Beschluss der STIKO zur 10. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung STIKO-Empfehlung zur COVID-19-Impfung - RKI
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Epidemiologisches Bulletin 38 | 2021 23. September 2021 (online vorab) 3 Mitteilung der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut Beschluss der STIKO zur 10. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung STIKO-Empfehlung zur COVID-19-Impfung Aktualisierung vom 17. September 2021 Bei der Impfempfehlung gegen Coronavirus Disease ▶▶ Insbesondere Menschen, die infolge von Alter 2019 (COVID-19) der Ständigen Impfkommission oder Vorerkrankungen ein hohes Risiko haben (STIKO) handelt es sich um eine Indikationsimp- an COVID-19 schwer zu erkranken oder zu ver- fempfehlung im Rahmen einer Pandemie. Die sterben, sollen durch die Impfung geschützt STIKO nimmt kontinuierlich eine Bewertung des werden. Nutzens und des Risikos der COVID-19-Impfung ▶▶ Ziel der Impfung von Schwangeren und Stil- auf Basis der verfügbaren Daten sowohl für die All- lenden ist die Verhinderung schwerer gemeinbevölkerung als auch spezielle Zielgruppen COVID-19-Verläufe und Todesfälle in dieser vor. Sobald neue Impfstoffe zugelassen und verfüg- Gruppe sowie die Verhinderung von mütterli- bar sind oder neue Erkenntnisse mit Einfluss auf chen und fetalen/neonatalen Schwanger- diese Empfehlung bekannt werden, wird die STIKO schaftskomplikationen durch eine Severe Acute ihre COVID-19-Impfempfehlung aktualisieren. Die Respiratory Syndrome Corona Virus 2-(SARS- Publikation jeder Aktualisierung erfolgt im Epide- CoV-2-)Infektion. miologischen Bulletin (Epid Bull) und wird auf der ▶▶ Durch die Impfung sollen auch COVID-19- Webseite des Robert Koch-Instituts (RKI) bekannt Erkrankungen und Hospitalisierungen bei gegeben. Ob es in Zukunft eine Standardimpfemp- Kindern und Jugendlichen verhindert werden. fehlung oder eine Indikationsimpfempfehlung ge- Ein zusätzliches Ziel ist es, indirekte Folgen ben wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht von SARS-CoV-2-Infektionen, wie Einschrän- beurteilt werden. kungen der sozialen und kulturellen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen abzumildern. ▶▶ Ebenso sollen Personen mit erhöhtem arbeits- In der hier vorliegenden 10. Aktualisierung nimmt bedingtem SARS-CoV-2-Expositionsrisiko (be- die STIKO ungeimpfte Schwangere (ab dem 2. Tri- menon) und ungeimpfte Stillende explizit als zu rufliche Indikation) geschützt werden. impfende Zielgruppen in die Impfempfehlungen ▶▶ In Umgebungen mit einem hohen Anteil vul- auf. Darüber hinaus betont die STIKO, dass drin- nerabler Personen und der Gefahr von Ausbrü- gend allen ungeimpften Personen im gebärfähi- chen sollen die Transmission vermindert und gen Alter die Impfung gegen COVID-19 angeboten Gefährdete geschützt werden. werden sollte, damit bereits vor der Schwanger- ▶▶ Die Impfung soll darüber hinaus die Aufrecht- schaft ein optimaler Impfschutz besteht. erhaltung staatlicher Funktionen und des öffentlichen Lebens unterstützen. Impfziele Impfstoffe Ziel der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO ist Für die Impfung gegen COVID-19 sind aktuell in es, schwere Verläufe, Tod und Langzeitfolgen durch der Europäischen Union (EU) vier Impfstoffe zuge- COVID-19 in der Bevölkerung Deutschlands so weit lassen. Es handelt sich dabei um zwei mRNA-Impf- wie möglich zu reduzieren. stoffe (Comirnaty der Firma BioNTech/Pfizer und
Epidemiologisches Bulletin 38 | 2021 23. September 2021 (online vorab) 4 Spikevax der Firma Moderna) sowie zwei Vektor- Impfstoffe (Vaxzevria und COVID-19 Vaccine Jans- basierte Impfstoffe (Vaxzevria der Firma Astra- sen) nur für Personen im Alter ≥ 60 Jahren empfoh- Zeneca und COVID-19 Vaccine Janssen der Firma len. Die STIKO empfiehlt jedoch wie bei den < 60- Janssen Cilag International). Jährigen, die in der Vergangenheit eine Impfstoff- dosis Vaxzevria erhalten hatten, auch für ≥ 60-Jähri- ▶▶ Die beiden mRNA-Impfstoffe sind ab dem Alter ge ein heterologes Impfschema (d. h. 1. Impfung mit ≥ 12 Jahre, die beiden Vektor-basierten Impf- Vaxzevria gefolgt von einem mRNA-Impfstoff in ei- stoffe ab dem Alter ≥ 18 Jahre zugelassen. nem Abstand von mindestens 4 Wochen). Eine ▶▶ Für eine vollständige Impfserie sind bei den 2-malige Vaxzevria-Impfung (homologes Vax/Vax- beiden mRNA-Impfstoffen und beim Impfstoff Schema) im empfohlenen Intervall schützt ebenfalls Vaxzevria jeweils zwei Impfstoffdosen notwen- gut vor schweren Erkrankungen nach SARS-CoV-2- dig. Infektionen (einschließlich der Delta-Variante). ▶▶ Die COVID-19 Vaccine Janssen ist derzeit als 1-malige Impfung zugelassen und anzuwen- Der Einsatz von Vaxzevria als 2-malige Impfung den. Aktuell läuft noch eine größere Studie zur und der COVID-19 Vaccine Janssen ist bei < 60-Jäh- Wirksamkeit eines 2-Dosen Schemas. rigen zulassungskonform und nach ärztlicher Auf- klärung und bei individueller Risikoakzeptanz Die jeweils empfohlenen Impfabstände sind in durch die impfwillige Person möglich. Tabelle 1 aufgeführt. Bislang nicht geimpfte Personen, die ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben oder Empfehlung für Personen ab 18 Jahren die arbeitsbedingt besonders exponiert sind oder Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen COVID-19 engen Kontakt zu vulnerablen Personengruppen ha- für alle Personen ab 18 Jahren. Für die Impfung soll ben, sollen weiterhin bei der Vergabe von Impfter- einer der beiden zugelassenen mRNA-Impfstoffe minen bevorzugt berücksichtigt werden (s. Tab. 2). (Comirnaty, Spikevax) oder (bei > 60-Jährigen) einer der beiden zugelassenen Vektor-basierten Impfstof- Eine ausführliche Erläuterung findet sich in der fe (Vaxzevria, COVID-19 Vaccine Janssen) verwen- 4. (Epid Bull 16/2021), 7. (Epid Bull 25/2021) und det werden. Bei keinem dieser Impfstoffe handelt 8. Aktualisierung (Epid Bull 27/2021) der STIKO- es sich um einen Lebendimpfstoff. Die beiden Empfehlung zur COVID-19-Impfung. mRNA-Impfstoffe können in allen Alters- und In- dikationsgruppen eingesetzt werden, für die sie zu- gelassen sind. Empfehlung für Kinder und Jugendliche im Alter von 12 – 17 Jahren Aufgrund der beobachteten thromboembolischen Die STIKO empfiehlt für alle 12 – 17-Jährigen die Ereignisse werden die beiden Vektor-basierten COVID-19-Impfung mit zwei Dosen eines mRNA- Impfstoffs (Comirnaty oder Spikevax) im Abstand von 3 – 6 bzw. 4 – 6 Wochen (s. Tab. 1). Impfstoff Impfabstand Comirnaty (BioNTech/Pfizer) 3 – 6 Wochen Die Impfung erfordert eine ärztliche Aufklärung Spikevax (Moderna) 4 – 6 Wochen unter Berücksichtigung des Nutzens und des Risi- Vaxzevria (AstraZeneca) 9 – 12 Wochen kos, die auch für die betroffenen Kinder und Ju- Heterologes Impfschema ab 4 Wochen (Vaxzevria/mRNA-Impfstoff) gendlichen verständlich sein muss. Tab. 1 | Impfabstände zur Grundimmunisierung gegen COVID-19 (Stand: 08.09.2021)* Kinder und Jugendliche, die aufgrund einer Vor * Sollte der empfohlene maximale Abstand zwischen der erkrankung ein erhöhtes Risiko für einen schweren 1. und 2. Impfstoffdosis überschritten worden sein, kann die COVID-19-Verlauf (s. Tab. 2) haben, sollen bevor- Impfserie dennoch fortgesetzt werden und muss nicht neu zugt berücksichtigt werden. Gleiches gilt für Kinder begonnen werden. und Jugendliche ab 12 Jahren, in deren Umfeld sich
Epidemiologisches Bulletin 38 | 2021 23. September 2021 (online vorab) 5 Angehörige oder andere Kontaktpersonen mit A) Personen im Alter ≥ 60 Jahren hoher Gefährdung für einen schweren COVID-19- B) Personen im Alter ab 18 Jahren mit Grunderkrankungen, Verlauf befinden, die selbst nicht geimpft werden die ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben, z. B. ▶▶ Angeborene oder erworbene Immundefizienz bzw. Immun können oder bei denen der begründete Verdacht auf suppression, inkl. HIV-Infektion, Z. n. Organtransplantation ▶▶ Autoimmunerkrankungen, inkl. rheumatologische Erkrankungen einen nicht ausreichenden Schutz nach Impfung ▶▶ Chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht (z. B. Menschen unter relevanter im- ▶▶ Chronische Krankheiten der Atmungsorgane ▶▶ Chronische Lebererkrankungen, inkl. Leberzirrhose munsuppressiver Therapie). ▶▶ Chronische Nierenerkrankungen ▶▶ Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen ▶▶ Chronische neurologische Erkrankungen Für Jugendliche, die arbeitsbedingt entweder ein er- ▶▶ Demenz oder geistige Behinderung höhtes Expositionsrisiko aufweisen oder engen ▶▶ Psychiatrische Erkrankungen ▶▶ Stoffwechselerkrankungen, inkl. Adipositas mit BMI > 30 kg/m2 Kontakt zu vulnerablen Personengruppen haben, und Diabetes mellitus ▶▶ Trisomie 21 besteht eine berufliche Impfindikation (s. Tab. 2, Ab- ▶▶ Krebserkrankungen, inkl. maligne hämatologische Erkrankungen schnitt G). C) Schwangere ab dem 2. Trimenon und Stillende Um Viruseinträge in Gemeinschaftseinrichtungen D) Kinder und Jugendliche im Alter von 12 – 17 Jahren mit Grunderkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für schwere (Schulen und andere Einrichtungen für Kinder und COVID-19-Verläufe haben Jugendliche) zu minimieren und den Betrieb dieser ▶▶ Adipositas (> 97. Perzentile des Body-Mass-Index [BMI]) ▶▶ Angeborene oder erworbene Immundefizienz oder relevante Einrichtungen so lange wie möglich aufrecht zu er- Immunsuppression halten, sollten Eltern, LehrerInnen, ErzieherInnen ▶▶ Angeborene zyanotische Herzfehler (O -Ruhesättigung < 80 %) 2 und Einkammerherzen nach Fontan-Operation sowie andere Betreuungspersonen von Kindern und ▶▶ Chronische Lungenerkrankungen mit einer anhaltenden Einschränkung der Lungenfunktion unterhalb der 5. Perzentile, Jugendlichen das Impfangebot dringend wahrneh- definiert als z-Score-Wert < –1,64 für die forcierte Einsekunden men. Zur Eindämmung der Pandemie kommt es kapazität (FEV1) oder Vitalkapazität (FVC). (Ein gut eingestelltes Asthma bronchiale ist hier nicht gemeint). maßgeblich darauf an, in der Bevölkerung rasch ▶▶ Chronische Nierenerkrankungen hohe Impfquoten zu erreichen. ▶▶ Chronische neurologische oder neuromuskuläre Erkrankungen ▶▶ Diabetes mellitus, wenn nicht gut eingestellt bzw. mit HbA1c- Wert > 9,0 % Eine ausführliche Erläuterung findet sich in der ▶▶ Schwere Herzinsuffizienz ▶▶ Schwere pulmonale Hypertonie 9. Aktualisierung (Epid Bull 33/2021) der STIKO- ▶▶ Syndromale Erkrankungen mit schwerer Beeinträchtigung ▶▶ Trisomie 21 Empfehlung zur COVID-19-Impfung. ▶▶ Tumorerkrankungen und maligne hämatologische Erkrankungen E) BewohnerInnen von SeniorInnen- und Altenpflegeheimen sowie BewohnerInnen in Gemeinschaftsunterkünften (Alter: ≥ 12 Jahre) Empfehlung für Schwangere und Stillende F) Enge Kontaktpersonen von Schwangeren oder Personen mit Die STIKO empfiehlt allen ungeimpften Personen einem Risiko für schwere COVID-19-Verläufe (Alter: ≥ 12 Jahre) im gebärfähigen Alter dringend die Impfung gegen G) Personen, die arbeitsbedingt besonders exponiert sind, engen COVID-19, so dass ein optimaler Schutz vor dieser Kontakt zu vulnerablen Personengruppen haben, oder Personen in Schlüsselpositionen, z. B. Erkrankung bereits vor Eintritt einer Schwanger- ▶▶ Personal mit erhöhtem Expositionsrisiko in medizinischen schaft besteht. Einrichtungen ▶▶ Personal mit engem Kontakt zu vulnerablen Gruppen in medizinischen Einrichtungen Noch ungeimpften Schwangeren wird die Impfung ▶▶ Pflegepersonal und andere Tätige in der ambulanten und stationären Altenpflege oder Versorgung von Personen mit mit zwei Dosen eines COVID-19-mRNA-Impfstoffs Demenz oder geistiger Behinderung im Abstand von 3 – 6 (Comirnaty) bzw. 4 – 6 Wochen ▶▶ Tätige in Gemeinschaftsunterkünften ▶▶ Medizinisches Personal im Öffentlichen Gesundheitsdienst (Spikevax) ab dem 2. Trimenon empfohlen. Wenn (ÖGD) die Schwangerschaft nach bereits erfolgter Erstimp- ▶▶ LehrerInnen und ErzieherInnen ▶▶ Beschäftigte im Einzelhandel fung festgestellt wurde, sollte die Zweitimpfung erst ▶▶ Beschäftigte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit ▶▶ Personal in Schlüsselpositionen der Landes- und Bundesregie- ab dem 2. Trimenon durchgeführt werden. rungen ▶▶ Berufsgruppen der kritischen Infrastruktur Darüber hinaus empfiehlt die STIKO ungeimpften Tab. 2 | Personen mit besonderer Indikation für eine Stillenden die Impfung mit zwei Dosen eines COVID-19-Impfung (Die Gruppen und Vorerkrankungen sind mRNA-Impfstoffs im Abstand von 3 – 6 (Comirnaty) nicht nach Relevanz geordnet.) bzw. 4 – 6 Wochen (Spikevax).
Epidemiologisches Bulletin 38 | 2021 23. September 2021 (online vorab) 6 Schwere Verläufe und Komplikationen einer SARS- Hinweise zur praktischen Umsetzung CoV-2-Infektion sind bei Schwangeren insgesamt ▶▶ Eine COVID-19-Impfung setzt eine sorgfältige selten. Dennoch stellt COVID-19 in der Schwanger- Aufklärung der zu impfenden Person bzw. des schaft eine relevante Krankheitslast in Deutschland Vorsorgebevollmächtigten oder Sorgeberechtig- dar. Hierbei ist die Schwangerschaft per se ein rele- ten voraus. Bei Minderjährigen < 14 Jahren ist vanter Risikofaktor für schwere COVID-19-Verläufe. regelmäßig die Einwilligung der Eltern bzw. Im Falle von Vorerkrankungen (z. B. Adipositas, ar- Sorgeberechtigten einzuholen. Jugendliche terielle Hypertonie, Diabetes mellitus) wird das Ri- können selbst einwilligen, wenn sie die erfor- siko einer schweren Erkrankung nach SARS-CoV-2- derliche Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit Infektion zusätzlich erhöht. Die Impfung schützt besitzen. Die STIKO verweist hierzu auf Kapitel Schwangere wie Nicht-Schwangere sehr gut vor 4.1 der STIKO-Impfempfehlungen 2020/2021 symptomatischen SARS-CoV-2-Infektionen und vor (Epid Bull 34/2020). schweren COVID-19-Verläufen (Hospitalisierung); ▶▶ Bei der Impfung sind die Anwendungshinwei- allerdings liegen derzeit noch keine Studien zum se in den Fachinformationen zum jeweiligen Schutz von Schwangeren vor der Delta-Variante vor. Impfstoff sowie die veröffentlichten „Rote- Es ist davon auszugehen, dass ungeimpfte Schwan- Hand“-Briefe zu beachten. gere durch die erhöhte Infektiosität der Delta- ▶▶ Auch bei sehr alten Menschen oder Menschen Variante von SARS-CoV-2 stärker gefährdet sind als mit progredienten Krankheiten, die sich in ei- durch die bisher in Deutschland zirkulierenden nem schlechten Allgemeinzustand befinden, Virusvarianten. Ein diaplazentarer Transfer von muss die Impffähigkeit gegeben sein. Bei die- mütterlichen Anti-SARS-CoV-2-Antikörpern zum sen Gruppen sollte ärztlich geprüft werden, ob Fetus ist nachgewiesen. Ob dadurch ein klinisch ihnen die Impfung empfohlen werden kann. relevanter Schutz für das Neugeborene erzielt ▶▶ Eine akzidentelle COVID-19-Impfung im 1. Tri- werden kann, ist derzeit nicht klar. menon der Schwangerschaft ist keine Indika tion für einen Schwangerschaftsabbruch. Eine Bisher sind keine randomisiert kontrollierten Stu COVID-19-Impfung von Stillenden ist bei un- dien zur Sicherheit der COVID-19-mRNA-Impfun- kompliziertem Verlauf auch im Wochenbett gen in der Schwangerschaft publiziert. Jedoch zei- möglich. gen die bis dato vorliegenden Ergebnisse von Regis- ▶▶ Es ist ratsam, in den ersten Tagen nach einer teranalysen zur Sicherheit dieser Impfungen kein Impfung außergewöhnliche körperliche Belas- gehäuftes Auftreten von schweren schwangerschafts tungen und Leistungssport zu vermeiden. assoziierten unerwünschten Arzneimittelwirkun- ▶▶ Zu anderen planbaren Impfungen soll ein Min- gen (UAW), insbesondere nicht von Aborten bis zur destabstand von 14 Tagen vor und nach jeder 19. Schwangerschaftswoche, Frühgeburten, Totge COVID-19-Impfstoffdosis eingehalten werden burten oder Malformationen. Darüber hinaus erga- (Notfallimpfungen sind davon ausgenommen). ben sich bisher keine Hinweise auf Risiken durch ▶▶ Es besteht keine Notwendigkeit, vor Verabrei- die COVID-19-Impfung während der Stillzeit für chung einer COVID-19-Impfung das Vorliegen Mutter und Kind. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt einer akuten asymptomatischen oder (uner- die Datenlage zur Sicherheit der COVID-19-Impfung kannt) durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion in der Schwangerschaft noch begrenzt ist, so spricht labordiagnostisch auszuschließen. sie überwiegend für eine allgemeine Impfempfeh- ▶▶ Sollte der empfohlene maximale Abstand zwi- lung von Schwangeren. Die Darstellung des Nutzens schen der 1. und 2. Impfstoffdosis überschritten und möglicher Risiken der Impfung sind notwen worden sein, kann die Impfserie dennoch fort- diger Teil einer sorgfältigen ärztlichen Aufklärung. gesetzt werden und muss nicht neu begonnen werden. Eine ausführliche Erläuterung findet sich in der Be- ▶▶ Aufgrund der Immunität nach durchgemachter gründung der STIKO zur Impfung gegen COVID-19 SARS-CoV-2-Infektion sollten immungesunde von Schwangeren und Stillenden. Personen, die eine gesicherte SARS-CoV-2- Infektion (aktuell nachgewiesen mittels PCR)
Epidemiologisches Bulletin 38 | 2021 23. September 2021 (online vorab) 7 durchgemacht haben, unabhängig vom Alter ▶▶ Aktuell ist nicht bekannt, ob man nach zunächst nur eine Impfstoffdosis erhalten, da SARS-CoV-2-Exposition durch eine postexposi- sich durch eine 1-malige Impfung bereits hohe tionelle Impfung den Verlauf der Infektion Antikörperkonzentrationen erzielen lassen, die günstig beeinflussen oder die Erkrankung noch durch eine 2. Impfstoffdosis nicht weiter gestei- verhindern kann. gert werden. Dies gilt auch, wenn der Infek ▶▶ Postmarketing- und Real-Life-Studien haben ge- tionszeitpunkt länger zurückliegt. Ob und wann zeigt, dass die Virusausscheidung bei Perso- später eine 2. COVID-19-Impfung notwendig nen, die sich trotz einer abgeschlossenen Impf- ist, lässt sich gegenwärtig nicht sagen. Hinge- serie mit SARS-CoV-2 infiziert haben, reduziert gen muss bei Personen mit Immundefizienz im und damit das Transmissionsrisiko deutlich Einzelfall entschieden werden, ob eine 1-malige vermindert ist. Es muss jedoch davon ausge- Impfstoffdosis ausreicht oder eine vollständige gangen werden, dass Menschen nach entspre- Impfserie verabreicht werden sollte. Dies hängt chender Exposition trotz Impfung symptoma- maßgeblich von Art und Ausprägung der Im- tisch oder asymptomatisch infiziert werden mundefizienz ab. können und dabei SARS-CoV-2 ausscheiden. Bei gesicherter bestätigter symptomatischer ▶▶ Die Impfung ist strikt intramuskulär (i. m.) und Infektion soll die notwendige eine Impfstoff keinesfalls intradermal, subkutan oder intravas- dosis in der Regel 6 Monate nach der Infektion kulär (i. v.) zu verabreichen. Bei PatientInnen gegeben werden. Die derzeit verfügbaren klini- unter Antikoagulation soll die Impfung eben- schen und immunologischen Daten belegen falls i. m. mit einer sehr feinen Injektionskanüle eine Schutzwirkung für mindestens 6 – 10 Mo- und einer anschließenden festen Kompression nate nach überstandener SARS-CoV-2-Infek der Einstichstelle über mindestens 2 Minuten tion. Das Risiko für eine Reinfektion ist in den erfolgen. ersten Monaten nach einer gesicherten ▶▶ Im Allgemeinen wird eine Nachbeobachtungs- SARS-CoV-2-Infektion sehr niedrig, kann aber zeit nach der COVID-19-Impfung von mindes- mit zunehmendem Abstand ansteigen. Die tens 15 Minuten empfohlen. Längere Nachbe- Gabe der 1-maligen Impfstoffdosis ist bereits ab obachtungszeiten (30 Minuten) sollten vor- 4 Wochen nach dem Ende der COVID-19- sichtshalber bei bestimmten Risikopersonen Symptome möglich, wenn z. B. eine Exposition eingehalten werden, z. B. bei Personen mit gegenüber neu aufgetretenen Virusvarianten schweren kardialen oder respiratorischen anzunehmen ist, gegen die eine durchgemachte Grunderkrankungen oder mit stärkeren oder SARS-CoV-2-Infektion alleine keinen längerfris- anaphylaktischen Reaktionen auf Impfungen tigen Schutz mehr vermittelt (immune escape- in der Anamnese. Maßgeblich für diese Ent- Varianten). scheidungen sind die Angaben der Person Nach gesicherter asymptomatischer SARS- selbst sowie die ärztliche Einschätzung des CoV-2-Infektion kann die Impfung bereits ab Gesundheitszustands. 4 Wochen nach der Labordiagnose erfolgen. ▶▶ Nach der Zulassung von Comirnaty sind einzel- ▶▶ Wird bei einer 1-malig gegen COVID-19 geimpf- ne schwerwiegende, allergische Unverträglich- ten Person durch direkten Erregernachweis keitsreaktionen aufgetreten. Nach der derzeiti- (PCR) eine SARS-CoV-2-Infektion nachgewie- gen Datenlage ist ein generell erhöhtes Risiko sen, soll die 2. Impfung in der Regel 6 Monate für schwerwiegende UAW für Personen mit nach Ende der COVID-19-Symptome bzw. der vorbekannten allergischen Erkrankungen bei Diagnose erfolgen. Die Gabe einer Impfstoffdo- Impfung mit mRNA-Impfstoffen nicht anzu- sis ist bereits ab 4 Wochen nach dem Ende der nehmen, sofern keine Allergie gegen einen In- COVID-19-Symptome möglich, wenn z. B. mit haltsstoff der jeweiligen Vakzine vorliegt (z. B. Exposition gegenüber neuen Virusvarianten zu Polyethylenglykol im Falle der COVID-19- rechnen ist, gegen die eine durchgemachte mRNA-Impfstoffe). Zur weiteren Information SARS-CoV-2-Infektion keinen ausreichenden wird auf die „Empfehlung zur Coronaimpfung Schutz vermittelt. für Allergikerinnen und Allergiker“ des Paul-
Epidemiologisches Bulletin 38 | 2021 23. September 2021 (online vorab) 8 Ehrlich-Instituts (PEI) und das Flussdiagramm ärztlicher Aufklärung und bei individueller Ri- zum Vorgehen bei positiver Allergieanamnese sikoakzeptanz durch die impfwillige Person vor COVID-19-Impfung verwiesen. möglich. ▶▶ Nach der Impfung mit den mRNA-Impfstoffen ▶▶ Mit den genannten Vektor-basierten Impfstof- sind in sehr seltenen Fällen Myokarditiden auf- fen Geimpfte sollten darüber aufgeklärt wer- getreten. Betroffen waren bisher überwiegend den, dass sie bei Symptomen wie starken anhal- männliche Jugendliche und junge Männer tenden Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit, Bein- (s. auch Kapitel 5.3 in der 9. Aktualisierung der schwellungen, anhaltenden Bauchschmerzen, COVID-19-Impfempfehlung der STIKO). Die neurologischen Symptomen oder punktförmi- Komplikationen traten größtenteils in den ers- gen Hautblutungen umgehend ärztliche Hilfe ten 14 Tagen nach der 2. Impfstoffdosis auf. Ent- in Anspruch nehmen sollten. ÄrztInnen sollten sprechende Warnhinweise wurden in die Fach auf Anzeichen und Symptome einer Throm- informationen von Comirnaty und Spikevax boembolie in Kombination mit einer Thrombo- aufgenommen. Die Erkrankungen verliefen zytopenie achten, wenn sich PatientInnen vor- meist mild. Treten nach der Impfung mit ei- stellen, die kürzlich mit Vektor-basierten nem mRNA-Impfstoff Atemnot, Rhythmusstö- COVID-19-Impfstoffen geimpft wurden. Dies rungen oder Brustschmerzen auf, sollen die Be- gilt insbesondere, wenn PatientInnen über spä- troffenen umgehend ärztliche Hilfe in An- ter als drei Tage nach der Impfung beginnende spruch nehmen. und dann anhaltende Kopfschmerzen klagen ▶▶ Sehr seltene Fälle von Thrombosen in Kombi- oder punktförmige Hautblutungen auftreten. nation mit Thrombozytopenien sind 4 – 21 Tage Weitere Informationen und Hinweise zur Diag nach der Impfung mit Vaxzevria aufgetreten nostik und Therapie findet man in der Stellung- (sog. Thrombose mit Thrombozytopenie Syn- nahme der Gesellschaft für Thrombose- und drom [TTS], vormals Vakzine-induzierte Hämostaseforschung (GTH). immunt hrombotische Thrombozytopenie ▶▶ Die STIKO bekräftigt die Empfehlung, das bun- [VITT]). Aufgefallen sind vor allem Hirnvenen- desweite Monitoring von Impfquoten fortzu- thrombosen (sogenannte Sinus venosus führen, damit auch in Zukunft verlässliche Da- Thrombosen; SVT). Aber auch andere thrombo- ten zur Risiko-Nutzen-Analyse zeitnah verfüg- tische Ereignisse wie Mesenterialvenenthrom- bar sind. bosen und Lungenembolien sind berichtet wor- ▶▶ Personen, die im Ausland bereits mit nicht in den. Einzelne Fälle waren auch kombiniert mit der EU zugelassenen COVID-19-Impfstoffen erhöhter Gerinnungsaktivität oder Blutungen geimpft wurden, benötigen gemäß aktueller im ganzen Körper. Auch nach Anwendung der Rechtslage und unter Berücksichtigung der COVID-19 Vaccine Janssen sind in den USA altersentsprechenden Impfempfehlungen eine sehr seltene Fälle von TTS überwiegend bei jün- erneute Impfserie (s. Tab. 1), um in der EU den geren Geimpften aufgetreten. Entsprechende Status als Geimpfte zu erlangen. In solchen Fäl- Warnhinweise wurden in die Fachinformatio- len sollen die zu impfenden Personen darauf nen der beiden Impfstoffe aufgenommen. Die hingewiesen werden, dass vermehrte lokale STIKO empfiehlt die Impfung mit den beiden und systemische Reaktionen auftreten können. Vektor-basierten Impfstoffen Vaxzevria und Die impfenden ÄrztInnen werden gebeten, auf COVID-19 Vaccine Janssen nur für Menschen das Auftreten verstärkter Impfreaktionen aktiv im Alter ≥ 60 Jahre, da in dieser Altersgruppe zu achten und diese ggf. an das Paul-Ehrlich- aufgrund der ansteigenden Letalität von Institut zu melden. COVID-19 die Nutzen-Risiko-Abwägung ein- ▶▶ Für die Meldungen von über das übliche Maß deutig zu Gunsten der Impfung ausfällt (s. hinausgehenden Impfreaktionen und -kompli- auch Kapitel 7.2.1.1 in der 4. Aktualisierung der kationen soll das etablierte Verfahren verwen- COVID-19-Impfempfehlung der STIKO). Der det werden (siehe Kapitel 4.9 „Impfkomplika Einsatz der beiden Vektor-basierten Impfstoffe tionen und deren Meldung“ in den STIKO- unterhalb dieser Altersgrenze bleibt indes nach Impfempfehlungen 2020/2021; Meldeformu-
Epidemiologisches Bulletin 38 | 2021 23. September 2021 (online vorab) 9 lar des PEI). Regelmäßige Berichte des PEI zur Sicherheit von COVID-19-Impfstoffen sind un- ter folgendem Link zu finden: https://www.pei. de/DE/newsroom/dossier/coronavirus/arznei- mittelsicherheit.html Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut Korrespondenz: STIKO-Geschaeftsstelle@rki.de Vorgeschlagene Zitierweise Ständige Impfkommission: Beschluss der STIKO zur 10. Aktualisierung der C OVID-19-Impfempfehlung Epid Bull 2021;38:3 -9 | DOI 10.25646/9032 (Dieser Artikel ist online vorab am 17. September 2021 erschienen.)
Sie können auch lesen