ÜBERWACHUNG UND BERATUNG IN DER SARS-COV-2-EPIDEMIE

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DGUV Forum 3/2021        Schwerpunkt Ein Jahr Pandemie

Überwachung und Beratung in der
SARS-CoV-2-Epidemie
Key Facts                                                                                       Autor

•   Die Unfallversicherungsträger beraten Betriebe und Bildungseinrichtungen                      Dr. Jochen Appt
    ­weiterhin intensiv vor Ort und führen Kontrollen durch
•    Neben der zentralen Prävention von SARS-CoV-2 müssen auch die übrigen
     ­Gefährdungen in den Betrieben und Einrichtungen im Blick bleiben
•     Die SARS-CoV-2-Epidemie beschleunigt die Weiterentwicklung der Überwachung
      und Beratung in Verbindung mit den weiteren Präventionsleistungen

Die Überwachung und Beratung durch die Unfallversicherungsträger trägt zur Eindämmung der
Epidemie und zur Aufrechterhaltung der Arbeit und Bildung in Deutschland bei. Dieser Beitrag in-
formiert über Leistungen der Unfallversicherungsträger in der Epidemie und leitet Konsequenzen
für die Zeit danach ab.

Schutz und Freiraum auch durch                   als „Schutz schafft Freiraum“[3] beschrie-     erhält also notwendigen Freiraum – nicht
Überwachung und Beratung                         ben hatte.                                     nur in der Epidemie.

Stand in der ersten Phase der Epidemie           In dem genannten Beschluss sowie in wei-       Weiterhin intensive Vor-Ort-
die Unterstützung der Betriebe und Bil-          teren Beschlüssen wurden den Betrieben         Kontrollen und -Beratungen
dungseinrichtungen beim infektions-              und Bildungseinrichtungen teils drastische
schutzgerechten Wiederanlauf nach dem            Einschränkungen auferlegt. Diese hatten        Die Präsenz der Unfallversicherungsträ-
Lockdown im Mittelpunkt – dazu wurde             ihre Ursache jedoch nicht im Arbeitsschutz     ger in den Betrieben und Bildungseinrich-
bereits berichtet[1] –, rückte neben anderen     selbst, sondern waren vielmehr Teil der all-   tungen beschreiben die Kennzahlen zwei-
Präventionsleistungen ab Sommer 2020 die         gemeinen Kontaktminimierung, zum Bei-          er Sondererhebungen bei den Mitgliedern
Überwachung und Beratung vor Ort in den          spiel im Gastronomie- und Veranstaltungs-      der DGUV.[4] [5] Es werden hier ausschließ-
Fokus der Aktivitäten der Unfallversiche-        bereich. Wo nicht aus anderen Gründen          lich aggregierte Daten dargestellt und auf
rungsträger: „Die für den A ­ rbeitsschutz zu-   eingeschränkt, darf daher unter Einhal-        umfängliche Erhebungen bewusst verzich-
ständigen Behörden sowie die Unfallversi-        tung von SARS-CoV-2-Arbeitsschutzmaß-          tet, um die Ressourcen der Unfallversiche-
cherungsträger beraten die Unternehmen           nahmen weitergearbeitet werden. Das ist        rungsträger für die operative Tätigkeit in
[beim betrieblichen Infektionsschutz] und        eine sachlich richtige Entscheidung und        den Betrieben und Bildungseinrichtungen
führen Kontrollen durch.“ So lautet ein Be-      doch keine Selbstverständlichkeit: Es wäre     möglichst wenig zu belasten. Zum Teil
schluss der Bundeskanzlerin mit den Re-          ein denkbares Szenario, dass eine durch        konnten durch die kurzfristigen Sonder-
gierungschefinnen und Regierungschefs            hohes Infektionsgeschehen zum Handeln          erhebungen nicht alle Tätigkeiten der Prä-
der Länder am 28. Oktober 2020.[2] Er unter-     gezwungene Politik – als vermeintlichen        vention vollständig erfasst werden. Durch
streicht die Bedeutung der Überwachung           Ausgleich für im Privatbereich notwendige,     die Zusammenfassung geben die Zahlen
und Beratung sowohl der Arbeitsschutz-           jedoch schwieriger durchzusetzende Maß-        jedoch eine gute Orientierung.
behörden der Länder als auch der Unfall-         nahmen – der Arbeitswelt noch mehr Bür-
versicherungsträger. In einer Zeit wieder        den auferlegen würde. Auf Besonderheiten       Im Fünfmonatszeitraum März bis Juli 2020
stark ansteigender Infektionszahlen löste        in Schulen, bei denen die Unfallversiche-      haben die gewerblichen Berufsgenossen-
der Arbeitsschutz im Herbst 2020 gleich-         rung aufgrund des sogenannten inneren          schaften und Unfallkassen trotz der Infek-
zeitig ein, was ein Journalist am Ende des       Schulbereichs nur eingeschränkt Einfluss       tionslage circa 89.000 Besichtigungen vor
ersten Lockdowns bei Veröffentlichung            hat, wird hier nicht weiter eingegangen.       Ort (45 Prozent des Vorjahresdurchschnitts-
des SARS-CoV-2-­Arbeitsschutzstandards           Der SARS-CoV-2-Arbeitsschutz schaffte und      werts) in mehr als 59.000 Unternehmen

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          Von März bis Juli 2020 haben Berufsgenossenschaften
          und Unfallkassen circa 89.000 Besichtigungen vor Ort
          (45 Prozent des Vorjahresdurchschnittswerts) in mehr
          als 59.000 Unternehmen (circa 62 Prozent des Vorjahres)
          durchgeführt.“

(circa 62 Prozent des Vorjahres) durchge-    Im folgenden Zweimonatszeitraum August         Überwachung und Beratung um-
führt. Während Beratungen vor Ort im und     und September 2020 führten die Mitglie-        fassen vor allem die Prävention
unmittelbar nach dem ersten Lockdown         der der DGUV 55.000 Besichtigungen vor         von SARS-CoV-2
zunächst auf 17 Prozent des Vorjahres ein-   Ort (circa 70 Prozent des Vorjahreswerts)
brachen, stiegen schriftliche und telefo-    in mehr als 41.000 Unternehmen (circa          Damit kommen die Unfallversicherungs-
nische Beratungen auf Anforderung der        109 Prozent des Vorjahreswerts) durch. Be-     träger konkret und gezielt ihrem gesetz-
Unternehmen im gleichen Zeitraum auf         ratungen vor Ort stiegen auf 35 Prozent des    lichen Auftrag und dem Beschluss der
110 Prozent des Vorjahres. Diese Zahlen      Vorjahres und schriftliche sowie telefoni-     Bundeskanzlerin mit den Regierungs-
zeigen den großen Bedarf an Beratung ge-     sche Beratungen erreichten 87 Prozent des      chefinnen und Regierungschefs der Län-
rade in der Anfangsphase der Epidemie.       Vorjahres. Geldbußen gegen Unternehmer         der vom 28. Oktober 2020 nach. Im Bereich
Im Vergleich zu den zurückgegangenen         und Unternehmerinnen sowie Versicherte         des Arbeitsschutzes wurden zügig bundes-
Besichtigungen blieben die Geldbußen         blieben mit 75 Prozent sowie Anordnungen       einheitliche Rahmenbedingungen des be-
gegen Unternehmer und Unternehmerin-         mit 84 Prozent des Vorjahreswerts stabil.      trieblichen Infektionsschutzes geschaffen.
nen sowie Versicherte mit 104 Prozent und    Zur Überwachung und Beratung kommen            An diesen orientieren sich die Betriebe
Anordnungen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 und      weitere Präventionsleistungen. Dies wurde      und Bildungseinrichtungen genauso wie
2 SGB VII mit 84 Prozent gegenüber dem       trotz eines erhöhten zeitlichen Aufwands       die Aufsichtsdienste der Unfallversiche-
Vorjahreswert auf einem vergleichsweise      erreicht, der für den Schutz aller Beteilig-   rungsträger. Zentral sind:[6]
konstanten Niveau.                           ten bei der Überwachung und Beratung
                                             vor Ort notwendig ist.                         •   SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstan-
In der Phase des erstens Lockdowns er-                                                          dard[7]: Der Standard schafft seit
arbeiteten die Unfallversicherungsträger     Aufsicht braucht Aufsichtspersonal: Wäh-           seiner Veröffentlichung im April 2020
in sehr kurzer Zeit Konkretisierungen des    rend im ersten Lockdown keine Prüfungen            einen wichtigen und inzwischen
SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards für        von Aufsichtspersonen der Unfallversiche-          bewährten formalen Rahmen. Er
mehrere Hundert Branchen sowie weite-        rungsträger stattfanden, werden diese seit         bildet die Grundlage insbesondere
re Handlungshilfen für einen infektions-     Juni 2020 wieder durchgeführt. Mit der Um-         für den Corona-Arbeitsschutzstab als
schutzgerechten Betrieb der Unternehmen      stellung der Prüfungen von Aufsichtsper-           Gremium des Austauschs ­wichtiger
und Bildungseinrichtungen. Diese Hand-       sonen auf ein infektionsschutzgerechtes            Akteurinnen und Akteure, für die
lungshilfen waren Grundlage dafür, dass      Format wird sichergestellt, dass das not-          SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel so-
ein Weiterbetrieb der Wirtschaft trotz im    wendige Aufsichtspersonal auch weiterhin           wie für die branchenspezifischen
Herbst wieder steigender Infektionszah-      zur Verfügung steht. Je nach weiterem Ver-         Konkretisierungen der Unfallver-
len überhaupt möglich war. Dieser unter      lauf des Infektionsgeschehens werden 2021          sicherungsträger. In Ermangelung
den herrschenden Arbeitsbedingungen          im Bereich der Ausbildung von Aufsichts-           anderer rechtlicher Grundlagen im
auch logistisch bemerkenswerte Vorgang       personen weitere kreative und innovative,          Frühjahr 2020 schaffte der SARS-CoV-
ist auch deshalb zu erwähnen, weil der In-   digital unterstützte Möglichkeiten entwi-          2-Arbeitsschutzstandard darüber
fektionsschutz bisher nur in sehr wenigen    ckelt werden müssen, um die Ausbildung             hinaus einen ersten fachlichen Rah-
Branchen zu den Kernaufgaben der Unfall-     von Aufsichtspersonen auch bei einem hö-           men für den betrieblichen Infektions-
versicherungsträger zählte.                  heren Infektionsgeschehen sicherzustellen.         schutz. In einer aktuell laufenden

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DGUV Forum 3/2021       Schwerpunkt Ein Jahr Pandemie

      Während im ersten Lockdown keine Prüfungen von Aufsichts-
      personen der Unfallversicherungsträger stattfanden, werden
      diese seit Juni 2020 wieder durchgeführt.“

     Überarbeitung sollen diese fach-        bindung mit der Technischen Regel            sowie der Unfallversicherungsträger
     lichen Detailregelungen zurückgezo-     für Arbeitsstätten „Lüftung“[11]: Seit       durchgeführten Online-Briefing wur-
     gen werden, mit Verweis auf die seit    Herbst 2020 ist das infektionsge-            den im Herbst mehr als 1.000 Multi-
     Sommer bestehende SARS-CoV-2-­          rechte Lüften nach der Einhaltung der        plikatorinnen und Multiplikatoren,
     Arbeitsschutzregel.                     Coronahygieneregeln ein wichtiges            insbesondere Aufsichtspersonen der
•    SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel[8]:       Thema bei der Überwachung und                Unfallversicherung und der Länder,
     Diese konkretisiert seit August 2020    Beratung der Betriebe und Bildungs-          zu infektionsschutzgerechtem Lüften
     für den gemäß § 5 Infektionsschutz-     einrichtungen. Die Empfehlung der            als Thema bei der Überwachung und
     gesetz festgestellten Zeitraum der      Bundesregierung für infektions-             ­Beratung vorbereitet.
     epidemischen Lage von nationaler        schutzgerechtes Lüften schafft seit
     Tragweite die Anforderungen an den      September 2020 Handlungssicher-          Bund, Länder und Unfallver­
     Arbeitsschutz im Hinblick auf SARS-     heit durch fachgerechtes Lüften von      sicherung arbeiten eng zusam-
     CoV-2.                                  Gebäudeinnenräumen. Die Empfeh-          men und stimmen sich ab
•    Branchenspezifische Konkretisierun-     lungen nehmen dabei insbesondere
     gen des SARS-CoV-2-Arbeitsschutz-       Bezug auf die Vorgaben der seit 2012     Neben den Unfallversicherungsträgern
     standards und weitere Handlungshil-     geltenden Technischen Regel für          überwachen und beraten auch die Ar-
     fen der Unfallversicherungsträger[9]:   Arbeitsstätten (ASR) A3.6. „Lüftung“.    beitsschutzbehörden der Länder. Diese
     Die Unfallversicherungsträger haben     Für Betriebe und Bildungseinrichtun-     sich ergänzende Überwachung und Be-
     ab Frühjahr 2020 intensiv branchen-     gen, die sich an bestehende Regeln       ratung erfolgt auf Basis der gemeinsamen
     spezifische Konkretisierungen des       halten, existiert damit auch in der      „Leitlinie zur Beratung und Überwachung
     SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstan-           Epidemie ein unveränderter Rahmen.       während der SARS-CoV-2-Epidemie“ [14].
     dards entwickelt und diese das          Ergänzt wurde dies durch eine Reihe      Ein regelmäßiger Austausch über Schwer-
     gesamte Jahr über entsprechend          von Handlungshilfen, unter anderem       punkte und Vorgehen findet darüber hin-
     den Änderungen der SARS-CoV-2-Ar-       der Unfallversicherungsträger, der       aus zum Beispiel im Rahmen des Steuer-
     beitsschutzregel aktuell gehalten.      Fachbereiche der DGUV[12] sowie          kreises „Prävention von SARS-CoV-2“ der
     Betriebe und Bildungseinrichtungen      weiterer Institutionen. Flankiert wird   gesetzlichen Unfallversicherung statt. In
     können sich damit nach bundesweit       die Überwachung und Beratung unter       diesem sind neben Unfallversicherungs-
     einheitlichen Aussagen richten –        anderem durch die bundesweite            trägern auch das BMAS, der Länderaus-
     auch wenn Betriebsteile über die        Aktion „#LüftenHilft – am Arbeits-       schuss für Arbeitsschutz und Sicher-
     Bundesrepublik verteilt sind. Diese     platz, in Schulen und auch zu Hause“     heitstechnik (LASI), die BAuA und die
     Vorgehensweise wurde von vielen         des Bundesministeriums für Arbeit        Sozialversicherung für Landwirtschaft,
     Unternehmen gegenüber den Unfall-       und Soziales (BMAS), der Bundes-         Forsten und Gartenbau (SVLFG) vertreten.
     versicherungsträgern geschätzt und      anstalt für Arbeitsschutz und Arbeits-   Dabei setzen sich alle Beteiligten für ein
     positiv bewertet.                       medizin (BAuA) und der gesetzlichen      unbürokratisches und rasches Aufsichts-
•    Empfehlung der Bundesregie-             Unfallversicherung.[13] Mit einem        handeln der Unfallversicherung und der
     rung „Infektionsschutzgerechtes         von der DGUV organisierten und mit       Länder insbesondere beim Umgang mit
    ­Lüften“[10], insbesondere in Ver-       Beteiligung des BMAS, der BAuA           Corona-Hotspots ein.

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DGUV Forum 3/2021        Schwerpunkt Ein Jahr Pandemie

             Aus der betrieblichen Perspektive sind auch in Zeiten
             der SARS-CoV-2-Epidemie Infektionskrankheiten nicht
             die Hauptursache arbeitsbedingter Todesfälle und
             schwerer Körperschäden.“

In der Arbeitsgruppe „Überwachung und          beitsschutzbehörden der Länder die Verzah-         desregierung ist in puncto mobiler Arbeit
Beratung“ des Steuerkreises befassen sich      nung mit regionalen und lokalen Struktu-           aktiv[20] und die politischen Akteurinnen
Vertretungen der Unfallversicherungsträ-       ren und Regelungen zum Infektionsschutz.           und Akteure positionieren sich. Diese of-
ger und unter Beteiligung des LASI seit                                                           fenen Fragen betreffen auch die wirksame
März 2020 damit, wie die Überwachung           Auch die übrigen Gefährdungen                      künftige Überwachung und Beratung von
und Beratung auch und gerade bei ho-           müssen im Blick bleiben                            Arbeiten im häuslichen Bereich – also au-
hem Infektionsgeschehen möglich ist,                                                              ßerhalb eines relativ leicht im Rahmen der
nach dem Motto „Präsenz auch vor Ort           Aus der betrieblichen Perspektive sind             Überwachung und Beratung kontrollierba-
bei bestmöglichem Schutz aller Beteilig-       auch in Zeiten der SARS-CoV-2-Epidemie             ren Betriebs. Die Herausforderungen stell-
ten“. Ein Musterhandlungsleitfaden für die     Infektionskrankheiten nicht die Haupt-             ten sich in anderer Weise bereits vor mehr
Überwachung und Beratung während der           ursache arbeitsbedingter Todesfälle und            als 100 Jahren bei der Heimarbeit.[21] Gera-
Coronaepidemie wird regelmäßig an die          schwerer Körperschäden: Die meisten                de bei der mobilen Arbeit allgemein und
Lage angepasst und den Unfallversiche-         dieser Fälle gehen auf Gefährdungen und            insbesondere im häuslichen Bereich wird
rungsträgern zur Verfügung gestellt.[15] Er    Belastungen zurück, die auch vor der Epi-          die Unfallversicherung gefordert sein, in-
                                               demie inhaltlich im Fokus der Präventi-            novative Lösungen der Überwachung und
•   stellt sicher, dass die Unfallversiche-    onsarbeit der Unfallversicherungsträger            Beratung zu entwickeln. Dabei kann sie
    rung ihrem gesetzlichen Auftrag zur        standen. Der Fokus der Überwachung und             auf Erfahrungen in ähnlichen Bereichen
    Überwachung und Beratung nach-             Beratung liegt daher neben der Prävention          aufbauen, zum Beispiel Montage- oder
    kommt (Fremd- und Eigenschutz),            von SARS-CoV-2 insbesondere auf gefähr-            Außendienstarbeitsplätze.
•   bietet eine in der Praxis erprobte         lichen Arbeiten, das heißt Arbeiten, bei
    Grundlage für sichere Betriebs-            denen die Vernachlässigung von Schutz-             Was bleibt und was kommen
    besichtigungen auch bei hohen              maßnahmen zur Gefahr für Leib und Leben            könnte
    Infektions­zahlen,                         werden kann. Beispiele sind hoch gelege-
•   basiert auf dem SARS-CoV-2-Arbeits-        ne Arbeitsplätze und der Transport schwe-          Auf sich abzeichnende und sich bestäti-
    schutzstandard und der SARS-CoV-           rer Lasten – typische Unfallschwerpunk-            gende allgemeine Veränderungen der ge-
    2-Arbeitsschutzregel,                      te aller Unfallversicherungsträger. Auch           setzlichen Unfallversicherung wurde be-
•   dient im Sinne der GDA-Leitlinie als       aus diesem Grunde betonen Unfallversi-             reits an anderer Stelle eingegangen.[22] Aus
    Fundament für ein gleichgerichtetes,       cherungsträger, dass eine Überwachung              den Erfahrungen in der SARS-CoV-2-Epi-
    unbürokratisches und rasches Auf-          und Beratung der Betriebe zwingend er-             demie ergeben sich Herausforderungen
    sichtshandeln der Unfallversicherung       forderlich ist, solange dort gearbeitet wird.      und gleichzeitig Erfolgskriterien für die
    und der Länder insbesondere beim                                                              zukünftige Überwachung und Beratung
    Umgang mit Corona-Hotspots.                Ein anderer branchenübergreifender                 in Sachen Sicherheit und Gesundheit in
                                               Schwerpunkt ist die psychische Belastung           der Arbeits- und Bildungswelt:
Die jeweiligen Aufgaben, Rollen und Stär-      als Folge der Epidemie.[16] Das durch die
ken der Arbeitsschutzbehörden der Länder       Epidemie ausgeweitete mobile Arbeiten im           •   Erstens sind eine wirksame Überwa-
und der Unfallversicherungsträger ergänzen     häuslichen Bereich wirkt wie ein Kataly-               chung und Beratung in Kombination
sich: So bringen die Unfallversicherungsträ-   sator und Beschleuniger von im Zuge der                mit den weiteren Präventionsleistun-
ger insbesondere ihre Kompetenzen für die      Digitalisierung bereits erwarteter Entwick-            gen elementar – und damit auch die
Bedarfe der einzelnen Branchen ein, die Ar-    lungen zu mobiler Arbeit.[17] [18] [19] Die Bun-       der gesetzlichen Unfallversicherung.

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DGUV Forum 3/2021          Schwerpunkt Ein Jahr Pandemie

    Dies hat auch der Gesetzgeber durch               starr und zentralistisch planen möch-             wie sie die DGUV bereits angestoßen
    jüngste Gesetze verdeutlicht.[23] [24]            ten. Extremer Wandel wie kurzfristig              hat[26]. Überwachung und Beratung
•   Zweitens bewährt sich im Wandel ein               die SARS-CoV-2-Epidemie oder mit-                 sollten dabei immer im Zusammen-
    dynamisches, dezentrales, selbst                  telfristig weiterhin die Digitalisierung          hang mit zwei großen Fragen der
    organisiertes Handeln der Akteurin-               fordert agile und flexible Organisa-              Prävention von morgen betrachtet
    nen und Akteure in der Aufsicht – bei             tionsformen statt langwieriger büro-              werden: der künftige Prozess der
    gleichzeitigem engem Austausch                    kratischer Abstimmungsprozesse.                   wirksamen und verwaltungsarmen
    und auf Basis einer einheitlichen                 Dazu ein ­Zitat aus dem Bereich des               Beurteilung der Arbeitsbedingungen
    Rechtsgrundlage. In der SARS-CoV-                 Changemanagements: „In Zeiten                     in Verbindung mit einer bedarfsge-
    2-Epidemie erfolgt dieser Austausch               des Wandels ist es für alle eine ‚zu-             rechten betrieblichen Beratung der
    unter anderem in der Nationalen                   mutbare Zumutung‘, auf Dauer in                   Unternehmerinnen und Unternehmer
    Arbeitsschutzkonferenz und in                     ‚schlampigen Verhältnissen‘ zu le-                durch Expertinnen und Experten für
    dem bereits genannten Steuerkreis                 ben“[25] – für zur Ordnung neigende               Sicherheit und Gesundheit. Dabei
    „Prävention von SARS-CoV-2“ der                   Organisationen ist das eine Heraus-               ergeben sich im Zuge der Digitalisie-
    gesetzlichen Unfallversicherung.                  forderung, die es zu meistern gilt.               rung neue Lösungsanforderungen
    Gleichzeitig ­erteilen die Erfahrungen        •   Und drittens beschleunigt die SARS-               und Lösungsansätze.                ←
    aus der Überwachung und Beratung                  CoV-2-Epidemie die Weiterentwick-
    in der Krise all denen eine Absage,               lung der Überwachung und Beratung             Dieser Beitrag stellt den Sachstand Anfang
    die Überwachung und Beratung eher                 der gesetzlichen Unfallversicherung,          ­Januar 2021 dar.

Fußnoten                                          [9] DGUV: Informationen für spezifische Bran­     Chancen und Herausforderungen. Beschlos­
                                                  chen. https://dguv.de/de/praevention/coro-        sen vom Grundsatzausschuss Prävention des
[1] Appt, J.: SARS-CoV-2 – Lehren einer Präven-   na/informationen-fuer-spezifische-branchen/       Vorstands der DGUV, 2016
tion im Krisenmodus. DGUV Forum 5-6/2020,         index.jsp (abgerufen am 30.12.2020)               [18] DGUV: Position der gesetzlichen Unfall­
2020                                              [10] Bundesregierung: Empfehlung der              versicherung zur Prävention. Beschlossen von
[2] Bundesregierung: Videokonferenz der           Bundes­regierung „Infektionsschutzgerechtes       der Mitgliederversammlung der DGUV, 2018
Bundeskanzlerin mit den Regierungsche-            Lüften“ vom 16.09.2020                            [19] DGUV: Arbeiten im Homeoffice – nicht
finnen und Regierungschefs der Länder am          [11] Ausschuss für Arbeitsstätten: Technische     nur in der Zeit der SARS-CoV-2-Epidemie.
28.10.2020 – Beschluss zum Tagesordnungs-         Regeln für Arbeitsstätten „Lüftung“ ASR A3.6.     Fachbereich AKTUELL FBVW-402 des Fach­
punkt „Bekämpfung der SARS-Cov2-Pande-            Ausgabe: Januar 2012, zuletzt geändert Ge­        bereichs Verwaltung, Sachgebiet Büro, Stand:
mie“; hier: Punkt 13, 2020                        meinsames Ministerialblatt 2018, S. 474           03.11.2020
[3] Creutzburg, D.: Schutz schafft Frei-          [12] DGUV: SARS-CoV-2: Empfehlungen zum           [20] Bundesministerium für Arbeit und Sozia­
raum, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom          Lüftungsverhalten an Innenraumarbeits­            les: Mobile Arbeit stärken – Gesetzesinitiative
17.04.2020                                        plätzen. Fachbereich AKTUELL FBVW-502 des         für eine gesetzliche Regelung zur mobilen
[4] DGUV: Status-Bericht „Überwachung und         Fachbereichs Verwaltung, Sachgebiet Innen­        Arbeit, Pressemitteilung vom 04.10.2020,
Beratung der gesetzlichen Unfallversicherung      raumklima, Stand: 12.10.2020                      https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeits-
während der SARS-CoV-2-Epidemie“ (Daten-          [13] Bundesministerium für Arbeit und Sozia­      recht/Teilzeit-flexible-Arbeitszeit/homeoffice.
stand: 2020-03 bis 07) – unveröffentlicht,        les: #LüftenHilft – am Arbeitsplatz, in Schulen   html (abgerufen am 30.12.2020)
2020                                              und auch zu Hause. Pressemitteilung vom           [21] Bollmann, R.: Das Elend der Heimarbeit.
[5] DGUV: Status-Bericht „Überwachung und         17.12.2020, https://www.bmas.de/DE/Ser-           Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom
Beratung der gesetzlichen Unfallversicherung      vice/Presse/Meldungen/2020/lueften-hilft.         25.10.2020
während der SARS-CoV-2-Epidemie“ (Daten-          html (ab­gerufen am 30.12.2020)                   [22] Appt, J.: SARS-CoV-2 – Lehren einer
stand: 2020-08 bis 09) – unveröffentlicht,        [14] Nationale Arbeitsschutzkonferenz: Leit­      Prävention im Krisenmodus. DGUV Forum
2020                                              linie zur Beratung und Überwachung während        5-6/2020, 2020
[6] Am 21.01.2021 wurde von der Bundes-           der SARS-CoV-2-Epidemie. Stand: 31.08.2020        [23] Deutscher Bundestag: Siebtes Gesetz zur
regierung die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzver-        [15] DGUV: Überwachung und Beratung wäh­          Änderung des Vierten Buches Sozialgesetz­
ordnung verkündet und am 22.01.2021 im            rend der Corona-Epidemie – ein Muster-Hand­       buch und anderer Gesetze. Bundesgesetzblatt
Bundesanzeiger veröffentlicht. Aufgrund des       lungsleitfaden für Unfallversicherungsträger.     Jahrgang 2020 Teil I Nr. 28, ausgegeben zu
Einreichungsdatums dieses Beitrags zur Ver-       Stand: 20.11.2020 (neunte Fassung – wird          Bonn am 23.06.2020
öffentlichung ist diese zusätzliche und zu-       regelmäßig aktualisiert). Verfügbar im UV-NET     [24] Deutscher Bundestag: Gesetz zur Verbes­
nächst befristete Rechtsgrundlage hier nicht      der gesetzlichen Unfallversicherung, Web­         serung des Vollzugs im Arbeitsschutz (Arbeits­
berücksichtigt.                                   code: u1253316                                    schutzkontrollgesetz). http://dipbt.bundes­
[7] Bundesministerium für Arbeit und Sozia­       [16] DGUV: Psychische Belastung und Be­           tag.de/extrakt/ba/WP19/2656/265668.html
les: Bek. v. 20.04.20, SARS-CoV-2-Arbeits­        anspruchung von Beschäftigten während der         (abgerufen am 30.12.2020)
schutzstandard. Gemeinsames Ministerial­          Coronavirus-Pandemie. Fachbereich AKTUELL         [25] Doppler, K.: Change – Wie Wandel ge­
blatt vom 27.04.2020                              FBGIB-005 des Fachbereichs Gesundheit im          lingt. Campus Verlag. S. 57, 2017
[8] Arbeitsschutzausschüsse beim BMAS:            Betrieb, Sachgebiet Psyche und Gesundheit in      [26] DGUV: Überwachung und Beratung im
SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel. Gemeinsa­          der Arbeitswelt, Stand: 21.07.2020                Wandel. Beschlossen vom Vorstand der DGUV,
mes Ministerialblatt 2020, S. 484–495 (Num­       [17] DGUV: Neue Formen der Arbeit – Neue          2020
mer 24/2020 vom 20.08.2020), 2020                 Formen der Prävention – Arbeitswelt 4.0:

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