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Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz Berichte 22. Jahrgang, Heft 1, 2009 Bodenschutz im Spannungsfeld von Umwelt- und Naturschutz Bundesverband Boden Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie
NNA Ber. 22. Jg. H. 1 97 S. Schneverdingen 2009 ISSN: 0935-14 50 Bodenschutz im Spannungsfeld von Umwelt- und Naturschutz Zitiervorschlag: Gunreben, M., Miehlich, G., Salomon, B. (Hrsg. 2009): Bodenschutz im Spannungsfeld von Umwelt- und Naturschutz – NNA-Berichte 22. Jg., H. 1, Schneverdingen, 97 S. Herausgeber und Bezug: Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (NNA) Hof Möhr, D-29640 Schneverdingen, Telefon (05199) 989-0, Telefax (05199) 989-46 E-Mail: nna@nna.de Internet: www.nna.de Schriftleitung: Dr. Marion Gunreben Bundesamt für Bergbau, Energie und Geologie Bundesverband Boden (BVB) Prof. Dr. Günter Miehlich Universität Hamburg, Institut für Bodenkunde Bernhard Salomon Dr. Renate Strohschneider NNA Titelbild: Podsol-Bodenprofil bei Hof Möhr (Foto: NNA-Archiv) ISSN 0935-1450 Gedruckt auf Recyclingpapier (aus 100 % Altpapier).
Vorwort Seit ihrer Gründung im Jahr 1982 ist die Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (NNA) in der Aus- und Fortbildung zum Themenbereich Umwelt- und Naturschutz tätig. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse werden hierbei diskutiert und den Praktikern im Rahmen eines Fachdialoges vermittelt. Der Schutz des Bodens stand bei der NNA daher auch immer wieder auf dem Programm und war Thema verschiedener Fachseminare und Fachtagungen. Bereits seit einigen Jahren führen wir nun schon in Kooperation mit dem Bundesverband Boden (BVB) eine jährliche Veranstaltungsreihe zum Bodenschutz durch, für die sich mittlerweile das Oberthema „Bo- denschutz im Spannungsfeld von Umwelt- und Naturschutz“ etabliert hat. Das letzte Fachseminar aus dieser Reihe erfolgte zusätzlich in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geo- logie (LBEG). In dieser Veranstaltungsreihe greifen wir die verschiedenen fachlichen, technischen und rechtlichen Fragen des Bodenschutzes einschließlich ihrer Relevanz für die Umweltbildung auf und bie- ten eine Plattform für den interdisziplinären Erfahrungsaustausch, nicht zuletzt auch als Brücke zwischen Wissenschaft und Bodenschutz-Vollzug. Diese Veranstaltungen mit ihren Einzelthemen und Fachdiskus- sionen bilden auch die Grundlage für die vorliegende Publikation. Die Entscheidung und Prioritätensetzung für eine jährliche Vertiefung dieses Themas mit einer Ver- anstaltungsreihe hat folgenden Hintergrund: Der Boden mit seinen vielfältigen und lebensnotwendigen Funktionen im Naturhaushalt ist inzwi- schen sowohl national als auch international Gegenstand verschiedener Schutzüberlegungen. Den As- pekten des vorsorgenden und nachhaltigen Bodenschutzes wird daher auch in der Gesetzgebung und bei übergeordneten Strategien zur Nachhaltigkeit verstärkt Rechnung getragen. Dieses gilt beispielsweise für das Bundesnaturschutzgesetz, das den Schutz des Bodens als Bestandteil des Naturhaushalts behan- delt, aber auch für die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt, die das Bundeskabinett 2007 u. a. mit dem Bodenschutz-Ziel verabschiedet hat, eine gebietstypische, natürlich und historisch gewachsene Viel- falt an Böden langfristig in ihrer natürlichen Funktionsfähigkeit zu erhalten. Diesem Ziel soll durch eine gute fachliche Praxis der Bodennutzung Rechnung getragen werden. Zudem hat Deutschland nunmehr seit 10 Jahren ein eigenes Fachrecht zum Schutz des Bodens. Die Bundesregierung hat 1999 mit dem Bundes-Bodenschutzgesetz das Ziel, die Funktionen des Bodens nachhaltig zu sichern, in einem eigenen Fachgesetz verankert. Die Grundlagen zur Bewertung von Böden im Rahmen von Planungs- und Geneh- migungsverfahren werden aus diesem Bundes-Bodenschutzgesetz und der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung abgeleitet. Jede flächenbezogene Planung beeinflusst im Ergebnis den Boden, seine Entwicklung, seine Lebens- gemeinschaften, seine Funktions- und Leistungsfähigkeit. Mit den rechtlichen Vorgaben zum Boden- schutz wie auch mit den Grundsätzen des Naturschutzes sind Ziele formuliert, die bei allen Planungen und Maßnahmen in der Fläche zu berücksichtigen sind. Um bei Planungsprozessen mögliche Beeinträch- tigungen abschätzen und weitgehend vermeiden zu können, sind Grundkenntnisse über Böden, Boden- funktionen und deren Beeinträchtigungsmöglichkeiten erforderlich. Wesentliches Ziel unserer Veran- staltungsreihe war daher die Information zu den fachlichen und rechtlichen Grundlagen des Boden- schutzes. Wir haben unsere Veranstaltungsreihe 2006 deshalb auch mit einem Schwerpunktthema „Grundlagen des Bodenschutzes in der Raumplanung“ begonnen. Zusätzlich zu diesen Grundlagen des Bodenschutzes war und ist für unsere Veranstaltungen aber auch Folgendes relevant: Die Ziele und Anforderungen des Bodenschutzes konkurrieren im täglichen Verwaltungsvollzug mit solchen aus anderem öffentlichen Recht. Die Integration des Bodenschutzes in die Alltagsarbeit der Fach- verwaltungen kann in der Praxis leicht von anderen Raumansprüchen und anderen Schutz- und Gefähr- dungsfragen verdrängt werden. In der Gesellschaft erfährt der Boden zudem häufig nach wie vor nur eine geringe Wertschätzung. Da die Böden in der Öffentlichkeit und z. T. auch in Planungsprozessen vor- rangig als „Nutzungsfläche“ wahrgenommen werden, d. h. als Baugrund, Rohstofflagerstätte oder z. B. als landwirtschaftlich nutzbare Fläche, stehen oftmals die natürlichen Zusammenhänge und Schutzfunk- tionen des Bodens weniger im Vordergrund. Außerdem hat das Bundes-Bodenschutzgesetz zwar einen eigenen ordnungsrechtlichen Rahmen, verfügt aber nicht über eigene planerische und vorhabensbe-
zogene Instrumente, um die Ziele des Bodenschutzes durch konkrete Maßnahmen zu operationalisieren und umzusetzen. Die Sicherung und Entwicklung der natürlichen Bodenfunktionen muss also über die Umsetzungsinstrumente anderer Fachplanungen erfolgen, insbesondere über jene des Naturschutzrech- tes wie Landschaftsplanung, Eingriffsregelung und über den Flächen- und Objektschutz. Aus diesem Grund kommt dem Fachdialog zwischen dem Boden- und dem Naturschutz auch eine ganz besondere Bedeutung zu. Außerdem ist es natürlich ein gemeinsames Anliegen beider Fachrichtungen, die gesellschaftliche Wertschätzung für die Funktionen des Naturhaushaltes, einschließlich des Bodens, zu erhöhen. Um insbesondere diesen konstruktiven Dialog zwischen Boden- und Naturschutz zu unterstüt- zen, haben wir in unserer Veranstaltungsreihe immer wieder Themen aus der Schnittmenge dieser Fach- richtungen aufgegriffen. Für unsere Veranstaltung im Jahr 2007 haben wir das Schwerpunktthema „Der Boden, Stiefkind des Naturschutzes? – Der Schutz des Bodens in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung“ gewählt, um auch in diesem Zusammenhang die mit der Novellierung zu erwartenden Änderungen im Boden- schutzvollzug zu diskutieren. Die aktuellen Probleme bei der Integration des Bodenschutzes in andere Fachplanungen und die Erörterung der Schnittstellen mit anderem öffentlichen Recht war darüber hinaus stets ein Schwerpunkt dieser Veranstaltungsreihe. Im Jahr 2008 wurden diese Aspekte dann auch vertieft und mit konkreten Fragen des Verwaltungsvollzuges beider Fachrichtungen verknüpft, d. h. mit der Be- wertung der Bodenfunktionen, Bodenschutzfragen in Naturschutzgebieten, im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und in Verbindung mit der Verfüllung von Abbaustätten. Im Jahr 2009 haben wir dann mit der Archivfunktion von Böden, der Rolle von organischen Böden als Kohlen- stoffspeicher und mit den Anforderungen an eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung drei weitere, fachlich relevante Themen aus dem Bodenschutzbereich aufgegriffen. Insgesamt wurden somit in unserer Veranstaltungsreihe bereits viele wichtige Themen des Boden- schutzes behandelt, die sich in folgende Themensegmente gliedern lassen: Die notwendige Daten- grundlage des Bodenschutzes, die Bodenfunktionsbewertung, der Schutz von Archivböden sowie aktuelle Probleme des Bodenschutzes, z. B. hinsichtlich des Flächenverbrauches und des Bodenbewusstseins in der Gesellschaft. Darüber hinaus haben wir uns aber auch mit den Schnittmengen von Boden- und Natur- schutz und mit den Anforderungen an eine nachhaltige Nutzung der Böden auseinander gesetzt. Inzwi- schen sind auf diese Weise so viele relevante Inhalte zum Bodenschutz zusammengekommen, dass es sinn- voll erscheint, die Ergebnisse dieser Fachveranstaltungen einer breiteren, interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Diesem Ziel dient diese Ausgabe der NNA-Berichte. Die vorliegende Publikation wurde in bewährter Kooperation mit dem Bundesverband Boden erstellt sowie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Bodenkunde der Universität Hamburg und dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie. Hierfür herzlichen Dank seitens der NNA. Die Referentinnen und Referenten der einzelnen Fach- veranstaltungen haben sich bereit erklärt, als Autorinnen und Autoren an dieser Publikation mitzuwir- ken. Ihnen sei an dieser Stelle ebenfalls ganz herzlich gedankt! Ist denn nun mit dieser Publikation die Veranstaltungsreihe der NNA und des BVB zum Bodenschutz abgeschlossen? Nein, aus zwei Gründen ist eine Fortsetzung sinnvoll. Einerseits sind noch verschiedene weitere The- men des Bodenschutzes für unsere Veranstaltungsreihe von Bedeutung, gerade unter dem Blickwinkel des interdisziplinären Erfahrungsaustausches und des Fachdialoges zwischen Wissenschaft und Praxis, zwi- schen Fach- und Vollzugsbehörden. Andererseits ist derzeit deutlich feststellbar, dass die aktuellen und wesentlichen Probleme des Bodenschutzes durch die beherrschenden Themen des Umweltschutzes wie Biodiversität oder Klimawandel verdrängt werden und daher in der öffentlichen Wahrnehmung kaum noch vorhanden sind. Natürlich ist die Gefährdung der biologischen Vielfalt ein zentral bedeutendes Thema genau so wie die Debatte um den sich deutlich abzeichnenden Klimawandel, aber die gesell- schaftliche Aufmerksamkeit wäre natürlich dringend ebenso erforderlich für die aktuellen Probleme des Boden- und Naturschutzes, beispielsweise für die auch in Deutschland nach wie vor gravierend weiter voranschreitende Flächeninanspruchnahme durch Bodenversiegelung. Also wird es auch im nächsten Jahr eine Veranstaltung der NNA in Kooperation mit dem BVB zum Thema „Bodenschutz im Spannungsfeld von Umwelt- und Naturschutz“ geben. Bernhard Salomon NNA – Hof Möhr 29640 Schneverdingen
NNA-Berichte 22. Jahrgang/2009, Heft 1 Bodenschutz im Spannungsfeld von Umwelt- und Naturschutz Eine Veranstaltungsreihe der NNA in Kooperation mit dem Bundes- verband Boden (BVB) Inhalt Datengrundlage des Bodenschutzes Alexander Gröngöft Die Erfassung planungsrelevanter Bodeneigenschaften 5 und Günter Miehlich Wolfram D. Kneib Die Bodenregionalisierung, vom Punkt zur Fläche oder umgekehrt? 11 Bodenfunktionsbewertung Irene Dahlmann Bewertung von Bodenfunktionen – Aktivitäten der Bund/Länder-Arbeits- gemeinschaft Bodenschutz (LABO) 16 Marion Gunreben Die Berücksichtigung des Bodenschutzes in der Bauleitplanung 22 Ulrich Greiten Die Bewertung der Bodenfunktionen in der kommunalen Praxis 28 Aktuelle Probleme des Bodenschutzes Marion Gunreben Strategien zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und Bodenversiegelung in Niedersachsen 35 Heinz-Ulrich Bertram Anforderungen an die Verwertung von Abfällen bei der Verfüllung von Abgrabungen 39 Günter Miehlich Bodenbewusstsein – ein Schlüssel zur Förderung des Bodenschutzes 48 Bodenschutz und Naturschutz Wilhelm Breuer Der Schutz des Bodens in der Eingriffsregelung 54 Günter Miehlich Bodenschutz im Naturschutz 62 und Stephan Schwank Schutz der Archivfunktion Hildegard Nelson Böden als Archive für die Archäologie und Denkmalpflege 70 Günter Miehlich Böden als Archive der Natur- und Kulturgeschichte 76 Anforderungen des Bodenschutzes an eine nachhaltige Nutzung der Böden Marion Senger Böden nachhaltig nutzen – Landwirtschaft und Bodenschutz 86 Heinrich Höper Die Rolle von organischen Böden als Kohlenstoffspeicher 91
NNA-Berichte 1/2009 nen können Belange des Bodenschutzes Die Erfassung planungsrelevanter flächenscharf spezifiziert oder in Form textlicher Festsetzungen allgemein be- Bodeneigenschaften rücksichtigt werden. Da weitverbreitet der Grundsatz nicht hinreichend beach- von Alexander Gröngröft und Günter Miehlich tet wird, dass Eigentum dem Gemein- wohl verpflichtet ist, und insbesondere Schlüsselwörter: Bodeneigenschaften, Bodenfunktionsbewertung, Raumplanung auf der kommunalen Ebene nur wenig Keywords: soil properties, soil functions, spatial planning fachlich ausgebildetes Personal vorhan- den ist, werden bislang die Instrumente 1 Einführung hochschulen gelehrt wird. Mit dem zum Bodenschutz nur unzureichend wissenschaftlich-technischen Fortschritt eingesetzt. Zu diesem Defizit trägt ein Böden stellen ein Umweltmedium dar, haben die Möglichkeiten zur Untersu- ungenügendes Wissen über Böden und das aufgrund seiner Bedeutung für die chung wie auch zur Erfassung und Do- ihre Eigenschaften ganz erheblich bei. Produktion von Nahrungsmitteln von kumentation von Bodeneigenschaften Ziel dieses Beitrags ist es daher heraus- jeher für den Menschen eine besondere erheblich zugenommen. zustellen, Bedeutung hatte und in Deutschland in- Trotz des hohen Wissensstands über 쮿 durch welche Merkmale ein Boden zwischen durch das BBodSchG (1998) ei- die Böden im Allgemeinen und der kla- beschrieben werden kann, nen besonderen Schutz genießt. Aber ren Zieldefinition des Bodenschutzes in 쮿 welche dieser Merkmale für die Be- auch durch andere Gesetze (z. B. BBauG, den gesetzlichen Regelungen lässt sich wertung der Schutzwürdigkeit von Bö- BImSchG, BNatSchG, UVPG) mit dem zu- an vielen Stellen ein Umgang mit Böden den benötigt werden und daher in Pla- gehörigen Regelwerk wird der Schutz beobachten, der die Frage aufwirft, ob nungsprozessen relevant sind, der Böden direkt oder indirekt berück- Belange des Bodenschutzes hinreichend 쮿 wie diese Eigenschaften im konkre- sichtigt, wobei das Medium Boden da- berücksichtigt wurden. Die Umsetzung ten Fall erfasst oder aus vorhandenen bei teils mehr hinsichtlich seiner ökolo- von Eingriffen in die Landschaft und da- Datenquellen entnommen werden kön- gischen Funktion, teils mehr hinsichtlich mit in der Regel auch in die Böden folgt nen und seiner Nutzbarkeit betrachtet wird. einem räumlichen Planungsrecht, das 쮿 welche Schritte zu einen Verbesse- Die Untersuchung der Böden mit sich von der Landesplanung über die re- rung der Erfassung planungsrelevanter ihren Eigenschaften, Entstehungsbedin- gionale Raumplanung hin zu den kom- Bodeneigenschaften eingeleitet wer- gungen, Veränderungsprozessen und munalen Flächennutzungsplänen und den sollten. ihren Bedeutungen im landschaftlichen Bebauungsplänen immer weiter kon- Kontext ist seit langem Aufgabenstel- kretisiert und durch sektorale Fach- 2 Eigenschaften von Böden – lung der Bodenwissenschaft, die an pläne (z. B. Landschaftsrahmenpläne) ein Überblick zahlreichen Universitäten und Fach- unterstützt wird. In allen Planungsebe- Betrachtet man einen bestimmten Bo- Tab. 1: Übersicht primärer Eigenschaften von Bodenhorizonten den – der Bodenkundler zieht als kleins- te Bodeneinheit das Pedon mit einer Ort der Erfassung Dynamik der Parameter (Beispiele) Fläche von ca. 1 m2 in Betracht –, so lässt Veränderung sich dieser je nach Sichtweise und Unter- am Bodenprofil hoch- Temperatur – Feuchtigkeit – Anteil und Zu- suchungstechnik mit einer großen Zahl dynamisch sammensetzung der Bodenluft – Wasserspan- von Eigenschaften beschreiben. Bei der nung – Geruch – Redoxpotenzial – mikro- naturwissenschaftlichen Herangehens- bielle Umsatzleistungen weise zur Erfassung lassen sich die mäßig Farbe – Humusgehaltsstufe – Festigkeit – Ein- Merkmale einteilen in diejenigen, die dynamisch dringwiderstand – Gefügeformen und -grö- am Boden selbst sinnlich oder messend ßen – Anteil an Wurzeln erfasst werden können, und diejenigen, für deren Erfassung ein Labor mit ent- stabil Bodenart (Klebrigkeit und Formbarkeit) – sprechenden Messgeräten vorhanden Anteil, Größe und Art von Steinen – Konkre- sein muss. Eine weitere Unterteilung ist tionen sinnvoll im Hinblick auf die Dynamik, im Labor anhand hoch- Zusammensetzung der Bodenlösung denen die Merkmale im Tages-, Jahres- von Proben dynamisch zeiten- oder langfristigen Verlauf unter- mäßig Trockenrohdichte – Porengrößenverteilung – liegen. Da ein Boden aus einer Abfolge dynamisch pH-Wert – Anteil und Fraktionen des organi- von zwei oder mehr Horizonten mit schen Kohlenstoffs – Nährstoffgehalte – unterschiedlichen Eigenschaften be- Schadstoffgehalte – Kationenaustausch- steht, beziehen sich die genannten kapazität – Basensättigung Merkmale sogar nicht auf den Boden als stabil Korngrößenverteilung – Mineralzusammen- Ganzes, sondern nur auf den jeweiligen setzung – Dichte der Partikel – Schadstoffge- Horizont. Die Tabelle 1 zeigt beispiel- halte haft, welche Parameter die Eigenschaf- 5
Gröngröft / Miehlich – Die Erfassung planungsrelevanter Bodeneigenschaften ten eines Bodenhorizonts nach dieser Boden und dessen Wechselwirkungen auch zum Schutz des Grundwassers, Untergliederung beschreiben können. zu anderen Umweltmedien berücksich- 2. Funktionen als Archiv der Natur- und Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein tigt werden. Außerdem wird in § 1a aus- Kulturgeschichte sowie Teil nur nominal skaliert ist und die be- drücklich der sparsame und schonende 3. Nutzungsfunktionen als grenzte Wahrnehmungsfähigkeit des Umgang mit dem Boden gefordert und a) Rohstofflagerstätte, Menschen auch im Falle eindeutiger für die Anwendung der Eingriffsrege- b) Fläche für Siedlung und Erholung, Rangfolgen nur zu ordinalen Merkmals- lung nach dem Bundesnaturschutzge- c) Standort für die land- und forst- abstufungen führt. setz festgelegt, dass bei der Abwägung wirtschaftliche Nutzung, Aufgeführt sind dabei nur solche Bo- der Leistungs- und Funktionsfähigkeit d) Standort für sonstige wirtschaft- denmerkmale, die direkt an einem Bo- des Naturhaushalts auch der Boden zu liche und öffentliche Nutzungen, Ver- den erfasst werden können (Primärda- berücksichtigen ist. Im § 2 des Gesetzes kehr, Ver- und Entsorgung.“ ten). Ausgehend von diesen Primärin- über die Umweltverträglichkeitsprü- Zwar greifen die Bestimmungen des formationen der Horizonte sowie den fung (UVPG 2008) wird bestimmt, dass BBodSchG nur insofern, als andere Ge- Informationen über die örtliche Einbin- bei der Durchführung einer Umweltver- setze die schädlichen Einwirkungen auf dung des Profils in die Landschaft sowie träglichkeitsprüfung der Boden eines den Boden nicht regeln (Subsidaritäts- dem geschichtlichen Nutzungskontext der zu betrachtenden Schutzgüter dar- klausel § 3); da allerdings in anderen Ge- eines Bodens ist es möglich, zahlreiche stellt und ebenfalls Wechselwirkungen setzen die Funktionen der Böden nicht Eigenschaften des Bodens abzuleiten. zu berücksichtigen sind. In den Grund- definiert sind, hat das BBodSchG hierfür Dies betrifft sowohl bodentypologische sätzen des Naturschutzes und der Land- eine deutliche Ausstrahlungswirkung Einordnungen als auch Nutzungs- oder schaftspflege (§ 2 BNatSchG 2008) wird (siehe Kommentar bei Holzwarth et al. Funktionseinstufungen. festgelegt: „Die Ziele des Naturschutzes 2000) entwickelt (Miehlich et al. 2003). Für die Felderfassung von Bodenei- und der Landschaftspflege sind ins- Entsprechend greifen bei der funktio- genschaften sind in der Bodenkund- besondere nach Maßgabe folgender nalen Bewertung von Böden die meisten lichen Kartieranleitung (AG Boden Grundsätze zu verwirklichen … Böden in den Ländern entwickelten Verfahren 2005, international siehe FAO 2006) die sind so zu erhalten, dass sie ihre Funk- (z. B. Hochfeld et al. 2003, Übersicht Merkmale und ihre Skalierung defi- tionen im Naturhaushalt erfüllen kön- siehe Ad-hoc AG Boden 2007) die im niert. Die Aufnahmebögen gliedern sich nen. … Für nicht land- oder forstwirt- BBodSchG genannten Funktionen auf, in a) Titeldaten, in denen z. B. Datum, schaftlich oder gärtnerisch genutzte wobei i. d. R. eine Begrenzung auf die Koordinaten, Geländehöhe und Bear- Böden, deren Pflanzendecke beseitigt natürlichen und die Archivfunktionen beiter zu erfassen sind, b) Daten der worden ist, ist eine standortgerechte erfolgt, da für die Umsetzung von Nut- Aufnahmesituation, in denen z. B. Re- Vegetationsentwicklung zu ermög- zungsfunktionen eine Reihe anderer lief, Nutzung und Vegetation erfasst lichen. Bodenerosionen sind zu vermei- Regelungen greifen und hierbei die werden, und c) die Daten der Bodenho- den.“ Es wird deutlich, dass die zitierten möglichen Konflikte mit den natür- rizonte, in der für jeden Horizont zahl- Zielvorgaben nur grundsätzlich auf den lichen und Archivfunktionen abzuwä- reiche Primärdaten, aber auch interpre- Boden und seine Leistungen und Funk- gen sind. Aus dieser Situation kann ab- tierte Daten (Horizont- und Substratbe- tionen im Naturhaushalt abstellen, geleitet werden, dass planungsrelevant zeichnung) eingetragen werden. Die ohne dieses zu konkretisieren. Dieses er- mindestens alle Bodenparameter sind, Anwendung der Kartieranleitung (AG folgt im Gesetz zum Schutz vor schäd- anhand derer die im Gesetz genannten Boden 2005) auf allen Kartierungen, bei lichen Bodenveränderungen und zur Funktionen beurteilt werden können. denen rechtlich relevante Daten benö- Sanierung von Altlasten (BBodSchG Für die Beurteilung von Böden hin- tigt werden, ist über die Bodenschutz- 1998), das zum Ziel hat (§ 1), „nach- sichtlich ihrer Bedeutung und damit verordnung (BBodSchV 1999) im An- haltig die Funktionen des Bodens zu Wertigkeit für die gemäß BBodSchG zu hang 1 verpflichtend festgelegt. sichern oder wiederherzustellen. Hierzu schützenden Funktionen wurden für sind schädliche Bodenveränderungen die Planungspraxis Ableitungsverfah- 3 Planungsrelevanz von abzuwehren, … und Vorsorge gegen ren entwickelt, die über mehrere Stufen Bodeneigenschaften nachteilige Einwirkungen auf den Bo- zu einer integrierten Bewertung kom- den zu treffen …“. Dabei wird definiert, men (Schema siehe Abb. 1). Zunächst Anhand der Liste der primären Boden- dass der Boden folgende Funktionen im werden die gesetzlich formulierten Bo- merkmale (siehe Beispiele in Tab.1) lässt Sinne des Gesetzes erfüllt: denfunktionen in Form von Teilfunktio- sich nicht erkennen, ob und in welcher „1. natürliche Funktionen als nen untergliedert, für die sich Kriterien Form diese Merkmale für Zwecke der a) Lebensgrundlage und Lebens- zur Beurteilung finden lassen. Beispiels- Raumplanung benötigt werden. Dieses raum für Menschen, Tiere, Pflanzen und weise kann aus der sehr weit gefass- kann nur aus den bodenbezogenen Pla- Bodenorganismen, ten Ausgleichsfunktion gemäß §1.1 c nungszielen abgeleitet werden. Hierzu b) Bestandteil des Naturhaushalts, BBodSchG die Teilfunktion „Ausgleichs- sollen zunächst einige gesetzliche Ziel- insbesondere mit seinen Wasser- und medium für stoffliche Einwirkungen auf vorgaben betrachtet werden. So müs- Nährstoffkreisläufen, Grund der Filter- und Puffereigenschaf- sen gemäß § 1 (6) BauBG (2008) bei der c) Abbau-, Ausgleichs- und Aufbau- ten für Schwermetalle“ definiert wer- Aufstellung der Bauleitpläne die Be- medium für stoffliche Einwirkungen auf den. Die so beschriebene Eigenschaft lange des Umweltschutzes, insbeson- Grund der Filter-, Puffer- und Stoffum- des Bodens deckt nur einen Teil der ge- dere auch die Auswirkungen auf den wandlungseigenschaften, insbesondere setzlich zu schützenden Funktionen ab 6
Gröngröft / Miehlich – Die Erfassung planungsrelevanter Bodeneigenschaften und erst durch weitere Teilfunktionen deneigenschaften im Zentrum der Bo- Bodenfunktionsbewertung die primär ist es möglich, die gesetzlich weit defi- denfunktionsbewertung steht. Plane- bei Bodenkartierungen erhebbaren nierte Bodenfunktion abzudecken. Für risch relevant sind daher die Merkmale, Merkmale in einer großen Breite zur das genannte Beispiel der Teilfunktion die bei den Ableitungen von Boden- Verfügung stehen sollten und dass für lässt sich ein Kriterium finden, dessen funktionen in den Bewertungsverfah- die Bewertung der Lebensraum- und Ar- Erfüllungsgrad über die Bedeutung des ren benötigt werden. Ein Katalog der in chivfunktion insbesondere auch solche Bodens im Hinblick auf diese Teilfunk- den Bundesländern entwickelten Me- Informationen relevant sind, anhand tion entscheidet: „Fähigkeit zur Bin- thoden zur Bewertung der Bodenfunk- derer sich die anthropogene Überprä- dung von Schwermetallen“. Für dieses tionen wurde durch die Ad-Hoc-AG Bo- gung bzw. die Seltenheit der Böden be- Kriterium liegen Verfahren vor, anhand den (2007) erstellt. Darin werden für urteilen lassen. Diese Informationen las- derer aus primären Bodeneigenschaf- jede Methode ‚bewertungsrelevante sen sich z. T. aus der Nutzungsgeschichte ten eine Quantifizierung für verschie- Einflussgrößen/-komplexe‘ aufgeführt, einer Fläche ableiten. Zu Besonderhei- dene Schwermetalle möglich ist (siehe die bekannt sein müssen, wenn die ten der Beurteilung der Archivfunktion z. B. Blume et al. 1998). In diesen Ver- Methode angewendet werden soll. Aus vgl. den Beitrag G. Miehlich „Böden als fahren ist anhand von Verknüpfungsre- dem Katalog wurden für die Boden- Archive der Natur- und Kulturge- geln festgelegt, wie die primären Bo- funktionen des BBodSchG die Einfluss- schichte“ in diesem Heft. denmerkmale (hier insbesondere Bo- größen in Tab. 2 zusammengestellt, wo- Auch wenn die Bewertung von Bo- denart, pH-Wert, Anteil an Humus) zu bei für jede Bodenfunktion sowohl alle denfunktionen nach einheitlichen Maß- gewichten und verknüpfen sind, damit Teilfunktionen wie auch alle der zu- stäben vorgenommen wird, darf nicht die Bindungsfähigkeit für einen kon- sammengestellten Methoden betrach- übersehen werden, dass in jeder Stufe kreten Boden bestimmt und die so er- tet wurden. Den Größen wurde zuge- des Ableitungsverfahrens erhebliche zielten Werte in Wertstufen umgesetzt ordnet, aus welchen Quellen sie in der Fehlerquellen enthalten sind (Miehlich werden können. Festzulegen ist dabei Regel stammen. Es wird deutlich, dass es 2006), deren Einfluss bei einer Beurtei- auch der Tiefenbezug, d. h. die Frage, bis sich bei den Einflussgrößen bzw. -kom- lung berücksichtigt werden sollten. Die zu welcher Tiefe eine Speicherung von plexen teilweise um die beispielhaft in bei den Verfahren prinzipiell nicht ver- Schwermetallen zu betrachten ist (z. B. Tab. 1 aufgeführten Primärmerkmale, meidbaren Fehler nehmen mit unzu- nach BBodSchV vorgeschriebene Tiefe, in vielen Fällen aber bereits um abgelei- länglicher Datenbasis erheblich zu. bis ein Meter Tiefe oder bis zum Grund- tete Größen, für deren Bestimmung Ab- wasserhöchststand). Die erzielten Wert- leitungsfunktionen zur Verfügung ste- 4 Erfassbarkeit und Verfügbarkeit stufen für die Teilfunktionen können hen müssen, handelt. Für die Ableitung planungsrelevanter planerisch mit verschiedenen Verfahren zahlreicher Größen gibt Hennings Bodeneigenschaften integriert werden (Balla et al. 2008) und (2000) die Verfahren an, wobei auch fließen so abschließend in die Abwä- hierfür wieder eine Reihe von Primär- Die Größe der zu beplanenden Fläche, gung der unterschiedlichen Belange ein. daten vorhanden sein muss. genauer eigentlich die Irrtumswahr- Der in Abb. 1 gezeigte Ablauf ver- Zusammenfassend ergibt sich, dass scheinlichkeit des Bewertungsergebnis- deutlicht, dass das Wissen über die Bo- für die Anwendung von Verfahren der ses bezogen auf die Einzelflächen, ent- scheidet im konkreten Planungsfall über die Art der benötigten Bodenda- ten. Bei kleinmaßstäbigen Bodenbe- wertungen, z. B. für die Aufstellung ei- nes Regionalplans, können Bodenmerk- male nur mittels Bodenkarten regiona- lisiert werden, wobei die Einzelmerk- male den Karteneinheiten zugeordnet werden müssen und eine gegenüber der Bodenkarte differenziertere Dar- stellung nur mittels anderer Karten- werke – z. B. einer Biotop-, Nutzungs- oder Reliefkarte – möglich ist (vgl. hierzu den Beitrag W. Kneib „Die Bodenregionalisierung, vom Punkt zur Fläche oder umgekehrt?“ in diesem Heft). Bei großmaßstäbigen Bewertun- gen, z. B. für die Erstellung eines Um- weltberichts im Rahmen der Bauleitpla- nung, ist eine an Flurstücken oder Nut- zungseinheiten angepasste Geometrie der zu bewertenden Flächen sinnvoll, für die spezifische Bodeninformationen Abb.1: Stellung von Bodenparametern bei der planerischen Bewertung von Bodenfunktionen benötigt werden. Die Verfügbarkeit 7
Gröngröft / Miehlich – Die Erfassung planungsrelevanter Bodeneigenschaften Tab. 2: Übersicht von Einflussgrößen und -komplexen, die für die Bewertung von Bodenfunktionen relevant sind (aus Ad-Hoc-AG Boden 2007) Bewertungsrelevante Einflussgrößen und Lebensraum und Bestandteil des Abbau-, Aus- Archiv der -komplexe Lebensgrundlage Naturhaushalts, gleichs- und Auf- Natur- und für Menschen, insbesondere baumedium für Kulturgeschichte Tiere, Pflanzen auch mit seinen stoffliche Einwir- und Bodenorga- Wasser- und kungen auf Grund Herkunft nismen Nährstoffkreis- der Filter-, Puffer- läufen und Stoffum- wandlungseigen- schaften, insbe- sondere auch zum Schutz des Grund- wassers Biotoptyp Carbonatgehalt Flurabstand Geomorphologie Primäre Kartierdaten Gründigkeit/Verdichtung Grundwasser/Stauwasser/Überschwemmung Hangneigung Humusform Humusgehaltsstufe Hydromorphie Nutzung Bodenart, Tongehalt Trockenrisse Versiegelung/Verdichtung Bodentyp Interpretierte Kartierdaten Erhaltungsgrad, Naturnähe, Hemerobie Horizontierung Substratabfolge Überprägung Austauschhäufigkeit des Bodenwassers bodenchemische Prozesse Grundwasserdruckverhältnisse Infiltrationsvermögen Abgeleitete Bodenmerkmale KAKpot kapillarer Aufstieg kf-Wert Mineralisierungspotenzial NFK potenzielle Nährstoffgehalte Sickerwassermenge Speicherkapazität Standörtliche Feuchtestufe Verwitterungsrate Wasserhaushaltsstufen We Bodenzahl Daten aus anderen Klassenzahl Klima Quellen Niederschlag Nutzungsgeschichte Seltenheit / regionaler Flächenanteil Stamm-Fruchtbarkeitsziffer Verdunstung Analysen pH Gehalt an organischer Substanz physikochemische Eigenschaften Expertise 8
Gröngröft / Miehlich – Die Erfassung planungsrelevanter Bodeneigenschaften von Bodeneigenschaften in Bodenda- fen den Karteneinheiten zugeordnet malen Voraussetzungen für die Kartie- tenbanken und Kartenwerken der Bo- werden. Wichtige Primärdaten wie z. B. rung erfüllt sind (Betretungserlaub- denschutzbehörden ist stark vom zu pH-Werte, Wasserleitfähigkeit und Mi- nisse, ggf. Befreiungen von Schutzver- bearbeitenden Maßstab abhängig. Ge- neralisierungspotenzial des Bodens lie- ordnungen, Freigabe durch Kampf- mäß der Recherche von Planungs- gen für die untere Planungsebene nur mittelräumdienst und Abstand der gruppe Ökologie + Umwelt (2003) und in mittlerer Häufigkeit vor. Außer der Bohrpunkte von Rohr- und Leitungs- Froelich & Sporbeck (2006) kann zur Möglichkeit, die Karteneinheiten über trassen sichergestellt), hält sich die Er- Verfügbarkeit bodenkundlicher Karten- repräsentative (?) Primärdaten zu spezi- fassung der planerisch relevanten grundlagen festgestellt werden: fizieren und damit bewerten zu kön- Bodeneigenschaften nach den in der 쮿 Für die obere Planungsebene (Maß- nen, liegen in den Bodenschutzbehör- Bodenkundlichen Kartieranleitung ge- stab ⱕ 1:100.000) ist die analoge und den ebenfalls Bodenprofildaten vor, de- nannten Methoden in einem über- digitale Datenverfügbarkeit verhältnis- ren räumliche Verteilung wie auch schaubaren Arbeitsumfang. Betrachtet mäßig gut. Sie wird von der Boden- deren parametrische Breite jedoch sehr man die hohe Bedeutung der Parameter übersichtskarte (BÜK) im Maßstab ungleichmäßig ist. Für den Einzelfall ei- „Humusgehalt“ und „pH-Wert“ inner- 1:200.000 bestimmt, die mittelfristig ner Bodenbewertung muss daher die halb der Bewertungsmethoden, die Un- flächendeckend für die BRD vorliegt. Verfügbarkeit abgefragt werden. Bei sicherheiten bei der Feldansprache bei- 쮿 Für die mittlere Planungsebene ist der Planung einer großmaßstäbigen Bo- der Variablen und die leichte analyti- die derzeitige Datenlage unbefriedi- denbewertung sollte daher vorsorglich sche Bestimmbarkeit, so sollten beide gend. Die Standardkartenwerke sind davon ausgegangen werden, dass keine Werte wenigstens für die Oberböden die Bodenkarte oder Bodenübersichts- oder nur unzulängliche Daten verfüg- gemessen werden. karte in den Maßstäben 1:50.000 oder bar sind und diese daher mittels Kartie- 1:25.000. Welches der beiden Karten- rungen zu erheben sind. 5 Zusammenfassung werke längerfristig vervollständigt In der Anwendungspraxis von Bo- wird, ist länderspezifisch unterschied- denfunktionsbewertungen ist es häufig Für die sachgerechte Prüfung von Ein- lich und aufgrund des Personalabbaus vorteilhafter, in der unteren Planungs- griffen in den Boden in der Anwendung bei den bodenkundlichen Diensten der ebene auf die z. T. langwierige Beschaf- der gesetzlichen Regelungen steht ein Länder nicht absehbar. fung von Primärdaten aus bestehenden breites Instrumentarium an Verfahren 쮿 Für die untere Planungsebene (Maß- Datenbanken zu verzichten und die be- für die Planungspraxis zur Verfügung. stäbe ⱖ 1:10.000) liegen lediglich in nötigten Daten direkt zu kartieren. Die Verfahren greifen auf bodenkund- Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Durch diese Praxis kann auch von vorn- liche Primärdaten zurück, die für die Nordrhein-Westfalen in nennenswer- herein sichergestellt werden, dass alle zu beurteilende Fläche in inhaltlicher tem Umfang Karten vor. benötigten Parameter auch von allen Breite und räumlicher Differenziertheit Für die Verfügbarkeit bodenkund- zu bewertenden Teilflächen vorliegen vorliegen sollten und deutlich über eine licher ‚Punktinformationen’, d. h. von und daher die Umsetzung der Bewer- bodensystematische Einstufung hinaus- primären horizont- und profilbeschrei- tungsmethoden nicht an den teilweise gehen. Über moderne Datenbanken ist benden Daten, stellt sich die Situation fehlenden Daten scheitert. Für die Ver- grundsätzlich ein schneller Zugriff auf ebenfalls sehr heterogen dar. Soweit teilung von Bohrpunkten bei der Di- die benötigten Informationen möglich, Bodenkarten vorhanden sind, können rekterhebung (Kartierung) liegen Vor- allerdings scheitert dies in der Praxis von den datenhaltenden Behörden schriften vor, die sich zunächst an der häufig an der zu geringen Datendichte auch Beschreibungen der Kartenlegen- Geometrie von Flurstücken orientieren, in amtlichen Beständen, z. T. auch den erhalten werden, Allerdings sind wobei einerseits benachbarte Flur- daran, dass die Daten inzwischen veral- die planungsrelevanten Bodenmerk- stücke bei gleicher Nutzung und Nut- tet sind. Hier zeigt sich, dass der massive male nicht immer verfügbar. Häufig zungsgeschichte zusammengefasst wer- Abbau des Fachpersonals in den boden- sind in allen Maßstabsebenen die fol- den können und andererseits Flurstücke kundlichen Fachdiensten der Länder in genden Eigenschaften erhältlich: Aus- bei erkennbarer Binnendifferenzierung krassem Gegensatz zu dem aus den Ge- gangsmaterial der Bodenbildung, Bo- weiter aufgeteilt werden (Hochfeld et setzen abzuleitenden Bedarf steht. Es dentyp, Substratabfolge, Bodenart des al. 2002, Grabowsky et al. 2008). Durch bleibt zu hoffen, dass unter Einschluss Feinbodens, Horizontierung, Torfhori- eine Vorschrift, bei der die Bohrpunkt- von Ingenieurbüros und der universitä- zontierung, Torfart, Zersetzungsstufe, dichte mit der Flächengröße abnimmt, ren Fachinstitute die Datenbanken wei- Carbonatgehalt/Kalkmenge im Profil, kann sichergestellt werden, dass auch ter ausgebaut werden können. hydromorphe Merkmale, Humusgehalt/ von relativ kleinen Teilflächen eine hin- Humusmenge, mittlerer Grundwasser- reichend hohe Informationsdichte vor- Summary stand, Feldkapazität (FK), nutzbare liegt, die die Anwendung der Metho- Feldkapazitäten (nFK), Wasserdurchläs- den der Bodenfunktionsbewertung er- In Germany, the soils are protected from sigkeit. Dagegen können nur selten In- möglicht, und gleichzeitig bei großen, degradation of soil functions by nume- formationen über Hemerobiestufen, vergleichsweise homogenen Teilflächen rous legal regulations. Within article 2 of Naturnähe eines Bodens, Repräsentanz, der Bearbeitungsaufwand überschau- the Federal Soil Protection Act the func- Seltenheit und Hintergrundgehalt so- bar bleibt. Soweit der Planer anhand tions are defined, which have to be pro- wie Belastungen des Bodens mit orga- der Auswertung der Vorinformationen tected from harmful changes. For plan- nischen oder anorganischen Schadstof- eine Konzeptkarte erstellt und die for- ning purposes, these functions have to 9
Gröngröft / Miehlich – Die Erfassung planungsrelevanter Bodeneigenschaften be assessed in a sufficient spatial resolu- Balla, S., Feldwisch, N., Borkenhagen, Konzept und Praxis. NNA-Berichte tion. In general, the federal states envi- J. & Friedrich, C. (2008): Orientie- 15, 57– 60. ronmental agencies allocate data about rungsrahmen zur zusammenfassen- Hochfeld, B., Gröngröft, A. & Miehlich, regional distribution (maps) of soil units den Bewertung von Bodenfunktio- G. (2003): Großmaßstäbige Boden- and properties. Nevertheless, requests nen – Ergebnisse eines Forschungs- funktionsbewertung für Hambur- about existing data revealed that maps vorhabens im Auftrag der Bund-/ ger Böden. Verfahrensbeschreibung covering a large area are existing only in Länderarbeitsgemeinschaft Boden und Begründung. Bericht an die small scales (ⱕ 1:100.000) and the know- (LABO). UVP-Report, 22, 72– 80. Freie und Hansestadt Hamburg, Be- ledge about soil properties on the local Blume, H.-P., Bohne, K., Döring, H.-W., hörde für Umwelt und Gesundheit, scales are restricted with regard to num- Fleige, H., Horn, R., Kaupenjohann, 81 S., Hamburg. ber of profiles and variables. For the as- M., Krahmer, U. & Zahn, M. (1998): Holzwarth, F., Radtke, H., Hilger, B. & sessment of natural soil functions and Filter und Puffereigenschaften von Bachmann, G. (2000): Bundes-Bo- functions as an archive a large number Böden und deren Ermittlung im denschutzgesetz / Bundes-Boden- of soil variables including texture, bulk Felde – Stand und Aussichten. DVWK schutz- und Altlastenverordnung. density, carbonates, root density, humus Schriften 122, 379– 402. Handkommentar, 448 S., Berlin. type and content, hydromorphic featu- FAO (Hrsg., 2006): Food and Agrucul- Miehlich, G. (2006): Der mühsame Weg res as well as site properties (habitat ture Organisation: Guidelines for von der Analyse einer Bodeneigen- type, land use, slope and others) are soil description. 4, 110 S., Rome. schaft zur Bewertung einer Boden- needed. Using agreed upon pedotrans- Froelich & Sporbeck (2006): Froelich & funktion. Vortrag. [(15. 06. 2009) fer functions, from these data a number Sporbeck GmbH & Co.KG in Koope- www.geowiss.uni-hamburg.de/i- of secondary soil properties can be ration mit iwm. Institut für Wasser- boden/publrel/MiehlichDerMueh derived. For the purposes of local soil wirtschaft und Messtechnik: Ent- sameWeg.pdf] function assessments, a survey of soil wicklung eines Bodenbewertungs- Miehlich, G., Hochfeld, B., Gröngröft, A. properties using existing standards has verfahrens zur Durchführung von & Kneib, W. (2003): Bodenmaßstäbe been approved. Regarding the demand Umweltverträglichkeitsstudien an in der Bauleitplanung. Wasser und on local data to fulfill legal require- Bundeswasserstraßen im Zuge der Boden 55, 93 –104. ments on the one-hand side and the re- Aktualisierung der VV WSV-14101. Planungsgruppe Ökologie + Umwelt duction of professional soil survey per- Entwurf des Zwischenberichtes im GmbH (2003): Zusammenfassung sonnel within the states soil protection Auftrag der Bundesanstalt für Ge- und Strukturierung von relevanten authorities on the other side there are wässerkunde, 43 S. + Anlagen, un- Methoden und Verfahren zur Klassi- challenging options to improve official veröff., Bochum. fizierung und Bewertung von Bo- data banks through consultancies and Grabowsky, K., Gröngröft, A. & Melchior, denfunktionen für Planungs- und university institutes. S. (2008): Entwicklung eines Boden- Zulassungsverfahren mit dem Ziel bewertungsverfahrens zur Durch- der Vergleichbarkeit. Endbericht im Literatur führung von Umweltverträglich- Auftrag der Bund-/Länderarbeits- keitsuntersuchungen an Bundes- gemeinschaft Bodenschutz (LABO), Ad-hoc-AG Boden des Bund/Länder- wasserstraßen, 2. Handbuch, Ab- 87 S. + Anlagen, Hannover. Ausschusses Bodenforschung (BLA- schlussbericht an die Bundesanstalt GEO) (2007): Methodenkatalog zur für Gewässerkunde, 42 S. und Anla- Bewertung natürlicher Bodenfunk- gen, unveröff., Hamburg. Anschrift der Verfasser tionen, der Archivfunktion des Bo- Hennings, V. (2000): Methodendoku- dens, der Nutzungsfunktion „Roh- mentation Bodenkunde. Auswer- Dr. Alexander Gröngröft stofflagerstätte“ nach BBodSchG so- tungsmethoden zur Beurteilung der Professor Dr. Günter Miehlich wie der Empfindlichkeit des Bodens Empfindlichkeit und Belastbarkeit Institut für Bodenkunde der Universität gegenüber Erosion und Verdich- von Böden. Geol. Jahrb. Sonderheft Hamburg tung. 2. Auflage. Hannover, 80 S. Reihe G 1, 232 S. Allende-Platz 2 AG Boden (Hrsg., 2005): Bodenkund- Hochfeld, B., Gröngröft, A. & Miehlich, 20146 Hamburg liche Kartieranleitung, 438 S., Han- G. (2002): Bodenfunktionsbewer- E-Mail: nover. tung (BFB) – Der Hamburger Ansatz, a.groengroeft@ifb.uni-hamburg.de 10
NNA-Berichte 1/2009 Die Bodenregionalisierung, vom Punkt und an Sequenzen, zum Teil mit einer Auflösung unterhalb von 5 m, sind fol- zur Fläche oder umgekehrt? gende Aussagen zu machen, die sich ge- nerell in einer Vielzahl von bodenkund- lichen Kartierungen im In- und Ausland von Wolfram D. Kneib in den letzten zwanzig Jahren bestätigt haben. Schlüsselwörter: Regionalisierung der Böden, Bodenbildende Faktoren, Boden- Eine dem Subtyp-Niveau entspre- kartierung, Bodenschutzplanung chende Kartiereinheit im holsteinischen Keywords: regionalization of soils, factors of soil formation, soil survey, soil Hügelland ist in 50 % der Fälle bereits conservation planning nach etwa 40 m zu Ende, in der Geest sind es 90 m, bei Bodenklassen in der 1 Einleitung zieht, ist es mit vertretbarem Aufwand englischen Bodenkartierung liegen die unmöglich, die Merkmalsausstattung Grenzabstände zwischen 200 und 400 m Kleinste räumliche Ausschnitte aus der der Böden insgesamt zu erfassen. Die (Details siehe Kneib 1989). Wenn also Bodendecke sind Pedons im boden- Regionalisierung bedient sich daher des ein Subtyp eine bestimmte Funktiona- kundlichen Sinne, die an Bodenprofilen geschilderten Sachzusammenhangs und lität vertritt, dann darf zur ausreichen- untersucht und als Punktinformation konzentriert sich auf die räumliche Dif- den räumlichen Absicherung und pla- angesehen werden. Stoffbestand und ferenzierung der bodenbildenden Fak- nerischen Umsetzung unter Umständen Stoffanordnung werden sinnvoll unter toren. Man kann in der Konsequenz auch ein Kartierabstand von 40 m im Raster genetischen und/oder funktionalen Ge- formulieren, dass eine Regionalisierung nicht überschritten werden. sichtspunkten klassifiziert. Die räumli- von Böden nur dort sinnvoll und möglich Diese Ergebnisse beziehen sich che Ausstattung der Pedons wird dabei ist, wo die räumliche (flächenhafte) Ver- auf den weitgehend unüberformten im Allgemeinen als punktförmige Infor- breitung von Klima, Substrat und Relief Außenbereich. In suburbanen und ur- mation einer bestimmten Fläche be- sowie der Vegetationsdecke und des banen Planungsräumen gelten nach trachtet und entsprechend gruppiert Überformungsgrads durch den Men- einer Vielzahl von Untersuchungen des und/oder generalisiert. Unter Regionali- schen unzweifelhaft bekannt ist. Es stellt Arbeitskreises Stadtböden (AKS) der sierung wird die Übertragung des am sich damit durchaus die Frage, ob die Deutschen Bodenkundlichen Gesell- Profil ermittelten Typs auf die benach- Regionalisierung nicht besser von diesen schaft (DBG) folgende Regelhaftigkei- barte Fläche verstanden, deren Ausdeh- Flächen gleicher Ausstattung mit boden- ten (siehe AKS 1996) in Bezug auf die Di- nung durch die Verbreitung der den Typ bildenden Faktoren ausgeht und auf die versität (Zahl der Klassen) und Variabi- bestimmenden Merkmale und durch an einem Ort (Punkt) mit hoher Wahr- lität (Zahl der räumlichen Einheiten): deren Spannweiten bestimmt wird. scheinlichkeit zu erwartende Boden- 쮿 Mit zunehmender Überformung des Da Böden als Ergebnis der bodenbil- form oder ihre bodenkundliche Funk- Naturraums durch den Menschen denden Faktoren in Raum und Zeit de- tionalität schließt, also den Titel besser nimmt die Diversität ab und die Variabi- finiert sind, müssen Stoffbestand und umkehrt: Von der Fläche zum Punkt? lität vom Stadtrand in Richtung City zu- Stoffanordnung direkt und signifikant Entscheidend für die Richtung der nächst zu. Das heißt, die größte Vielfalt mit der räumlichen Verbreitung dieser Vorgehensweise sind die Fragestellung der Böden existiert im verdichteten Faktoren korrelieren. Das heißt analog, und die Größe des Aussageraums. Siedlungsraum. der am „Punkt“ wirkende Faktoren- Beim Bodenschutz in der Raumpla- 쮿 In der Kernstadt (z. B. von Hamburg) komplex ist in dem Maß auf die ihn um- nung handelt es sich um die Umsetzung nehmen die Diversität und die Variabi- gebende Fläche übertragbar, wie sich bodenkundlicher Sachverhalte in Be- lität jedoch wieder ab. die Wirkung der Faktoren innerhalb der wertungen und deren Regionalisierung 쮿 Die Grenzabstände des verdichteten definierten Klassen nicht maßgeblich im mittelmaßstäbigen Bereich. Es wird Siedlungsraums können im Durch- ändert. im Folgenden zu klären sein, welches schnitt um den Faktor 1,7 kleiner sein als Wer also Böden regionalisieren Ausmaß die kleinräumige Variabilität im Außenbereich. möchte, kann dies auch über die räum- von Böden hat, welche Rolle dabei die Vier Beispielgebiete (Grundkarten) liche Differenzierung und Klassifizie- jeweilige Klassenbildung einnimmt und mit zunehmendem Stadtgradienten rung der bodenbildenden Faktoren tun. wie sich aus Faktorenkomplexen Regio- weisen dabei in Bezug auf einzelne Es bedarf dann der „Punktinformation“ nalisierungen erfolgreich im Sinne von Merkmale eine deutliche Differenzie- zur Eineichung und Zuordnung zu einer praxisrelevanten Fragestellungen, wie rung auf, die auf einer Mischung von räumlichen Einheit, zum Beispiel einer z. B. der nachhaltigen Bodenschutzpla- natürlich ererbten und durch Überfor- Kartiereinheit. Die Ausdehnung der je- nung, bewerkstelligen lassen. mung erworbenen Merkmalen besteht. weiligen Fläche wird damit gleicherma- Das GK-Blatt Bostelbek liegt am Stadt- ßen durch die Art der Klassenbildung, 2 Ergebnisse von grundlegenden rand von Hamburg, Wilhelmsburg gilt bezogen auf die Genese und/oder Funk- Untersuchungen zur Variabilität als Siedlungsraum mittlerer Verdich- tion, und die räumliche Variabilität der von Böden tung, Wandsbek als innerstädtisch und bodenbildenden Faktoren bestimmt. Hamm rechnet zur Kernstadt. Da sich die Beschreibung der Böden Auf der Grundlage einer Vielzahl Für Hamburg gilt auf der Grundlage der direkten visuellen Erfassung ent- von Einzeluntersuchungen im Raster von intensiven Bodenkartierungen 11
Kneib – Die Bodenregionalisierung, vom Punkt zur Fläche oder umgekehrt? Tab. 1: Stadtgradienten ausgewählter Merkmale in Hamburg (Kneib & Braskamp 1990). zu einer besseren Erfassung der Böden mit weniger Aufwand und zu einer pra- Kartiergebiete Skelettgehalt (in Vol.%) Tongehalt (Gew. %) xisorientierten Bewertung zu kommen, Bostelbek 4,1 4,0 steigt mit dieser Gruppierung erheblich. Wilhelmsburg 5,4 11,8 Als weitere – meist auch digital zugriffsfähige – Flächeninformationen Wandsbek 19,1 7,5 bieten sich digitale Geländemodelle Hamm 18,0 9,5 oder einfache morphologische Typisie- Reine Auftragsböden (%) rungen und die Substratdaten der Alle Auftragsböden (%) (Y bis 2 m) Reichsbodenschätzung (RBS) an (siehe Bostelbek 22,6 14,6 Kneib 1989). Wilhelmsburg 57,7 20,6 Die Wahrscheinlichkeit, aus den Vor- informationen Relief, Bodenart und Wandsbek 94,2 60,8 Nutzungswandel bzw. Vorflutdichte auf Hamm 95,8 74,6 die maßgebliche Bodenvergesellschaf- Humusgehalte des 1. Horizonts tung zu schließen, gibt die folgende Tabelle 3 wieder. Die Daten der Ta- < 2% 2– 4 % > 4% belle 3 sind im schleswig-holsteinischen Bostelbek 64 21 15 Großnaturraum Geest gewonnen wor- Wilhelmsburg 8 33 59 den. Wandsbek 21 51 28 Fazit: Die Wahrscheinlichkeit aus den Vorinformationen, die richtige Bo- Hamm 23 60 17 dengesellschaft und den überwiegen- den Typ/Subtyp zu bestimmen, liegt (über 2500 statistisch repräsentativer tet (das heißt, mehr als 70 % der Profile zwischen 74 und 100 %, der Kartierauf- Profilbeschreibungen), dass die Kern- gehören einem Typ oder einer Klasse wand vermindert sich beträchtlich und stadt zu 96 % aus Auftragsböden auf- an), dann ist dies für 48 –55 % der Real- gebaut ist, die steinreicher, sandiger nutzungstypen der Fall. Diese Spanne Tab. 2: Ableitbare Nutzungswandeltypen und humusärmer als in anderen Stadt- der Wahrscheinlichkeiten bezieht sich (Kneib & Schemschat 2004, 2006) gebieten sind. Die natürliche Prägung auf die Substrattypen (mit 10 Typen) des Geest-Standorts Bostelbek schlägt und die Bodensubtypen (mit 9 Typen) Wichtige Nutzungswandeltypen Nr. in den Daten ebenso durch wie die des bzw. die Klassen der Eignung als Pflan- Wald, älter als ca. 200 Jahre 1 Elbmarsch-Standorts Wilhelmsburg. zenstandort (9 Klassen). 쮿 Komplexere Auswertungen der Pro- Grünland, älter als ca. 200 Jahre 2 Fazit: Die kleinräumige Variabilität von Böden verlangt zum Teil Profildich- file wie die potenzielle Sickerwasserrate Wald, jünger als ca. 200 Jahre, 3 ten, die im Verwaltungsvollzug des vor- (3 Klassen) oder Immobilisierungskapa- vorher Grünland sorgenden Bodenschutzes in der Regel zität für Cadmium (5 Klassen) sind über Wald, jünger als ca. 200 Jahre, 4 nicht bezahlt werden. Eine Vereinfa- den Realnutzungstyp deutlich schlech- vorher Acker chung der Regionalisierung möglichst ter zu regionalisieren. Wird ein domi- Grünland, jünger als ca. 200 5 ohne Qualitätsverlust ist deshalb unab- nierender Typ (> 50 %) dieser Funktio- Jahre, vorher Acker dingbar. nen erwartet, ist das (trotz der geringen Acker, jünger als ca. 200 Jahre, 6 Zahl von Klassen) nur für 56 – 60 % der vorher Grünland 3 Ergebnisse zur Regionalisierung Realnutzungstypen der Fall. Acker, älter als ca. 200 Jahre 7 durch Faktoren der Eine deutlich bessere Regionalisie- Grünanlagen 8 Bodenbildung rung kann man erreichen, wenn man Neuere offene Siedlungsbebau- statt der Realnutzung den Nutzungs- 9 ung (nach ca. 1955) Die Auswertung der Profile hinsichtlich wandel als „bodenbildenden Faktor“ Ältere offene Siedlungsbebau- des bodenbildenden Faktors „Überfor- benutzt. Aus Chronologien der Topo- 10 ung (vor ca. 1955) mung durch den Menschen“, räumlich graphischen Karte 1:25.000 und histori- schen Karten sind in Norddeutschland in Neuere dichte Siedlungsbebau- abgegrenzt durch die Realnutzung 11 ung (nach ca. 1955) (Typisierung nach AKS 1987) führt in der Regel folgende Nutzungswandel- Typen ableitbar (Tab. 2). Ältere dichte Siedlungsbebau- dem obigen Projekt zu folgenden Er- 12 ung (vor ca. 1955) gebnissen: Fazit: Diese Gruppierung hat sich be- 쮿 Für Flächen gleicher Realnutzung sonders bewährt bei der Ausweisung Neuere Gewerbeflächen 13 kann ein dominierender Typ oder eine von Verdachtsflächen mit schädlichen Neuere Industrieflächen 14 Klasse (das heißt, mehr als 50 % der Pro- Bodenveränderungen und von schutz- Ältere Industrie- und Gewerbe- file gehören diesem Typ oder dieser würdigen Flächen im Sinne des vorsor- 15 flächen Klasse an) mit einer Wahrscheinlichkeit genden Bodenschutzes besonders auch Neuere Entsorgungsflächen 16 von 65 –74 % erwartet werden. Wird ein der Archivfunktion. Die Wahrscheinlich- keit, über eine solche Regionalisierung Ältere Entsorgungsflächen 17 überwiegend dominierender Typ erwar- 12
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