärke drückt sich, nachdem die Markenrele-         beruhen. Insofern ist die Markenstärkemessung auf der
vanz für verschiedene Zielgruppen und Märkte ermittelt        Grundlage von Primärerhebungen das Verfahren der
wurde, in der Attraktivität bzw. Anziehungskraft der Marke    ersten Wahl.
zum jetzigen Zeitpunkt und damit gegebenenfalls auch
zukünftig für die relevante Zielgruppe und die Allgemein-
heit/Öffentlichkeit aus.

   16
GRUNDSÄTZE
 5. BEWERTUNG DES AKTUELLEN MARKENSTATUS BEI DEN
 RELEVANTEN ZIELGRUPPEN

Unter Primärerhebung ist dabei zu verstehen, dass
die Informationen zum Markenstatus und zur Marken-
relevanz durch Befragung oder Beobachtung bei den
Zielgruppen der Marke erhoben werden.

Herangezogen werden können Messwerte/Kriterien wie:

n  Begeisterungsgrad

n  Imagefaktoren

n  Markenbekanntheit

n  Marken-Loyalität

n  Markensympathie

n  Preisbereitschaft

n  Produktzufriedenheit

n Wahrgenommene Marken-Qualität/Produkt-Qualität

n  Weiterempfehlungsbereitschaft

n  Wiederkaufbereitschaft
GRUNDSÄTZE
6. BERÜCKSICHTIGUNG DER WIRTSCHAFTLICHEN
LEBENSDAUER DER MARKE

   Die Nutzungsdauer eines Investitionsguts hat eine       n Je länger die angenommene Lebensdauer
unmittelbare Wirkung auf seinen Wert für das Unter-            einer Marke, desto höher ist ihr Marktwert
nehmen. Gleiches gilt für Marken, die ebenfalls als
Investitionsgut für Unternehmen zu verstehen sind.         n   Ab einer Lebensdauer von ca. 40 Jahren entsprich
Insbesondere muss für die Bewertung einer Marke der             der Markenwert einer unendlichen Lebensdauer
Zeitraum der Kapitalisierung der erwarteten Cashflows
bestimmt werden. Die Schätzung der Nutzungsdauer           n In neuen Geschäftsfeldern sollte eine konservative
bzw. Lebensdauer einer Marke hängt von verschiede-             Annahme zur Lebensdauer getroffen werden
nen Faktoren ab:

Bei Dachmarken oder Unternehmensmarken wird auf            Für die Begründung der Lebensdauer sind die
Basis einer Wettbewerbsanalyse die Lebensdauer ab-         folgenden Aspekte zu prüfen:
geleitet. Hierbei geht es primär nicht um die einzelnen
Produkte und Dienstleistungen, sondern um „höhere“         n Innovationsgrad des Marktes, auf dem die Marke
Werte wie Image, Reputation, Bekanntheitsgrad usw.             präsent ist
Beispielsweise könnte Mercedes als Begriff für Sicher-
heit und Innovation, aber auch die S- oder die SL-Klasse   n  Volatilität des Marktes
als Dachmarke herangezogen werden.
                                                           n  Alter der Marke zum Bewertungsstichtag
Die Nutzungsdauer von Produktmarken ermittelt sich
unter Einbeziehung von Produktlebenszyklen und             n  Alter der Wettbewerbermarken
Marktanalysen. Einfluss auf die Produkt-Lebensdauer
einer Marke können Patente, Schutzrechte und behörd-       n  Rechtliche Rahmenbedingungen, z.B. Werbeverbote
liche Genehmigungen haben. Unabhängig von einer
Zuordnung nach Unternehmens- und Produktlebens-            n  Gesellschaftliche Trends und Wertewandel, z.B.
zyklen lassen sich folgende Kernaussagen treffen:              bezüglich Inhaltsstoffen

18
GRUNDSÄTZE
 6. BERÜCKSICHTIGUNG DER WIRTSCHAFTLICHEN
 LEBENSDAUER DER MARKE

Der Relaunch einer Marke und damit die Verlängerung           n In beiden Fällen trägt (mehrheitlich) der
des Produktlebenszyklus, wird mit mindestens 3-5 Mio.           Produktname zu den erhöhten Umsätzen bei.
Euro veranschlagt. Eine solche Investition setzt eine
gewisse Umsatzgröße voraus. Die durchschnitt-                 Marke unabhängig vom Produkt
liche Produktlebensdauer wird heutzutage mit fünf
Jahren angesetzt.                                             n In diesem Fall wird nicht ein Markenname einem
                                                                Produkt zugeschrieben. Hierbei können mehrere
Die Bestimmung der Lebensdauer einer Marke kann                 Produkttypen unter einem Markennamen angeboten
je nach Industrie/Sektor unterschiedlich erfolgen.              werden. Häufig ist dieser Fall in der Automobilindus-
Beispielsweise lässt sich die Wort-Bildmarke in der             trie vorzufinden; Paradebeispiel Porsche 911; Hierbei
Mineralbrunnenbranche auf 25 Jahre schützen, danach             wird ein erfolgreiches Auto-Modell durch den Nach-
nicht mehr. Andererseits hängt die Nutzung der Marke            folger ersetzt ohne den Modell-Namen zu ändern.
auch von den Schüttungsrechten ab, die maximal für              In diesem Fall tragen der Firmenname im gleichen
20 Jahre vergeben werden. Schließlich ist die Marke             Maße wie der Produktname zur Erhöhung der
unmittelbar an die Mineral- und Tafelwasserverordnung           Umsätze bei.
gebunden. Weiterhin haben technische Entwicklungen
einen wesentlichen Einfluss auf die Lebensdauer einer         Anhand der oben genannten Aufteilung wird auch die
Produktmarke.                                                 Länge der Lebensdauer wie folgt kategorisiert:

Prinzipiell unterscheidet man zwischen folgenden              n Bestimmte bzw. begrenzte Lebensdauer:
Ansätzen, die unmittelbar die Lebensdauer beeinflussen:         Vor allem bei Schutzrechten und Patenten und
                                                                immer wenn es Hinweise auf eine begrenzte
Marke abhängig vom Produkt                                      Nutzungsdauer gibt (z.B. Marktsituation,
                                                                Wettbewerbssituation, fehlende Markenrelevanz).
n Die Lebensdauer einer Marke wird durch die Wirksam-
  keit der Schutzrechte/Patente bestimmt (z.B. in der         n Unbestimmte Lebensdauer: Hier wird die Lebens-
  Pharma-Industrie); nach Ablauf der Schutzperiode              dauer am häufigsten nach der ökonomischen
  kommen u.a. Generika auf den Markt, die den Preis             Lebensdauer geschätzt. Nach dem IDW S5 Standard
  des Produkts sowie deren Markenwert schmälern                 sollte man nicht von der unbestimmten Lebensdauer
  können.                                                       einer Marke ausgehen und somit auch nicht die
                                                                ewige Rente für die Bewertung voraussetzen.
n  Im industriellen Sektor werden oft technische Bezeich-     Gleichwohl kann der Markenwert bei einer
  nungen mit dem Produkt sowie mit deren Markenna-              erwarteten Lebensdauer von mehr als 40 Jahren
  men assoziiert; die Lebensdauer solcher Marken sind           durch die vereinfachte Formel der „ewigen Rente“
  begrenzt, da sie oft durch Innovationen bzw. Nachfol-         approximiert werden.
  geprodukte vollkommen verdrängt werden.
GRUNDSÄTZE
   7. PRÜFUNG DER ZUKUNFTSFÄHIGKEIT DES
   GESCHÄFTSMODELLS

    Die Prüfung von Geschäftsmodellen und ihre stra-       und auf die Markenerosion. Gegenwärtig wird die
tegische Tragfähigkeit ist ein Kernanliegen der Unter-     Zukunftsfähigkeit von Marken auf drei verschiedene
nehmensberatung. Insofern ist es folgerichtig, dass die    Arten in die Markenbewertung integriert:
Prüfung der Zukunftsfähigkeit von Marken eine wesent-
liche Säule einer Markenbewertung unter Beachtung          n Es wird das Potenzial der Marke bewertet. Das
der BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbe-                 umfasst i.d.R. eine Prognose der zukünftigen
wertung darstellt.                                           Umsatzentwicklung (und des Anteils, den die
                                                             Marke daran hat) sowie die Möglichkeit, mit der
Die Beispiele von Kodak oder Nokia zeigen, dass              Marke neue Geschäftsfelder zu erschließen.
Markenwerte innerhalb von kürzester Zeit vernichtet
werden, wenn es nicht gelingt, die Geschäftsmodelle        n Es wird die erwartete Nutzungsdauer einer Marke in
technologischen Entwicklungen oder den Nachfrager-           die Bewertung mit einbezogen. Oft wird eine unend-
bedürfnissen anzupassen. Insofern definieren wir             liche Nutzungsdauer einer Marke unterstellt, unter
Zukunftsfähigkeit von Marken als die Fähigkeit, die          bestimmten Umständen (z.B. bei jungen Marken,
Zukunft der Marke aktiv zu gestalten sowie die               wenig Investitionen in die Marke oder fehlenden
Anforderungen und Bedürfnisse der aktuellen und/             Schutzmöglichkeiten) wird jedoch von dieser
oder zukünftigen Zielgruppen, Zielbranchen und               Prämisse abgewichen.
Zielmärkte bedienen zu können.
                                                           n Es wird bei der für die Ermittlung eines Barwerts
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zukunftsfähigkeit     vorgenommenen Abdiskontierung teilweise ein
einer Marke nicht nur von ihr selbst, sondern auch von       erhöhtes Risiko in Form eines Risikozuschlags zum
anderen Aspekten, insbesondere den Geschäftsmo-              Diskontfaktor berücksichtigt. In einem solchen Fall
dellen und der Fähigkeit des Managements, sich auf           sinkt der Barwert mit zunehmender Unsicherheit.
veränderte Rahmenbedingungen einzustellen, abhängt.

Gegenstand der Prüfung sind daher die Identifikation
und Bewertung der Einflüsse auf das Markenpotenzial

  20
GRUNDSÄTZE
   7. PRÜFUNG DER ZUKUNFTSFÄHIGKEIT DES
   GESCHÄFTSMODELLS

   Die Zukunftsfähigkeit einer Marke beeinflusst ihren       n Für Marken mit eingeschränkter Zukunftsfähigkeit
„realen“ Wert maßgeblich und muss daher bei einer              wird die Nutzungsdauer entsprechend nach unten
ordnungsgemäßen Markenbewertung angemessen an                  korrigiert oder
verschiedenen Stellen berücksichtigt werden. Die Ana-
lyse zur Zukunftsfähigkeit der Marke kann durch zwei         n  der Diskontierungszinssatz wird durch einen Risiko-
Herangehensweisen Eingang in die Markenbewertung               zuschlag erhöht.
finden:

 Zu prüfende Einflussfaktoren auf die zukünftige Marken-       n die Rollen und Verantwortlichkeiten (wie sind
 entwicklung und damit auf den Markenwert sind die                sie im Hinblick auf die Markenführung definiert,
 Organisation und Qualität der Markenführung, die finan-          kommuniziert und abgegrenzt?),
 zielle Ausstattung des Markeninhabers sowie Markenpo-
 tenzial und Markenerosion.                                    n die Informationstechnologie im Unternehmen und
                                                                  die Vernetzung der Mitarbeiter und schließlich
 Aspekte der Organisation und Qualität der Marken-
 führung sind                                                  n die Kultur im Unternehmen

 n  die an der Markenführung beteiligten Personen, ihre
    Qualifikation und die Größe der Management-Teams,          Zu prüfen ist ferner die finanzielle Ausstattung
                                                               des Markeninhabers. Denn eine gute finanzielle
 n die Strukturen im Unternehmen und, damit verbun-          Ausstattung erlaubt höhere Investitionen in die
    den, die Reaktionsschnelligkeit (z.B. ist zu prüfen,       Marke und gleichzeitig eine bessere und qualitativ
    welchen Stellenwert die Markenführung für das              hochwertigere Personalausstattung im Management.
    Unternehmen hat oder welche Hierarchieebenen mit
    ihr befasst sind),

 n die Prozesse im Unternehmen (schaffen sie die Vor-
    aussetzungen für die Koordination und Kontrolle der
    Markenführung?)
GRUNDSÄTZE
 7. PRÜFUNG DER ZUKUNFTSFÄHIGKEIT DES
 GESCHÄFTSMODELLS

Markenpotenzial und Markenerosion sind zu                     Coca-Cola mit „Live on the Coke side of life“) und
berücksichtigen, wobei                                        der Weckung von Bedürfnissen, z.B. „Dazugehörig-
                                                              keitsgefühl“ durch Brand Communities, die jedoch
n  das Markenpotenzial denkbare neue Geschäftsfelder      zunehmend auch digital entstehen.
  für die Marke bzw. die positive Entwicklung
  der Marke innerhalb ihres angestammten Geschäfts-         n  Digitale Marken zielen auf den direkten Kundennut-
  feldes umfassen kann und                                    zen ab. Dabei wird die Funktionalität an den Bedürf-
                                                              nissen der Kunden ausgerichtet – ohne diese über
n die Markenerosion eine psychografische und eine           eine werbliche Kommunikation in den Fokus zu stel-
  ökonomische Komponente umfasst. Unter der                   len (z.B. Viber, Facebook o.ä.). Hier sind die dominie-
  psychografischen Markenerosion ist der schleichend          renden Marken im Bereich eines einzelnen Segments
  abnehmende Zusatznutzen einer Marke aus Nach-               noch stärker ausgeprägt, als in der Offline-Welt.
  fragersicht zu verstehen, während die ökonomische
  Markenerosion anhand wirtschaftlicher Kennziffern,        Das Potenzial zur Social Brand „Social Fitness“.
  z.B. dem Marktanteil, erkennbar wird.                     Marken, die es schaffen, in den Dialog mit dem
                                                            Kunden zu treten, um nicht nur Kundenbindung zu
Der Digitalisierungsgrad bzw. das Potenzial zur             betreiben, sondern auch den Kunden/Konsumenten in
digitalen Marke „Digital Fitness“. Dabei soll berück-       die Geschäftsentwicklung/Markenentwicklung
sichtigt werden, in welchem Ausmaß die Digitalisierung      miteinbeziehen, können auf veränderte Zielgruppen-
der Marke bereits vollzogen worden ist bzw. mit Blick       und auch Marktbedürfnisse viel schneller reagieren,
auf die Unternehmensstruktur (Ist-Zustand) überhaupt        als reine Offline-Marken bzw. Marken, die nach wie vor
möglich erscheint. Ferner stellt sich die Frage, wie hoch   eine klassische Ein-Weg-Kommunikation betreiben. Das
das Markenerlebnis (digital) für den Markennutzer ist.      Erlangen einer zielgruppenorientierten Social Fitness
                                                            bietet Marken die Möglichkeit, eine Vorreiterrolle ein-
n  Klassische Marken ziehen ihre Bekanntheit und ihr    zunehmen und das zunehmende Bedürfnis nach Moral,
  Image aus vermittelten Botschaften (werbliche An-         Verantwortung und Wertstabilität durch ein erfolgrei-
  sprache) sowie Markennutzenversprechen (z.B.              ches Responsible Branding zu befriedigen.

 22
GRUNDSÄTZE
   8. BEWERTUNG DER MARKE MITTELS BARWERTERMITTLUNG

    Die voranstehenden Grundsätze gehen davon aus,       Alternative Wertansätze haben sich für die Markenbe-
dass der Markenwert mit Hilfe eines kapitalwertori-      wertung nur als eingeschränkt praktikabel erwiesen:
entierten Verfahrens ermittelt wird. Diesen Verfahren
liegt die Annahme zugrunde, dass sich der Wert eines     n Kostenorientierte Bewertungsverfahren gehen
immateriellen Vermögensgutes aus dessen Eigenschaft        davon aus, dass für den Aufbau der betreffenden
ergibt, künftige Erfolgsbeiträge in Form von Cashflows     Marke Aufwendungen notwendig waren, die den
zu erwirtschaften (IDW S5, S. 6).                          jetzigen Wert der Marke repräsentieren. Häufig
                                                           verursachen aber gerade wenig erfolgreiche
Die Zukunftsorientierung des Bewertungsverfahrens          Marken hohe Kosten, die damit einen höheren
folgt grundsätzlich der Sichtweise in der Unterneh-        Wert erzielen würden als erfolgreiche Marken,
mensbewertung.                                             die den gleichen Kostenaufwand benötigen. Aus
                                                           diesem Grund sind kostenorientierte Modelle zur
                                                           Messung des Markenwertes nicht geeignet.

                                                         n Marktorientierte Verfahren gehen davon aus, dass
                                                           ein Markt für Marken besteht und sich der Wert
                                                           der Marken aus dem freien Spiel von Angebot und
                                                           Nachfrage ergibt. Zu den Marktwertmodellen zählen
                                                           u.a. die sogenannten Preis-Premium-Modelle und die
                                                           Transferpreisanalogie-Modelle: Erstere versuchen,
                                                           das Preis-Premium, also den Preisabstand zu isolie-
                                                           ren, den ein markiertes Erzeugnis gegenüber einem
                                                           unmarkierten Produkt realisiert, um diese Preis-
                                                           differenz dann zu einem Markenwert hochzurech-
                                                           nen. Lizenzpreisanalogie-Modelle setzen an den auf
                                                           den Märkten zu beobachtenden Lizenzpreisen für
                                                           die Nutzung von Markenrechten an.
GRUNDSÄTZE
   8. BEWERTUNG DER MARKE MITTELS BARWERTERMITTLUNG

    Um ergänzend eine diagnostische Ursachenanalyse           Phase 2 - Isolierung der Markenleistung:
in der Markenbewertung zu ermöglichen, werden übli-           In dieser Phase sind die Zahlungsströme zu ermitteln,
cherweise kapitalwertorientierte Verfahren mit vorgela-       die ursächlich ausschließlich auf die Markenleistung
gerter detaillierter Markenanalyse angewendet. Solche         zurückzuführen sind. Die zusätzliche Attraktivität,
Indikatormodelle ermitteln die Stärke der Marken auf          die für ein Produkt oder eine Dienstleistung durch
der Basis verschiedener Erfolgsindikatoren, wie z.B. der      die Marke bewirkt wird, manifestiert sich durch ein
Markenbekanntheit oder dem Marktanteil einer Marke.           Preispremium und ein Mengenpremium. Das Preis-
Die Bestimmung eines Finanzwertes erfolgt nicht un-           premium zeigt, welchen Mehrpreis der Nachfrager gewillt
mittelbar, sondern in einer anschließenden Phase über         ist, für das markierte Produkt im Vergleich zu einem
finanzmathematische Verfahren. Indikatormodelle bieten        nichtmarkierten Produkt zu bezahlen. Das Mengenpremi-
den Vorteil, dass diejenigen Einflussfaktoren, die sich auf   um repräsentiert, um wieviel höher die Absatzmenge des
die Höhe des finanziellen Markenwertes auswirken, nach-       markierten Produkts im Vergleich zum nichtmarkierten
vollziehbar ermittelt und abgebildet werden, so dass u.a.     Produkt beim gleichen Preis ist.
eine differenzierte Stärken-Schwächen-Analyse für die
Marke ermöglicht wird. Damit erfüllen Indikatormodelle        Phase 3 - Ermittlung des Markenertragspotenzials:
den Anspruch, als Diagnose-Instrument für die Marken-         In dieser Phase wird ermittelt, wie profitabel eine Marke
situation und die Bildung des Markenwertes geeignet zu        ist und welchen Anteil der Erträge aus den Geschäftsfel-
sein.                                                         dern, in denen die zu bewertende Marke vertreten ist,
                                                              ursächlich auf die Marke zurückzuführen ist. Das Mar-
Idealtypisch durchläuft eine Markenbewertung in der           kenertragspotenzial hängt vom Umsatz der Marke, ihrer
Praxis die folgenden Phasen:                                  Profitabilität nach Abgrenzung des ihr zuzuordnenden
                                                              Aufwandes und der isolierten Markenleistung ab.
Phase 1 - Messung der Markenstärke
und der Markenrelevanz:                                       Phase 4 - Ermittlung der Lebensdauer für die Marke: Für
Im Unterschied zur Unternehmensbewertung handelt              die in Phase 5 vorzunehmende Barwertberechnung muss
es sich bei Marken um verhaltenswissenschaftliche             vorab die wirtschaftliche Lebensdauer der Marke taxiert
Phänomene. Insofern muss die Wahrnehmung der                  werden. Hierbei spielt die Zukunftsfähigkeit der Marke
Marke ausreichend Berücksichtigung in der Bewertung           und die ihrer Wettbewerber eine Rolle.
von Marken finden. Der Wert der Marke wird erst in den
Köpfen der potenziellen Nachfrager als Markenvertrauen        Phase 5 - Barwertberechnung:
realisiert. Für die Messung der Markenstärke sind unter-      Das finanzmathematische Verfahren der Barwertberech-
schiedliche Ansätze auf der Basis von je nach Markenart       nung ist das Herzstück der Markenbewertung. Der Kapita-
und Zielgruppe zu definierenden KPIs denkbar.                 lisierungszinssatz muss hierbei die Risiken der Marke und
                                                              der Märkte, auf denen sie präsent ist, berücksichtigen.

   24
EMPFEHLUNGEN FÜR DIE DURCHFÜHRUNG

    Um dem komplexen und vielschichtigen Bewer-
tungsgegenstand Marke gerecht zu werden, muss für
die Bewertung von Marken eine Vielzahl von unter-
schiedlichen Daten und Datenquellen berücksichtigt
werden. Für die Markenführung und das Marken-Con-
trolling ist zudem entscheidend, dass das Markenwert-
verfahren im Zeitablauf vergleichbar arbeitet und somit
Veränderungen im Markenumfeld periodisch beobach-
tet werden können. Nur wenn sich die Wertentwicklung
der Marke über einen längeren Zeitraum beobachten
lässt, kann man die dahinterstehende Managementleis-
tung objektiv bewerten.

Oftmals wird bei Beginn einer Markenbewertung deut-
lich, wie unzureichend Märkte dokumentiert sind. Eine
detaillierte Finanzberichterstattung stößt auf lücken-
hafte Nachfragerdaten und subjektive Einschätzungen.
Insofern ist neben der notwendigen wissenschaftli-
chern Herangehensweise an die Thematik zu prüfen,
inwieweit die für die Bewertung genutzten Nachfra-
ger- und Marktdaten den Qualitätskriterien Aktualität,
Objektivität, Reliabilität und Validität Genüge leisten.
Auch scheitert eine idealtypische Vorgehensweise in
der Markenbewertung oft schon an den Budgets und
der Beschaffbarkeit der notwendigen Daten.

Im Rahmen der Beratung für die Auswahl eines ge-
eigneten Markenbewertungsverfahrens sind Erfahrung
und Fingerspitzengefühl für die Balance zwischen
dem notwendigen Aufwand und der Präzision des
Ergebnisses von entscheidender Bedeutung. Dabei gilt:
Das Ergebnis einer Markenbewertung ist nur so gut wie
die ihr zugrunde liegende Datenbasis und Methodik.
BUNDESVERBAND DEUTSCHER UNTERNEHMENSBERATER E.V.
JOSEPH-SCHUMPETER-ALLEE 29
53227 BONN
T +49 (0)228 9161-0
INFO@BDU.DE
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