BORDERLAND 321 / 2020 - Fotogalerie Wien

 
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BORDERLAND 321 / 2020 - Fotogalerie Wien
B I L D E R
         321 / 2020

     BORDERLAND
BORDERLAND 321 / 2020 - Fotogalerie Wien
Die Ausstellung Borderland versammelt Positionen, die sich in einem Grenz­
bereich bewegen, die versuchen, verschiedenartige Schwellen zu ertasten,
sie in Frage zu stellen, sie zu markieren oder zu verwischen.
Auch wenn in einer von Rationalismus und Positivismus geprägten Welt die
Bemühungen noch so groß sind, klar definierte Grenzen zu etablieren – diese
sind von Unschärfe und Durchlässigkeit geprägt. Es ist der Schwellenbereich
einer psychischen Grenze, um den es in dieser Ausstellung geht, um eine
Grenze, die fließend ist, ihre Form verändert, wie ein Vexierbild. Borderland
ist der Dämmerzustand zwischen Wachsein und Schlaf, Erinnerung und Ver­
gessen. Borderland ist das Déjà-vu, das Wort, das auf der Zunge liegt, der
Punkt in der Kehle, an dem man das Geschluckte zum letzten Mal spürt. Die
Arbeiten handeln von einer Schnittmenge, von „Dazwischen“ und „Beides“,
einem Gefühl der Surrealität, das uns im Alltäglichen begegnet.
Johan Nane Simonsen
BORDERLAND 321 / 2020 - Fotogalerie Wien
BORDERLAND
ANNE GLASSNER
ROSA JOHN
KEVIN KIRWAN
PETER KÖLLERER
LIDDY SCHEFFKNECHT
STEFANIE SEUFERT
CLAUS TROELSGAARD
MARIA VILL

Eröffnung: 23. November, 19.00 Uhr
Einführende Worte: Johan Nane Simonsen
Schlafperformance: Anne Glassner

Ausstellungsdauer: 24. November 2020 – 16. Jänner 2021
Die Galerie ist vom 24. Dezember 2020 bis 6. Jänner 2021
geschlossen.

Verein zur Förderung künstlerischer Fotografie und neuer Medien
Association for the Promotion of Art Photography and New Media

Währinger Strasse 59 / WUK, 1090 Wien – Austria
T: +43-(0)1-408 54 62 / F: +43-(0)1-403 04 78
fotogalerie-wien@wuk.at / www.fotogalerie-wien.at
Di + Fr 14.00–19.00 / Mi + Do 12.00–19.00 / Sa 10.00–14.00
An Feiertagen ist die Galerie geschlossen.
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ANNE GLASSNER

Die Thematik des Schlafes ist seit einiger Zeit ein zentraler Punkt meiner künstle­
rischen Arbeit, die unter anderem in „Schlafperformances“ ihren Ausdruck findet.
In meinen Werken lote ich die Grenzen zwischen Privatem und Öffentlichem, Selbst-
und Fremdwahrnehmung sowie Realität und Fiktion aus.
In der Performance aufwachen kombiniere ich meine schlafende Präsenz in den
Räumen der FOTOGALERIE WIEN mit einem Video. In diesem bin ich ebenfalls dort
BORDERLAND 321 / 2020 - Fotogalerie Wien
Still aus: aufwachen, 2020
                                                  Video, 03:00 min., Loop
                                                  Kamera: Monika Rabofsky

im „Moment des Aufwachens“ zu sehen. Der Grenzbereich zwischen Wachsein und
Schlafen wird ebenso thematisiert wie die Frage, was mit unserem Bewusstsein
passiert, während wir schlafen. Am Schlaf selbst interessieren mich auch Übergangs­
zustände vom wachen Bewusstsein zum träumenden, die immer auch eine Transfor­
mation bedeuten.
Anne Glassner
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ROSA JOHN

In meinen Arbeiten versuche ich, Medienapparaturen und Sinne als Erfahrungen
und Gestaltungsweisen von Welt zu befragen und zugleich alternative Erfahrungs­
welten zu imaginieren; so auch in den drei in der Ausstellung gezeigten filmischen
Arbeiten, die alle die Erscheinung des Lichts aus der Dunkelheit, die Erscheinung
des Fotografischen aus dem Fortlauf der Zeit untersuchen. Film praktiziere ich da­
bei als eine Variation im Feld der Fotografie.

Modell einer Hand fokussiert den Aspekt der physischen Berührung in der Erzeugung
des fotografischen Bildes: Das Sonnenlicht berührt verschiedene Ebenen des Raums,
das Holzmodell einer Hand, die Linse, das Innere der Kamera, die Filmstreifen (mit
unterschiedlichen Lichtempfindlichkeiten). Ich berühre das Gehäuse der Kamera
und den Auslöser der Kamera (zu verschiedenen Tageszeiten, mit unterschiedlichen
Belichtungszeiten), ich berühre und drehe das Verstellrad der Blende, ich berühre
das Objektiv selbst und beschränke mit meiner Hand den Bildausschnitt. Durch die
Bewegung des Films wird das Modell der hölzernen Hand gleichsam verlebendigt.
Rosa John

                                         Stills aus: Modell einer Hand, 2018
                                         16mm-HD Scan, ohne Ton, 06:12 min.
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KEVIN KIRWAN

Mercy Suite ist eine Multimedia-Arbeit, die von den Zwischenbereichen in den uns
allen vertrauten privaten Lebensräumen handelt. Die Arbeit soll die unser Leben be­
stimmenden Zeiteinheiten aufbrechen – durch genaues Hinhören und aufmerksame
Betrachtung der feinen Nuancen, die sich im Grenzbereich von Wachsein und den ver­
gessenen Momenten des Tages ansammeln. In den Field Recordings, die mithilfe von
Kontaktmikrofonen, Hydrofonen und elektromagnetischen Mikrofonen gesammelt
werden, werden alltägliche häusliche Geräusche neu wahrgenommen und verbor­
gene Räume im Haus hörbar gemacht. Die flüchtigen Videocollagen scheinen zufäl­
lige Botschaften einer veralteten Technologie zu loopen und zu kommunizieren.
Kevin Kirwan
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aus: Mercy Suite: Drift, 2020
S/W-Polaroid, 10,8 x 8,8 cm
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PETER KÖLLERER

Unser Jahrhundert hat uns eine neue Form von Identitäten beschert: Einweg-Pseudo­
nyme, die Namen der Absender von Spam-Mails im Internet.
Während ein Name zuvor meist ein mehr oder weniger entferntes Gegenüber aus
Fleisch und Blut bezeichnet hat, öffnen sich hinter den Wort- und Buchstabenkombi­
nationen, die zum einmaligen Gebrauch als vorgebliche Verursacher unerwünschter
Werbebotschaften geschaffen werden, die Pforten in ein kommunikatives Vakuum,
in die kalte Einsamkeit des digitalen Alls.
Die Arbeit NAMEN ist der Versuch, dieser Leere Formen abzutrotzen, die Namen mit
Antlitzen zu versehen, sie für einen Moment greifbar zu machen.
aus: NAMEN: KAWOH MCILWAINE, 2014; PETLUM LAGASSE, 2010;
VICENTE WOOTEN, 2014; HERBERT STILES, 2013
Pigment-Prints, je 45 x 30 cm

 Doch wie Namen von Absendern nach ihrem Gebrauch normalerweise wieder in die
 Masse unendlich vieler Kombinationen des Alphabets zurücksinken, gehen auch die
 modellierten Köpfe immer wieder in denselben Klumpen Plastilin ein, aus dem sie
 stets aufs Neue geformt werden.
 Was bleibt, sind Fotografien von Plastiken und Namen, nunmehr untrennbar ver­
 bunden in einem Pandämonium aus grotesken, kaum möglichen, niemals wirklichen
„Anderen“.
 Peter Köllerer, 2010
LIDDY SCHEFFKNECHT

In den in der Ausstellung gezeigten Arbeiten verwende ich Sonnenlicht als bildneri­
sches Material. Ein Lichtfleck im Raum, entstanden durch direkten Sonneneinfall,
wird durch eine auf dem Fenster angebrachte Silhouette geformt. Dadurch ent­
steht ein Lichtbild, welches, angetrieben durch die Erdrotation, durch das Zimmer
wandert und sich in Form, Größe und Proportion langsam verändert. An einem
bestimmten Moment am Tag verbindet sich das geformte Licht mit einem Alltags­
objekt im Raum; es entsteht die Illusion einer Einheit von Gegenstand und Licht-
oder Schattenprojektion.
Liddy Scheffknecht
Stills aus: sun tube, 2015
Video, 01:52 min.
STEFANIE SEUFERT

(…) Großformatige Fotopapiere, die in der Dunkelkammer immer wieder neu gefaltet
und belichtet werden, überschreiten schließlich die Grenze zur Skulptur und Archi­
tek­tur. Geschichtete und sich überlagernde Spuren verschiedener fotografischer
Pro­zes­se­­ erzeugen eine spezifische Materialität, die Seufert in ihren Serien durchde­
kli­niert und in den Raum hinein erweitert. Fragil, in seltsamer Weise monumental
und sich selbst merkwürdig fremd, entspringen sie einer Faltung des Bildes, das nun
einen Raum einnimmt, einen Raum umschließt und einschließt und die Vorstellung
eines (Innen-)Raumes der Bilder selbst suggeriert. Ein Raum, der etwas birgt, das
zugleich wirklich und abwesend ist, wie der Abdruck eines Gegenstandes, der selbst
nicht mehr anwesend ist. Eine Spur, eine Erinnerung, vielleicht sogar eine Einbildung,
eine flüchtige Berührung, immer jedoch eine Unterscheidung. Und auch diese skulp­
turalen Bilder oder bildhaften Skulpturen, die etwas einschließen, das das Fotogra­
fische überschreitet und die zugleich auf dem Fotografischen gründen, sind gerade
dadurch den gleichen Mechanismen unterworfen wie die Bilder, die nichts anderes
tun als zeigen und doch kaum etwas zeigen, eine (visuelle) Sprache, die weiß und nicht
weiß, was sie sagt (…).
Reinhard Braun, aus: Stefanie Seufert. Wood Survives in the Form of Postholes, Edition
Camera Austria, 2016

                                             Untitled, 2019
                                             Gefaltete Fotogramme, ca. 300 x 150 x 150 cm
CLAUS TROELSGAARD

In der Fotoserie Floral Pandemonium kann der Betrachter eine verträumte und poe­
tische, aber auch surreale Mischung von Schönheit und Hässlichkeit erfahren. Mei­
ne Neugier als Fotograf und bildender Künstler hat mich in die unterschiedlichsten
Richtungen geführt. Ich transformiere meine persönliche Art zu sehen und in der Welt
zu sein in traumartige fotografische Abstraktionen – mit einem Fokus auf dem Be­
griff der Materialität und der Art, wie wir heute verschiedene Materialien bewerten.
Indem ich Elemente zusammenfüge, die nicht auf natürliche Weise miteinander ver­
bunden sind – in einem Grenzbereich zwischen Natur und Kultur –, strebe ich ständig
nach neuen Sichtweisen meiner Umgebung.
Ausgehend von einem skulpturalen Verständnis, gestalte ich jede Komposition neu
und versuche, darunterliegende emotionale Erfahrungen offenzulegen. Was ist natür­
lich, was inszeniert? Nichts ist so, wie es scheint, und ich genieße dieses surreale
Wechselspiel zwischen natürlichen und künstlichen Texturen und Strukturen, von
Licht und Schatten – auf der ständigen Suche nach einer neuen, anderen poetischen
Version unserer physischen Realität.
Claus Troelsgaard
aus: Floral Pandemonium, 2018–2019
Fine Art Prints, verschiedene Größen
MARIA VILL

aus: Lichtbildvariationen, 2016–2019
Digitale Prints, gerahmt je 40 x 40 cm

Lichtbildvariation der Ambivalenzen
Seit einigen Jahren ist neben den Malereien, Zeichnungen und Glasobjekten des Ver­
sals A die Fotografie ein Mittelpunkt der Arbeit von Maria Vill geworden. In dieser
erscheinen reduzierte, einfache, meist transparente Objekte in unbestimmtes Licht
getaucht und so vielfältig und differenziert positioniert, dass man von einem Grenzbe-
reich sprechen kann, in dem eine raffinierte Lichtführung die Kategorien Fotografie
und Malerei verschwimmen lässt. Das Verhältnis zwischen Linie, Körper und Raum
bleibt ambivalent, und so erscheint manches wie ein Innehalten im Fragmentarischen,
bevor es sich für unsere Wahrnehmung ineinanderfügt. Es sind Stillleben, Balance­
akte, ein Spiel mit dem Raum als wäre er Klang.
Franz Mölk
ANNE GLASSNER www.anneglassner.at
* 1984 in Wien (AT), lebt und arbeitet in Wien. Studium der Malerei an der Universität für angewandte
 Kunst Wien; Kunstpädagogik an der Akademie der bildenden Künste Wien; Kunstgeschichte an der
 Universität Wien; 2007 Studium an der Accademia di Belle Arti di Bologna. Zahlreiche internationale
 Ausstellungen, Performances und Residencies.

 ROSA JOHN www.rosajohn.com
* 1982 in Wien (AT). Schule Friedl Kubelka für künstlerische Photographie und unabhängigen Film,
 Wien. Theater-, Film- und Medienwissenschaft an den Universitäten Wien und Athen. 2017 Start­­-
 stipen­d ium­ für­ künstlerische­ Fotografie­ (BKA).­ Ausstellungsbeteiligungen und Screenings (Aus­
 wahl): Museum of Modern Art, San Francisco / McEvoy Foundation for the Arts, San Francisco /
 Edinburgh International Film Festival.

 KEVIN KIRWAN www.kevinkirwan.info
* 1985 (IE), lebt in Dublin und arbeitet in den Medien Fotografie, Video und Skulptur. Ausbildung am
 National College of Art and Design, Dublin. Residency bei KulturKontakt Austria, Wien; Residential
 Studio Award The Red Stables, Dublin. Ausstellungen (Auswahl): 2018 Miro Mondo, FOTOGALERIE
 WIEN /2016 Deeps Removed, Maynooth University, Kildare (IE) /2015 Heavyside, the Lab, Dublin.

 PETER KÖLLERER www.peter-koellerer.com
* 1970 in Linz (AT), lebt und arbeitet in Wien. Hochschule Mozarteum, Salzburg (Bildhauerei), Akademie
 der bildenden Künste Wien (Fotografie). Ausstellungen (Auswahl): 2019 No Sentences from Words, fluc,
 Wien /Köpfe, Galerie der Stadt Wels (AT) /2016 Strange and Familiar, Barbican Art Gallery, London.

 LIDDY SCHEFFKNECHT www.liddyscheffknecht.net
*1980 (AT), lebt und arbeitet in Wien. Universität für angewandte Kunst Wien und École Nationale Su-
 périeure des Beaux-Arts, Paris. Einzelausstellungen (Auswahl): 2018 points in time, Georg Kargl Box /
 mirage, Galerie Lisi Hämmerle /2016 dream argument, Kunsthalle Nexus, Saalfelden /sciography, Georg
 Kargl Fine Arts, Wien.

 STEFANIE SEUFERT www.stefanieseufert.de
* 1969 in Göttingen (DE), lebt und arbeitet in Berlin. Ausstellungen (Auswahl): Berlinische Galerie;
 DZ Bank Kunstsammlung, Frankfurt; Kunstbibliothek im Museum für Fotografie Berlin; Künstler-
 haus Bethanien, Berlin; NRW-Forum Düsseldorf; Kunsthalle Darmstadt; Laura Mars Gallery, Berlin;
 CPAP, Havanna.

 CLAUS TROELSGAARD www.claustroelsgaard.com
* 1986 (DK), lebt und arbeitet in Kopenhagen als Fotograf und bildender Künstler. Der Begriff der Ma-
 terialität in unserer postmodernen Gesellschaft steht im Zentrum seiner künstlerischen Arbeit, wobei
 er skulpturale Kompositionen und sorgfältig gestaltete Inszenierungen mit poetischer Ästhetik schafft.

 MARIA VILL www.mariavill.at
* 1956 in Lienz (AT), lebt und arbeitet in Innsbruck und Amsterdam. Seit 1991 ausschließlich Arbei-
 ten mit dem Großbuchstaben A, seit 2016 fotografische Arbeiten. Einzelausstellungen (Auswahl): 2019
 Lichtbildvariationen, Fotoforum West, Innsbruck /2018 Lichtbilder, Kunstwerkstatt Lienz /Lichtbild und
 Stele, Theologische Fakultät, Universität Innsbruck /2017 Sgraffiti, Galerie Thomas Flora, Innsbruck.
Texts in English please find at: www.fotogalerie-wien.at

BILDER-MAGAZIN NR. 321 / 2020
Impressum: Medieninhaber und Herausgeber
FOTOGALERIE WIEN
Verein zur Förderung künstlerischer Fotografie und neuer Medien
Währinger Str. 59, 1090 Wien, Austria, Tel. + 43-1-408 54 62
GZ 02Z031972S
Für den Inhalt verantwortlich:
FOTOGALERIE WIEN – Kollektiv
Hermann Capor, Christian Eiselt, Susanne Gamauf, Tobias Izsó,
Brigitte Konyen, Michael Michlmayr, Andreas Müller,
Petra Noll-Hammerstiel, Johan Nane Simonsen und Patrick Winkler

Vorschau:

SOLO XII
ANJA NOWAK (DE/AT)

Eröffnung: Montag, 25. Jänner 2021, 19.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 26. 01.– 27. 02. 2021

Die Galerie ist vom 24. Dezember 2020 bis 6. Jänner 2021 geschlossen.

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