Bedeutung des nicht-sekretorischen Renins als Modulator mitochondrialer und metabolischer Funktionen in kardialen Zellen
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Aus dem Institut für Physiologie (Leiter Prof. Dr. med. Jörg Peters) der Universitätsmedizin der Universität Greifswald Bedeutung des nicht-sekretorischen Renins als Modulator mitochondrialer und metabolischer Funktionen in kardialen Zellen Inaugural - Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Medizin (Dr. med.) der Universitätsmedizin der Universität Greifswald 2022 Vorgelegt von: Alexander Albers Geboren am 31.05.1993 in Hamburg
Dekan: Prof. Dr. med. Karlhans Endlich 1. Gutachter: Prof. Dr. med. Jörg Peters 2. Gutachter: Prof. Dr. med. Heimo Ehmke Ort, Raum: Greifswald, Seminarraum der Klinik für Innere Medizin B (Raum 6.0.8) Tag der Disputation: 31.01.2023 2
Inhalt 1 Einleitung ............................................................................................................. 5 1.1 Zirkulierendes (konventionelles) Renin-Angiotensin-System ....................... 5 1.2 Das lokale kardiale Renin-Angiotensin-System ............................................ 8 1.3 Ein alternatives Renin-Transkript ............................................................... 10 1.4 Mitochondrien als zentrale Zellorganellen .................................................. 13 1.5 Fragestellungen.......................................................................................... 18 2 Material und Methoden ...................................................................................... 19 2.1 Material und Geräte.................................................................................... 19 2.1.1 Chemikalien und Reagenzien ................................................................. 19 2.1.2 Weitere Materialien ................................................................................. 20 2.1.3 Puffer ...................................................................................................... 21 2.1.4 Zelllinie ................................................................................................... 21 2.1.5 Antikörper ............................................................................................... 21 2.1.6 Geräte und Software ............................................................................... 22 2.2 Methoden ................................................................................................... 23 2.2.1 Zellkultur ................................................................................................. 23 2.2.2 Transfektion der Zelllinie ......................................................................... 23 2.2.3 Ischämie-relevante Bedingungen ........................................................... 24 2.2.4 RNA-Quantifizierung ............................................................................... 25 2.2.5 Vitalitätsbestimmung ............................................................................... 26 2.2.6 Durchflusszytometrie .............................................................................. 27 2.2.7 Photometrie ............................................................................................ 29 2.2.8 Luminometrie .......................................................................................... 30 2.2.9 Messung der Sauerstoffverbrauchsrate .................................................. 31 2.2.10 Statistische Auswertung ...................................................................... 34 3 Ergebnisse ......................................................................................................... 35 3
3.1 Expression von Reninvarianten in H9c2-Zellen .......................................... 35 3.2 Einfluss der 1A-9Renin-Überexpression .................................................... 37 3.3 Zellüberleben unter OGD ........................................................................... 37 3.3.1 Vitalität .................................................................................................... 37 3.3.2 Apoptose ................................................................................................ 39 3.3.3 Nekrose .................................................................................................. 43 3.4 Mitochondriale Parameter unter OGD ........................................................ 45 3.4.1 MitoTracker ............................................................................................. 45 3.4.2 Mitochondriales Membranpotenzial ........................................................ 46 3.4.3 ATP-Gehalt (Aktivität von Komplex V der Atmungskette) ....................... 47 3.4.4 XTT-Färbung (Aktivität von Komplex I der Atmungskette) ...................... 48 3.5 Sauerstoffverbrauchsraten unter OGD ....................................................... 49 3.5.1 Zelluläre Atmung..................................................................................... 50 3.5.2 ATP-gekoppelte Atmung und Protonenleck ............................................ 52 3.5.3 Maximale mitochondriale Atmung und Reservekapazität ....................... 54 4 Diskussion .......................................................................................................... 56 4.1 OGD-induzierte Hochregulation beider Renintranskripte ........................... 56 4.2 Einfluss nicht-sekretorischen Renins auf die zelluläre Überlebensrate ...... 59 4.3 Einfluss nicht-sekretorischen Renins auf den zellulären O2-Verbrauch ...... 63 5 Zusammenfassung............................................................................................. 66 6 Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................... 67 7 Abbildungsverzeichnis ....................................................................................... 70 8 Tabellenverzeichnis ........................................................................................... 71 9 Literaturverzeichnis ............................................................................................ 72 10 Danksagung ....................................................................................................... 82 4
1 Einleitung Das Renin-Angiotensin-System (RAS) ist seit langem bekannt als wichtiger Regulationsmechanismus von Blutdruck, Wasser- und Salzhaushalt. Auch Entzündungs- und Fibrosierungsprozesse werden von diesem System beeinflusst. Von vielen Bestandteilen des RAS sind mittlerweile weitere Funktionen auf Gewebe- und Zellebene bekannt und Ziel aktueller Forschung. Die Peptidase Renin ist das erste und geschwindigkeitsbestimmende Enzym der konventionellen RAS-Kaskade und in seinen grundlegenden Zügen bereits seit 1898 durch Robert Tigerstedt und Per Bergmann beschrieben [Tigerstedt und Bergman 1898]. Das RAS zählt heute zu den bekanntesten Mechanismen der Blutdruckregulation. Tigerstedt und Bergmann haben, in einem einfach und klar strukturierten Experiment, Kaninchen kleinste Mengen eines Extrakts aus deren eigenem Nierengewebe in den Blutstrom injiziert. Die Folge war ein deutlicher Blutdruckanstieg. Durch diese Beobachtung konnten submikroskopische Bestandteile der Niere direkt mit der Blutdruckregulation in Verbindung gebracht werden. Diese Beobachtungen lieferten Ansatzpunkte für die weitere Erforschung des Zusammenhangs von Bluthochdruck und Nierenerkrankungen, welcher bis dahin lediglich empirisch beobachtet werden konnte. Die für die Wirkung dieses Extrakts hauptverantwortliche und hier erstmals beschriebene Substanz erhielt, seinem Ursprungsorgan entsprechend, den Namen „Renin“ (von lateinisch Ren für Niere). Die seit über einem Jahrhundert kontinuierlich andauernde Forschung am RAS, zeigt vor allem, dass das Zusammenspiel seiner verschiedenen Akteure deutlich komplexer, als zunächst angenommen und weit entfernt von einer kompletten Aufklärung ist. Die Entdeckung eines RAS auf Gewebe- und Zellebene, sowie neuen Zielstrukturen des zirkulierenden RAS, geben eine Idee davon wie vielfältig dieses System in verschiedenste Prozesse eingebunden ist und weit über die Blutdruckregulation hinaus seine Wirkung entfaltet [Paul et al. 2006]. 1.1 Zirkulierendes (konventionelles) Renin-Angiotensin-System Die am längsten bekannte Aufgabe des RAS ist die Regulation des Blutdrucks. Bei renaler Minderdurchblutung, gesteigerter Aktivität sympathischer Nierennerven sowie bei Natriummangel wird die Freisetzung von Renin aus dem juxtaglomerulären 5
Apparat der Nephrone der Niere erhöht. Die somit in die Blutzirkulation gelangte Peptidase Renin spaltet nun von dem in der Leber kontinuierlich produzierten Protein Angiotensinogen das Dekapeptid Angiotensin I (ANG I) ab. Für die Bildung des hauptsächlichen Effektorpeptids ist eine weitere Abspaltung von zwei Aminosäuren vom ANG I, durch das Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE) notwendig. In diesem Schritt entsteht das biologisch aktive Oktapeptid Angiotensin II (ANG II) [Romero und Hoobler 1970]. In ihrer Gesamtheit führen die in Abbildung 1 schematisch dargestellten Effekte von ANG II zu einer direkten Erhöhung des Blutdrucks einerseits sowie zu einer vermehrten Aufnahme und Rückresorption von Wasser und Salz andererseits. Über die damit verbundene intravasale Volumenerhöhung kommt es zu einer weiteren, gewissermaßen indirekten, Blutdruckerhöhung. Die im Folgenden beschriebenen Effekte von ANG II werden alle durch den Angiotensin II-Rezeptor Typ 1 (AT1R) vermittelt. Die Erhöhung des Blutdrucks kommt durch Bindung von ANG II an den AT1R sowohl direkt auf Gefäßmuskelzellen als auch auf adrenergen Nervenendigungen zustande, wodurch die Ausschüttung von Noradrenalin steigt und die glatten Gefäßmuskelzellen ihren Tonus erhöhen. Zentral führt ANG II zu einer vermehrten Freisetzung des Antidiuretischen Hormons (ADH) aus dem Hypophysenhinterlappen. ADH übt in ausreichend hoher Dosis über die V1-Rezeptor-vermittelten Signalkaskaden, mit Ausnahme von Gehirn- und Herzgefäßen, starke vasokonstriktorische Effekte aus. Die daraus resultierende Erhöhung des Gefäßwiderstandes führt zur Erhöhung des Blutdrucks. V2-Rezeptoren, welche auf Sammelrohrzellen der Niere exprimiert werden, veranlassen nach Aktivierung durch ADH den Einbau von Aquaporin 2 in die apikale Zellmembran, wodurch es zu einer verstärkten Wasserrückresorption kommt. ANG II selbst verursacht eine verstärkte Natriumrückresorption im proximalen Tubulus. Weiterhin bedingt es eine vermehrte Produktion des Mineralcorticoids Aldosteron in der Nebennierenrinde. Dieses verursacht eine erhöhte Natriumrückresorption, durch Einbau epithelialer Natriumkanäle (ENaC) in die Epithelzellen der Verbindungstubuli und des Sammelrohres. Die Folge dieser Natriumretention ist die passive Resorption von Wasser. Auch die orale Aufnahme von Wasser und Salz wird von ANG II durch zentrale Effekte im Bereich des Hypothalamus gesteigert [Schmidt 2005]. 6
Andere weniger lang bekannte Effekte des ANG II werden durch den Angiotensin II-Rezeptor Typ 2 (AT2R) vermittelt. Zu diesen zählen die Steigerung und Modulation der Zellproliferation, Anti-Inflammation, Regeneration, Differenzierung und Apoptose [Paul et al. 2006]. Knock-out-Modelle suggerieren sogar eine antagonistische Beziehung zwischen den Effekten der beiden AT-Rezeptoren [Dinh et al. 2001]. Abbildung 1: Renin-Angiotensin-System (RAS) Komponenten der RAS-Kaskade und deren Hauptwirkungen mit Augenmerk auf die Regulation von Blutdruck, Wasser- und Salzhaushalt, sowie einigen durch AT2-Rezeptoren vermittelten Effekten. Der Stellenwert des RAS, nicht nur in der Grundlagenforschung, sondern im angewandten, klinischen Kontext wird insbesondere durch dessen Rolle als Angriffspunkt für die Behandlung von Bluthochdruck deutlich. Bluthochdruck selbst ist 7
eine der häufigsten Erkrankungen weltweit und stellt einen wesentlichen Risikofaktor für eine Reihe chronischer und häufig auch letal verlaufender Erkrankungen dar. Darunter fallen unter anderen Herzinfarkte, Schlaganfälle und chronische Nierenerkrankungen. In der Therapie des Bluthochdrucks ist, nach Änderungen der persönlichen Lebensführung z.B. durch Gewichtsabnahme und Steigerung der körperlichen Aktivität, die pharmakologische Therapie die wichtigste Maßnahme. Zu den meistverwendeten Erstlinienmedikamenten zählen hier ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor-Antagonisten. Der Wirkmechanismus beider Wirkstoffklassen zielt auf eine Verminderung der durch das RAS vermittelten und beschriebenen Haupteffekte desselbigen ab. Dadurch wird eine Senkung des Blutdrucks und eine damit einhergehende Verminderung des Risikos für kardiovaskuläre Folgeerkrankungen angestrebt [Weber et al. 2014]. 1.2 Das lokale kardiale Renin-Angiotensin-System Bisher wurde vor allem das konventionelle RAS thematisiert, dessen Bestandteile das in der Leber synthetisierte Angiotensinogen, das vom juxtaglomerulären Apparat der Niere sezernierte Renin und das an Endothelzellen, insbesondere der Lungenkapillaren vorkommende ACE umfassen. Die oben beschriebene RAS- Kaskade läuft somit im Blutkreislauf ab, ANG II wird mit dem Blutstrom zum AT1R auf den Zellen der Effektororgane transportiert und dient der Blutdruckregulation. Bei chronischer Stimulation des AT1R durch ANG II verbunden mit einer erhöhten Vasokonstriktion und Wasserretention kann es jedoch zur Entwicklung eines Bluthochdrucks kommen, gefolgt von einem erhöhten Risiko an einem Myokardinfarkt, Arteriosklerose oder einer Herzinsuffizienz zu erkranken [Ferrario 1990; Agrawal et al. 2016]. Begleitet werden diese pathophysiologischen Vorgänge u.a. durch eine verstärkte Proliferation von glatten Muskelzellen und Myozyten, durch Förderung von pro-inflammatorischen Reaktionen oder die verstärkte Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) und Fibrose [Schelling et al. 1991; Leung 2004]. Darüber hinaus wurden in den letzten Jahrzehnten in verschiedenen Geweben (Herz, Haut, Gefäße, Niere, Pankreas, Nebenniere, Gehirn) bzw. in subzellulären Kompartimenten (Mitochondrien, Zellkern) lokal begrenzte RAS mit auto- oder parakriner Wirkung entdeckt [Abadir et al. 2012; Paul et al. 2006]. Von einem lokalen RAS spricht man, wenn die für die ANG II-Synthese notwendigen Komponenten lokal 8
synthetisiert werden oder ihre Wirkung durch Aufnahme lokal entfalten [De Mello, Walmor C. und Danser, A. H. Jan 2000; Abadir et al. 2011]. In Herzen von diabetischen Ratten wies die Arbeitsgruppe um Kumar [Singh et al. 2008; Kumar et al. 2008] eine erhöhte intrazelluläre Angiotensinogen- und Reninexpression sowie ANG II Bildung nach. Die Degradation von ANG I zu ANG II erfolgte dabei nicht ACE- sondern Chymase-abhängig. Eine erhöhte lokale kardiale Produktion von ANG II wurde ebenfalls unter mechanischem Stress sowie nach ischämischen Prozessen beobachtet. Hier war ANG II an post-ischämischen kardialen Umbauprozessen beteiligt [Ihara et al. 2001; De Mello, Walmor C. und Frohlich 2011]. Untersuchungen an Schweinen belegen, dass 75 % des kardialen ANG II im Gewebe selbst produziert werden [van Kats, Jorge P. et al. 1998]. Dies erfordert entweder die Translokation von sekretorischen RAS-Komponenten ins Zytosol oder die Synthese von alternativen, nicht-sekretorischen RAS-Komponenten. Bezüglich Angiotensinogen zeigte sich, dass das α-Globulin durch post-translationale Modifikation in eine nicht-glykosylierte Form überführt werden kann, die dann im Zytosol und im Kern nachweisbar ist [Singh et al. 2007]. Eine Akkumulation von intrazellulärem Angiotensinogen kann, wie bereits beschrieben, in Herzen von diabetischen Ratten unter pathologischen Bedingungen nachgewiesen werden [Singh et al. 2007]. Auch beide AT-Rezeptorsubtypen konnten intrazellulär, in der inneren mitochondrialen und der inneren Zellkern-Membran von kardialen Myozyten und Fibroblasten durch high resolution Elektronen- und Konfokalmikroskopie sowie Western-Blot Analysen von Zell- und Gewebeextrakten lokalisiert werden [Abadir et al. 2011; Tadevosyan et al. 2010]. Verschiedene mitochondriale Proteine werden nicht durch die mitochondriale, sondern durch die nukleäre DNA kodiert. Sie werden im Zytosol synthetisiert, weisen eine N-terminale mitochondriale Erkennungssequenz auf und werden unter Mithilfe von Chaperonen zu und in die Mitochondrien transportiert. AT-Rezeptoren weisen, ebenso wie einige mitochondriale Proteine (z.B. die Adeninnucleotid-Translokase) und nachfolgend dargestellt das nicht- sekretorische Renin, diese Erkennungssequenz nicht auf. Daher ist noch unklar, wie diese Rezeptoren in die Mitochondrien gelangen. Funktionell werden mitochondriale AT2R über eine Stimulation der mitochondrialen NO-Synthase (mNOS) und NO-Produktion mit einer Hemmung der mitochondrialen Atmung in Zusammenhang 9
gebracht [Abadir et al. 2011]. Nukleäre AT-Rezeptoren, die ebenso wie auf der Zellmembran mit G-Proteinen gekoppelt sind, regulieren nach Bindung von ANG II die NFĸB-abhängige Gentranskription in Kardiomyozyten und kardialen Fibroblasten durch Erhöhung der nukleären Calciumkonzentration und Stimulation der nukleären NOS [Tadevosyan et al. 2010; Tadevosyan et al. 2017]. Es resultieren eine gesteigerte Zellproliferation und Kollagensekretion, die mit pathophysiologischen Prozessen bei der kongestiven Herzerkrankung assoziiert sind. Insgesamt resultiert die, durch Aktivierung des lokalen RAS hervorgerufene intrazelluläre ANG II Bildung, in einer erhöhten oxidativen Schädigung, Apoptose und Nekrose von kardialen Zellen [Frustaci et al. 2000; Singh et al. 2007]. Dies steht im Kontrast zu nachfolgend dargestellten Daten zur Funktion des nicht-sekretorischen Renins. 1.3 Ein alternatives Renin-Transkript Das klassische sekretorische Reninprotein besteht aus einem Signalpeptid (Präfragment), das für seine Integration in den sekretorischen Pathway essentiell ist, einem Prosegment, welches das aktive Zentrum des Renins bedeckt (Prosegment und Renin entspricht dem Prorenin) und dem reifen enzymatisch aktiven Renin. Das Reningen kodiert für eine mRNA, welche bei der Ratte aus neun Exons besteht. Das Präfragment wird in einem kleinen Bereich im Exon1 des Reningens kodiert und enthält eine Signalsequenz, welche für die Translation der mRNA an Ribosomen des endoplasmatischen Retikulums (ER) verantwortlich ist. Der entstehende Peptidstrang wird somit in das ER hinein synthetisiert und der sekretorische Weg des Renins vom ER über den Golgi-Apparat bis zur Zellmembran ist gebahnt. Ein Vorgang der bei nicht membrangebundenen Proteinen wie dem Renin zur Exozytose, d.h. zum Ausschleusen in den Extrazellularraum, führen kann. Neben der ER-Erkennungssequenz kodiert das Exon1 auch einen Teil des Prosegments, welches bis zu dessen Abspaltung das aktive Zentrum bedeckt und somit die Proteaseaktivität des Renins inhibiert [Clausmeyer et al. 1999]. Das zunächst gebildete Prorenin wird kontinuierlich sezerniert, während das intrazellulär, in Sekretionsvesikeln prozessierte und gespeicherte aktive Renin reguliert freigesetzt wird [Hackenthal et al. 1990]. Die enzymatische Aktivität des Prorenins entspricht nur 1-2 % der des aktiven Renins [Peters 2017]. Dies legt die Vermutung nahe, dass 10
Prorenin seine Effekte außerhalb der klassischen Proteasefunktion des Renins ausübt. Im Jahre 1999 wurde erstmals eine nicht-sekretorische Isoform des Renins (auch zytosolisches Renin genannt) in der Ratte identifiziert, welche durch einen alternativen Promotor im Intron1 des Reningens gekennzeichnet ist [Clausmeyer et al. 1999] [Lutze et al. 2017] (Abbildung 2). In diesem Promotorbereich liegt ein alternatives Exon1 (Exon1A), dessen genaue Funktion bislang unbekannt ist. Da das nächste in-frame Translationsstartkodon im Exon2 liegt, werden dem Exon1A höchstwahrscheinlich regulatorische Funktionen sowie eine eventuelle Beteiligung bei der intrazellulären Translokation zuteil. Exon1A-Transkripte kodieren für eine verkürzte Form des Prorenins, dem die Signalsequenz und die ersten 10 der 43 Aminosäuren des Profragments fehlen [Clausmeyer et al. 1999]. Die Translation der alternativen mRNA zum, im Folgenden 1A-9Renin genannten, Protein erfolgt an freien Ribosomen im Zytosol, so dass das verkürzte Prorenin intrazellulär verbleibt. Inzwischen wurden auch für das menschliche Reningen alternative Renin-Varianten beschrieben. Durch alternative Promotorregionen und alternatives Spleißen im Intron1, entstehen ebenfalls Reninisoformen (Renin-b und Renin-c genannt) mit intrazellulärer Lokalisation [Sinn und Sigmund 2000]. 11
Abbildung 2: Transkripte des Reningens der Ratte Schematische Darstellung der mRNA verschiedener Reninvarianten. Die Renin-prä-mRNA entspricht der transkribierten Basenfolge des Reningens vor dem Spleißen. Aus dieser entsteht durch Spleißen aller Introns die reife mRNA des 1-9Renins. Durch einen alternativen Promotor im Intron1 und alternatives Spleißen entsteht die mRNA des 1A-9Renins. Exon1 enthält die ER-Erkennungssequenz, welche für die Translation am ER und die sukzessive Sekretion von Renin aus der Zelle notwendig ist. Das alternative erste Renin-Exon1A befindet sich innerhalb des Intron1 der Renin-prä-mRNA. Die verschiedenen Reninvarianten finden sich in unterschiedlich hohem Maße in verschiedenen Geweben wieder. So konnte in Nierengewebe ausschließlich das für dieses Gewebe typische sekretorische 1-9Renin nachgewiesen werden, wohingegen in den meisten Geweben beide Reninvarianten vertreten sind [Clausmeyer et al. 2000]. Dies ist unter anderem in der Nebenniere, verschiedenen Regionen des zentralen Nervensystems und der Leber der Fall. In Herzmuskelgewebe findet sich unter physiologischen Bedingungen kein 1-9Renin und nur in geringem Maße 1A-9Renin. Subzellulär konnten Peters et al. [Peters et al. 1996] bereits vor der genauen Beschreibung des 1A-9Renins zeigen, dass sich in Nebennierenrindenzellen Renin zu sogenannten „dense bodies“ (engl.: dichte Körper) innerhalb von Mitochondrien konzentriert. Unter in-vitro Bedingungen wurde der Import verkürzter Reninvarianten, nicht aber des konventionellen 1-9Renins, in Mitochondrien dokumentiert [Clausmeyer et al. 1999]. Auch bei kardialen Myozyten von transgenen Ratten, die das 2-9Renin intrazellulär in verschiedenen Geweben überexprimieren, konnte ein erhöhtes Vorkommen von Renin im Zytosol und in Mitochondrien festgestellt werden [Peters et al. 2008]. Übereinstimmend wurde auch in 2-9Renin-überexprimierenden, embryonalen H9c2-Kardiomyoblasten das Renin in Mitochondrien mittels Fluoreszenzmikroskopie detektiert [Wanka et al. 2009]. Der genaue Prozess der 12
Translokation des 1A-9Renins in die Mitochondrien ist, wie bereits beschrieben, noch unbekannt. Nachdem Clausmeyer et al. [Clausmeyer et al. 2000] eine selektive Hochregulation der 1A-9Reninexpression nach vorausgegangenem Myokardinfarkt aufzeigten, wurde postuliert, dass diese Reninisoform an post-ischämischen Reparaturprozessen beteiligt sein könnte. Unterstützt wurde diese Hypothese zunächst durch den Sachverhalt, dass Herzen von 2-9Renin-transgenen Ratten keine Anzeichen einer Hypertrophie, Entzündung oder Fibrose aufwiesen [Peters et al. 2008]. Bestätigt wurde die kardioprotektive Rolle des 1A-9Renins dann in Langendorff-Versuchen, bei denen isolierte Herzen einer Ischämie und anschließenden Reperfusion ausgesetzt wurden. Die Infarktareale waren bei den transgenen Rattenlinien etwa halb so groß wie bei den beiden Kontrolllinien [Wanka et al. 2016]. Auch in-vitro konnte die protektive Wirkung bei der Kardiomyoblasten- Zelllinie H9c2 bestätigt werden. Nicht-sekretorisches Renin reduzierte unter Glukosemangel das Auftreten von nekrotischem Zelluntergang [Wanka et al. 2016]. Die Entdeckung des 1A-9Renins und seiner Effekte, besonders unter ischämischen Bedingungen, hat Fragen nach dessen genauer intrazellulärer Wirkungsweise aufgeworfen. Das Konzept eines intrazellulären RAS, in welchem Renin zur intrazellulären Bildung von ANG II beiträgt, ist Gegenstand aktueller Forschung [Abadir et al. 2012]. Aber auch dessen Einbindung in ANG II-unabhängige Signalwege gelten als wahrscheinlich. In diese Richtung weisen unter anderem das Vorhandensein von Bindungspartnern, wie dem (Pro)Renin-Rezeptor oder dem zytosolisch lokalisierten Renin-Bindungsprotein [Peters 2012]. Das Auffinden des 1A-9Renins vor allem in den Mitochondrien und die zentrale Rolle dieser Zellorganellen bei Adaptationsprozessen an Mangelsituationen, wie sie bei ischämischen Ereignissen auftreten, legen die Vermutung einer Beeinflussung der mitochondrialen Aktivität durch das 1A-9Renin nahe. 1.4 Mitochondrien als zentrale Zellorganellen Aufgrund der zuvor beschriebenen Lokalisation des 1A-9Renins in Mitochondrien, aber nicht zuletzt auch wegen der vielfältigen Verflechtung von Mitochondrien mit 13
zahlreichen zellulären Prozessen, wurde diesen Organellen ein großer Teil der hier durchgeführten Untersuchungen gewidmet. Mitochondrien haben eine faszinierende Entstehungsgeschichte. Der Endosymbiontenhypothese folgend, stammen Mitochondrien von Bakterien ab, welche in eukaryotische Zellen aufgenommen und mit diesen eine symbiotische Beziehung eingegangen sind. Es wird vermutet, dass zu einer Zeit, in welcher sich Eukaryoten in einem höheren Maße mit einer sauerstoffhaltigen Umgebung auseinandersetzen mussten, diese Symbiose einen evolutionären Vorteil darstellte [Sagan 1967]. Daraus leitet sich auch direkt eine der Hauptfunktionen von Mitochondrien ab, nämlich die Energiegewinnung durch oxidative Phosphorylierung. Bei diesem Vorgang wird durch Einspeisung von Elektronen in die Atmungskette und deren Übertragung auf Sauerstoff ein elektrochemischer Gradient erzeugt, der zur Bildung von Adenosintriphosphat (ATP) führt. ATP ist ein universaler Energieträger und die Rolle bei dessen Synthese hat Mitochondrien auch den Beinamen „Kraftwerke der Zelle“ eingebracht [Roger et al. 2017]. Jedes Mitochondrium ist in mehrere Kompartimente unterteilbar. Es besteht, wie in Abbildung 3 dargestellt, aus zwei Membranen, dem Intermembranraum, sowie der inneren Matrix [Nunnari und Suomalainen 2012]. In der inneren Membran befindet sich die zuvor erwähnte Atmungskette, welche aus fünf Komplexen besteht. Die mitochondrialen Proteine werden zum Teil von einem eigenen mitochondrialen und zum Teil vom eukaryotischen Genom kodiert [Friedman und Nunnari 2014]. Der Import der mitochondrialen Proteine, welche im Zellkern exprimiert und anschließend im Zytosol translatiert werden, wird durch Rezeptoren an der Oberfläche der Mitochondrien vermittelt. Die Verteilung der Proteine in die entsprechenden Kompartimente der Mitochondrien erfolgt durch Translokasen. Beide Vorgänge werden von der Höhe des mitochondrialen Membranpotenzials beeinflusst [Neupert und Herrmann 2007]. 14
Abbildung 3: Mitochondriale Kompartimente und Atmungskette Ausgehend vom Zytosol folgen die Außenmembran, der Intermembranraum, die Innenmembran und schließlich die Matrix. Die Innenmembran beherbergt die Komplexe I-V der Atmungskette. Durch Elektronenübertragungen von NADH und FADH 2 auf die Komplexe I und II wird durch Protonentranslokation in den Innenmembranraum das mitochondriale Membranpotenzial (Ψm) aufgebaut. Coenzym Q (CoQ) und Cytochrom C (C) übertragen Elektronen zwischen den Komplexen. Die ATP-Synthase (Komplex V) nutzt den elektrochemischen Protonengradienten um ADP zu ATP zu phosphorylieren. Modifiziert nach: Sukumar et al. 2016. Die Atmungskette vermittelt die Synthese des ATPs durch oxidative Phosphorylierung. Unter Verbrauch von Sauerstoff wird durch schrittweise Übertragung von Elektronen ein elektrochemischer Gradient über die innere mitochondriale Membran aufgebaut (Abbildung 3). Dieser treibt schließlich den Komplex V der Atmungskette an, welcher ADP zu ATP phosphoryliert. Die Komplexe I, III und IV bilden eine funktionelle Einheit. Im Einzelnen übernimmt Komplex I Elektronen von NADH und Komplex II von FADH2, wobei dies im Falle von Komplex I unter Transport von Protonen über die innere mitochondriale Membran erfolgt. Beide übertragen die Elektronen weiter über Coenzym Q auf Komplex III. Komplex III transferiert dann die Elektronen über Cytochrom C auf Komplex IV. Komplex IV oxidiert schließlich molekularen Sauerstoff zu H2O. Komplex III und Komplex IV 15
nutzen die in der Übertagung der Elektronen frei werdende Energie, um Protonen entgegen ihrem Konzentrationsgradienten über die innere mitochondriale Membran zu transportieren und so das mitochondriale Membranpotenzial aufzubauen. Komplex V nutzt diese Energie um ADP zu ATP zu phosphorylieren [van der Bliek, Alexander M et al. 2017]. Reduktionsmittel für die Einspeisung von Elektronen in die Atmungskette sind neben Succinat und Malat vor allem NADH und FADH2. Diese werden in der mitochondrialen Matrix durch den Citratzyklus synthetisiert. Der Citratzyklus besteht aus einer Serie von acht enzymatischen Schritten, bei welchen Citrat verbraucht und anschließend wieder regeneriert wird. Dadurch verbindet es den Katabolismus von Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten miteinander. Bei deren Abbau wird das Acetyl- Coenzym A (Acetyl-CoA) gebildet. Beim Eintritt von Acetyl-CoA in den Citratzyklus wird es oxidiert, wodurch NADH und FADH2 entstehen [van der Bliek, Alexander M et al. 2017]. Auch anabole Stoffwechselvorgänge wie z.B. die Synthese von Lipiden, Pyrimidinen, Häm und Eisen-Schwefel-Clustern laufen unter Beteiligung der Mitochondrien ab [Nunnari und Suomalainen 2012]. Neben ihrer zentralen Stellung im Stoffwechsel sind Mitochondrien ebenso komplex und vielfältig in zelluläre Signalwege eingebunden. Durch die Bereitstellung zellulärer Metaboliten, Aminosäuren und Cofaktoren nehmen sie Einfluss auf eine Reihe von regulatorischen Enzymen, darunter die Histon-Deacetylasen, welche ihrerseits die Genexpression beeinflussen. Der zelluläre Calciumhaushalt wird ebenfalls von Mitochondrien mitbestimmt. Sie beteiligen sich an der Koordination der räumlich- zeitlichen Verteilung dieses sekundären Botenstoffs in der Zelle und puffern den Calciumeinstrom über die Zellmembran oder aus dem ER ab [Nunnari und Suomalainen 2012]. Ein für die einzelne Zelle besonders folgenreicher Prozess, welcher zu einem großen Teil von Mitochondrien gesteuert wird und durch Calciumsignale ausgelöst werden kann, ist die Apoptose, der kontrollierte Zelluntergang. Apoptose kann vereinfacht betrachtet auf zwei verschiedenen Wegen ausgelöst werden: extrinsisch (von „außen“) durch Bindung von extrazellulären Liganden an sogenannte Todesrezeptoren, wie den Fas-Rezeptor, oder intrinsisch (von „innen“) insbesondere nach vorheriger Schädigung der mitochondrialen Funktion oder des Erbguts, aber auch physiologischerweise während der Embryonalentwicklung oder in sich regenerierenden Geweben. Die intrinsische 16
Apoptose wird durch ein Überwiegen pro-apoptotischer Faktoren in der Zelle und deren Wirkung auf die Mitochondrien initiiert. Aus dem Intermembranraum der Mitochondrien werden Signalmoleküle wie das Cytochrom C und die Cysteinyl- Aspartat-spezifischen Proteasen (Caspasen) in das Zytosol freigesetzt. Hier kommt es zu einer kaskadenartigen Aktivierung weiterer Caspasen und anderer Enzyme, welche in Summe den Untergang der Zelle zur Folge haben [Jeong und Seol 2008]. Im Gegensatz zur Apoptose kommt es in Folge vieler pathologischer Vorgänge, wie z.B. bei traumatischen Verletzungen, Infektionen oder nach Ischämie, zu einem ungeregelten Absterben von Zellen. Diese Form des Zelluntergangs ist durch den Verlust der Integrität der Zellmembran gekennzeichnet und geht mit einer ausgeprägten Entzündungsreaktion einher. Der Schaden für das umliegende Gewebe ist bei diesem nekrotischen Zelluntergang um ein Vielfaches größer als nach dem kontrollierten Zelltod mittels Apoptose [Bohle et al. 2010]. Die im nächsten Abschnitt dargestellten Fragestellungen der Arbeit integrieren die Lokalisation und Funktion des 1A-9Renins in den Mitochondrien mit potenziellen Veränderungen der mitochondrialen Aktivität und Stabilität sowie dem Zellüberleben von H9c2-Kardiomyoblasten nach einer ischämischen Phase. 17
1.5 Fragestellungen Um zu überprüfen, ob die in dieser Arbeit verwendeten ischämischen Bedingungen Einfluss auf die Expression des nicht-sekretorischen Renins nehmen, wurde folgender Frage nachgegangen: 1. Kommt es in embryonalen H9c2-Kardiomyoblasten unter den Ischämie- relevanten Bedingungen bestehend aus Sauerstoff- und Glukosedepletion (OGD) zu einer selektiven Hochregulation des 1A-9Renins? Kardioprotektive Effekte konnten bereits in transgenen Ratten sowie in embryonalen H9c2-Zellen, die das nicht-sekretorische 2-9Renin überexprimieren, nachgewiesen werden. Bisher ist jedoch zur Funktion des alternativen Exon1 (Exon1A) nichts bekannt. Daraus resultierten folgende Fragen: 2. Welchen Einfluss hat unter Basalbedingungen eine moderate Überexpression das 1A-9Renins in H9c2-Zellen auf deren Überlebensrate im Vergleich zu Kontrollvektor-transfizierten Zellen? 3. Sind unter OGD in 1A-9Renin-überexprimierenden Zellen im Vergleich zu Kontrollzellen ähnliche protektive Effekte auf das Zellüberleben und die Art des Zelltodes zu beobachten? Eine mögliche Ursache der protektiven Effekte könnte im Bereich der mitochondrialen Funktion zu finden sein. Auch hierzu gibt es bislang keine Daten. Daher wurde folgenden Fragen nachgegangen: 4. Kommt es in 1A-9Renin-überexprimierenden Zellen unter basalen Bedingungen zur Umstellung mitochondrialer Funktionen und/oder des Metabolismus? 5. Kann diese Umstellung im Sinne einer Präkonditionierung für die protektiven Effekte unter OGD verantwortlich sein? 18
2 Material und Methoden 2.1 Material und Geräte 2.1.1 Chemikalien und Reagenzien Tabelle 1: Chemikalien und Reagenzien Substanz Hersteller Aqua B. Braun (A. dest.) B. Braun Melsungen Calciumchlorid (CaCl2) Carl Roth CaspACETM FITC-VAD-FMK in Situ Marker Promega di-Natriumhydrogenphosphat (Na2HPO4) Carl Roth Dulbecco's Modified Eagle Medium (DMEM) Lonza DMEM, no glucose Gibco Ethanol absolut Th.Geyer FACSFlow™ Sheath Fluid BD Fetales Kälberserum (FKS) PAN Biotech FITC-Annexin V BD Pharmingen Geneticindisulphat (G418) Carl Roth Glukose Carl Roth Glutamin Carl Roth HEPES-Puffer Serva JC-1 invitrogen Kaliumchlorid (KCl) Carl Roth Kaliumdihydrogenphosphat (KH2PO4) Carl Roth MitoTracker RedCMXRos invitrogen Natriumazid (NaN3) Carl Roth Natriumchlorid (NaCl) Carl Roth Natrium-Pyruvat Carl Roth Penicillin/Streptomycin Thermo Fisher Phosphate-buffered-saline (PBS) PAN Biotech Propidiumiodid Sigma Salzsäure (HCl) 32% Carl Roth Triton X-100 Carl Roth Trypanblau Lösung 0,5 % Serva 19
Trypsin Sigma-Aldrich XF base medium Agilent Technologies 2.1.2 Weitere Materialien Tabelle 2: Kommerziell erhältliche Kits Produkt Hersteller CellTiter-Glo Luminescent Promega Cell Viability Assay Cytotoxicity Detection Kit (LDH) Roche High Capacity cDNA Kit Life Technologies In vitro Toxicology Assay Kit (XTT based) Sigma-Aldrich Quick-RNA Miniprep Zymo Research Rotor-Gene SYBR Green PCR Kit QIAGEN XF Cell Mito Stress Test Kit Agilent Technologies Tabelle 3: Weitere Produkte Produkt Hersteller AnaeroPack Mitsubishi Gas Chemical Company pIRES/Neo3-Plasmid BD Biosciences Clontech XF96-well Platte Agilent Technologies Zellkultur Mikroplatte, 96-well Greiner Bio-One 20
2.1.3 Puffer Tabelle 4: FACS-Puffer Substanz Endkonzentration FKS 1% KCl 2,7 mM KH2PO4 1,5 mM NaCl 140 mM Na2HPO4 (Dihydrat) 1,1 mM NaN3 15,4 mM in A. dest. gelöst Tabelle 5: Annexin-Bindungspuffer Einstellung des pH auf 7,4 mit HCl Substanz Endkonzentration HEPES 10 mM NaCl 140 mM CaCl2 2,5 mM in A. dest. gelöst 2.1.4 Zelllinie Tabelle 6: Zelllinie H9c2 ATCC, Manassas, VA, USA 2.1.5 Antikörper Tabelle 7: Antikörper Antigen Hersteller Wirt FasR (CD95) Enzo, Life Science Kaninchen Kaninchen-IgG1 (Fluorescein Dianova Ziege isothiocyanate (FITC)-gebunden) 21
2.1.6 Geräte und Software Tabelle 8: Geräte Name Hersteller DS-11+ Spectrophotometer DeNovix Inc Fluorescence Activated Cell Sorting (FACS) BD Calibur flow cytometer GENbox Biomerieux HERAcell 240i CO2-Inkubator Thermo Fisher HERAsafe Sterilwerkbank Heraeus Instruments Microplate Luminometer LB96V EG&G Berthold MRX Microplate Reader Dynatech Laboratories pH 211 Microprocessor pH Meter Hanna Instruments Rotor-Gene Q QIAGEN GmbH SureCycler 8800 Agilent Technologies Seahorse XF Analyzer Agilent Technologies, Seahorse Bioscience Tabelle 9: Software Name Hersteller GraphPad Prism 7 GraphPad Software 22
2.2 Methoden 2.2.1 Zellkultur In der vorliegenden Arbeit erfolgten alle Versuche mit embryonalen Kardiomyoblasten der Zelllinie H9c2, welche ursprünglich aus Ratten isoliert wurden. In flüssigem Stickstoff kryokonservierte Zellen wurden aufgetaut und in Zellkulturflaschen in DMEM-Zellkulturmedium mit 10 % fetalem Kälberserum (FKS) sowie 100 IU/ml Penicillin und 100 µg/ml Streptomycin bei 37 °C, 95%iger Luftfeuchtigkeit und 5 % CO2 inkubiert. Ein Medienwechsel der Erhaltungskultur erfolgte unter sterilen Bedingungen alle 72 h, die Trypsinierung nach 7 d. Dazu wurden nach dem Waschen mit phosphatgepufferter Salzlösung (PBS) die Plaste-adhärenten Zellen durch Inkubation in einer 1:10 mit PBS verdünnten Trypsin/EDTA-Lösung für 5 min vom Boden des Kulturgefäßes abgelöst. Durch wiederholtes Pipettieren wurden die Zellen zusätzlich mechanisch vereinzelt, in ein Zentrifugenröhrchen überführt und anschließend zum Abstoppen der Trypsinierung in kaltem Medium gewaschen (Zentrifugation bei 1000 U/min für 4 min). Durch Einsatz von 1:3 in PBS verdünnter Trypanblaulösung wurde der Anteil toter Zellen an der Gesamtzellzahl der Zellsuspension bestimmt. In Abhängigkeit von den Versuchen wurde eine definierte Anzahl von Zellen pro Kavität in 96-Well- oder 6-Well-Kulturplatten pipettiert. Die Anwachsphase bei 37 oC und 5 % CO2 betrug 3 d. 2.2.2 Transfektion der Zelllinie Die H9c2-Zellen wurden entweder ohne molekularbiologische Modifikation verwendet oder mittels transienter Transfektion des pIRES/Neo3-Vektors genetisch verändert. Die Transfektion und Selektion der verschiedenen Zelllinien erfolgte wie zuvor durch Clausmeyer [Clausmeyer et al. 1999] beschrieben. Als Selektionsantibiotikum, das während der Erhaltungskultur aber nicht während des eigentlichen Versuchsansatzes im Kulturmedium enthalten war, kam Geneticindisulphat (G418) zum Einsatz. Für die Untersuchungen wurden mir folgende gentechnisch-veränderte Zelllinien zur Verfügung gestellt: Eine pIRES/Neo3-Vektor-transfizierte Zelllinie, in die der Leervektor mit der Antibiotikaresistenz integriert wurde. Sie stellte die primäre Kontrolle dar und aus 23
dieser stammende Zellen werden im Folgenden der Einfachheit halber als pIRES-Zellen bezeichnet. Durch Einbringen des pIRES/Neo3-Vektors mit der Exon(1A-9)Renin-cDNA und der Antibiotikaresistenz wurde eine Zelllinie erzeugt, die eine 4fache Überexpression des nicht-sekretorischen 1A-9Renins aufweist. Alle nachfolgend beschriebenen Versuche wurden im Vergleich zwischen unbehandelten H9c2-Zellen, Leervektor-transfizierten Kontrollzellen (pIRES-Zellen) und Exon(1A-9)Renin-transfizierten Zellen (1A-9Renin-Zellen) durchgeführt. Da zwischen unbehandelten H9c2-Zellen und Leervektor-transfizierten Kontrollzellen keine signifikanten Unterschiede auftraten, wurde zur besseren Übersichtlichkeit auf die Darstellung der Ergebnisse der unbehandelten H9c2-Zellen verzichtet. 2.2.3 Ischämie-relevante Bedingungen Zur Simulation einer Ischämie des Herzmuskels, wie z.B. im Rahmen eines Myokardinfarktes, wurden die Zelllinien einer Sauerstoff- und Glukose- Depletion (OGD) ausgesetzt. Für die funktionellen Analysen wurden 1*104 Zellen pro Kavität einer 96-Well bzw. 1*105 Zellen pro Kavität einer 6-Well Kulturplatte ausgesät, für 3 d unter Kontrollbedingungen inkubiert und anschließend für 24 h einer OGD ausgesetzt. Glukosemangel wurde durch die Kultivierung in glukosefreiem DMEM-Nährmedium nachgestellt. Anoxie wurde durch Einbringen von AnaeroPacks (enthalten stark oxidierendes Material) in luftdicht verschließbaren Behältern erzeugt. Die Inkubation der Zellen unter diesen Bedingungen wird im Folgenden als Inkubation unter ischämischen Bedingungen bzw. OGD bezeichnet. Im Gegensatz dazu wird die Inkubation unter Fortführung der zuvor beschriebenen Bedingungen, als Inkubation unter basalen bzw. Kontrollbedingungen bezeichnet. Neben den Untersuchungen zum Einfluss der OGD auf die Überlebensrate wurde auch der Einfluss einer alleinigen Glukosedepletion bzw. Anoxie analysiert, um die idealen Bedingungen für die Nachahmung eines Ischämie-relevanten Geschehens zu erstellen. Da die beobachteten Effekte nur minimal ausfielen, wurden diese beiden Interventionsgruppen nicht in die endgültige Arbeit aufgenommen. Als Folge resultierte teils eine Abweichung der n-Zahlen zwischen den Kontroll- und den OGD- behandelten Gruppen. Dies stellt eine Schwäche der vorliegenden Arbeit dar. 24
Aufgrund der technischen Rahmenbedingungen konnten die, sich der Inkubation unter ischämischen Bedingungen, anschließenden Analysen nicht unter ischämischen Bedingungen fortgesetzt werden. Dies hat zur Folge, dass die hier als „ischämischen Bedingungen“ bezeichneten Bedingungen eher einer „Ischämie mit anschließender Reperfusion“ entsprechen. Zur Einschränkung der potenziellen Reperfusionsphase wurden alle Analysen möglichst direkt nach Beendigung der Inkubationsbedingungen durchgeführt. Bei einigen Versuchen, insbesondere bei der Messung der Sauerstoffverbrauchsrate, war jedoch die Wiedereinführung von Glukose und von Sauerstoff, nicht nur technisch unausweichlich, sondern sogar für die Durchführung der sich anschließenden Messungen notwendig. 2.2.4 RNA-Quantifizierung Um die Expression spezifischer Gene quantitativ untersuchen zu können, bedient man sich der reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (rtPCR) und quantitativen-PCR (qPCR). Bei dieser Methode wurde zunächst RNA aus den zu untersuchenden Zellen isoliert, diese mittels reverser Transkription in die komplementäre DNA (cDNA) überführt und dann in sich wiederholenden PCR-Zyklen vervielfältigt. Die RNA wurde aus den untersuchten Zellen mittels Quick-RNA Miniprep-Kit entsprechend den Herstellerangaben isoliert. Die in der jeweiligen Probe vorhandene RNA-Konzentration wurde photometrisch gemessen, um anschließend annähernd gleiche RNA-Mengen für die reverse Transkription einsetzen zu können. Die reverse Transkription, also das Enzym-vermittelte Überschreiben der RNA in cDNA, wurde mittels High Capacity cDNA-Kit nach Herstellerangaben durchgeführt. Dabei wurden jeweils 1.000 ng RNA mit einem Gemisch zufälliger Primer, dem Enzym reverse Transkriptase, Nukleinbasen, und einem Reaktionspuffer gemischt. Die rtPCR wurde im Thermocycler temperaturkontrolliert bei 25 °C für 10 min, bei 37 °C für 120 min, bei 85 °C für 5 min und anschließendem Abkühlen auf 4 °C durchgeführt. Die so erhaltene cDNA wurde daraufhin bis zu ihrer weiteren Untersuchung bei -70 °C gelagert. Für die qPCR wurden Duplikate von jeweils 20 ng cDNA der entsprechenden Probe, verdünnt in nukleasefreiem Wasser, hergestellt. Diese wurden mit SYBR® FAST Universal 2X Master Mix vermischte, welcher den an DNA bindenden Farbstoff SYBR®-green enthält. Außerdem wurden Gen-spezifische, optimierte Primerpaare 25
bestehend aus den entsprechenden Vorwärts- und Rückwärtsprimern hinzugefügt (Tabelle 10). Neben der Expression der verschiedenen Reninvarianten, wurde auch die Expression des Haushaltsgens Tyrosin-3-Monooxygenase/Tryptophan-5- Monooxygenase aktivierendes Protein, ζ (Zeta)-Polypeptid (YWHAZ) analysiert. Die Expression dieses Gens sollte unter allen Versuchsbedingungen konstant, d.h. nicht reguliert sein, um eine Quantifizierung der Reninexpression vornehmen zu können. Bei der qPCR laufen, nacheinander durch Veränderung der Temperatur und Enzymaktivität die Schritte der Denaturierung, der Primerhybridisierung und der Elongation der cDNA ab. Theoretisch verdoppelt sich also die Menge der cDNA in jedem Zyklus, so dass es zu einer exponentiellen Zunahme der cDNA-Menge mit steigender Zyklenanzahl kommt. Das proportional zur vermehrten cDNA-Menge detektierte Farbsignal der Probe erlaubt die Registrierung des Zeitpunktes d.h. der Zyklenanzahl bei dem ein zuvor gesetzter Schwellenwert (CT; cycle threshold) überschritten wird. Die Differenz der CT-Werte (∆CT) der beiden Renine im Vergleich zu YWHAZ ermöglicht die Darstellung der Ergebnisse in logarithmischer Form als 2-∆CT. Die Ergebnisse erlauben letztlich Rückschlüsse auf die Ausprägung der jeweiligen Genexpression in den untersuchten Zellen unter Kontroll- und ischämischen Bedingungen. Tabelle 10: Verwendete Primer Für die qPCR verwendete Vorwärts- und Rückwärtsprimer. Basensequenzen in entsprechender Reihenfolge. Abkürzungen der Nukleinbasen: Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Thymin (T). mRNA Vorwärtsprimer Rückwärtsprimer YWHAZ CATCTGCAACGACGTACTGT GACTGGTCCACAATTCCTTTCTTG CTCT 1-9 Renin ATGAATTCACCCCATTCAGC CCAGATGGGCGGGAGGAGGATG 1A-9Renin TGAATTTCCCCAGTCAGTGAT GAATTCACCCCAT TCAGCAC 2.2.5 Vitalitätsbestimmung Nach dem Trypsinieren und zweimaligen Waschen wurden die Zellen mit 1:3 in PBS verdünnter Trypanblaulösung gefärbt und in einer Thoma-Zählkammer lichtmikroskopisch vergrößert gezählt. Die Trypanblau-gefärbten Zellen entsprechen dabei den toten Zellen mit einer gestörten Membranintegrität. Der prozentuale Anteil 26
ungefärbter Zellen relativiert auf die Gesamtzahl der Zellen der Zellsuspension reflektiert die Vitalität der Zellen. 2.2.6 Durchflusszytometrie Für die durchflusszytometrische Untersuchung, auch Fluorescence Activated Cell Sorting (FACS) genannt, wurden in Pufferlösung suspendierte, vereinzelte Zellen zunächst mit einem oder mehreren fluoreszenten Farbstoffen markiert. Die Bindung der Farbstoffe an die Zellen kann durch Antikörper an spezifische subzelluläre Strukturen vermittelt werden oder unspezifisch durch Penetration der Zellmembran und Anreicherung des Fluorophors in subzellulären Zellkompartimenten erfolgen. Nach Inkubation mit den entsprechenden Farbstoffen, wurden die Zellen mittels FACS einzeln entsprechend ihrer Fluoreszenzeigenschaften analysiert. Dazu wurden die Farbstoffe der beladenen Zellen mit einem Laser angeregt und die Emissionen typischerweise in zwei Fluoreszenzbereiche (FITC-gebundene Marker: grün; Propidiumiodid (PI): rot) detektiert. Die resultierenden Daten wurden in einem Histogramm dargestellt. Durch das Setzen von definierten Fenstern und Grenzwerten ließen sich die Zellen in Subgruppen eingrenzen. Für jeden gemessenen Parameter konnten die Zellen dann entsprechend ihres Fluoreszenzsignals als positiv oder negativ, oder entsprechend ihrer Lage als ober- oder unterhalb des gesetzten Grenzwertes liegend eingeteilt werden. Die Daten von 5000 Zellen wurden bezüglich des prozentualen Anteils fluoreszierender Zellen und der Fluoreszenzintensität der markierten Zellen erfasst. Durch entsprechendes Setzen des Analysefensters wurden einerseits intakte Zellen von apoptotischen Zellen differenziert (andere Eigenfluoreszenz) und Zellbruchstücke von den Bestimmungen ausgeschlossen. Die Bestimmung des Anteils apoptotischer Zellen erfolgte durch drei Indikatoren: FITC-Annexin V (Annexin V), CaspACE FITC-VAD-FMK in situ Marker (CaspACE), und den Fas-Rezeptor (FasR)-Antikörper. Annexin V ist ein Phospholipid- Bindungsprotein und bindet an Phosphatidylserinreste, welche sich normalerweise an der Zellmembraninnenseite befinden und bei der intrinsischen Form der Apoptose auf die Außenseite der Zellmembran transloziert werden [Cederholm und Frostegård 2007]. CaspACE bindet nach Penetration der Zellmembran als Inhibitor an die, in der späten Phase der Apoptose aktivierten, Caspasen. Der FasR-Antikörper bindet an den Fas-Rezeptor, welcher besonders bei Zellen die sich in extrinsischer Apoptose befinden, auf der Zelloberfläche exprimiert wird [Jeong und Seol 2008]. Parallel zu 27
den Apoptosemarkern wurden die Zellen mit Propidiumiodid (PI) inkubiert, um zeitige und späte Formen des apoptotischen Zelluntergangs differenzieren zu können. Erst bei später Apoptose geht die Membranintegrität verloren, so dass PI in die Zellen diffundieren und dort an Nukleinsäuren binden kann. [Bertuzzi et al. 1990] Im Hinblick auf den unkontrollierten Zelltod, die Nekrose, lassen sich mittels Durchflusszytometrie lediglich frühe Formen untersuchen, bei denen zwar die Membranintegrität gestört, die Zellstruktur aber noch erhalten ist. Späte Formen der Nekrose sind dagegen durch den Verlust der Zellintegrität nicht mehr als Einzelzellen im Durchflusszytometer erfassbar. Es wurden jeweils 1*105 Zellen mit den entsprechenden Fluorophoren inkubiert. Der Nachweis der Gesamt-Apoptose erfolgte mit 5 µl des 1:100 in FACS-Puffer verdünnten CaspACE FITC-VAD-FMK-Farbstoffs über 20 min bei 37°C in 50 µl FACS-Puffer im CO2 Inkubator. Zur Differenzierung der intrinsischen Apoptose wurden die Zellen mit 5 µl FITC-Annexin V in 100 µl Annexin-Bindungspuffer über 15 min bei Raumtemperatur in Dunkelheit inkubiert. Der Anteil extrinsischer Apoptose wurde durch Inkubation der Zellen mit 1,5 µl des primären nicht-markierten anti-Fas-Rezeptor-Antikörpers in 100 µl FACS-Puffer über 15 min bei 4°C ermittelt. Anschließend folgte ein zweiter Inkubationsschritt mit 10 µl des 1:10 verdünnten anti-Kaninchen-IgG-FITC-Antikörpers über 15 min bei 4°C. Nach jedem Inkubationsschritt wurden die Zellen mit 3 ml FACS-Puffer, respektive 3 ml Annexin- Bindungspuffer gewaschen, um ungebundenen Farbstoff oder Antikörper zu entfernen. Direkt vor der Messung wurden den Zellen zusätzlich 500 ng/ml PI für 5 min zugesetzt. Um Aussagen über den Zustand der Mitochondrien treffen zu können, wurden zwei Farbstoffe verwendet, der MitoTrackerRed CMXRos (kurz MitoTracker genannt) und der JC1-Farbstoff (5,5’,6,6’-Tetrachloro-1,1’,3,3’-Tetraethylbenzimidazolylcarbo- cyaniniodid). MitoTracker wird passiv über die Zellmembran aufgenommen und besitzt eine Thiol-reaktive Chloromethylgruppe, welche für die Interaktion mit Mitochondrien verantwortlich ist. Die Intensität der Färbung ist ein grober Indikator für das mitochondriale Membranpotenzial und den Funktionszustand der Mitochondrien allgemein [Poot et al. 1996]. JC-1 lässt spezifischere Aussagen über die Höhe des mitochondrialen Membranpotenzials zu. Er wird selektiv durch Mitochondrien aufgenommen und weist als Monomer eine grüne Fluoreszenz auf. In niedriger 28
Konzentration sowie bei niedrigem mitochondrialen Membranpotenzial liegt JC-1 als Monomer vor. Steigt die Konzentration über 0,1 µM an oder liegt ein hohes mitochondriales Membranpotenzial vor, kommt es zur Dimerisierung von JC-1. Diese als J-Aggregate bezeichneten Dimere weisen eine rote Fluoreszenz auf. Durch Bestimmung des Verhältnisses zwischen roter und grüner Fluoreszenz können somit Rückschlüsse auf die Höhe des mitochondrialen Membranpotenzials gezogen werden [Smiley et al. 1991]. Da Veränderungen des mitochondrialen Membranpotenzials mit massiven Konsequenzen für die mitochondriale Aktivität und die zelluläre Vitalität verbunden sind, eignet sich JC-1 besonders gut als Marker. Die vorbehandelten Zellen wurden in 500 µl DMEM-Kulturmedium mit 5 µl des 1:100 verdünnten MitoTracker Farbstoffes für 45 min bei 37 °C im CO2-Inkubator inkubiert. Für die Färbung mit JC-1 wurden die Zellen in 500 µl DMEM-Medium mit 5 µl der 1:10 verdünnten JC-1-Lösung für 10 min bei 37 °C in Dunkelheit inkubiert. Anschließend wurde der nicht in die Mitochondrien aufgenommene, überschüssige Farbstoff durch Waschen mit FACS-Puffer entfernt. Nach der Zentrifugation und Resuspension in 500 µl Medium wurden die Zellen am Durchflusszytometer analysiert. 2.2.7 Photometrie Die Photometrie ist ein Messverfahren, bei welchem die Extinktion von Licht bestimmter Wellenlängen gemessen wird. Damit erlaubt sie eine Quantifizierung des Farbstoffgehaltes von Lösungen und lässt Rückschlüsse z.B. auf Proteingehalte oder Enzymaktivitäten zu. Für die Untersuchungen wurden jeweils 1*104 Zellen in eine Kavität einer 96 Well-Zellkulturplatte pipettiert und für 24 h zum Anwachsen im CO2-Inkubator inkubiert. Anschließend wurden die vorkultivierten Zellen Kontroll- bzw. ischämischen Bedingungen ausgesetzt. Als Negativkontrollen für die photometrischen Analysen dienten Kavitäten, in denen das Medium und alle Komponenten des eingesetzten Kits aber keine Zellen enthalten waren. Beim Zelluntergang durch Nekrose kommt es zu einem Verlust der Integrität der Zellmembran und damit zu deren Perforation. Die Zelle verliert letztlich ihre Struktur und ist nicht mehr als abgrenzbare Einheit vorhanden. Im Rahmen dieser Vorgänge kommt es in-vitro zur Freisetzung von intrazellulären Bestandteilen ins Medium, z.B. der im Zytosol lokalisierten Laktatdehydrogenase (LDH). 29
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