Mit Change Management - zum zukunftsorientierten Verlag
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Mit Change Management zum zukunftsorientierten Verlag Diplomarbeit Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (FH) Fachbereich Medien Betreuer und Gutachter: Dipl.-Kaufm. Ulrich Spiller Prof. Dr. oec. habil. Thomas Heß Eingereicht von: Anne Börnecke, geboren am 26. Oktober 1979 in Gardelegen Leipzig, den 15. Januar 2009
Autorreferat II Bibliografischer Nachweis Börnecke, Anne: Mit Change Management zum zukunftsorientierten Verlag Diplomarbeit Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (FH) Fachbereich Medien, Studiengang Verlagsherstellung, 2004 96 Seiten, 12 Abbildungen, 5 Tabellen, 42 Quellenangaben, 4 Anlagen Autorreferat: Die vorliegende Arbeit untersucht, wie mittels »Change Management« die gegen- wärtigen Veränderungsprozesse in der Verlagsbranche und im Besonderen die Be- reiche der Herstellung gestaltet werden können. Um die Relevanz des Themas herauszustellen, wird zuerst der strukturelle Wandel in der Verlagsarbeit beleuchtetet und explizit die veränderten Prozessabläufe in der Herstellungsabteilung. Im weiteren Verlauf schafft die Autorin einen allgemeinen Überblick über die fach- lichen Grundlagen des Change Management. Diese beinhalten die zu ergreifenden Maßnahmen ebenso wie die Handlungsanforderungen der beteiligten Hierarchien innerhalb der Unternehmen. Anhand einer Befragung wurde der praktische Bezug hergestellt, um im letzten Teil einen Leitfaden für die Umsetzung eines Change Management-Prozesses zu entwickeln. Es werden Möglichkeiten erörtert, wie Verlage ihre gegenwärtige Situ- ation analysieren und die einzelnen Schritte eines Change Management-Prozesses planen können.
Inhaltsverzeichnis III Inhaltsverzeichnis Bibliografischer Nachweis II Autorreferat II Inhaltsverzeichnis III Abbildungs- und Tabellenverzeichnis VI Abkürzungsverzeichnis VII Einleitung 8 1. Der Herstellungsworkflow 10 1.1 Der »klassische« Workflow 10 1.1.1 Der Verlag 11 1.1.2 Der Prozessablauf 11 1.2 Der Wandel in der Verlagsbranche 16 1.2.1 »Content« statt Manuskript 17 1.2.2. Effizientes Datenhandling 19 1.2.3 Die Kundenerwartungen 21 1.3 Der standardisierte Workflow 22 1.3.1 Die Definition der Kern- und Teilprozesse 23 1.4 Fazit 26
Inhaltsverzeichnis IV 2. Change Management 27 2.1 Die Bedeutung des Begriffes 27 2.2 Die Ursachen 28 2.3 Die Arten 30 2.4 Der Ablauf eines Change Management-Prozesses 31 2.4.1 Zusammenhang fachlicher und überfachlicher Ablauf 32 2.4.2 Detaillierter Ablauf eines Change-Prozesses 33 2.5 Die Instrumente 37 2.5.1 Die Kommunikation 39 2.6. Die Führungsebene 42 2.6.1 Der Change Manager 43 2.7 Die Mitarbeiter 44 2.7.1 Die Widerstände 45 2.8 Fazit 47 3. Change Management in der Praxis – Ein Einblick 48 3.1 Der Fragebogen 48 3.1.1 Die Fragenkomplexe 48 3.1.2 Die Verlage 49 3.2 Die Auswertung 49 3.2.1 Allgemeine Fragen 49 3.2.2 Neue Positionen / Aufgabengebiete 50 3.2.3 Die Mitarbeiter der Herstellungsabteilung und der Veränderungsprozess 51 3.2.4 Widerstände unter den Mitarbeitern 51 3.2.5 Anwendung von Change Management 52 3.2.6 Der Change Manager 54 3.2.7 Ziele des Change Management 55 3.2.8 Change Management allgemein 55 3.3 Fazit 56
Inhaltsverzeichnis V 4. Mit Change Management Veränderungsprozesse erfolgreich gestalten 58 4.1 Die Voraussetzungen 59 4.1.1 Stabile Prozesse 59 4.1.2 Intelligente Datenhaltung 61 4.1.3 Die Kundenerwartungen kennen 62 4.1.4 Die Mitarbeiter 65 4.2 Planung eines Change Management-Prozessablaufes 67 4.3 Die Kommunikation 70 4.4 Veränderte Anforderungsprofile 72 4.5 Fazit 76 Schlussbetrachtungen 78 Quellenverzeichnis 81 Anhang A Mediennutzung in Deutschland 84 B Content Management Systeme 85 C Prozesse der Herstellung im Überblick 87 D Interviewergebnisse 88 Selbständigkeitserklärung 96
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis VI Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1: Wertschöpfungskette eines Verlagsproduktes Abb. 1.2: Prozessablauf Text- und Bildbearbeitung Abb. 1.3: Lieblingsfreizeitbeschäftigung der Deutschen Abb. 1.4: Wertschöpfungskette Content (vereinfacht) Abb. 1.5: Differenzierte Kundenwünsche Abb. 1.6: Detaillierte Darstellung eines Teilprozesses Abb. 2.1: Ebenen Abb. 2.2: Vereinfachtes Unternehmensmodell Abb. 2.3: Matrix: fachliche und überfachliche Veränderungen Abb. 2.4: Detaillierter Ablauf eines Veränderungsprozesses Abb. 4.1: Aktive und passive Dateien Abb. 4.2: Ablaufschema Change Management-Prozess Tabellenverzeichnis Tab. 1.1: Aufgabenbereiche der einzelnen Verlagsabteilungen Tab. 1.2: Definition der einzelnen Begrifflichkeiten Tab. 2.1: Bekanntheitsgrad der Change Instrumente Tab. 4.1: Neue Anforderungen Tab. 4.2: Vor- und Nachteile Change Management
Abkürzungsverzeichnis VII Abkürzungsverzeichnis BPB Buchpreisbindung CM Change Management CMS Content Management System CSS Cascading Style Sheet CTF Computer to Film CTP Computer to Press DTD Document Type Defnition DTP Desktop Publishing IT Informationstechnologie MA Mitarbeiter PDF Portable Dokument Format UN Unternehmen XML eXtensible Markup Language
Einleitung Mit Change Management zum zukunftsorientierten Verlag „Wenn du mit anderen ein Schiff bauen willst, so beginne nicht mit ihnen Holz zu sammeln, sondern wecke in ihnen die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer.“ Antoine de Saint Exupéry (1900 - 1944) Einleitung Das Wissen um einen strukturellen Wandel in der Medienbranche ist allgegenwär- tig. Der Fokus der Verlagswelt verlagert sich zunehmend von der physischen Pro- duktherstellung zur medienneutralen Content-Verwaltung mit der Möglichkeit zur multimedialen Publikation. Die vergangene Frankfurter Buchmesse im Oktober 2008 lag dabei ganz im Trend dieser neuen Entwicklungen. Sie setzte einen Schwerpunkt bei den E-Book Rea- dern[1], welche mit großem Interesse wahrgenommen wurden. Aber das klassische Printprodukt hat nicht nur einen digitalen Mitstreiter, es sieht sich einer Konkur- renz gegenüber, welche aus allen Medienbereichen auf den User einwirkt und um die Gunst der Kunden ringt. Es ist Zeit, sich mit den neuen Anforderungen nicht nur auseinander zu setzen, sondern sie als festen Bestandteil in die zukünftige Verlagsarbeit zu involvieren. Die technischen Voraussetzungen sind vorhanden, um digitale, medienbruchfreie Workflows zu konzipieren. Jetzt ist es das Ziel die Mitarbeiter vom Denken in über- holten Wertschöpfungsketten zu distanzieren und zum Handeln als Content-Pro- vider zu bewegen.[2] Durch Change Management soll erreicht werden, die technischen bzw. fachlichen Möglichkeiten optimal zu nutzen und engagiert umzusetzen sowie Innovationen motiviert entgegenzublicken. Kleines tragbares Gerät etwa in der Größe eines Taschenbuches, konzipiert um vorher in digitaler Form geladene Bücher zu lesen. Es ist möglich, viele hundert Bücher zu speichern. Die visuelle Wiedergabe soll angenehmer für die Augen sein im Vergleich zum Computerbildschirm. [vgl. Hei, 08]
Einleitung Im Vordergrund steht die gezielte Einflussnahme auf die Mitarbeiter, durch Kom- munikation und weitere Change Management-Instrumente, um sie positiv auf die Umgestaltungen vorzubereiten und im Change-Prozess zu begleiten. In der Verlagsbranche wurde diesem systematischen Ansatz für Veränderungen auf überfachlicher Ebene bisher noch nicht allzu viel Beachtung geschenkt. Die vorliegende Arbeit soll, unter Betrachtung des Wandels der Wertschöpfungs- prozesse der Verlage, veranschaulichen, welche Möglichkeiten der gezielten Ver- änderung existieren sowie Anregungen zu dessen praktischer Umsetzung geben. Zu Beginn soll der Workflow dargestellt werden, welcher sich die letzten Jahr- zehnte etabliert hat und welche Veränderungen nun aufgrund von Technologisie- rung und Digitalisierung auf ihn einwirken. In den folgenden Kapiteln werden die theoretischen Grundlagen von Change Ma- nagement sowie einige praktische Einblicke vermittelt, welche aufgrund einer Be- fragung gewonnen wurden. Im letzten Teil soll so ein Leitfaden zur Planung eines Change Management-Pro- jektes entstehen. Die Prozessschritte sind dabei möglichst konkret und trotzdem unabhängig von Verlagsart und -größe erarbeitet wurden, um einem breiten Spek- trum an Unternehmen hilfreich zu sein. Am Ende steht eine Schlussbetrachtung, welche die durch diese Diplomarbeit ge- wonnenen Erkenntnisse, noch einmal zusammenfasst.
1 Der Herstellungsworkflow 10 1. Der Herstellungsworkflow 1.1 Der »klassische« Workflow Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg im 15. Jahrhundert war gewissermaßen der Startschuss für den ersten Workflow[1] im verlegerischen Gewerbe. Nach vielen weiteren Fortschritten im Bereich der Druckmaschinen, wie die Konstruktion der Schnelldruckpresse durch Friedrich Koening[2] um 1810, ist die Einführung des Desktop Publishing per PC als tiefgrei- fende revolutionäre Entwicklung zu sehen. 1985 wurde der Begriff, von noch heute bedeutenden Firmen wie Apple und Adobe,[3] das erste mal verwendet, für ein System, welches die Herstellung einer Druckvor- lage ohne teure Satz und Drucktechnik ermöglichte und dies mittels eines Lay- outprogrammes vom PC aus.[4] Dabei konnte man erstmalig das spätere Erschei- nungsbild des Druckbildes am Monitor sehen und direkt bearbeiten.[5] Durch weitere Entwicklungen, wie voll grafikfähige Rechner, die Seitenbeschrei- bungssprache PostSkript,[6] kompatible Laserdrucker, Belichter sowie sogenannte PostScrip-Schriften[7] wurde Desktop Publishing nach einigen Anlaufschwierig- keiten zum Standard. Seit 1992 ist es fast ausschließlich zur Produktion von Print- produkten im Einsatz.[8] »Publizieren vom Schreibtisch aus« - rechnergestützte Herstellung von Druckvor- Definition »DTP« lagen unter Verwendung spezieller Soft- und Hardware. Die Arbeitsweise, welche sich seit der Einführung des DTP entwickelt und sich seit ca. 15 Jahren im verlegerischen Gewerbe etabliert hat, soll die Grundlage für fol- gende Betrachtungen sein und im weiteren als »klassischer Workflow« bezeichnet werden. Wörtl. Übersetzung: »Arbeitsfluss«; [vgl.Ker, 03, S.1] Adobe ist ein amerikan. Softwareunternehmen; gegründet 1982; produziert v.a. Programme im Bereich Grafik (u. a. Bild- schirmbearbeitungsprogramm Photoshop) und Desktop-Publishing. Apple ist ein amerikan. Computerunternehmen (Hauptge- schäftsfelder: Computer, Unterhaltungselektronik, Betriebssysteme und Anwendersoftware), gegründet 1976; Hersteller der PC- Familie »Macintosh« sowie des Betriebssystems Mac OS. [vgl. Bro, 06, Band 1 u. 2] [vgl. Hil, 06, S.102] [vgl. Rec, 03, S.151] 1984 entwickelte Seitenbeschreibungs- und Programmiersprache, die alle auf einer Seite stehende Informationen, ob Text, Grafik oder gerastertes Bild, in geometrische Formen auflöst und diese als mathematische Formeln darstellt, so dass eine auflö- sungs- und geräteunabhängige Ansteuerung ermöglicht wird. [vgl. Hil, 06, S.256] Sind Vektorschriften (stellen Zeichen nach mathematischen Kurven dar), die frei skalierbar sind. [vgl. Hil, 06, S.243] [vgl. Wi1, 08]
1 Der Herstellungsworkflow 11 1.1.1 Der Verlag Der »Verleger« war historisch gesehen jemand mit guten Marktkenntnissen. Er be- auftragte Handwerker und Heimarbeiter bestimmte Dinge zu fertigen, finanzierte die Produktion und organisierte später den Verkauf.[9] Aus diesem geschichtlichen Ursprung entstand später der Begriff »Verlag«. Ein Unternehmen des herstellenden Buchhandels, was sich zur Aufgabe gemacht Definition »Verlag« hat, geistige Produkte der Literatur, Kunst und Musik zu vervielfältigen und zu ver- breiten.[10] Es existieren verschiedene Verlagsarten wie zum Beispiel belletristische Verlage, Schulbuchverlage, Zeitungsverlage, die je nach ihrem Programm bestimmte Pu- blikationen wie Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Tonträger usw. produzieren. Derzeit sind ca. 15.000 Verlage oder verlegerisch tätige Institutionen in Deutsch- land registriert.[11] Die Spanne reicht von Kleinverlagen, die vorwiegend eine Nische bedienen, wo oft wenige Personen alle verlegerischen Aufgaben übernehmen, bis zu riesigen Verlagskonzernen. Je nach Größe und Verlagsart kann die Ablauf- und Aufbauorganisation[12] eines Verlages ganz unterschiedlich konzipiert sein. In dieser Diplomarbeit soll ein Workflow[13] dargestellt werden, wie er sich seit Ein- führung des DTP grundlegend etabliert hat. Es wird darauf hingewiesen, dass dies als Idealfall zu sehen ist. In der Realität werden die Aufgabenbereiche und Arbeits- vorgänge je nach Größe und Struktur des Verlages variieren. 1.1.2 Der Prozessablauf Mit der Darstellung einzelner Prozessschritte soll an dieser Stelle der Verlauf der Wertschöpfungskette zur Erzeugung eines Verlagsproduktes veranschaulicht wer- den. Wie in Abbildung 1.1 vereinfacht dargestellt ist, beginnt der Ablauf mit einer gei- stigen Schöpfung. Der Autor[14] oder Verfasser bildet die Grundlage für den Schaf- [vgl. Hil, 06, S.342] 10 [vgl. Bra, 97, S.198; Fri, 92, S.121] 11 [vgl. Bör, 08, S.25] 12 Organisationsformen in UN, wobei Ablauforganisation die Prozesse und Aufbauorganisation die Hierarchien beschreibt. 13 »Teilweise oder vollständig Automatisierung eines (Geschäfts-) Prozesses, wobei Dokumente, Informationen oder Aufgaben von einem Teilnehmer zum nächsten weitergeleitet werden, um nach vordefinierten Verfahrensregeln weitere Aktivitäten auszu- lösen.« [vgl. Zel, 08, S.1] 14 Auch weiblich: die Autorin oder Autorengemeinschaft.
1 Der Herstellungsworkflow 12 Abb.1.1: Autor geistige Schöpfung Wertschöpfungskette eines Verlags- produktes Verlagsleitung Lektorat Redaktion Korrektor Herstellung Grafiker Drucken Binden Setzer Marketing Anzeigen Werbung Vertrieb Distribution Quelle: eigene Darstellung fensprozess eines Werkes. Dieser tritt entweder an den Verlag heran oder wird vom Verlag beauftragt, eine geistige Leistung zu erbringen. Diese schöpferische Leistung eines Urhebers, das Manuskript, ist das Fundament für die zukünftige, meist enge Zusammenarbeit zwischen dem Lektor und Autor. Der Lektor verhandelt mit dem Autor über das Honorar und gibt zum Beispiel in- haltliche Anregungen und formale Anforderungen vor. Alle Vereinbarungen, wel- che zwischen dem Lektor als Vertreter des Verlages und dem Autor als Verfasser des Manuskriptes getroffen werden, werden mit Hilfe eines Verlagsvertrages be- siegelt.
1 Der Herstellungsworkflow 13 Sobald der Urheber die Arbeit am Manuskript abgeschlossen hat, ist es Aufgabe des Lektors, die sachliche und formale Richtigkeit zu prüfen und die Aufgabe eines Korrektors[15] die Fehler in Rechtschreibung und Interpunktion zu finden. Die Typografischen Richtlinien werden vom Hersteller festgelegt und später durch einen Setzer entsprechend umgesetzt.[16] Die Texterfassung erfolgt durch den Autor gewöhnlich mit einem der gängigen Texterfassung Textprogramme wie Word (siehe Abb. 1.2).[17] Werden Templates[18] vom Verlag vorgegeben, erleichtert es die Arbeit beim Setzen, wo der Text in ein Layoutpro- gramm[19] einfließt, wenn Hersteller und Lektor die inhaltliche Arbeit am Manu- skript abgeschlossen haben. Es schließen sich meist mehrere Korrekturgänge[20] an, bevor die Druckfreigabe erteilt wird. Kommen Bilder zum Einsatz, werden deren Vorlagen mittels Scanner oder direkt Bildbearbeitung als digitale Datei von einem Bildbearbeitungsprogramm wie Photoshop aufberei- tet und fließen in den Text mit ein. Um eine stabile Farbreproduktion auf allen Wiedergabegeräten zu gewährleisten, wird in der Regel ein Farbmanagementsystem (CMS)[21] verwendet. Nicht nur zur Kontrolle der Farbwiedergabe, ebenso der Position von Text und Bil- dern sowie der Passgenauigkeit werden sogenannte Proofs[22] angefertigt. Sie sol- Proofs len dem späteren Druckergebnis möglichst nahe kommen und somit zur genauen Prüfung dienen. Die fertig gesetzten Dateien werden im PDF oder PostScript Format[23] als digitale Seitenbeschreibungs- sprachen Datensätze exportiert.[24] Um die Daten einem bestimmten Druckverfahren[25] zu- 15 Es ist auch üblich, dass der Lektor oder Hersteller diese Aufgabe übernehmen, oder ein externer Dienstleister. 16 [vgl. Bla, 98, S.191] 17 [vgl. Hil, 06, S.102f] 18 »=Dokumentenvorlage. Bei Textverarbeitungs- und DTP-Programmen eine vordefinierte Datei, die als Schablone für neu zu erstellende Dokumente verwendet werden kann. Eine D. enthält Angaben zum Schrift- und Absatzformat, zum Seitenlayout, standardmäßig verwendete Textbausteine usw.« [vgl. Bro, 06, Band 7] 19 Gängige Layoutprogramme sind z. B. Adobe InDesign, Microsoft Publisher, PageMaker oder QuarkXPress. 20 Korrekturen werden von der Druckerei, dem Verlag und dem Autor vorgenommen [vgl. Hil, 06, S.189] 21 Color Management System; Software, die eine standardisierte Farbreproduktion unabhängig von Ein- und Ausgabegeräten ermöglicht. [vgl. Hil, 06, S.79] 22 Engl. für Probedruck; Verfahren für Prüf- und Korrekturzwecke innerhalb der Druckvorstufe. Es gibt Soft,- Analog,- Digital- proofs [vgl. Hil, 06, S.252] 23 PDF und PostSkript sind die gängigsten Seitenbeschreibungssprachen. 24 [vgl. Kip, 01, S.1007] 25 Z. B. Computer to Film, Computer to Plate, Computer to Press.
1 Der Herstellungsworkflow 14 Abb. 1.2: Textbearbeitung Bildbearbeitung Prozessablauf Text- • Word • Photoshop und Bildbearbeitung Layout-Programme • In Design • QuarkXPress • PageMaker CMS Seitenbeschreibungs- sprachen •PostSkript • PDF RIP Druckverfahren • CtFilm • CtPress • CtPlate Quelle: eigene Darstellung führen zu können, werden sie durch einen sogenannten Raster Image Prozessor RIP (RIP) in ein gerätespezifisches Datenformat übersetzt[26] und können dann auf dem jeweiligen Ausgabegerät gedruckt werden. Je nach der Art des Verlages und des zu produzierenden Printproduktes können die einzelnen Arbeitsschritte und Aufgabenbereiche unterschiedlich gewichtet sein. So werden bei der Herstellung eines Kunstbildbandes (z. B. Farbwiedergabe, Druck, Papierqualität) andere Prioritäten als bei einer Tageszeitung (z. B. Aktuali- tät, Anzeigengeschäft) gesetzt. Darüber hinaus sind die Abläufe bei der Zeitschriften- / Zeitungsherstellung stärker organisatorisch und inhaltlich vom Verlag gesteuert als bei der Buchherstellung und ermöglichen so einen strenger definierten Arbeitsablauf. Durch die primäre Position des Faktors Aktualität ist es besonders wichtig, dass Dateiformate und 26 [vgl. Kip, 01, S.561]
1 Der Herstellungsworkflow 15 Verarbeitungsprogramme vom Manuskripteingang bis zur Publikation reibungslos ablaufen.[27] Die Organisation der Arbeitsabläufe und Verteilung der Aufgabenbereiche wird demzufolge je nach Verlagsart und Herstellung jeweiliger Verlagsprodukte, unter- schiedlich gewichtet sein. In folgender Tabelle sollen deshalb die grundlegenden Aufgaben der einzelnen Ab- teilungen noch einmal herausgestellt werden, wie sie lehrbuchgetreu beschrieben werden. In der Praxis ergeben sich natürlich viele Überlagerungen, was Kompe- tenzen, Befugnisse oder Entscheidungsgewalten betrifft.[28] Abteilung Aufgaben Tab. 1.1: Verlagsleitung • trifft alle Entscheidungen gemäß des Verlagsprofils bzw. Aufgabenbereiche der einzelnen Verlags- -programmes abteilungen • schaffen der erforderlichen technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen Lektorat / Redaktion[29] • Interessenvertretung zwischen Verlagsleitung und Autor • Manuskriptbearbeitung (inhaltlich, formal, stilistisch) • sucht nach neuen Autoren und Manuskripten dem Verlagspro- gramm entsprechend • Einbringen in Vermarktung Herstellung • Terminplanung • Kostenkalkulation und -kontrolle • Kommunikation zwischen allen Fertigungsstufen • Gestalterische Maßnahmen treffen (Umschlag, Typografie, Papier, Druckverfahren) • Qualitätssicherung Marketing • Vermarktung • Werbung • Anzeigengeschäft Distribution / Vertrieb • direkt • indirekt (einstufig und zweistufig) Setzer • Texterfassung, -bearbeitung und -gestaltung Grafiker • gestalterische künstlerische Aufgaben (z. B. Illustration, Umschlag, Werbemaßnahmen) 27 [vgl. Luc, 07, S.266] 28 [vgl. Bre, 05, S.51f; Heß, 05, S.1; Hil, 06, S.146] 29 Im Gegensatz zur Redaktion (meist Zeitschriften / Zeitungen) findet der schöpferische Prozess beim Lektorat in der Regel außerhalb des Verlages statt. [vgl. Heß, 05, S.3]
1 Der Herstellungsworkflow 16 1.2 Der Wandel in der Verlagsbranche In den letzten Jahren lässt sich von einem Wandel in der Medienwelt reden. Es ist eine Vielfalt an Angeboten entstanden, die auf das einzelne Individuum einwirken und das klassische Printprodukt in eine Konkurrenzsituation bringen.[30] CD-ROMs, DVDs, realitätsnahe Videospiele auf verschiedensten Konsolen, inter- aktives Radio und Fernsehen u.v.m ringen um die Gunst des Konsumenten. Hinzu kommt noch der enorme Vormarsch des Internets, welches mittlerweile in alle Le- bensbereichen Einzug gehalten hat.[31] (siehe Abb. 1.3) 45 Abb. 1.3: 40 Lieblingsfreizeit- 35 beschäftigung der Deutschen 30 Musik hören (ausführlich im An- Fernsehen 25 hang A) Prozent Tageszeitung 20 Bücher lesen 15 Internet legt in 8 Jah- Internet ren um etwa 17% zu 10 Hörbuch hören 5 Hörbuch in 4 Jahren um 6% 0 1998 2000 2002 2004 2006 2007 Quelle: Werte aus Buch und Buchhandel in Zahlen von 1999-2008 Vom privaten Vergnügen (z. B. Videoclip des Lieblingssängers, Chats)[32] bis zur kommerziellen Nutzung (z. B. WebCMS)[33]: Ohne das World Wide Web ist das Le- ben in unterschiedlichsten Bereichen für viele Menschen unvorstellbar geworden. Auch die Verlagsbranche hat erkannt, dass nicht nur das klassische Printprodukt genügt, um den Konsumenten zu halten oder neue Kunden für sich zu gewinnen. Hörbücher (siehe Abb. 1.3) und E-Books gehören seit geraumer Zeit bei vielen Ver- lagen zum Programm sowie eine Homepage zur Werbung und Vermarktung der Produkte. Aber welche Möglichkeiten bieten sich noch neue Potentiale auszunut- zen? 30 [vgl. Luc, 07, S.60] 31 Die Daten beziehen sich ausschließlich auf die Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen. Geht man von der reinen Nutzungs- häufigkeit aus, ist in den letzten 10 Jahren von einem hohen Anstieg auszugehen, was die täglich Nutzung des Internets in Zusam- menhang mit Ausbildung und Beruf betrifft. 32 »YouTube« ist die bekannteste Plattform, um private- bis professionelle Filme bzw. Ausschnitte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In Chaträumen treffen sich Nutzer, meistens mit speziellen Interessen (Partnersuche, Lieblingsmusikgrup- pe), um elektronisch in Echtzeit zu kommunizieren. 33 Web Content Management System [vgl. Kap. 1.2.2 oder Anhang B]
1 Der Herstellungsworkflow 17 Die Digitalisierung hat es in den letzten Jahren möglich gemacht, nahezu alle vor- handenen Daten elektronisch zu erfassen, zu speichern und weiter zu verarbeiten. Daraus ergab sich eine große Herausforderung für die Verlagsbranche. Erstens stehen neue Publikationswege zur Verfügung, den Content in unterschied- licher Weise zu nutzen. Zweitens entstehen in kurzer Zeit riesige Datenmengen, welche digital vorliegen. Diese zu ordnen, zu speichern und an entsprechender Stelle möglichst zeitnah wieder zum Einsatz zu bringen, ist ebenso als Herausfor- derung zu sehen.[34] 1.2.1 »Content« statt Manuskript Die Medienbranche ist eine der entwicklungsstärksten Branchen überhaupt. Die rasante Weiterentwicklung ist kaum zu verfolgen. Zum Bespiel: Das Handy wird zum multitaskingfähigen, ständig begleitenden Ersatz für Digitalkamera, MP3- Player und PDA[35]. Dieses Verschmelzen von vielen Anwendungen auf einem Aus- Medienkonvergenz gabegerät wird als Medienkonvergenz bezeichnet. Ebenso bedeutet es, dass be- stimmte Inhalte mehrfach verwertet und wiedergegeben werden können, wie zum Beispiel die Online- und Printversion einer Tageszeitung.[36] Die Verlage, als Teil der Medienbranche, sehen sich diesen Veränderungen gegen- über und sind zum Handeln gezwungen. In den letzten Jahren haben die voranschreitende Digitalisierung und die Verän- derungen der Märkte einen erheblichen Umbruch verursacht. Es werden flexible Abläufe angestrebt, die es ermöglichen, den vorliegenden Content über die ver- schiedenen Distributionskanäle auszugeben. Parallel dazu werden die Prozessket- ten zunehmend automatisiert und standardisiert.[37] Die klassische Herstellung eines physischen Produkts wird nur noch ein Teil der zu- künftigen Verlagsarbeit darstellen. Heute liegt nicht das Hauptaugenmerk darauf, das Manuskript eines Autors von der geistigen Schöpfung bis zum Buch zu begleiten, sondern Content zu mana- gen: 34 [vgl. Klo, 04, S.10] 35 Personal Digital Assistant; ein kleiner, mobiler Computer, der hauptsächlich für Aufgaben wie Termin- und Adressverwaltung eingesetzt wird. [vgl. Bro, 06, Band 21] 36 [vgl. Spl, 05, S.6ff] 37 [vgl. Hen, 07, S.6f]
1 Der Herstellungsworkflow 18 Von der Datenerzeugung bis zur Wiedergabe auf einem beliebigen Ausgabemedi- um. (siehe Abb. 1.4) Abb. 1.4: Editorial System Content Respository Publishing System Wertschöpfungskette • Erfassung • Speicherung • Distribution Content (vereinfacht) Quelle: [vgl. Raw, 03, S.106] Content soll in diesem Zusammenhang als jeglicher verlegerischer Output verstan- Definition »Content« den werden, welcher aus gesammelten Informationselementen unterschiedlicher Strukturierungsgrade[38] besteht und gebündelt an den Rezipienten abgegeben wird.[39] Digitale Daten zu erzeugen, bearbeiten, zu archivieren, so dass schnell und mög- lichst global wieder darauf zugegriffen werden kann, ist zu einem der wichtigsten Aufgabenfelder geworden. Um dies reibungslos zu ermöglichen, wird eine medienneutrale Datenhaltung an- gestrebt. Das bedeutet, dass die unterschiedlichen Datenformate in einer Daten- bank gespeichert und gezielt wieder abgerufen werden können. Zur Optimierung der gezielten Verfügbarkeit erhalten die Inhalte sogenannte Me- Metadaten tadaten. In diesen sind Informationen enthalten, welche nicht zum direkten Inhalt zählen. Sie dienen unter anderem der Zielgruppenzuordnung, inhaltlichen Ver- schlagwortung oder Bildbeschreibung.[40] Beim Buch sind Metadaten zum Beispiel Angaben wie Autor, Verlag, ISBN-Num- mer, bei Computerdateien: Dateiname, Zugriffsrechte oder Datum der letzten Än- derung, bei Bildern sind Daten wie Größe und Speicherformat enthalten.[41] Damit soll gewährleistet werden, schnell und einfach an gewünschte Dateien zu gelan- gen und sie verwendbar zu machen. 38 Es existieren drei Arten von Strukturierungsgraden: Unstrukturierter Content sind z. B. Texte, Grafiken, Videos. Sie können nicht automatisiert erschlossen werden, besitzen keine Trennung zw. Inhalt, Struktur und Metadaten. Schwach strukturierter Con- tent ist zum Teil schon mit Metadaten versehen (z. B. Textverarbeitungsdateien). Strukturierter Content hat eine standardisierte Struktur und wird aus Datenbanksystemen bereitgestellt (z. B. formatierte Datensätze). [vgl. Spi, 05, S.4; Enn, 06, S.6] 39 [vgl. Spi, 05, S.2; Raw, 02, S.15; Bod, 06, S.95] 40 [vgl. Spi, 05, S.5] 41 [vgl. Enn, 06, S.5]
1 Der Herstellungsworkflow 19 Bei der Fülle an digitalen Inhalten ist es ein entscheidender Punkt und unabdingbar bei einer erfolgreichen Datenrecherche, dass vorhandende Inhalte optimal: • wiederauffindbar, • sortierbar, • durchsuchbar sind. Ein grundlegender Aspekt um eine medienneutrale Speicherung erzielen zu kön- nen, ist eine Trennung von Inhalt und Form zu gewährleisten. Nur so können die spezifischen Daten später auf den verschiedenen Ausgabemedien wie Print, E-Book oder Online mit dem entsprechenden Layout wiedergegeben werden. Für die Realisierung dieser Anforderungen hat sich in den letzten Jahren die Aus- zeichnungssprache XML etabliert. XML ist eine Metasprache, welche zur strukturierten Speicherung von Dokumenten XML im textbasierten Format verwendet wird. Sie unterscheidet sich von anderen Pro- grammiersprachen dadurch, dass sie in Ihrer Handhabung leicht verständlich zu erstellen sowie zu verarbeiten ist.[42] Durch die Möglichkeit die verschiedenen Bestandteile eines XML-Dokumentes: In- halt, Struktur und Gestaltung, unabhängig zu bearbeiten, können für das gleiche Dokument verschiedene Layouts für unterschiedliche Ausgabemedien festgelegt werden.[43] Weitere Vorteile von XML sind die Plattformunabhängigkeit, somit kann es als uni- Vorteile XML verselles Datenaustauschformat genutzt werden. Ebenso ist eine medienneutrale Datenerfassung, -verarbeitung und -haltung möglich, so dass eine medienspezi- fische Datenausgabe stattfinden kann. Außerdem dient XML in Content Manage- ment Systemen zur Speicherung strukturierter Inhalte. Das ist ein wichtiger As- pekt, um eine effiziente Datenhaltung zu ermöglichen, wie im nächsten Absatz beleuchtet werden soll.[44] 42 Sprachen zur Definition neuer Dokumentenbeschreibungssprachen [vgl. Nik, 06, S.6] 43 [vgl. Enn, 06, S.26] 44 [vgl. Nik, 06, S.3f]
1 Der Herstellungsworkflow 20 1.2.2. Effizientes Datenhandling Der Fokus der Arbeit im Verlag liegt also zunehmend darauf, einen reibungslosen Datenverkehr zu garantieren. Dies scheint trotz medienneutraler Datenhaltung nicht immer ganz einfach, da sich die Datenmengen mit der Digitalsierung natür- lich enorm erhöht haben. Auch Daten, die früher in Papierform wahrscheinlich im Papierkorb gelandet wären, werden noch schnell irgendwo abgespeichert. Es er- fordert zunehmend einen hohen organisatorischen Aufwand, alle Informationen gezielt zu archivieren. Um diese Datenfülle zu managen, setzen die meisten Ver- lage Content Management Systeme ein. Content Management System: Oberbegriff für die Sammlung, Verwaltung, Ord- Definition »CMS« nung und Publikation von (vor allem textorientierte, strukturierte Daten) Inhal- ten.[45] In den letzten Jahren haben sich verschiedene Systeme entwickelt, welchen sich in ihren Funktionalitäten überlappen.[46] • Content Management System [CMS] Systeme zur Content- Verwaltung • Media Asset Management System [MAM] • Workflow Management System [WfMS] • Dokumenten Management System [DMS] • Enterprise Content Management System [ECMS] • Digital Asset Management System [DAM] • Web Content Management System [WebCMS] • Redaktionssystem • Data Warehouse In der Fachliteratur können kaum klare Definitionen gefunden werden, welche eine konkrete Abgrenzung zwischen den Systemen bestimmen. Sie definieren sich vor- wiegend über ihre Anwendung und über die Art des Content, welchen sie verwal- ten. So werden Media-Asset-Management-Systeme insbesondere zur Verwaltung medialer Vermögenswerte (z. B.: Text-, Bild-, Layout-, Audio- und Video-Dateien)[47] genutzt. Web Content Management Systeme unterstützen vorwiegend Publikati- 45 [vgl. Raw, 02, S.19; Spi, 05, S.25] 46 Ausführliche Definitionen befinden sich im Anhang B. 47 [vgl. Wah, 07, S.46]
1 Der Herstellungsworkflow 21 onen im Internet mit entsprechenden Softwarekomponenten und Redaktionssy- steme werden für die Verwaltung von Inhalten im Medienbereich angewendet. In dieser Arbeit soll, wenn es sich um ein System zur Content-Verwaltung handelt, immer der Oberbegriff Content Management System verwendet werden. Der fachgerechte Einsatz dieser Systeme sowie der Umgang mit medienneutralen Daten wird zum unverzichtbaren Arbeitsmittel im Verlag. Ebenso wandeln sich, durch veränderte Prozessstrukturen, die Aufgabenspektren in der Herstellungsab- teilung. Es werden zum Beispiel vermehrt IT-Kenntnisse benötigt um den Work- flow optimal steuern zu können. • Datenmanagement (z. B. medienneutrale Erzeugung und Archivierung) neue Kompetenzen • Softwarekenntnisse (z. B. XML, CMS) • Workflowsteuerung (für alle Ausgabemedien) Elektronisches Publizieren, der Umgang mit neuen Technologien und neuer Soft- ware haben sich als wichtige Fähigkeiten etabliert. Diese neuen Techniken zu be- dienen und somit die alten Strukturen und Gewohnheiten zu verabschieden, ist eine Herausforderung für alle Mitarbeiter eines Verlages. 1.2.3 Die Kundenerwartungen Der Kunde mit seinen individuellen Wünschen und die immer kürzeren Lebenszy- klen der Produkte setzen die Herstellung unter Druck. So können Internetportale ohne große Aufwendungen von Providern[48] just in time mit Neuigkeiten gefüllt werden oder der neuste Bestseller wird in der Mittagspause als E-Book herunter- geladen. Eine schnelle Reaktion mit entsprechender Technologie ist gefragt, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden. Der User von heute möchte sein gewünschtes Produkt zu jeder Zeit, an jedem Ort und auf einem beliebigen Ausgabemedium nutzen können. (Abb. 1.5) Er weiß um die Möglichkeiten und wird sich den Anbieter auswählen, welcher seinen Wünschen mit den geringsten finanziellen und physischen Aufwendungen am konkretesten entspricht. 48 engl.: Anbieter
1 Der Herstellungsworkflow 22 Familie Abb. 1.5: • Internetseite mit Differenzierte Kunden- Kochrezepten mit Link wünsche zu Restaurants Freizeit Hobby • Hörbuch für • E-Book: Anleitung Autofahrten zur Reparatur eines bestimmten Oltimers Kunde Urlaub Beruf • Taschenbuch für • E-Mail-Newsletter mit den Strand den neusten Entwick- lungen auf Markt XY Sportverein • Online die aktuellen Er- gebnisse, einmal im Quar- tal eine Infobroschüre Quelle: eigene Darstellung Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden sind: • Flexibilität, • Schnelligkeit, • und individuelle Produkte gefordert. Es erscheint im ersten Augenblick etwas widersprüchlich, individuelle Produkte kreieren zu wollen und trotzdem schnell und flexibel handeln zu können. Die Ant- wort auf die Lösung dieser drei Ansprüche ist ebenso logisch wie paradox: Stan- dardisierung! Denn erst wenn alle Prozesse automatisch ablaufen, sich Teilprozesse unterschied- lich koppeln lassen und Schnittstellen flexibel zu bedienen sind, ist es möglich un- terschiedliche Produkte in kürzester Zeit zu realisieren. Die daraus resultierenden finanziellen und zeitlichen Vorteile können für neue innovative Ideen verwendet werden, die das Unternehmen zu seinem Vorteil nutzen kann.[49] 49 [vgl. Klo, 04, S.11, 17]
1 Der Herstellungsworkflow 23 1.3 Der standardisierte Workflow Wie sich in den Ausführungen über den klassischen Workflow herausgestellt hat, scheint es schwierig im Verlagswesen, in Anbetracht der vielfältigen Verlagsarten und unterschiedlichen Organisationsstrukturen, einen Standard für die Herstel- lung für Verlagserzeugnisse zu formulieren. Heute, mit ständig zunehmender Pro- duktvielfalt, wirkt dies zunächst noch komplizierter. Dennoch scheint es unaus- weichlich, will die Verlagsbranche Flexibilität, Qualität und Schnelligkeit in Zukunft vereinen. Im Mittelpunkt steht dabei der Wunsch nach einem »Standard-Workflow« für die Verlagsbranche und die Frage, ob es diesen geben kann bzw. sogar geben muss? Die Grundlage für die folgenden Darlegungen sind die Ergebnisse der »Berliner Werkstatt Herstellung«[50], einer Arbeitsgemeinschaft bestehend aus Verlagen und Dienstleistern der Medienbranche. Die größte Problematik bestand darin, in wieweit sich die verschiedenen Verlags- arten zusammenfassen lassen. Man ging von den drei Bereichen aus: • Publikumsverlage • Fachverlage • Wissenschaftsverlage Letztendlich war festzustellen, egal ob das Taschenbuch ein Krimi oder ein me- dizinisches Fachbuch ist, dass die Prozess-Schritte unumstößliche Parallelen auf der produktionstechnischen Ebene aufweisen. Daraus ergab sich die wichtige Er- kenntnis: Nicht inhaltlich, sondern prozessorientiert zu denken, als Grundlage für die Schaffung eines Standard Workflows.[51] 1.3.1 Die Definition der Kern- und Teilprozesse Die Festlegung der einzelnen Kern- und Teilprozesse und damit die Suche nach Allgemeingültigkeit erforderte eine intensive Reflexion der eigenen Abläufe. Die Tätigkeitsfelder mussten klar dokumentiert werden, um eindeutige und nachvoll- ziehbare Definitionen über Verantwortlichkeiten und Schnittstellen zu erlangen. 50 Das Berliner Unternehmen »Klopotek« hat erstmalig 2005 diese Veranstaltung ins Leben gerufen. Es sollte ein Gedanken- austausch zwischen Vertretern der Verlagsbranche sein, um unter anderem Standards für die Herstellung zu erarbeiten. [vgl. Ber, 07, S.11] 51 [vgl. Ber, 07, S.14]
1 Der Herstellungsworkflow 24 Daraus ergaben sich zehn logische und fachlich begründete Oberbegriffe – die Kernprozesse: • Herstellung planen 10 Kernprozesse • Produktion vorbereiten • Content vorbereiten • Einkauf vorbereiten • Einkaufen • Produktion durchführen • Material und Produkte verwalten • Produktion nachbereiten • Herstellung controllen • Systeme administrieren Jeder Kernprozess enthält entsprechende Teilprozesse, welche jeweils eine essen- tielle Aufgabe der Herstellung sinnvoll beschreiben.[52] Es ist nicht zwingend, dass jeder Teilprozess in gleicher zeitlicher Reihenfolge und individueller Ausformung stattfindet. Kommt er aber vor, ist er zutreffend charakterisiert, vergleichbar und erzeugt ein konkretes, vorhersehbares und definierbares Ergebnis. [53] Abb. 1.6: Start Detaillierte Darstellung eines Teilprozesses Verant- wortung Input Name Output Ressourcen Beschrei- Kunden Kunden-Erwartungen bung Prozess-Kennzahlen Ende Ergebnis Quelle: in Anlehnung an [Ber, 07, S.18] 52 Die ausführliche Übersicht befindet sich im Anhang C [vgl. Ber, 07, S.31] 53 [vgl. Ber, 07, S.17, 21]
1 Der Herstellungsworkflow 25 Neben der inhaltlichen Definition aller Kern-und Teilprozesse ist es von Bedeutung, dieses visuell so einfach wie möglich darzustellen. Wichtig ist zu veranschaulichen, dass jeder einzelne Teilprozess in den Gesamtprozess eingegliedert ist. Es entstand eine Übersicht, welche mit festgelegten Begrifflichkeiten versehen wurde und auf jeden der Teilprozesse universell angewendet werden kann. (siehe Abb. 1.6) Im Mittelpunkt der Abbildung steht immer der zu beschreibende Teilprozess (gelb hinterlegt). Die beeinflussenden Größen werden um ihn herum angeordnet. In Ta- belle 1.2 sollen die einzelnen Parameter näher erläutert werden und ein Beispiel für den Teilprozess »Produktionsauftrag auslösen« beschrieben werden. Begriff Definition Beispiel Tab. 1.2: Definition der einzel- nen Begrifflichkeiten Name • Durchzuführende Aufgabe o. Tätigkeit • Produktionsauftrag auslösen / schreiben Beschreibung • Kurze prägnante Erläuterung • Lieferanten beauftragen, Produkt/ Beispiel Teilprozess: Serie wie definiert zu produzieren »Produktionsauftrag Start • Definiert das Ereignis, was den Start auslösen / schreiben« • Produtionsmenge u. Liefertermin auslöst festgelegt Ende • Ereignis, mit welchem das geplante [vgl. Ber, 07, S.18, 23f] • Herstellungsauftrag erteilt Ereignis des Teilprozesses nachprüfbar erstellt ist Verantwortung • für das Ergebnis und das Einhalten der • Herstellung, Einkauf Prozessziele Input • Daten / Informationen, welche zur • verhandeltes Angebot, Rahmenver- Durchführung bereitstehen müssen trag/Preisliste, Produktionsmengen- vorgabe, Termin- / Kapazitätenplanung Output • Daten die im Prozess geändert oder • Auftragsdaten zusätzlich erzeugt werden Ressourcen • alle Mittel (z. B. techn., organisatorisch, • Procurement- System, personell) für die Durchführung des Lieferantendatenbank Prozesses Kunden • Empfänger / Abnehmer des Prozesser- • Lieferant gebnisses Kunden- • Ansprüche an Prozessergebnis • vollständiger Auftrag analog zu erwartungen Verhandlungen Prozess- • werden erhoben zur Entscheidungs- • Anzahl der Herstellungsaufträge Kennzahlen unterstützung, Kontrolle u. Steuerung der Abläufe als Instrument des Prozess management Ergebnis • nachprüfbares Resultat, welches nach • Herstellungsauftrag Beendigung des Prozesses vorliegt
1 Der Herstellungsworkflow 26 In dieser Weise lassen sich alle Teilprozesse aufschlüsseln und Start und Ende eines Prozesses und des darauffolgenden greifen in einander ein. Die erarbeiteten Ergebnisse tragen dazu bei, dass sich beliebige Prozesse abbilden lassen und ein nachvollziehbarer, planbarer Workflow entsteht. Termine, Ressour- cen und Verantwortlichkeiten können konkret bestimmt werden und durch Check- listen kontrollierbar und transparent gemacht werden. Der Idealfall ist in der Praxis natürlich noch nicht die Regel. Die Verlage müssen erst einmal lernen ihre Prozesse zu beschreiben und einzuordnen, um einen Standard Workflow daraus zu entwickeln. Die Übersicht und Beispiele der »Berliner Werk- statt« dienen als gute Orientierung, um die eigenen Abläufe zu dokumentieren. Es sollen durchgängige Prozessketten entstehen, die auf beliebige Produkte an- wendbar sind. Das ist eine wichtige Grundlage, um den veränderten Bedürfnissen der Märkte stand halten und neuen Herausforderungen entgegentreten zu kön- nen. 1.4 Fazit Dieses Kapitel hat die klassische Arbeitsweise im Verlag dargestellt und die Verän- derungen, die auf sie einwirken. Es scheint unausweichlich zu sein, die Arbeitspro- zesse den modifizierten Gegebenheiten des Marktes und den technischen Innova- tionen anzugleichen. Das Modell der Berliner Werkstatt soll zeigen, dass es möglich ist, einen Standard für die Branche zu entwickeln. Es soll helfen, die Möglichkeiten im eigenen Unternehmen zu erkennen, die Prozesse zu automatisieren um flexibel zu bleiben und den differenzierten Kundenerwartungen gerecht zu werden.
2 Change Management 27 2. Change Management Wie im vorangegangenen Kapitel deutlich geworden ist, sind Verlage von großen Umstrukturierungen betroffen. Wer der Konkurrenzsituation standhalten und den veränderten Marktbedingungen gerecht werden will, ist gezwungen, feststehen- de Prozesse aufzubrechen und zu modifizieren. Das hat auch das Verlagswesen erkannt. Besonders in größeren Unternehmen müssen ganze Abteilungen umge- staltet und Hierarchien neu geordnet werden. Diese Umgestaltungen lassen sich von langer Hand planen oder auch nach tempo- rärem Bedarf regeln. In dieser Diplomarbeit soll die strategische Planung solcher Veränderungen näher erläutert werden. Unter dem betriebswirtschaftlichen Begriff Change Management - Veränderungs- management wird die Organisation dieser umfangreichen Modifikationen zusam- mengefasst. 2.1 Die Bedeutung des Begriffes Prozessketten in welchen täglich, über mehrere Jahre, unter gleichen Vorausset- zungen und mit gleichen Mitteln, dieselben Produkte entstehen, sind kaum mehr vorstellbar. »Höher – schneller – weiter« heißt die Devise. Differenzierte Kunden- wünsche, anspruchsvolle Qualität und immer kürzere Produktlebenszyklen[1] sor- gen dafür, dass Change Management nicht als eine einmalige Angelegenheit gese- hen werden darf, sondern als ein ständiger Prozess, der in unseren Unternehmen Einzug hält.[2] Change Management fungiert als überfachliche Strategie, welche durch Beein- Definition »Change Management« flussung der Unternehmenskultur, Organisationsstruktur und der betroffenen In- dividuen in einer Organisation, einen strukturellen Wandel herbeiführen soll.[3] »Überfachlich« soll ausdrücken, dass es sich nicht um die rein praktischen Arbeits- prozesse handelt, sondern um die kognitiven Reaktionen, die Veränderungen mit sich führen, wie:[4] [vgl. Ost, 06, S.17] [vgl. Dop, 02, S.98] [vgl. Kra, 06, S.15] [vgl. Sto, 06, S.4]
2 Change Management 28 • Akzeptanz der fachlichen Inhalte der Veränderung, überfachliche Aspekte • Überzeugung von der Notwendigkeit und Richtigkeit der Veränderung, • Bereitschaft, die Veränderung mitzutragen, • Unterstützung bei der konkreten Umsetzung der Veränderung. Die Betroffenen motivieren, »Mitnehmen« sowie zu erreichen, dass Mitarbeiter engagiert und ohne Angst den Umstrukturierungen entgegenblicken, das soll Change Management bewirken. 2.2 Die Ursachen Fortwährende technologische Entwicklungen führen zu einer rasanten Beschleuni- gung aller Unternehmensprozesse und erzeugen somit einen gewaltigen Leistungs- und Veränderungsdruck. Wirtschaftsunternehmen sind ständig gezwungen, die sie umgebenden Umwelt- bedingen zu beobachten und zu analysieren. Jede noch so kleine Modifikation könnte größtmögliche Folgen nach sich ziehen. Die Auslöser für Veränderungsvorhaben in Unternehmen können vielseitig sein. Es können externe Faktoren eine Rolle spielen, denen die Unternehmen ausgesetzt sind sowie interne- und zielorientierte Ursachen haben, welche vom Unternehmen selbst ausgehen:[5] Intern: Extern: Interne und externe Faktoren • Restrukturierung / Reorganisation • wirtschaftliche Krise • Veränderte Unternehmensstrategie • neue Technologien • Veränderte Marktstrategie • veränderte oder neue Märkte • Mergers & Acquisitions • Globalisierung • Prozessänderungen • veränderte Gesetzeslagen • Organisationsveränderungen • Konkurrenz • veränderte Personalkonzepte • sonstige Verbesserungsinitiativen • Outsourcing [vgl. Kra, 06, S.16; Cap, 08, S.15f; Sto, 06, S.10]
2 Change Management 29 Zielorientiert: zielorientierte Faktoren • bestimmte Kostenziele (z. B. Kostensenkungsprogramme, Wachstumsinitiativen) • Marktanteile sichern • Qualitätsverbesserung Es ist zu erkennen, dass nahezu jede Veränderung im Unternehmen als Change- Prozess verstanden werden kann. Speziell in der Medienbranche, wo fortwährend neue Standards gesetzt werden, erfordern veränderte Rahmenbedingungen fle- xible Reaktionen der Unternehmen.[6] Wird ein Zeichen nicht frühzeitig erkannt, kann der Innovationsvorsprung der Konkurrenz gravierend sein. Es ist eine Grat- wanderung, bei der branchenvertraute Personen ein gewisses Gespür mitbringen müssen, um die Anzeichen zu erkennen und das Ausmaß richtig abschätzen zu können. Ebenfalls entscheidend ist, die richtige Dimension der Reaktion auf die veränderten Rahmenbedingen abzuschätzen: Ist nur ein Teil des Unternehmens betroffen oder trifft es auf alle Bereiche zu? Folgerichtig unterscheiden sich Veränderungsprozesse nach den speziellen Anfor- derungen und Zielen, welche an sie gestellt werden. Die Umgestaltungen lassen sich immer auf drei Ebenen zuordnen:[7] Abb. 2.1: Ebenen Aufbauorganisation Ablauforganisation Soziales Gefüge • neue Führungskräfte • veränderte Prozesse • neue Aufgaben • veränderte Hierarchien • neue Abläufe • andere Kollegen • Strukturenwandel • neue Führungskräfte In den meisten Fällen wirken sich Umstrukturierungen auf alle drei Ebenen aus und beeinflussen diese in unterschiedlicher Intensität. Werden zum Bespiel für eine Ab- teilung zwei Teamleiter eingesetzt, so ist die hierarchische Ebene genauso betrof- fen wie das soziale Gefüge. [vgl. Sto, 06, S.20] [vgl. Sto, 06, S.2]
2 Change Management 30 Wie stark die einzelnen Ebenen involviert sind, hängt von den geplanten fachlichen Veränderungen ab. Sie sind die Grundlage des Veränderungsprozesses und folgen einem stringenten Verlauf. Die Fachlichen Veränderungen sind neue oder umgestaltete:[8] • Aufgaben, fachliche Veränderungen • Abteilungen, • Prozesse, • Strukturen. Es müssen bestehende Kennzahlen und Abläufe analysiert und dementsprechend neue Zielsetzungen und Lösungen konzipiert werden, um geeignete Maßnahmen für den Veränderungsprozess finden zu können. Die fachlichen Veränderungen wirken sich auf die Führungsebene, die Abläufe und das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter aus. Die Umsetzung dieser sind die Grundla- ge für die überfachlichen Strategien, welche das Vorgehen beim Change Manage- ment bestimmen. Es ist wichtig vorher genau zu wissen, welche Bereiche in welchem Maße betroffen sind, um Change Management so effektiv und reibungslos wie möglich durchzu- führen. 2.3 Die Arten Veränderungen in Unternehmen durchzuführen ist nichts Neues. Jede Weiterent- wicklung ist ein Veränderungsprozess und diese existieren solange es wirtschaftlich orientierte Unternehmen gibt. Der Ursprung des Begriffes Change Management Historie CM geht auf die Dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts zurück.[9] In dieser Zeit wurden die ersten Untersuchungen durchgeführt. Herausgefunden wurde, dass modifi- zierte Arbeitsbedingungen auch eine erhöhte Aufmerksamkeit für die Mitarbeiter verlangen. Über die Jahre variierten die erarbeiteten Managementkonzepte. Heu- te ist erwiesen, dass die Wirksamkeit dieser vor allem vom Veränderungsbedarf und der Veränderungsbereitschaft abhängt.[10] [vgl. Sto, 06, S.3; Dop, 02, S.192] [vgl. Kra, 06, S.15; Wi4, 08] 10 [vgl. Kra, 06, S.21]
2 Change Management 31 Danach entscheidet sich, welche Strategien angewandt werden sollen. Weiterhin ist ausschlaggebend, an welchen Punkt eingegriffen wird: Soll eine längerfristige Umstellung vorsichtig herbeigeführt werden oder ist bereits eine Krisensituation eingetreten, welche gelöst werden muss? Eine der komplexesten Maßnahmen ist zum Beispiel das »Business Reenginee- ring«. Dabei wird das gesamte Geschäftsmodell eines Unternehmens neu durch- dacht,[11] wohingegen es sich beim »Kontinuierlichen Verbesserungsprozess«[12] um einen längerfristig angelegten Entwicklungsprozess handelt.[13] In folgender Übersicht sind weitere Arten von Change-Prozessen aufgeführt:[14] • Lean Management • Projekt-Organisation Arten von Change- Prozessen • Business Process Reengineering • Sanierung • Total Quality Management, • Krise • Kernkompetenz-Management • Strategisches Redesign • Time based Competition • Organisationsentwicklung • Gemeinkostenwertanalyse • Holding-Struktur • Zero based • KVP (Kaizen) • Budgeting • Lernende Organisation • Lean Production • Dezentralisierung • Profit-Center-Organisation • Regionalisierung Auf Grund der Vielfältigkeit wird in dieser Arbeit auf nähere Erläuterungen verzich- tet, diese können in angegeben Literaturquellen nachgelesen werden.[15] 2.4 Der Ablauf eines Change Management-Prozesses In vorangegangen Ausführungen ist ersichtlich geworden, dass es viele verschie- dene Gründe für den Einsatz von Change Management geben kann und ebenso unterschiedlichste strategische Möglichkeiten der Umsetzung existieren. In der 11 [vgl. Kra, 06, S.22] 12 KVP; auch als Kaizen bekannt »KAI« = Veränderung, »ZEN«= zum Besseren 13 [vgl. Kra, 06, S.33] 14 [vgl. Dop, 02, S.54; Cap, 08, S.13; Sto, 06, S.2] 15 Die angegebenen Arten von Change-Prozessen werden in [Kra, 06, S.22-38] und in [Dop, 02, S.54ff]. näher erläutert. Einige Change-Arten (z. B. Lernende Organisation) sind in weiterer Literatur, als Instrumente aufgelistet. Der Grund dafür könnte sein, dass die Art der Veränderung immer auch ein bestimmtes Handlungsspektrum (bestimmte Art der (Be-) Handlung=Instrument) nach sich zieht und deshalb die Einteilung in beide Sparten: Arten und Instrumente möglich ist.
2 Change Management 32 Fachliteratur werden in Folge dessen divergente Varianten vorgestellt, wie ein Change Management-Prozess ablaufen sollte. An dieser Stelle sollen wesentliche Schritte näher beschrieben werden. Allerdings soll darauf hingewiesen werden, dass kein eindeutig vorgeschriebener Ablauf exi- stiert, differenzierte Darstellungen kann man in aufgeführter Literatur nachschla- gen.[16] 2.4.1 Zusammenhang fachlicher und überfachlicher Ablauf TP Die Auslöser für einen Change Management-Prozess sind fachliche Veränderungen, FK die durch das Top-Management (siehe Abb. 2.2)[17] in Gang gesetzt werden. MA Hierfür müssen bestehende Prozesse und Strukturen analysiert werden, um Ver- Abb. 2.2: vereinfachtes Unter- besserungspotentiale zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu planen. nehmensmodell fachliche Verände- Planung Umsetzung Evaluation rungen Nach einer Planungsphase beginnt die Umsetzung der fachlichen Veränderungen. Am Ende schließt sich der Evaluierungsprozess an, d. h. die Ergebnisse werden ausgewertet. Gleichzeitig zu den fachlichen Etappen laufen die Veränderungen auf der über- fachlichen Ebene ab.[18] überfachliche Verän- Vision Kommunikation Beteiligung Qualifizierung derungen Hat das Top-Management eines Unternehmens seine gewünschten Ziele abge- Vision steckt - eine Vision definiert - wird angestrebt, jedem Individuum im Unternehmen diese zu vermitteln. Die Kommunikation stellt immer wieder den Kontakt zwi- Kommunikation schen allen Beteiligten her und soll sich auf sachlicher wie auf emotionaler Ebene abspielen. Beteiligung bezieht sich ebenfalls auf die gesamte Organisation. Besonders wich- Beteiligung tig scheint aber die Einflussnahme der Führungskräfte und Mitarbeiter, da sie zum 16 [vgl. Dop, 02; Kra, 06; Sto, 06] 17 Für diese Diplomarbeit wird von einem stark vereinfachten Firmenmodell ausgegangen, was auf nahezu jedes beliebige Unternehmen übertragbar ist. An der Spitze steht das Top-Management [TP] (UN-Leitung). Danach folgen Führungskräfte [FK] (z. B. Teamleiter, Abteilungsleiter), als weisungsbefugte MA. Am Ende, als zahlenmäßig größte Gruppe, die Mitarbeiter [MA], als ausführende Kraft. 18 [vgl. Sto, 06, S.4f]
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