Übungen Öffentliches Recht III - Gruppen K-M und W-Z Prof. Dr. Felix Uhlmann/ Dr. Julia Hänni MLaw Natassia Gili Assistentin Prof. Dr. Felix ...

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Übungen Öffentliches Recht III - Gruppen K-M und W-Z Prof. Dr. Felix Uhlmann/ Dr. Julia Hänni MLaw Natassia Gili Assistentin Prof. Dr. Felix ...
Übungen Öffentliches Recht III
Gruppen K-M und W-Z

Prof. Dr. Felix Uhlmann/ Dr. Julia Hänni
MLaw Natassia Gili

Assistentin Prof. Dr. Felix Uhlmann, Lehrstuhl für Staats- und
Verwaltungsrecht sowie Rechtsetzungslehre
Übungen Öffentliches Recht III - Gruppen K-M und W-Z Prof. Dr. Felix Uhlmann/ Dr. Julia Hänni MLaw Natassia Gili Assistentin Prof. Dr. Felix ...
Sachverhalt

• X. AG bringt Zuckerbeutel in Umlauf, welche mit einer
  Gesichtslifting-«Werbung» versehen sind.
• Weitere Informationen zum Faltenunterspritzungs-
  mittel Y. und einer Liste möglicher behandelnder
  Ärztinnen und Ärzten sind telefonisch erhältlich.
• Swissmedic fordert X. AG auf, die Werbung
  einzustellen.
• Verfügung der Swissmedic: Feststellung, dass es sich
  bei Y. um ein Medizinprodukt handelt und Verbot, die
  Zuckerbeutel mit der entsprechenden Aufschrift
  weiterhin zu vertreiben.
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Lösung (formell)
Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht

1. Beschwerdeobjekt
2. Vorinstanz, Rechtsmittelinstanz
3. Beschwerdegründe
4. Beschwerderecht
5. Form und Frist

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
1. Beschwerdeobjekt
2. Vorinstanzen, Rechtsmittelinstanz
3. Beschwerdegründe
4. Beschwerderecht
5. Form und Frist

                                       FS 2015         3
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Exkurs: Verfügung
Elemente des Verfügungsbegriffs:

1. Hoheitliche, einseitige Anordnung einer Behörde

2. Individuell-konkrete Anordnung

3. Anwendung von Verwaltungsrecht

4. Auf Rechtswirkungen ausgerichtete Anordnung

5. Verbindlichkeit und Erzwingbarkeit

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Exkurs: Verfügung
   Hoheitlich,                                                                 Verbindlich und
                        Individuell-     Anwendung von
 einseitig durch                                            Rechtswirkung         erzwingbar
                          konkret       Verwaltungsrecht
    Behörde                                                                   (Art. 39 ff. VwVG)

Art. 5 VwVG

    1Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches
    Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben:
        a.   Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten;
        b.   Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder
             Pflichten;
        c.   Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung
             von Rechten oder Pflichten, oder Nichteintreten auf solche Begehren.

    2 Als Verfügungen gelten auch Vollstreckungsverfügungen (Art. 41 Abs. 1 Bst. a und b),
    Zwischenverfügungen (Art. 45 und 46), Einspracheentscheide (Art. 30 Abs. 2 Bst. b und
    74), Beschwerdeentscheide (Art. 61), Entscheide im Rahmen einer Revision (Art. 68) und
    die Erläuterung (Art. 69).

    3Erklärungen von Behörden über Ablehnung oder Erhebung von Ansprüchen, die auf dem
    Klageweg zu verfolgen sind, gelten nicht als Verfügungen.

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Exkurs: Verfügung (Bedeutung)
Bedeutung der Verfügung

1. Wichtigste Handlungsform der Verwaltung
2. Abschluss des nichtstreitigen Verfahrens
3. Verwaltungsrechtsschutz ist auf Verfügung ausgerichtet
4. Erste verbindliche Festlegung der Behörde
5. Verwaltungsrechtliche Rechte und Pflichten ergeben sich oft
   erst aus der Konkretisierung in einer Verfügung
6. Grundlage der Vollstreckung

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Lösung (materieller Teil): Meinungs- und
     Informationsfreiheit, Art. 16 BV)

• Der Schutz der Meinungsfreiheit bezieht sich
  grundsätzlich nur auf Äusserungen mit ideellen
  Inhalten. Mitteilungen, die kommerziellen Zwecken
  dienen, fallen nach bundesgerichtlicher
  Rechtsprechung in den Geltungsbereich der
  Wirtschaftsfreiheit.

• (anders: EGMR)

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Lösung (materieller Teil):
        Wirtschaftsfreiheit, Art. 27 BV
• Handel mit Heilmitteln und ihre Bewerbung stehen
  unter dem Schutz der Wirtschaftsfreiheit (vgl. z.B.
  BGE 111 Ia 186 f.)
• Einschränkungen: Art. 36 BV, Art. 94 Abs. 1 BV
  • Gesetzliche Grundlage: Art. 51 HMG, Art. 21
      Abs. 3 lit. b MepV; akzessorische Prüfung von
      bundesrätlichen Verordnungen
  • Öffentliches Interesse: öffentlicher
      Gesundheitsschutz
  • Eignung und Erforderlichkeit

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Lösungsstruktur (materieller Teil)
Lösungsstruktur anhand einer Grundrechtseinschränkung
(andere Lösungsstrukturen denkbar, vgl. VPB 67.134)

Einschränkung Wirtschaftsfreiheit Art. 27 BV

1. Schutzbereich, Trägerschaft
2. Gesetzliche Grundlage
   (Rechtsanwendung, vorfrageweise
   Überprüfung etc.)
3. Öffentliches Interesse
4. Verhältnismässigkeit

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Lösung (materieller Teil)

Problempunkte / Schwierigkeiten

•   Korrekte Anwendung HMG und MepV
•   Bedeutung von Art. 190 BV bei der Überprüfung von Verordnungen im
    Bund
•   Beschränkung des öffentlichen Interesses auf Gesundheitsschutz.
    Bedeutung im vorliegenden Fall.

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Korrekte Anwendung der gesetzlichen
      Grundlage: Medizinprodukt
Heilmittelgesetz (HMG)

sowie Art. 1 Abs. 1 Medizinprodukteverordnung
(MepV)

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Korrekte Anwendung der gesetzlichen
   Grundlage: Publikumswerbung
                          Definition gemäss der
                          Schweizerischen
                          Lauterkeitskommission
                          (Grundsätze April 2008,
                          http://www.faire-
                          werbung.ch/dokumentation)

                          Arzneimittel-
                          Werbeverordnung (AWV) vom
                          17. Oktober 2001,
                          SR 812.212.5; analoge
                          Anwendung auf
                          Medizinprodukte

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Korrekte Anwendung der gesetzlichen
       Grundlage: Publikumswerbung
«Art. 2 AWV umschreibt Publikumswerbung als Arzneimittelwerbung,
welche sich an das Publikum richtet (lit. b). Arzneimittelwerbung
umfasst alle Massnahmen zur Information, Marktbearbeitung und
Schaffung von Anreizen, welche zum Ziel haben, die Verschreibung, die
Abgabe, den Verkauf, den Verbrauch oder die Anwendung von
Arzneimitteln zu fördern (lit. a). Davon zu unterscheiden ist die nach
Art. 31 Abs. 1 lit. a HMG auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel
grundsätzlich zulässige Fachwerbung. Darunter ist Arzneimittelwer-
bung zu verstehen, die sich an zur Verschreibung, Abgabe oder zur
eigenverantwortlichen beruflichen Anwendung von Arzneimitteln
berechtigte Fachpersonen richtet (lit. c). Überhaupt nicht als Werbung
im Sinne der Heilmittelgesetzgebung gelten laut Art. 1 Abs. 2 lit. c AWV
Informationen allgemeiner Art über die Gesundheit oder über
Krankheiten, sofern sich diese weder direkt noch indirekt auf bestimm-
te Arzneimittel beziehen […]»
(BGE 129 V 32 E. 6.3)

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Akzessorische Prüfung von Bundesratsverordnungen

«Das Bundesgericht kann auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin mit freier
Kognition vorfrageweise Verordnungen des Bundesrates auf ihre Gesetz-
und Verfassungsmässigkeit prüfen. Bei unselbständigen Verordnungen, die
sich auf eine gesetzliche Delegation stützen, untersucht es, ob sich der
Bundesrat an die Grenzen der ihm im Gesetz eingeräumten Befugnisse ge-
halten hat. Soweit das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, von der Ver-
fassung abzuweichen, befindet das Gericht auch über die Verfassungs-
mässigkeit der unselbständigen Verordnung. Wird dem Bundesrat durch die
gesetzliche Delegation ein sehr weiter Bereich des Ermessens für die
Regelung auf Verordnungsstufe eingeräumt, so ist dieser Spielraum nach
Art. 191 [Art. 190] BV für das Bundesgericht verbindlich. Es darf in diesem
Fall bei der Überprüfung der Verordnung nicht sein eigenes Ermessen an die
Stelle desjenigen des Bundesrates setzen, sondern es beschränkt sich auf
die Prüfung, ob die Verordnung den Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz
delegierten Kompetenzen offensichtlich sprengt oder aus anderen Gründen
gesetz- oder verfassungswidrig ist […]. Für die Zweckmässigkeit der
angeordneten Massnahme trägt der Bundesrat die Verantwortung; es ist
nicht Aufgabe des Bundesgerichts, sich zu deren wirtschaftlicher oder
politischer Sachgerechtigkeit zu äussern …»
(BGE 131 II 271, E. 4)

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Akzessorische Prüfung von Bundesratsverordnungen

• Fazit: Verbot ist bereits im Gesetzestext angelegt; der
  Bundesrat hält sich an den Rahmen des Gesetzes; er
  konkretisiert lediglich die offene Formulierung des
  Gesetzgebers und schafft keine neuen Pflichten.

• Rechtmässigkeit wohl auch unter dem Blickwinkel von
  Art. 164 BV zu bejahen.

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Lösungsstruktur (materieller Teil)

Einschränkung Wirtschaftsfreiheit Art. 27 BV

1. Schutzbereich, Trägerschaft
2. Gesetzliche Grundlage
   (Rechtsanwendung, vorfrageweise
   Überprüfung etc.)
3. Öffentliches Interesse
4. Verhältnismässigkeit

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Variante

Am 19. Juni 2003 forderte das Heilmittelinstitut die X. AG auf,
ihre Werbung für das Mittel Y. einzustellen. Ohne eine weitere
Mitteilung oder eine Möglichkeit zur Stellungnahme durch die X.
AG erliess das Institut kurze Zeit später eine Verfügung, in
welcher es feststellte, dass Y. als Medizinprodukt zu qualifizieren
sei und in welcher es der X. AG verbot, die Zuckerbeutel mit der
aufgedruckten Aufforderung zur Bestellung weiterer
Informationen zu verteilen.
Was wird die X. AG in diesem Falle unternehmen können?

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Anspruch auf rechtliches Gehör
• Art. 29 Abs. 2 BV
• Beinhaltet den Anspruch auf vorgängige Äusserung und
  Mitwirkung im Verfahren  Recht der Partei, mit
  erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden, d.h. die
  eigene Sichtweise in das Verfahren einzubringen für das
  Feststellen des rechtserheblichen SVs; umfasst auch das
  Recht, informiert zu werden und sich vor Erlass eines in die
  Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu
  äussern
• Gesetzlich nicht vorgesehene und/oder
  unverhältnismässige Beschränkungen des Anspruchs auf
  rechtliches Gehör sind verfassungswidrig und führen zur
  Aufhebung des folgenden Sachentscheids («formelle
  Natur» des Anspruchs)
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Anspruch auf rechtliches Gehör
• Heilung: Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kann
  geheilt werden, wenn die unterbliebene Anhörung,
  Akteneinsicht, Äusserungsmöglichkeit etc. vor einer
  Beschwerdeinstanz nachgeholt wird, die in
  rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht mind. mit der
  gleichen Kognition urteilt wie die Vorinstanz.

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Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

         natassia.gili@uzh.ch

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