Börsenmonitor Juni/Juli 2021 - Fiduka

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Börsenmonitor Juni/Juli 2021 - Fiduka
Börsenmonitor Juni/Juli 2021

   Nach viermonatigem Kursanstieg an        Europas Aktienmärkte überflügeln im
    den Börsen geht der Aufschwung mit       Juni Amerikas Börsen: Um 2,5% hat der eu-
    abgebremstem Tempo im Juni weiter.       ropäischen Aktienindex Stoxx600 zugelegt,
    Besonders in Europa gab es mehrfach      1,7% der DAX-Index und 0,5% die US-Bench-
    neue Index-Bestmarken. Stoxx600-In-      mark S&P500. Leicht verloren um 1,7% hat
    dex und DAX haben in den letzten Wo-     der Dow Jones Industrial. So lautet die bishe-
    chen die Führung von den amerikani-      rige Bilanz der westlichen Hauptbörsen in der
    schen Märkten übernommen.                ersten Junihälfte. Stoxx600 und DAX haben
                                             sich in den vergangenen zwei Wochen von Re-
   Die Branchenrotation hat die Technolo-   kord zu Rekord gehangelt, ohne dabei die ganz
    gietitel wieder nach oben gespült.       großen Sprünge zu machen. Dazu fehlt nach
    Bankaktien verlieren dagegen auf-        dem mehrmonatigen Kursanstieg ohne Kor-
    grund der Zinsschmelze heftig. Ge-       rektur die Energie, viele Marktteilnehmer sind
    winnmitnahmen setzten zuletzt auch       voll investiert.
    zyklische Industriewerte unter Druck.
    Und Grundstoffaktien korrigieren mit     Gleichwohl notiert die Mehrzahl der europäi-
    den sinkenden Rohstoffpreisen.           schen Aktientitel aktuell auf oder nahe ihrer
                                             Allzeit-Höchststände. Die US-Börsen liegen
                                             auch nicht weit unter ihren Hochs. Insgesamt
   Ein monetärer Schwenk der US-Noten-      zeigen sich die Weltbörsen also weiter robust,
    bank würde das Umfeld für Aktien ver-    die Indizes steuern im Juni den fünften Monat
    ändern: restriktivere Geldversorgung     in Folge auf Bestmarken zu. Viel Geld ist zu-
    und vielleicht schon im kommenden        letzt in die Märkte geflossen, allein in der ver-
    Jahr die Abkehr von der Nullzins-Poli-   gangenen Woche wurden nach Erhebungen
    tik. Allein die Unternehmensgewinne      der Bank of America von institutionellen Inves-
    bestimmen dann den Markttrend.
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toren 55 Mrd. USD aus unrentablen Geld-           Erzeugerpreise festigten sich sogar um 6,6%
marktpapieren und Liquiditätshaltung in die       per Ende Mai. Tatsächlich trugen zum Anstieg
Aktienmärkte (plus 39 Mrd. USD), aber auch        der Konsumentenpreise die Energieverteue-
in Anleihen (plus 16 Mrd. USD) umgeschichtet.     rung (+28,5%, Tankstellenpreise +56%) und,
                                                  etwas unerwartet, die Preise für Gebrauchtwa-
Inflations- und Zinsbefürchtungen sind            gen (+29,7%) das Gros zur Beschleunigung
(vorerst) zurückgestellt worden: Nachdem          bei. Ob am Ende die US-Zentralbanker doch
die Anleger für einige Wochen durch sprung-       Recht behalten mit ihrer Einschätzung eines
haft steigende Inflationsraten und einen zügi-    vorübergehenden Preisschubs, wird sich im
gen Renditeanstieg in den USA nervös gewor-       dritten und vierten Quartal herausstellen,
den waren, hat sich nun eine gewisse Sorglo-      wenn die Basiseffekte beim Ölpreis wegfallen.
sigkeit breitgemacht. Das drückt sich auch im     Einige Rohstoffe wie Palladium, Kupfer oder
Rückgang des Nervositätsbarometers für den        Holz und Agrarwaren (Getreide, Soya) haben
US-Markt, dem Volatilitätsindex VIX aus. Ende     in den letzten Wochen kräftig im Preis verlo-
der vorangegangenen Woche fiel der VIX auf        ren.
ein Nach-Pandemietief von 15,04. Zum Krisen-
höhepunkt im März 2020 schoss er auf über 82      Statements der US-Notenbanker in der
Punkte nach oben, sein langjähriges Mittel        letzten Sitzung restriktiver als erwartet:
liegt bei etwa 20.                                Eine Mehrheit von 13 unter den 18 Teilneh-
                                                  mern der FOMC(Federal Open Market Commit-
Der Großteil der Investoren hat mittlerweile      tee)-Sitzung vom Mittwoch erwartet jetzt eine
die Meinung der Zentralbanker adaptiert, dass     erste Leitzinsanhebung für 2023, 7 Mitglieder
das Aufflackern der Inflation nur vorüberge-      glauben sogar an einen Start in den Aufwärts-
hend sein wird und vorwiegend Sonderfakto-        Zinszyklus bereits 2022. Damit haben sich die
ren wie den hochgeschnellten Erdöl- und Roh-      Zinsperspektiven unter den US-Zentralban-
stoffpreisen geschuldet ist. In Deutschland       kern gegenüber ihren Prognosen vom März
kommen die zu Jahresbeginn eingeführte CO2-       deutlich nach vorne verschoben.
Bepreisung und der wieder höhere Mehrwert-
steuersatz als Einmaleffekte dazu. Eine Nor-      Das könnte mittel- bis langfristig Konsequen-
malisierung beim Rohöl, den Rohstoffen und        zen für die Aktienmärkte (und Anleihen-
den Metallen dürfte die Inflation in absehbarer   märkte) haben. Auch eine Reduzierung der An-
Zeit wieder drücken. Länger Bestand haben         leihenaufkäufe, also der quantitativen Locke-
könnten Preiseffekte aus der Knappheit von        rungsmaßnahmen, wird unter den monetären
Vorprodukten wie Halbleitern, steigenden          Entscheidern inzwischen diskutiert, ein Signal
Frachtkosten und den generell angespannten        für die Ankündigung dieses „Tapering“ (all-
Lieferketten.                                     mähliches Zurückfahren der Anleihenkäufe)
                                                  wird für den Herbst erwartet, und zu Beginn
Trotz steigender Inflationsraten Zins-            des nächsten Jahres könnte es dann tatsäch-
rutsch an den Anleihemärkten: Die Zent-           lich losgehen. Bis dahin wird die Geldflut in den
ralbanken konnten mit ihrem Mantra nur vor-       USA jedenfalls noch nicht abebben, denn so-
übergehend höherer Teuerungsraten Aktien-         lange will die US-Notenbank die allmonatlichen
und Zinsmärkte beruhigen. Die Renditen für        Anleihenkäufe im Umfang von 120 Mrd. USD
zehnjährige US-Staatsanleihen sind von einem      weiterlaufen lassen.
Zwischenspurt auf 1,75% wieder bis auf
1,43% zurückgefallen und haben sich im Mo-        Vorsicht ist für die Fed bei der Marktkommuni-
ment um die Marke von 1,5% eingependelt.          kation angebracht, denn beim letzten Mal einer
                                                  Ankündigung des „Tapering“, also der sukzes-
Dabei sind die Teuerungsraten weltweit auf        siven Verkleinerung der monatlich in den Ka-
dem Vormarsch. Die Jahresrate der Konsum-         pitalmarkt fließenden Geldmittel, im Juni 2013
entenpreise erreichte im Mai in den USA 5,0%      durch den damaligen Fed-Präsidenten Ben
und die von der Notenbank vorrangig beo-          Bernanke, wurden die Aktienmärkte kräftig
bachteten Kerninflation (ohne Energiepreise)      durchgeschüttelt. Der Dow Jones verlor zu die-
der Konsumausgaben bereits im April 3,1%.         ser Zeit über 6% von der Spitze, der DAX so-
Die vorgelagerten und stärker rohstofflastigen
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gar mehr als 10%. Die als „Taper Tantrum“ be-      2012 sehr niedrig bei etwa 10, heute bei 13,8
zeichnete Marktphase hielt nicht besonders         (2022). Das DAX-Beispiel verdeutlicht, dass
lange an, bereits drei Wochen später erreichte     eine Bewertungsausweitung aufgrund niedri-
der Dow Jones erneut einen Höchststand, für        gerer Zinsen und hoher Kapitalmarktliquidität
den DAX dauerte es etwas länger.                   ähnlich kurstreibend sein kann wie ein Boom
                                                   bei den Unternehmensgewinnen.
Liquidität und Gewinnerwartungen als
Treibsätze für die Börsen: Die monetäre Po-        In dem Moment, wenn die Notenbanken die
litik der Zentralbanken spielt eine zentrale       monetäre Reißleine ziehen und eine Zins-
Rolle für die Richtung an den Aktienmärkten.       wende einleiten, muss allein die Gewinnent-
Eine maßgebliche Änderung, oder im aktuellen       wicklung für eine Fortsetzung des Börsenauf-
Fall eher anstehende Normalisierung, wie sie       schwungs sorgen. Aller Erfahrung aus früheren
die Federal Reserve andeutet und sie uns in ein    Börsenzyklen nach ist das bei einer starken
bis zwei Jahren bevorsteht, würde das Umfeld       Konjunktur möglich, solange die Zinsschritte
für Aktien grundlegend verändern.                  klein bleiben. Erst wenn zwecks Bekämpfung
                                                   einer außer Kontrolle geratenen Inflation
Die Höhe der Zinsen, die Geldversorgung und        scharfe restriktive Maßnahmen ergriffen wer-
die Gewinnperspektiven für die Unternehmen         den müssen, droht die Konjunktur zu kippen
in Verbindung mit dem Verlauf der Weltwirt-        und die Börsen driften in eine Baisse ab.
schaft sind die essentiell bestimmenden Fak-
toren für den Börsentrend. In den zwölf Jahren     Noch halten die Notenbanken still und die
seit März 2009, dem Beginn der Anleihenauf-        Geldschleusen weit offen: Es ist das erste
käufe der Europäischen Zentralbank (EZB),          Mal in der über zwölfjährigen Historie der
sind die Kapitalmärkte mit gewaltigen Geld-        quantitativen Lockerungsmaßnahmen, dass
summen geflutet worden. Die Bilanzsumme            die Notenbanken in ernsthaftem Erklärungs-
der EZB hat sich seitdem auf 7,6 Billionen EUR     notstand sind: Steigende Inflationsraten und
versiebenfacht und die des US-Notenbanksys-        eine kräftige Konjunktur. In den USA hat die
tems verneunfacht (seit Beginn der Fed-Anlei-      Fed ein duales Mandat, das heißt sie ist gleich-
henkäufe im November 2008) und in der ver-         ermaßen der Geldwertstabilität und der Voll-
gangenen Woche erstmals die 8 Billionen Dol-       beschäftigung verpflichtet. Der oberste Geld-
lar-Grenze überschritten.                          hüter, Fed-Präsident Jerome Powell, hatte
                                                   mehrfach betont, dass das Beschäftigungsziel
Die Geldschwemme und Niedrigzinspolitik der        für ihn Vorrang vor der Inflationsbekämpfung
Zentralbanken hat die Marktbewertung von           hat. Immer noch sind in den USA über sieben
Aktien, ausgedrückt im Kurs/Gewinn-Verhält-        Millionen Menschen mehr arbeitslos als vor der
nis, stetig nach oben getrieben. Beispielsweise    Pandemie.
hat sich der DAX in der zwölfjährigen Historie
der EZB-Anleihenkäufe bis heute mehr als ver-      Die EZB hat ihre Inflationsprognose für 2021
vierfacht, die Unternehmensgewinne der DAX-        auf 1,9% angehoben, bleibt aber bei ihren Pro-
Gesellschaften haben sich bis einschließlich       jektionen für die nächsten Jahre bei sehr nied-
der Prognose für 2022 nicht einmal verdrei-        rigen Teuerungsraten von 1,5% (2022) und
facht. Der höheren Profitabilität der DAX-Fir-     sogar nur 1,4% für 2023. Diese extrem nied-
men ist also direkt etwas mehr als die Hälfte      rige Geldentwertung läge sogar weit unter ih-
des Kursanstiegs zurechenbar.                      rer angestrebten Zielmarke von zwei Prozent.
                                                   Folglich hat sie geldpolitisch in ihrer Juni-Sit-
Ein fast genauso hoher Anteil resultiert aus ei-   zung keine Veränderung vorgenommen. Die
ner Bewertungsausweitung des Aktienmarkts,         Anleihenkäufe im Rahmen des 1,85 Billionen
der auf die Niedrigzins- (bis hin zu Negativzin-   EUR schweren PEPP- (Pandemic Emergency
sen) Politik und Liquiditätsflut der Notenbank     Purchase Program) Programms bleiben in den
zurückgeführt werden kann. Der zehnjährige         kommenden Monaten auf dem seit dem zwei-
Zins lag im Frühjahr 2009 bei rund 3,2%. Das       ten Quartal beschleunigten Niveau.
DAX-KGV lag im Ausgangspunkt 2009 (Finanz-
krisen-Rezession) und nochmal im Herbst            Die EZB hat einen klaren Auftrag, vor allem
2011 (Euro-Staatsschuldenkrise) und Anfang         anderen den Geldwert des Euro zu schützen.
Sie hat aber im Moment den Vorteil, dass sich      junkturschub, der durch die fiskalischen Aus-
die Teuerung im Euroraum mit einer Kernrate        gabenprogramme mitbefeuert wird. Da sich
von 1,0% zum Vorjahr im Mai im Vergleich zu        fast die ganze Welt in einer Hochkonjunktur
den USA noch sehr verhalten entwickelt. Ein-       befindet, verzeichnen die Unternehmen 2021
schließlich Energie und Nahrung lag die Preis-     und wohl auch 2022 eine sehr hohe Ertragsdy-
steigerung im Mai bei 2%, also gerade an der       namik: Plus 37% und anschließend plus 11,7%
Zielmarke der EZB.                                 lauten die Gewinnprognosen für die USA
                                                   (S&P500-Indexunternehmen), plus 46% und
Plus 46% in Europa, plus 37% in den USA            12% für Europa (Stoxx600-Index) und plus
– es brummt bei den Gewinnen: Nach dem             32% und 11% für die DAX-Gesellschaften.
pandemiebedingten Einbruch im Vorjahr ha-
ben sich die Unternehmensgewinne schlagar-         Bidens Steuerpläne als Risiko für die Un-
tig wieder erholt. Dank der schneller als erwar-   ternehmensgewinne: Die Steuervorschläge
tet zurückgekehrten globalen Nachfrage und         aus dem Weißen Haus vom US-Präsidenten
rasch gestraffter Kostenstrukturen konnten         könnten nach Berechnung von Ökonomen der
viele Firmen, wie zum Beispiel die großen Au-      US-Wirtschaft eine Mehrbelastung im Umfang
toproduzenten, schnell die alte Ertragskraft       von 3,3 Billionen USD aufbürden. Nach einer
wieder herstellen. Von säkularen Trends wie        weiteren Kalkulation der Investmentbank Mer-
der Digitalisierung oder dem Aufstieg des On-      rill Lynch (Bank of America) würden die Unter-
line-Handels bevorteilte Konzerne sind sogar       nehmensgewinne der im S&P500 enthaltenen
in der komfortablen Lage ihre Ergebnisse sub-      Firmen um etwa 7% schrumpfen. Das Markt-
stantiell über das Vor-Pandemieniveau hinaus       KGV in den USA würde auf 23,6 für 2022 stei-
anheben zu können.                                 gen, oder aber der Index entsprechend um 7%
                                                   einknicken.
Dazu gehören vorneweg Technologie-Giganten
wie Apple, Google, Microsoft, Facebook oder        Allerdings sind die Pläne ebenso wie Bidens zu-
Amazon. Alle fünf zusammen haben von Ja-           sätzliche Ausgabenvorhaben für Infrastruktur-
nuar bis März unter dem Strich mit 74,6 Mrd.       und andere Maßnahmen noch nicht spruchreif.
USD mehr als doppelt so viel verdient als vor      Sie könnten am massiven Widerstand der Re-
einem Jahr und um über 41 Mrd. USD mehr als        publikaner und zum Teil auch aus den eigenen
im ersten Quartal 2019. Aber auch in alten In-     Reihen der Demokraten im Kongress schei-
dustrien wie dem Autobau können Konzerne           tern, oder dürften erheblich zurückgestutzt
mit Preisführerschaft wie Daimler und BMW,         werden. Wie immer bei einer gut laufenden
oder in den USA bei den großvolumigen und          Konjunktur gilt auch für Präsident Biden: Ein
renditestarken SUV- und Transporter-Fahrzeu-       Zuviel an gut gemeinten Maßnahmen und Aus-
gen General Motors und Ford, höhere Gewinne        gabenprogrammen kann prozyklisch und auch
als vor der Krise erwirtschaften. Wegen der        im Sinne der Federal Reserve kontraproduktiv
hohen Kosten der Elektro-Transformation            sein.
kommt die Renaissance der Branche durchaus
überraschend.

Gewinnbewertung der Börsen hat sich ge-            FIDUKA, 18. Juni 2021
ringfügig ermäßigt: Die Gewinnerwartungen
sind zuletzt aufgrund mehrfach angehobener
Konjunkturprognosen, vor allem in den USA,
etwas schneller gestiegen als die Kurse der Ak-
tien. Das US-Wirtschaftswachstum mit voraus-
sichtlich real plus 7% bedeutet bei gut 3% In-
flation ein Nominalwachstum der US-Wirt-
schaft von über 10%. Das gab es zuletzt in den
1960er-Jahren. Basiseffekte des gedrückten
Vorjahrs sind dafür mitverantwortlich, den-
noch handelt es sich um einen kräftigen Kon-
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