BI LDER, MACHT UND POLITIK - STÄDEL OHNE GRENZEN - Städel Museum
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STÄDE L OH NE GRE NZE N B I LD UNG S WOCHE 2020 Schön, dass du bei unserer digitalen Bildungswoche mitmachst! Du findest auf diesem Arbeitsblatt spannende Infos zu Kunstwerken aus dem Städel Museum und Anleitungen zu einem Workshop. Viel Spaß! Sieh dir zur Einstimmung ein kurzes Willkommensvideo auf unserem YouTube-Kanal an! F Link S EKUNDA R STUF E 2 B I LDER , MACHT UND POLITIK Für den Workshop brauchst du: • Fineliner, Bleistifte, evtl. Buntstifte • Zeichenpapier 1/6
WIR KM ÄC HT I G Wir können es in den täglichen Medien beobachten: Machthabende stellen sich in Fotografie und Film so dar, wie sie und ihre Berater es für vorteil- haft halten. In der Vergangenheit dienten dazu auch Skulpturen, Gemälde und Gebäude. Auf der anderen Seite setzen sich Bilder und Kunstwerke seit jeher kritisch mit politischen Strukturen und Persönlichkeiten auseinander. Hier erfährst du, wie sich Politik, Macht und Bilder gegenseitig bedingen. AU S D EM MU S E UM Sieh dir die folgenden Bilder an und lies die kurzen Texte dazu. Alle Kunst- werke findest du auch in der Digitalen Sammlung des Städel Museums: sammlung.staedelmuseum.de Unscheinbar wirkt die Kreidezeichnung auf den ersten Blick. Doch dargestellt ist das Profil Karls V., König von Spanien und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war dieser Herrscher aus dem Geschlecht der Habsbur- ger der mächtigste Mann Europas. Besonders vorteilhaft ist der Kaiser allerdings nicht gezeichnet. Die markante Nase, aber auch der leicht geöffnete Mund, die hervorstehende Unterlippe und das lange, kantige Kinn sind alles andere als idealschön. Tatsächlich konnten Zeitgenossen dennoch sofort erkennen, dass hier der Kaiser darge- stellt war. Denn die so genannte „Habsburger Lippe“ galt als Markenzeichen des Herrscher- geschlechts. Die Fehlstellung des Kiefers stammte von einem Gendefekt her, der – wie wir heute wissen – durch die Inzucht der Heinrich Aldegrever (Umkreis?), Kopf Kaiser Karls V. im Profil nach links, 16. Jahrhundert, Schwarze, rote und gelbe Kreide, weiß gehöht Habsburger verursacht wurde. Viele Vorfah- (oxidiert), Städel Museum, Frankfurt am Main, Foto © Städel Museum, ren und Nachfahren Kaiser Karls V. teilten Frankfurt am Main https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/kopf-kaiser-karls-v-im- den starken Vorbiss: Er wurde als eindeutiges profil-nach-links Wiedererkennungsmerkmal der Machthaber bewusst inszeniert. Der vermeintliche Makel diente als kaiserliche Auszeichnung und wurde in jedem offiziellen Porträt betont. 2/6
Felix H. Man, Mussolini im Palazzo Venezia in Rom, 1931, 19,8 x 25,6 mm, Silbergelatine-Abzug auf Barytpapier, Städel Museum, Frankfurt am Main, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V., © Estate of Felix H. Man https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/mussolini-im-palazzo-venezia-in-rom Ein riesiger, prachtvoller Saal mit ausladendem Kamin. Die Fotografie von 1931 wurde in einem Renaissance-Palast in Rom aufgenommen: Der Palazzo Venezia diente damals als Regierungssitz. Der Diktator Benito Mussolini stand ab 1925 als „Duce del Fascismo“ (ital. Führer des Faschismus) an der Spitze des faschistischen Regimes in Italien. Er ist hier hinter seinem Schreibtisch zu sehen, während er mit einem Berater spricht. Fotografiert hat ihn der deutsche Journalist Felix H. Man. Er war nach Rom gereist, um unter dem Motto „Ein Tag im Leben von Mussolini“ eine damals noch neuartige Fotostory für die Münchner Illustrierte Presse zu erstellen. Der Diktator hatte vor seiner politischen Lauf- bahn selbst als Journalist gearbeitet und kannte alle Möglichkeiten, sich in den Medien zu inszenieren. Seine offiziellen Staatsporträts erschienen ihm selbst zu gestellt und kalt. In der Fotostory erblickte Mussolini die Chance, sein Image als nahbarer „Mann des Volkes“ zu verbreiten. Doch ob diese Aufnahme, auf der der Diktator eher klein und verloren erscheint, seinen Vorstellungen entsprach? Jedenfalls beschäftigte er Felix H. Man nie wieder als Fotografen. Fotostory „Ein Tag im Leben von Mussolini“, Münchner Illustrierte Presse, 1. März 1931, 8. Jhg., Nr. 9 3/6
Französisch, 19. Jahrhundert, Napoleon und Louis XVIII, 19. Jahrhundert, 14,5 x 19,5 cm, Schwarze Kreide auf geripptem Büttenpapier, Städel Museum, Frankfurt am Main, Foto: © Städel Museum, Frankfurt am Main https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/napoleon-und-louis-xviii Eine schnelle Skizze, zwei komikhafte Figuren: Dieser Karikatur-Entwurf stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert und zeigt zwei französische Machthaber der Zeit. Von hinten ist Napoleon Bonaparte zu erkennen, in Generalsuniform mit Reiterstiefeln, Zweispitzhut und einer Jacke mit Schulterkappen. In dieser Kleidung ist der Militärmann, der sich 1804 selbst zum Kaiser krönen ließ, auf vielen offiziellen Porträts zu sehen. Entspannt aber ent- schieden stellt er sich dem französischen König Ludwig XVIII entgegen. Dessen Darstellung konnten Zeitgenossen ebenfalls sofort identifizieren: Der Karikaturist hat ihn mit dem Ordens- band und -stern des wichtigsten französischen Ritterordens gezeichnet. Vor allem aber sind seine großen, naiven Augen in Szene gesetzt. Sein gedrungener Körper mit ausgestreck- ten Ärmchen ist bewusst überbetont. Ludwig XVIII erscheint als komische Figur, wie ein hilfloses Kleinkind. Die Karikatur spiegelt so die damalige politische Realität: Die tollkühnen Strategien des Aufsteigers Napoleon brachten den König wiederholt aus der Fassung. 4/6
Auf den ersten Blick ist es kaum zu erkennen, aber auch dieses Bild beinhaltet das Porträt eines Machthabers. Auf dem Funkgerät des bewaffneten Mannes im Vordergrund er- scheint das Gesicht Philip Ruddocks, der von 1996 bis 2007 „Immigrationsminister“ der australischen Regierung war. Der deutsche Maler Dierk Schmidt nimmt in diesem Gemäl- de auf einen Fall desaströser Migrationspoli- tik Bezug, der unter Ruddocks Federführung geschah. Am 19. Oktober 2001 ertranken vor der australischen Küste 353 Asylsuchende. Die Behörden nahmen den Tod der Menschen bewusst in Kauf – anschließend wurden die Bilder und Informationen über die Katast- Dierk Schmidt, Xenophobe - Shipwreck Scene, Dedicated to the 353 Drowned Asylum Seekers Died on the Indian Ocean, on the Morning of rophe vertuscht. October 19, 2001 (Xenophob - Schiffbruchszene, gewidmet 353 ertrunke- Der Künstler stellte selbst umfangreiche nen Asylsuchenden im Indischen Ozean, 19. Oktober 2001, am Morgen), 2001/ 02, Öl und Acryl auf PVC-Folie, 176,0 x 229,6 cm, Städel Museum, Recherchen an, um den Fall teilweise aufzu- Frankfurt am Main, Eigentum des Städelschen Kunst-Vereins e.V., klären und anschließend in einer Serie von © VG Bild-Kunst, Bonn https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/xenophob-schiffsbruchsze- Gemälden festzuhalten. Mit Öl- und Acrylfar- ne-gewidmet-353-ertrunkenen-asylsuch ben hat Schmidt auf schwarze Folie gemalt: Die schwarze Grundfarbe des Kunstwerks steht für die Undurchdringlichkeit des Geschehenen. Viele Aspekte des politischen Versagens, aber auch die Gesichter der Ertrunkenen bleiben im Dunkeln. 5/6
WOR KS H O PA N LE ITUNG Nach dem Vorbild des Gesehenen sollst du nun selbst ein Bild entwerfen, das auf politische Persönlichkeiten oder Geschehnisse Bezug nimmt. Überlege zunächst, welche politischen oder gesellschaftlichen Themen dich in letzter Zeit besonders beschäftigt haben. Vielleicht fällt dir ein Pressebild oder eine Nachrichtenmeldung bzw. ein Blog- oder Videobeitrag ein, den du dazu gelesen oder gesehen hast. Dann mache dich ans Werk: Zeichne eine Karikatur oder einen bildlichen Kommentar zu dem Politik- oder Gesellschaftsthema deiner Wahl. Überlege dir genau, welche Szene oder Figur du darstellen und karikieren könntest. Abschließend kannst du deine Zeichnung mit deinen Mitschülerinnen und Mitschülern teilen. EN W E IT E R E T H E M Politik Bilder, Macht und fand ie di e Ro m an tik da s Fantasy-Genre er W s Selbst Im Spiegel: Bilder de ees und Rollenbilder Geschlechter, Klisch Schön, dass du mitgemacht hast! Zeig uns gerne deine Ergebnisse. Deine Lehrerin oder dein Lehrer kann uns Fotos an bildungswoche@staedelmuseum.de senden und sich gleich für unseren Newsletter anmelden, um in Zukunft weitere Materialien zu erhalten. Eine Kooperation von und 6/6
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