Best Practices für Change Management in der Baubranche - Oracle White Paper April 2009

Die Seite wird erstellt Franz Mohr
 
WEITER LESEN
Best Practices für Change Management in der Baubranche - Oracle White Paper April 2009
Oracle White Paper
April 2009

Best Practices für Change Management
in der Baubranche
Best Practices für Change Management in der Baubranche - Oracle White Paper April 2009
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

Einführung............................................................................................ 1
Vertragsänderungen bei Bauvorhaben . .............................................. 2
    Angewiesene Änderungen............................................................... 2
    Mittelbare Änderungen.................................................................... 2
    Kardinaländerungen......................................................................... 3
Der Change Management Prozess...................................................... 3
    Schritt 1: Bestimmen Sie die vertraglich festgelegten Pflichten...... 3
    Schritt 2: Bestimmen Sie die potentiellen Änderungen und legen
    Sie dafür eine entsprechende Akte an............................................. 8
    Schritt 3: Bestimmen Sie den vertraglichen Anspruch,
    messen Sie die Auswirkungen der Änderung und kalkulieren
    Sie ihre Kosten............................................................................... 16
    Schritt 4: Verhandeln Sie die Konditionen für den
    entsprechenden Änderungsauftrag und führen Sie ihn aus.......... 19
    Schritt 5: Archivieren Sie alle Unterlagen über den
    Änderungsauftrag.......................................................................... 21
    Zusammenfassung........................................................................ 25
    Anhang: Glossar............................................................................ 26
Best Practices für Change Management in der Baubranche - Oracle White Paper April 2009
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

Einführung
Verträge für Bauprojekte unterscheiden sich von den meisten anderen Vertragswerken darin,
dass von Vertragsänderungen während der Bauphase ausgegangen wird. Ziel dieses White Papers
ist es, Best Practices aufzuzeigen, mit denen Änderungen, die in einem Bauprojekt auftreten
können, erkannt und bewältigt werden können. Außerdem zeigt es einen entsprechenden Prozess.
Das Thema kann dabei bei weitem nicht erschöpfend oder vollständig behandelt werden. Dennoch
beziehen sich die verwendete Terminologie und die Vertragsdokumente, auf die Bezug genommen
wird, auf traditionelle Design-Bid-Build-Projekte bei öffentlichen Baumaßnahmen. Der Prozess
und die vorgestellten Prinzipien sind sofort umsetzbar und können für andere Projekttypen
adaptiert werden.

Da der vorgestellte Change Management Prozess nicht für einen bestimmten Vertrag oder
ein spezielles Projekt erstellt wurde, werden alle Leser dringend gebeten, die dargestellten
Arbeitsabläufe sorgfältig zu studieren und sich bei der Anpassung an ihre eigenen Projekte
gegebenenfalls entsprechende Unterstützung zu suchen. Wenden Sie sich bitte an Oracle
Consulting, wenn sie Fragen zum in diesem Dokument vorgestellten Change Management
Prozess haben. Dies gilt auch für die vorausgesetzten Anforderungen, seine Implementierung,
seine Anpassung für Ihre Bauvorhaben oder andere Gründe, die mit dem Entwickeln und Einführen
eines Change Management-Systems in Ihrem Projekt oder Bauvorhaben zu tun haben.

                                                                                                                        1
Best Practices für Change Management in der Baubranche - Oracle White Paper April 2009
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

Vertragsänderungen bei Bauvorhaben
Als Änderung wird typischerweise der Unterschied zwischen den vertraglichen Verpflichtungen, wie sie im
ursprünglichen Vertrag zwischen den Parteien festgelegt wurden (häufig geschieht dies bereits zum Zeitpunkt
der Ausschreibung), und den Verpflichtungen, die sich in der Folgezeit ergeben (in der Regel werden diese
Verpflichtungen erst während der Bauphase sichtbar). Die Gründe für Änderungen während der Bauphase
können beim Bauträger, beim Bauunternehmen oder sogar bei einem dritten Vertragspartner liegen. Obwohl der
Vertrag eigentlich festlegt, was unter einer Änderung zu verstehen ist, nachfolgend einige typische Beispiele für
Änderungen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
• Die Klärung von Zweideutigkeiten, Konflikten, Fehlern oder Auslassungen im Vertragswerk
• Neue oder nicht antizipierte Anforderungen durch Dritte wie zum Beispiel Zulassungsbehörden,
  Transport- oder Versorgungsunternehmen
• Unvorhersehbare ökologische Hindernisse
• Änderungen beim Bauplan
• Engpässe beim Baumaterial (unter bestimmten Umständen)
• Sicherheitsfragen
• Änderungen bei der Dauer oder Abfolge von Arbeitsschritten
Änderungen können in die Kategorien „angewiesene Änderungen“ oder „mittelbare Änderungen“ unterteilt
werden, darauf wird später noch eingegangen. „Kardinal“-Änderungen stellen allerdings einen Vertragsbruch
dar und sind deshalb in der Regel nicht erlaubt. Dies bedeutet, dass der Bauunternehmer nicht verpflichtet ist,
diese Änderungen auszuführen.

Angewiesene Änderungen
Angewiesene Änderungen sind Änderungen, die vom Bauträger beauftragt werden. Sie werden von ihm deshalb
auch als Änderung am Vertrag angesehen. Je nach Vertragswerk können Beispiele für angewiesene Änderungen
sein:
• Zusätzliche Baumaßnahmen oder die Beseitigung von Baumaßnahmen
• Änderungen bei den Materialspezifikationen
• Änderungen bei der Projektphaseneinteilung
• Änderungen beim Zugang zur Baustelle oder den Arbeitszeiten
• Änderungen bei der Laufzeit des Vertrags

Mittelbare Änderungen
Mittelbare Änderungen sind in der Regel das Ergebnis des Handelns oder Nicht-Handelns des Bauträgers. Sie
werden deshalb von ihm nicht als formale Vertragsänderung angesehen. Je nach Vertragswerk können Beispiele
für indirekte Änderungen sein:
• Das Unterlassen, wichtige Materialinformationen mitzuteilen (höheres Wissen)

                                                                                                                             2
Best Practices für Change Management in der Baubranche - Oracle White Paper April 2009
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

• Die Unmöglichkeit, die Arbeit so wie geplant auszuführen (Planungsfehler, technische Durchführbarkeit)
• Die Forderung, das Bauprojekt bereits vor Abschluss der Bauphase zu beziehen oder zu nutzen
• Die langsame Bearbeitung von Eingaben und Leistungsanfragen (RFI)
• Inspektionen zum unpassenden Zeitpunkt
Die mittelbaren Änderungen sind in der Regel schwieriger als Änderungen zu definieren und bilden damit häufig
die Grundlage für Streitigkeiten und im schlimmsten Fall sogar eine gerichtliche Auseinandersetzung.

Kardinaländerungen
Eine Kardinaländerung ist eine Änderung, die dazu führt, dass das Bauprojekt komplett anders durchgeführt
wird, als im Vertrag festgelegt. Ein Beispiel für eine solche Änderung kann die Aufforderung des Bauträgers
sein, Asbest- oder andere schädliche Baustoffe zu entfernen, obwohl das Vertragswerk keine Regelungen
über derartige Materialien sowie deren Beseitigung enthält. Auch wenn dieses White Paper keine juristische
Abhandlung zu diesem Thema sein soll, stellt eine Kardialänderung in der Regel einen Vertragsbruch durch
den Bauträger dar. Der Bauunternehmer ist nicht verpflichtet, diese Änderung auszuführen, selbst wenn er vom
Bauträger dazu beauftragt wird.

Der Change Management Prozess
Verträge für Bauvorhaben sind in ihrer Art einmalig, denn sie geben dem Bauträger in der Regel das Recht,
Änderungen am Vertragswerk vorzunehmen, ohne den Vertrag zu brechen. Aus diesem Grund erfordert
effizientes Change Management die erfolgreiche Durchführung wichtiger Aufgaben, die in diesem Kapitel
beschrieben werden. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass dieser Prozess nicht erschöpfend behandelt
werden kann. Es sollten jedoch die folgenden Schritte eingehalten werden:
Schritt 1. Bestimmen Sie die vertraglich festgelegten Pflichten.
Schritt 2. Bestimmen Sie die potentiellen Änderungen und legen Sie dafür eine entsprechende Akte an.
Schritt 3. Bestimmen Sie den vertraglichen Anspruch, messen Sie die Auswirkungen der Änderung und
kalkulieren Sie ihre Kosten.
Schritt 4. Verhandeln Sie die Konditionen für den entsprechenden Änderungsauftrag und führen Sie ihn aus.
Schritt 5. Archivieren Sie alle Unterlagen über den Änderungsauftrag.

Schritt 1: Bestimmen Sie die vertraglich festgelegten Pflichten
Das Vertragswerk legt die vertraglich festgelegten Pflichten für das Projekt in Bezug auf seine Ausrichtung,
seinen Zeitplan und sein Budget fest. Die vertraglichen Pflichten müssen erst einmal bestimmt werden, um jede
Abweichung (dabei handelt es sich ja bei einer Änderung) zu erkennen. Denn eine Änderung ist sicher eine
Verpflichtung, die von den im Vertrag festgelegten Verpflichtungen abweicht.
Das Vertragswerk besteht in der Regel aus den folgenden Bestandteilen:
• Vertrag. Anhänge, Vereinbarungen, Sonderklauseln und ähnliche Vereinbarungen und Quellennachweise
• Spezifikationen. Allgemeine Klauseln, technische Spezifikationen, ergänzende Klauseln und andere
  Standardvorgaben

                                                                                                                             3
Best Practices für Change Management in der Baubranche - Oracle White Paper April 2009
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

• Pläne. Projektpläne, Baupläne, Detailpläne, Bohrprotokolle und andere Informationen, die die
  auszuführenden Arbeiten oder die Beschaffenheit des Bauplatzes beschreiben, bevor das Bauprojekt
  begonnen wird
Dabei ist es wichtig, bei der Überprüfung der Vertragsunterlagen allgemeine Regeln für die Auslegung des
Vertrags anzuwenden. Dies bedeutet, dass der Vertrag als Ganzes gelesen werden muss. Danach muss die
Reihenfolge der Präzedenzklauseln berücksichtigt werden. So können diese zum Beispiel bestimmen, dass bei
einem Konflikt die Spezifikationen immer Vorrang vor den Plänen haben.
Sowohl der Bauträger als auch der Bauunternehmer sollten besondere Aufmerksamkeit den Vertragsklauseln
zollen, die sich mit Fristen und Änderungen beschäftigen. Gerade diese Klauseln sind der logische
Ausgangspunkt für das Bestimmen und die Bearbeitung von Änderungen.

1. Änderungsklausel

Die Änderungsklausel ist unter Umständen die wichtigste Klausel in einem Vertrag für ein Bauvorhaben.
Sie legt nämlich fest, dass der Bauträger Änderungen in dem Umfang beauftragen kann, den er als
notwendig erachtet, damit das Vorhaben vollendet werden kann. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die
Vertragslaufzeit (Projektplan) und die Kosten (Budgetplan). Der Bauunternehmer ist auf der anderen Seite
dazu verpflichtet, die Änderungen nach den Anweisungen des Bauträgers auszuführen, allerdings erhält er
dafür eine entsprechende Kompensation in Bezug auf Zeit und Kosten.
Zu den Änderungen gehören Änderungen beim Arbeitsaufwand oder den Arbeitsbedingungen sowie das
Aussetzen, Hinzufügen oder Beseitigen von Arbeitsschritten, die eigentlich im Rahmen des Vertrags
festgelegt sind.
Obwohl es viele Arten von Änderungsklauseln in Verträgen für Bauvorhaben gibt, stellen die folgenden
Beispiele einige Bestandteile solcher Klauseln dar:
•	Während der Vertragslaufzeit hat der Bauträger das Recht, schriftliche Änderungen an den Mengengrößen
   vorzunehmen oder andere Änderungen durchzuführen, die für einen erfolgreichen Projektabschluss
   notwendig sind
•	Derartige Änderungen setzen den Vertrag weder außer Kraft, noch erlischt die Garantie
•	Die Vertragslaufzeit wird aufgrund von Änderungen, die zusätzliche Zeit zur Ausführung benötigen,
   entsprechend verlängert [Verweis auf die Klausel zur Verlängerung der Vertragslaufzeit]
•	Die Bezahlung für die Änderungen erfolgt nach der [Verweis auf Abrechnungsklausel im Vertrag].
•	Eine Einigung auf der Basis der Anpassung der Vertragslaufzeit ist zu erzielen, bevor mit dem
   Änderungsauftrag begonnen wird. Kann keine Einigung erzielt werden, kann der Bauträger die Arbeit
   beauftragen, die dann auf der Grundlage der geleisteten Arbeit und des verbrauchten Materials abgerechnet
   wird. [Hinweis auf Arbeits- und Materialkostenklausel]
Wie Sie sicher bemerkt haben, beschäftigt sich die Änderungsklausel im vorgenannten Beispiel zuerst mit den
möglichen Auswirkungen der Änderung auf Vertragslaufzeit, Projektplan und Budget und weist den Leser
dann auf die entsprechenden Vereinbarungen hinsichtlich Abrechnung und zusätzlichem Zeitbedarf hin. Als
Beispiel, wie dies in der Praxis funktionieren könnte, könnten Änderungen, die kritische Bereiche des Projekts
beeinträchtigen, dazu führen, dass eine Laufzeiterweiterung gewährt wird. Die Verpflichtungen aus dieser
Erweiterung werden dann in anderen Regelungen des Vertrags festgelegt, auf die diese Klausel hinweist.

                                                                                                                            4
Best Practices für Change Management in der Baubranche - Oracle White Paper April 2009
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

In ähnlicher Weise wird in der Änderungsklausel auch auf die Regelungen hingewiesen, die die
Abrechnungsmodalitäten für die durch die Änderung notwendigen Arbeiten bestimmen. Für Änderungen,
die Bereiche mit Stück- oder Einheitspreisen betreffen, ist die bevorzugte Lösung, die im Vertrag festgelegten
Stück- oder Einheitspreise auch für die durch die Änderung notwendigen Arbeiten anzusetzen. Bestehen
diese Preisvorgaben nicht, können entweder neue Preise verhandelt werden, zum Beispiel ein Pauschalpreis
für die Änderung, oder der Bauunternehmer wird zu seinen tatsächlichen Kosten plus eines passenden
Aufschlags bezahlt (mit oder ohne Deckelung). In jedem Fall legen die Abrechnungsvereinbarungen fest, wie
der Änderungsauftrag abgerechnet wird.

2. Mitteilungsklausel für den Bauunternehmer

Der Bauunternehmer ist in der Regel dafür verantwortlich, den Bauträger entsprechend zu informieren,
wenn eine mögliche Änderung ansteht, bevor er mit der zusätzlichen Arbeit beginnt. Die Mitteilung hat
in der Regel schriftlich zu erfolgen, manche Verträge erlauben auch eine mündliche Form. In der Regel
definieren Verträge eine Mitteilung als schriftliche Nachricht innerhalb einer bestimmten Frist (maximal
eine Woche oder ähnliches). Die Mitteilungsklausel ist wichtig, denn sie hält den Bauunternehmer davon
ab, den Bauträger in seinem Recht zu beeinflussen, die Änderung zu überprüfen, den damit verbundenen
Aufwand zu verringern und die Änderung zu dokumentieren, wenn er dazu noch die Möglichkeit hat. In
anderen Worten bietet die Mitteilungsklause dem Bauträger die Möglichkeit, sich für eine entsprechende
Vorgehensweise zu entscheiden, bevor eine Arbeit ausgeführt und damit Kosten verursacht werden. Darüber
hinaus kann er die Änderungsarbeiten dokumentieren, während sie ausgeführt werden. Mitteilungsklauseln
sind häufig vollstreckbar, das heißt, der Fehler eines Bauunternehmers, den Bauträger innerhalb der
festgelegten Frist zu informieren, kann dazu führen, dass alle seine Ansprüche, für die Mehrarbeit entschädigt
zu werden, erlöschen. Mitteilungsklauseln zwingen die Vertragsparteien nicht nur dazu, effizient miteinander
zu kommunizieren, sie initiieren sogar den kollaborativen Prozess, der dafür notwendig ist, dass alle
Projektbeteiligten die Änderung erfolgreich bearbeiten.
Der folgende Auszug aus den Standardspezifikationen für Straßen- und Brückenbau des Staates Wyoming aus
dem Jahr 2003 enthält ein gutes Beispiel für eine Mitteilungsklausel:
104.2.7 Mitteilungsklausel
104.2.7.1. Allgemeines
Der Auftraggeber erkennt Anfragen für Vertragsänderungen nur an, wenn die nachfolgend aufgeführten
Mitteilungsverfahren eingehalten werden. Er erkennt Anfragen nicht an, wenn diese Verfahren nicht
eingehalten werden. Die festgelegten Fristen dürfen nur erweitert werden, wenn eine schriftliche, vom
Auftraggeber und vom Auftragnehmer gemeinsam unterschriebene Vereinbarung vorliegt. Darüber hinaus
wird sich der Auftraggeber bemühen, das in der Mitteilung angesprochene Thema zeitnah und zu aller
Zufriedenheit zu bearbeiten.
104.2.7.2 Erste Mitteilung durch den Auftragnehmer
Informieren Sie den Auftraggeber mündlich, sobald Ihnen eine Vertragsänderung notwendig erscheint.
Führen Sie ohne Freigabe durch den Auftraggeber keine Arbeiten oder Aktivitäten durch, die mit der
Vertragsänderung in Verbindung stehen.
104.2.7.3 Schriftliche Mitteilung durch den Auftragnehmer
Falls die Antwort des Auftraggebers aus Ihrer Sicht inakzeptabel ist oder der Auftraggeber überhaupt

                                                                                                                             5
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

nicht antwortet, übersenden Sie eine schriftliche Mitteilung innerhalb von fünf Arbeitstagen seit der ersten
Mitteilung. Geben Sie dabei folgendes an:
• Situationsbeschreibung
• Zeit und Datum, an dem die Situation erstmals erkannt wurde
• Die von der Situation betroffene Stelle, soweit sinnvoll
• Eine verständliche Erklärung, warum die Situation eine Vertragsänderung darstellt, einschließlich genauer
  Hinweise auf relevante Bestandteile des Vertrags
• Eine Übersicht von Veränderungen an der Preisstruktur, dem Terminplan, den Projektphasen, Zeiten, etc.,
  die Ihnen notwendig erscheinen. Aufgrund der frühen Phase ist der Auftraggeber damit einverstanden, dass
  diese Informationen auf Schätzwerten basieren
• Eine Prognose der Frist, innerhalb der der Auftraggeber reagieren muss, um Kosten, Verspätungen oder
  das Risiko einer Unterbrechung des Projekts zu minimieren
• Alles, was dazu beitragen wird, eine schnellstmögliche Lösung zu ermöglichen (Standard Specifications for
  Road and Bridge Construction, 2003 Edition, State of Wyoming, dot.state.wy.us/Default.jsp?sCod=infsp).
Wie das Beispiel verdeutlicht, kann die erste Mitteilung auch mündlich anstatt schriftlich erfolgen – ein Vorteil
für Bauträger wie Bauunternehmer. Der Bauunternehmer ist allerdings verpflichtet, innerhalb von fünf Tagen
eine schriftliche Mitteilung folgen zu lassen, wenn der Bauträger nicht wie erwartet oder überhaupt nicht
auf die mündliche Mitteilung reagiert. Umgekehrt können, wenn der Bauträger mit dem Bauunternehmer
übereinstimmt, dass eine Änderung eingetreten ist, die notwendigen Schritte unternommen werden, um die
Änderung zu dokumentieren und zu bearbeiten. Zusammenfassend gehört eine Mitteilungsklausel zu einem
fairen und praktikablen Change Management-Prozess und dient dem Bauträger, dem Bauunternehmer und
dem Projekt.

3. Zweideutigkeiten, Konflikte, Fehler und Auslassungen im Vertrag

Da keine Sammlung von Plänen oder Spezifikationen komplett fehlerfrei ist, ist es unbedingt notwendig,
dass Fehler im Vertrag als mögliche Ursache für Projektänderungen verstanden werden. Dabei werden die
folgenden Fehlerkategorien unterschieden:
• Fehler. Unter einem Fehler versteht man jeden Irrtum oder jede Ungenauigkeit in den Vertragsunterlagen,
  die das Bauvorhaben beeinträchtigen können. Dabei kann es sich um einfache numerische oder
  grammatikalische Fehler handeln, aber auch um Zweideutigkeiten oder Konflikte zwischen
  unterschiedlichen Vertragsdokumenten. Fehler können zu Nachbestellungen beim Baumaterial, dem
  Abreißen eines bereits errichteten Gebäudeteils oder zur Einsicht führen, dass Teile des Bauvorhabens
  gar nicht wie vorgesehen ausgeführt werden können. Als Folge können Fehler Projektverzögerungen und
  Budgetüberschreitungen verursachen und damit die Grundlage für Streitigkeiten oder sogar eine formale
  Klage werden.
• Zweideutigkeit. Dieser Fehler tritt auf, wenn es bei Anwendung der Grundregeln für die Auslegung von
  Vertragswerken zu zwei unterschiedlichen Auslegungen einer Vertragsregelung kommt. Ein einfaches
  Beispiel könnte ein Hinweis auf den Plänen eines Reparaturvertrags für ein Brückendeck sein, das lautet:
  „Entfernen Sie zehn Zentimeter bis zum Festbeton.“ Dies kann so ausgelegt werden, dass ein Minimum
  von zehn Zentimetern Beton dort am Brückendeck entfernt werden müssen, wo Reparaturarbeiten

                                                                                                                               6
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

  notwendig sind. Andererseits könnte es auch bedeuten, dass alles entfernt wird, bis man auf Festbeton
  trifft.
• Konflikt. Von einem Konflikt spricht man dann, wenn selbst nach Anwendung der Auslegungsregeln eine
  Auslegung der Vertragsverpflichtung nicht möglich ist. So bietet eine Präzedenzklausel keine Lösung, wenn
  auf einem Plan für dasselbe Rohr zwei unterschiedliche Durchmesser angegeben werden.
• Auslassung. Bei diesem Fehler wird eine bestimmte Information in den Plänen und Spezifikationen
  vergessen, ist allerdings für die erfolgreiche Durchführung des Bauvorhabens notwendig. Der Grund,
  diesen Fehler getrennt von den anderen Fehlerarten zu betrachten, liegt darin, dass es sich dabei um
  Design-Fehler handeln kann, der zu weiteren Kosten für einen Architekten oder technischen Zeichner
  führen kann.
Obwohl eine vollständige Diskussion dieser Thematik außerhalb des Rahmens dieses White Papers liegt,
können Architekten und technische Zeichner für die Kosten verantwortlich sein, die einem Bauträger dadurch
entstehen, dass sich ein Fehler in den Zeichnungen befindet, die der Architekt oder technische Zeichner
erstellt hat. Die Verantwortlichkeit für diese Kosten wird gewöhnlich in der Vereinbarung zwischen diesen
Parteien sowie durch anwendbares Recht geregelt, allgemein haftet der Architekt oder technische Zeichner für
fahrlässiges Arbeiten oder ein Nicht-Erreichen der Standards, die normalerweise für diese Fachleute gelten. In
solchen Fällen ist der Bauträger in der Lage sich die zusätzlich verursachten Kosten wieder zu holen. Handelt
es sich aber beim Fehler um eine Auslassung, ist der Bauträger in der Regel nicht in der Lage, sich die vollen
Änderungskosten erstatten zu lassen, sondern lediglich den Anteil der Kosten, die aufgetreten werden, wenn
die Auslassung Teil des ursprünglichen Angebots gewesen wären.
Fehler und Auslassungen können darüber hinaus als „offensichtlich“ und „latent“ klassifiziert werden.
Der Bauunternehmer ist verpflichtet, den Bauträger vor Abgabe des Angebots darauf hinzuweisen.
Bauunternehmern ist es in der Regel verboten, aus offensichtlichen Fehlern in den Angebotsunterlagen
Vorteile zu ziehen. Auf der anderen Seite sind latente Fehler und Auslassungen gar nicht so leicht erkennbar.
Es liegt in der Verantwortung des Bauträgers, diese zu korrigieren.
Im amerikanischen Baurecht auf Bundesebene legt die so genannte Spearin-Doktrin fest, dass der Bauträger
als Verfasser der Vertragsdokumente für die Vollständigkeit und Genauigkeit verantwortlich ist. Er übernimmt
damit die Garantie, dass das Bauvorhaben wie geplant auch durchgeführt werden kann.
  Wenn eine der Vertragsparteien die Spezifikationen festlegt, ist sie für die Richtigkeit, Angemessenheit
  und Umsetzbarkeit dieser Spezifikationen verantwortlich. Die andere Partei ist nicht verpflichtet, die
  Ausführungen der Partei, die sich für das Aufstellen der Spezifikationen verantwortlich zeigte, zu
  überprüfen und zu verifizieren. Dies gilt auch dann wenn die Partei über die gleichen oder sogar bessere
  Kenntnisse verfügt als die Partei, die die Spezifikationen festlegte. (United States v. Spearin, 248 U.S. 132
  [1918])
Als abschließende Bemerkung soll darauf hingewiesen werden, dass bei bestimmten Verträgen für
Bauvorhaben, wie zum Beispiel Design-Build-Verträgen der Bauträger keine Gewähr dafür übernimmt, das
die Pläne und Spezifikationen komplett und akkurat sind, denn dafür ist der Architekt oder Bauzeichner
verantwortlich. Obwohl die Unterschiede, die sich daraus im Vergleich zu traditionellen Design-Bid-Build-
Verträgen bei der Verwaltung von Änderungsaufträgen ergeben, den Rahmen dieses White Papers sprengen
würden, ist es ausreichend, darauf hinzuweisen, dass die grundlegenden Aktionen – Überprüfung der
vertraglichen Verpflichtungen, Erkennen der veränderten Situation, Messen des Unterschieds, u.s.w. – die
selben sind.

                                                                                                                              7
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

Schritt 2: Erkennen einer möglichen Änderung und Erstellen eines möglichen
Änderungsauftrags
Wird eine mögliche Änderung erkannt, ist es wichtig, diese korrekt zu klassifizieren und dann die richtigen
Arbeitsschritte durchzuführen. In dieser Prozessphase wird eine mögliche Änderung entsprechend der
verschiedenen Änderungsregelungen im Vertrag eingeordnet. Danach sollte eine Akte für mögliche
Änderungsaufträge („Potential Change Order“ PCO-Akte) angelegt werden, um die Sache weiter zu
verfolgen. Die Akte sollte allerdings angelegt werden, bevor der Anspruch auf einen Änderungsauftrag
geklärt wird. Gerade Verträge für öffentliche Bauvorhaben sind häufig sehr genau, wenn es darum geht, die
unterschiedlichen Arten von Änderungen zu identifizieren, die während der Bauphase auftreten können und
dann die Vorgehensweise zu definieren, die bei ihrem Auftreten zur Anwendung kommt. Die häufigsten
Typen von Änderungsklauseln in öffentlichen Verträgen sind eine Änderung bei der Art der Arbeitsleistung,
ein sich verändernder Zustand des Baugrunds, eine Arbeitsunterbrechung, zusätzliche Arbeiten oder ein
kompletter Baustopp.
• Änderungen bei der Art der Arbeitsleistung. Dieser Änderungstyp wird als signifikante Veränderung
  beim Arbeitsvolumen oder Änderung der Bedingungen, unter denen die Arbeitsleistung erfolgt, definiert.
  Für Autobahnprojekte, die in der Regel auf Festpreis-Verträgen basieren, besteht eine signifikante
  Veränderung beim Arbeitsvolumen darin, dass mehr als 125 Prozent oder weniger als 75 Prozent
  der in der Ausschreibung festgelegten Arbeitsleistung erforderlich sind. Diese Komponente ist bei
  anderen Vertragstypen weniger relevant. Dort wird die Arbeitsleistung nicht auf einer Festpreis-
  Grundlage angeboten. Die Prognosen für die Arbeitsleistung werden außerdem nicht vom Bauträger als
  Teil der Ausschreibung erstellt. Ein anderes Beispiel einer Änderung bei der Art der Arbeitsleistung ist
  ein Bauträger, der den Zugang zur Baustelle verbietet, so dass der Bauunternehmer seine Arbeitsleistung n
  nicht wie vorgesehen erbringen kann. Es geht dabei nicht um das Volumen der Arbeitsleistung, sondern
  um die veränderten Bedingungen, unter denen die Arbeitleistung erbracht werden soll. Die nachfolgende
  Klausel regelt Änderungen bei der Art der Arbeitsleistung:
    1)    Der Bauträger behält sich das Recht vor, schriftlich zu jeder Zeit während der Bauphase
  		      Änderungen am Arbeitsvolumen vorzunehmen, die notwendig sind, um das Projekt zufrieden
  		      stellend abzuschließen. Diese Änderungen setzen weder den Vertrag außer Kraft, noch erlischt
  		      die Garantie.
    2)    Falls Änderungen am Arbeitsvolumen die im Vertrag festgelegte Art der Arbeitsleistung signifikant
  		      ändern, wird dieser entsprechend erweitert. Der Verlust antizipierter Erträge wird dabei
  		      ausgeklammert. Die Details der Vertragserweiterung sollen vor Ausführung der Arbeitsleistung
  		      vereinbart werden. Wird keine Einigung erzielt, erfolgt eine Anpassung für oder gegen den
  		      Bauunternehmer in einer Höhe, die der Bauträger als fair und angemessen erachtet.
    3) Sind die Änderungen im Arbeitsvolumen nicht so signifikant, dass die im Vertrag festgelegte Art
  		 der Arbeitsleistung verändert wird, wird die zusätzliche Arbeitsleistung nach den im Vertrag an
  		 anderer Stelle getroffenen Regelungen abgerechnet.
    4) Die Bezeichnung „signifikante Änderung“ soll so ausgelegt werden, dass er unter den folgenden
  		 Umständen zur Anwendung kommt:
  		 a)        wenn die Art der Arbeitsleistung wesentlich von der Art der Arbeitsleistung abweicht, wie sich
  			          im ursprünglichen Konstruktionsvorschlag angegeben war, oder
  		      b) wenn eine wichtige Teilleistung wie an anderer Stelle im Vertrag definiert auf mehr als

                                                                                                                            8
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

  			         125 Prozent gesteigert oder weniger als 75 Prozent reduziert wird. Jegliche
  			         Aufwandsentschädigung bezieht sich nur auf den Anteil, der die 125 Prozent des im Vertrag
  			         festgelegten Arbeitsvolumens übersteigt. Im Fall einer Reduzierung des Arbeitsvolumens auf
  			         unter 75 Prozent bezieht sich die Aufwandsentschädigung auf das tatsächlich geleistete
  			         Arbeitsvolumen (Federal Highway Administration, Regulation 23 CFR 635.109)
• Ein sich verändernder Zustand des Baugrunds. Ein sich verändernder Zustand des Baugrunds wird
  als ein versteckter oder latenter physikalischer Zustand des Baugrunds definiert, der während der Bauphase
  auftritt. Zustandsänderungen vom Typ I unterscheiden sich wesentlich von den im Vertrag festgelegten
  Bedingungen. Zustandsänderungen vom Typ II unterscheiden sich wesentlich von den Bedingungen, die
  normalerweise angetroffen werden. Unbekannte Bodenbeschaffenheit des Baugrunds, Öltanks oder andere
  Altlasten, die Beseitigung und Entsorgung erfordern, sind Beispiele für Zustandsänderungen vom Typ II.
  So sieht zum Beispiel eine Baugrundzustandsklausel in einem Vertrag für ein öffentliches Bauvorhaben aus:
   1)		   Weicht während der Bauphase der physikalische Zustand des Baugrunds wesentlich vom Zustand,
 			      der im Vertrag angegeben ist, ab oder werden unbekannte physikalische Bedingungen festgestellt,
 			      die sich wesentlich von den Bedingungen unterscheiden, die normalerweise angetroffen werden,
 			      ist die Partei, die derartige Bedingungen entdeckt, dazu angehalten, die andere Partei unverzüglich
 			      schriftlich zu informieren, bevor diese Bedingungen verändert werden oder die dadurch
 			      beeinträchtigte Arbeitsleistung erbracht wird.
   2)		   Nach schriftlicher Benachrichtigung wird der Auftraggeber die Bedingungen überprüfen. Sollte
 			      er feststellen, dass die Bedingungen tatsächlich wesentlich von den festgelegten Bedingungen
 			      abweichen und dadurch eine Veränderung der Kosten oder der Zeit verursachen, die für die weitere
 			      im Vertrag vereinbarte Arbeitleistung erforderlich ist, wird der Vertrag erweitert und mit einer
 			      zusätzlichen schriftlichen Regelung modifiziert. Der Verlust antizipierter Erlöse wird nicht
 			      berücksichtigt. Der Auftraggeber wird den Auftragnehmer über seine Entscheidung informieren,
 			      ob ein Zusatz zum Vertrag erforderlich ist.
   3)		 Ein Zusatz zum Vertrag, der zu einem Vorteil für den Auftragnehmer führt, wird nur zugelassen,
 			 wenn dieser die erforderliche schriftliche Mitteilung nachweisen kann.
   4)		 Ein Zusatz zum Vertrag unter dieser Klausel wird nicht für Arbeitsleistung zugelassen, die von
 			 der Änderung nicht betroffen ist. (Federal Highway Administration, Regulation 23 CFR 635.109)
• Arbeitsunterbrechung. Unter einer Arbeitsunterbrechung versteht man die Anweisung des Bauträgers,
  die Arbeiten oder Teile der Arbeiten für einen bestimmten Zeitraum zu stoppen. Arbeitsunterbrechungen
  stellen ganz besondere Änderungen dar, denn sie hindern den Bauunternehmer daran, seine Arbeitsleistung
  in der Abfolge oder Art und Weise zu erbringen, die er vorhatte. Arbeitsunterbrechungen, aufgrund derer
  sich wichtige Projektarbeiten verzögern, können dazu führen, dass sich die Gesamtlaufzeit des Projekts
  verlängert. Zusätzliche Kosten und ein verspäteter Abschlusstermin des Projekts sind die Folge, es
  sei denn, der Bauunternehmer ist in der Lage, die Verzögerung zu minimieren, indem er die folgenden
  Baumaßnahmen beschleunigt oder neu plant. So sieht eine Arbeitsunterbrechungsklausel in einem Vertrag
  für ein öffentliches Bauvorhaben aus:
		 1) Wird die Durchführung der Arbeitsleistung oder eines Teils der Arbeitsleistung durch den
			 Bauträger schriftlich für einen unangemessen langen Zeitraum unterbrochen oder verzögert (nicht
			 vorab prognostiziert, kundenspezifisch oder für die Baubranche typisch) und geht der

                                                                                                                            9
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

			       Bauunternehmer davon aus, dass sich aus dieser Unterbrechung oder Verzögerung zusätzliche
			       Kosten und/oder eine verlängerte Vertragslaufzeit ergeben, so ist er verpflichtet, dem Bauträger e
			       eine schriftliche Anforderung für eine Vertragsanpassung zu übermitteln. Als Frist gelten zwei
			       Kalendertage nach Erhalt der schriftlichen Mitteilung, dass die Arbeiten wieder fortgesetzt werden
			       sollen. Die Anforderung muss die Gründe für eine derartige Anpassung enthalten.
		 2)     Nach Erhalt wird der Bauträger die Anforderung überprüfen. Stimmt er zu, dass die Kosten
			       und/oder der benötigte Zeitbedarf für die Erfüllung der Vertrags durch die Unterbrechung
			       oder die Verzögerung gestiegen sind, wird er den Vertrag entsprechend schriftlich ergänzen.
			       Voraussetzung dafür ist, dass die Unterbrechung aus Gründen erfolgte, die außerhalb des
			       Einflussbereiches des Bauunternehmers, seiner Lieferanten oder Subunternehmer lagen. Weitere
			       Voraussetzung ist, dass die Unterbrechung nicht durch das Wetter verursacht wurde. Der Bauträger
			       wird den Bauunternehmer über seine Entscheidung informieren, ob ein Zusatz zum Vertrag
			       erfolgte.
		 3) Eine Erweiterung des Vertrags ist nicht zulässig, wenn der Bauunternehmer die Anforderung nicht
			 fristgerecht übermittelt hat.
		 4)     Eine Erweiterung des Vertrags im Rahmen dieser Klausel ist ebenfalls nicht zulässig, wenn die
			       Arbeit aus anderen Gründen oder aus Gründen, für die bereits ein Vertragszusatz besteht oder aus
			       Gründen, die in den Allgemeinen Vertragsbedingungen ausgeschlossen sind, unterbrochen oder
			       verzögert wurde (Federal Highway Administration, Regulation 23 CRF 635.109)
• Zusätzliche Arbeitsleistung. Zusätzliche Arbeitsleistung ist nicht im ursprünglichen Vertrag
  festgelegt, wird aber als notwendig erachtet, um ein zufrieden stellendes Ergebnis des Bauvorhabens
  zu gewährleisten. Die Gründe dafür können in einem Fehler oder einer Auslassung in der Planungsphase
  oder in Änderungen, die vom Bauträger oder einem Dritten gefordert werden, liegen. Die Klausel
  für zusätzliche Arbeitsleistung ist besonders wichtig, weil sie dem Bauträger die Möglichkeit gibt,
  zusätzliche Arbeitsleistungen zu beauftragen. So sieht die Klausel in einem Vertrag für ein öffentliches
  Bauvorhaben aus:
		 Die Ausführung zusätzlicher Arbeitsleistung wird vom Bauträger beauftragt und wie in 109.05 festgelegt
		 vergütet. Zusätzliche Arbeitsstunden werden, soweit freigegeben, nach 108.06 behandelt.
• Nicht mehr benötigte Arbeitsleistungen. Nicht mehr benötigte Arbeitsleistungen sind ursprünglich
  vertraglich festgelegte Arbeitsleistungen, die nicht mehr gewünscht werden oder nicht mehr notwendig
  sind, um das Projekt abzuschließen und deshalb vom Bauträger aus dem Projektplan entfernt werden.
  Dies kann allerdings sehr schnell zu Streitigkeiten führen, da der Bauunternehmer bereits Ausgaben
  für diese Leistungen z.B. durch den Kauf von Baumaterial hatte. In diesen Fällen ist es üblich, dass der
  Bauunternehmer dafür eine Rückvergütung der tatsächlichen Kosten verlangt. Nachfolgend wieder das
  Beispiel für eine entsprechende Klausel in einem Vertrag für ein öffentliches Bauvorhaben:
  Der Bauträger wird einen Zusatz im Vertrag aufnehmen, damit der Bauunternehmer einen angemessenen
  Ausgleich für die Ausgaben erhält, die er zur Vorbereitung auf die nicht mehr benötigte Arbeitsleistung
  getätigt hat, bevor der Bauträger diese mit einem schriftlichen Auftrag abgesagt hat. Der Zusatz wird in
  Übereinstimmung mit 109.04 und 109.05 festgelegt. Die Ausgleichszahlung darf den im Vertrag für diese
  Arbeitsleistung festgelegten Preis nicht übersteigen.
Nachdem ein Bauunternehmer, Bauträger oder ein Dritter den Änderungstyp festgelegt und die

                                                                                                                            10
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

entsprechende Änderungsregelung wie zuvor beschrieben bestimmt hat, sollte er dann nachweisen, das er
alle Verpflichtungen aus dieser Regelung erfüllt hat – einschließlich der Nachweispflicht, soweit die Änderung
durch den Bauunternehmer bestimmt wurde. Alle Vertragsunterlagen, aktuellen Projektaufzeichnungen sowie
die gesamte Korrespondenz, die darlegt, dass die mögliche Änderung eine legitime vertragliche Änderung ist,
sollten dann in einer Pro-Akte abgelegt werden.

1. Erstellen einer Akte für mögliche Änderungsaufträge ( Potential Change Order (PCO) Akte)

Auslöser für eine Änderung können der Bauträger, der Bauunternehmer oder ein Dritter wie zum Beispiel
ein Architekt oder der Benutzer des vollendeten Bauvorhabens sein, sofern dieser sich vom Bauträger
unterscheidet. Zum Beispiel kann ein Bauträger einen direkten Änderungsauftrag für einen Baustopp erteilen.
Ein Bauunternehmer kann einen Änderungsauftrag anstoßen, indem er mitteilt, dass der Zustand des
Baugrunds sich verändert hat. Und ein Architekt oder Bauzeichner kann eine Änderung initiieren, indem er
die Pläne und Spezifikationen überprüft (manchmal werden diese überarbeiteten Zeichnungen als „Bulletin“
veröffentlicht) oder auf eine Leistungsanfrage antwortet. Die Vertragspartei, die die potentielle Änderung
ermittelt hat, – unabhängig ob Bauunternehmer, Bauträger oder Architekt – sollte dies so früh wie möglich
in einer Pro-Akte dokumentieren. Denn genau diese Pro-Akte dient als Grundlage für die nachfolgende
Evaluierung oder Aktionen, die sich aus der Änderung ergeben. Deshalb sollte sie auch so vollständig wie
möglich sein. Abhängig von der Bedeutung, Größe und Komplexität der potentiellen Änderung und des
Projekts ist es ratsam, für jede potentielle Änderung fünf verschiedene Unterordner anzulegen und zu führen:
• Unterordner 1. Alle Dokumente und Informationen zu den vertraglichen Richtlinien (Vertrag,
  Spezifikationen, Baupläne, Terminpläne)
• Unterordner 2. Alle Dokumente und Informationen, die erklären, was geschehen ist oder was derzeit
  benötigt wird, das völlig von den vertraglichen Richtlinien abweicht.
• Unterordner 3. Eine Analyse, die die Informationen im Unterordner 1 mit denen im Unterordner 2
  vergleicht und einen „Netto-Unterschied“ darstellt.
• Unterordner 4. Alle Terminpläne und Analysen, die Verzögerungen darstellen, die aus der Änderung
  resultieren. Außerdem alle Alternativen, die es zur Minimierung dieser Verzögerungen gibt.
• Unterordner 5. Alle Kosteninformationen, die eine Kostenprognose der „Netto-Differenz“ (Unterordner
  3) und der daraus resultierenden Verzögerungen (Unterordner 4) untermauern.
Alle relevanten Informationen einschließlich des Status der jeweiligen PCO, der erforderlichen Abgabe-,
Prüfungs- und Freigabetermine, geschätzte und nachgewiesene derzeitige Kosten, dazugehörige
Vertragsdokumente und eine Liste der Personen, die in die Analyse der Änderung involviert sind, sollten in
der Pro-Akte abgelegt werden. Diese sollte natürlich regelmäßig aktualisiert und allen beteiligten Parteien zur
Verfügung gestellt werden. Damit sind diese in der Lage, den Status einer jeden PCO nach zu verfolgen. Die
Pro-Akte wird damit zum wertvollen Werkzeug, um den Change Order-Prozess in einer organisierten Art und
Weise ablaufen zu lassen. Abbildung 1 zeigt ein Beispiel für eine Bildschirmdarstellung eines PCO-Protokolls
in einer Primavera-Anwendung von Oracle.

                                                                                                                              11
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

Abbildung 1. Beispiel für ein PCO-Protokoll in einer Primavera-Anwendung

2. Erteilen eines Änderungsauftrags (Change Order)

Bevor wir uns weiter mit dem Change Order Management-Prozess beschäftigen, ist es notwendig, sich
Gedanken über die unterschiedlichen Möglichkeiten zu machen, wie ein Änderungsauftrag erteilt werden
kann. Wie bereits beschrieben können Projektänderungen von unterschiedlichen Parteien, die in ein Projekt
involviert sind, initiiert werden. Deshalb muss die Verfahrensweise des Bauträgers beim Change Management
flexibel genug sein, um Änderungen aus den unterschiedlichsten Quellen nach zu verfolgen und zu
bearbeiten.
Abbildung 2 zeigt eine vereinfachte Darstellung eines typischen Change Management Prozesses eines
Bauträgers. Die Ziffern oben auf der Grafik zeigen einige der verschiedenen Wege, über die eine Änderung zu
einem freigegebenen Änderungsauftrag werden kann. Es handelt sich dabei wie erwähnt um eine vereinfachte
Darstellung, jeder der dargestellten Wege wird sicher mehr Stufen durchlaufen als dargestellt. Dennoch
stellt wie in der Grafik dargestellt das Erstellen einer PCO-Akte eine der Schlüsselaktionen von Schritt 2
dar. Obwohl jede der beteiligten Parteien eine PCO-Akte anlegen kann, ist es wichtig, dass nur eine Partei
alle PCOs nachverfolgt, indem sie eine einmalige PCO-Nummer vergibt. Denn selbst wenn die potentielle
Änderung am Ende nicht durch den Bauträger anerkannt wird, sollten alle damit verbundenen Informationen
in der PCO-Akte verbleiben. Dies erleichtert die Analyse nach Abschluss des Projekts sowie die Klärung
etwaiger Ansprüche soweit notwendig.

                                                                                                                                                 12
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

Abbildung 2. Flussdiagramm des Ablaufs eines Change Management Prozesses

3. Leistungsanfragen/Requests for Information (RFI)

Während der Projektausführung entstehen immer wieder Fragen zur Bedeutung oder Absicht der
Vertragsdokumente. Diese Fragen können häufig sehr einfach geklärt werden, aber auch auf signifikante

                                                                                                                                          13
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

Diskrepanzen im Vertrag hinweisen. Der Bauunternehmer kann diese Fragen als Leistungsanfragen (Requests
for Information, RFI) an den Bauträger oder Architekten/Bauplaner stellen. Dies hängt von der Organisation
des Projektteams ab. Obwohl RFIs an sich noch kein Indikator für eine Vertragsänderung sind, werden sie
an dieser Stelle besprochen, da der RFI-Prozess die Notwendigkeit einer Änderung aufzeigen könnte. Aus
diesem Grund sollten RFIs sorgfältig nachverfolgt werden.
Der Bauunternehmer erstellt also ein RFI und schickt es entweder an den Bauträger oder den Architekten,
je nach den im Vertag getroffenen Vereinbarungen. In einigen Fällen legen die Verträge den Zeitraum fest,
innerhalb dessen der Bauträger oder seine Vertreter auf den RFI reagieren müssen. In vielen Fällen hat die
Antwort des Bauträgers oder Architekten keine Auswirkungen auf Kosten oder Terminplan, sondern dient
einfach zur Klärung der weiteren Arbeitsschritte.
Es kann aber Fälle geben, in denen die RFI-Antwort selbst eine Vertragsänderung darstellt oder den
Bauträger oder seinen Architekten/Bauplaner dazu zwingt, eine Änderung vorzunehmen, die Auswirkungen
auf die Kosten oder Terminpläne des weiteren Projekts hat. In diesen Fällen sollten alle mit dem RFI
zusammenhängenden Dokumente in der PCO-Akte abgelegt werden. Die vorgeschlagene Änderung sollte
dann dem Bauunternehmer in der Form einer Ausschreibung (Request for Proposals, RFP) mitgeteilt werden.
Betrachtet der Bauunternehmer die Antwort auf ein RFI als Vertragsänderung, der Bauträger allerdings nicht,
sollte der Bauunternehmer auf jeden Fall einen PCO-Prozess einleiten.
Alle Informationen zu den RFIs, einschließlich ihres Status, der benötigten Daten, entsprechenden
Dokumente und Angabe der Partei, die derzeit dafür verantwortlich ist, sollten in einem RFI-Protokoll
abgelegt werden, das regelmäßig aktualisiert und den beteiligten Parteien zur Verfügung gestellt wird. Dieses
Protokoll sollte darüber hinaus bei allen Projekt-Meetings besprochen werden, um sicher zu stellen, dass der
RFI-Prozess effizient durchgeführt wird, Darüber hinaus kann so das Risiko verspäteter Antworten, die zu
einer Verzögerung des Projekts führen, minimiert werden. Beispiele für übliche RFI-Formulare, das RFI-
Protokoll und das Projekt-Dashboard sind in den Abbildungen 3, 4 und 5 dargestellt.

                                                                                                                            14
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

Abbildung 3. Beispiel eines RFI-Formulars

Abbildung 4. Beispiel eines RFI-Protokolls

                                                                                                                   15
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

Abbildung 5. Beispiel eines Projekt Management-Dashboards mit RFI-Statusübersicht

Schritt 3: Bestimmen Sie den vertraglichen Anspruch, messen Sie die Auswirkungen der
Änderung und kalkulieren Sie ihre Kosten.
Bei Erhalt einer PCO muss der Bauträger diese zeitnah überprüfen und entscheiden, ob der Bauunternehmer
einen vertraglichen Anspruch auf eine Rückvergütung der zusätzlichen Arbeitszeit und Kosten hat. Diese
Evaluierung sollte in den folgenden Schritten ablaufen: Vertraglichen Anspruch klären, Auswirkungen messen
und Kosten kalkulieren.

1. Vertragsanspruch klären

Wie bereits erwähnt legen die Änderungsklauseln eines Vertrags die Änderungen fest, die notwendig sein
können, um das Projekt erfolgreich abzuschließen. Darüber hinaus regeln sie die Vorgehensweise, wenn die
Projektbedingungen von den ursprünglich im Vertrag festgelegten abweichen. Der erste Schritt besteht darin,
festzustellen, ob eine Änderung laut Vertrag auch tatsächlich vorliegt und um dann zu überprüfen, ob im
Vertrag festgelegt ist, wie der Bauunternehmer bei so einer Änderung verfahren soll.
Um festzustellen, dass eine Änderung vorliegt, sollte der Bauunternehmer den Vertragsteil überprüfen,
der sich mit Änderungen beschäftigt. Dann sollte er darstellen, dass es sich entsprechend der im Vertrag
festgelegten Änderungsregelungen um eine Änderung handelt, indem er sie mit den grundlegenden
Verpflichtungen aus dem Vertrag vergleicht. Danach muss der Bauunternehmer nachweisen, dass ihm laut
Vertrag eine Entschädigung für die zusätzliche Arbeitsleistung und Kosten zustehen.

                                                                                                                                              16
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

2. Die Auswirkungen einer Änderung kalkulieren

Erst nachdem der Bauunternehmer den Vertragsanspruch geklärt hat, kann er damit beginnen, die
Auswirkungen der Änderung zu kalkulieren. In der Regel besteht eine Änderung in einem Mehr oder einem
Weniger an Arbeitsleistung. Im Fall einer Mehrarbeit sollte der Bauunternehmer sich auf die Klausel für
Mehrarbeit des Vertrags stützen und bestimmen, wie die Verspätung, die durch die Veränderung verursacht
wird, bewertet wird.
Gibt der Vertrag keinen Aufschluss darüber, wie die Mehrarbeit und die damit verbundene Verzögerung
kalkuliert werden sollen, sollte der Bauunternehmer eine geeignete Analysetechnik verwenden um die
Verzögerung und die Dauer der Mehrarbeit zu messen.
Eine Methode, die „prospective time impact analysis“ genannt wird, eignet sich dann, wenn die Mehrarbeit,
die mit der Änderung verbunden ist, in der Zukunft liegt. Diese Technik setzt auf das Entwickeln und
Einfügen eines so genannten „fragnet“ (fragmentary network) von Aktivitäten, die über Beziehungslogik
verknüpft werden. Es repräsentiert damit die zusätzliche Arbeitsleistung und wird dort in den laufenden
Projektplan eingefügt, wo die Änderung auftritt. Mit einem Vergleich des veränderten Projektplans mit
dem ursprünglichen Projektplan können die Auswirkungen der Änderungen auf den Projektplan gemessen
werden. Aufgrund der Tatsache, dass diese Analysemethode auf die Zukunft gerichtet ist, sollte der
Bauunternehmer das „fragnet“ einfügen, bevor er mit der zusätzlichen Arbeitsleistung beginnt. Damit sind
sowohl der Bauunternehmer als auch der Bauträger in der Lage, zu prognostizieren, ob die Änderung eine
Verzögerung des Projektabschlusstermins oder einiger kurzfristiger Projekt-Meilensteine verursachen wird.
Sollte dies der Fall sein, kann diese Methode auch dazu genutzt werden, die Erweiterung der Vertragslaufzeit
zu bestimmen, die aufgrund der Änderung vereinbart werden sollte. Einigen sich beide Parteien darauf,
dass der Bauunternehmer einen Anspruch auf eine Verlängerung hat, sollte dies in einen Änderungsauftrag
überführt werden.
Im Gegensatz dazu kann der Ansatz auch bei einer Minderarbeitsleistung eingesetzt werden, um Aktivitäten
aus dem Terminplan zu streichen.
Primavera Anwendungen bieten eine „Spiegelungs-Funktion“, die es den Projektbeteiligten ermöglicht, den
Prozess der Überprüfung und Freigabe der Verlängerung der Vertragslaufzeit über den Projektplan effektiv
abzuwickeln. Die Beteiligten sind in der Lage, mehrere Kopien des aktuellen Projektplans zu erstellen, die
dann dafür genutzt werden können, unterschiedliche Szenarien und „Was wäre, wenn“-Simulationen für die
veränderte Arbeitsleistung zu simulieren. Mit dem Einsatz mehrerer Kopien des aktuellen Projektplans ist
sichergestellt, dass dieser unberührt bleibt und nicht durch die Überprüfung und Freigabe der Änderungen
in der Arbeitsleistung verfälscht wird. Haben sich die Parteien auf ein optimales Szenario geeinigt, können sie
diese Kopie in den laufenden Projektplan einfügen. Abbildung 6 zeigt den Ablauf eines Spiegelungsprozesses.

                                                                                                                            17
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

Abbildung 6. Ablauf eines Spiegelungsprozesses

3. Kalkulieren Sie die Kosten des Änderungsauftrags

Der dritte Schritt bei der Überprüfung eines vom Bauunternehmer vorgeschlagenen Änderungsauftrags durch
den Bauträger ist die Kalkulation der Kosten dieser Änderung. In der Regel findet der Bauunternehmer in
den Änderungsklauseln des Vertrags die Vorgaben, wie diese Änderungskosten zu kalkulieren sind. In einigen
Fällen kann dies zu Fest-/Stückpreisen erfolgen, um die Höhe des Änderungsauftrags zu bestimmen. Gibt
es darüber im Vertrag keine Regelungen oder einigen sich Bauträger und Bauunternehmer nicht auf eine
Kalkulationsgrundlage, bleibt immer noch die Möglichkeit, die Änderung zu den tatsächlichen Arbeits- und
Materialkosten oder „force account“-Basis zu kalkulieren.
Eine „force account“-Regelung entschädigt den Bauunternehmer in der Regel für seine direkt mit der
zusätzlichen Arbeitsleistung verbundenen Arbeit, Ausrüstung und Material. Sie enthält außerdem konkrete
Vorgaben, wie diese direkten Kosten zu kalkulieren sind.
Darüber hinaus bietet die „force account“-Regelung einen Aufschlag in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes
der direkten Kosten und Subunternehmerleistungen. In der Regel erklärt der Vertrag, dass dieser Zuschlag
für die Verwaltungskosten, den Ertrag sowie alle anderen Kosten, die mit der Mehrarbeit verbunden sind,
gedacht ist.
In Fällen, in denen der Bauunternehmer nachweist, dass die Änderung zu einer drastischen Verzögerung
des Projekts führt, kann sich daraus sein Anspruch auf eine Erstattung zusätzlicher zeitbezogener Kosten,
die sich aus der Mehrarbeit ergeben, ableiten. Dazu gehören erhöhte Gemeinkosten an der Baustelle und im
Büro des Bauunternehmers. Diese Gemeinkosten entsprechen indirekten Kosten, die nur dem Gesamtprojekt
zugerechnet werden können, wie zum Beispiel die Miete für den Bauleitercontainer auf der Baustelle,
Energiekosten, zusätzliche Kosten für die Projektleitung, usw.. Die Bürogemeinkosten sind indirekte Kosten,
die unabhängig davon entstehen, ob auf der Baustelle gearbeitet wird oder nicht. Diese können in der Regel
keinem bestimmten Projekt zugeordnet werden, z.B. Mietkosten, Stromkosten, Telefonkosten, etc.. Abbildung
7 zeigt ein Beispiel für eine PCO mit Aufschlag.

                                                                                                                            18
Oracle White Paper—Best Practices für Change Management in der Baubranche

Abbildung 7. Beispiel einer PCO mit Aufschlag

Schritt 4: Verhandeln Sie die Konditionen für den entsprechenden Änderungsauftrag und
führen Sie ihn aus. Vermeiden Sie dabei Auseinandersetzungen.
Viele Verträge geben den Prozess einschließlich des Zeitraums vor, dem jede Partei folgen muss, um mögliche
Änderungen am Vertragswerk vornehmen zu lassen. Der Bauunternehmer muss die Informationen, die
mit einer Ausschreibung (request for proposal, RFP) eines Bauträgers verbunden sind, an alle betroffenen
Parteien und Subunternehmer weiterleiten. Danach muss er innerhalb einer bestimmten Zeitspanne die
detaillierten Antworten sammeln, um die zu erwarteten Mehrkosten oder die Verzögerung des Projekts, die
von dieser Änderung ausgehen, zu rechtfertigen.
Nach Erhalt der Antwort auf seine Ausschreibung wird der Bauträger die Angebotsunterlagen wie in Schritt
3 beschrieben prüfen und darauf innerhalb der im Vertrag vorgeschriebenen Zeit reagieren. Dabei wird der
Bauträger das Angebot des Bauunternehmers entweder annehmen und einen Änderungsauftrag erteilen oder
das Angebot mit einer entsprechenden Begründung ablehnen. In der Praxis erfolgen diese beiden Aktionen
schriftlich, um archiviert werden zu können. Wird das Angebot abgelehnt, hat der Bauunternehmer die
Möglichkeit, wiederum schriftlich zu antworten oder sich einfach mit ihm zu treffen, um die Angelegenheit
bis zu einer gütlichen Einigung zu verhandeln.
Erscheint der Änderungsauftragsprozess als zu langwierig und behindert er deshalb die Fortführung der
Arbeiten, was zu weiteren Verzögerungen führt, hat der Bauträger die Möglichkeit, sich auf anderem
Wege als über einen bilateral ausgehandelten Änderungsauftrag mit der Änderung zu beschäftigen.
Eine Bauänderungsrichtlinie (construction change directive CCD) könnte erlassen werden, die den
Bauunternehmer anweist, die Arbeitsleistung auf Grundlage der Zeit- und Materialkosten zu erbringen.
Dabei könnte die „force account“-Regelung – mit oder ohne Deckelung – Geltung finden. Ein einseitiger
Änderungsauftrag von Seiten des Bauträgers ermöglicht es, die Arbeiten nach den Regelungen der
Änderungsklausel des Vertrags durchzuführen, ohne dass sich beide Seiten vorab über die Mehrarbeit und die
Mehrkosten einigen müssen.

                                                                                                                          19
Sie können auch lesen