BetreiBer von online-Plattformen Haften für umsatzsteuer - Ebner Stolz

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BetreiBer von online-Plattformen Haften für umsatzsteuer - Ebner Stolz
Betreiber von Online-Plattformen
haften für Umsatzsteuer
Mit dem sog. Jahressteuergesetz 2018 wurde eine Haftung des Betreibers einer Online-Plattform für nicht entrichte-
te Umsatzsteuer aus Lieferungen eines Unternehmers, die auf der bereitgestellten Plattform rechtlich begründet
wurden, eingeführt. Konkret greift die Haftung im Falle von Unternehmern aus Drittstaaten bereits ab 1.3.2019, im
Falle von Unternehmern aus dem EU-/EWR-Raum ab 1.10.2019. Die Haftung kann allerdings vermieden werden,
wenn von den Unternehmern Bescheinigungen des Finanzamts vorgelegt werden. Diese werden nun von den Betrei-
bern von Online-Plattformen eingefordert. Mit Schreiben vom 18.12.2018 hat das BMF Vordruckmuster veröffentlicht
und mit Schreiben vom 28.1.2019 insbesondere zu den besonderen Aufzeichnungspflichten Stellung genommen.

Hintergrund der Haftungsregelung                           tete Umsatzsteuer entgegengewirkt werden. Neben
                                                           der mit § 25e UStG neu eingeführten Haftungsrege-
Häufig vertreiben ausländische Händler ihre Produkte       lung wurden mit § 22f UStG neu noch besondere Auf-
an Endverbraucher in Deutschland über Online-Platt-        zeichnungspflichten implementiert.
formen. Diese Lieferungen unterliegen in einer Viel-
zahl von Fällen der deutschen Umsatzsteuer. Obwohl         Einzelheiten der Haftungsregelung
der Kunde diese Steuer an den Händler zahlt, wurde
diese Umsatzsteuer bei nicht erfolgter Registrierung       Gemäß § 25e Abs. 1 UStG neu haften Betreiber eines
des Händlers für umsatzsteuerliche Zwecke nicht an         elektronischen Marktplatzes für die nicht entrichtete
den Fiskus abgeführt. Den hieraus resultierenden Um-       Umsatzsteuer aus Lieferungen eines Unternehmers,
satzsteuerausfällen in dreistelligem Millionenbereich      die auf dem von ihm bereitgestellten Marktplatz recht-
soll nun durch die Einführung der Haftungsregelung         lich begründet worden sind.
für Betreiber von Online-Plattformen für nicht entrich-

                                                                                                                 1
› Enthaftung   durch Vorlage einer gültigen Be-            Darüber hinaus entfällt der Haftungsausschluss,
 scheinigung (§ 25e Abs. 2 UStG neu)                       wenn dem Plattform-Betreiber eine Mitteilung von
 Allerdings greift die Haftung des Betreibers dann         dem für den Lieferanten zuständigen Finanzamt zu-
 nicht, wenn ihm der Händler eine Bescheinigung sei-       geht, dass der Lieferant seinen steuerlichen Pflichten
 nes zuständigen Finanzamts über seine steuerliche         nicht oder nicht im wesentlichen Umfang nach-
 Registrierung vorlegt (sog. Bescheinigung nach § 22f      kommt. Dies gilt nur für Lieferungen, die auf nach
 Abs. 1 Satz 2 UStG neu) oder er diese elektronisch        dem Zugang der Mitteilung begründeten Rechtsge-
 heruntergeladen hat und vorlegen kann. Das Bun-           schäften begründet werden.
 desfinanzministerium hat nunmehr mit BMF-Schrei-
 ben vom 17.12.2018 Vordruckmuster zur Beantra-            Einer Bescheinigung nach § 22f UStG neu bedarf es
 gung und zur Ausstellung einer solchen Bescheini-         hingegen nicht, wenn der liefernde Unternehmer
 gung vorgelegt.                                           keine in Deutschland steuerbaren Umsätze ausführt.
                                                           Weitere Details hierzu können dem BMF-Schreiben
 Zu beachten ist jedoch, dass dieser Haftungsaus-          vom 28.1.2019 (Tz. 6) sowie den nachfolgenden
 schluss nicht greift, wenn der Betreiber trotz Vorlie-    Handlungsempfehlungen       für   Plattform-Betreiber
 gens einer solchen Bescheinigung Kenntnis darüber         entnommen werden.
 hat - oder hätte erkennen müssen -, dass der liefern-
 de Unternehmer seinen steuerlichen Verpflichtungen       › Keine   Haftung bei Registrierung des Verkäu-
 nicht nachkommt. Zu einem aktiven Ausforschen ist         fers als Nichtunternehmer und Erfüllung der
 der Betreiber jedoch laut Schreiben des BMF vom           besonderen Aufzeichnungspflichten (§ 25e
 28.1.2019 (Tz. 16) nicht verpflichtet. Die Finanzver-     Abs. 3 UStG neu)
 waltung räumt die Möglichkeit ein, die Haftung trotz      Ferner tritt keine Haftung des Plattform-Betreibers
 Kennenmüssens zu vermeiden, wenn der Betreiber            ein, wenn der Verkäufer nicht als Unternehmer auf
 dem Unternehmer auf die Pflichtverletzung hinweist,       dem elektronischen Marktplatz registriert ist und der
 ihn auffordert, innerhalb einer Frist von längstens       Plattform-Betreiber seine Aufzeichnungspflichten
 zwei Monaten diese abzustellen, und der Unterneh-         nach § 22f Abs. 2 UStG neu erfüllt hat. Aufzuzeich-
 mer dem nachkommt. Andernfalls besteht laut Auf-          nen sind in diesen Fällen neben dem Namen und der
 fassung der Finanzverwaltung die Haftung nur dann         vollständigen Anschrift des Verkäufers, dem Ort und
 nicht, wenn der Marktplatzbetreiber nach Ablauf           dem Beginn der Beförderung oder der Versendung
 der gesetzten Frist von längstens zwei Monaten den        sowie dem Bestimmungsort, dem Zeitpunkt und der
 Unternehmer vom Handel auf dem Marktplatz aus-            Höhe des Umsatzes auch das Geburtsdatum des
 schließt.                                                 Verkäufers.

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Zu beachten ist jedoch, dass dieser Haftungsaus-        Geltung der Neuregelung
 schluss immer dann nicht gilt, wenn nach Art, Men-
 ge oder Höhe der erzielten Umsätze davon auszuge-       Die Haftung für nicht entrichtete Umsatzsteuer gilt für
 hen ist, dass der Betreiber Kenntnis davon hatte oder   Lieferungen von Nicht-EU/EWR-Unternehmern ab
 nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hät-     1.3.2019, für Lieferungen von EU/EWR-Unternehmern
 te haben müssen, dass die Umsätze im Rahmen ei-         ab 1.10.2019. Die besonderen Aufzeichnungspflichten
 nes Unternehmens erbracht werden.                       nach § 22f UStG neu greifen bereits seit 1.1.2019. Aus
                                                         Vereinfachungsgründen beanstandet es das BMF
 Zur Minimierung dieses Risikos sollten Betreiber von    nicht, wenn die Aufzeichnungspflichten erst jeweils
 Online-Plattformen eine Überwachung der über ihre       mit Geltung der Haftungsregelung erfüllt werden
 Plattform getätigten Umsätze implementieren.            (BMF-Schreiben vom 28.1.2019, Tz. 21).

Besondere Aufzeichnungspflichten                         HANDLUNGSEMPFEHLUNG FÜR PLATTFORM-
                                                         BETREIBER
Generell muss der Betreiber einer Online-Plattform
Aufzeichnungen über die Unternehmer (inkl. Anschrift     Sofern im Ausland ansässige Personen über die Platt-
sowie Steuernummern) sowie Details zu den von die-       form Lieferungen ausführen, ist zwingend neben der
sen über die Plattform ausgeführten Umsätzen (Ort        Beachtung der besonderen Aufzeichnungspflichten
des Beginns der Beförderung oder Versendung, Be-         die Bescheinigung nach § 22f UStG von diesen anzu-
stimmungsort, Zeitpunkt und Höhe der Umsätze) vor-       fordern. Die Bescheinigung ist nur in folgenden Fällen
nehmen. In seinem Schreiben vom 28.1.2019 (Tz. 3)        entbehrlich:
weist das BMF ergänzend dazu darauf hin, dass die
Aufzeichnungen zehn Jahre lang aufzubewahren sind.       › Die   Lieferungen erfolgen von Nichtunternehmern.
                                                          Neben der Beachtung der oben dargestellten erwei-
Der Nachweis über die besonderen Angaben zu den           terten Aufzeichnungspflichten sollte eine Überwa-
Unternehmern wird über die Bescheinigung nach             chung der durch diese Lieferanten getätigten Umsät-
§ 22f UStG neu geführt, die somit zwingend anzufor-       ze (Anzahl und Höhe) implementiert werden. Die
dern ist. Weitere Erläuterungen hierzu (bspw. zur Be-     Umsatzhöhe allein ist zwar nicht ausschlaggebend.
handlung von Entgeltminderungen) können den Tz. 1         Das BMF sieht es aber als deutliches Anzeichen für
bis 3 des BMF-Schreibens vom 28.1.2019 entnommen          eine unternehmerische Tätigkeit an, wenn der An-
werden.                                                   bieter auf dem Marktplatz einen Umsatz von 17.500
                                                          Euro innerhalb eines Kalenderjahres erreicht (BMF-
                                                          Schreiben vom 28.1.2019, Tz. 18).

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Liegen Anzeichen für eine unternehmerische Tätig-         Handlungsempfehlung für im Ausland
 keit vor, sollte der Händler mit einer Fristsetzung von   ansässige      Unternehmer,           die   über   in
 längstens zwei Monaten hierauf hingewiesen und            Deutschland         betriebene        Online-Platt-
 bei Verstreichen der Frist sein Account gesperrt wer-     formen Lieferungen ausführen
 den.
                                                           Betreiber von Online-Plattformen fordern Unterneh-
› Umsätze   werden durch Unternehmer getätigt, die         mer auf, die § 22f UStG-Bescheinigungen vorzulegen.
 Lieferungen im Gemeinschaftsgebiet ausführen und          Kann eine solche nicht vorgelegt werden, besteht das
 unter die Lieferschwellen des § 3c UStG fallen. In die-   Risiko, dass der Betreiber den ausländischen Unterneh-
 sen Fällen sollte der Betreiber die gültige USt-IdNr.     mern den Zugang zu der Online-Plattform verwehrt.
 aufzeichnen (vgl. BMF-Schreiben vom 28.1.2019,
 Tz. 6 a) oder, sofern der Lieferant über keine USt-ID-    Die Bescheinigung ist bei dem für den Unternehmer
 Nr. verfügt, von ihm eine entsprechende Erklärung         zuständigen Finanzamt für Umsatzsteuerzwecke zu
 einfordern und aufbewahren. In diesen Fällen sollte       beantragen. Sofern bisher keine Registrierung in
 zudem eine Überwachung der Lieferschwelle imple-          Deutschland für Umsatzsteuerzwecke besteht, ist die-
 mentiert werden.                                          se im ersten Schritt zu beantragen. Dabei ist zu be-
                                                           fürchten, dass es aufgrund des nunmehr zeitnahen
 Überschreitet der Unternehmer die Umsatzgrenze,           Inkrafttretens der neuen Haftungsregelungen zu Ver-
 sollte ihm eine Frist von längstens zwei Monaten zur      zögerungen bei der Registrierung bei einzelnen Fi-
 Vorlage der Bescheinigung nach § 22f UStG neu ge-         nanzämtern kommen kann.
 setzt und bei Verstreichen der Frist sein Account ge-
 sperrt werden.                                            Unternehmer, die im Inland für Umsatzsteuerzwecke
                                                           registriert sind, müssen monatlich Voranmeldungen
› Es erfolgen Direktverkäufe aus dem Drittland, für die    abgeben und die darin angemeldete Umsatzsteuer an
 die Pflicht zur steuerlichen Erfassung besteht. Auch      das zuständige Finanzamt abführen. Neben der Ein-
 in diesem Fällen muss der Betreiber nach Ansicht des      haltung dieser aus der Registrierung für Umsatzsteuer-
 BMF (Schreiben vom 28.1.2019, Tz. 6) einen entspre-       zwecke resultierenden Verpflichtung sollten bei An-
 chenden Nachweis in geeigneter Form vorhalten,            tragstellung mögliche indirekte Folgewirkungen für
 bspw. durch Abgabe einer entsprechenden Erklä-            die Vergangenheit evaluiert werden.
 rung durch den betreffenden Unternehmer.

Bestehen begründete Zweifeln an der Echtheit der vor-
gelegten Bescheinigung sollte das in der Bescheini-
gung benannte Finanzamt hinsichtlich der Gültigkeit
kontaktiert werden, welches nach Auffassung des
BMF insoweit zur Auskunft verpflichtet ist.

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Ausblick auf die Regelungen ab 1.1.2021                   Ihre Ansprechpartner

Bereits verabschiedet wurde auf Unionsebene eine                       Alexander Michelutti
Änderung      der     Mehrwertsteuersystemrichtlinie                   Partner,
(MwSystRL), wonach Betreiber von elektronischen                        Steuerberater
Marktplätzen Steuerschuldner für Lieferungen inner-                    Tel. +49 711 2049-1373
halb der EU von Unternehmern aus dem Drittland an                      alexander.michelutti@ebnerstolz.de
Verbraucher werden. Die Umsatzsteuer auf entspre-
chende Lieferungen wird dann unmittelbar beim Platt-
formbetreiber erhoben. Diese Vorgaben der MwStSys-
tRL sind noch in nationales Recht umzusetzen und                       Robert Backes
sollen Stand heute ab dem 1.1.2021 anzuwenden sein.                    Director,
Die nun bestehende Haftungsregelung wird damit zu-                     Steuerberater
mindest im Drittlandsfall obsolet werden. Es bleibt ab-                Tel. +49 221 20643-174
zuwarten, ob die Haftungsregelung dann insgesamt                       robert.backes@ebnerstolz.de
wieder aufgehoben wird.

                                                                       Christine Kauffmann-Braun
                                                                       Senior Manager,
                                                                       Rechtsanwältin, Steuerberaterin
                                                                       Tel. +49 711 2049-1465
                                                                       christine.kauffmann-braun
                                                                       @ebnerstolz.de

                                                                       Steffen Lehmann
                                                                       Director,
                                                                       Rechtsanwalt, Steuerberater
                                                                       Tel. +49 40 37097-416
                                                                       steffen.lehmann@ebnerstolz.de

                                                                                                         5
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