Beendigung der internationalen Finanzierung für fossile Energieträger

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An:

Bundesministerin Annalena Baerbock

Bundesminister Habeck

Staatssekretär Kukies

Bundesminister Lindner

Bundesministerin Schulze

Beendigung der internationalen Finanzierung für fossile Energieträger

Wir begrüßen es sehr, dass die Bundesregierung sich auf der Klimakonferenz in Glasgow der
historischen Erklärung angeschlossen hat, ihre internationale Finanzierung in saubere Energien zu
priorisieren und die Finanzierung von fossilen Brennstoffen zu beenden. 1 Die Eskalation im Ukraine-
Krieg verdeutlicht auf drastische Weise die Abhängigkeiten, die durch fossile Brennstoffe entstehen
können. Das BMWK erarbeitet hier bereits erste Reaktionen auf nationaler Ebene. 2 Diese
Abhängigkeiten sollten auch in anderen Ländern so schnell wie möglich gemindert oder vermieden
werden. 3 Aufgrund der diesjährigen G7-Präsidentschaft kommt der Bundesregierung eine zentrale
Rolle zu, den Ausstieg aus fossilen Energien zu beschleunigen.

Die Erklärung wurde bisher von 34 Ländern und 5 Organisationen unterzeichnet – unter ihnen einige
der größten historischen Geber von Handels- und Entwicklungsfinanzierung für fossile Brennstoffe.
Unter den Unterzeichnenden sind auch viele Länder des Globalen Südens. Das verdeutlicht, dass fossile
Brennstoffe keinen zukunftsgerichteten Entwicklungspfad für diese Länder darstellen, sondern eine
wesentlich stärkere Unterstützung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienzmaßnahmen in
diesen Ländern erforderlich ist.

Eine konsequente Umsetzung der Unterzeichnenden könnte jährlich mindestens 24 Mrd. USD an
bedeutenden öffentlichen Mitteln von fossilen Brennstoffen in saubere Energie umleiten.4 Dies würde
wiederum dazu beitragen, noch viel größere private Finanzmittel zu mobilisieren und andere Länder
und Institutionen dazu zu bewegen, die Erklärung zu unterzeichnen.

1
  Die unterzeichnenden Staaten und Organisationen verpflichteten sich insbesondere dazu, bis Ende 2022 die
direkte internationale öffentliche Finanzierung von „unverminderten“ Öl-, Gas- und Kohleprojekten zu beenden.
2
  Entwurf eines Gesetzes zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und
weiteren Maßnahmen im Stromsektor.
3
  Wir erkennen an, dass Länder, die eine hohe Abhängigkeit von russischen Energie-Exporten haben, ihre fossile
Versorgung kurzfristig diversifizieren müssen, um ihre Abhängigkeit so schnell wie möglich zu reduzieren.
Angesichts der zumindest mittelfristig sehr hohen Gaspreise, hingegen nur moderat gestiegenen Kohlepreise ist
zentral, dass nun neue Investitionen in Kohle vermieden werden. Investitionen in Energieeffizienz und
Erneuerbare Energien hingegen sollten massiv beschleunigt werden und aus einer Klima- sowie
Kostenperspektive Vorrang gegenüber der fossilen Diversifizierung haben.
4
  Diese Zahl basiert auf der durchschnittlichen jährlichen Förderung fossiler Brennstoffe durch die internationalen
öffentlichen Finanzinstitutionen der Unterzeichnerstaaten für den Zeitraum 2018 bis 2020, wie sie von Oil Change
International in der Datenbank Shift the Subsidies zusammengestellt wurde - zuletzt ausführlich in dieser
Pressemitteilung. Die Daten sind staatlichen und anderen öffentlichen Berichten entnommen.
Die Internationale Energieagentur (IEA) und der Weltklimarat (IPCC) haben letztes Jahr verdeutlicht,
dass ein schneller Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen nötig ist, um das 1,5°C-Limit nicht zu
überschreiten. 5 Konkret macht die IEA in ihrem Net Zero Emissions Szenario sehr deutlich, dass keine
neuen Investitionen in die Versorgung mit fossilen Brennstoffen mehr möglich sind, um auf einem
1.5°C-Pfad zu bleiben. Ein Umlenken der staatlichen Unterstützung von fossilen Brennstoffen hin zu
gerechten und erneuerbaren Energiesystemen ist ein entscheidender Schritt, um diesen Pfad einhalten
zu können.

Deshalb sollte die Bundesregierung die Verpflichtung mit Integrität umsetzen und andere
Unterzeichnerstaaten und –organisationen, insbesondere die G7-Staaten, dazu ermutigen, das Gleiche
zu tun. Dabei sind drei Dinge von zentraler Bedeutung:

    1. die Erklärung sollte bis Ende dieses Jahres verbindlich umgesetzt werden;
    2. es sollten klare Richtlinien geschaffen werden, damit jegliche Investitionen in fossile
       Infrastruktur 1,5-Grad-kompatibel sind, und - etwa als vorübergehende Flexibilitätsoption -
       einen Beitrag zur notwendigen zügigen Transformation leisten.
    3. es sollten konkrete Schritte zur Erhöhung von internationalen Finanzmitteln zur Unterstützung
       einer Just Transition vorgelegt werden.

Während einige Unterzeichnerstaaten signalisierten, dass sie Gas als "Brückentechnologie" betrachten,
zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse, dass die meisten neuen Gasinvestitionen langfristige
Emissionen über das verbleibende CO2-Budget hinaus bedeuten würden. Dies schafft sowohl
wirtschaftliche als auch ökologische Risiken 6, die die Menschen im Globalen Süden am stärksten
treffen würden. 7

Um die in der Erklärung von Glasgow eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, fordern wir die
Bundesregierung auf, die folgenden Schritte bis zum Ende dieses Jahres zu vollziehen und regelmäßig
über die Fortschritte in den einzelnen Bereichen zu berichten:

    ●    Definition des Begriffs "unvermindert", um jeglichen Missbrauch oder die fortgesetzte
         Förderung von fossilen Brennstoffen zu vermeiden. Der beste Weg, Emissionen zu
         begrenzen, ist, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Wir verstehen die Aussage so, dass
         ausnahmslos alle neuen Upstream- und Midstream-Öl- und Gasfinanzierungen eingestellt
         werden sollen. Nur nachgelagerte Investitionen (Downstream) in fossile Brennstoffe, die
         bereits mit bewährter CO2-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS)
         oder Abscheidung, Nutzung und Speicherung (Carbon Capture Utilisation and Storage, CCUS)
         ausgestattet ist, sollten als "vermindert" (nicht CCS/CCUS-ready) eingestuft werden, und auch
         nur dann, wenn diese Technologien nicht mit Enhanced Oil Recovery (EOR) oder Enhanced
         Gas Recovery (EGR) kombiniert werden. Angesichts der Einschränkungen, der Umweltrisiken
         und der hohen Kosten, die mit der Ausrüstung von Kraftwerken mit CCS oder CCUS verbunden
         sind, gehen wir davon aus, dass die Unterzeichnerstaaten bis Ende nächsten Jahres praktisch
         jede neue direkte Unterstützung für fossile Brennstoffe im Ausland eingestellt haben werden.
         Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist aktuell bereits günstiger als die
         Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen mit CCS oder CCUS. Wenn heute gebaute
         Infrastruktur für fossile Brennstoffe später für saubere Brennstoffe verändert werden kann, ist

5
  Siehe IEA Net Zero by 2050: A Roadmap for the Global Energy Sector und IPCC AR6 Climate Change 2021
Summary for Policymakers.
6
  Siehe Paris Alignment of Gas? Climate-relevant risks across the gas supply chain.
7
  Siehe Africa's Fossil-Fuel Trap und Sky’s Limit Africa.
dies kostspielig und riskant und würde die Energiewende nur verzögern.                       Erneuerbare
          Alternativen hingegen sind weitgehend verfügbar und erschwinglich.

      ●   Sicherstellen, dass "begrenzte und klar definierte Ausnahmen" mit einem 1,5°C-Limit
          und den Zielen für nachhaltige Entwicklung in Einklang stehen. Die Unterzeichner sollten
          jede neue Unterstützung für langlebige Gasinfrastrukturen, mit der eventuellen Ausnahme von
          nicht dauerhaft laufenden Flexibilitätspuffern, ausschließen. Der weltweite Ausbau von
          Gasinfrastruktur ist unvereinbar mit einem 1,5°C-Pfad und stellt ein ineffektives Mittel dar, um
          den Bedürfnissen nach Energiezugang, Arbeitsplätzen oder Entwicklung gerecht zu werden. 8
          Weitere Gasinvestitionen würden die Länder auf CO2-intensive Entwicklungspfade festlegen
          und systemische Risiken für sogenannte stranded assets schaffen. Ausnahmen wie Flüssiggas
          zum Kochen oder Heizen und Generatoren für fossile Brennstoffe in Notfallsituationen sind in
          seltenen Fällen akzeptabel, wenn erneuerbare Alternativen nicht kostengünstiger sind.

      ●   Verpflichtung zu einer erheblichen und langfristigen Aufstockung der internationalen
          Unterstützung der Bundesregierung für eine Just Transition, wobei die
          einkommensschwachen Länder und Gemeinschaften, die am wenigsten für den Klimawandel
          verantwortlich und wahrscheinlich am stärksten davon betroffen sind, sowie diejenigen, die
          eine erhebliche Lücke beim Energiezugang aufweisen, Vorrang haben. Diese Unterstützung
          muss den Erfordernissen des Energiezugangs, der Schaffung von Arbeitsplätzen, des
          Wissenstransfers, der lokalen Eigenverantwortung, der Schuldengerechtigkeit und der
          nachhaltigen Entwicklung in den Ländern des Globalen Südens Rechnung tragen.

      ●   Eine Erhöhung der direkten Unterstützung für Projekte zur Nutzung fossiler Brennstoffe
          vor der Frist 2022 ist zu vermeiden. Dies würde die Wirksamkeit der Erklärung untergraben.

      ●   Sicherstellen, dass die Verpflichtung auch auf die indirekte Unterstützung für fossile
          Brennstoffe ausgeweitet wird, einschließlich Reformfinanzierung, technischer oder
          diplomatischer Unterstützung sowie Investitionen durch Finanzintermediäre (z. B. private
          Beteiligungsfonds). Indirekte Finanzierung und Reformfinanzierung machen über 50% des
          Portfolios einiger Finanzinstitutionen aus, und die Tendenz ist steigend.

      ●    Beendigung der proaktiven Lobbyarbeit und Erleichterung der Zusammenarbeit mit
           ausländischen Regierungen (z. B. über Botschaften), wenn diese Unterstützung die
           Produktion oder Nutzung fossiler Brennstoffe fördert - einschließlich der Lobbyarbeit zur
           Erteilung von Genehmigungen für Unternehmen zur Erkundung, Produktion oder zum Verkauf
           fossiler Brennstoffe.

      ●    Zusammenarbeit mit anderen Unterzeichnern, um eine wachsende Zahl von
           Unterzeichnern für die Erklärung zu gewinnen. Einige der größten öffentlichen Geldgeber
           für fossile Brennstoffe (Japan, Korea, China und Australien) und die meisten multilateralen
           Entwicklungsbanken haben die Erklärung noch nicht unterzeichnet, obwohl die Unterzeichner
           zusammen einen erheblichen Anteil der Stimmen in den multilateralen Entwicklungsbanken
           ausmachen.

8
    Step Off the Gas: International public finance, natural gas and clean alternatives in the Global South
●   Zementierung der in der Erklärung eingegangenen Verpflichtungen im Rahmen
    bestehender internationaler politischer Prozesse und Gremien, insbesondere im Rahmen
    der G7, der G20 und der OECD sowie in den multilateralen Entwicklungsbanken.

●   Ausweitung dieser Verpflichtung auf die Finanzierung, die die Bundesregierung im
    Inland bereitstellt. Aufgrund der aktuellen Umstände, hat die Bundesregierung angekündigt,
    die Energieversorgung stärker zu diversifizieren und bereits 2035 nicht nur aus Kohle und
    Kernkraft, sondern auch aus Gas in der Stromversorgung aussteigen zu wollen. Die inländische
    Unterstützung für fossile Brennstoffe sollte so schnell wie möglich ganz beendet werden und
    andere Unterzeichner dazu angehalten werden dasselbe zu tun.

●   Umsetzung eines Ziels für die Beendigung der Exportkreditfinanzierung für fossile
    Brennstoffe und für Länder, die fossile Brennstoffe produzieren und exportieren: mit weiteren
    Einschränkungen der Finanzierung durch öffentliche Schulden.

Öffentliche Mittel für Energieversorgung müssen so schnell wie möglich von fossilen Brennstoffen
hin zu sauberer Energie umgeleitet werden. Die Erklärung von Glasgow hat hohe Erwartungen
geweckt und muss nun wirksam umgesetzt werden. Als Zivilgesellschaft sind wir bereit, die
Bemühungen der Bundesregierung zu unterstützen, diese Initiative mit Integrität umzusetzen und
die Liste der Unterzeichner*innen zu erweitern.

Mit freundlichen Grüßen

Germanwatch
Heinrich-Böll-Stiftung
Klima-Allianz Deutschland
Climate Action Network Europe
Swedwatch
350 Silicon Valley
350.org
AbibiNsroma Foundation ANF
Accelerate Neighborhood Climate Action
Africa Institute for Energy Governance
Alliance for Empowering Rural Communities
Arab Watch Coalition
Asociacion Ambiente y Sociedad
AtEdible
BankTrack
Barranquilla+20
Both ENDS
Businesses for a Livable Climate
Call to Action Colorado
Call to Action Colorado
CatholicNetwork US
Centre for Citizens Conserving Environment & Management (CECIC)
CESTA Friends of the Earth El Salvador
Church Women United in New York State
Climate Emergency Institute
Climate Finance Group for Latin America and the Caribbean
Climate Justice Edmonton
ClimateFast
Coalition for Responsible Energy Development in New Brunswick (CRED-NB)
Colorado Businesses for a Livable Climate
Community for Sustainable Energy
Earth Action, Inc.
Ecoevoluciona
Environmental Defence Canada
Environmental Investigation Agency (EIA)
Fast For the Climate
Friends of the Earth US
Friends of the Earth, Sweden /Jordens Vänner
GFLAC
Global Witness
Gower St
Grand(m)others Act to Save the Planet GASP
Greater New Orleans Housing Alliance
Green House Collaboration Center
GreenFaith
Hub de Finanzas Sostenibles de Panamá
Hub Finanzas Sostenibles El Salvador
Indivisible Ambassadors
Innovea Development Foundation
Interstate 70 Citizens Advisory Group
Jubilee Australia Research Centre
Just Earth
Justice Institute Guyana Inc.
Littleton Business Alliance
Maan ystävät / Friends of the Earth Finland
Mayfair Park Neighborhood Association
Mental Health & Inclusion Ministries
milieudefensie
Montbello Neighborhood Improvement Association
Nonviolence International Canada
North Range Concerned Citizens
Oil Change International
Rainforest Action Network
RapidShift Network
RAVEN (Respecting Aboriginal Values and Environmental Needs)
Reclame Fossielvrij (Fossil Free Advertising)
ReCommon
Recourse
Sacred Earth Solar
Save EPA
Small Business Alliance
Social Tipping Point Coalitie
Solutions For Our Climate
Southwest Organization for Sustainability
Spirit of the Sun
Stand.earth
Sustainable Development Institute (SDI)
System Change Not Climate Change
The Climate Reality Project Latin America
The Council of Canadians
The Greens Movement of Georgia/FoE Georgia
Transnational Institute
Unite Metro North Denver
urgewald
VOY EN BICI Argentina
Wall of Women
Western Slope Businesses for a Livable Climate
Womxn from the Mountain
Working for Racial Equity
Concerned Citizens of Saint John
Jóvenes Parlamentarios de la región Ucayali
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