BDU - GRUNDSÄTZE ORDNUNGSGEMÄSSER MARKENBEWERTUNG
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Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. Joseph-Schumpeter-Allee 29, 53227 Bonn T +49 (0)228 9161-0, F +49 (0)228 9161-26 info@bdu.de Reinhardtstraße 34, 10117 Berlin T +49 (0)30 8931070, F +49 (0)30 8928474 berlin@bdu.de 489, avenue Louise, B-1050 Brüssel T +32 (0)2 4002178, F +32 (0)2 4002179 europe@bdu.de www.bdu.de
INHALT Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung Ausgangssituation 4 Begriffsdefinitionen 6 Die Grundsätze im Überblick 7 1. Analyse des Bewertungsanlasses 8 2. Prüfung der Markenart und der Markenfunktion 10 3. Prüfung des Markenrechtsschutzes 12 4. Analyse der Marken- und Zielgruppenrelevanz 13 5. Bewertung des aktuellen Markenstatus bei den relevanten Zielgruppen 15 6. Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lebensdauer der Marke 18 7. Prüfung der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells 20 8. Bewertung der Marke mittels Barwertermittlung 23 Empfehlungen für die Durchführung 25
AUSGANGSSITUATION Der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) ist der Wirtschafts- und Berufsverband der Consultingwirtschaft in Deutschland. Er vertritt die Interessen der bundesweit mehr als 16.000 Unternehmens- und Personalberatungen mit über 130.000 Beschäftigten. Ein zentrales Anliegen des Verbandes ist es, durch Garantie für neue Investoren oder Fremd- vielfältig angelegte Qualitätsinitiativen zur ständigen kapitalgeber dienen. Verbesserung dieser für die deutsche Wirtschaft wichti- gen Dienstleistung beizutragen. So dienen zum Beispiel Eine Vielzahl unterschiedlicher Bewertungsverfahren, Grundsätze, Leitfäden, Standards oder Empfehlungen teils sehr einfache, teils sehr komplexe Modelle, machen sowohl den Mitgliedsunternehmen als auch allen übrigen die Orientierung schwierig. Um eine fundierte Beratung Marktteilnehmern als Maßstab ihrer Tätigkeit. Alle Ausar- der Klienten zu erleichtern und gleichzeitig Mindeststan- beitungen – zum Beispiel die Grundsätze ordnungsge- dards zu gewährleisten, formuliert der BDU Grundlagen mäßer Planung (GoP) oder die Standards ordnungsge- ordnungsgemäßer Markenbewertung (GoM). Diese sollen mäßer Nachfolgeberatung – bieten damit Beratern und als Richtschnur im Rahmen einer BDU-konformen Klienten eine verlässliche Orientierung. Beratung in Markenwertfragen genutzt werden. Eine neue Qualitätsinitiative des Verbandes gilt aktuell der Bewertung von Marken. Formuliert wird ein idealtypischer Ablauf der Marken- bewertung. Bestimmte Prämissen im Bewertungsanlass Die Marke ist eines der wichtigsten Assets eines oder in der bestehenden Datenbasis können Abwei- Unternehmens, oftmals sogar als Unternehmensmarke chungen von diesem idealtypischen Ablauf notwendig direkt mit dem Unternehmen gekoppelt. Insofern kommt machen. dem Wert der Marke im Rahmen der Bewertung von Unternehmen aber auch bei der Erfolgskontrolle des Die GoM wollen bestehende Verfahrensvorschriften, wie Managements ein hoher Stellenwert zu. Hinzu kommt, etwa die DIN-ISO Norm 10668 für die Markenwertmes- dass die Marke häufig auch dann noch auf Interesse von sung oder den IDW S 5 für die Bewertung immaterieller Investoren stößt, wenn sich das Unternehmen in einer Vermögensgegenstände nicht ersetzen oder entkräften, Notlage befindet und dringend frisches Kapital benötigt. sondern in sinnvoller Weise ergänzen und punktuell Der Wert der Marke kann dabei als Sicherheit oder präzisieren. 4
AUSGANGSSITUATION Im Einzelnen werden die folgenden Ziele verfolgt: Zu den im deutschen Sprachraum relevanten Normvorschriften für die Markenbewertung zählen: n Für Berater sollen die GoM als Checkliste dienen, die darlegt, welche Arbeitsschritte und welche Inhalte n Zehn Grundsätze der monetären Markenbewertung, ein Gutachten gemäß den GoM des BDU durchlaufen herausgegeben vom Brand Valuation Forum innerhalb bzw. beinhalten soll. der GEM (Gesellschaft zur Erforschung des Markenwe- sens) und des Markenverband (BBDO, Brand Rating, n Potenziellen Mandanten sollen sie Sicherheit geben, GfK, Interbrand, Konzept & Markt, E&Y, KPMG, PwC, welche Arbeitsschritte und welche Inhalte sie von Semion) einer Markenbewertung gemäß den GoM des BDU zu erwarten haben. n IDW-Standard: Grundsätze zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte, herausgegeben n In Ergänzung zu bestehenden Normvorschriften vom Institut der Wirtschaftsprüfer IDW (IDW S5) für die Markenbewertung werden Standards und Anforderungskriterien formuliert, wie die n DIN / ISO Norm 10668, herausgegeben vom Normen- wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit der Marke und ausschuss Dienstleistungen (NADL) im DIN. Veröffent- ihres Geschäftsmodells zu prüfen ist. Hierin ist ein lichung im September 2010 (ISO) und im September Kernanliegen der Markenbewertung nach BDU- 2011 (DIN) Richtlinien zu sehen.
BEGRIFFSDEFINITIONEN Definition der Marke nutzen, welcher dazu führt, dass die markierte Der BDU folgt der Definition der American Marketing Leistung besser oder schlechter zu den Bedürfnissen Association, die Marke als „einen Namen, einen Begriff, des Käufers/Nutzers passt als eine un- bzw. anders ein Zeichen, ein Symbol, ein spezielles Design oder gekennzeichnete Leistung. eine denkbare Kombination aus diesen [versteht], um Produkte oder Dienstleistungen eines Anbieters, oder Definition des Markenwerts einer Anbietergruppe und von denen der Wettbewerber Beim Markenwert handelt es sich um den in Geld- abzugrenzen“ (Kotler, Keller, Opresnik, Marketing-Ma- einheiten übertragbaren ökonomischen Wert des nagement, 2015, S. 302). zusätzlichen Nutzens, den eine Marke schafft. Anmerkung: Das erzielte Ergebnis kann Dabei verkörpert die Marke einen für einen potenziellen entweder ein einzelner ökonomischer Wert sein Käufer/Nutzer einer markierten wirtschaftlichen Leistung oder eine Wertbandbreite umfassen. empfundenen relevanten und einzigartigen Zusatz- (Quelle: DIN ISO). 6
DIE GRUNDSÄTZE IM ÜBERBLICK Die im Folgenden formulierten GoM beschreiben die idealtypische Vorgehensweise einer BDU-konformen Bewertung von Marken. Dazu sollen die folgenden Arbeitsschritte durchlaufen werden, die im Bewertungsverfahren und im Bewertungsgutachten bzw. Bewertungsbericht ausführlich dargestellt und begründet werden müssen. Im Einzelnen handelt es sich um: 1. Analyse des Bewertungsanlasses 2. Prüfung der Markenart und der Markenfunktion 3. Prüfung des Markenrechtsschutzes 4. Analyse der Marken- und Zielgruppenrelevanz 5. Bewertung des aktuellen Markenstatus bei den relevanten Zielgruppen 6. Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lebensdauer der Marke 7. P rüfung der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells für die Marke 8. Bewertung der Marke mittels Barwertermittlung
GRUNDSÄTZE 1. ANALYSE DES BEWERTUNGSANLASSES Der Bewertung einer Marke ist die sorgfältige Analy- se des Bewertungsanlasses voranzustellen. Diese ist not- wendig, weil in Abhängigkeit vom Bewertungsanlass und -auftrag die Funktion des Bewerters bzw. Gutachters und das anzuwendende Bewertungsverfahren begründet wird. Eine Markenbewertung kann durch die folgenden, Rechnungslegung und Berichtswesen typischen Bewertungsanlässe induziert werden: Der Markenwert fungiert hier als Gegenstand von Markenführung im Rahmen wertorientierter n externer Rechnungslegung, Bilanzierung und Managementkonzepte. Relevante Einsatzfelder sonstiger verpflichtender Berichterstattung des Markenwertes sind hierbei u.a. die n freiwilliger externer Berichterstattung n Unterstützung der operativen Geschäftstätigkeit bei Steuerung, Planung und Controlling des n Kommunikation im Rahmen von Going Public, IPO Markenmanagements und der wertorientierten Berichterstattung Transaktionen und Rechtsgeschäfte mit Marken n Werbeerfolgsrechnung bzw. unter Einschluss von Marken n Quantifizierung relevanter, aus der Marke n Kauf/Verkauf von Marken als immaterielle abgeleiteter Werttreiber Vermögenswerte zwischen fremden Dritten/ Unternehmen n Unterstützung strategischer Managementmaß- nahmen, z.B. Einschätzung des Markenpotenzials n Übertragung einer Marke auf eine andere verbunde- oder ggf. Bestimmung evtl. Markenerosion ne Gesellschaft/Konzerngesellschaft n Einschätzung des „immateriell-emotionalen n Veräußerung einer Marke infolge einer Liquidation Nutzens“ in Abgrenzung zum „rationalen“ Sachwert oder Insolvenz („Image-Wert“ als Kundennutzen) 8
GRUNDSÄTZE 1. ANALYSE DES BEWERTUNGSANLASSES n Bestimmung des Wertanteils der Marke im Rahmen n Bestimmung des Nutzungsentgeltes bzw. be- einer Unternehmensbewertung (Good Will-Auftei- triebswirtschaftliche Begründung eines Verrech- lung) nungspreises zwischen Konzernunternehmen/ verbundenen Unternehmen n Wertermittlung der Marke als aus dem bisherigen Unternehmenskonzept herausgelöstem Vermögens- n Sale and Lease back gegenstand n Bewertung der Marke bei Kauf/Verkauf von Unter- Markenschutzrechtsverletzungen. Markenbewertung nehmen im Asset-Deal als selbstständigem Vermö- zur Bestimmung der Schadenhöhe bzw. des Vergleichs- gensgegenstand und Kaufpreisbestandteil werts n Brand Due Diligence für Markenkäufer n Ermittlung des monetären Schadens durch eine Verletzungshandlung bei unberechtigter Nutzung n Einbringung der Marke im Rahmen strategischer Allianz, Joint Ventures etc. n Ermittlung des bisherigen Aufwands zur Markenbildung n Bewertung zur Sacheinlagenprüfung im Zusammen- hang mit Zuführung von Eigenkapital Steuerliche Bewertungsanlässe. Markenwert zur n Bewertung für Finanzierungszwecke: Bestimmung der steuerlichen Bemessungsgrundlage Sicherheitenstellung zur (Fremd-)Kapitalbeschaffung n Überprüfung der Angemessenheit einer n Bewertung anlässlich von Investitions-/Rentabilitäts- Lizenzgebühr insbesondere im Konzernverkehr rechnungen bei Investitionen in die Marke n Wertermittlung im Rahmen der Dokumentations- n Lizensierung/Nutzwertermittlung der Marke für pflicht für Verrechnungspreise bei Marken- Ermittlung eines angemessenen Lizenzsatzes bei verlagerung und internationale Steuersatzoptimie- Lizenzvergabe an Dritte rung n Differenzierende Wertbestimmung gemäß Allokation des Markenpflegeaufwands beim Käufer/Verkäufer
GRUNDSÄTZE 2. PRÜFUNG DER MARKENART UND MARKENFUNKTION Marken existieren in unterschiedlichen Erscheinungs- formen und haben verschiedene Funktionen für das Mögliche Stakeholdergruppen, die für eine Marken- Unternehmen. Die Markenart und die Funktionen der bewertung zu berücksichtigen sind, sind u.a.: Marke haben Auswirkungen auf die Höhe des Wertes. Insofern sind im Rahmen einer ordnungsgemäßen n Potenzielle Kunden Markenbewertung die Markenart und die Marken- funktion genau zu beschreiben und ihre Relevanz n Kunden für den Markenwert zu bestimmen. n Lieferanten Die Markenart hat bewertungstechnisch Einfluss auf die zu berücksichtigenden Stakeholdergruppen und die n Öffentlichkeit sich hieraus ergebenden Rahmenbedingungen für die Wahl der Bewertungskriterien zur Ermittlung der n Shareholder Markenstärke (relevante KPIs). n Mitarbeiter n Potenzielle Arbeitnehmer n Gegebenenfalls andere Gruppen Funktionen einer Marke sind n Identifikation, d.h. eindeutige Kennzeichnung des Absenders n Kommunikation, d.h. Aktivierung des vorhandenen Markenwissens beim potenziellen Nachfrager n Differenzierung, d.h. Unterscheidung des Produkts oder der Dienstleistung vom Wettbewerb n Qualitätsfunktion, d.h. Garantieren einer gleichbleibenden Qualität des Waren- oder Dienstleistungsangebots 10
GRUNDSÄTZE 2. PRÜFUNG DER MARKENART UND MARKENFUNKTION Unter Typologiegesichtspunkten lassen sich n Art der markierten Produkte oder Dienstleistungen die folgenden Markenarten unterscheiden: Produktmarke Dienstleistungsmarke n Markenarchitektur im Unternehmen Stadt- / Regionen- / Ländermarke Einzelmarke Personenmarke Markenfamilie Eigenmarke des Handels Dachmarke Arbeitgebermarke Unternehmensmarke Systemmarke Konzernmarke n Positionierung n Geografischer Geltungsbereich Massenmarke Lokale Marke Nischenmarke Regionale Marke Premiummarke Nationale Marke Luxusmarke Internationale Marke Zweitmarke Globale Marke Volumenmarke n Zeitpunkt des Markteintritts Pioniermarke Nachahmermarke
GRUNDSÄTZE 3. PRÜFUNG DES MARKENRECHTSSCHUTZES Um mit den Regelungen der DIN/ISO-Norm 10668 Ferner sind die Reichweite und die zeitliche konform zu gehen, muss eine umfassende Prüfung des Dauer des Markenschutzes zu prüfen Markenrechtsschutzes erfolgen. Hierzu ist die Eintragung in den gängigen Markenregistern zu recherchieren und n Nationale Marke (DPMA) im Markenwertgutachten zu dokumentieren. n IR-Marke n EU-Marke Marken können geschützt sein als Darüber hinaus ist die Inhaberschaft der Markenrechte zu n Wortmarke klären und zu dokumentieren. Dazu gehören die Rechte Dritter (z.B. Lizenzrechte, Pfandrechte), Benutzungs- oder n Bildmarke Verteidigungslage. n Akustische Zeichen (Beispiel Telekom, Audi, BMW) Nach Auffassung des BDU können Marken auch dann einen positiven wirtschaftlichen Mehrwert haben, wenn n Farbcodes der formale rechtliche Schutz nur gering oder auch nicht geklärt ist. Insofern kann eine Marke auch dann bewertet n Dreidimensionale Gestaltung werden, wenn ihr Rechtsschutz unsicher ist. Hierauf ist in dem Markenwertgutachten explizit hinzuweisen. n Kombination aus den oben stehenden Gestaltungselementen. 12
GRUNDSÄTZE 4. ANALYSE DER MARKEN- UND ZIELGRUPPENRELEVANZ Im Rahmen einer ordnungsgemäßen Markenbewer- n Märkte mit hoher Markenrelevanz sind z.B. tung sind die Gegebenheiten der Märkte, auf denen die Marke angeboten wird, im Hinblick auf die Marken- und Automobil Zielgruppenrelevanz zu beschreiben. Insbesondere muss darauf hingewiesen werden, für welche Zielgruppen die Bekleidung Markenbewertung Gültigkeit hat. Sportartikel Markenrelevanz meint dabei die „produktmarktspezifi- sche, relative Wichtigkeit einer Marke im Kaufentschei- n Märkte mit geringer Markenrelevanz sind z.B. dungsprozess aus Nachfragerperspektive und damit den durchschnittlichen Einfluss einer Marke während des Rohstoffe Kaufentscheidungsprozesses in einem mehrere Marken Papierhygiene umfassenden Leistungsmarkt. Die Markenrelevanz ist hoch, wenn der Zusammenhang zwischen Einstellungs- Obst und Gemüse und Verhaltensstärke stark ausgeprägt ist.“ (Karsten Kilian) n Zielgruppen mit hoher Markenrelevanz sind z.B. Markenrelevanz kann beobachtet werden durch Konsumenten mit hohem Involvement n Verhaltenswissenschaftliche Analysen bei den Konsumenten mit hoher Kaufkraft Zielgruppen (Einstellung zu Marken, Ausgabe- bereitschaft) n Zielgruppen mit geringer Markenrelevanz sind z.B. n Wertschöpfungsbezogene Indikatoren in den Preisorientierte Konsumenten Unternehmen (z.B. Verhältnis von Markenwert- schöpfung zur Unternehmenswertschöpfung) B2B-Entscheider Tendenziell nimmt die Markenrelevanz von Märkten im Zeitablauf zu, weil verstärkt Investitionen in die Marken- kommunikation getätigt werden. Ferner steigt die Anzahl markenrelevanter Märkte, weil immer mehr Erzeugnisse und Dienstleistungen markiert werden.
GRUNDSÄTZE 4. ANALYSE DER MARKEN- UND ZIELGRUPPENRELEVANZ Da der Marken- und der Zielgruppenrelevanz eine Am Beispiel der B2B-Marke McKinsey lässt sich der hohe Treiberwirkung auf den Markenwert zukommt, Einfluss des relevanten Marktes auf die Markenbe- sollten beide Aspekte im Rahmen von Unternehmens- wertung verdeutlichen: oder Marktforschungsanalysen geprüft werden. Hierbei sollte keine generalisierende Betrachtung erfolgen, n In der allgemeinen Bevölkerung hat diese Marke sondern immer die individuelle Situation der Marke kaum Relevanz. Daraus ergibt sich ein geringer berücksichtigt werden. Markenwert. Diese Zielgruppe ist aber wahrschein- lich für die Markenbewertung nicht relevant! Eine Zielgruppe umfasst das Segment des Marktes, auf das Unternehmen ihre akquisitorischen Bemühungen n Bei Dax-Vorständen und Unternehmensent- konzentrieren (Karsten Kilian); Geml und Lauer zufolge scheidern ist ein hoher Markenwert zu vermuten. umfasst eine Zielgruppe „diejenigen Personen, Firmen Aus der hohen Reputation in dieser Zielgruppe etc., an die ein Unternehmen absetzen möchte bzw. auf kann ein hoher Markenwert abgeleitet werden. die es als Verwender abzielt“ (Das kleine Marketing- Lexikon, 2004, S. 458). In gleicher Weise hat eine Marke wie Mercedes- Die Größe der Zielgruppen, ihre Kaufkraft und mögliche Benz einen variierenden Status in verschiedenen Markendehnungsfelder können Treiber für den Marken- Märkten und Stakeholdergruppen: wert sein. In diesem Zusammenhang ist der relevante Markt für die Marke zu definieren. Er gibt vor, welche n Endverbraucher Zielgruppen für den Markenwert maßgeblich sind. Neuwagenkäufer Gebrauchtwagenkäufer PKW-Fahrer, die keinen PKW besitzen n B2B-Kunden Unterschiedliche Branchen Nutzfahrzeuge PKW-Flotten Taxigewerbe n Arbeitnehmer Mitarbeiter High Potentials 14
GRUNDSÄTZE 5. BEWERTUNG DES AKTUELLEN MARKENSTATUS BEI DEN RELEVANTEN ZIELGRUPPEN Die Betrachtung des aktuellen Markenstatus ist in zahlen (KPIs), welche in einem auch für Wettbewerber einem engen Zusammenhang mit der Marken- und Ziel- gebräuchlichen Bezugsrahmen bewertbar sind. Jede gruppenrelevanz der Märkte zu sehen, denn die Auswahl Branche und jede Kategorie wie z.B. B2C, B2B, Dienst- der Märkte und Zielgruppen gibt die Art und Messbarkeit leistung, NGOs etc. hat eigene Markt-Statistiken, auf der Indikatoren vor, die den Markenstatus prägen. deren Basis intelligente, zur Markenstatus-Bewertung nützliche KPIs gebildet werden können. Dabei sind folgende Dimensionen zu unterscheiden: Eine gute Kenntnis der verfügbaren, branchenrelevan- ten Informationsquellen und ihrer Aussagefähigkeit n Die mit der Marke in der Vergangenheit effektiv erziel- ist für die ordnungsgemäße Bewertung des ten Vermarktungs-Erfolge gemessen in Schlüsselkenn- Markterfolges der Marke unabdingbar. Der mit der Marke erzielte Vermarktungserfolg wird Typische KPIs mit Aussagefähigkeit zum Vermarktungs- idealerweise mit quantitativen Marktdaten, welche erfolg der Marke in ihrem relevanten Bezugsumfeld zuverlässig, valide und mit standardisierten Erhebungs- (also mit Benchmarkwerten anderer Marken) und damit verfahren gewonnen wurden, abgebildet und geeignet, der Markenbewertung zu dienen sind u.a. in relevante Bezugsumfelder gestellt, d.h. unter Zugriff auf Marktforschungsdaten, statistische Daten und n Käuferreichweite/Marktdurchdringung allgemein andere verlässliche Quellen. n Käuferreichweite (Penetration) bei Käufern der Produktgruppe Zu nennen sind hier zum Beispiel: n Wiederkaufrate n Verbraucherpanel n Marktanteil Wert n Handelspanel n Marktanteil Menge n Import- und Export-Statistiken, Statistisches n Numerische Distribution Bundesamt, Verbandserhebungen etc. n Gewichtete Distribution n Verwenderuntersuchungen n und weitere Indikatoren n Preisindex n Wachstum n Bedarfsdeckungsgrad n Advocacy (Ausmaß, in dem Verwender der Marke als ihr Fürsprecher agieren)
GRUNDSÄTZE 5. BEWERTUNG DES AKTUELLEN MARKENSTATUS BEI DEN RELEVANTEN ZIELGRUPPEN n Die Performance der Marke in der Offline- und in der Für Online-Marken gelten andere KPIs Online-Welt. In beiden Welten gelten unterschiedliche als für Offline-Marken Zielgrößen als Erfolgsindikatoren. Die Performance von Digitalen Marken bemisst sich an anderen KPIs als n High Value Content, d.h. die Hochwertigkeit des eine traditionelle Offline-Marke. angebotenen Inhalts auf digitalen Plattformen n Die Attraktivität bzw. die Anziehungskraft der Marke n Website Usability, d.h. das Nutzungserlebnis auf der zum jetzigen Zeitpunkt und damit gegebenenfalls Website auch zukünftig für die relevante Zielgruppe direkt und die Öffentlichkeit/Allgemeinheit als Multiplikator/ n Brand Appeal, d.h. die empfundene Beeinflusser von Marken-Attraktivität, Image, Bekannt- Attraktivität einer Marke heitsgrad und Popularität. n Traffic auf der Website Im Zuge einer ordnungsgemäßen Bewertung ist hierbei der Rückgriff auf standardisierte Erhebungsmethoden n Reichweite und psychologische Messverfahren empfehlenswert, so- weit sie wirtschaftlich vertretbar sind, um die ergänzende n Interaktionsrate Aussagekraft für die Gesamtbewertung der Marke nicht durch mangelnde Validität und Objektivität zu gefährden. n weitere Indikatoren Sollten keine ausreichenden Panelinformationen oder sonstigen Erhebungen vorliegen, müssen geeignete Informationen über den Markterfolg mittels repräsentativ angelegten Zielgruppen- bzw. Zielmarkt-Untersuchun- Für die Messung der Markenstärke sind von Beratungs- gen/-Befragungen ermittelt oder abgeschätzt werden. unternehmen und Forschungsinstituten unterschied- Hier sind geeignete Instrumente und Methoden zu lichste Ansätze entwickelt worden. Als „typische“ Mess- wählen und auf Objektivität, Reliabilität und Validität der parameter werden Bekanntheit, Imageattribute, Marken- Messung besonders zu achten. wissen, Einstellung und Loyalität eingesetzt. Die Messung der Markenstärke sollte auf möglichst aktuellen Daten Die Markenstärke drückt sich, nachdem die Markenrele- beruhen. Insofern ist die Markenstärkemessung auf der vanz für verschiedene Zielgruppen und Märkte ermittelt Grundlage von Primärerhebungen das Verfahren der wurde, in der Attraktivität bzw. Anziehungskraft der Marke ersten Wahl. zum jetzigen Zeitpunkt und damit gegebenenfalls auch zukünftig für die relevante Zielgruppe und die Allgemein- heit/Öffentlichkeit aus. 16
GRUNDSÄTZE 5. BEWERTUNG DES AKTUELLEN MARKENSTATUS BEI DEN RELEVANTEN ZIELGRUPPEN Unter Primärerhebung ist dabei zu verstehen, dass die Informationen zum Markenstatus und zur Marken- relevanz durch Befragung oder Beobachtung bei den Zielgruppen der Marke erhoben werden. Herangezogen werden können Messwerte/Kriterien wie: n Begeisterungsgrad n Imagefaktoren n Markenbekanntheit n Marken-Loyalität n Markensympathie n Preisbereitschaft n Produktzufriedenheit n Wahrgenommene Marken-Qualität/Produkt-Qualität n Weiterempfehlungsbereitschaft n Wiederkaufbereitschaft
GRUNDSÄTZE 6. BERÜCKSICHTIGUNG DER WIRTSCHAFTLICHEN LEBENSDAUER DER MARKE Die Nutzungsdauer eines Investitionsguts hat eine n Je länger die angenommene Lebensdauer unmittelbare Wirkung auf seinen Wert für das Unter- einer Marke, desto höher ist ihr Marktwert nehmen. Gleiches gilt für Marken, die ebenfalls als Investitionsgut für Unternehmen zu verstehen sind. n Ab einer Lebensdauer von ca. 40 Jahren entsprich Insbesondere muss für die Bewertung einer Marke der der Markenwert einer unendlichen Lebensdauer Zeitraum der Kapitalisierung der erwarteten Cashflows bestimmt werden. Die Schätzung der Nutzungsdauer n In neuen Geschäftsfeldern sollte eine konservative bzw. Lebensdauer einer Marke hängt von verschiede- Annahme zur Lebensdauer getroffen werden nen Faktoren ab: Bei Dachmarken oder Unternehmensmarken wird auf Für die Begründung der Lebensdauer sind die Basis einer Wettbewerbsanalyse die Lebensdauer ab- folgenden Aspekte zu prüfen: geleitet. Hierbei geht es primär nicht um die einzelnen Produkte und Dienstleistungen, sondern um „höhere“ n Innovationsgrad des Marktes, auf dem die Marke Werte wie Image, Reputation, Bekanntheitsgrad usw. präsent ist Beispielsweise könnte Mercedes als Begriff für Sicher- heit und Innovation, aber auch die S- oder die SL-Klasse n Volatilität des Marktes als Dachmarke herangezogen werden. n Alter der Marke zum Bewertungsstichtag Die Nutzungsdauer von Produktmarken ermittelt sich unter Einbeziehung von Produktlebenszyklen und n Alter der Wettbewerbermarken Marktanalysen. Einfluss auf die Produkt-Lebensdauer einer Marke können Patente, Schutzrechte und behörd- n Rechtliche Rahmenbedingungen, z.B. Werbeverbote liche Genehmigungen haben. Unabhängig von einer Zuordnung nach Unternehmens- und Produktlebens- n Gesellschaftliche Trends und Wertewandel, z.B. zyklen lassen sich folgende Kernaussagen treffen: bezüglich Inhaltsstoffen 18
GRUNDSÄTZE 6. BERÜCKSICHTIGUNG DER WIRTSCHAFTLICHEN LEBENSDAUER DER MARKE Der Relaunch einer Marke und damit die Verlängerung n In beiden Fällen trägt (mehrheitlich) der des Produktlebenszyklus, wird mit mindestens 3-5 Mio. Produktname zu den erhöhten Umsätzen bei. Euro veranschlagt. Eine solche Investition setzt eine gewisse Umsatzgröße voraus. Die durchschnitt- Marke unabhängig vom Produkt liche Produktlebensdauer wird heutzutage mit fünf Jahren angesetzt. n In diesem Fall wird nicht ein Markenname einem Produkt zugeschrieben. Hierbei können mehrere Die Bestimmung der Lebensdauer einer Marke kann Produkttypen unter einem Markennamen angeboten je nach Industrie/Sektor unterschiedlich erfolgen. werden. Häufig ist dieser Fall in der Automobilindus- Beispielsweise lässt sich die Wort-Bildmarke in der trie vorzufinden; Paradebeispiel Porsche 911; Hierbei Mineralbrunnenbranche auf 25 Jahre schützen, danach wird ein erfolgreiches Auto-Modell durch den Nach- nicht mehr. Andererseits hängt die Nutzung der Marke folger ersetzt ohne den Modell-Namen zu ändern. auch von den Schüttungsrechten ab, die maximal für In diesem Fall tragen der Firmenname im gleichen 20 Jahre vergeben werden. Schließlich ist die Marke Maße wie der Produktname zur Erhöhung der unmittelbar an die Mineral- und Tafelwasserverordnung Umsätze bei. gebunden. Weiterhin haben technische Entwicklungen einen wesentlichen Einfluss auf die Lebensdauer einer Anhand der oben genannten Aufteilung wird auch die Produktmarke. Länge der Lebensdauer wie folgt kategorisiert: Prinzipiell unterscheidet man zwischen folgenden n Bestimmte bzw. begrenzte Lebensdauer: Ansätzen, die unmittelbar die Lebensdauer beeinflussen: Vor allem bei Schutzrechten und Patenten und immer wenn es Hinweise auf eine begrenzte Marke abhängig vom Produkt Nutzungsdauer gibt (z.B. Marktsituation, Wettbewerbssituation, fehlende Markenrelevanz). n Die Lebensdauer einer Marke wird durch die Wirksam- keit der Schutzrechte/Patente bestimmt (z.B. in der n Unbestimmte Lebensdauer: Hier wird die Lebens- Pharma-Industrie); nach Ablauf der Schutzperiode dauer am häufigsten nach der ökonomischen kommen u.a. Generika auf den Markt, die den Preis Lebensdauer geschätzt. Nach dem IDW S5 Standard des Produkts sowie deren Markenwert schmälern sollte man nicht von der unbestimmten Lebensdauer können. einer Marke ausgehen und somit auch nicht die ewige Rente für die Bewertung voraussetzen. n Im industriellen Sektor werden oft technische Bezeich- Gleichwohl kann der Markenwert bei einer nungen mit dem Produkt sowie mit deren Markenna- erwarteten Lebensdauer von mehr als 40 Jahren men assoziiert; die Lebensdauer solcher Marken sind durch die vereinfachte Formel der „ewigen Rente“ begrenzt, da sie oft durch Innovationen bzw. Nachfol- approximiert werden. geprodukte vollkommen verdrängt werden.
GRUNDSÄTZE 7. PRÜFUNG DER ZUKUNFTSFÄHIGKEIT DES GESCHÄFTSMODELLS Die Prüfung von Geschäftsmodellen und ihre stra- und auf die Markenerosion. Gegenwärtig wird die tegische Tragfähigkeit ist ein Kernanliegen der Unter- Zukunftsfähigkeit von Marken auf drei verschiedene nehmensberatung. Insofern ist es folgerichtig, dass die Arten in die Markenbewertung integriert: Prüfung der Zukunftsfähigkeit von Marken eine wesent- liche Säule einer Markenbewertung unter Beachtung n Es wird das Potenzial der Marke bewertet. Das der BDU-Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbe- umfasst i.d.R. eine Prognose der zukünftigen wertung darstellt. Umsatzentwicklung (und des Anteils, den die Marke daran hat) sowie die Möglichkeit, mit der Die Beispiele von Kodak oder Nokia zeigen, dass Marke neue Geschäftsfelder zu erschließen. Markenwerte innerhalb von kürzester Zeit vernichtet werden, wenn es nicht gelingt, die Geschäftsmodelle n Es wird die erwartete Nutzungsdauer einer Marke in technologischen Entwicklungen oder den Nachfrager- die Bewertung mit einbezogen. Oft wird eine unend- bedürfnissen anzupassen. Insofern definieren wir liche Nutzungsdauer einer Marke unterstellt, unter Zukunftsfähigkeit von Marken als die Fähigkeit, die bestimmten Umständen (z.B. bei jungen Marken, Zukunft der Marke aktiv zu gestalten sowie die wenig Investitionen in die Marke oder fehlenden Anforderungen und Bedürfnisse der aktuellen und/ Schutzmöglichkeiten) wird jedoch von dieser oder zukünftigen Zielgruppen, Zielbranchen und Prämisse abgewichen. Zielmärkte bedienen zu können. n Es wird bei der für die Ermittlung eines Barwerts Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zukunftsfähigkeit vorgenommenen Abdiskontierung teilweise ein einer Marke nicht nur von ihr selbst, sondern auch von erhöhtes Risiko in Form eines Risikozuschlags zum anderen Aspekten, insbesondere den Geschäftsmo- Diskontfaktor berücksichtigt. In einem solchen Fall dellen und der Fähigkeit des Managements, sich auf sinkt der Barwert mit zunehmender Unsicherheit. veränderte Rahmenbedingungen einzustellen, abhängt. Gegenstand der Prüfung sind daher die Identifikation und Bewertung der Einflüsse auf das Markenpotenzial 20
GRUNDSÄTZE 7. PRÜFUNG DER ZUKUNFTSFÄHIGKEIT DES GESCHÄFTSMODELLS Die Zukunftsfähigkeit einer Marke beeinflusst ihren n Für Marken mit eingeschränkter Zukunftsfähigkeit „realen“ Wert maßgeblich und muss daher bei einer wird die Nutzungsdauer entsprechend nach unten ordnungsgemäßen Markenbewertung angemessen an korrigiert oder verschiedenen Stellen berücksichtigt werden. Die Ana- lyse zur Zukunftsfähigkeit der Marke kann durch zwei n der Diskontierungszinssatz wird durch einen Risiko- Herangehensweisen Eingang in die Markenbewertung zuschlag erhöht. finden: Zu prüfende Einflussfaktoren auf die zukünftige Marken- n die Rollen und Verantwortlichkeiten (wie sind entwicklung und damit auf den Markenwert sind die sie im Hinblick auf die Markenführung definiert, Organisation und Qualität der Markenführung, die finan- kommuniziert und abgegrenzt?), zielle Ausstattung des Markeninhabers sowie Markenpo- tenzial und Markenerosion. n die Informationstechnologie im Unternehmen und die Vernetzung der Mitarbeiter und schließlich Aspekte der Organisation und Qualität der Marken- führung sind n die Kultur im Unternehmen n die an der Markenführung beteiligten Personen, ihre Qualifikation und die Größe der Management-Teams, Zu prüfen ist ferner die finanzielle Ausstattung des Markeninhabers. Denn eine gute finanzielle n die Strukturen im Unternehmen und, damit verbun- Ausstattung erlaubt höhere Investitionen in die den, die Reaktionsschnelligkeit (z.B. ist zu prüfen, Marke und gleichzeitig eine bessere und qualitativ welchen Stellenwert die Markenführung für das hochwertigere Personalausstattung im Management. Unternehmen hat oder welche Hierarchieebenen mit ihr befasst sind), n die Prozesse im Unternehmen (schaffen sie die Vor- aussetzungen für die Koordination und Kontrolle der Markenführung?)
GRUNDSÄTZE 7. PRÜFUNG DER ZUKUNFTSFÄHIGKEIT DES GESCHÄFTSMODELLS Markenpotenzial und Markenerosion sind zu Coca-Cola mit „Live on the Coke side of life“) und berücksichtigen, wobei der Weckung von Bedürfnissen, z.B. „Dazugehörig- keitsgefühl“ durch Brand Communities, die jedoch n das Markenpotenzial denkbare neue Geschäftsfelder zunehmend auch digital entstehen. für die Marke bzw. die positive Entwicklung der Marke innerhalb ihres angestammten Geschäfts- n Digitale Marken zielen auf den direkten Kundennut- feldes umfassen kann und zen ab. Dabei wird die Funktionalität an den Bedürf- nissen der Kunden ausgerichtet – ohne diese über n die Markenerosion eine psychografische und eine eine werbliche Kommunikation in den Fokus zu stel- ökonomische Komponente umfasst. Unter der len (z.B. Viber, Facebook o.ä.). Hier sind die dominie- psychografischen Markenerosion ist der schleichend renden Marken im Bereich eines einzelnen Segments abnehmende Zusatznutzen einer Marke aus Nach- noch stärker ausgeprägt, als in der Offline-Welt. fragersicht zu verstehen, während die ökonomische Markenerosion anhand wirtschaftlicher Kennziffern, Das Potenzial zur Social Brand „Social Fitness“. z.B. dem Marktanteil, erkennbar wird. Marken, die es schaffen, in den Dialog mit dem Kunden zu treten, um nicht nur Kundenbindung zu Der Digitalisierungsgrad bzw. das Potenzial zur betreiben, sondern auch den Kunden/Konsumenten in digitalen Marke „Digital Fitness“. Dabei soll berück- die Geschäftsentwicklung/Markenentwicklung sichtigt werden, in welchem Ausmaß die Digitalisierung miteinbeziehen, können auf veränderte Zielgruppen- der Marke bereits vollzogen worden ist bzw. mit Blick und auch Marktbedürfnisse viel schneller reagieren, auf die Unternehmensstruktur (Ist-Zustand) überhaupt als reine Offline-Marken bzw. Marken, die nach wie vor möglich erscheint. Ferner stellt sich die Frage, wie hoch eine klassische Ein-Weg-Kommunikation betreiben. Das das Markenerlebnis (digital) für den Markennutzer ist. Erlangen einer zielgruppenorientierten Social Fitness bietet Marken die Möglichkeit, eine Vorreiterrolle ein- n Klassische Marken ziehen ihre Bekanntheit und ihr zunehmen und das zunehmende Bedürfnis nach Moral, Image aus vermittelten Botschaften (werbliche An- Verantwortung und Wertstabilität durch ein erfolgrei- sprache) sowie Markennutzenversprechen (z.B. ches Responsible Branding zu befriedigen. 22
GRUNDSÄTZE 8. BEWERTUNG DER MARKE MITTELS BARWERTERMITTLUNG Die voranstehenden Grundsätze gehen davon aus, Alternative Wertansätze haben sich für die Markenbe- dass der Markenwert mit Hilfe eines kapitalwertori- wertung nur als eingeschränkt praktikabel erwiesen: entierten Verfahrens ermittelt wird. Diesen Verfahren liegt die Annahme zugrunde, dass sich der Wert eines n Kostenorientierte Bewertungsverfahren gehen immateriellen Vermögensgutes aus dessen Eigenschaft davon aus, dass für den Aufbau der betreffenden ergibt, künftige Erfolgsbeiträge in Form von Cashflows Marke Aufwendungen notwendig waren, die den zu erwirtschaften (IDW S5, S. 6). jetzigen Wert der Marke repräsentieren. Häufig verursachen aber gerade wenig erfolgreiche Die Zukunftsorientierung des Bewertungsverfahrens Marken hohe Kosten, die damit einen höheren folgt grundsätzlich der Sichtweise in der Unterneh- Wert erzielen würden als erfolgreiche Marken, mensbewertung. die den gleichen Kostenaufwand benötigen. Aus diesem Grund sind kostenorientierte Modelle zur Messung des Markenwertes nicht geeignet. n Marktorientierte Verfahren gehen davon aus, dass ein Markt für Marken besteht und sich der Wert der Marken aus dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage ergibt. Zu den Marktwertmodellen zählen u.a. die sogenannten Preis-Premium-Modelle und die Transferpreisanalogie-Modelle: Erstere versuchen, das Preis-Premium, also den Preisabstand zu isolie- ren, den ein markiertes Erzeugnis gegenüber einem unmarkierten Produkt realisiert, um diese Preis- differenz dann zu einem Markenwert hochzurech- nen. Lizenzpreisanalogie-Modelle setzen an den auf den Märkten zu beobachtenden Lizenzpreisen für die Nutzung von Markenrechten an.
GRUNDSÄTZE 8. BEWERTUNG DER MARKE MITTELS BARWERTERMITTLUNG Um ergänzend eine diagnostische Ursachenanalyse Phase 2 - Isolierung der Markenleistung: in der Markenbewertung zu ermöglichen, werden übli- In dieser Phase sind die Zahlungsströme zu ermitteln, cherweise kapitalwertorientierte Verfahren mit vorgela- die ursächlich ausschließlich auf die Markenleistung gerter detaillierter Markenanalyse angewendet. Solche zurückzuführen sind. Die zusätzliche Attraktivität, Indikatormodelle ermitteln die Stärke der Marken auf die für ein Produkt oder eine Dienstleistung durch der Basis verschiedener Erfolgsindikatoren, wie z.B. der die Marke bewirkt wird, manifestiert sich durch ein Markenbekanntheit oder dem Marktanteil einer Marke. Preispremium und ein Mengenpremium. Das Preis- Die Bestimmung eines Finanzwertes erfolgt nicht un- premium zeigt, welchen Mehrpreis der Nachfrager gewillt mittelbar, sondern in einer anschließenden Phase über ist, für das markierte Produkt im Vergleich zu einem finanzmathematische Verfahren. Indikatormodelle bieten nichtmarkierten Produkt zu bezahlen. Das Mengenpremi- den Vorteil, dass diejenigen Einflussfaktoren, die sich auf um repräsentiert, um wieviel höher die Absatzmenge des die Höhe des finanziellen Markenwertes auswirken, nach- markierten Produkts im Vergleich zum nichtmarkierten vollziehbar ermittelt und abgebildet werden, so dass u.a. Produkt beim gleichen Preis ist. eine differenzierte Stärken-Schwächen-Analyse für die Marke ermöglicht wird. Damit erfüllen Indikatormodelle Phase 3 - Ermittlung des Markenertragspotenzials: den Anspruch, als Diagnose-Instrument für die Marken- In dieser Phase wird ermittelt, wie profitabel eine Marke situation und die Bildung des Markenwertes geeignet zu ist und welchen Anteil der Erträge aus den Geschäftsfel- sein. dern, in denen die zu bewertende Marke vertreten ist, ursächlich auf die Marke zurückzuführen ist. Das Mar- Idealtypisch durchläuft eine Markenbewertung in der kenertragspotenzial hängt vom Umsatz der Marke, ihrer Praxis die folgenden Phasen: Profitabilität nach Abgrenzung des ihr zuzuordnenden Aufwandes und der isolierten Markenleistung ab. Phase 1 - Messung der Markenstärke und der Markenrelevanz: Phase 4 - Ermittlung der Lebensdauer für die Marke: Für Im Unterschied zur Unternehmensbewertung handelt die in Phase 5 vorzunehmende Barwertberechnung muss es sich bei Marken um verhaltenswissenschaftliche vorab die wirtschaftliche Lebensdauer der Marke taxiert Phänomene. Insofern muss die Wahrnehmung der werden. Hierbei spielt die Zukunftsfähigkeit der Marke Marke ausreichend Berücksichtigung in der Bewertung und die ihrer Wettbewerber eine Rolle. von Marken finden. Der Wert der Marke wird erst in den Köpfen der potenziellen Nachfrager als Markenvertrauen Phase 5 - Barwertberechnung: realisiert. Für die Messung der Markenstärke sind unter- Das finanzmathematische Verfahren der Barwertberech- schiedliche Ansätze auf der Basis von je nach Markenart nung ist das Herzstück der Markenbewertung. Der Kapita- und Zielgruppe zu definierenden KPIs denkbar. lisierungszinssatz muss hierbei die Risiken der Marke und der Märkte, auf denen sie präsent ist, berücksichtigen. 24
EMPFEHLUNGEN FÜR DIE DURCHFÜHRUNG Um dem komplexen und vielschichtigen Bewer- tungsgegenstand Marke gerecht zu werden, muss für die Bewertung von Marken eine Vielzahl von unter- schiedlichen Daten und Datenquellen berücksichtigt werden. Für die Markenführung und das Marken-Con- trolling ist zudem entscheidend, dass das Markenwert- verfahren im Zeitablauf vergleichbar arbeitet und somit Veränderungen im Markenumfeld periodisch beobach- tet werden können. Nur wenn sich die Wertentwicklung der Marke über einen längeren Zeitraum beobachten lässt, kann man die dahinterstehende Managementleis- tung objektiv bewerten. Oftmals wird bei Beginn einer Markenbewertung deut- lich, wie unzureichend Märkte dokumentiert sind. Eine detaillierte Finanzberichterstattung stößt auf lücken- hafte Nachfragerdaten und subjektive Einschätzungen. Insofern ist neben der notwendigen wissenschaftli- chern Herangehensweise an die Thematik zu prüfen, inwieweit die für die Bewertung genutzten Nachfra- ger- und Marktdaten den Qualitätskriterien Aktualität, Objektivität, Reliabilität und Validität Genüge leisten. Auch scheitert eine idealtypische Vorgehensweise in der Markenbewertung oft schon an den Budgets und der Beschaffbarkeit der notwendigen Daten. Im Rahmen der Beratung für die Auswahl eines ge- eigneten Markenbewertungsverfahrens sind Erfahrung und Fingerspitzengefühl für die Balance zwischen dem notwendigen Aufwand und der Präzision des Ergebnisses von entscheidender Bedeutung. Dabei gilt: Das Ergebnis einer Markenbewertung ist nur so gut wie die ihr zugrunde liegende Datenbasis und Methodik.
BUNDESVERBAND DEUTSCHER UNTERNEHMENSBERATER E.V. JOSEPH-SCHUMPETER-ALLEE 29 53227 BONN T +49 (0)228 9161-0 INFO@BDU.DE
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