#GEMEINSAMGEGENCORONA - CORONA IMPFUNGEN - IHK BERLIN
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#GemeinsamGegenCorona Corona Impfungen Antworten auf die häufigsten Fragen aus betrieblicher Sicht Evelyne E. Mühlich em³ personal recht coaching
Agenda • Besteht für Arbeitgeber eine Pflicht, Impfungen anzubieten? • Wer führt die Impfung im Unternehmen durch? • Wer wird wann geimpft? • Muss das Unternehmen die Impfreihenfolge einhalten oder kann es selbst eine innerbetriebliche Priorisierung festlegen? • Darf der Arbeitgeber den Impfstatus erfragen? • Kann der Arbeitgeber eine umfassende Impfpflicht anordnen? • Zutrittsrecht zum Betrieb nur mit Impfung? • Muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zur Impfung bezahlt freistellen? • Anreiz zur Impfung durch Impfprämie? • Kann der Arbeitgeber im Falle einer Corona- Erkrankung, aufgrund der fehlenden Impfung, die Entgeltfortzahlung einstellen? • Haftet der Arbeitgeber bei Impfschäden? • Wie ist der Betriebsrat bei der Ausgestaltung einer betrieblichen Impfung zu beteiligen? • Wer hat die Kosten für die betriebliche Corona- Corona-Impfungen Schutzimpfung zu tragen? - Die häufigsten Fragen aus • Wie geht es weiter? betrieblicher Sicht - Ausblick - Aktuelle Entwicklungen
Besteht für Arbeitgeber eine Pflicht, Impfungen im Betrieb anzubieten? • Keine Verpflichtung des Arbeitgebers, ein Impfangebot zu machen! • Covid-19-Schutzimpfungen sollen ab dem 07.06.2021 auch durch Betriebsärzte verabreicht werden können, vgl. § 6 Abs. 1 Ziff. 3 CoronaImpfV • Grundsätzlich sind Corona-Impfprogramme – vergleichbar mit betrieblichen Angeboten zur Grippeschutzimpfung – in Betrieben denkbar, soweit die Art und Weise der Impfung dies zulässt (etwa Gewährleistung der Kühlketten). • Hinweise zur Organisation eines derartigen Impfangebots durch Betriebsärzte finden Sie unter https://www.wirtschafttestetgegencorona.de • Ausnahme: Impfanspruch bestimmter Beschäftigungsgruppen gemäß § 6 Abs. 2 ArbMedVV … (2) … Impfungen sind Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge und den Beschäftigten anzubieten, soweit das Risiko einer Infektion tätigkeitsbedingt und im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöht ist. … … 3 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Wer führt die Impfungen im Unternehmen durch? • § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Ziff. 3 CoronaImpfV sieht vor, dass Impfungen außerhalb der Impfzentren und mobiler Impfteams ab dem 07.06 2021 durch Betriebsärzte durchgeführt werden können. • Eine Handreichung für Betriebsärzte zu Impfstoffen und Zubehör finden Sie unter https://www.wirtschafttestetgegencorona.de. Diese enthält Hinweise zu den Punkten • Impfstoffbestellung • Anlieferung und Lagerung • Vorbereitung und Verabreichung 4 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Besteht eine gesetzliche Impfpflicht? Nein. Die Corona-Schutzimpfungen erfolgen auf freiwilliger Basis. Trotz der in § 20 Abs. 6 IfSG bestehenden grundsätzlichen Möglichkeit zum Erlass einer Impfpflicht durch Rechtsverordnung hat der Gesetzgeber im Falle der Corona-Impfung hiervon keinen Gebrauch gemacht. Eine gesetzliche Impfpflicht gibt es nur bei Masern. 5 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Wer wird wann geimpft? – Impfpriorisierung bis 07.06.2021 • Rechtgrundlage: Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung/CoronaImpfV) vom 01.04.2021 in Verbindung mit 1. Verordnung zur Änderung der CoronaImpfV vom 30.04.2021 • Anspruch auf eine Impfung haben gemäß § 1 CoronaImpfV: • Gesetzlich oder privat Krankenversicherte in der BRD • Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort in der BRD • Personen in Pflegeheimen oder medizinischen Einrichtungen • Enge Kontaktpersonen von pflegebedürftigen Personen oder Schwangeren • Impfreihenfolge: • Höchste Priorität, § 2 CoronaImpfV • Hohe Priorität, § 3 CoronaImpfV • Erhöhte Priorität, § 4 CoronaImpfV • Verbleibender Personenkreis • Kosten: Impfung ist kostenfrei. 6 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Impfpriorisierung und Bescheinigung • Erhöhte Priorität nach § 4 CoronaImpfV haben u.a. • Personen in besonders relevanter Position in weiteren Einrichtungen und Unternehmen der Kritischen Infrastruktur (wichtige Wirtschaftssektoren wie die Bereiche Energie, Wasser, Ernährung, Gesundheit, Banken und Versicherungen, IT und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Staat und Verwaltung, aber auch Medien und Kultur), vgl. § 4 Abs. 1 Ziff 5 CoronaImpfV • Personen in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit niedrigem Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 , insbesondere in Laboren, und Personal, das keine Patientinnen oder Patienten betreut, vgl. § 4 Abs. 1 Ziff 6 CoronaImpfV • Personen im Lebensmitteleinzelhandel, vgl. § 4 Abs. 1 Ziff 7 CoronaImpfV • Personen in Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendhilfe, vgl. § 4 Abs. 1 Ziff 8 CoronaImpfV • Hat jeder Arbeitnehmer Anspruch darauf, eine Bescheinigung nach § 6 Abs. 4 CoronaImpfV zu erhalten, wenn das Unternehmen z.B. zur „besonders Kritischen Infrastruktur“ zählt? • Ein bundesweit gültiges Formular für die Arbeitgeberbescheinigung gibt es nicht. • Bescheinigungen werden nicht einheitlich behandelt. 7 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Bescheinigung nach § 6 Abs. 4 Ziff. 2 CoronaImpfV • Muster „Unser Unternehmen xy zählt zur besonders Kritischen Infrastruktur nach § 4 Absatz 1 Ziffer 5 der Coronavirus-Impfverordnung. Hiermit bescheinige ich, dass Mitarbeiter xy in unserem Unternehmen in besonders relevanter Position tätig ist und bei der Impfpriorisierungsgruppe 3 zu berücksichtigen ist.“ • Form pdf oder Mail reicht aus • „Tätig sein“ Auch Zeitarbeitnehmern oder Dritten in den genannten Unternehmen können Betätigungen ausgestellt werden. 8 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Muss der Arbeitgeber die Impfreihenfolge einhalten oder kann er selbst eine innerbetriebliche Priorisierung festlegen? • Die Reihenfolge der CoronaImpfV ist einzuhalten! • Mit Ausnahme der Personengruppen i.S.d. §§ 2-4 CoronaImpfV mit höchster, hoher bzw. erhöhter Priorität fehlen weitere Regelungen für die verbleibenden Personengruppen. • Für Priorisierungen innerhalb des Unternehmens für die verbleibenden Personengruppen ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten! Das heißt: Die Bevorzugung bestimmter ArbeitnehmerInnen bedarf eines sachlichen Grundes! Beispiel: höhere Gefährdung durch Kundenkontakt 9 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Kann Arbeitgeber umfassende Impfpflicht anordnen? • Nein, da auch keine gesetzliche Impfpflicht im Falle von Corona gegeben ist. • Impfung ist freiwillig! Nur Appell des Arbeitgebers möglich. • Im Arbeitsschutz gibt es keine Impfpflicht und auch keine Impf-Nachweispflicht. • Keine Impfpflicht durch TV, BV oder Arbeitsvertrag möglich, auch nicht zu Schutz der Belegschaft oder Dritter! Eine Impfung stellt einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen dar. Eine Rechtfertigung eines solchen Eingriffs bedarf einer ausreichenden Grundlage. Diese ist nicht gegeben, da eine Corona-Impfung regelmäßig keine Voraussetzung für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses ist, insbesondere nicht dafür, die Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen (Ausnahmen ggf. im medizinischen Bereich). 10 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Kann Arbeitgeber umfassende Impfpflicht anordnen? Problem: • Nach Angaben des RKI kann derzeit noch nicht genau quantifiziert werden, in welchem Maß die Impfung die Übertragung des Virus reduziert. Auf Basis bisher vorliegender Daten ist davon auszugehen, dass die Viruslast bei Personen, die trotz Impfung mit SARS-CoV-2 infiziert werden, stark reduziert und die Virusausscheidung verkürzt ist und daher das Risiko einer Virusübertragung stark vermindert ist (https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/gesamt.html). • Arbeitsschutzmaßnahmen nach SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard, SARS-CoV-2- Arbeitsschutzregel und SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung gewährleisten bereits größtmöglichen Schutz. • Sollten Studienergebnisse zeigen, dass Impfungen einen sicheren Schutz vor Corona- Infektionen bieten können, sprechen gute Gründe dafür, dass Arbeitgeber z. B. bei Tätigkeiten im Gesundheitswesen und in der Pflege, die mit dem Schutz und der Pflege anderer Personen betrauten Beschäftigten zur Impfung verpflichten können. 11 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Kann Arbeitgeber den Impfstatus erfragen? (1) - arbeitsrechtliche Aspekte - • Ein Fragerecht wird dem Arbeitgeber nur insoweit zugestanden, als er ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage für das Arbeitsverhältnis hat. • Im Arbeitsschutz gibt es keine Impfpflicht und auch keine Impf-Nachweispflicht. Die Weigerung, eine Impfung durchführen zu lassen, hat dabei auch faktisch keine negativen Auswirkungen. Untersuchungsergebnisse wie Impfstatus und Serostatus unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Auf der Grundlage der Vorschriften der ArbMedVV kann der Arbeitgeber deshalb keine Informationen über Impf-und Serostatus des Beschäftigten verlangen. Ein Fragerecht besteht lediglich in den Fällen des § 23 Abs. 3 und 4 IfSG (Gesundheitswesen). Hier sieht § 23 a IfSG bereits eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Verarbeitung vor. • Problem: Nach bisherigen Erkenntnissen schützt die Impfung nicht vor Ansteckung anderer Beschäftigter, so dass der Arbeitgeber darauf z.B. nicht sein Schutzkonzept aufbauen kann. Zudem unterscheidet das bisherige pandemiebedingte Regelwerk der Arbeitsschutzverordnung gerade nicht nach dem Impfstatus der Beschäftigten. Sollte die Politik allerdings eine derartige Klassifizierung auch im Arbeitsschutz erwägen, dürfte daraus auch ein entsprechendes Fragerecht des Arbeitgebers folgen. 12 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Kann Arbeitgeber den Impfstatus erfragen? (2) - datenschutzrechtliche Aspekte - • Bei der Frage nach dem Impfstatus handelt es sich um die Verarbeitung besonders geschützter personenbezogener Daten gem. Art. 4 Nr. 1, Art. 9 Nr. 1 DS-GVO („Gesundheitsdaten“, § 26 Abs. 3 BDSG ). • Eine Verarbeitung der sich daraus ergebenden Daten ist nur zulässig, wenn diese erforderlich ist, um arbeitsrechtliche Pflichten zu erfüllen oder für die Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten notwendig ist. Deshalb kann auch § 26 Abs. 1 BDSG („zur Durchführung des Beschäftigungs-verhältnisses“) nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden, da es bereits am Aspekt der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung fehlt. • Das Arbeitsverhältnis wird auch unabhängig vom Impfstatus des Beschäftigten durchführbar sein. • Die Nutzung einer Einwilligungserklärung gem. Art. 6 Abs. 1 Buchst. a) DS-GVO dürfte am Aspekt der Freiwilligkeit scheitern, insbesondere, wenn über die Abfrage des Impfstatus eine Beschränkung des Zugangs auf das Betriebsgelände vorgenommen wird. Hierdurch würde mittelbar Zwang auf den Arbeitnehmer ausgeübt. • Beteiligungsrechte des BR Da hier sowohl das mitbestimmungspflichtige Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG als auch Fragen des Gesundheitsschutzes gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG betroffen sind, ist in jedem Fall der Betriebsrat vorab zu beteiligen. 13 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Besteht die Testangebotspflicht auch gegenüber geimpften Arbeitnehmern? Die Testangebotspflicht nach der Corona-Arbeitsschutz-Verordnung gemäß § 5 SARS-CoV-2- ArbSchV unterscheidet bislang nicht zwischen geimpften und nichtgeimpften Personen. Das Test-Angebot muss deshalb gegenüber allen Beschäftigten gemacht werden. Es gibt keine Differenzierung danach, ob Mitarbeiter etwa schon geimpft sind oder bereits eine Corona-Infektion durchgemacht haben. 14 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Darf der Arbeitgeber es vom Impfstatus abhängig machen, ob der Arbeitnehmer das Betriebsgelände betreten darf oder nicht? • Ein „Zutrittsrecht nur mit Impfung“ würde mittelbar eine Impfpflicht voraussetzen, die aber nicht gegeben ist. • Macht Arbeitgeber von seinem Hausrecht Gebrauch, muss er trotzdem Entgelt fortbezahlen (§§ 615, 612 a BGB, Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers geht vor!) • Zutrittsrecht nur mit Impfung zu bestimmten Räumlichkeiten im Betrieb • Pausen-, Sanitärräume: Keine Differenzierung möglich, da diese verpflichtend nach ArbStättVO vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen sind. • Anders bei Kantine (Problem Datenschutz, anderweitige Schutzkonzepte denkbar) • Problem: Datenschutz, Beteiligungsrechte des BR 15 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Was passiert, wenn Kunde dem Arbeitnehmer den Zutritt ohne Impfnachweis verwehrt? • Wird ein Arbeitnehmer daran gehindert, seine Arbeitsleistung zu erbringen, weil ihm – aufgrund rechtmäßiger Weigerung, eine Impfung nachzuweisen – der Zutritt zum Arbeitsort verwehrt wird, ist ihm die Tätigkeit i.S.d. § 297 BGB nicht möglich. • Im Rahmen der Abwägung aller Umstände des Einzelfalls muss dann zunächst geprüft werden, ob eine Versetzung an einen anderen Arbeitsort in Betracht kommt (das entspricht der Wertung des BAG in der Entscheidung zur Arbeitsverweigerung aus religiösen Gründen im Einzelhandel vom 24. Februar 2011 – 2 AZR 636/09). • Sollte dies nicht möglich sein, fällt eine solche rechtlich zulässige Verweigerung nicht in die Sphäre des Arbeitnehmers, sondern in die des Arbeitgebers, so dass nach § 326 Abs. 2 BGB weiterhin eine Pflicht zur Lohnzahlung besteht. 16 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Muss der Arbeitgeber die ArbeitnehmerInnen zur Impfung bezahlt freistellen? • Evtl. aufgrund Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag • § 616 BGB bei Arzt-/Impfzentrumbesuch ohne Terminfreiheit? Ähnlich wie bei der Wahrnehmung von Arztterminen kann auch die Wahrnehmung des Impftermins als persönlicher Hinderungsgrund i. S. d. § 616 BGB angesehen werden, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Terminvorgabe keinen Einfluss auf die Lage des Termins hat. Die anstehenden Corona- Schutzimpfungen sind insoweit mit den Fällen erforderlicher Arztbesuche vergleichbar, da die Termine zur Impfung – jedenfalls derzeit – nicht frei gewählt werden können. Will der Arbeitnehmer das Impfangebot annehmen, hat er sich zur angegebenen Zeit im Impfzentrum einzufinden. • Einvernehmlich immer möglich Hinweis: • Da die Impfung auch im Interesse des Arbeitgebers ist, sollte hier großzügig verfahren werden, z.B. durch festgelegte Zeitgutschriften. • Sofern Betriebsarzt Impfungen anbietet, sind auch betriebliche Regelungen hierzu zu empfehlen, bei Bestehen eines Betriebsrates auch erforderlich. 17 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Anreiz zur Impfung durch Impfprämie? • Impfprämie: Arbeitgeber bietet Arbeitnehmern eine Sonderzahlung ( z.B. 50,00 €) für den Fall an, dass sie sich freiwillig impfen lassen und dies gegenüber ihrem Arbeitgeber nachweisen. • Zulässigkeit ist strittig: Verstoß gegen Maßregelungsverbot nach § 612 a BGB? Arbeitnehmer können wie oben dargelegt sowohl eine Impfung als auch ein entsprechen-des Verlangen nach einem Nachweis gegenüber ihrem Arbeitgeber rechtmäßigerweise verweigern. Arbeitgeber dürfen sie dann aber nicht von entsprechenden Prämien oder anderen Sonderleistungen ausschließen. Nach den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen schützt die Impfung vor besonders schweren Verläufen einer Corona-Infektion und trägt damit dazu bei, die Zahl etwaiger Fehltage im Falle einer Corona-Impfung möglichst gering zu halten (vgl. BAG-Rechtsprechung zur „Anwesenheitsprämie“) In diesem Fall ist aber zu beachten, dass die Höhe der Prämie nicht geeignet sein darf, auf den Arbeitnehmer so großen Druck auszuüben, dass es sich für ihn wie Impfzwang darstellt. Keinesfalls kann eine Befreiung von den im Betrieb geltenden Hygienemaßnahmen in Aussicht gestellt werden! • Aufgrund der bestehenden Risiken ist davon abzuraten! Arg: Bei Unzulässigkeit haben dann alle Arbeitnehmer Anspruch auf die Prämie, egal ob geimpft oder nicht. • Mitbestimmungsrecht des BR nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (betriebl. Lohngestaltung) 18 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Dezenter Hinweis des Arbeitgebers im Falle einer – wegen fehlender Impfung eintretenden – Corona-Erkrankung keine Entgeltfortzahlung zu leisten!? • Zulässigkeit? Zwar sind in der Rechtsprechung Fälle des „Verschuldens gegen sich selbst“ anerkannt, bei denen eine Pflicht zur Entgeltfortzahlung ausgeschlossen ist. Eine Impfung, die eine Erkrankung ohnehin nicht mit letzter Sicherheit ausschließt, ist jedoch nicht gesetzlich verpflichtend. Daher kann der Arbeitgeber die Pflicht zur Entgeltfortzahlung nicht mit dieser Begründung verweigern. Hiergegen spricht auch, dass § 3 EFZG – anders als § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG – keinen Anspruchsausschluss für den Fall vorsieht, dass sich Arbeitnehmer trotz entsprechender Empfehlung nicht impfen lassen. 19 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Hat die Corona-Schutzimpfung Auswirkungen auf den Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 IfSG? • Nach § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG ist die Entschädigungsleistung ausgeschlossen, wenn insbesondere durch eine Schutzimpfung, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder öffentlich empfohlen wurde (s. Empfehlung der Ständigen Impfkommission (www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/05_21.pdf?__blob=publi cationFile), ein Verbot der Ausübung der bisherigen Tätigkeit hätte vermieden werden können. • Die Vorleistungspflicht des Arbeitgebers für Entschädigungszahlungen bei fehlendem Impfschutz des Arbeitnehmers könnte danach entfallen. Voraussetzung hierfür wird sein, dass bei Vorliegen einer Schutzimpfung keine Quarantäneanordnung ergangen wäre. • Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Möglichkeit einer öffentlich empfohlenen Corona- Schutzimpfung auch tatsächlich bestand. 20 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Beteiligungsrechte des Betriebsrates • Überwachungsaufgabe des Betriebsrats nach § 80 BetrVG erfordert, dass Arbeitgeber den Betriebsrat über das betriebliche Impfangebot rechtzeitig und umfassend zu unterrichten hat. • Im Fall eines Impfangebots im Betrieb sind u.U. die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG zu prüfen. • Sollte eine betriebliche Impfpflicht rechtmäßig sein, kommt auch der Abschluss einer Betriebsvereinbarung dazu in Betracht. Es liegt in diesem Fall ein kollektiver Tatbestand vor und es sind Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 BetrVG zu prüfen. • Es bietet sich an, in einer Betriebsvereinbarung die konkrete Durchführung der Impfung, die Frage der Impfzeit als Arbeitszeit sowie den Datenschutz zu regeln. 21 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Können Entleiher bei der Zeitarbeit auf den Einsatz nur geimpfter Leiharbeitnehmer bestehen? • Lässt ein Einsatzbetrieb/Entleiher nur geimpfte Personen in den Betrieb, kann die Anordnung von Impfungen im Einzelfall zulässig sein. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung von betrieblichem Gesundheitsschutz, einem störungsfreien Arbeitsablauf, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem Persönlichkeitsschutz. Die vom Entleiher, z. B. einem Pflegeheim, auferlegte betriebliche Impfpflicht, kann sich dann auf die bei ihm eingesetzten Beschäftigten „durchschlagen“. • Geht es beispielsweise um den Einsatz in einem Pflegeheimbetrieb, der in zulässiger Weise eine verpflichtende Impfung vorsieht, können diese Beschäftigten ihre Arbeitsleistung dort nur ordnungsgemäß erbringen, wenn sie der Verpflichtung nachkommen. Verweigern Beschäftigte die Impfung, ist ihnen die Erbringung der Arbeitsleistung unmöglich. 22 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Haftet der Arbeitgeber bei Impfschäden? • Grundlegend BAG-Urteil vom 21.12.2017, 8 AZR 853/16 zur betrieblichen Grippeschutz-Impfung: Ein Arbeitgeber muss sich einen eventuellen Impfschaden eines Arbeitnehmers nicht zurechnen lassen, wenn der Betriebsarzt selbst – und nicht der Arbeitgeber – zur Impfung einlädt oder eine solche empfiehlt. In diesem Fall kommt ein Behandlungsvertrag zwischen Arbeitnehmer und Betriebsarzt zustande. Eine Hinweis- und Aufklärungspflicht hinsichtlich der Risiken der Impfung trifft den Betriebsarzt. Da der Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis aber durch die Impfmöglichkeit eine Gefahrenlage geschaffen hat, muss er im Rahmen seiner Fürsorgepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB grundsätzlich die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung der Beschäftigten so weit wie möglich zu verhindern. Dieser Pflicht kommt der Arbeitgeber durch die ordnungsgemäße Auswahl der die Impfung durchführenden Person nach. 23 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Haftet der Arbeitgeber bei Impfschäden? • Ob der vom BAG entschiedene Haftungsausschluss des Arbeitgebers in Bezug auf die bereits seit vielen Jahren durchgeführten Grippeschutzimpfungen auch bei neu zugelassenen Impfung gegen das Coronavirus gelten würde, ist noch offen. Anders als bei den über Jahre erprobten Grippeschutzimpfungen würden bei Corona-Impfungen jegliche Praxiserfahrungen über einen längeren Zeitraum fehlen, was durchaus dazu führen könnte, dass Haftungsfragen anders beurteilt werden könnten. • Achtung: Um einen Haftungsfall vorzubeugen, darf Arbeitgeber nicht selbst die Initiative für betriebliche Impfaktionen zu ergreifen, sondern hat dies vollumfänglich dem Kompetenzbereich des Betriebsarztes bzw. des betriebsärztlichen Dienstes zu überlassen. Deshalb sollte - der Betriebsarzt zur Impfung mit dem Hinweis, dass die Impfung im Rahmen der nationalen Corona-Impfkampagne erfolgt, einladen - der Arbeitgeber den Betriebsarzt ordnungsgemäß und sorgfältig auswählen. 24 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Wer hat die Kosten für die betriebliche Corona- Schutzimpfung zu tragen? • Grundsätzlich ist die Impfung gegen das Corona-Virus für die Bevölkerung in Deutschland kostenfrei, vgl. § 1 CoronaImpfV • Die Kosten werden vom Bund (Impfstoffe), den Ländern (Impfzentren) und den gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen (Teilfinanzierung nach § 10 CoronaImpfV) getragen. • Betriebsärzte sind nicht Teil der vertragsärztlichen Versorgung, so dass erbrachte Leistungen nicht über die Krankenkassen abgerechnet werden können. • Kostenübernahme noch unklar • Möglichkeiten: • Bei großen Unternehmen, die eigene Betriebsärzte haben, trägt der Arbeitgeber nach 3 § Abs. 3 ArbSchG die Kosten für das Impfgeschehen als Maßnahme des Arbeitsschutzes. • Strittig ist die Finanzierung in den kleineren Betrieben, die Dienstleister oder Hausärzte zur Wahrnehmung der betriebsärztlichen Aufgabe verpflichten. Ein entsprechendes Budget der Regierung fehlt bis dato. 25 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Weitere Informationsquellen • Bundesministerium für Gesundheit https://bit.ly/2OQHJsu • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung https://bit.ly/2NDcW1K • Bundesministerium für Arbeit und Soziales https://www.bmas.de/DE/Corona/Fragen-und-Antworten/Fragen-und-Antworten- ASVO/faq-corona-asvo.html • Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft: https://www.wirtschafttestetgegencorona.de 26 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Ausblick 27 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 28 21/05/21 | Anlass/Training/Dozent Fragen?
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