Innovation EXTRA - Ihr Boden - Ihr größtes Kapital - Sonderheft - DSV-Saaten

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Innovation EXTRA - Ihr Boden - Ihr größtes Kapital - Sonderheft - DSV-Saaten
Innovation EXTRA
 Sonderheft

Ihr Boden –
Ihr größtes Kapital

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Innovation EXTRA - Ihr Boden - Ihr größtes Kapital - Sonderheft - DSV-Saaten
Thema

                           Deutsche
                           Saatveredelung AG
Pflanzenzüchtung
                           Innovation für Ihr Wachstum
aus Leidenschaft!          Die Deutsche Saatveredelung AG (DSV) zählt mit 340
                           Mitarbeitern und rund 96 Mio. Euro Jahresumsatz zu
Forschung                  den führenden Pflanzenzuchtunternehmen Deutsch-
                           lands. Dabei blickt das Unternehmen auf eine mehr
Züchtung                   als 80-jährige Firmengeschichte zurück. 800 Aktio-
                           näre, in der Hauptsache Landwirte und Mitarbeiter,
Produktion
                           halten heute das Stammkapital der DSV.
Beratung und Vertrieb      Zum Unternehmen zählen neben der Zentrale in Lippstadt ver-
                           schiedene Saatzuchtstationen, eine Versuchsstation, zahlrei-
                           che Prüfstellen sowie ein flächendeckendes, regional verteiltes
                           Zweigstellen- und Beratungsnetz mit eigenen Aufbereitungsan-
                           lagen, Saatgutlager und Vertriebseinrichtungen. Die DSV unter-
                           hält im In- und Ausland wesentliche Beteiligungen an namhaften
                           Unternehmen der Saatgutbranche. Mit DSV Polska, DSV France,
                           DSV United Kingdom und DSV Ukraina wurden eigenständige
                           Tochterunternehmen im Ausland gegründet.

                           Zwischenfrüchte für Betrieb und Umwelt

                           Züchtung, Produktion, Beratung und Vertrieb von
                           Saatgut sind das Ziel des Unternehmens. Der
                           Schwerpunkt liegt auf den Kulturen Gräser,
                           Klee, Raps, Getreide, Mais (Vertrieb) und
                           Zwischenfrüchte. „Alles aus einer Hand“
                           ist dabei eine Maxime. Auch heute um-
                           fassen DSV Züchtungsprogramme ne-
                           ben Getreide, Raps und Futtergräsern
                           zahlreiche Zwischenfruchtarten.

                           Neue DSV Forschungen richten sich ganz spe-
                           ziell auf die besonderen Eigenschaften von „Mischungen“. Sie
                           schaffen durch ihre Artenvielfalt zahlreiche Vorteile für den Bo-
                           den und die Umwelt. Lange wurde die Zusammensetzung der un-
                           terschiedlichsten Arten getestet. Daraus wurde für die verschie-
                           denen Anforderungen ein Portfolio entwickelt. „TerraLife“, der
                           Name ist Konzept und Verpflichtung zugleich, die Bodenfrucht-
                           barkeit zu erhalten und zu fördern.

Raps • Mais • Getreide
Gräser • Zwischenfrüchte
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Inhalt
                                                                   Grünlanderneuerung   rechnet
                                                                   Einführung in den Kosmos     sich!!
                                                                                            Boden                                                              4
                                                                                                                                                                4
Johannes Peter Angenendt
Vorstand der DSV                                                   Die
                                                                   Wasganze  Fruchtfolge
                                                                       ist Humus?       nutzen                                                                6
                                                                                                                                                                7
                                                                   DSV-Körnermais – da dresche ich Ertrag!                                                     9

Ihrem Boden zu Liebe                                               Regenwürmer,
                                                                   Maisuntersaat wahre
                                                                                 sichert die Grundwasserqualität 
                                                                   Weltmeister im Tunnelbau
                                                                                                                                                              10
                                                                                                                                                              10
Der Boden ist das wichtigste Produktionsmittel im Pflanzen-        Saatmaisvermehrung in Deutschland                                                         12
bau und das größte Kapital des Ackerbauers. Daher gilt es,
den Boden nachhaltig zu bestellen, um somit die Bodenfrucht-       Die Wurzel
barkeit langfristig zu erhalten bzw. zu verbessern. Dies ist ein   Aufbau und Funktion                                                                       14
schwieriges Unterfangen angesichts der aktuellen betriebs-         Wie bildet sich das Öl in der Pflanze?                                                    16
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die zu immer engeren
                                                                   Die Wurzel, Teil 1 bis Teil 6                                                             12
und einseitigeren Fruchtfolgen und damit zur Gefährdung der        BaYMV-2 regional stark verbreitet                                                         18
Bodenfruchtbarkeit führen.
                                                                   „Kyrill“ – Ein Sturm
                                                                   Hohe monetäre        veränderte
                                                                                    Einbußen durch Nährstoffverluste
Die Förderung der Bodenfruchtbarkeit durch den Anbau von           das Gesicht
                                                                   im Boden    des Sauerlandes!                                                             20
                                                                                                                                                              24
Zwischenfrüchten hat in der Deutschen Saatveredelung AG
(DSV) eine große Tradition. Bereits 1928 wurde mit der Ein-
führung des Landsberger Gemenges der Startschuss für eine
erfolgreiche Züchtung und Saatgutproduktion bei Zwischen-
früchten gegeben.

Um das Verständnis für die Bodenfruchtbarkeit zu fördern, ha-
                                                                   TerraLife – Der Name ist Konzept                                                          26
ben wir in unserer Kundenzeitschrift INNOVATION, dem Maga-
zin für die Landwirtschaft, immer wieder Beiträge zu diesem
                                                                   Was bringt der Anbau von Zwischenfrüchten?                                                30
Themenkomplex veröffentlicht.

Das große Interesse unserer Leser an der Artikelserie „Ihr Boden
– Ihr größtes Kapital“ hat selbst unsere höchsten Erwartungen
noch weit übertroffen. Mit dieser Extra-Ausgabe der INNOVATION,
die der Bodenfruchtbarkeit gewidmet ist, entsprechen wir ei-
nem von zahlreichen Lesern geäußerten Wunsch.
                                                                   Calcium – mehr als nur ein pH-Wert-Regulator                                              32

Wir werden Ihnen auch künftig interessante Themen rund um          Tun Sie etwas für Ihre Humusbilanz                                                        34
den Boden und das Bodenleben anbieten.

Wir wünschen Ihnen eine interessante und informative Lektüre,
die Ihnen viele Anregungen bei der Erhaltung bzw. Verbesse-        Impressum
rung der Fruchtbarkeit Ihres Bodens gibt.
                                                                   Herausgeber: Deutsche Saatveredelung AG und Verlag Th. Mann
                                                                   Redaktion: Ludger Alpmann, Johannes-Peter Angenendt, Inken Steppentrup, Angelika Hemmers,
                                                                   Martin Koch, Rieke Nack, Carmen Rustemeyer, Frank Trockels, Oliver Wellie-Stephan,
                                                                   Deutsche Saatveredelung AG, Weissenburger Straße 5, 59557 Lippstadt, Fon 0 29 41.2 96-0,
                                                                   Fax 0 29 41.2 96-1 00, info@dsv-saaten.de, www.dsv-saaten.de
                                                                   Konzeption: Plantamedium GmbH, Everswinkeler Straße 7, 48231 Warendorf,
                                                                   Fon 0 25 81.9 27 90-0, www.plantamedium.de
Johannes-Peter Angenendt · Vorstand der DSV                        Gestaltung und Realisierung: AgroConcept GmbH, Clemens-August-Str. 12–14,
                                                                   53115 Bonn, Fon 02 28.96 94 26-0

                                       schrift
                         sse, die Zeit
                                                                   Urheberrecht: Die in »Innovation« veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt,
          S ie  In te re
Haben                               zu lesen?
                                                                   Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung. Beiträge mit Verfasser-

    n o v a ti o n ” regelmäßig                                    namen geben nicht unbedingt die Meinung der Deutsche Saatveredelung und der Redaktion
„In                                      r
                           Sie sich unte
                                                                   wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotografien u.a. Materialien wird keine Haftung
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Innovation EXTRA - Ihr Boden - Ihr größtes Kapital - Sonderheft - DSV-Saaten
Einführung in den
Kosmos Boden
Prof. Dr. Thomas Weyer, FH-Südwestfalen, Soest

Was ist Boden?                                    von Raum, Zeit und menschlichen Aktivitäten        re und Pflanzen. Darum muss darauf geachtet
Der Boden als oberste und belebte Schicht der     weiter zu entwickeln. Deshalb gibt es beispiels-   werden, dass ihre natürliche Fruchtbarkeit und
Erdrinde besteht aus mineralischen Bestand-       weise keine Böden auf unserem Erdtrabanten,        ihre ökologischen Funktionen erhalten bleiben.
teilen, insbesondere Gesteinsbruchstücken und     dem Mond.                                          Neben der Funktion als Nutzungsgrundlage
Mineralen sowie aus den organischen Be-           In der Europäischen Bodencharta ist zu lesen,      haben Böden aber auch wichtige Funktionen
standteilen der Bodenorganismen und der           „Der Boden ist eines der kostbarsten Güter der     im Naturhaushalt als Filter und Puffer in Stoff-
Pflanzenwurzeln. Er ist von Vegetationsrück-      Menschheit. Er ermöglicht es, Pflanzen, Tieren     kreisläufen sowie als Wasser- und Kohlenstoff-
ständen bedeckt mit Humus ausgestattet, Was-      und Menschen auf der Erdoberfläche zu le-          speicher.
ser und Luft zirkulieren darin. Böden entstehen   ben.“ Dies macht auf die umfassende Bedeu-
folglich überall dort, wo Gesteine (Lithosphä-    tung des Bodens aufmerksam.                        Ausgangsgesteine
re), organisches Material (Biosphäre), Wasser     Böden sind zudem ein knappes Gut und nicht         und Bodenentwicklung
(Hydrosphäre) und Luft (Atmosphäre) zusam-        vermehrbar. Folglich sind Böden die unver-         Die wichtigsten Ausgangsgesteine landwirt-
mentreffen, um sich dann unter dem Einfluss       zichtbare Lebensgrundlage für Menschen, Tie-       schaftlich genutzter Böden sind die durch Vul-
                                                                                                     kanismus entstandenen Magmatite, wie Basalt
                                                                                                     und Granit, die durch Druck und Temperatur
                                                                                                     umgewandelten Metamorphite, wie Schiefer
                                                                                                     und Gneis und die durch Wind oder Wasser
                                                                                                     transportierten Sedimente wie Sand und Löss.
                                                                                                     Während die vulkanischen Basaltgesteine der
                                                                                                     Mittelgebirge (Eifel, Westerwald und Rhön)
                                                                                                     sowie die metamorphen Gesteine des Rheini-
                                                                                                     schen Schiefergebirges viele Millionen Jahre
                                                                                                     alt sind, wurden viele Sand- und Lösssedimen-
                                                                                                     te in Nordrhein-Westfalen erst in der letzten
                                                                                                     Eiszeit, ca. 117.000 bis 12.000 Jahre vor heu-
                                                                                                     te, abgelagert. In geologischen Zeiträumen ist
                                                                                                     dies geradezu jung, nach menschlichem Ermes-
                                                                                                     sen ein unvorstellbar langer Zeitraum. Der An-
                                                                                                     teil der Sedimente an den Gesteinsgruppen der
                                                                                                     Erdoberfläche beträgt ca. 75 %.

                                                                                                     Lebendiger Boden: Nur der Regenwurm ver-
                                                                                                     bindet organische Stoffe und Tonminerale zu
                                                                                                     einem stabilen Bodengefüge

4 · Innovation Sonderheft Boden
Innovation EXTRA - Ihr Boden - Ihr größtes Kapital - Sonderheft - DSV-Saaten
Braunerde –
 der Allerweltsboden!
 Seinen Namen erhielt die Braunerde, auch Arenosol oder Cambisol
 genannt, durch die typbestimmende Verbraunung seines B-Hori-
 zonts. Der Bodenprozess der Verbraunung entsteht durch Eisen-II-
 Ionen, die bei der Verwitterung eisenhaltiger Minerale freigesetzt
 werden. Die Braunerde ist weit verbreitet und wird daher häufig als
 „Allerweltsboden“ bezeichnet. Typisch ist sie für die gemäßigte hu-
 mide Klimazone Mitteleuropas. Außerhalb Europas sind Braunerden
 in Nordamerika und in den südlichen Teilen von Sibirien zu finden.
 Vereinzelt treten sie auch in Australien und Neuseeland auf.

  Bodentyp Braunerde – variierende Eigenschaften und
  Nutzung je nach Ausgangsgestein
  Ausgangs-              Braunerde aus       Braunerde aus         Braunerde
  gestein                  Sandstein,            Sand,             aus Basalt,
                         Quarzit, Gneis,      Flugsanden         Geschiebe­lehm,
                             Granit                              Löss und Lehm
  Eigen-                sauer bis basen-        basenarm,            basenreich,
  schaften             arm, nährstoffarm,     nährstoffarm,        nähr­stoffreich,
                            steinig,           grobkörnig,          humusreich,
                         flach­gründig,       flachgründig,         tiefgründig,
                            trocken               trocken           gute Wasser­
                                             wenig fruchtbar/     speicherfähigkeit
                                                ertragreich          ertragreich
  Nutzung                     Bergland mit    Flachland mit       Flachland sowie
                              Forstnutzung   forst- und land-      Alpenvorland,
                                             wirtschaftlicher      ackerbauliche
                                                 Nutzung              Nutzung
  Vergesell-                    Rankern,         Podsol           Parabraunerde,
  schaftung                    Rendzinen                          Schwarzerden
  Beispiele              Braunerde aus     Braunerde aus    Braunerden aus
  der Vor­               Granit, unter    Sand in Mecken-   steinigem Lehm
  kommen                  Laubwald im    burg-Vorpommern, in der Eifel, Brau-
                          Bayerischen     hessisches Ried, nerden aus Basalt
                       Wald, podsolierte   Spargelanbau      in Offen­lagen
                        Braunerde unter                       von Vulkan­
                       Nadelwäldern und                    landschaften des
                        Heidevegetation                    Westerwaldes und
                                                               Vogelsberg
 Quelle: VHE, HuMuss Nr. 19

Besonders im kühlhumiden Klimabereich
Deutschlands führen der Wechsel von Frost
und Hitze einerseits und „Saurem Regen“
andererseits zur Verwitterung der Gesteine.
Dieser „Alterungsprozess“ der Gesteine führt
zur Bildung neuer Minerale und markiert den
                                                                                                      t es
ersten Schritt zur Bodenbildung.
                                                                                    B r a u n erde gib e
                                                                                 r               oden.d
Zu den Faktoren, welche die Richtung und das                          Infos zu         ww.bvb
Ausmaß der Bodenbildung bestimmen, zählt                                 un t e r : w
neben dem Ausgangsgestein, dem Wasserein-
fluss, dem Landschaftsrelief, dem Pflanzen-                         Foto: H. Bauer
und Tierbesatz, den menschlichen und zeitli-
chen Einflüssen vor allem das Klima. Erhöht
sich beispielsweise die Bodentemperatur um                      Die Braunerde ist typisch für die gemäßigte, humide Klimazone Mitteleuropas. In Nordrhein-
10 °C, so verdoppeln sich alle biochemischen                    Westfalen beispielsweise überwiegt die Braunerde mit einem Flächenanteil von 27 Prozent.

                                                                                                                               Innovation Sonderheft Boden · 5
Innovation EXTRA - Ihr Boden - Ihr größtes Kapital - Sonderheft - DSV-Saaten
Prozesse im Boden. Die Schwarzerde-Böden in in die Hauptbodenarten Sand, Schluff und                  trocken, ein Schluffboden bei gleichem Wasser-
der Ukraine und in Kasachstan verdanken den Ton unterteilt. Lehm ist ein Gemisch aus den              gehalt feucht und ein Sandboden nass anfühlt.
Erhalt ihrer Fruchtbarkeit unter anderem auch drei Hauptbodenarten, hat aber keine eigene             Tonteilchen sind also sehr quellfähig.
dem kontinentalen Klima mit warm-trockenen Korngröße. Sandpartikel haben einen Durch-                 Die Bodenart hat durch die Form und die Grö-
Sommern und kalten Wintern.                       messer von 2–0,063 mm, Schluffpartikel liegen       ße der Oberfläche der Bodenteilchen einen
Seit ca. 12.000 Jahren, seit dem Ende der letz- zwischen 0,063 und 0,002 mm. Tonteilchen              entscheidenden Einfluss auf die Bodenstruktur.
ten Eiszeit, bilden sich unsere heutigen Böden. sind die kleinsten Bodenteilchen mit einem            Die winzigen Tonpartikel können dank ihrer
Dies geschieht vorwiegend durch chemisch- Durchmesser kleiner als 0,002 mm. Damit ist                 Struktur komplexe Bindungen mit Stoffen im
physikalische Um-                                                           ein Schluffteilchen       Boden eingehen – ihre verhältnismäßig große
wandlungsprozesse „Der Boden ist eines der kostbars- 1.000 Mal kleiner als                            Oberfläche sorgt zudem für erheblich mehr
und durch Verlage- ten Güter der Menschheit. Er er- ein Sandteilchen und                              Bindungsmöglichkeiten als dies bei Sandkör-
rungsvorgänge        in möglicht es Pflanzen, Tieren und ein Tonteilchen sogar                        nern der Fall ist. Das ist der Grund dafür, war-
den Böden selbst. In Menschen, auf der Erdoberfläche zu 1 Millionen Mal klei-                         um tonreiche Böden sehr komplexe und stabile
der Summe führt dies leben.“                Europäische Bodencharta        ner als ein Sandkorn.     Bodenaggregate ausbilden können, während
zu charakteristischen                                                       Die Anteile der Sand-,    sandreiche Böden dazu neigen, in instabilen
Ausdifferenzierungen, den sog. Bodentypen. Schluff- und Tonteilchen bilden in der Summe               Einzelkorngefügen zu verharren. Sandböden
Auf diese Weise entwickelten sich beispiels- die Bodenart, z.B. lehmiger Sand (Sl3). Lössbö-          können ihre Struktur nur in Kombination mit
weise über einen langen Zeitraum die Para- den enthalten beispielsweise einen sehr hohen              hohen Humusgehalten positiv verändern.
braunerden aus Löss: Nachdem die Säure des Schluffanteil und häufig einen Tonanteil zwi-              Eine auf die Bodenart abgestimmte Kalkung
Regens den im Löss enthaltenen Kalk aufge- schen 10 und 24 %.                                         des Bodens mit dem Ziel optimaler pH-Werte
braucht hatte, verlagerten sich die Tonminerale Die kleinen Tonplättchen bilden erheblich fei-        (z.B. Sand pH 5,6, lehmiger Schluff pH 6,5, to-
des Oberbodens nach unten und reicherten nere, dafür aber wesentlich mehr Poren als die               niger Lehm pH 7,0) beeinflusst die Bindungen
sich im Unterboden an.                            größeren Sandkörner. Schluffreiche Böden lie-       zwischen den Bodenteilchen positiv und för-
                                                  gen mit ihrer Korn- und Porengrößenverteilung       dert eine lockere, aber stabile Bodenstruktur.
Warum Tonminerale in Bö-                          zwischen den Sand- und Tonböden. Sie haben          Tonteilchen sind Produkte aus der Verwitterung
den eine Hauptrolle spielen                       einen besonders hohen Anteil an Mittelporen         der Gesteine und Minerale sowie der Boden-
Die Bodenfruchtbarkeit ist ein Maß für die        (d = 0,0002–0,01 mm), die das pflanzenver-          bildung. Den Grundbaustein der Tonteilchen
nachhaltige Ertragssicherheit der Böden. Sie ist fügbare Wasser (= nFK = nutzbare Feldkapazi-         bildet eine Verbindung aus den chemischen
abhängig vom Humusgehalt und der Bodenart tät) enthalten. Tonböden besitzen viele Feinpo-             Elementen Silicium und Sauerstoff (SiO4).
und dabei insbesondere vom Tonanteil an der ren (d = < 0,0002 mm). Das hierin enthaltene              Diese Grundbausteine werden zu Zwei- und
Bodenart.                                         Wasser wird als „Totwasser“ (TW) bezeichnet,        Dreischicht-Tonmineralen aufgebaut, sie sind
                                                  weil die Pflanzen es kaum verwerten können.         unterschiedlich vernetzt und verleihen allen
                                                  Den verhältnismäßig größten Anteil an Sicker-       Tonmineralen die Eigenschaft, Nährstoffe nicht
                                                  wasser leitenden Grobporen (d = > 0,01 mm)          nur zu binden und zu speichern, sondern diese
                                                  besitzen Sandböden.                                 auch verfügbar zu halten. Dies gilt insbesonde-
                                                  Diese Umstände haben Einfluss auf die Fä-           re für die Nährstoffe Kalium und Ammonium. Es
                                                  higkeit des Bodens, Wasser zu speichern oder        ist letztlich diese Eigenschaft der Tonminerale,
                                                  versickern zu lassen. Sandböden sind schlechte      die die Grunddüngung und auch die Kalkung
                                                  Wasserspeicher, da sie das Wasser schnell ver-      innerhalb der Fruchtfolge möglich machen.
                                                  sickern lassen – ihre Poren sind zu weit, als das   An den vielen Bindungsplätzen der Tonminera-
                                                  die Wassermoleküle durch Anziehungskräfte           le werden außerdem Schadstoffe und auch die
                                                  im Boden gehalten werden könnten (Haft-             Einträge durch den „Sauren Regen“ gepuffert.
                                                  wasser). Im Gegensatz dazu sind Tonböden            Diese Fähigkeit wird allerdings geschwächt,
                                                  hervorragende Wasserspeicher, weil sie sehr         wenn Böden über lange Zeiträume nicht ge-
                                                  viele feine Poren besitzen. Ihre Poren sind je-     kalkt werden. Sinken die pH-Werte von Böden
                                                  doch überwiegend so klein, dass sie einen           unter pH 3,0, wie es bei vielen Waldböden der
                                                  Großteil des Wassers mit einer sehr hohen An-       Fall ist, können sich Tonminerale nicht mehr
                                                  ziehungskraft „festhalten“. Das macht es den        regenerieren, die Tonminerale lösen sich dann
                                                  Pflanzenwurzeln fast unmöglich, dieses Wasser       auf, der Boden versandet. Die Bodenfrucht-
                                                  aufzunehmen.                                        barkeit dieser Böden geht dann irreversibel
Pseudogley aus Löss über Kalksteinverwitte-       Das Wasser im Sandboden versickert, während         verloren. Deshalb ist die Bodenkalkung aktiver
rung mit Krümelstruktur im Oberboden              der Lehmboden (hoher Schluffanteil) das Was-        Bodenschutz.
                                                  ser hält, es aber gleichzeitig für die Pflanzen-
Während der Bodentyp (z.B. Parabraunerde) wurzeln zur Verfügung stellen kann (pflanzen-               Innovation 2/2009

die Entstehungsgeschichte, die Entwicklungs- verfügbares Wasser). Der Tonboden hingegen               Prof. Dr. Thomas Weyer
stufe und den Aufbau eines Bodens bezeich- bindet einen Großteil des Wassers so stark,
                                                                                                      Fon 02921.378245
net, ist die Bodenart die Summe der verschie- dass die Pflanzenwurzeln es nicht aufnehmen             Fax 02921.378200
den großen Bodenteilchen eines Bodens. Die können (Totwasser). Dies ist die Ursache dafür,            weyer@fh-swf.de
Bodenteilchen werden nach ihrer Korngröße dass sich ein Tonboden bei 20 % Wassergehalt

6 · Innovation Sonderheft Boden
Innovation EXTRA - Ihr Boden - Ihr größtes Kapital - Sonderheft - DSV-Saaten
Was ist Humus?
Die wichtigsten 30 cm im Boden
Dipl. Ing. Agr. Michael Baumecker, Humboldt-Universität, Berlin

Böden bestehen aus mineralischer Substanz (ca. 45 %), Luft (ca. 25 %),                            Substanzen) zu unterscheiden (Abb. 1). Beim
Wasser (ca.23 %) und organischer Substanz (ca. 7 %). Es sind sehr gut ge-                         weiteren Abbau der organischen Substanz
                                                                                                  des Bodens bilden sich Fraktionen, die zum ei-
pufferte Systeme, die nur langsam auf Veränderungen reagieren und 20                              nen mit den Tonteilchen stabile Verbindungen
bis 50 Jahre benötigen, um sich auf neue Fließgleichgewichte einzustellen.                        eingehen und nicht weiter abgebaut werden
                                                                                                  (Dauerhumus) und die Fraktion des Nährhu-
Ein wesentlicher Bestandteil des Bodens ist die   Es ist bei der Betrachtung der organischen      mus. Diese Fraktion des Nährhumus unterteilt
organische Substanz, die neben den Tonantei-      Substanz zwischen der organischen Primär-       sich wiederum in eine aktive und in eine sta-
len die Fruchtbarkeit der Böden maßgeblich        substanz (frische Ernte- und Wurzelrückstän-    bilisierte Fraktion. Die aktive Fraktion ist rasch
beeinflusst.                                      de, organische Dünger) und der organischen      mineralisierbar. Bei der stabilisierten Fraktion
Schon Albrecht Daniel Thaer (1752–1828) stell-    Substanz des Bodens (bereits umgewandelte       verläuft der Mineralisierungsprozess dagegen
te in seinem Werk „Grundsätze der rationellen
Landwirtschaft“ fest:
                                                   Abb. 1: F
                                                            raktionen der organischen Bodensubstanz
                                                           (Körschens et al. 1997)
„So wie der Humus eine Erzeugung
des Lebens ist, ist er auch die Bedin-
gung des Lebens. Er gibt die Nahrung
dem Organismus, ohne ihn lässt sich                                         Organische Substanz
daher kein Leben, wenigstens der
vollkommeneren Tiere und Pflan-
zen, auf dem Erdboden denken.“
                                                       Organische Primärsubstanz           Organische Substanz des Bodens
                                                                 (OPS)                                  (OBS)

Humus positiv für
Bodenfruchtbarkeit
Organische Bodensubstanz oder Humus im                                                    Dauerhumus                Nährhumus
engeren Sinne ist nach SCHEFFER die abge-
storbene organische Masse in und auf dem
Boden, die sich in einem Abbau-, Umbau- und
Aufbauprozess befindet. Dieser Vorgang wird                                                            Aktive OBS               Stabilisierte OBS
durch biochemische Prozesse eingeleitet und
gesteuert.

                                                                                                                     Innovation Sonderheft Boden · 7
Innovation EXTRA - Ihr Boden - Ihr größtes Kapital - Sonderheft - DSV-Saaten
deutlich verlangsamt ab. Huminstoffe werden
im Boden durch Ab- und Umbauprozesse stän-            Abb. 3: H
                                                               umusgehalte Statischer Nährstoffmangelversuch
dig neu gebildet. Auf Grund ihrer chemischen                  in Abhängigkeit der organisch-mineralischen Düngung
Eigenschaften können bedeutende Mengen
Wasser und Ionen reversibel gebunden wer-                       1,50

den. Huminstoffe und in Zersetzung begriffene
Ausgangstoffe beeinflussen somit in hohem                                                           1,17

Maße die Gefügebildung, Nährstoff- und Was-                                             0,97
                                                                1,00
serbindung sowie das Wärmeverhalten der

                                                      Humus %
                                                                                                                          0,78
Böden.                                                                                                         0,73
                                                                                                                                                 0,70
                                                                                                                                        0,67
Die organische Bo­densubstanz wirkt wie Kitt,                            0,62                                                                               0,59
sie verklebt die Mineralbestandteile, stabili-                  0,50
siert das Einzelkorngefüge und schafft Poren,
die den Luft- und Wasseraustausch begünsti-
gen. So wird durch den Humus die Fruchtbar-
keit aller Böden positiv beeinflusst.                             0
                                                                       ungedüngt     Stallmist   NPK + Kalk NPK + Kalk     NPK       NP + Kalk NK + Kalk PK + Kalk
Ist es auf bindigeren Böden die Verbesserung                                                     + Stallmist           (Kalkmangel) (K-Mangel) (P-Mangel) (N-Mangel)
der Durchlüftung und des Wärmeverhaltens, so          Quelle: Dauerversuch HU Berlin, Thyrow

ist es auf den sandigen Substraten die einzige
Möglichkeit, durch die Erhöhung des Anteils
organischer Substanz, das Wasser- und Nähr-          abhängig. Somit ergeben sich für die landwirt-
                                                                                                                        1 Mineralpartikel
stoffspeichervermögen zu verbessern.                 schaftlich genutzten Böden standortspezifi-
Der Humusgehalt eines Bodens ist in erster           sche optimale Humusgehalte, die auf der einen                      2 Organische Bestandteile („Humus”)
Linie von dessen Ton- und Feinschluffgehalt          Seite das System Boden abpuffern und auf der
                                                                                                                        3 Porensystem mit Luft/Wasser
(Tab. 1) sowie von den klimatischen Bedin-           anderen Seite erhöhte Nährstoffausträge ver-
gungen (Temperatur und Niederschlag) vor Ort         meiden.                                                            4 Krümeloberfläche mit Humusanreicherung
                                                                                                                        5 Wurzelspitze mit Wurzelhaaren

 Abb. 2: Bodenkrümel mit Pflanzenwurzeln und Bodentieren                                                                6 Milbe (Acari)
                                                                                                                        7 Springschwanz (Collembole)

                                                                                   6                                    8 Fadenwurm (Nematode)

                                       8                                                                                            4

                8

                                                 5

                                                                                                           1

                             7

(VÖKT et al. 1991, zit. in KELLER et al. 1997)                                         3           2
8 · Innovation Sonderheft Boden
Innovation EXTRA - Ihr Boden - Ihr größtes Kapital - Sonderheft - DSV-Saaten
Humusgehalt von 1 % wird in den organisch
                                                                                                                                            gedüngten Prüfgliedern erreicht. Alle aus-
                                                                                                                                            schließlich mineralisch gedüngten Prüfglieder
                                                                                                                                            erreichen diesen Gehalt nicht. Der Verzicht
                                                                                                                                            auf die mineralische Stickstoffzufuhr hat den
                                                                                                                                            Humusgehalt am stärksten abgesenkt. Dieses
                                                                                                                                            Niveau ist auch bei unterlassener Düngung zu
                                                                                                                                            finden.
                                                                                                                                            Das Ertragsniveau wurde durch die differen-
                                                                                                                                            zierte organisch-mineralische Düngung auch
                                                                                                                                            beeinflusst (Abb. 4).

                                                                                                                                            Gegenüber der mineralischen Düngung hat
                                                                                                                                            die kombinierte organisch-mineralische Dün-
                                                                                                                                            gung die Erträge von Kartoffeln, Silomais und
                                                                                                                                            Sommergerste um 30 bis 40 % erhöht. Bei
                                                                                                                                            Verzicht auf die mineralische Düngung kann
                                                                                                                                            bei ausschließlicher Stallmistdüngung nur Si-
                                                                                                                                            lomais die Nährstoffdefizite ausgleichen. Das
                                                                                                                                            Ertragsniveau der Kartoffeln sinkt um 14 %.

                                                                                                                                             Tab. 1: Humusgehalte

                                                                                                                                                                       Tongehalt   Humusgehalt
                                                                                                                                             Bodenart
                                                                                                                                                                          (%)         (%)
Einfluss der Düngung                                                           Im jährlichen Wechsel werden Kartoffeln –
auf den Humusgehalt                                                            Sommergerste – Silomais – Sommergerste                        Sand                        0–17         1,0–1,8
Zur Ermittlung der optimalen Gehalte an orga-                                  angebaut.                                                     Lehm                       12–35         2,5–4,6
nischer Substanz wurden und werden Dauer-                                                                                                    Ton                        45–65           5,3
versuche durchgeführt. Deren Anzahl ist durch                                  Erhaltung optimaler                                          Quelle: nach ELLMER 2005
Aufgabe von Versuchen in den vergangenen                                       Humusgehalte wichtig
Jahrzehnten stetig zurückgegangen, so dass                                     Die Abbildung 3 zeigt die Humusgehalte der
heute nur noch wenige Versuche zur Verfügung                                   Prüfglieder des Statischen Nährstoffmangel-                  Die auf Bodenversauerung empfindlich reagie-
stehen. Am Beispiel des Thyrower Statischen                                    versuches nach 70-jähriger Versuchsdauer. Im                 rende Sommergerste fällt im Ertrag um 60 %
Nährstoffmangelversuches, 1937 angelegt, soll                                  Verlauf der Versuchsdurchführung haben sich                  ab. Die Ertragsdefizite nehmen in der Reihen-
nun auf den Einfluss der Düngung auf den Hu-                                   deutliche düngungsspezifische Unterschie-                    folge Phosphormangel < Kaliummangel <
musgehalt eingegangen werden.                                                  de im Humusgehalt eingestellt. Der optimale                  Stickstoffmangel zu. Die Unterlassung jeglicher
                                                                                                                                            Nährstoffzufuhr hat Ertragsausfälle zwischen
                                                                                                                                            80 % (Silomais) und 100 % (Sommergerste)
                                                                                                                                            zur Folge.
 Abb. 4: Relativerträge Statischer Nährstoffmangel­versuch
          in Abhängigkeit der organisch-mineralischen Düngung                                                                               Für eine nachhaltige Bodennutzung mit stabi-
                                                                                                                                            len Erträgen ist es deshalb unumgänglich opti-
      200
                                                                                                                                            male Humusgehalte, entsprechend der Stand-
                                                                                     NPK + Kalk Sommergerste = 22,8 dt/ha Korn
                                                                                                Silomais     = 79,2 dt/ha TM
                                                                                                                                            ortbedingungen, zu erhalten. Dies ist nur durch
                                                                                                Kartoffeln   = 269,7 dt/ha                  eine kontinuierliche Zufuhr organischer Primär-
                                                     148
      150
                                                           138
                                                                                                                                            substanz möglich. In diesem Zusammenhang
                                               133
                                                                                                                                            ist auch der Einfluss der Stickstoffdüngung zu
                                                                 100 100 100
                                                                                                                                            beachten, da diese in ihrem Einfluss auf den
      100                                 96
                                                                                                                                            Gehalt der organischen Bodensubstanz nicht
 %

                                                                                          91                  88
                                    86                                                                                  82
                                                                                     82
                                                                                                                   75
                                                                                                         71                                 unterschätzt werden darf.
        50                     43                                               45                                                          Innovation 3/2009
                                                                                               37                                 37   34
                                                                                                    29
                        21                                                                                                   18             Dipl. Ing. Agr.
                   10
               0                                                                                                                            Michael Baumecker
         0
              ungedüngt        Stallmist       NPK + Kalk NPK + Kalk     NPK       NP + Kalk NK + Kalk                        PK + Kalk     Fon 033731.15469
                                               + Stallmist           (Kalkmangel) (K-Mangel) (P-Mangel)                      (N-Mangel)     Fax 033731.80307
                                                                                                                                            michael.baumecker@
 Quelle: Dauerversuch HU Berlin, Thyrow                                    ■ Sommergerste (94-08) ■ Kartoffeln (97-05) ■ Silomais (99-07)   agrar.hu-berlin.de

                                                                                                                                                                   Innovation Sonderheft Boden · 9
Innovation EXTRA - Ihr Boden - Ihr größtes Kapital - Sonderheft - DSV-Saaten
Regenwürmer, wahre
Weltmeister im Tunnelbau

                                                                                                  Der größte Vertreter der Regenwürmer in hei-
Die Bedeutung des Bodenlebens                                                                     mischen Ackerböden ist Lumbricus terrestris.

für die Bodenfruchtbarkeit
Dr. Monika Joschko, Müncheberg

Die Fruchtbarkeit eines Bodens ist eng mit der Aktivität von Bodenorganis-                        Regenwürmer – die größten
men verknüpft. Wichtige fruchtbarkeitsbestimmende Bodeneigenschaften,                             Bodenorganismen
                                                                                                  Die teils zum Pflanzen-, teils zum Tierreich ge-
wie die Nährstoffdynamik, der Humusgehalt oder der Gefügezustand eines                            hörenden Bodenorganismen werden in ihrer
Bodens, sind in starkem Maße das Ergebnis der Tätigkeit von Bodenorga-                            Gesamtheit als „Edaphon“ bezeichnet. Die
nismen. Das Bindeglied zwischen Bodenlebewesen und Bodenfruchtbarkeit                             größte Gruppe der Bodenorganismen bilden
                                                                                                  die Bodenmikroorganismen, zu denen vor al-
ist die organische Primärsubstanz, welche – als Ernte- oder Wurzelrück-                           lem Bakterien und Pilze, aber auch Protozoen,
stand oder organische Düngung – den meist heterotrophen Organismen als                            Algen und Viren gehören. Sie sind überwie-
Nahrung dient, und deren Reste, oft nach zahlreichen Umsetzungsprozes-                            gend sessil (lat., festsitzend) und haften auf
                                                                                                  der Oberfläche der Substrate und Bodenkol-
sen, als Humus im Boden verbleiben.                                                               loide; sie gehören zum Lebensformtyp der
                                                                                                  „Bodenhafter“. Mikrobiologische Indikatoren
Schon seit der Antike sind die engen Bezie-       Ende des 18. Jahrhunderts hatte bereits de      für die Bodenfruchtbarkeit sind die mikro-
hungen zwischen Bodenleben und Boden-             Saussure die Grundlagen zur Erkenntnis der      bielle Biomasse, d.h. die Gesamtmasse leben-
fruchtbarkeit bekannt. So schrieb Plinius der     Rolle des Humus in der Ernährung der Pflanzen   der Mikroorganismen in einem Boden, oder
Ältere bereits ein Jahrhundert vor unsere Zeit-   gelegt. Allmählich wurde klar, dass nicht nur   das Verhältnis von mikrobieller Biomasse zu
rechnung: „Jenes Land ist gut, das, sobald es     die Regenwürmer, sondern die verschiedens-      Kohlenstoffgehalten des Bodens. Bei entspre-
aufgepflügt ist, von gierigen Vögeln überfallen   ten Organismengruppen für die Humusbildung      chenden Untersuchungen wird mit unter-
wird, die den Pflug begleiten“ (nach Müller,      und Stoffumsetzung im Boden verantwortlich      schiedlichen Verfahren die Kohlenstoffmenge
1965). Die Bedeutung der Regenwürmer für          sind. Die Bedeutung des Bodenlebens für die     in der mikrobiellen Biomasse bestimmt. In
die Humusbildung wurde später von Charles         Bodenfruchtbarkeit war damit endgültig aner-    Ackerböden beträgt die mittlere Menge an
Darwin umfassend dargestellt (Darwin 1881).       kannt.                                          mikrobieller Biomasse 3 t/ha, entsprechend

10 · Innovation Sonderheft Boden
15 t/ha Frischmasse oder 30 Großvieheinhei-       (Mineralisierung). Dabei werden die in der
ten/ha.                                           organischen Substanz vorhandenen Verbin-
Die Bodenfauna umfasst Tiergruppen verschie-      dungen so weit zerlegt, dass sie als in der Bo-
dener Größenklassen. Zu den kleinsten Boden-      denlösung vorhandene Ionen von der Pflanze
tieren gehören die Protozoen und Nematoden        wieder aufgenommen werden können. Die
mit einer Körpergröße ab 1/1000 mm. Sie le-       Bodenorganismen schaffen so die Existenz-
ben als „Bodenschwimmer“ in wassergefüllten       grundlage für Pflanzen, Tiere und Menschen
Poren oder im Wasserfilm, welcher die Mineral­    und schließen den Stoffkreislauf der Natur.
partikel umschließt, und Populationsdichten von
mehreren Millionen pro m² erreichen können.       Leistungen im
                                                  Agrarökosystem
Äußerst vielgestaltig sind die Vertreter der      Als Hauptträger der Stoffumsetzungen sind
Mesofauna, die verschiedene Gliederfüßler         Bodenmikroorganismen die wichtigste Orga-
wie Collembolen und Milben einschließen. Sie      nismengruppe im Boden. Sie bewerkstelligen
sind als „Bodenschliefer“ auf die luftgefüllten   den Ab- und Umbau der organischen Subs-
Hohlräume des Bodens angewiesen; die räube-       tanz, setzen Nährstoffe frei und beeinflussen
rischen Arten bewegen sich auf der Suche nach     das Bodengefüge durch die Ausscheidung
Beutetieren zum Teil in rasendem Lauf durch       von Schleimstoffen. Bodentiere „schreddern“
die engen Gänge. Die größten Bodenorganis-        C-haltige Pflanzenreste und Ernterückstände,
men (Makrofauna) sind die „Bodenwühler“           verteilen sie im Boden und vermischen sie mit
wie die Regenwürmer, deren größte Vertreter       Mineralpartikeln. Bei der Passage von Boden
bis über 20 cm lang werden können (Lum-           und organischem Material durch den Darm-
bricus terrestris). Je nach der Textur und dem    trakt der Bodentiere kommt es zu Veränderun-
Kohlenstoffgehalt des Bodens können über          gen des Substrates: Die Pflanzenverfügbarkeit
1 t/ha Frischmasse an Regenwürmern in einem       der Nährstoffe wird erhöht und die Bildung von
Ackerboden vorhanden sein.                        Huminstoffen aus organischem Material ge-
                                                  steigert. In Gefäß- und Feldversuchen konnten
Leistungen allgemein                              häufig Ertragssteigerungen durch die Boden-

                                                                                                                                                            Fotos: Ehrmann
Den Bodenorganismen kommt in ihrer Gesamt-        tiertätigkeit festgestellt werden. Bei ihrem Weg
heit die Aufgabe zu, die von höheren Pflanzen     durch den Boden verändern die Bodentiere das
gebildete und von Tieren und Menschen teil-       Bodengefüge in kleinsten Dimensionen (µm-
weise umgeformte organische Substanz weiter       Bereich), aber auch im Makrobereich durch das      Bei ihrem Weg durch den Boden verändern
umzubauen (Humifizierung) bzw. abzubauen          Anlegen von Gängen, die mehrere Meter tief in      die Bodentiere das Bodengefüge.
                                                  den Unterboden reichen können.
                                                                                                     duzierung der Bodenbearbeitung wirkt sich
                                                  Bodenorganismen                                    dabei besonders auf Regenwürmer, vor allem
                                                  richtig füttern                                    auch auf den tiefgrabenden Tauwurm günstig
                                                  Wie kann nun die so wichtige Tätigkeit der         aus.
                                                  Bodenorganismen gefördert werden? Wichtig
                                                  ist vor allem die richtige „Fütterung“ durch       Ausblick
                                                  leicht verwertbares organisches Material,          Zwischen Humushaushalt und Bodenleben
                                                  welches zum Beispiel in Form der Ernte- und        besteht eine enge Beziehung, die für die Auf-
                                                  Wurzelrückstände den Bodenorganismen zur           rechterhaltung der Bodenfruchtbarkeit von
                                                  Verfügung gestellt wird. Langjährige Unter-        großer Bedeutung ist. Landwirte wissen seit
                                                  suchungen in Müncheberg zeigten den großen         langem, dass Landwirtschaft in erster Linie
                                                  Einfluss der Pflanze, d.h. der Fruchtfolge, auf    „Humuswirtschaft“ ist – die Erhaltung und
                                                  das Bodenleben. Besonders förderlich für           Vermehrung der Humusmenge im Boden war
                                                  Bodenmikroorganismen und Bodentiere wir-           immer schon ein wichtiges Anliegen bei der
                                                  ken sich Leguminosen in der Fruchtfolge aus.       Bodenbewirtschaftung. Allerdings müssen
                                                  Eine Aufweitung der derzeit üblichen engen         auch die ökonomischen Rahmenbedingungen
                                                  Fruchtfolgen mit der Wiedereinbeziehung von        entsprechend beschaffen sein.
                                                  Futterpflanzen als Haupt- und Zwischenfrüch-
                                                  te ist aus bodenökologischer Sicht unbedingt
                                                  anzustreben. Eine organische Düngung mit           Innovation 4/2009

                                                  leicht verwertbaren Kohlenstoffquellen fördert     Dr. Monika Joschko
                                                  ebenfalls die Bodenorganismen – je nach Art
                                                                                                     Fon 033432.82254
                                                  des Materials in unterschiedlichem Ausmaß.         Fax 033432.82243
Die Tätigkeit der Bodenorganismen wird            Ein weiteres Mittel zur Beeinflussung des Bo-      mjoschko@zalf.de
durch organisches Material gefördert.             denlebens ist die Bodenbearbeitung; eine Re-

                                                                                                                         Innovation Sonderheft Boden · 11
Nur ein gut ausgebildetes Wurzel-
                                                                                                system ermöglicht eine optimale
                                                                                                Pflanzenentwicklung und damit
                                                                                                hohe Erträge. Dabei hängt die
                                                                                                Ausbildung eines leistungsfähigen
                                                                                                Wurzelsystems von vielen Faktoren
                                                                                                ab. Darüber hinaus nehmen Wur-

     Die Wurzel                                                      Teil 1                     zeln auch eine wichtige Stellung im
                                                                                                Ökosystem Boden ein und stehen in
                                                                                                enger Wechselbeziehung zur Boden-
     Aufbau und Funktion                                                                        fruchtbarkeit.
     Kirsten Engelke, Deutsche Saatveredelung AG · Lippstadt

                                                                                                Das Wurzelsystem variiert
                                                                                                mit der Pflanzenart
                                                                                                Je nach Pflanzenart aber auch in Abhängig-
                                                                                                keit von den Umweltbedingungen können
                                                                                                Wurzelsysteme und Wurzeln in Aussehen und
                                                                                                Funktion stark von einander abweichen. Zwei-
                                                                                                keimblättrige Pflanzen bilden eine Primär-
                                                                                                wurzel (oder Polwurzel), die bei Raps, Rüben,
                                                                                                Lupinen oder Luzerne als verdickte, senkrecht
                                                                                                wachsende Pfahlwurzel ausgebildet wird, aus
                                                                                                der die untergeordneten Seitenwurzeln wach-
                                                                                                sen. Einkeimblättrige Pflanzen wie Getreide
                                                                                                und Gräser bilden zunächst drei bis sechs
                                                                                                Keimwurzeln sowie später von dem unterir-
                                                                                                dischen Halmknoten aus Kronenwurzeln. Die
                                                                                                einzelnen Wurzeln sind meist gleich dick und
                                                                                                wachsen bogenförmig nach unten und durch-
                                                                                                wurzeln vor allem den Oberboden. Bei diesem
                                                                                                sekundären Wurzelsystem sterben die Keim-
                                                                                                wurzeln ab oder nehmen eine gleichrangige
                                                                                                Stellung zu den Kronenwurzeln (sprossbürtige
                                                                                                Nebenwurzeln) ein. Durch Wurzelumbildun-
                                                                                                gen können auch Speicherwurzeln (Zucker-
                                                                                                rübe), Stützwurzeln (Mais) oder Saugwurzeln
                                                                                                (Efeu) entstehen.

                                                                                                Wurzeln –
                                                                                                Wahre Wachstumskünstler
                                                                                                Durch das stetige Wurzelwachstum, die Aus-
Durch Wurzelumbildungen können auch                Die Seitenwurzeln bilden ebenfalls Wurzel-   bildung von Wurzelhaaren und Seitenwurzeln
Stützwurzeln entstehen.                            haare aus.                                   erreicht das gesamte Wurzelsystem einer ein-
                                                                                                zelnen Pflanze eine erstaunlich große Wur-
                                                                                                zellänge. Sie wird durch äußere Faktoren wie
                                                                                                Bodenart, Bodenzustand, Wassergehalt des
                                                                                                Bodens, O2- bzw. CO2-Konzentration, Tempera-
                                                                                                tur, Licht und Nährstoffversorgung beeinflusst.
                                                                    Die Wurzel nutzt vorhan-    Der perfekte Boden für die Wurzelentwicklung
                                                                    dene Hohlräume, um den      ist feucht, warm, nährstoffreich, tiefgründig,
                                                                    Boden in Tiefe und Breite   besitzt ausreichend sauerstoffführende Grob-
                                                                    zu durchdringen.            poren und hat einen hohen Feinerdeanteil.
                                                                                                Bei ungestörtem Tiefenwachstum können die
                                                                                                Wintergetreidearten, Raps und Rüben bis über
                                                                                                2 m tief in den Boden vordringen. Bei Luzerne

     12 · Innovation Sonderheft Boden
wurden sogar noch Wurzeln in einer Tiefe von
mehr als 12 m nachgewiesen.                                                                                                                  Aufbau der Wurzel
Nach einer Untersuchung von Russel (1954)
betrug die Wurzellänge von Roggen in einem                                                                                                   An der Wurzelspitze            Sekundäres Dickenwachstum
                                                                                                                                                                            der Wurzel
Bodenzylinder von 7,6 cm Durchmesser und                                                                                                     befindet sich die Zellver-
12,2 cm Tiefe 64 Meter. In dem untersuchten                                                                                                  mehrungszone. Durch
                                                                                                                                                                                             Wurzelrinde
Bodenzylinder konnte Russel 12,5 Millionen                                                                                                   ständige Zellneubildung                         stirbt ab
Wurzelhaare finden. In der Literatur finden sich                                                                                             schiebt sich die Wurzel
Angaben von einer Gesamtlänge der Wurzeln                                                                                                    weiter in den Boden.
einer Roggenpflanze von bis zu 80 Kilometern,                                                                                                Die Wurzelhaube (Ca-                             Seiten­
                                                                                                                                                                                              wurzelbildung
bei Weizen in der Krume bis zu 50 Kilometern.                                                                                                lyptra) umschließt und

                                                                                                   Foto: Wurzelatlas, DLG-Verlag Frankfurt
Der Großteil, rund 75 bis 90 %, der Wurzeln                                                                                                  schützt dieses Gewebe.
befindet sich in den oberen 30 bis 35 cm des                                                                                                 Die Wände der Haube
Bodens.                                                                                                                                      sind durch Ausschei-
Wurzeln sind in der Lage, Nährstoffe zu er-                                                                                                  dungen verschleimt und
wachsen. In Bodenbereichen mit hoher Nähr-                                                                                                   machen die Wurzelspit-                           Exodermis
                                                                                                                                                                                              Rhizodermis
stoffkonzentration ist das Wurzelsystem                                                                                                      ze im Boden gleitfähig.                          geht zugrunde
deutlich dichter, dies gilt insbesondere für die                                                                                             Nach oben hin folgen                             Wurzelhaare
Nährstoffe Phosphor und Stickstoff, während        Wurzelwachstum:                                                                           die Differenzierungszo-                          sterben ab
Kalium kaum zu einer verstärkten Wurzelbil-        links: Boden wenig verdichtet;                                                            ne und dann die Wur-                             Wurzel­
dung führt.                                        rechts: Boden stark verdichtet                                                            zelhaarzone.                                     haarzone

Die Wurzelentwicklung beginnt zeitlich vor dem
Sprosswachstum und nimmt nach der Blüte ab.        vermehrt in die Tiefe. Pfahlwurzler wie Raps                                              Wurzelhaare sind Aus-
Dabei sterben ständig ältere Wurzeln ab und        und Leguminosen dringen ohnehin in tiefere                                                stülpungen der äußeren
neue werden gebildet. In einer Untersuchung        Bodenschichten vor und sind weniger anfällig                                              Wurzelzellen, dienen
wurde festgestellt, dass sich das Wurzelsystem     für Trockenstress. Tiefgründige Böden wie Lös                                             zur Vergrößerung der                          Calyptra
bei Weizen in der Krume zwischen Ende Besto-       und Lehm sind bei Trockenheit aufgrund besse-                                             Oberfläche und sterben
ckung und Teigreife innerhalb von drei bis sechs   rer Durchwurzelungstiefe und Wasserspeicher-                                              meistens schon nach
                                                                                                                                                                                              Quelle:
Wochen komplett erneuerte. Die in dieser Zeit      kapazität von Vorteil.                                                                    wenigen Tagen ab. Die Lehrbuch des Pflanzenbaues, Band I
gebildeten Wurzeln machten 35 bis 65 % der         Niedrige Temperaturen hemmen die Pflanzen-                                                Anzahl der Wurzelhaare
gebildeten Gesamttrockenmasse aus.                 und somit auch die Wurzelentwicklung. Den                                                 richtet sich nach Pflanzenart, Bodendurchlüf-
                                                   höchsten Wurzelzuwachs erreichen Pflanzen                                                 tung sowie Wasser- und Nährstoffgehalt. So
Gute Bodenstruktur für un-                         in Zeiträumen mit unregelmäßiger Nieder-                                                  werden in einem Boden mit hoher Wasser-
gestörtes Wurzelwachstum                           schlagsverteilung. Der Wechsel von starker                                                sättigung aber auch bei extremer Trockenheit
Die Wurzel nutzt vorhandene Hohlräume, um          Befeuchtung und Austrocknung regt die Wur-                                                fast keine Wurzelhaare ausgebildet.
den Boden in Tiefe und Breite zu durchdringen.     zel scheinbar zu verstärktem Wachstum an.
Selbst feinste Haarrisse werden für die Durch-     Der Aussaatzeitpunkt der Winterungen muss                                                 Über der Wurzelhaarzone schließt sich die
wurzelung genutzt. Über das Dickenwachstum         abhängig vom Standort so gewählt werden,                                                  Zone mit den Seitenwurzeln an, welche sich
werden Hohlräume erweitert, die Durchlüftung       dass eine ausreichende Vorwinterentwicklung                                               aus den inneren Zellen heraus entwickeln, um
des Bodens gefördert, leichte Verdichtungen auf-   möglich ist. Mit Bodenerwärmung im Früh-                                                  die Verbindung zu den Leitbahnen im Inneren
gesprengt und so der Weg für jüngere Wurzeln       jahr nimmt vorrangig die Durchwurzelung des                                               der Wurzel zu erhalten. Die Seitenwurzeln bil-
bereitet. Feinerdereiche Böden lassen bei guter    Oberbodens zu. Bei steigenden Bodentempe-                                                 den ebenfalls Wurzelhaare aus. Es entstehen
Durchlüftung ein größeres Tiefenwachstum zu        raturen ist die Wurzelentwicklung vermehrt in                                             große Wurzelsysteme.
als grobe Böden, denn Steine müssen umwach-        die Tiefe gerichtet.
sen werden. Stark tonhaltige Böden neigen bei                                                                                                Im Inneren der Wurzel befindet sich der Zen-
Trockenheit zur Aggregatbildung, welche von        Fazit                                                                                     tralzylinder mit den Leitgefäßen Xylem
den Wurzeln nur oberflächlich bewachsen und        Gesunde und üppige Pflanzenbestände sind                                                  und Phloem. Das Xylem ist für die Wasser-
nicht durchdrungen werden können. Trotz einer      auf ein leistungsfähiges Wurzelwerk zurück-                                               förderung in den Spross und das Phloem für
hohen Versorgungsstufe können Bodenwasser          zuführen. Bei der Pflanzenproduktion ist also                                             die Assimilatförderung in die Wurzel verant-
und Nährstoffe kaum genutzt werden, die Salz-      nicht nur der oberirdische Bewuchs ausschlag-                                             wortlich. Durch seine verholzten Zellen hat
konzentration in der Bodenlösung nimmt ab.         gebend, sondern auch das Wurzelwerk ist zu                                                der Zentralzylinder zusätzlich eine stützende
Es können Mangelerscheinungen auftreten.           beachten und zu fördern.                                                                  Funktion. Er nimmt ca. 5–7 % des Durchmes-
Die Wurzeln benötigen einen feuchten Boden,                                                                                                  sers der Wurzel ein. Außerhalb des Zentral-
um sich ausbreiten zu können. Das maximale         Innovation 4/2010                                                                         zylinders liegt das Rindengewebe, welches
Längenwachstum wird bei Bodenwassergehal-                                                                                                    93–95 % des Durchmessers der Wurzel aus-
ten zwischen Feldkapazität und Welkepunkt          Kirsten Engelke                                                                           macht und als Speicher dient. Dieses Verhält-
erreicht. Bei beginnender Austrocknung des                                                                                                   nis wird selbst in einer 0,1 mm dicken Wurzel
Bodens schieben die Pflanzen, vor allem Flach-                                                                                               aufrechterhalten.
wurzler wie Getreide und Mais, die Wurzeln

                                                                                                                                                            Innovation Sonderheft Boden · 13
e i l 2
                                                                 T

      Die Wurzel
      Die Nährstoffaufnahme
      Kirsten Engelke, Deutsche Saatveredelung AG · Lippstadt

Nährstoffe bilden die Grundlage des Lebens. Alle Stoffwechselvorgänge in
der Pflanze hängen von der ausreichenden Nährstoffverfügbarkeit im rich-
tigen Verhältnis ab. Dabei entdeckte der Wissenschaftler Justus von Liebig
im Jahre 1855 das Gesetz vom Minimum: „Der Pflanzenertrag ist in erster
Linie abhängig von dem relativ am meisten im Minimum befindlichen Nähr-
stoff.“ Das bedeutet, dass der Mangel eines Wachstumsfaktors nicht durch
einen anderen ausgeglichen werden kann, sondern das Wachstum begrenzt.

Bis auf die gasförmigen Stoffe CO2, H2O und O2    Tiefenwachstum an sondern auch auf eine in-
nehmen Pflanzen die meisten Nährstoffe in ge-     tensive Durchdringung des A-Horizontes.
ladener Form als Ionen aus dem Boden auf. Eine
große Wurzeloberfläche bildet dafür die Voraus-   Bodenfeuchtigkeit
setzung, um große Bodenareale zu erschließen.     ist entscheidend
Bei einer Vorschubgeschwindigkeit von ca. 2 cm    Der überwiegende Teil der Nährstoffe gelangt
pro Tag erreichen Wintergetreidewurzeln bis       über kurze Strecken mit der Bodenlösung
Dezember Bodentiefen von 20–40 cm und             durch Massenfluss und Diffusion zu den Pflan-
nach Einsetzen der Vegetation können im April     zenwurzeln. Doch auch über direkten Kontakt
auch Tiefen von 40–70 cm und tiefer erschlos-     der Wurzeln mit Ton- oder Humusteilchen kön-    Pflanzen können über Wurzelausscheidungen
sen werden. Es kommt jedoch nicht nur auf das     nen locker gebundene Kationen im Austausch      auch das Bodenleben beeinflussen.

14 · Innovation Sonderheft Boden
mit H+- Ionen adsorbiert werden. Diese Prozes-
se hängen von der Bodenfeuchtigkeit ab. Je
geringer die Feuchtigkeit ist, desto schlechter
gelangen Nährstoffe zu den Pflanzenwurzeln.
In trockenen Jahren muss die Wurzel in feuchte
Bodenschichten vordringen, um die Mineral-
stoffversorgung sicherzustellen. Somit muss
auch der Unterboden mit ausreichend Nähr-
stoffen versorgt und gut durchwurzelbar sein.

Bodenart und Bodenleben
steuern die Bereitstellung
Die Nährstoffbereitstellung hängt nicht nur
von den im Boden vorhandenen Nährstoff-
mengen sondern auch von Bodenart, Feuch-
tigkeit, pH-Wert, Aktivität des Bodenlebens
und der Temperatur ab. Die Bodenart bestimmt
die Höhe der gebundenen Nährstoffe an den
Tonteilchen, die Feuchtigkeit dient als Trans-
portmedium, der pH-Wert beeinflusst die Ver-
fügbarkeit und Antagonismen der Mineralien.
Das Bodenleben wandelt organische Substanz
in mineralische Stoffe um und die Temperatur
steuert die Ablaufgeschwindigkeit der Prozes-
se. Pflanzen können hier über Wurzelausschei-      Mit einer großen Wurzeloberfläche können weite Bodenareale erschlossen werden.
dungen (Exsudate), wie organische Säuren,
Aminosäuren, Zucker etc. sowohl den pH-Wert        Vergiftung. Bei Aufnahme von Nährionen ge-        Carrier an der Zelle. Mehrfach geladene Ionen
als auch das Bodenleben beeinflussen.              ben Pflanzen zum Ladungsausgleich H+- bzw.        wie Ca++ und Mg++ besitzen eine größere Hyd-
                                                   OH--Ionen an die Wurzelumgebung ab. Dabei         rathülle als einfach geladene Ionen wie K+ oder
Aktive Aufnahme in                                 kommt es zum pH-Wert-Abfall oder -Anstieg in      Na+ und gelangen nur langsam in die Zellen.
die Wurzelzellen                                   der Rhizosphäre. So erklärt sich die saure oder   Dadurch kann es zu Nährstoffdisharmonien in
Nährstoffe werden aktiv und passiv durch die       alkalische Wirkung mancher Dünger.                der Pflanze kommen. Bekannte Ionenantago-
Wurzelzellen aufgenommen. Dieser Vorgang                                                             nismen bestehen zwischen K+- und Ca++-Ionen
benötigt Energie, denn je besser die Wurzeln       Komplexe                                          sowie K+- und Mg++-Ionen. Solche Verhältnisse
mit Sauerstoff versorgt sind, desto besser         Wechselwirkungen                                  gilt es bei der Düngung zu berücksichtigen. Ein
funktioniert die Nährstoffaufnahme. Starke         Bei der Anhäufung von Ionen an der Wurzel­        Nährstoff kann trotz ausreichender Verfügbar-
Verdichtungen oder Vernässung reduzieren die       oberfläche können sich diese gegenseitig be-      keit im Mangel sein, da durch den Überschuss
Wurzelatmung sowie die Nährstoffaufnahme           hindern (Antagonismus). Die Ionen konkurrie-      eines anderen Nährstoffes die Aufnahme ge-
aufgrund von Sauerstoffmangel bzw. CO2-            ren sowohl um Anlagerungsstellen als auch um      hemmt wird (Abb. 1).

                                                                                                     Fazit
 Abb. 1: Das Wirkungsgefüge der Nährstoffe                                                           Eine optimale Nährstoffversorgung sichert
                                                                                                     Wachstum und Ertrag. Damit die Pflanzen-
                                 Cu                                                                  wurzel die benötigten Nährstoffe aufnehmen
                                                  Mg
                        Ca                                                                           kann, müssen die Elemente in ausgewogenen
                                                             Na                                      Mengenanteilen bereitgestellt und mobilisiert
                                                                                                     werden. Durch angepasste Bodenbearbeitung
                                                                                                     und Bestandesführung kann das lebende Sys-
    Mn                                                                                               tem Boden unterstützt werden, um den Trans-
                                                                  Zn
                                                                                                     port und die Aufnahme der Nährstoffe zu för-
                                                                                                     dern.
                                                                        Wirkungsweise
      K
                                                                N       Antagonismus stark           Innovation 1/2011

                                                                        Antagonismus schwach         Kirsten Engelke
                       Fe                          B
                                      P                                 Synergismus
 Quelle: H. Unterfrauner, 2008

                                                                                                                         Innovation Sonderheft Boden · 15
i l 3
Die Wurzel                                                           Te
Die Wurzelentwicklung richtig fördern
Oliver Wellie-Stephan, Deutsche Saatveredelung AG · Lippstadt

Ein gutes Wurzelsystem ist das Fundament für hohe Erträge. Beschäftigt
man sich damit, wie der Landwirt die Wurzelentwicklung fördern kann,
kommt man immer zum gleichen Schluss – wesentlich für die Ausbildung
kräftiger Wurzelsysteme und ein gesundes Pflanzenwachstum ist ein in-
takter, gut strukturierter Boden mit einem ausreichenden Anteil an Grob-,
                                                                                                       Regenwurmgänge wirken positiv auf
Mittel- und Feinporen.                                                                                 Versickerung und Durchwurzelung.

Günstige Bodenstruktur                             Bestockung und Ährendifferenzierung. Dies ist       ratsam, die meist mit schmalen Reifen bestück-
ist das A und O                                    der Grund, warum Pflanzen in Bereichen mit          ten Transportanhänger, auf den angrenzenden
Für optimales Wachstum benötigen die Wur-          Staunässe meist schlecht bestockt sind und          Feldwegen abzustellen.
zeln einen Luftgehalt von 10 bis 15 % im Bo-       nur kleine Ähren ausbilden. Grundsätzlich soll-
den. Ist der Boden erst verdichtet, kann dies      te der Ackerboden nur soviel wie nötig, unter       Bei Strukturproblemen
kurzfristig nicht behoben werden und deutli-       Beachtung der Bodenverhältnisse (Feuchtezu-         Tiefenlockerung durchführen
che Ertragseinbußen sind die Folge. In verdich-    stand), mit schwerer Technik befahren werden.       Abhilfe bei Strukturproblemen schafft nur
teten Bereichen des Ackers kommt es in der         Reifendruckregelsysteme ermöglichen eine Ab-        eine gezielte Lockerung, die unterhalb der
Regel nach Niederschlägen zu Staunässe, die        senkung des Reifendrucks auf dem Acker und          Verdichtungszone ansetzt und bei ausreichend
wiederum zu Sauerstoffmangel in der Wurzel-        können so den Bodendruck und das Verdich-           trockenen Bodenverhältnissen durchgeführt
zone führt. Sauerstoff wird aber als Energie-      tungsrisiko deutlich senken. Bei der Ernte ist es   werden muss. Wichtig ist, dass nachfolgend
lieferant für die Aufnahme und den Transport
von Nährstoffen benötigt. Bei O2-Mangel ist         Folgen von Bodenschadverdichtungen
insbesondere die Kalium-, Calcium- Magnesi-
um-, Phosphat- und Eisenaufnahme sowie der
Transport dieser Ionen in der Pflanze deutlich
erschwert. Durch Denitrifikationsvorgänge be-
dingte N- Verluste können massiv sein und so-
gar zu vorübergehendem Stickstoffmangel füh-
ren. Gleichzeitig steigt die Konzentration von
Schwermetallen und Mangan in der Bodenlö-
sung, Vergiftungserscheinungen der Pflanzen
können die Folge sein. Erkennbar kann das
unter anderem an verbräunten Wurzeln sein,
insbesondere die Feinwurzeln sterben ab und
der Spross ist vergilbt und bildet Nekrosen an
den Blättern aus. Bei derartigen Wurzelschädi-
gungen ist die Synthese des Phytohormons Cy-        Schema zu Verhältnissen in unverdichteten (links) und verdichteten Böden (rechts):
tokinin deutlich eingeschränkt. Cytokinin spielt    a) Kapillarität unterbrochen, b) Wurzelwachstum und Versickerung gehemmt Quelle: T. Weyer, 2010
aber beim Getreide eine wichtige Rolle bei der

16 · Innovation Sonderheft Boden
oder zeitgleich eine Rückverdichtung erfolgt       Das Bodengefüge wird durch Zwischenfrüchte positiv beeinflusst
und Pflanzen angebaut werden, zum Beispiel
im Rahmen des Zwischenfruchtanbaus, die
den Boden weiter lockern, aufschließen und
vor allem stabilisieren. Nur die so genannte
Lebendverbauung kann die Bodenstruktur
nachhaltig verbessern und das für die Durch-
wurzelung notwendige stabile Krümelgefüge
schaffen. Wird nach der Unterbodenlockerung
keine Zwischenfrucht angebaut, werden keine
beständigen Krümel aufgebaut und der Boden
kann wieder verschlämmen. Bei mangelnder
Rückverfestigung kann sich diese Verschläm-
mung (Tonauswaschung) bis zum Bearbei-
tungshorizont ausdehnen und eine Schicht                         Winterweizen                                           TerraLife-RIGOL
mit schlechter Wasserdurchlässigkeit bilden. In
                                                                                                        DLG-Feldtage Bockerode 2010 (Bodenprofil der LWK Niedersachsen)
der Folge können sich neue Verdichtungs- und
Stauhorizonte aufbauen und die ursprüngliche
Situation zusätzlich verschlimmern. Diese Art
der Bodenlockerung ist leider gängige Praxis      Futterbau mit Gräsern oder Leguminosen-/         die Etablierung der Bestände nicht behindert.
beim Lockern von Fahrspuren.                      Grasgemischen nicht mehr betrieben wird und      Mit diesen Maßnahmen kann der Humusge-
Besonders nach längeren nassen Phasen sind        organische Düngemittel selten oder gar nicht     halt im Boden erhalten oder bei Zufuhr grö-
auf vielen Flächen wieder gravierende Struk-      mehr eingesetzt werden. Sinkende Humusge-        ßerer Mengen organischer Substanz sogar
turprobleme zu sehen. Wir sollten uns darüber     halte sind die Folge. Häufig wurde aufgrund      noch gesteigert werden. Besonders effizient ist
klar sein, dass unser Boden unsere Produkti-      wirtschaftlicher Zwänge zusätzlich noch an       der Humusaufbau, wenn die organische Dün-
onsgrundlage für die Zukunft ist. Gerade in       der Grunddüngung gespart. Vermutlich ist dies    gung mit einer wachsenden Hauptkultur und
Zeiten von häufigen Witterungsextremen sind       ein Grund, dass in diesen Betrieben, insbe-      Zwischenfrucht kombiniert wird. Eine bessere
unsere Pflanzenbestände einem zunehmenden         sondere auf leichten Böden, die Bestände bei     Bodenstruktur, bessere Wasser- und Nährstoff-
Stress ausgesetzt. Praxiserfahrungen zeigen,      Stresssituationen wie zum Beispiel Hitze oder    speicherung, reges Bodenleben sowie eine
dass Bestände, die auf einem intakten Boden       Trockenheit deutlich früher und stärker zeich-   leichtere Bearbeitbarkeit und deutlich bessere
wachsen, diesen Stress deutlich besser kom-       nen als Bestände, die auf Flächen wachsen, die   Durchwurzelbarkeit sind die Folgen. Eine wich-
pensieren.                                        regelmäßig mit organischen Düngern versorgt      tige Rolle spielt in diesem Zusammenhang der
                                                  werden.                                          Regenwurm, der durch die Zufuhr von ausrei-
Ausreichende Humusgehalte                         Einige Betriebe haben dies erkannt und kaufen    chend organischer Biomasse deutlich geför-
wichtig                                           organische Dünger wie zum Beispiel Hühner-       dert wird. Regenwürmer schaffen durch ihre
Die im Rahmen der Spezialisierung häufig          trockenkot, Kompost, Gülle oder Gärsubstrat      Grabtätigkeit Gänge, die dann die Wurzeln der
vorgenommene Trennung von Ackerbau und            zu und bauen Zwischenfrüchte an. Stroh soll-     Kulturpflanzen erwachsen können, so werden
Tierhaltung sowie die Verengung der Frucht-       te auf dem Acker verbleiben, muss aber un-       der Wurzeltiefgang und die Verzweigung der
folgen mit wenigen Marktfrüchten haben dazu       bedingt kurz gehäckselt und gut eingemischt      Wurzel gefördert und letztendlich die Erträge
geführt, dass in reinen Ackerbaubetrieben         werden, damit es die Wurzelentwicklung und       sicherer und nachhaltig gesteigert.
                                                                                                   Humus ist ein sehr guter Wasser- und Nähr-

   Ihr Boden – s Kapital
                                                                                                   stoffspeicher und unterstützt in erheblichem
                                                                                                   Maße das Puffersystem des Bodens. Darüber

    Ihr größte                                                                                    hinaus ist der Humus eine langsam fließende
                                                                                                   Nährstoffquelle und stellt eine ausgewogene
                                                                                                   Pflanzenernährung mit allen wichtigen Nähr-
   Schützen Sie Ihren Boden mit:                                                                   stoffen sicher.
   TerraLife  Spezielle Zwischenfruchtmischungen                                                  Auch mit speziellen Düngungsmaßnahmen
                                                                                                   kann natürlich die Entwicklung des Wurzelsys-
   Humus-Plus  Untersaaten in Mais                                                                tems gefördert werden.
   Zwischenfrüchten  Vielfältige Einzelkomponenten

                                                                                                   Innovation 2/2011

                                                                                                   Oliver Wellie-Stephan
                                                                                                   Fon 02941.296487
                                                     www.dsv-saaten.de                             Fax 02941.2968487
                                                                                                   wellie-stephan@dsv-saaten.de

                                                                                                                         Innovation Sonderheft Boden · 17
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