BERICHT DES REGIONALDIREKTORS - Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020-2021

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BERICHT DES REGIONALDIREKTORS - Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020-2021
Bericht des Regionaldirektors
                Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021    3

BERICHT DES REGIONALDIREKTORS
Die Arbeit des WHO-Regionalbüros
für Europa im Zeitraum 2020–2021
BERICHT DES REGIONALDIREKTORS - Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020-2021
Zusammenfassung
Dieser Bericht soll einen kurzen Überblick über die wichtigsten Tätigkeiten des WHO-Regionalbüros für Europa (WHO/Europa) seit
September 2020 geben. Die Arbeit von WHO/Europa in den vergangenen zwölf Monaten war am Europäischen Arbeitsprogramm 2020–
2025 – „Gemeinsam für mehr Gesundheit in Europa“ und seinen vier Flaggschiff-Initiativen sowie an den Zielvorgaben des Dreizehnten
Allgemeinen Arbeitsprogramms 2019–2023 (GPW 13) ausgerichtet. In dem Bericht wird die Arbeit anhand der drei Säulen des GPW 13 –
gesundheitliche Notlagen, allgemeine Gesundheitsversorgung und Gesundheit und Wohlbefinden – sowie der unterstützenden vierten
Säule, der Erhöhung der Zwecktauglichkeit von WHO/Europa, vorgestellt. Die Schilderung erfolgt jeweils vor dem Hintergrund der
COVID19-Pandemie, die der gesamten Organisation weiter ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit und Mobilisierung abverlangt hat.
© Weltgesundheitsorganisation 2021
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Regional Office for Europe; 2021.“
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BERICHT DES REGIONALDIREKTORS - Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020-2021
BERICHT
DES REGIONALDIREKTORS
   Die Arbeit des WHO-Regionalbüros
   für Europa im Zeitraum 2020–2021
BERICHT DES REGIONALDIREKTORS - Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020-2021
BERICHT DES REGIONALDIREKTORS - Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020-2021
Inhalt
Vorwort des Regionaldirektors..................................................................................................... 5

Einführung.................................................................................................................................... 9

Die Arbeit von WHO/Europa........................................................................................................ 11
      Zentrale Priorität 1: Allmähliche Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung...................... 13
      Zentrale Priorität 2: Schutz vor gesundheitlichen Notlagen........................................................................... 21
      Zentrale Priorität 3: Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden............................................................... 32

Schaffung eines zwecktauglichen WHO/Europa.......................................................................... 41
      Unterstützung der Gesundheitspolitik und entsprechender Führungs-kompetenz auf Länderebene......... 43
      Stärkung internationaler und subregionaler Partnerschaften........................................................................ 46
      Management und Mobilisierung von Finanzmitteln........................................................................................ 50
      Umgestaltung für mehr Wirkung und Agilität.................................................................................................. 52
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Abkürzungen
       Agenda 2030             Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
       CEI                     Mitteleuropäische Initiative
       COSI                    Initiative der Europäischen Region der WHO zur Überwachung
                               von Adipositas im Kindesalter
       COVID-19                Coronavirus-Krankheit
       ECDC                    Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle
                               von Krankheiten
       ECEH                    Europäisches Zentrum der WHO für Umwelt und Gesundheit
       EIA 2030                Europäische Impfagenda 2030
       ELA                     Europäische Akademie für Führungskompetenz
       EPW                     Europäisches Arbeitsprogramm 2020–2025 –
                               „Gemeinsam für mehr Gesundheit in Europa“
       ETAGE                   Europäischer Beirat für Immunisierungsfragen
       Fachlicher Beirat für   Fachlicher Beirat für Innovationen im Bereich
       nichtübertragbare       der nichtübertragbaren Krankheiten
       Krankheiten
       GUS                     Gemeinschaft Unabhängiger Staaten
       IEAOC                   Unabhängiger fachlicher Aufsichts- und Beratungsausschuss
       IMST                    Team für Unterstützung im Bereich Ereignis-Management
       IZRIIS                  Institut für Forschung, generationenübergreifende Beziehungen,
                               Gerontologie und Informations- und Kommunikationstechnologien
       Monti-Kommission        Paneuropäische Kommission für Gesundheit und nachhaltige
                               Entwicklung
       RC70                    70. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa
       SARS-CoV-2              Schweres akutes respiratorisches Syndrom-Coronavirus 2
       SCRC                    Ständiger Ausschuss des Regionalkomitees für Europa
       SDG                     Ziele für nachhaltige Entwicklung
       TAG                     Fachlicher Beirat
       Türkischer Rat          Kooperationsrat der türkischsprachigen Staaten
       UNDCO                   Büro der Vereinten Nationen für Entwicklungskoordination
       UNEP                    Umweltprogramm der Vereinten Nationen
       UNICEF                  Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
       WHE                     Programm der WHO für gesundheitliche Notlagen
       WHO/Europa              WHO-Regionalbüro für Europa
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Bericht des Regionaldirektors

                                                                            © WHO
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Vorwort des
Regionaldirektors
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Bericht des Regionaldirektors
6   Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021

                                Im vergangenen Jahr sagte ich zum Abschluss der 70. Tagung des WHO-

                        © WHO
                                Regionalkomitees für Europa (RC70), dass es schwierig sein werde, vorauszusehen,
                                was die kommenden zwölf Monate bringen würden. Jetzt wissen wir es.

                                Die Pandemie hat neue Herausforderungen mit sich gebracht und weiter in
                                verheerendem Maße zum Verlust von Menschenleben geführt. Neue Varianten haben
                                die Ausbreitung befeuert und die Gesellschaften an der Rückkehr in das einst normale
                                Leben gehindert.

                                Trotz der bestehenden Herausforderungen orientieren wir uns weiterhin an unserem
                                Ziel, unseren 53 Mitgliedstaaten bestmöglich zu dienen und auf eine bessere
                                Zukunft und mehr Gesundheit für die Bürger in der Europäischen Region der WHO
                                hinzuarbeiten. Wir haben Wege gefunden, um die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung
                                der Pandemie der Coronavirus-Krankheit (COVID19) zu unterstützen und gleichzeitig
                                weiter voranzukommen und weitere Fortschritte bei der Verwirklichung anderer
                                gesundheitlicher Ziele anzustreben und auch bei der Verwirklichung der wichtigsten
                                gesundheitlichen Prioritäten des Europäischen Arbeitsprogramms 2020–2025 –
                                „Gemeinsam für mehr Gesundheit in Europa“ (EPW) Fortschritte zu erzielen.

                                Während meines gesamten ersten Jahres als WHO-Regionaldirektor für Europa habe
                                ich mich auf ein motiviertes Team verlassen, das in seiner Arbeitsweise stets flexibel
                                ist und der Organisation sein Bestes gibt. Auch die Länderbüros haben im vergangenen
                                Jahr eine wesentliche Rolle gespielt, indem sie ihr Wissen unter sich ständig
                                verändernden Rahmenbedingungen verbreitet und dabei den Einsatz von Ressourcen
                                rationalisiert haben, um durch mehr Effizienz den Ländern besser dienen zu können.

                                Wir können aus diesem Moment der Geschichte viel lernen. Wenn wir umsichtig genug
                                sind, um aus dieser Pandemie die richtigen Lehren zu ziehen, dann glaube ich wirklich,
                                dass wir einen Wiederaufbau zum Besseren schaffen können. Das ist nicht nur eine
                                griffige Phrase, sondern ein Versprechen an die Menschen in der Europäischen Region,
                                an unsere Partnerorganisationen und an andere maßgebliche Akteure.
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© WHO

In den vergangenen zwölf Monaten hat das WHO-Regionalbüro für Europa
(WHO/Europa) 1 einige der hellsten Köpfe zusammengebracht, nicht nur um uns in
dieser gesundheitlichen Krise zu helfen, sondern auch um zur Bestimmung der für
uns wichtigsten Lehren beizutragen. Dies gilt in besonderem Maße für die Gruppe
renommierter Experten, die sich unter dem Vorsitz von Prof. Mario Monti, dem
Präsidenten der Bocconi-Universität und ehemaligen Mitglied der Europäischen
Kommission, in der Paneuropäischen Kommission für Gesundheit und nachhaltige
Entwicklung zusammengefunden hat. Die Umsetzung der Ergebnisse des Berichts
der Kommission wird zur Verbesserung der Notfallvorsorge und im Hinblick auf die
Verwirklichung der gesundheitsbezogenen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG)
wieder zurück auf Kurs führen und dabei den wachsenden Ungleichgewichten sowie
den zunehmenden Bedrohungen für unsere Umwelt entgegenwirken.

Während unser Blick auf die Zukunft gerichtet ist, sind wir fest entschlossen,
niemanden zurückzulassen und die im EPW festgelegten Ziele zu verwirklichen,
und werden uns dabei von dem neuen EPW-Messrahmen leiten lassen, der dem
Regionalkomitee auf dieser Tagung zur Zustimmung vorgelegt wird. Wie im weiteren
Verlauf dieses Berichts erläutert, ist es WHO/Europa unter erheblichen Anstrengungen
gelungen, den Herausforderungen dieses vergangenen Jahres gerecht zu werden und
die Bewältigungs- und Wiederaufbaumaßnahmen in den Ländern zu unterstützen.

1       Das WHO-Regionalbüro für Europa (WHO/Europa) besteht aus der Zentrale in Kopenhagen,
        40 Länderbüros, Außenstellen, Verbindungs- und Vertretungsbüros sowie sonstigen Unterbüros,
        einschließlich dreier subregionaler Schaltzentralen des Programms der WHO für gesundheitliche
        Notlagen (WHE), fünf ausgelagerten Fachzentren, einer von der WHO betreuten Partnerschaft
        sowie einem Büro zur Finanzierung der Gesundheitssysteme. Durch diese Stellen wird der
        Programmhaushalt 2022–2023 umgesetzt, und zwar mit Unterstützung durch ein breites
        Spektrum von Partnerschaften, darunter über 270 Kooperationszentren der WHO.
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                                Gleichzeitig haben wir vorrangig auch langfristige Pläne verfolgt, die eng mit dem
                                global ausgerichteten Dreizehnten Allgemeinen Arbeitsprogramm 2019–2023
                                (GPW 13) verknüpft sind.

                                Die Pandemie hat einen verheerenden Tribut gefordert, im Hinblick auf den Verlust
                                von Menschenleben und die Gesundheit all derer, die an durch COVID19 bedingten
                                Gesundheitsproblemen leiden, aber auch auf die psychische Gesundheit und die
                                weitreichenden wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Auswirkungen. Die
                                Regierungen sind zunehmend zu Haushaltskürzungen gezwungen, und die Fristen
                                für die Erfüllung unserer gesundheitlichen Ziele rücken unerbittlich näher. Dennoch
                                gibt es noch Grund zu Optimismus und Hoffnung.

                                Während meiner Reisen in der gesamten Europäischen Region der WHO hatte ich die
                                Ehre, viele Menschen kennenzulernen, die ich als „Super-Spreader“ von Solidarität und
                                Hoffnung bezeichnen möchte, zwei Eigenschaften, die in diesen schwierigen Zeiten so
                                dringend benötigt werden. Unsere an vorderster Linie tätigen Gesundheitsfachkräfte,
                                Epidemiologen, Gesundheitswissenschaftler und politischen Entscheidungsträger
                                tragen all dazu bei, Gesundheit und Wohlbefinden im Mittelpunkt staatlichen Handelns
                                zu halten, treten unermüdlich für Gesundheit, Chancengleichheit und Menschenrechte
                                ein, übernehmen eine Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel und weisen
                                uns so mutig den Weg nach vorne – darunter auch unsere königliche Schirmherrin,
                                Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Dänemark, deren vorbehaltlose
                                Unterstützung für WHO/Europa wir von ganzem Herzen zu schätzen wissen.

                                Die Pandemie wird in unserem kollektiven Gedächtnis tiefe Spuren hinterlassen.
                                Doch sie hat auch den Weg zu einem besseren, unschätzbar wichtigen neuen
                                Verständnis der Bedeutung von Gesundheit geebnet: dass Gesundheit eine zentrale
                                Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit von Volkswirtschaften und Gesellschaften
                                und ein Band zwischen den Menschen und unserem Planeten ist – und dass sie nie als
                                Selbstverständlichkeit hingenommen werden darf. Was auch immer die Zukunft bringt:
                                Wir waren noch nie besser gerüstet und noch nie so gut informiert über die besten
                                Wege zur Bewältigung künftiger Gefahren und Herausforderungen wie heute, nämlich
                                mit internationaler Solidarität, einer reformierten primären Gesundheitsversorgung
                                und einer regionsübergreifenden Zusammenarbeit.

                                Es bleibt noch viel zu tun, aber es gibt auch eine Vielzahl von Erfolgen zu feiern. So
                                freue ich mich, Ihnen diesen Bericht präsentieren und darin einige kurze Einblicke
                                in die Arbeit von WHO/Europa über die vergangenen zwölf Monate geben zu können.
Einführung

             WHO / Mukhsindzhon Abidzhanov
Bericht des Regionaldirektors
10                          Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021

     Dieser Bericht soll einen Überblick über einige                                    Der vorliegende Bericht orientiert sich an der
     der wichtigsten Aktivitäten von WHO/Europa von                                     Struktur des EPW, das vom Regionalkomitee im Jahr
     September 2020 bis September 2021 geben. Er                                        2020 als neuer Handlungsrahmen für WHO/Europa
     positioniert die Arbeit von WHO/Europa im Kontext                                  angenommen wurde und die Arbeit von WHO/Europa
     der globalen Familie der Vereinten Nationen und                                    am globalen GPW 13 ausrichtet. In dem Bericht werden
     vermittelt einen Eindruck von unserer Arbeitsweise –                               die Maßnahmen zu jeder der drei Säulen der dreifachen
     auf globaler Ebene, in den Regionen, sowie auf                                     Milliarden-Zielmarke des GPW 13 zusammengefasst:
     subregionaler und nationaler Ebene.                                                allgemeine Gesundheitsversorgung, gesundheitliche
                                                                                        Notlagen und Gesundheit und Wohlbefinden. Er
     In diesem Bericht soll keine umfassende Darstellung                                schildert die weiteren Fortschritte von WHO/Europa, die
     der Tätigkeit von WHO/Europa vorgenommen werden.                                   Länder in den Mittelpunkt seiner Arbeit zu stellen und
     Vielmehr sollte er in Verbindung mit der mündlichen                                seine eigene Zwecktauglichkeit zu verbessern, ganz
     Präsentation des Regionaldirektors auf dem RC71                                    in Einklang mit der unterstützenden vierten Säule des
     sowie mit den begleitenden Dokumenten für das RC71                                 GPW 13. Ferner wird über die bisherigen Vorbereitungen
     gelesen werden, etwa den Fortschrittsberichten,                                    für den Start der vier Flaggschiff-Initiativen des EPW
     in denen sich detaillierte Informationen zu den                                    berichtet und dabei die drei zentralen Ansprüche, die
     programmbezogenen Aktivitäten der letzten zwölf                                    die Arbeit von WHO/Europa in den vergangenen zwölf
     Monate finden. Vor allem die hier angeführten                                      Monaten geleitet haben – Förderung von Innovation,
     Beispiele für die Arbeit auf der Länderebene bieten                                Stärkung der Kooperation und Überwindung der
     nur punktuelle Einblicke in die unendliche Vielzahl an                             COVID19-Pandemie – miteinander verflochten,
     Maßnahmen der Länderbüros zur Unterstützung der                                    und so die Gesundheitsversorgung im Sinne eines
     Mitgliedstaaten.                                                                   Wiederaufbaus zum Besseren neu konzipiert.
     WHO / Research Institute of Influenza,

                                                                                         © WHO / Nurullaev Azizjon
     Russian Federation
© WHO / Costin Simion
Die Arbeit
von WHO/Europa
Bericht des Regionaldirektors
12   Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021

                                                                                          Nach dem beispiellosen Jahr 2020 verfolgte

                                                         © WHO / Noor / Sebastian Liste
                                                                                          WHO/Europa in der zweiten Hälfte des Jahres
                                                                                          2020 bis ins Jahr 2021 hinein einen Ansatz, der ein
                                                                                          zweigleisiges Vorgehen beinhaltete:

                                                                                           Bewältigung der anhaltenden
                                                                                           Herausforderungen in Verbindung mit COVID19
                                                                                           und

                                                                                           entschlossenes Handeln in Bezug auf andere
                                                                                           gesundheitliche Prioritäten und unentbehrliche
                                                                                           Gesundheitsleistungen.

                                                                                          Verschiedene gesundheitliche Notlagen in den
                                                                                          vergangenen zwölf Monaten haben erneut die
                                                                                          entscheidende Bedeutung von Gesundheit und
                                                                                          Wohlbefinden für die Gesellschaft unterstrichen.
                                                                                          Inmitten der Verwüstung bieten sie auch Chancen
                                                                                          zur Schaffung einer neuen Dynamik und zur
                                                                                          Unterstützung von nicht mit Notlagen verbundenen
                                                                                          gesundheitlichen Initiativen. Dies wurde in der
                                                                                          Zusammenarbeit von WHO/Europa mit Mitgliedstaaten
                                                                                          und Partnerorganisationen zur Erzielung von
                                                                                          Fortschritten bei den zentralen Prioritäten und
                                                                                          Flaggschiff-Initiativen des EPW wiederholt bestätigt.
                                                                                          Die folgenden Abschnitte bieten einen Überblick über
                                                                                          diese Arbeit.
Bericht des Regionaldirektors
                                                  Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021    13

                                                                                                                            © WHO / Jerome Flayosc
Zentrale Priorität 1:
Allmähliche Verwirklichung
einer allgemeinen
Gesundheitsversorgung

COVID19 hat die Gefahren und Tücken gesundheitlicher       die strategisch in ihr öffentliches Gesundheitswesen
Ungleichgewichte offengelegt und das seit Jahren beste     und in die primäre Gesundheitsversorgung investiert
Argument dafür geliefert, die Verwirklichung einer         haben, jeweils untermauert durch ausgereifte
allgemeinen Gesundheitsversorgung als vorrangiges          digitale Ökosysteme, die es ihnen ermöglichen,
Ziel anzustreben. Obwohl Gesundheit ein grundlegendes      die gesundheitliche Grundversorgung konsequent
Menschenrecht ist, haben jahrzehntelange Ungleich­         aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Maßnahmen
heiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung               zur Bewältigung der Pandemie zu intensivieren.
innerhalb der Europäischen Region zu Unterschieden
bei gesundheitlichen Resultaten geführt. Die Pandemie
                                                           Zugang zu einer hochwertigen
hat die besorgniserregende Realität der Ungleichheit
                                                           Gesundheitsversorgung
schonungslos offenbart, aber auch den Handlungsappell
lauter werden lassen. Die Verwirklichung einer
                                                           Die Pandemie hat die Gesundheitssysteme in der
allgemeinen Gesundheitsversorgung wird nicht nur
                                                           Europäischen Region in beispielloser Weise auf die
für die Bevölkerung eine Verbesserung von Gesundheit
                                                           Probe gestellt. Angesichts der – nach wie vor – anhaltend
und Lebensqualität insgesamt bewirken, sondern auch
                                                           extremen Belastung für das an vorderster Linie tätige
dafür sorgen, dass die Länder und Regionen besser für
                                                           Personal hat die WHO das Jahr 2021 zum Internationalen
künftige gesundheitliche Notlagen gerüstet sind. Eine
                                                           Jahr der Gesundheits- und Pflegefachkräfte ausgerufen.
weitere deutliche Erkenntnis aus der Pandemie lautet,
                                                           Im Juni 2021 hat WHO/Europa zusammen mit dem
dass es insgesamt solchen Länder besser ergangen ist,
Bericht des Regionaldirektors
14     Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021

     Regionalbüro für Südostasien und dem Regionalbüro             Strategien und Handlungsrahmen zu unterstützen,
     für den östlichen Mittelmeerraum einen hochrangigen           ein Innovationszentrum für den Austausch neuartiger
     politischen Dialog zum Thema „Grenzüberschreitende            Lösungsansätze einzurichten, Forschungsergebnisse
     Mobilität von Gesundheitsfachkräften“ veranstaltet,           und Erkenntnisse in praktisch anwendbares Wissen
     bei dem Mobilitätsmuster vor und nach der COVID19-            umzusetzen und Bündnisse aufzubauen.
     Pandemie sowie neue Herausforderungen und Chancen
     in Bezug auf eine ethisch vertretbare Anwerbung und           In den vergangenen zwölf Monaten hat eine
     Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern                 beeindruckende       Umgestaltung    der    primären
     erörtert wurden.                                              Gesundheitsversorgung auf der Ebene der Länder
                                                                   stattgefunden. Die Länder haben die Gelegenheit
     WHO/Europa hat insgesamt zwölf Mitgliedstaaten in den         ergriffen, langfristige Konzepte zur Stärkung der
     Bereichen Personalplanung und Leistungsmanagement             primären Gesundheitsversorgung zu forcieren,
     im      Gesundheitswesen,     Gesundheitserziehung,           etwa durch Ergänzung der Teams in der primären
     Datenerhebung, -analyse und -überwachung sowie in             Gesundheitsversorgung um Sozialarbeiter und
     Bezug auf die künftige Entwicklung der Pflegeberufe           Fachkräfte für psychische Gesundheit für einen
     fachlich unterstützt.                                         ganzheitlicheren Ansatz und durch Investitionen in
                                                                   mobile Teams und digitale Angebote im Sinne von mehr
     Im März 2021 organisierte WHO/Europa die zweijährige          Bürgernähe und um die schutzbedürftigen Gruppen zu
     Tagung der obersten Beauftragten für das Pflege-              erreichen. WHO/Europa hat insgesamt 15 Länder bei
     und Hebammenwesen, des Europäischen Forums                    der Stärkung der Handlungsfähigkeit der primären
     der nationalen Pflege- und Hebammenverbände und               Gesundheitsversorgung direkt unterstützt; dabei lagen
     der WHO-Kooperationszentren in der Europäischen               die Schwerpunkte auf den Ländern Zentralasiens, der
     Region (virtuelle Tagung am 24. und 25. März 2021).           Kaukasusregion, Osteuropas und des Westbalkans
     Im Rahmen der Tagung wurden die regionsweiten                 und es ging um die Aufrechterhaltung einer Reihe
     Herausforderungen, Prioritäten und Chancen in                 vorrangiger unentbehrlicher Leistungen sowie um
     Bezug auf die Globalen strategischen Leitlinien für die       Hilfe bei der Bekämpfung von COVID19.
     Stärkung des Pflege- und Hebammenwesen (2016–2020)
     erörtert, die in dem Fahrplan für das Pflege- und             Im Frühjahr hielt der Regionaldirektor eine Rede vor
     Hebammenwesen in der Europäischen Region 2021                 dem Rat der Gesundheitsminister der Gemeinschaft
     Berücksichtigung finden sollen.                               Unabhängiger Staaten (GUS), in der er die Bedeutung
                                                                   der primären Gesundheitsversorgung für den
     Im April 2021 richtete WHO/Europa in Athen das                Zugang zur Gesundheitsversorgung während der
     Kompetenzzentrum der Europäischen Region der WHO              Pandemie hervorhob und die führenden Politiker dazu
     für Versorgungsqualität und Patientensicherheit ein.          aufforderte, sich erneut zur Bedeutung der primären
     Dessen Auftrag besteht darin, die Schaffung nationaler        Gesundheitsversorgung zu bekennen.
Bericht des Regionaldirektors
                                                 Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021    15

Zur Hervorhebung der Bedeutung der primären

                                                          © WHO / Iliana Colonna
Gesundheitsversorgung startete das Europäische
Zentrum der WHO für primäre Gesundheitsversorgung
in Almaty (Kasachstan) die erfolgreiche monatliche
Webinar-Reihe „Let’s Talk Primary Health Care“ im
Format einer Talk-Show in englischer und russischer
Sprache. Das Ziel dieser Reihe bestand darin,
Kontakte mit für die primäre Gesundheitsversorgung
zuständigen Sonderarbeitsgruppen in verschiedenen
Ländern der Europäischen Region herzustellen
und einen regelmäßigen länderübergreifenden
Dialog über Bedeutung und Zukunft der primären
Gesundheitsversorgung in Gang zu bringen. Bisher
haben sich an dieser Reihe Teilnehmer aus mehr als
40 Ländern beteiligt.

Im Juni 2021 startete WHO/Europa zusammen mit
unserem Kooperationszentrum am Medizinischen
Zentrum     der   Universität    Amsterdam       eine
Schulungsreihe über Leistungsüberwachung und
Leistungsmanagement im Bereich der primären               Die Pandemie hat schonungslos die Defizite im
Gesundheitsversorgung. An der ersten Runde nahmen         Pflegewesen der Länder der Europäischen Region
Teams aus sechs Ländern (Georgien, Lettland,              offenbart, was in einigen Ländern eine Überprüfung
Litauen, Kasachstan, der Ukraine und Usbekistan)          des Bedarfs zur Folge hatte. In den vergangenen zwölf
teil, die maßgeschneiderte Unterstützung in Form          Monaten hat WHO/Europa Frankreich und Slowenien
von Workshops und gezielter Betreuung erhielten.          bei der Einrichtung von Systemen der Langzeitpflege
Darüber hinaus hat WHO/Europa mit Unterstützung           für ältere Menschen unterstützt, die den Bedürfnissen
durch die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung intensiv        einer rapide alternden Bevölkerung besser gerecht
mit Kasachstan, den Niederlanden, Rumänien,               werden; dazu sind bessere Leistungsangebote
Tadschikistan und dem Vereinigten Königreich              erforderlich, die es mehr Menschen ermöglichen,
Großbritannien und Nordirland zusammengearbeitet,         länger unabhängig zu leben, und bei denen ein
um die Folgen der Störung der gesundheitlichen            besonderes Augenmerk darauf gerichtet wird,
Versorgung von Müttern und Kindern durch COVID19          dass Menschen mit Demenzerkrankungen nicht
zu untersuchen und Wege zu ihrer künftigen Milderung      zurückgelassen werden.
zu finden.
Bericht des Regionaldirektors
16     Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021

     KASTEN 1: FLAGGSCHIFF-INITIATIVE: DIE BEFÄHIGUNG ZU
     SELBSTBESTIMMTEM HANDELN MIT HILFE DIGITALER GESUNDHEITSANGEBOTE
     Im Rahmen dieser Flaggschiff-Initiative unterstützt WHO/Europa die Mitgliedstaaten dabei, digitale
     Technologien im Rahmen der nationalen Reaktion auf die Pandemie sowie zur Gewährleistung der Kontinuität
     von Gesundheitsangeboten mithilfe innovativer Lösungen anzuwenden.

     Als die Region der WHO, in der digitale Technologien zur Kontaktverfolgung am umfassendsten genutzt
     werden – dies ist in mindestens 31 von 53 Ländern der Fall –, hat WHO/Europa zusammen mit dem
     Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und dem WHO-
     Hauptbüro einen richtungsweisenden Leitfaden verfasst, um die Effektivität dieser Technologien für das
     öffentliche Gesundheitswesen zu beurteilen. Damit wurde weltweit erstmals ein Bezugswert für die Messung
     der Nutzung und Wirksamkeit einer digitalen Kontaktverfolgung als integraler Bestandteil der Reaktion des
     öffentlichen Gesundheitswesens auf die Pandemie entwickelt.

     Darüber hinaus war WHO/Europa im Namen einer Koalition von Partnerorganisationen der Vereinten Nationen
     federführend bei einer erfolgreichen Bewerbung um ein wegweisendes Pilotprojekt in Georgien, das auf die
     Minderung der Folgen von COVID19 durch Telemedizin und digitale Gesundheitsangebote abzielt und die
     Einführung eines neuen Modells für die primäre Gesundheitsversorgung ermöglichen soll. In Lettland hat
     WHO/Europa das Gesundheitsministerium fachlich bei der Bewertung der Digitalisierung, der Feststellung
     von Defiziten und der Ausarbeitung eines Entwurfs einer nationalen Strategie für die digitale Umgestaltung
     unterstützt. In Rumänien hat WHO/Europa LENA entwickelt, eine mobile App, die Gesundheitsfachkräften
     eine Handlungsanweisung für Gespräche mit Patienten über impfbezogene Aspekte liefert.

     WHO/Europa hat auch Verbesserungen an seiner in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit dem
     Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) entwickelten mobilen App HealthBuddy+ eingeführt. Die
     multifunktionale Informationsplattform stellt mithilfe von maschinellem Lernen, künstlicher Intelligenz und
     einer kontinuierlichen Überprüfung von Fakten bedarfsgerecht evidenzbasierte Informationen zu COVID19
     für die Öffentlichkeit zusammen, und zwar in 22 Sprachen.

     Durch die Überbrückung von Unterschieden zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor inner-
     und außerhalb der Region können Maßnahmen zum Ausbau der Interoperabilität sowie die Nutzung
     von Gesundheitsdaten erheblich beschleunigt werden. Im August 2021 besuchte der Regionaldirektor
     die Vereinigten Staaten von Amerika und hatte verschiedentlich Gelegenheit, neue transatlantische
     Partnerschaften für die digitale Gesundheit aufzubauen, die im Hinblick auf die Vereinheitlichung und
     Abstimmung von Maßnahmen zur Verwirklichung der strategischen Ziele der Flaggschiff-Initiative für digitale
     Gesundheit überaus vielversprechend sind.
Bericht des Regionaldirektors
                                                Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021    17

Finanzielle Härten aufgrund von Zahlungen                Diese erstmals in dieser Form durchgeführte Analyse
aus eigener Tasche                                       verdeutlicht, dass wirtschaftliche Erschütterungen
                                                         langfristige negative Auswirkungen auf die staatlichen
Die Bedeutung einer finanziellen Absicherung für die     Gesundheitsausgaben haben. Zwischen 2013 und
Bekämpfung von Ungleichgewichten beim Zugang             2018, nach der Erholung von der globalen Finanzkrise,
zur Gesundheitsversorgung wurde im April 2021            wuchsen in den meisten Ländern der Europäischen
deutlich, als das Büro der WHO zur Finanzierung          Region mit niedrigerem mittlerem Volkseinkommen
der Gesundheitssysteme in Barcelona seinen neuen         sowie in rund der Hälfte der Länder mit gehobenem
Bericht mit dem Titel „Gesundheitsausgaben in der        mittlerem bzw. hohem Volkseinkommen die Zahlungen
Europäischen Region: der Beginn einer neuen Ära“         aus eigener Tasche für Gesundheit schneller als die
veröffentlichte, die erste eingehende Analyse der        öffentlichen Gesundheitsausgaben. Kürzungen im
Gesundheitsausgaben in allen 53 Mitgliedstaaten der      Gesundheitsetat und bei den Leistungsansprüchen
Europäischen Region in fast zwei Jahrzehnten. In dem     haben in den Ländern und insgesamt in der
Bericht werden die wichtigsten Muster und Trends in      Europäischen Region die Fortschritte auf dem Weg zu
folgenden Bereichen untersucht:                          einer allgemeinen Gesundheitsversorgung untergraben.
                                                         Es ist für die Länder schwierig, eine starke finanzielle
•   Gesundheitsausgaben vor der Pandemie;
                                                         Absicherung      bereitzustellen,   wenn    Zahlungen
•   der Stellenwert von Gesundheit im Rahmen             aus eigener Tasche mehr als 15% der aktuellen
    der Staatsausgaben und die ungünstigen               Gesundheitsausgaben ausmachen. Gleichzeitig hat sich
    Auswirkungen von Zahlungen aus eigener Tasche        die Kluft zwischen Ländern mit hohem und Ländern mit
    auf die finanzielle Absicherung;                     mittlerem Volkseinkommen hinsichtlich der Fähigkeit,
                                                         die Menschen vor finanziellen Härten zu schützen und
•   obligatorische Regelungen zur
                                                         den ungedeckten Bedarf zu decken, stetig ausgeweitet.
    Gesundheitsfinanzierung und deren Auswirkungen
                                                         Die Ergebnisse des Berichts unterstreichen, wie
    auf Fortschritte bei der Verwirklichung einer
    allgemeinen Gesundheitsversorgung;

•   Ausgaben für die primäre Gesundheitsversorgung;
                                                         © WHO / Volodymyr Shuvayev

    und

•   die Auswirkungen der COVID19-Pandemie auf die
    Gesundheitsausgaben und die Rolle staatlicher
    Politik bei der Abfederung der negativen Folgen
    der Pandemie und bei der Förderung der
    Widerstandsfähigkeit von Gesundheitssystemen.
Bericht des Regionaldirektors
18     Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021

     wichtig es ist, Gesundheit zu einer politischen Priorität                   Darüber hinaus hat WHO/Europa Usbekistan bei der
     zu machen, wie dies auch in dem Handlungsappell                             Entwicklung und Annahme eines wegweisenden
     der Paneuropäischen Kommission für Gesundheit                               Gesetzespakets zur Förderung einer umfassenden
     und nachhaltige Entwicklung zum Ausdruck kommt.                             Reform     der     Gesundheitsfinanzierung     und
     Regierungen, die trotz zu erwartender Sparzwänge                            Leistungserbringung fachlich unterstützt, die auf
     bereit sind, Gesundheit und Wohlbefinden in den                             eine Verbesserung der finanziellen Absicherung und
     Mittelpunkt des Wiederaufbaus nach COVID19 zu stellen,                      des Zugangs zu einer hochwertigen evidenzbasierten
     sollten tatkräftige Unterstützung von internationalen                       primären Gesundheitsversorgung abzielt.
     Finanzinstitutionen und der Öffentlichkeit erhalten,
     da Umfragen durchgehend zeigen, in welchem Maße
                                                                                 Zugang zu Arzneimitteln,
     die Menschen staatliche Investitionen in Gesundheit
                                                                                 Impfstoffen und Diagnostika
     wertschätzen.

                                                                                 Die im September 2020 zusammen mit dem
     In den vergangenen zwölf Monaten hat WHO/
                                                                                 norwegischen Ministerium für Gesundheit und Pflege
     Europa in 14 Ländern fachliche Hilfe mit
                                                                                 und der norwegischen Arzneimittelagentur gestartete
     Schwerpunkt auf der Reduzierung von Zahlungen
                                                                                 Oslo-Initiative für Arzneimittel bietet ein Forum für
     aus eigener Tasche geleistet und für Albanien,
                                                                                 den Entwurf einer neuen gemeinsamen Zukunftsvision
     Finnland, Georgien, Nordmazedonien, die Republik
                                                                                 für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und
     Moldau und Zypern detaillierte Analyseberichte
                                                                                 privatem Sektor mit dem Ziel der Schaffung eines
     mit    Grundsatzempfehlungen   in   Bezug     auf
                                                                                 chancengleichen und nachhaltigen Zugangs zu
     Leistungsansprüche,   Zugang    und    finanzielle
                                                                                 wirksamen neuartigen hochpreisigen Medikamenten.
     Absicherung erstellt.
                                                                                 Im Rahmen dieser Initiative fand im Januar 2021 eine
                                                                                 informelle Konsultation statt, an der 114 Vertreter von
                                                                                 33 Mitgliedstaaten teilnahmen, um die Aufgaben und
                                                                                 Zuständigkeiten des öffentlichen und privaten Sektors in
                                                                                 verschiedenen Ländern zu erörtern und Rückmeldungen
                                                                                 zu den Vorschlägen für die Weiterführung der Initiative
                                                                                 einzuholen. Im April 2021 fand eine Konsultation
                                                                                 mit nichtstaatlichen Akteuren im Rahmen der Oslo-
                                                           © WHO / Malin Bring

                                                                                 Initiative für Arzneimittel statt. Im Juni 2021 wurde
                                                                                 der Regionaldirektor von der International Federation
                                                                                 of Pharmaceutical Manufacturers and Associations
                                                                                 und der European Federation of Pharmaceutical
                                                                                 Industries and Associations zur Vorstellung der Oslo-
Bericht des Regionaldirektors
                                                  Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021        19

Initiative für Arzneimittel und zu ihrer Erörterung mit    zu unterstützen. Integrierte Teams werden den
den Vorstandsvorsitzenden der größten Unternehmen          Entwicklungsbedarf in den Managementsystemen
der biopharmazeutischen Industrie eingeladen. Dabei        der Lieferketten feststellen und dabei deren Stärken,
ging es um die zentrale Frage, wie die Branche zur         Schwächen und Möglichkeiten als Grundlage für die
erfolgreichen Umsetzung der Initiative beitragen           Vorbereitung und Umsetzung von Verbesserungsplänen
kann, und um die Vereinbarung von Leitgrundsätzen          identifizieren und quantifizieren.
für öffentlich-private Partnerschaften auf dem Weg
zu einem neuen sozialen Pakt für einen nachhaltigen        Die Notwendigkeit, die Arzneimittelsicherheit und einen
Zugang zu bezahlbaren, innovativen Arzneimitteln.          chancengleichen Zugang zu Impfstoffen zu gewährleisten
                                                           und gleichzeitig die nationalen Gesundheitssysteme
WHO/Europa und die Abteilung Versorgung von                zu stärken, wurde während des einwöchigen Besuchs
UNICEF haben mit Unterstützung durch den Globalen          des Regionaldirektors in der Russischen Föderation
Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und             zum Internationalen Wirtschaftsforum in Sankt
Malaria (Globaler Fonds) ihre fachlichen Ressourcen        Petersburg noch deutlicher hervorgehoben. Bei
und ihren Sachverstand zusammengeführt, um                 dessen Eröffnungsveranstaltung, dem Forum zur
die Gesundheitsbehörden von fünf Ländern –                 Arzneimittelsicherheit, unterstrich der Regionaldirektor
Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, der Republik          die Bedeutung gesundheitlicher Chancengleichheit und
Moldau und Usbekistan – bei der Optimierung ihrer          internationaler Zusammenarbeit für die Gewährleistung
Lieferketten für eine zeitnahe Bereitstellung von          eines chancengleichen Zugangs zu unentbehrlichen
Arzneimitteln und anderen Gesundheitsprodukten             Leistungen, Arzneimitteln und Technologien.

                                                                                                                   © WHO
Bericht des Regionaldirektors
20     Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021

     KASTEN 2: FLAGGSCHIFF-INITIATIVE ZUR PSYCHISCHEN GESUNDHEIT:
     UNTERSUCHUNG DER AUSWIRKUNGEN VON COVID19 AUF
     DIE PSYCHISCHE GESUNDHEIT
     Angesichts der verstärkten Schwerpunktlegung auf die psychische Gesundheit in der Europäischen Region
     infolge der COVID19-Pandemie und der damit verbundenen Beschränkungen wurde im Februar 2021 im
     Rahmen der EPW-Flaggschiff-Initiative „Bündnis für psychische Gesundheit“ ein fachlicher Beirat eingerichtet,
     der sich aus einschlägigen Experten, an vorderster Linie tätigen Fachkräften, Nutzern von Angeboten im
     Bereich der psychischen Gesundheit und Überlebenden einer COVID19-Infektion zusammensetzt. Ziel des
     Beirats war es, die Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit zu untersuchen, angemessene
     Ratschläge und Empfehlungen an die Mitgliedstaaten abzugeben und den zuständigen nationalen Behörden
     wesentliche Gegenmaßnahmen vorzuschlagen.

     Der fachliche Beirat fand Belege für erhöhte Raten psychischer Belastung und psychischer
     Gesundheitsprobleme und konnte auch belegen, dass bestimmte Gruppen einem höheren Risiko für
     Auswirkungen auf die psychische Gesundheit ausgesetzt sind, etwa Frauen, jüngere Menschen und
     Personen mit bereits bestehenden psychischen Gesundheitsproblemen, dass Menschen mit niedrigerem
     Bildungsniveau und geringerem Einkommen sowie Alleinlebende oder mit Kindern Lebende ein erhöhtes
     Risiko für Angstzustände und Depressionen aufweisen und dass die psychische Gesundheitsversorgung in
     38% der Länder der Europäischen Region erheblich und in fast der Hälfte der Länder zumindest teilweise
     beeinträchtigt war. Dies umfasste etwa die Einstellung von Angeboten, Personalabbau und eine geringere
     Inanspruchnahme von Angeboten durch Patienten.

     Die Empfehlungen des Beirats wurden auf dem Gipfel über die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung
     der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit und die Gesundheitsversorgung
     in der Europäischen Region der WHO in Athen vorgestellt, der am 22. und 23. Juli 2021 von WHO/Europa
     zusammen mit der griechischen Regierung ausgerichtet wurde. Der Gipfel, bei dem die erforderlichen
     Maßnahmen zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID19-Pandemie auf die psychische Gesundheit und
     die Gesundheitsversorgung im Mittelpunkt standen, war die erste von WHO/Europa organisierte internationale
     Veranstaltung im Hybrid-Format seit Beginn der Pandemie und verzeichnete 140 Teilnehmer (70 Präsenz-
     Teilnehmer in Athen und weitere 70 Online-Teilnehmer) aus 29 Mitgliedstaaten. Auf dem Gipfel wurde eine
     gemeinsame Erklärung angenommen, mit der eine nachdrückliche Botschaft darüber ausgesandt wurde, wie
     wichtig es ist, die psychische Gesundheit in den Mittelpunkt des wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbaus
     zu stellen. Gleichzeitig wurden darin die Lehren aus der Pandemie berücksichtigt und eine umfassende
     Reform der psychischen Gesundheitsversorgung gefordert. Der Inhalt der Erklärung prägte zudem das
     fachliche Paket, das auf dem RC71 vorgestellt werden soll.
Bericht des Regionaldirektors
                                                     Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021    21

Zentrale Priorität 2:
Schutz vor
gesundheitlichen Notlagen

                                                                                                                               © WHO / Ruziev M.
Das vergangene Jahr stand im Zeichen der Fortsetzung          Impfstrategien gegen COVID19 und ihre
der schlimmsten gesundheitlichen Notlage, die die             Durchführung
Welt seit einem Jahrhundert erlebt hat. Von Januar
2020 bis zum 22. August 2021 hat die Europäische              Im Rahmen der Europäischen Impfagenda 2030 (EIA
Region insgesamt mehr als 60 Mio. bestätigte Fälle            2030), einer der Flaggschiff-Initiativen des EPW,
und über 1,3 Mio. Todesfälle registriert. In jüngster Zeit    wurde eine ausgewogene und gerechte Verteilung
hat die Entstehung neuer Varianten die Bekämpfung             von Impfstoffen und Impfungen gegen COVID19 als
der Pandemie weiter erschwert und verdeutlicht, dass          ein wirksames Instrument zur Eindämmung der
COVID19 das Leben in der Region noch für einige Zeit          Pandemie aufgenommen. Nach ihrer Entwicklung
prägen wird. Vor diesem Hintergrund hat WHO/Europa            und Zulassung wurden Impfstoffe schnell zur
seine Arbeit zur Vorbereitung und zum Schutz der              stärksten Waffe der Europäischen Region – und
Länder in der Region vor – der gegenwärtigen wie auch         der ganzen Welt. WHO/Europa begann damit, die
künftigen – gesundheitlichen Notlagen fortgesetzt.            Mitgliedstaaten bei den Vorbereitungen auf den Einsatz
                                                              der Impfstoffe zu unterstützen: durch Festlegung
                                                              geeigneter Impfstrategien zum Schutz besonders
                                                              gefährdeter Bevölkerungsgruppen und den Aufbau
                                                              von Kapazitäten in den Gesundheitsberufen. Dies
                                                              beinhaltete folgende Elemente:
Bericht des Regionaldirektors
22       Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021

     •   Zusammenarbeit mit dem Europäischen Beirat                  Akteure auf regionsweiter und nationaler Ebene
         für Immunisierungsfragen (ETAGE), der das                   in der Lage, zusammen mit den Ländern Defizite
         Programm für impfpräventable Krankheiten und                in den Programmbereichen zu ermitteln, die mit
         Immunisierung bei WHO/Europa unabhängig                     der energischen Einführung und Umsetzung von
         fachlich beraten soll, zum Zwecke der                       Impfungen gegen COVID19 verknüpft sind und in denen
         Skizzierung von insgesamt zehn strategischen                Handlungsbedarf besteht.
         Programmbereichen, die jedes Land prüfen und
         im Interesse einer effizienten Impfkampagne                 Die ersten Länder in der Europäischen Region begannen
         umsetzen muss;                                              Ende Dezember 2020 mit der Impfung gegen COVID19.
                                                                     Dabei wurden Gesundheitspersonal, Senioren und
     •   Durchführung von mehr als 40 fachlichen
                                                                     Personen mit Vorerkrankungen vorrangig behandelt.
         Webinaren zum Kapazitätsaufbau in jedem der
                                                                     Danach erhielten auch andere Bevölkerungsgruppen
         fachlichen Programmbereiche, die von über 3400
                                                                     Zugang zu den Impfungen. Der online verfügbare
         Teilnehmern absolviert wurden;
                                                                     COVID-19-Impfprogramm-Monitor von WHO/Europa
     •   Entwicklung einer Online-Plattform für                      ermöglicht eine Mitverfolgung der gemeldeten
         Gesundheitspersonal, andere Fachkräfte und die              Impfdaten nach Altersgruppe in 51 Mitgliedstaaten in
         Öffentlichkeit zur Beantwortung der häufigsten              der Europäischen Region.
         Fragen über Impfungen und Impfstoffe, mit
         mehr als 30 kurzen Videoclips und Podcasts in               Mit Stand von Mitte August 2021 hatten nach offiziellen
         englischer, russischer, spanischer, tschechischer           und inoffiziellen Daten aus allen Mitgliedstaaten 47%
         und ukrainischer Sprache;                                   der Bevölkerung der Europäischen Region die erste
                                                                     Dosis Impfstoff und 38% die vollständige Impfung
     •   Erstellung und Überarbeitung
                                                                     gegen COVID19 erhalten. Gegenwärtig ist innerhalb
         impfstoffspezifischer Arbeitshilfen und
                                                                     der Europäischen Region die Inanspruchnahme in
         Faktenblätter, um dem Gesundheitspersonal die
                                                                     der Altersgruppe von 70 bis 79 Jahren am höchsten
         nötigen fachlichen Informationen an die Hand zu
                                                                     und liegt bei 82,5%. Die niedrigste Quote hat die
         geben; und
                                                                     Altersgruppe von 18 bis 24 Jahren mit 34,1%.
     •   Schaffung und Verbreitung von Inhalten in den
         sozialen Medien, u. a. durch die Kampagne „100              Um die Wirkung der verfügbaren Impfstoffe auf
         Tage zur Impfung des Gesundheitspersonals“.                 die Epidemiologie von COVID19 zu maximieren
                                                                     und die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit
     Aufgrund der aus 48 Mitgliedstaaten eingegangenen               des Gesundheitswesens zu gewährleisten, wurden
     Informationen zur Bereitschaftsplanung waren                    Gesundheitsfachkräfte  und   ältere  Menschen
     die WHO, UNICEF und andere maßgebliche                          als vorrangige Zielgruppen für die nationalen
Bericht des Regionaldirektors
                                                  Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021    23

Impfstrategien empfohlen. Mit Stand von Mitte              und arbeiten eng mit UNICEF, den Residierenden
August 2021 hatten nach den vorliegenden Daten             Koordinatoren der Vereinten Nationen sowie
aus 34 Mitgliedstaaten der Europäischen Region 83%         Delegationen der Europäischen Union (EU) zusammen.
des Gesundheitspersonals die erste Dosis Impfstoff
und 73% die vollständige Impfung gegen COVID-19            Um die Kluft in der Impfstoffversorgung so weit wie
erhalten. Als eine vorrangige Bevölkerungsgruppe           möglich zu schließen, schuf der Regionaldirektor
hatten 74% der Altersgruppe über 60 Jahre die erste        die Initiative COVAX-Plus und ernannte einen
Dosis und 69% die vollständige Impfung erhalten.           Sonderberater      für    Impfkampagnen        gegen
                                                           COVID19. Demnach fungiert WHO/Europa als eine
Seit Beginn der Impfkampagne im ersten Land der            Vermittlungsplattform zwischen Ländern mit einem
Region mit Unterstützung durch den ETAGE wurden            Überschuss an Impfstoffen und solchen, die das
knapp 800 Mio. Dosen COVID19-Impfstoff verabreicht.        vom ETAGE festgelegte Ziel einer Durchimpfung
Trotz der enormen Anstrengungen der Länder in der          von 80% bisher weit verfehlen. Die unmittelbare und
Region zur Bereitstellung von Impfstoffen gegen            anhaltende Reaktion auf Bitten von WHO/Europa um
COVID19 für ihre Bevölkerung gibt es eklatante             bilaterale Spenden von Impfstoffen – als Ergänzung
Ungleichgewichte in Bezug auf die Inanspruchnahme          zur COVAX-Fazilität – ist ein großartiger Erfolg des
der Impfungen. So hatten mit Stand vom 10. August 2021
nur 13% der Bevölkerung in Ländern mit niedrigem bis
                                                           © WHO

niedrigerem mittlerem Volkseinkommen eine Dosis
Impfstoff erhalten, verglichen mit 62% in Ländern mit
hohem Volkseinkommen. Diese Diskrepanz zeigt sich
auch zwischen verschiedenen Altersgruppen sowie
zwischen einzelnen Ländern.

Seit März 2021, als die COVAX-Fazilität zunächst in der
Republik Moldau mit der Bereitstellung von Impfstoffen
für Länder der Europäischen Region begann, wurden
insgesamt 13,1 Mio. Dosen COVID19-Impfstoff an
16 Mitgliedstaaten in der Region geliefert. Darüber
hinaus haben einige Länder der Europäischen Region
bilaterale Spenden aus Nachbarländern erhalten,
auch über Impfstoffspenden an die COVAX-Fazilität.
Vertreter der WHO und die Länderbüros spielen bei der
Koordinierung der Impfkampagnen eine Schlüsselrolle
Bericht des Regionaldirektors
24     Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021

     gesamteuropäischen Unterfangens, zeugt aber                                                                   Notfallmaßnahmen
     auch von einer globalen Solidarität, die oft über die
     Europäische Region hinausgeht.                                                                                Schon seit der ersten Phase der Pandemie bemüht
                                                                                                                   sich WHO/Europa mit innovativen Lösungsansätzen um
     Darüber hinaus wurde die Zusammenarbeit zwischen                                                              Unterstützung der Länder bei ihren Notfallmaßnahmen.
     der Europäischen Kommission und WHO/Europa im                                                                 WHO/Europa      hat     täglich    auf    verschiedenen
     Rahmen der mit 40 Mio. € ausgestatteten Initiative                                                            Plattformen und Kanälen Lageberichte zu COVID19,
     „Solidarität im Dienst der Gesundheit“ gestartet,                                                             Risikoabschätzungen,              Informationsmaterial,
     um die Impfbereitschaft und die Bereitstellung von                                                            aktuelle Überblicke, Übersichtstafeln, Nachrichten
     Impfstoffen gegen COVID19 in den sechs Ländern                                                                und     Erklärungen       veröffentlicht,    um     den
     der Östlichen Partnerschaft der EU zu unterstützen:                                                           Gesundheitsbehörden und der Allgemeinheit zeitnah
     Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, der                                                               evidenzbasierte und für die Europäische Region wie
     Republik Moldau und der Ukraine. Weitere 3,5 Mio. €                                                           auch die Länder relevante Leitlinien an die Hand zu
     im Rahmen der Stärkung der Widerstandsfähigkeit der                                                           geben. Im Oktober 2020 trafen Gesundheitsexperten
     Gesundheitssysteme in den Ländern des Westbalkans                                                             aus über 30 Ländern und Partnerorganisationen in
     dienen der Förderung der Impfbereitschaft und der                                                             der Europäischen Region in einer virtuellen Sitzung
     Umsetzung von Impfmaßnahmen in den Ländern des                                                                zusammen, um über Wege zur Verbesserung des
     Westbalkans.                                                                                                  Bewusstseins für die aufkommende Pandemiemüdigkeit
                                                                                                                   und zur Wiederbelebung der öffentlichen Unterstützung
                                                                                                                   für schützende Verhaltensweisen zu diskutieren.

                                                                                                                   Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung zielten
                                                            © WHO / Press Centre, Ministry of Health, Kyrgyzstan

                                                                                                                   darauf ab, die Länder in den Mittelpunkt zu stellen, durch
                                                                                                                   die Entwicklung von Instrumenten und Projekten, die
                                                                                                                   speziell für die Nutzung im jeweiligen nationalen Kontext
                                                                                                                   und mit direkter Relevanz für diesen ausgearbeitet
                                                                                                                   wurden. WHO/Europa hat Leitlinien, Schablonen und
                                                                                                                   Projekte für folgende Bereiche entwickelt: Bewältigung
                                                                                                                   der Infodemie; Einbeziehung von Jugendlichen,
                                                                                                                   religiösen Führern und Vertretern der Zivilgesellschaft;
                                                                                                                   Akzeptanz und Inanspruchnahme von Impfungen;
                                                                                                                   Schulungspakete zu Aspekten und Grundsätzen
                                                                                                                   von Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung;
                                                                                                                   Ermittlung von Kontaktpersonen; Schulungen für
Bericht des Regionaldirektors
                                               Die Arbeit des WHO-Regionalbüros für Europa im Zeitraum 2020–2021    25

KASTEN 3: LÖSUNGSANSÄTZE RUND UM DIE INANSPRUCHNAHME
VON IMPFUNGEN, EINSCHLIESSLICH DER NACHFRAGE NACH
UND AKZEPTANZ VON IMPFSTOFFEN
Einer der wichtigsten Impulsgeber in der Europäischen Region war es, die Inanspruchnahme von Impfungen
zu beobachten und die Nachfrage nach Impfungen und deren Akzeptanz systematisch zu verstehen, um unter
Nutzung verfügbarer Daten maßgeschneiderte, gezielte Interventionen in den Ländern zu entwickeln. Das
Instrument von WHO/Europa, mit dem sich gestützt auf verhaltensbezogene Erkenntnisse und systematische
Grundlagenforschung erfassen lässt, wie die Bevölkerung den Erhalt von Impfstoffen wahrnimmt, hat
den Ländern ermöglicht, ihre Interventionen auf die Verbesserung der Durchimpfung zuzuschneiden.
In der Ukraine hat WHO/Europa in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium systematische
Grundlagenforschung betrieben, um herauszufinden, warum Gesundheitsfachkräfte zögern, Patienten den
Impfstoff zu empfehlen. Über fachliche Webinare sowie Informations- und Kommunikationskampagnen
für Gesundheitsfachkräfte wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass diese die Impfungen rasch
durchführen und ihre Patienten über deren Nutzen und Risiken aufklären und so zu einer stetigen Erhöhung
der Durchimpfung beitragen können.

In Kenntnis der Nachfrage- und Akzeptanzprobleme unter Gesundheitsfachkräften in Estland sowie
der systemischen Probleme bei der Impfstoffregistrierung konnte WHO/Europa gemeinsam mit dem
Gesundheitsministerium daran arbeiten, durch den Einsatz selbsterklärender Videos für Gesundheitsfachkräfte
die Inanspruchnahme von Impfungen zu verbessern.

Um ein ganzheitliches Verständnis für die Wahrnehmung der Bevölkerung von Problemen bei Impfmaßnahmen
zu gewinnen und auch die Gründe für Impfskepsis umfassend zu verstehen, hat WHO/Europa ein objektives
Modell entwickelt, das darauf basiert, mit systematischer Modellierung über die Zahlen hinauszublicken
und Daten für Taten zu nutzen. Im September 2021 fand eine Tagung der obersten Gesundheitsbeamten der
Mitgliedstaaten statt, auf der Konzepte und Instrumente zur Unterstützung der Länder bei der Beschleunigung
der Durchimpfung vorgestellt wurden.

Während des Besuchs des Regionaldirektors in den Vereinigten Staaten im August 2021 zeigten die
transatlantischen Regierungspartner und die Panamerikanische Gesundheitsorganisation großes Interesse
an einer dreiseitigen Zusammenarbeit im Kampf gegen Impfskepsis und Desinformation.
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