ANTIVIRALE THERAPIE GEGEN SARS-COV-2
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CORONA-PANDEMIE Antivirale Therapie gegen SARS-CoV-2 M. Hönemann1,2, Ch. Lübbert2,3,4 Einleitung Die Pandemie mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2) und der dadurch ausgelösten Erkran- kung COVID-19 (coronavirus disease 2019) stellt seit Beginn des Jahres 2020 eine große gesellschaftliche Herausfor- derung dar [1]. Besonders dem Gesund- heitssystem kommt hier eine Schlüs- © Shutterstock/2020 Myriam B selrolle zu, da Maßnahmen zur Unter- brechung von Infektionsketten im Wesentlichen eine Entlastung für die Krankenversorgung schaffen sollen. Gleichzeitig unterliegt besonders die Behandlung von Patienten mit schwe- ren klinischen Verläufen einem sehr naviren begann mit den ebenfalls in Aufbau von SARS-CoV-2 schnellen Wandel und ist seit der Ent- diesem Jahrtausend entdeckten neu Für das Verständnis dieser Medika- deckung von SARS-CoV-2 weltweit artigen Coronaviren SARS-CoV und mentengruppen soll zunächst der Auf- Gegenstand intensiver Forschungsbe- MERS-CoV [2] (middle east respiratory bau von SARS-CoV-2 kurz beleuchtet mühungen. Die wichtigste Säule der syndrome coronavirus) und hat mit der werden. In der Unterfamilie der Corona- Behandlung stellen weiterhin Maßnah- Pandemie durch SARS-CoV-2 und der viridae können vier Gattungen unter- men dar, die unter dem Sammelbegriff um ein Vielfaches höheren Zahl an schieden werden: Alphacoronavirus, supportiv zusammengefasst werden Infektionen an Dynamik gewonnen. Im Betacoronavirus, Gammacoronavirus können und neben einer Kortikoste- Wesentlichen kann man dabei drei ver- und Deltacoronavirus. Zusammen mit roid-Gabe alle Facetten der intensiv- schiedene Arten von Wirkstoffen SARS-CoV, MERS-CoV und den beiden medizinischen Behandlung beinhalten, unterscheiden: endemischen Coronaviren HCoV (hu auf die im Folgenden allerdings nicht man coronavirus) OC43 und HKU1 ge näher eingegangen werden soll. 1) Wirkstoffe, die spezifisch gegen hört SARS-CoV-2 zu den Betacorona Die Entwicklung spezifischer antiviraler SARS-CoV-2 beziehungsweise gegen viren. Die beiden anderen endemischen Therapien gegen humanpathogene Coro andere Coronaviren entwickelt wurden Coronaviren HCoV 229E und NL63 und werden, gehören zu den Alphacoronaviren. Co 2) Wirkstoffe, die primär als antivirale ronaviren sind behüllte Viren und besit- 1 Institut für Medizinische Mikrobiologie Wirkstoffe gegen andere Viren, wie zen ein einzelsträngiges RNA-Genom in und Virologie, Universitätsklinikum zum Beispiel HIV (human immuno positiver Orientierung (+ssRNA), das Leipzig deficiency virus) eingesetzt werden, größte aller bislang bekannten RNA- 2 Interdisziplinäres Zentrum für die aber nun aufgrund bestimmter Viren [3, 4]. Infektionsmedizin (ZINF), Viruseigenschaften „umgewidmet“ Universitätsklinikum Leipzig wurden, und SARS-CoV-2 hat eine Genomgröße von 3 Bereich Infektiologie und Tropenmedizin, 3) Wirkstoffe, die nicht primär circa 29.9 kb (Kilo-Basenpaaren). Die Medizinische Klinik II, antivirale Therapeutika sind, die aber komplexe Genomorganistion kann im Universitätsklinikum Leipzig strukturelle Eigenschaften besitzen, Wesentlichen in Abschnitte unterteilt 4 Klinik für Infektiologie/Tropenmedizin, die es ermöglichen könnten, eine werden, die für Strukturproteine und Nephrologie und Rheumatologie, antivirale Wirkung gegen SARS-CoV-2 Nicht-Strukturproteine kodieren (nsp). Klinikum St. Georg, Leipzig zu entfalten. Vier Strukturproteine sind für den Auf- Ärzteblatt Sachsen 6|2021 13
CORONA-PANDEMIE bau und die Funktionalität des Virus und Darunavir, welche in der HIV-The- von Lopinavir/r, aber auch anderer Pro- partikels von Bedeutung. Im Einzelnen rapie zum Einsatz kommen, sowie tease-Inhibitoren, außerhalb von klini- sind diese das Nucleocapsid-Protein Danoprevir aus der HCV (Hepatitis-C- schen Studien von der WHO nicht emp- (N), das Envelope-Protein (E), das Mem- Virus)-Therapie. fohlen [14, 15]. bran-Protein (M) und das Spike-Protein (S). Die drei erstgenannten Proteine Die Kombination von Lopinavir und RNA-abhängige-RNA-Polymerase umschließen und verpacken die geno- Ritonavir (Lopinavir/r) wurde initial von (RdRp) mische RNA. Das Spike-Protein ist in der WHO (World Health Organization) Die RdRp ist ebenfalls ein für den vira- die Virusmembran eingelagert und ver- priorisiert und in einer Vielzahl an klini- len Replikationszyklus entscheidendes mittelt die Bindung des Viruspartikels schen Studien eingesetzt. Lopinavir Protein, das sowohl für die Replikation an die Zelle (siehe schematische Dar- stellt den eigentlich antiviralen Wirk- des viralen Genoms als auch für die stellung). Außerdem sorgt es für das stoff dar. Ritonavir wird als Inhibitor Transkription viraler mRNA (messen- für die ganze Virusfamilie namensge- des Cytochrom-P150-Isoenzyms 3A4 ger-RNA) verantwortlich ist. Nukleosid- bende kronenartige Aussehen der aus pharmakokinetischen Gesichts- beziehungsweise Nukleosidanaloga, in Coronaviren im elektronenmikroskopi- punkten zur Steigerung der Konzentra- Form von Adenin- beziehungsweise schen Bild (corona, lat. Kranz, Krone). 16 tion von Lopinavir verwendet („Booste- Guanin-Analoga, können die RNA-Syn- weitere Nicht-Strukturproteine über- rung“). In verschiedenen in vitro- sowie these über eine Blockade dieses nehmen vor allem regulatorische Auf- Tiermodellen konnte ein Einfluss auf Enzyms beziehungsweise über einen gaben während des viralen Replikati- die Replikation von Coronaviren gezeigt Abbruch des synthetisierten RNA- onszyklus. Einige Studien zeigen aber werden [8, 9]. In einem Zellkulturmodell Strangs in einer Reihe von RNA-Viren auch nsp-vermittelte Interaktionen mit mit SARS-CoV-2 infizierten Vero-E6- inhibieren. Aus diesem Grund wurden Zielstrukturen der infizierten Zelle, um Zellen konnte eine verringerte Replika- beispielsweise Wirkstoffe wie Rem- die vornehmlich antivirale Wirtsabwehr tion nachgewiesen werden [10], ebenso desivir, Ribavirin und Favipiravir als herunterzuregulieren [5]. wie beispielsweise in mit MERS-CoV Kandidaten für eine antivirale Therapie Aufgrund von stark konservierten infizierten Seidenaffen, die nach oraler gegen SARS-CoV-2 angesehen. Eine Strukturen innerhalb der Coronaviren Gabe reduzierte pulmonale Infiltrate Besonderheit dieser Medikamenten- und strukturellen Ähnlichkeiten zu sowie verringerte interstitielle Pneu- klasse ist beim Einsatz bei Coronaviren anderen Virusgruppen wurden drei monie und Gewichtsverlust zeigten [11]. allerdings zu beachten: RNA-Viren wer- Hauptziele für eine antivirale Therapie Bereits bei SARS-CoV gab es, meist in den auf Genomebene im Allgemeinen identifiziert: Die virale Protease (3-chy- Kombination mit anderen antiviralen als stärker variabel verglichen mit motrypsin-like protease, 3CLpro, auch Medikamenten, Einzelfallberichte und DNA-Viren angesehen. Dies liegt an als main protease, Mpro, bezeichnet), Untersuchungen an kleinen Patienten- einem fehlenden Kontrollschritt der die RNA-abhängige virale RNA-Poly- kohorten, in welcher eine verringerte RdRp während der Replikation (proof merase (RdRp) und das Spike-Protein Viruslast im Oropharynx und ein milde- reading). Coronaviren stellen aller - selbst [6]. rer klinischer Verlauf postuliert wurden. dings eine Ausnahme von dieser Regel In Studien mit größeren Patientenzah- dar, da nsp 14 eine Exoribonuklease- Virale Protease len während der aktuellen SARS-CoV- Aktivität (ExoN) aufweist [16]. Die in die Während des viralen Replikationszyk- 2-Pandemie konnte allerdings kein synthetisierte RNA eingebauten Ana- lus werden die viralen Proteine zu Unterschied zur best supportive care, loga können dadurch als falsch erkannt nächst als zusammenhängende Poly- beispielsweise hinsichtlich klinischer und entfernt werden. Die Folge ist, proteine translatiert. 3CLpro ist an der Endpunkte wie Fieber oder bildmor- dass Coronaviren eine primäre Resis- Spaltung dieser Vorläufer beteiligt und phologischen Zeichen der Lungeninfek- tenz gegen eine große Anzahl von Nuk- damit essenziell für das Virus [7]. Pro- tion beziehungsweise -inflammation, leotid- beziehungsweise Nukleosida- tease-Inhibitoren gelten aus diesem festgestellt werden [12, 13]. naloga zeigen. Grund als vielversprechende Kandida- Das Adenosin-Analogon Remdesivir ten für eine erfolgreiche, gezielte anti- Aufgrund dieser negativen Studiener- wurde, ähnlich wie Lopinavir, Anfang virale Therapie, da keine analogen gebnisse bei ungünstigen pharmako- 2020 von der WHO für klinische Studien Enzyme in menschlichen Zellen vor- dynamischen Eigenschaften mit dem zur Therapie von SARS-CoV-2-Infektio- kommen. Zu den potenziellen Wirk- Risiko für hepatotoxische Medikamen- nen priorisiert. Es stellt ein Prodrug dar stoffen zählen hier Lopinavir, Ritonavir tennebenwirkungen wird ein Einsatz und entfaltet erst nach Aktivierung zur 14 Ärzteblatt Sachsen 6|2021
CORONA-PANDEMIE Triphosphatform seine Wirkung in der Zelle, indem es nach Einbau in den entstehenden RNA-Strang zum Ket- tenabbruch führt. Remdesivir wurde ursprünglich zur Behandlung von Infek- tionen mit Ebola- und Marburg-Viren entwickelt [17]. Es zeigt in vitro eine breite Aktivität gegen verschiedene RNA-Viren, darunter auch diverse Fledermaus-Coronaviren, MERS-CoV, SARS-CoV (untersucht mit HAE-Zellkul- turen, primary human airway epithelial cells) und SARS-CoV-2 (untersucht mit Vero-E6-Zellen). Durch nachfolgende Untersuchungen in verschiedenen Tier- modellen, in denen beispielsweise Mäuse erfolgreich prophylaktisch und therapeutisch mit Remdesivir behan- delt wurden, ließen sich diese ersten Zellkulturergebnisse in vivo bestätigen [10, 18 – 20] . Aufgrund erster Berichte von unter Remdesivir genesenen Pati- enten wurde Anfang 2020 große Hoff- nung in weiterführende klinische Stu- dien gesetzt [21]. Auch wenn in einigen Subgruppenanalysen Vorteile einer frü- hen Gabe von Remdesivir für definierte Patientenklientel abgeleitet werden konnten, zeigte sich in verschiedenen großangelegten multizentrischen, ver- blindeten und randomisierten Studien kein Vorteil gegenüber Kontrollgruppen ohne Remdesivir [22 – 24]. Aufgrund dieser Ergebnisse empfiehlt die WHO (WHO SOLIDARITY Trial Konsortium) aktuell bei Patienten – unabhängig vom klinischen Schweregrad – den Ein- a) Schematische Darstellung eines SARS-CoV-2 Virions. satz von Remdesivir nicht mehr. Eine b) Vereinfachte Darstellung des SARS-CoV-2 Lebenszyklus mit den entsprechenden Angriffspunkten für fortlaufende Neubewertung wird aller- eine antivirale Therapie. Durch Bindung des Spike Proteins an den zellulären ACE2-Rezeptor kommt es zur Adhäsion des Viruspartikels (1). Durch zelluläre Kofaktoren kommt es dann zur Konformationsänderung dings im Rahmen klinischer Studien, die und Verschmelzung beider Membranen. Die unter ‚Spike Protein und ACE-2-Rezeptor‘ beschriebenen beispielweise neue Wirkstoffkombina- Medikamente entfalten hier ihre Wirkung (A). Nach der Freisetzung der viralen RNA in das Zellinnere kommt es zunächst zur Bildung verschiedener mRNA-Transkripte und schließlich auch zur Replikation des tionen untersuchen, eingeräumt [14, 15]. viralen Genoms durch die RdRp (2), auf die Polymeraseinhibitoren wirken können (B). An den zellulären Ribosomen wird die mRNA in Proteinvorläufer umgeschrieben. Diese werden im Anschluss durch virale Proteasen, hauptsächlich 3CLpro, weiter prozessiert (3). Proteaseinhibitoren wirken an diesem Teilschritt (C). Ribavirin ist ein Guanosin-Analogon, Im Anschluss werden das replizierte Genom und die prozessierten (Struktur-)Proteine zusammengeführt das im Rahmen der Behandlung von (Assembly) und neue Virionen an die Umgebung abgegeben (4). (ER, endoplasmatisches Retikulum) Die Abbildung wurde mit BioRender.com erstellt. Patienten mit Hepatitis-C-, Hepatitis-E- und RSV-Infektionen (respiratory syn- cytial virus) eingesetzt wird. Es wirkt breite in-vitro-Wirkung gegenüber ver- lässt Ribavirin allerdings bereits in der ebenfalls im Wesentlichen über eine schiedenen RNA-Viren. Die bereits Zellkultur weniger effektiv erscheinen Interaktion mit der RdRp und zeigt eine beschriebene proofreading-Aktivität [25]. Zudem sind ausreichende Wirk- Ärzteblatt Sachsen 6|2021 15
CORONA-PANDEMIE stoffspiegel mit den üblichen Dosis ren charakteristischen Spikes („Sta- Aufgrund ihrer Eigenschaft, die termi- regimen nicht zu erreichen [20, 26, 27]. chel“). Es besteht aus zwei Unterein- nale Glykosylierung von ACE-2 zu inhi- Bei Studien an durch MERS-CoV und heiten, S1 und S2, die zwei verschie- bieren, entstand die Hypothese, hier- SARS-CoV infizierten Patienten erfolg dene Aufgaben während der Infektion durch einen therapeutischen Einfluss te die Gabe von Ribavirin in Kombina- erfüllen. Auf der S1-Untereinheit ist die auf die Infektion mit SARS-CoV-2 neh- tion mit anderen antiviralen Medika-Rezeptorbindungsdomäne (RBD) ent- men zu können. Nach positiven in- menten beziehungsweise Immunmo- halten. Zielrezeptor von SARS-CoV-2 vitro-Daten [27] wurde vor allem das dulatoren wie zum Beispiel Interfe- ist, genau wie beim SARS-CoV, der besser verträgliche Hydroxychloroquin ron-beta-1b [20, 28]. Eine Wirksamkeit ACE-2 (angiotensin converting enzyme in einer ganzen Reihe von Studien bei Infektionen mit SARS-CoV-2 ist 2)-Rezeptor, der unter anderem auf sowohl als Monotherapie und in Kom- bisher nicht beschrieben, wobei insbe- vielen Zellen des Respirationstraktes bination mit Azithromycin [14, 31, 32], sondere die inhalative Anwendung nochexprimiert wird. Die S2-Untereinheit aber auch als Postexpositionsprophy- in laufenden Studien untersucht wird. verankert die Spike-Proteine in der laxe [33] untersucht. Ein positiver Nut- Virusmembran und induziert nach der zen konnte in allen methodisch hoch- Favipiravir ist ebenfalls ein Guanosin- Rezeptorbindung durch Konformati- wertigen Studien jedoch nicht gezeigt Analogon, welches in-vitro-Aktivität onsänderungen die Verschmelzung mit werden. Das Risiko schwerwiegender gegenüber vielen RNA-Viren zeigt. Es der Zellmembran der Zielzelle und Nebenwirkungen (vor allem QT-Zeit- ist in Japan und Südkorea zur Behand- damit die eigentliche Infektion. Somit Verlängerung) bei nicht bewiesenem lung pandemischer Influenza-Stämme sind potenziell zwei Schritte während klinischem Nutzen in der Therapie wie Prophylaxe war erhöht. In größeren © Shutterstock/2020 Ovidiu Dugulan Studien zeigte sich sogar ein Trend zu einer erhöhten Sterblichkeit im Ver- gleich zu standard-of-care [33]. Monoklonale Antikörper sind direkt antiviral wirksam und sollten daher frühzeitig nach Infektion mit SARS- CoV-2 angewandt werden mit dem Ziel einer „Virus-Neutralisierung“. Zurzeit befinden sich verschiedene monoklo- nale Antikörper in weitergehender Untersuchung durch klinische Studien. Sowohl für die Therapie mit Bamlani- vimab [34], die Kombination von Bam- lanivimab plus Etesevimab (BLAZE-1- zugelassen. Die benötigte Wirkstoff- des viralen Replikationszyklus An Studie) [35], als auch für die Kombina- konzentration lässt die erfolgreiche griffsziele für antivirale Therapien. Die tion aus Casirivimab plus Imdevimab Therapie bei SARS-CoV-2 als schwierig Verhinderung der Interaktion von RBD konnte in randomisierten Placebo-kon- erscheinen [27, 29]. Eine abschließende mit dem Zielrezeptor ist dabei jedoch trollierten Phase-2-Studien bei Patien- Bewertung der Wirksamkeit von Favi- der besser untersuchte Weg, wobei ten mit hohem Risiko für einen schwe- piravir, auch in Kombination mit ande- sowohl die zelluläre als auch die virale ren COVID-19-Verlauf bei Gabe inner- ren Wirkstoffen, steht zurzeit aber Komponente theoretisch beeinflusst halb von sieben Tagen nach Infektion noch aus. werden können. mit SARS-CoV-2 im sekundären End- punkt eine Reduktion von Kranken- Spike Protein und ACE-2-Rezeptor Chloroquin und Hydroxychloroquin sind hausaufnahmen und Vorstellungen in Das Spike (Glyko-)Protein ist für die ältere Präparate, die ursprünglich als Notaufnahmen gezeigt werden [36]. Infektion von Zielzellen essenziell. Auf verlässliche Therapeutika bei der Mala- Ambulante Patienten, die SARS-CoV-2- reifen Viruspartikeln bildet es in einer ria zum Einsatz kamen, bis ihr Einsatz seronegativ sind und/oder eine hohe Kombination aus drei identischen Pro- durch das Auftreten von Resistenzen Viruslast aufweisen, profitierten am teinen (Homotrimer) die für Coronavi- zunehmend eingeschränkt wurde [30]. meisten von der Behandlung in Bezug 16 Ärzteblatt Sachsen 6|2021
CORONA-PANDEMIE auf eine Reduktion der Viruslast [36]. Fazit mehrere dieser Arzneimittel wurde Bei Patienten, die aufgrund von COVID-19 Eine kausale, hochwirksame und spezi- durch die EMA eine positive Bewertung ins Krankenhaus eingeliefert wurden, fische Therapie steht zur Behandlung ausgesprochen, die Zulassungsverfah- konnte kein Nutzen einer Behandlung von Infektionen durch SARS-CoV-2 ren laufen aktuell. In ausgewählten mit Casirivimab und Imdevimab beob beziehungsweise der resultierenden Apotheken in Deutschland sind die achtet werden. Die Gabe monoklonaler Erkrankung COVID-19 bislang nicht zur monoklonalen Antikörper Bamlanivi Antikörper kann mit einem schlechte- Verfügung. Im Zentrum therapeuti- mab und die Kombination aus Casiri- ren klinischen Verlauf assoziiert sein, scher Bemühungen stehen daher opti- vimab und Imdevimab verfügbar. wenn diese hospitalisierten Patienten male unterstützende Maßnahmen ent- Weitere Informationen finden sich auf verabreicht werden, welche High-Flow- sprechend der Schwere des Krank- den Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts Sauerstoff oder eine mechanische heitsbildes (zum Beispiel Sauerstoff- (PEI) [40] und auf der Internetseite des Beatmung mit COVID-19 benötigen. Gabe, Ausgleich des Flüssigkeitshaus- RKI [41]. Durch die US-amerikanische Zulas- haltes, gegebenenfalls Antibiotika- Als immunmodulatorisch wirksames sungsbehörde FDA (Food and Drug Gabe zur Behandlung von bakteriellen Arzneimittel erhielt Dexamethason Administration) wurden erste Notfall- Ko- beziehungsweise Superinfektionen, eine positive Bewertung durch die EMA zulassungen erteilt. gegebenenfalls Intensivtherapie mit für die Anwendung bei Patienten mit Organersatzverfahren) sowie die Be einer SARS-CoV-2-Infektion, die eine Ein weiterer möglicher Behandlungsan- handlung von relevanten Grunderkran- zusätzliche Sauerstoffzufuhr oder satz besteht in der Verwendung von kungen. Wichtig ist zudem eine strati- künstliche Beatmung erfordert. Rekonvaleszentenplasma. Der bishe- fizierte antikoagulatorische Behandlung rige Einsatz bei anderen viralen Erkran- bei Patienten mit erhöhtem Thrombo Interessenkonflikte: Prof. Dr. med. habil. Christoph Lübbert: Teilnahme an einer kungen (zum Beispiel durch SARS-CoV, embolierisiko. Verschiedene spezifi- multizentrischen Phase-III-Studie mit Einsatz MERS-CoV, Ebola-Virus) führte zu sche Therapie ansätze (mit direkter von Remdesivir (Fa. Gilead Sciences) unterschiedlichen therapeutischen Er antiviraler oder immunmodulatorischer Literatur unter www.slaek.de ➝ gebnissen. Die Wirksamkeit wird daher Wirksamkeit) wurden und werden im Presse/ÖA ➝ Ärzteblatt in der Literatur kritisch und nicht ein- Verlauf der Pandemie in klinischen Stu- heitlich diskutiert. Mehrere Therapie- dien untersucht. Bei clinicaltrials.gov Korrespondierender Autor: Dr. med. Mario Hönemann studien wurden auch bei SARS-CoV- sind zurzeit über 5.500 Studien mit Universitätsklinikum Leipzig 2-Infizierten initiiert. In einer Studie mehr als 400 Wirkstoffen gelistet. Institut für Medizinische Mikrobiologie konnte bei frühem Einsatz (72 h nach Als direkt antiviral wirksames Arznei- und Virologie Johannisallee 30, 04103 Leipzig Symptombeginn) von hochtitrigem mittel erhielt Remdesivir (Veklury®) im E-Mail: Mario.Hoenemann@medizin.uni-leipzig.de Rekonvaleszentenplasma bei mild an Juli 2020 eine bedingte Zulassung durch COVID-19 erkrankten älteren Patienten die EMA (European Medicines Agency) eine verringerte Progression der Er zur Anwendung bei Patienten mit einer Aufruf zur Publikation krankung gezeigt werden [37]. Auch Viruspneumonie, die eine zusätzliche von Beiträgen eine retrospektive Analyse aus dem Sauerstoffzufuhr erfordert (Low- oder Das Redaktionskollegium „Ärzte- größten US-Register zeigte eine posi- High-Flow-Sauerstofftherapie oder nicht- blatt Sachsen“ bittet die sächsischen tive Korrelation zwischen klinischem invasive Beatmung) in einer frühen Ärzte, praxisbezogene, klinisch Benefit und dem Titer der neutralisie- Phase von COVID-19. Weiterführende relevante, medizinischwissen- renden Antikörper [38]. Die Evidenz ist Informationen zu Remdesivir, dessen schaftliche Beiträge und Übersichten nach Ansicht der meisten Fachgesell- Einsatz von der WHO nicht empfohlen mit diagnostischen und therapeuti- schaften bislang allerdings nicht aus- wird, finden sich zum Beispiel auf der schen Empfehlungen, berufspoliti- reichend für eine klare Empfehlung. Ein Internetseite der Fachgruppe COVRIIN sche, gesundheitspolitische und Einsatz als individueller Heilversuch am Robert Koch-Institut (RKI) [39]. medizingeschichtliche Artikel zur kann bei kritisch kranken Patienten Veröffentlichung im „Ärzteblatt oder Patienten mit Hochrisikofaktoren Ebenfalls direkt antiviral wirksam sind Sachsen“ einzureichen erwogen werden, insbesondere bei sogenannte monoklonale Antikörper. (E-Mail: redaktion@slaek.de). B-Zell-depletierender Therapie und Zurzeit befinden sich verschiedene Im Internet unter www.slaek.de sind fehlender eigener SARS-CoV-2-Antikör- (Kombinations-)Präparate in Unter die Autorenhinweise nachzulesen. per-Produktion. suchung durch klinische Studien. Für Ärzteblatt Sachsen 6|2021 17
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