Cannabis - aber sicher! - Für einen Neustart in der deutschen Sucht- und Drogenpolitik! - Pabst Science Publishers

 
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    Vorschläge der Politik

    Cannabis – aber sicher!
    Für einen Neustart in der deutschen Sucht- und Drogenpolitik!

    Burkhard Blienert

    Die neue Bundesregierung hat sich in ihrem         Kernaussagen von Expertinnen und Experten
    Koalitionsvertrag darauf verständigt, eine         darlegen:
    „kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Ge-              Der Vertreter des Deutschen Hanfverbandes
    nusszwecken an Erwachsene in lizensierten          (gewissermaßen Vertreter von Menschen, die
    Geschäften“ zu ermöglichen. Innerhalb eines        Cannabis konsumieren), Georg Wurth, hat dar-
    klar definierten gesetzlichen Rahmens sollen       auf hingewiesen:
    der Verkauf, Erwerb und Besitz von Cannabis
    für Erwachsene erlaubt werden. Vorrangiger            „Nur, wenn die Konsumenten das Angebot an-
    Leitgedanke des Gesetzgebungsverfahrens ist,          nehmen, wird die Verdrängung des Schwarz-
    durch die kontrollierte Cannabis-Abgabe den           marktes gelingen. Eine THC-Obergrenze wäre
    Gesundheitsschutz der Konsumentinnen und              dafür kontraproduktiv, insbesondere wenn es
    Konsumenten zu stärken, sowie den Kinder-             wirklich nur 15 Prozent THC werden sollten,
    und Jugendschutz auszubauen. Da die Umset-            wie von manchen gefordert. Auch Apotheken
    zung dieser Vereinbarung des Koalitionsver-           wären als Verkaufsort nicht besonders attraktiv
    trages ein komplexes Vorhaben ist, muss sie gut       und Apotheker wenig für die Beratungsbedürf-
    vorbereitet werden. Ziel ist, schnellstmöglich        nisse gesunder Cannabiskonsumenten geeignet.
    einen ersten Gesetzentwurf vorzulegen.                Der private Eigenanbau muss bei der Legalisie-
        Doch wie kann bei der kontrollierten Ab-          rung unbedingt berücksichtigt werden.“
    gabe von Cannabis an Erwachsene der Jugend-
    und Gesundheitsschutz gewährleistet werden?        Auch die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen
    Welche Regeln sollten beispielsweise künftig       (DHS), der Dachverband der Träger der Sucht-
    für Anbau, Verkauf und für den Straßenverkehr      krankenhilfe in Deutschland, unterstützt den
    gelten? Diese Fragen wurden im Konsultations-      Plan zur Legalisierung, verweist aber auch auf
    prozess „Cannabis – aber sicher“ mit über 200      bestimmte Voraussetzungen dafür:
    Expertinnen und Experten in fünf Hearings
    unter meiner Federführung diskutiert. Mithil-         „Die regulierte Abgabe von Cannabis an Er-
    fe des Konsultationsprozesses sollte das für die      wachsene ist eine weitreichende Änderung in
    Umsetzung des Vorhabens erforderliche Fach-           der Drogen- und Suchtpolitik. Sie will politisch
    wissen gebündelt und um die Erfahrungen an-           sorgfältig vorbereitet werden und es sind viele
    derer Länder ergänzt werden. Außerdem ging            unterschiedliche Bereiche betroffen – von Prä-
    es darum, einen Raum zu schaffen, in dem auch         vention und Jugendschutz über Beratung, The-
    Einwände und Vorbehalte offen angesprochen            rapie und Selbsthilfe. Der Konsultationsprozess
    und diskutiert werden. Hierzu wurden sowohl           ist ein wichtiger Schritt, die Expertise und Er-
    Expertinnen und Experten als auch Vertrete-           fahrung der Fachleute bereits frühzeitig einzu-
    rinnen und Vertreter gesellschaftlicher Inter-        binden. Wichtig ist, die gesundheitspolitischen
    essensgruppen eingeladen, um die zentralen            Ziele nie aus den Augen zu verlieren.“ (Dr. Pe-
    Fragen rund um die kontrollierte Abgabe zu be-        ter Raiser)
    leuchten. Die genauen Modalitäten für Produk-
    tion und Vertrieb werden noch erarbeitet und       Und auch akzept, Bundesverband für akzeptierende
    im späteren Gesetzgebungsprozess definiert.        Drogenhilfe, plädiert für die vielen Vorteile einer
        Zunächst ging es um das Thema „Gesund-         Legalisierung:
    heits- und Verbraucherschutz“. Ich will einige

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Cannabis – aber sicher!                                                                                   5

    „Die großen kurzfristigen Vorteile durch eine     ihre Konsumkompetenz zu stärken. Wir soll-
    Legalisierung entstehen für die Gesundheit der    ten zudem von den positiven Erfahrungen aus
    Konsumenten durch legales Cannabis anstatt        Ländern lernen, in denen die Legalisierung
    Schwarzmarkt, den Wegfall der Strafverfolgung     schon eingeführt wurde, wie in verschiedenen
    und Fehlallokation von Mitteln sowie die Ent-     US-Staaten, Uruguay oder Kanada oder un-
    tabuisierung. Diese Legalisierungsdividende       seren europäischen Nachbarn in Luxemburg
    erreichen wir nur, wenn der legale Markt den      oder Malta. Und wir sollten diese Erfahrungen
    Schwarzmarkt austrocknen kann. Je schwerer        nutzen, um Fehler bei der Umsetzung zu ver-
    der Zugang, desto schlechter wird es. Cannabis    meiden. Eine Hürde stellen sicherlich noch die
    wird legal, normal und langweilig. Cannabis ist   internationale und europäische Rechtsordnung
    weder Brokkoli noch waffenfähiges Plutonium.“     dar.
    (Maximilian Plenert)                                  Bei Cannabis leitet uns der Gesundheits-
                                                      schutz als zentrales Ziel, auch wenn wir hier
Als Sucht- und Drogenbeauftragter der Bun-            davon ausgehen, dass mehr Gefahren aus-
desregierung liegt mir der Gesundheits- und           gehen vom Verbot des Anbaus, Erwerbs und
Jugendschutz sehr am Herzen. Ich trete daher          Verkaufs als von einer regulierten – staatlich
für ein vollständiges Werbeverbot und ein Ver-        kontrollierten Erlaubnis. Dadurch werden wir
bot sämtlicher Maßnahmen von verkaufsför-             auch den Schwarzmarkt deutlich schwächen
dernden Aktivitäten, eine Entkriminalisierung         und zurückdrängen. Die Prohibition hat dies
von Menschen, die Cannabis konsumieren,               nicht vermocht! Entlang von Eckpunkten sollen
und eine Marktregulierung durch Abgabemen-            schon im Herbst die ersten Beratungen zur Um-
ge und Preisgestaltung ein. Zudem setze ich           setzung aufgenommen werden. Meine Marsch-
mich dafür ein, dass mit der Veränderung der          route ist klar: Es braucht einen Neustart in der
Cannabisgesetzgebung ein flächendeckender             deutschen Drogen- und Suchtpolitik. „Canna-
Ausbau der Präventionsstrukturen einhergeht.          bis – aber sicher!“ stellt hierbei den Startpunkt
Es braucht umfassende Präventionsangebote             dar. Ich werde mit aller Kraft diesen Prozess
z. B. im Lebensbereich „Schule“. Gefährdete           vorantreiben. Für mehr Gesundheits- und Ju-
Menschen sollten niedrigschwellige Beratung           gendschutz!
erhalten, wenn sie dies wünschen. Insbesonde-
re auch die zu erwartenden Mehreinnahmen
durch den legalen Cannabisverkauf sollten
daher zu einem deutlichen Ausbau der Präven-
tionsmaßnahmen und der finanziellen Absi-
cherung der Suchtberatungsstellen führen. Die
Gelder müssen gerade bei jungen Menschen
ankommen, damit sich eine Abhängigkeit nicht
entwickelt, damit frühzeitig ein riskanter Kon-
sum entdeckt wird und wirksame Maßnahmen
zur Prävention und zur frühzeitigen Behand-
lung eingeleitet werden können.
    Es gibt dafür bereits gute Konzepte und er-
probte Tools, auch wenn Krankenkassen sich              Burkhard Blienert
bisweilen noch schwertun, z. B. familienthera-          Von 2013 bis 2017 Abgeordneter des Deut-
peutische Maßnahmen zu finanzieren, obwohl              schen Bundestags. Am 12. Januar 2022
dazu schon seit Jahrzehnten gute Studien vor-           wurde er auf Vorschlag von Bundesgesund-
liegen. Vertreter der Psychotherapeuten ha-             heitsminister Karl Lauterbach (SPD) zum
ben Recht, wenn sie konstatieren, dass keine            Beauftragten der Bundesregierung für Sucht-
Drogenpolitik verhindern kann, dass Drogen              und Drogenfragen ernannt. Blienert gilt als
ausprobiert und gebraucht werden. Trotzdem              Verfechter einer Legalisierung von Cannabis.
muss es das Ziel sein, Erwachsene wie Jugend-           drogenbeauftragter@bmg.bund.de
liche möglichst vom Konsum abzuhalten bzw.

rausch, 11. Jahrgang, 3/4-2022
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    Ampel auf Grün für die kontrollierte Freigabe
    von Cannabis

    Kirsten Kappert-Gonter

    Einleitung                                           Effektiverer Jugend-
                                                         und Gesundheitsschutz
    Mit dem Koalitionsvertrag wird das Ende der
    Prohibition eingeläutet und der Einstieg in eine     Generell müssen bei jedem Vorschlag zur
    vernunftgeleitete Cannabispolitik besiegelt.         Regulierung von Cannabis die gesundheit-
    Als Ampel-Koalition planen wir, die kontrol-         lichen Auswirkungen des Konsums auf die
    lierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu          Verbraucher*innen berücksichtigt werden
    Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein-        (Room, 2010). Derzeit ist Cannabis fast überall
    zuführen und so die Qualität zu kontrollieren,       erhältlich, aber die Verbraucher*innen wissen
    Gesundheitsrisiken aufgrund verunreinigter           nicht, wie stark das Produkt ist, das sie kaufen,
    Substanzen zu mindern und Jugendschutz zu            d. h. wie viel THC es enthält, wie das Verhältnis
    gewährleisteten.                                     von CBD und THC ist und ob es frei von Streck-
        Ein kontrollierter Verkauf ermöglicht nicht      mitteln ist. All dies ist elementar für die Wir-
    nur einen besseren Jugendschutz und eine ef-         kungen und Nebenwirkungen des Konsums.
    fektivere Suchtprävention, sondern entkrimi-         Wer Cannabis auf dem Schwarzmarkt kauft, hat
    nalisiert auch Millionen von Cannabiskonsu-          keine Möglichkeit zu wissen, welche Wirkstoffe
    mierenden und dämmt den illegalen Markt ein.         enthalten sind und ob zusätzliche schädigende
    Dafür soll noch in diesem Jahr ein Gesetzent-        Substanzen beigefügt sind. Da die Drogendea-
    wurf vorgelegt werden.                               ler weder nach dem Alter noch nach dem Aus-
        Dabei können die internationalen Erfahrun-       weis fragen, können Jugendliche derzeit sehr
    gen der letzten Jahre aus Kanada, Uruguay und        leicht, quasi an jeder Straßenecke, an Cannabis
    vielen Bundesstaaten der USA genauso einflie-        und andere Substanzen gelangen. Mit der Le-
    ßen wie Erkenntnisse aus der Abgabe von Can-         galisierung von Cannabis können verbindliche
    nabis zu medizinischen Zwecken.                      Vorschriften zur Qualität und Deklaration der
        Dieser Artikel zielt darauf ab, einige wichti-   Produkte durchgesetzt und Verstöße geahndet
    ge Entwicklungen im Prozess der Cannabisle-          werden. Darüber hinaus wird mit einer Alters-
    galisierung in Deutschland zu beleuchten: die        grenze und weiteren Maßnahmen wie bspw.
    Hauptargumente für eine Legalisierung, die           Mindestabständen von Cannabis-Fachgeschäf-
    politische Haltung in der aktuellen Phase sowie      ten zu Schulen der Jugendschutz gestärkt. Die
    die potenziellen Herausforderungen und Chan-         erwachsenen Konsumierenden wissen, was
    cen während des Legalisierungsprozesses.             genau sie konsumieren, welche Wirkungen zu
                                                         erwarten sind und dass die Substanzen frei von
                                                         schädigenden Streckmitteln sind.
    Hauptgründe für eine Cannabis-
    Legalisierung in Deutschland
                                                         Bessere Suchtprävention und Versorgung
    Es gibt zahlreiche Gründe, warum Cannabis in
    Deutschland legalisiert werden sollte, aber die      Eine Legalisierung von Cannabis kann dazu
    wichtigsten sind die folgenden: die Gewährleis-      beitragen, die Suchtprävention und Versorgung
    tung eines effektiveren Jugend- und Gesund-          bei problematischem Konsum oder im Fall
    heitsschutzes, die Verbesserung der Sucht-           einer Abhängigkeit zu verbessern. Bei Sucht-
    prävention und die Entkriminalisierung von           erkrankungen handelt es sich um komplexe
    Cannabiskonsum und -besitz bei gleichzeitiger        Erkrankungen, die Ursachen und Folgen nicht
    Eindämmung des Schwarzmarktes.                       nur im medizinisch-biologischen, sondern vor

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Ampel auf Grün für die kontrollierte Freigabe von Cannabis                                                      7

allem im sozialen Bereich haben. Angebote der                Prohibition und der Einteilung in „gute“ und
Suchthilfe sind kommunal, aber längst nicht                  „schlechte“ Drogen abzurücken. Die Legali-
überall, erreichbar.                                         sierung kann Ressourcen in Polizei und Justiz
    Es muss mehr Unterstützung für Menschen                  freisetzen. Gleichzeitig verdrängt sie den ille-
mit problematischem Konsum geben, dazu                       galen Handel und entzieht Drogenkartellen
zählen frühe Interventionen, Abbau der Stig-                 und dem organisierten Verbrechen eine wich-
matisierung von Sucht sowie die Erleichterung                tige Einnahmequelle.
von Übergängen und Stärkung der Interdiszi-                      Laut einer Studie der Universität Düssel-
plinarität zwischen Suchthilfe und Psychothe-                dorf könnte eine Reform des Cannabiskonsums
rapie. Eine Cannabissteuer kann, wenn sie gut                dem Staat zusätzliche jährliche Steuereinnah-
austariert und nicht zu niedrig angesetzt wird,              men in Höhe von 4.7 Milliarden Euro bringen
eine Lenkungswirkung zur Unterstützung                       und rund 27 000 legale Arbeitsplätze in der
der Suchtprävention entfalten (Timmermann,                   Cannabisbranche schaffen (Haucap & Knoke,
2017). Zudem sollen Möglichkeiten ausgelotet                 2021).
werden, wie Einnahmen aus dieser Steuer ge-                      Die jahrzehntelange Prohibition ist auf gan-
zielt für einen Ausbau der Prävention einge-                 zer Linie gescheitert und es ist durch prohibi-
setzt werden können.                                         tive Maßnahmen nicht gelungen, den Konsum
    Dabei lässt sich feststellen, dass die Aus-              merklich einzudämmen. Im Gegenteil, der
wirkungen des Cannabiskonsums auf die öf-                    Konsum ist unter den Bedingungen der Pro-
fentliche Gesundheit im Vergleich zu anderen                 hibition weiter angestiegen und die Prohibiti-
illegalen Drogen sowie Alkohol und Tabak we-                 on verstärkt die gesundheitlichen Risiken des
niger ausgeprägt sind. Alkohol und Tabak, die                Cannabiskonsums. Es ist, anders als bei legalen
breit legal erhältlich sind, haben beispielsweise            Substanzen, ein ansteigender Konsumtrend un-
bezüglich der Beeinträchtigung des Fahrver-                  ter Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu
haltens (Alkohol) sowie jeweils in Bezug auf                 beobachten (BZgA, 2022). Heute ist die organi-
die gesundheitlichen Auswirkungen bis hin                    sierte Kriminalität eine zentrale Nutznießerin
zu Todesfällen ein höheres Risikoprofil (Room,               der repressiven Drogenpolitik für Cannabis,
2010).                                                       denn der gesamte Profit geht an sie über den
                                                             von ihr kontrollierten Schwarzmarkt.

Entkriminalisierung und Eindämmung
des Schwarzmarktes                                           Eine Frage der politischen Haltung

Bis jetzt ist Cannabis die am meisten konsu-                 Meine politische Haltung beruht auf meinem
mierte illegale Droge in Deutschland. Obwohl                 beruflichen Hintergrund als Fachärztin für
Cannabis dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG)                   Psychiatrie und Psychotherapie, da ich selbst
unterliegt, ist der Gebrauch der Droge sowohl                über viele Jahre Patient*innen mit Suchter-
unter Erwachsenen als auch unter Jugendlichen                krankungen begleitet habe. Früher stand ich
weit verbreitet. Nach Anlage I zu § 1 Abs. 1                 der Legalisierung skeptisch gegenüber, da ich
BtMG gehören Cannabis sowie Cannabisharz                     die dramatischen Auswirkungen von Drogen-
de lege lata zu den Betäubungsmitteln, die nicht             abhängigkeit bei vielen Patient*innen gese-
verkehrsfähig sind. Von einer generalpräventi-               hen hatte. Aber wie eine wachsende Zahl von
ven Wirkung der Strafbarkeit kann hier jedoch                Vertreter*innen der Gesundheitsberufe habe
nicht ausgegangen werden, der Konsum von                     ich erkannt, dass das Risiko des Konsums
Cannabis ist in der Gesellschaft weit verbrei-               durch die Verbotspolitik deutlich ansteigt.
tet. Die Strafverfolgung und Gerichtsverfahren                  Die Prohibition von Cannabis ist gescheitert.
sind ineffizient und kosten Polizei und Justiz               Die aktuellen Belastungen aufgrund von Can-
Unmengen an Personal, Zeit und Geld. Darü-                   nabiskonsum finden unter den Bedingungen
ber hinaus muss die Durchsetzung des Can-                    der Prohibition statt, Cannabis ist auch für Ju-
nabisverbots als diskriminierend eingestuft                  gendliche leicht an jeder Straßenecke zu bekom-
werden, weil BIPoC (Black, Indigenous, People                men, die Konsumierenden wissen nicht genug
of Color), Menschen mit Migrationsgeschichte                 über die Inhaltsstoffe und können so Wirkun-
und niedrigerem sozioökonomischem Status                     gen und Nebenwirkungen nur unzureichend
unverhältnismäßig stark davon betroffen sind.                einschätzen. Zudem werden dem pflanzlichen
Infolgedessen fordern schon seit Jahren mehr                 Cannabis häufig gefährliche synthetische Can-
als 100 Professor*innen des Strafrechts eine                 nabinoide beigemischt. Die neuen Züchtungen
Abkehr der Prohibitionspolitik des bestehen-                 mit teilweise steigenden THC-Anteilen werden
den Betäubungsmittelrechts in Deutschland                    von den Konsumierenden häufig nicht bewusst
(Simon, 2016). Es ist überfällig, vom Dogma der              konsumiert. Sie werden von der starken Wir-

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    kung und gesundheitlichen Auswirkungen             Das grüne Cannabiskontrollgesetz
    ihrerseits überrascht.                             (CannKG)
        Für Konsumierende, die merken, dass sie
    mit ihrem Konsum nicht mehr zurechtkom-            Der zuletzt in der 19. Wahlperiode in den
    men, stellt die Strafverfolgung eine zusätzliche   Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf eines
    Hürde dar, sich Hilfe zu suchen. Für Personen      Cannabiskontrollgesetzes (CannKG) von der
    mit einem missbräuchlichen Substanzkonsum          Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen bietet
    oder einer Abhängigkeit ist es ohnehin ein         eine umfassende konzeptionelle Vorarbeit zur
    langer Weg, sich einzugestehen, dass sie Hilfe     Überwindung der Prohibition. Ziel war schon
    benötigen, und diese dann aufzusuchen und,         bei der ersten Einbringung, einen wirksamen
    angesichts der angespannten Versorgungsla-         Jugend- und Gesundheitsschutz zu erreichen,
    ge, zu erhalten. Die Angst vor Strafverfolgung     den Schwarzmarkt einzudämmen und ein ver-
    steht der Inanspruchnahme von Hilfe ebenso         lässliches Suchtpräventionssystem zu etablie-
    im Wege wie die gesellschaftliche Stigmatisie-     ren.
    rung von Sucht. Gute, niedrigschwellige und            Im Folgenden wird ein kurzer Überblick
    informative Suchtprävention wird, beispiels-       über den Inhalt und die Systematik des Ge-
    weise in Schulen, durch das Verbot unnötig         setzentwurfs gegeben. Das CannKG regelt den
    erschwert.                                         Anbau, Handel und Verkauf von Cannabis. Es
        Der Konsum von Rauschmitteln sollte            erlaubt Erwachsenen den Besitz von bis zu 30
    grundsätzlich nicht beschönigt oder bagatelli-     Gramm Cannabis sowie den Anbau von drei
    siert werden. Dennoch ist es einer guten, prä-     Pflanzen für den Eigenbedarf, wobei Canna-
    ventiven Aufklärung nicht zuträglich, wenn         bis nicht an Kinder und Jugendliche abgege-
    Risiken von Cannabis besonders betont und          ben werden darf (§§ 4, 5 Abs. 1–3 CannKG). § 9
    der Konsum von Alkohol häufig im selben            CannKG enthält Vorschriften zu Kennzeich-
    Atemzug verharmlost wird. So wird der Stand        nung, Warnhinweisen und Packungsbeilagen.
    der Wissenschaft bisweilen mit einem Bias          Verbraucher*innen können dadurch die Wir-
    dargestellt.                                       kung besser einschätzen und dosieren. Ergän-
        Auch wenn Psychosen und Suizidalität in        zend normiert § 11 CannKG eine Verkaufsbe-
    einem statistischen Zusammenhang mit dem           schränkung auf Cannabisfachgeschäfte und
    Konsum von Cannabis stehen, ist ein Ursache-       schließt explizit einen Versandhandel aus. Zu-
    Wirkungs-Zusammenhang nicht belegt. Eine           sätzlich enthält § 16 CannKG ein Werbeverbot
    gängige Hypothese ist, dass Menschen mit ei-       außerhalb von Fachzeitschriften und Canna-
    ner Prädisposition für Psychose im Rahmen          bisfachgeschäften. § 21 CannKG normiert eine
    eines fehlgeleiteten Selbstmedikationsversuchs     räumliche Entfernung von Cannabisfachge-
    häufiger zu Cannabis greifen; möglich ist auch     schäften zu Schulen und anderen Kinder- und
    ein „common cause“ – also eine oder mehrere        Jugendeinrichtungen. Außerdem müssen die
    Ursachen, die beides triggern, Psychose und        Betreiber*innen von Cannabisfachgeschäften
    Substanzkonsum. Hier ist es auch im Sinne          ein Sozialkonzept zur Suchtprävention erstel-
    der Prävention und des Gesundheitsschutzes         len (§ 23 CannKG). Die §§ 35 ff. CannKG enthal-
    sinnvoll, die Mehrdimensionalität der Risiken      ten Bestimmungen über den sonstigen Umgang
    für psychotische Entwicklungen und suizidale       mit Cannabis und Nutzhanf, wie den Umgang
    Krisen immer mitzudenken.                          mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken
        Als Ärztin wie als Politikerin verfolge ich    und den Anbau von Nutzhanf. Die §§ 42 ff.
    das Ziel, die Gesundheitsrisiken von Substanz-     CannKG enthalten Vorschriften zum Neben-
    konsum zu minimieren. Darum setze ich mich         strafrecht. Alle vier Jahre ist eine Evaluation
    beispielsweise auch für ein umfassendes Wer-       des Gesetzes vorgesehen (§ 45 CannKG).
    beverbot für Suchtmittel ein. Die Prohibition          Wichtig ist auch, dass der Gesetzentwurf
    vergrößert die gesundheitlichen Risiken und        ein Steuergesetz enthält. Das Cannabissteuer-
    verschlimmert die Probleme der Betroffenen.        gesetz normiert in 24 Paragrafen fiskalische De-
    Deshalb haben wir Grünen uns seit vielen Jah-      tails. Die Verbrauchsteuer auf Cannabis soll si-
    ren für einen Politikwechsel eingesetzt, kon-      cherstellen, dass der Bruttoverkaufspreis nicht
    zeptionell an dem Thema gearbeitet und wie-        unter den bisherigen Straßenverkaufspreis von
    derholt ein Cannabiskontrollgesetz vorgelegt.      Cannabis fällt, damit es nicht zu einer Auswei-
    Wenn erwachsene Bürger*innen statt eines Fei-      tung des Konsums durch „billiges“ Cannabis
    erabendbiers lieber hin und wieder Cannabis        kommt.
    konsumieren möchten, sollen sie das zukünftig
    legal und unter risikoarmen Bedingungen tun
    dürfen.

                                                                              rausch, 11. Jahrgang, 3/4-2022
Ampel auf Grün für die kontrollierte Freigabe von Cannabis                                                         9

Legalisierung in naher Zukunft                               zwischen verschiedenen Akteur*innen und
                                                             Interessengruppen auf allen Ebenen erfordert.
Anfang Mai 2022 kündigte Bundesgesund-                       Es handelt sich um eine übergreifende Reform,
heitsminister Karl Lauterbach an, in der zwei-               an der viele Ministerien beteiligt sind, u. a. für
ten Jahreshälfte einen Gesetzentwurf zur kon-                Gesundheit, Justiz, Finanzen, Landwirtschaft,
trollierten Freigabe von Cannabis vorzulegen.                Verkehr, sowie Familie und Jugend. Spiegel-
Vorher soll ein Eckpunktepapier ausgearbeitet                bildlich gilt das auch für die parlamentarischen
werden. Es handelt sich um eine umfassende                   Ausschüsse. Das Bundesgesundheitsministeri-
Reform, an der viele Häuser beteiligt werden                 um wird dabei die Federführung übernehmen.
müssen. Justizminister Marco Buschmann und                        Mit der Legalisierung von Cannabis wird
Agrarminister Cem Özdemir untermauerten                      ein Stück weit Neuland in Bezug auf europä-
das Vorhaben. Der Drogenbeauftragte der Bun-                 isches Recht und internationale Verträge be-
desregierung, Burkhard Blienert, hat bereits im              treten. Die wichtigsten internationalen Dro-
Juni 2022 einen Konsultationsprozess mit hun-                genkontrollverträge, die derzeit in Kraft sind,
derten relevanten Akteur*innen durchgeführt.                 bauen auf Vereinbarungen aus der Zeit des
In die Hearings wurden etliche Sachverständi-                Völkerbundes auf (Barbor, 2010). Das Einheits-
ge mit verschiedenen Perspektiven einbezogen                 übereinkommen der Vereinten Nationen über
und ihre fachliche Expertise eingeholt. Die vier             Suchtstoffe von 1961 konsolidiert und erweitert
Expertenhearings umfassten die Themenblö-                    die Vorkriegsverträge. Es gilt für Substanzen,
cke „Gesundheits- und Verbraucherschutz“,                    die aus Opium, Cannabis und Kokablättern
„Jugendschutz und Prävention“, „Lieferketten,                gewonnen werden, sowie für die entsprechen-
ökologische und ökonomische Fragestellun-                    den synthetischen Substanzen. Es stellt zum
gen“ sowie „Strafbarkeit, Kontrollmaßnahmen                  Teil Cannabis und Substanzen wie Crack auf
und Lizensierung zur Begleitung der Einfüh-                  eine Stufe. Es wurde mit dem Protokoll von
rung der kontrollierten Abgabe von Cannabis                  1972 geändert und durch das Übereinkommen
zu Genusszwecken“. Ein fünftes, öffentliches                 über psychotrope Stoffe von 1971 ergänzt. Der-
Hearing hat sich den internationalen Erfahrun-               zeit sind über 180 Länder Vertragsparteien des
gen gewidmet.                                                Einheitsübereinkommens, einschließlich der
     Überdies hat die Ampel-Fraktion, nicht                  EU insgesamt. Ebenfalls relevant, aber weniger
zuletzt mit großen Schritten im Zuge der                     bindend für nationales Recht, ist das Überein-
Haushaltsberatungen, ihren fraktionsüber-                    kommen der Vereinten Nationen vom 1988 ge-
greifenden Anspruch deutlich gemacht, eine                   gen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen
Umsetzung schnellstmöglich, aber mit der ge-                 und psychotropen Stoffen (Rath, 2022).
botenen Gründlichkeit, auf den Weg zu brin-                       Als Herausforderung für die Modernisie-
gen. Details der Regulierung sind derzeit Ge-                rung des Drogenrechts werden oft die inter-
genstand der regelmäßigen Beratung unter den                 nationalen Konventionen diskutiert, die den
Koalitionspartnerinnen.                                      Unterzeichnerstaaten gewisse Grenzen der
     Um die Maßnahmen zur Cannabis-Lega-                     nationalen Gestaltungsmöglichkeiten im Be-
lisierung zeitnah zu ermöglichen, werden die                 täubungsmittelrecht setzen. Unser Ziel ist, der
Präventionsmittel im Etat in diesem Jahr wie-                Problematik der Revision von internationalen
der aufgestockt und begleitend zum Legali-                   Verträgen mit diplomatischem Fingerspitzen-
sierungsprozess eingeplant. Mit einem Haus-                  gefühl und Pragmatismus zu begegnen. Aus-
haltsvorbehalt soll der Forderung nach einem                 nahmen bestehen bereits für die medizinische
Gesetzentwurf noch in diesem Jahr Nachdruck                  und wissenschaftliche Nutzung.
verliehen werden. Damit dies gelingt, werden                      Das Übereinkommen sieht keine Strafen für
zudem acht neue Stellen für die Projektgruppe                Verstöße vor, aber es besagt, dass bei Streitigkei-
Cannabis im Bundesministerium für Gesund-                    ten über die Auslegung oder Anwendung des
heit vorgesehen.                                             Übereinkommens der Internationale Gerichts-
     Deutschland könnte das erste europäische                hof (IGH) angerufen werden kann. Der IGH
Land werden, das den Verkauf von Cannabis                    kann zwar eine Entscheidung fällen, hat aber
für den Freizeitgebrauch legalisiert und damit               keine Durchsetzungsbefugnis in diesen An-
zum Vorbild für andere EU-Mitglieder werden,                 gelegenheiten. Eine denkbare Folge wäre eine
die eine progressive Cannabispolitik erfolgen.               öffentliche Rüge durch einige der Unterzeich-
                                                             ner und durch das Internationale Suchtstoff-
                                                             kontrollamt (INCB), das mit der Überwachung
Herausforderungen und Chancen                                der Einhaltung des Einheitsübereinkommens
                                                             und seiner Nachfolgeabkommen beauftragt
Die umfassende Legalisierung ist ein komplexer               ist (Caulkins, 2012). Alternativ könnte das Ein-
Prozess, der ein hohes Maß an Koordinierung                  heits-Übereinkommen auch geändert werden,

rausch, 11. Jahrgang, 3/4-2022
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     wie dies 1971 zur Aufnahme neuer Stoffe ge-         in 2019 und 18.6 Jahren in 2017 (Government of
     schehen ist. Jede Vertragspartei kann Änderun-      Canada 2021). Mit diesen Daten werden die An-
     gen vorschlagen.                                    sprüche, den Jugendschutz durch eine kontrol-
         Expert*innen sehen die Hürden nicht als         lierte Freigabe zu stärken, untermauert.
     unüberwindbar an (Hoffman, 2022). Die Erfah-            Auf dieser Grundlage könnte auch Deutsch-
     rungen Kanadas und Uruguays zeigen, dass            land eine Cannabis-Legalisierung nach kana-
     die Folgen überschaubar waren, abgesehen von        dischem Vorbild realisieren. Anders als die
     einer kritischen Stellungnahme des INCB.            Niederlande ist Kanada ein gutes Vorbild, das
                                                         verdeutlicht, dass die Legalisierung nicht zu ei-
                                                         nem Anstieg des Konsums führt, sondern dass
     „Best-practice“ – das kanadische Modell             der Konsum von Cannabis sicherer wird und
                                                         die damit verbundenen Gesundheitsrisiken
     Kanada kann als gutes Beispiel für eine Legali-     verringert werden.
     sierungspolitik dienen. Kanada ist nach Urugu-
     ay das zweite Land der Welt, das am 17. Oktober
     2018 seine gesamte Cannabislieferkette legali-      Vorschläge zum Jugend-
     siert und reguliert hat. Zwei Hauptziele unter-     und Gesundheitsschutz
     stützten den Politikwechsel: die Prävention des
     Cannabiskonsums unter Jugendlichen und die          Cannabis sollte in Fachgeschäften verkauft wer-
     Zurückdrängung des Schwarzmarktes. Es ging          den, zu denen auch, zum Beispiel im ländlichen
     also darum, den Markt aus der Hand des or-          Raum, Apotheken auf Antrag zählen könnten.
     ganisierten Verbrechens in staatliche Hand zu       Dabei muss sichergestellt sein, dass Kinder und
     überführen. Die Abkehr von einem strafrecht-        Jugendliche keinen Zugang zur Verkaufsstelle
     lichen Modell und die Hinwendung zu einem           haben. Um den Gesundheitsschutz zu gewähr-
     gesundheitspolitischen Ansatz stehen im Ein-        leisten, müssen auf Cannabisprodukten Infor-
     klang mit dem wachsenden internationalen            mationen über die Herkunft, das Herstellungs-
     Konsens, den sogenannten „war on drugs“ zu          datum sowie den THC- und CBD-Gehalt und
     überwinden und zielführendere Maßnahmen             andere Inhaltsstoffe angegeben werden. Damit
     zu etablieren                                       einhergehen müssen Vorgaben zur Qualität,
         In Kanada sind Anbau, Handel und Konsum         nicht aber der GMP-Standard für Medikamen-
     umfassend erlaubt. All dies ist möglich, wenn       te. Einnahmen aus der Cannabissteuer sollten
     der politische Wille existiert (Hoffman, 2022).     zur Stärkung von Präventionsmaßnahmen, ins-
     In Kanada ist nach der Legalisierung festzustel-    besondere für Jugendliche, verwendet werden.
     len, dass der Cannabiskonsum unter Jugendli-            Das eigens geschulte Personal in den li-
     chen nicht etwa ansteigt, dass aber immer mehr      zensierten Fachgeschäften muss in der Lage
     Konsumierende Cannabisfachgeschäfte nutzen          sein, sowohl zu den verkauften Produkten als
     und dass der Schwarzmarkt so verdrängt wird.        auch zu Angeboten der Suchthilfe zu beraten.
     Die bevorzugte Quelle sind legale Fachgeschäf-      Informationsmaterial über die Wirkungen der
     te, der Anteil stieg im Jahr 2021 weiter deutlich   Droge und die Risiken des Cannabiskonsums
     auf 53 Prozent (von 2019 auf 2020 war der Anteil    sollten in den Fachgeschäften gut sichtbar aus-
     bereits von 24% auf 41% gestiegen). Lediglich       gelegt werden. Diese und andere Maßnahmen
     sechs Prozent der Konsument*innen beziehen          tragen dazu bei, dem kommerziellen Interesse
     ihr Cannabis üblicherweise illegal, im Vorjahr      der Betreiber*innen Grenzen zu setzen. Wer-
     waren es noch neun Prozent (Government of           bung und Sponsoring sollten in diesem Sinne
     Canada, 2021).                                      weitestgehend verboten werden.
         Aufgrund des föderalen politischen Sys-             Gleichzeitig sollte auch der Anbau für den
     tems wurde die regulative Ausgestaltung zum         Eigenbedarf erlaubt und reguliert werden.
     Teil den Provinzen und Territorien überlassen.      Denn wer sein Cannabis selbst anbaut, kann
     Infolgedessen gibt es verschiedene Vertriebs-       sicher sein, dass es frei von gefährlichen Streck-
     modelle, die von staatlich geführten Verkaufs-      mitteln wie Blei oder synthetischen Cannabino-
     stellen bis hin zu kommerziellen Geschäften         iden ist. Dabei muss sichergestellt werden, dass
     reichen (Werse, 2022). Kanada veröffentlicht        Kinder und Jugendliche keinen Zugang zu den
     stetig relevante Daten, die dem Bundestag und       Pflanzen haben.
     Forschenden helfen können, die Auswirkungen
     des Cannabisgesetzes zu bewerten. Aus den
     Daten geht auch hervor, dass das Einstiegsalter     Besteuerung
     des erstmaligen Cannabiskonsums bei 20.4 Jah-
     ren liegt und einem leicht ansteigenden Trend       Die Besteuerung von Cannabisprodukten sollte
     folgt, von 20.0 Jahren im Jahr 2020; 19.2 Jahren    so gestaltet sein, dass sie einerseits eine präven-

                                                                                  rausch, 11. Jahrgang, 3/4-2022
Ampel auf Grün für die kontrollierte Freigabe von Cannabis                                                            11

tive Wirkung entfaltet und Einnahmen für eine                Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen der Sozi-
Stärkung der Prävention generiert und anderer-                  aldemokratischen Partei Deutschlands (SPD),
seits ein Preisniveau herstellt, das zum Umstieg                Bündnis 90/Die Grünen und den Freien De-
vom illegalen zum legalen Markt ermuntert.                      mokraten (FDP). Mehr Fortschritt Wagen – Bünd-
Dabei gilt aber auch, dass viele Konsumierende                  nis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.
nach eigenen Angaben bereit sind, für legales,               Rath, C. (2022, 30. Mai). Entkriminalisierung von
qualitätsgeprüftes und streckmittelfreies Can-                  Cannabis: Umsetzung ungeklärt. taz. https:
nabis etwas mehr Geld auszugeben.                               //taz.de/Entkriminalisierung-von-Canna-
                                                                bis/!5857455/
                                                             Room, R. et al. (2010). Cannabis policy – moving be-
Politischer Wille                                               yond stalemate. New York: Oxford University
                                                                Press.
Zuletzt sind der politische Wille und die mul-               Simon, R. (2016). Prohibition, Legalisierung, De-
tilaterale Zusammenarbeit von entscheiden-                      kriminalisierung: Diskussion einer Neugestal-
der Bedeutung. Alle relevanten Akteur*innen                     tung des Cannabisrechts. Sucht, 62(1), 43–50.
sollten ihre Kräfte bündeln, um den Prozess                  Government of Canada. (2021). Canadian cannabis
schnell, gründlich und konstruktiv zu bewerk-                   survey 2021: summary. https://www.canada.
stelligen, damit die längst überfällige Legali-                 ca/en/health-canada/services/drugs-medica
sierung in dieser Legislaturperiode umgesetzt                   tion/cannabis/research-data/canadian-can
werden kann. Wo ein Wille ist, ist auch ein sinn-               nabis-survey-2021-summary.html
voller Weg.                                                  Terpe, H. (2015). Neue Wege der Drogenpolitik –
                                                                Das grüne Cannabiskontrollgesetz. Gesell-
                                                                schaftspolitische Kommentare, 6–8, 21–23.
Literatur                                                    Timmermann, D. (2017). Cannabis – Wege in eine
                                                                stimmige Drogen- und Gesundheitspolitik.
Barbor, T. et al. (2010). Drug policy and the public            Greifswalder Halbjahresschrift für Rechtswissen-
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Hoffman, R. (2021, 23. Nov.). Das Cannabis-Di-                 Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die
   lemma. Rechtliche Hürden der Cannabis-                      Grünen, Berichterstatterin für u. a. Cannabis-
   Legalisierung in Deutschland und Europa.                    politik und stellv. Vorsitzende des Gesund-
   Verfassungsblog. https://verfassungsblog.de/                heitsausschusses. Vorher arbeitete sie über
   das-cannabis-dilemma/                                       25 Jahre lang als Fachärztin für Psychiatrie
Hoffman, R. (2022) Deutschlands Cannabis-Di-                   und Psychotherapie.
   lemma. Zeitschrift für Internationale Strafrechts-          kirsten.kappert-gonther@bundestag.de
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rausch, 11. Jahrgang, 3/4-2022
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